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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE

FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

KULTUR UND BILDUNG

DUALE AUSBILDUNG – EINE BRÜCKEZUM ERFOLG?

STUDIE

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Dieses Dokument wurde vom Ausschuss für Kultur und Bildung des EuropäischenParlaments in Auftrag gegeben.

VERFASSER

ICF International: Stelina Chatzichristou, Daniela Ulicna, Ilona Murphy, Anette Curth

ZUSTÄNDIGE BEAMTIN

Ana Maria Nogueira / Markus J. PrutschFachabteilung B: Struktur- und KohäsionspolitikEuropäisches ParlamentB-1047 BrüsselE-Mail: [email protected]

REDAKTIONELLE MITARBEIT

Lyna Pärt

SPRACHFASSUNGEN

Original: ENÜbersetzung: DE, FR

ÜBER DEN HERAUSGEBER

Kontakt zur Fachabteilung oder Bestellung des monatlichen Newsletters:[email protected]

Redaktionsschluss: Juni 2014© European Union, 2014

Dieses Dokument ist im Internet unter folgender Adresse abrufbar:http://www.europarl.europa.eu/studies

HAFTUNGSAUSSCHLUSS

Die hier vertretenen Auffassungen geben die Meinung des Verfassers wieder undentsprechen nicht unbedingt dem Standpunkt des Europäischen Parlaments.

Nachdruck und Übersetzung der Veröffentlichung – außer zu kommerziellen Zwecken – mitQuellenangabe gestattet, sofern der Herausgeber vorab unterrichtet und ihm ein Exemplarübermittelt wird.

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GENERALDIREKTION INTERNE POLITIKBEREICHE

FACHABTEILUNG B: STRUKTUR- UND KOHÄSIONSPOLITIK

KULTUR UND BILDUNG

DUALE AUSBILDUNG – EINE BRÜCKEZUM ERFOLG?

STUDIE

Kurzfassung

In dieser Studie werden die Stärken und Schwächen derdualen/betrieblichen Ausbildung untersucht und die politischenEntwicklungen in der EU-28 in Bezug auf die Einführung bzw.Verbesserung der Ausbildungssysteme vorgestellt. Sie basiert auf Datenaus verschiedenen Quellen: Wissenschaftliche Literatur wurde ebensokonsultiert wie detaillierte Recherchen in zehn EU-Ländern durchgeführt.Es werden die Eigenschaften der vier Hauptformen der Berufsbildung inBezug auf die Rolle des arbeitsbasierten Lernens bestimmt und Wegeaufgezeigt, wie die Länder betriebliche Ausbildungen im Rahmen ihrerAusbildungssysteme und ihres sozialen und wirtschaftlichen Rahmensfördern können. Darüber hinaus werden Empfehlungen für nationale undeuropäische Entscheidungsträger ausgesprochen, die der Verbesserungdes Berufsbildungsangebots in Europa dienen können.

IP/B/CULT/IC/2013_039 Juni 2014

PE 529.072 DE

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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INHALT

LISTE DER ABKÜRZUNGEN 5

TABELLENVERZEICHNIS 7

VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN 8

ZUSAMMENFASSUNG 9

1. EINLEITUNG 15

1.1. Ziele und Kontext dieser Studie 15

1.2. Was ist duale Ausbildung? Klärung der verwendeten Definitionen und ihrerUnterschiede 16

2. METHODIK 21

2.1. Vorstellung des methodischen Ansatzes 21

3. ENTWICKLUNGSSTAND DUALER SYSTEME IN EUROPA 25

3.1. Integration des arbeitsbasierten Lernens in die Berufsbildung 26

3.2. Beteiligung in der Berufsbildung und in dualen Systemen 36

3.3. Bildungswege in das duale System 39

3.4. Chancengleichheit 43

3.5. Abbruch von betrieblichen Ausbildungen und dualen Systemen 46

3.6. Ergebnisse dualer Ausbildungen und der Berufsbildung im Allgemeineren 49

4. REFORMEN IM ZUSAMMENHANG MIT DUALEN SYSTEMEN 57

4.1. Treibende Kräfte hinter den Reformen 58

4.2. Einführung neuer dualer Systeme 66

4.3. Modernisierung bestehender Systeme 68

4.4. Entwicklung von Beratung 70

5. FAKTOREN, DIE DIE ENTWICKLUNG VON DUALEN SYSTEMENBEEINFLUSSEN 73

5.1. Faktoren des einzelnen Lernenden und der Einfluss von Familie undGleichaltrigen 75

5.2. Schulniveau und Faktoren des Bildungssystems 77

5.3. Weiter gefasste sozioökonomische Faktoren mit Einfluss auf die Entwicklungder Berufsbildungsmodelle/dualen Ausbildungsmodelle 81

5.4. Die Bedeutung politischer Lernprozesse zwischen den Ländern 87

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6. FINANZIERUNG DUALER AUSBILDUNGSSYSTEME 93

6.1. Allgemeines 94

6.2. Öffentliche Förderung und Anreize 94

6.3. Arbeitgeberbeitrag 100

6.4. Kosten und Vorteile der Lehrlingsausbildung und anderer dualer Programme 102

6.5. Die wichtigsten Probleme mit den unterschiedlichen Fördersystemen 108

7. DUALE SYSTEME: DAS BESTEHEN UNTERSCHIEDLICHER MODELLE –IHRE STÄRKEN UND SCHWÄCHEN 111

7.1. Die umfassende Lehrlingsausbildung als Grundmodell der Berufsausbildung ineinem bestimmten Land (Beispiel: Deutschland) 112

7.2. Lehrlingsausbildung als Bildungsweg im kleineren Maßstab parallel zu anderenFormen der Berufsbildung (Griechenland, Polen, Italien, Frankreich,Niederlande und England) 120

7.3. Integration starker Elemente des arbeitsbasierten Lernens in die schulbasiertenProgramme (Finnland, Frankreich, die Niederlande, Portugal) 125

7.4. Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mit vorrangig schulbasiertenProgrammen ergeben, sowie Art und Weise der Integration arbeitsbasiertenLernens (Tschechische Republik, Griechenland und Polen) 131

8. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN 135

8.1. Zentrale Schlussfolgerungen zu den dualen Systemen in den 28 Mitgliedstaatender EU 135

8.2. Empfehlungen für Maßnahmen 139

BIBLIOGRAPHIE 143

WEBSITES/LINKS 154

ANHANG 1: ANALYTISCHER RAHMEN 157

Anhang 2: TABELLEN UND LÄNDERBEISPIELE AUS ABSCHNITT 2 161

ANHANG 3: TABELLEN UND LÄNDERBEISPIELE AUS ABSCHNITT 3 165

ANHANG 4: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 4 194

ANHANG 5: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 5 205

ANHANG 6: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 6 209

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LISTE DER ABKÜRZUNGEN

AT Österreich

BE Belgien

BG Bulgarien

CEDEFOP Europäisches Zentrum für die Förderung der Berufsbildung

CY Zypern

CZ Tschechische Republik

DE Deutschland

DK Dänemark

EE Estland

EL Griechenland

ES Spanien

ESF Europäischer Sozialfonds

EU Europäische Union

FI Finnland

FR Frankreich

HE Hochschulbildung

HU Ungarn

IE Irland

IAO Internationale Arbeitsorganisation

ISCED Internationale Standardklassifikation für das Bildungswesen

IT Italien

LT Litauen

LU Luxemburg

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LV Lettland

MT Malta

NEET Jugendlicher, der weder in Arbeit noch in Ausbildung ist

NL Niederlande

OECD Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und

Entwicklung

PL Polen

PT Portugal

RO Rumänien

SE Schweden

SI Slowenien

SK Slowakei

KMU Kleine und mittlere Unternehmen

UK Vereinigtes Königreich

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TABELLENVERZEICHNISTabelle 1Wichtigste Eigenschaften für jeden Mitgliedstaat 22Tabelle 2Art der in den zehn Länderberichten enthaltenen Informationen 23Tabelle 3Beteiligung von Schülern in der Berufsbildung in europäischen Ländern 28Tabelle 4Art der Verträge in betrieblichen Ausbildungen und sonstigen dualenSystemen in den gewählten Ländern 30Tabelle 5Ausbildungsdauer in den acht gewählten Ländern, in denen betrieblicheAusbildungen existieren 32Tabelle 6Berufsbildungsbeteiligung im Sekundarbereich II (in % der gesamtenTeilnehmer im Sekundarbereich II) in öffentlichen und privatenEinrichtungen; verschiedene europäische Länder, 2008. (sortiert nachhöchster Berufsbildungsbeteiligungsquote) 37Tabelle 7Änderungen bei den Auszubildenden in beruflicher Erstausbildung in denJahren 2006-10 in Prozent der Schüler der Sekundarstufe II und bei denAuszubildenden in beruflicher Erstausbildung in arbeitsbasierten Systemenin Prozent der Schüler der Sekundarstufe II; EU-28 39Tabelle 8Finden einer Ausbildungsstelle: Wer ist daran beteiligt? 41Tabelle 9Beispiele für die Abbruchquoten bei betrieblichen Ausbildungen(Vertragskündigung) und anderen Berufsbildungssystemen 47Tabelle 10Sechs entscheidende Reformfaktoren in den zehn ausgewählten EU-Ländern 58Tabelle 11Die fünf höchsten Jugendarbeitslosenquoten (15- bis 24-Jährige) im Jahr2012, im Vergleich zu 2007 62Tabelle 12Hauptfinanzierungsquellen für die schulbasierte Aus- und Weiterbildung 95Tabelle 13Kriterien für die Zuteilung von Mitteln an berufsbildende Schulen/Anbietervon beruflicher Aus- und Weiterbildung 96Tabelle 14Staatliche Fördergelder für Arbeitgeber 98Tabelle 15Höhe der Investitionen durch Unternehmen in Berufsbildungsprogrammeder höheren Schule mit arbeitsbasierter Komponente (niedrig, mittel, hoch)im Verhältnis zum Anteil an Schülern (niedrig, mittel, hoch), die in dieseProgramme eingeschrieben sind 101

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VERZEICHNIS DER ABBILDUNGEN

Abbildung 1Beteiligungsquoten an Berufsbildung und berufsvorbereitender Bildungdes Sekundarbereichs II, 2011 und 2007 38Abbildung 2Beschäftigungsquote von ISCED-3/4-Absolventen; Daten aus dem Jahr2010 50Abbildung 3Schematische Darstellung der umfassenden Lehrlingsausbildung im Restdes Schul- und Berufsbildungssystems 112Abbildung 4Lehrlingsausbildung als ein Weg zur beruflichen Qualifikation (FR, NL) 121Abbildung 5Lehrlingsausbildung als Weg zu bestimmten Qualifikationen 122

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ZUSAMMENFASSUNG

Die Wirtschaftskrise hatte tiefgreifende Auswirkungen auf junge Menschen, die heutenoch größere Schwierigkeiten haben, Arbeit zu finden. Daher steht die „dualeAusbildung“1 ganz oben auf der politischen Agenda. Es gibt zahlreiche wichtigeInitiativen, die Ausbildungen fördern, bei denen Theorie und Praxis in einemUnternehmen verbunden werden. Hierzu gehören die Europäische Ausbildungsallianz,Jugendgarantiesysteme, die Arbeit der IAO über die Ausbildungsqualität und die SkillsStrategy der OECD. Viele Länder haben neue Systeme eingeführt (CY, DK, EL, ES, FI,HU, IE, IT, LT, PT, SE, SI), die bestehenden modernisiert (AT, DE, DK, EL, FI, FR, IT, NL,PT, PL, UK (ENG)) oder Reformen zur Stärkung des arbeitsbasierten Lernens in derBerufsbildung eingeleitet (z. B. durch Verbesserung der Anleitungsqualität, CZ, DE, FR).

Der Nutzen von qualitativ hochwertigen Ausbildungen für den Einzelnen, denArbeitgeber und die Gesellschaft ist umfangreich und gut dokumentiert.2 Zu den Nutzengehören die Entwicklung von Fähigkeiten und Kompetenzen (einschließlich Fähigkeiten,die in der Schule nur mit größeren Schwierigkeiten entwickelt werden können), dieEntwicklung einer beruflichen Identität, größere Beschäftigungschancen, Übergang vonder Schule ins Berufsleben, Produktivitätszuwachs und verbesserte Einstellungen undMitarbeiterbindungen für Arbeitgeber3. In den meisten EU-Ländern sind betrieblicheAusbildungen jedoch weit davon entfernt, ein Kernelement der Berufsbildung zu sein. Esgibt nur wenige Länder, in denen betriebliche Ausbildungen eine beliebte Option sind undbei Jugendlichen, ihren Eltern und den Arbeitgebern einen guten Ruf genießen (vor allemAT, DE, und DK). Das Hauptziel dieser Studie besteht darin, die verschiedenen Formender „dualen Ausbildung“ zu verstehen und dabei zu berücksichtigen, warum in einigenLändern bestimmte Modelle mit höherer Wahrscheinlichkeit umgesetzt werden alsandere.

Status quo und Einflussfaktoren bei der Entwicklung dualer SystemeIn den meisten EU-Ländern gibt es zumindest einen Bildungsgang, bei demarbeitsbasiertes und schulbasiertes Lernen miteinander kombiniert werden. In vielenLändern gibt es zwei Bildungsgänge, bei denen die beiden Lernorte auf unterschiedlicheWeise kombiniert werden (z. B. FR, FI und NL). Diese Modelle erfreuen sich jedoch sehrunterschiedlicher Beliebtheit. In einigen Ländern existieren zwar betrieblicheAusbildungen, sie machen jedoch nur einen kleinen Teil im Rahmen der Berufsbildungaus und stellen häufig nur die zweite Wahl dar.

In dieser Studie wird gezeigt, dass duale Systeme bezüglich des Zugangs mehr oderweniger offen sind. Bei betrieblichen Ausbildungen müssen die Auszubildenden einenArbeitgeber finden, der bereit ist, sie für längere Zeit anzustellen. Dies bringt gewisseHürden in Bezug auf den Zugang mit sich, da die Arbeitgeber tendenziell Jugendlichenmit hohem Potenzial den Vorzug geben. Dies birgt die Gefahr, dass sozial benachteiligte

1 Es sei darauf hingewiesen, dass keine feste und allgemein gültige Definition des Begriffs „dualeAusbildung“ existiert. Aus diesem Grund wird in dieser Studie unterschieden zwischen a) betrieblichenAusbildungen, in denen die Auszubildenden eindeutig den Status als Auszubildende oder Beschäftigtehaben, der durch einen Vertrag gestützt wird, und gleichzeitig auf nationaler Ebene anerkannte beruflicheQualifikationen erwerben, b) dualen Systemen, bei denen Ausbildungszeiten in einem Unternehmen in dieformale Berufsbildung durch andere Mittel integriert werden als im Rahmen einer betrieblichenAusbildung, und c) arbeitsbasiertem Lernen als pädagogischer Ansatz zur Förderung des Lernens imRahmen eines Unternehmens auf Grundlage realer Arbeitsaufgaben.

2 European Training Foundation (ETF) (2013), Work-based learning: Benefits and obstacles. A literaturereview for policy makers and social partners in ETF partner countries.

3 Europäische Kommission (2013j).

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oder individuell beeinträchtigte Jugendliche ausgeschlossen werden, insbesondere inSystemen, in denen das Angebot an Ausbildungsplätzen nicht bedarfsdeckend ist.

Analyse der wichtigsten BerufsbildungsgängeIn dieser Studie werden die wichtigsten Arten der Berufsbildungssysteme in der EUuntersucht. Dazu zählen: das vollqualifizierte Ausbildungssystem/duale System alsHauptmodell der Berufsbildung4, betriebliche Ausbildungen als kleinerer und parallelerBildungsgang zu den anderen Berufsbildungsgängen5, schulbasierte Berufsbildung mitausgeprägten Elementen des arbeitsbasierten Lernens6 und vor allem schulbasierteBerufsbildungssysteme7.

Die Analyse deutet darauf hin, dass vollqualifizierte Ausbildungen auf strukturellenEigenschaften des Berufsbildungssystems basieren. Daher ist der Erfolg dieserSysteme bei der Ausstattung der Absolventen mit Qualifikationen mit hohenBeschäftigungschancen von bestimmten Strukturen abhängig. Konkret:

betriebliche Ausbildungen sind der Hauptbildungsweg zu den Qualifikationen derBerufsbildung;

betriebliche Ausbildungen werden für eine größere Anzahl und einen größerenBereich von Qualifikationen8 angeboten, die auf dem Arbeitsmarkt hohes Ansehengenießen;

betriebliche Ausbildungen in ihrer derzeitigen Form haben sich schrittweiseherausgebildet und spiegeln die wirtschaftlichen und sektoralen Entwicklungen imjeweiligen Land wider;

betriebliche Ausbildungen sind in der Gesellschaft hoch angesehen, was zu einergrößeren Teilnahme vor allem bei Leistungsträgern führt;

im Hinblick auf die Qualität an beiden Lernorten (Schule und Unternehmen) liegtdie finanzielle und administrative Unterstützung in der Zuständigkeitverschiedener Stellen (nationale Behörden9, Bildungsträger/-anbieter undUnternehmensverbände/Kammern), die eng über etablierte Netzwerke und imRahmen gesetzlicher Bestimmungen zusammenarbeiten;

der Schlüssel zum Erfolg von betrieblichen Ausbildungen liegt in der Teilnahmeder Sozialpartner und insbesondere der Arbeitgeber in enger Zusammenarbeit mitden relevanten Behörden und Berufsschulen.

Berufsbildungsreformen in der EUIn den vergangenen fünf Jahren haben die meisten EU-Länder Reformen ihrerBerufsbildungssysteme eingeleitet. Die im Rahmen dieser Studie durchgeführteUntersuchung zeigt, dass die Länder trotz der signifikanten Unterschiede ihrerBerufsbildungssysteme sechs Einflussfaktoren gemeinsam haben (siehe Tabelle). DieseFaktoren werden in den Ländern jedoch unterschiedlich interpretiert. Angesichts der

4 Dänemark, Deutschland. Das duale System gibt es außerdem noch in Österreich. Dort spielt jedoch dieschulbasierte Berufsbildung eine ebenso große Rolle.

5 Griechenland, Polen, Italien, Frankreich, Niederland und Vereinigtes Königreich (England).6 Finnland, Frankreich, die Niederlanden und Portugal.7 Tschechische Republik, Griechenland (vor der Reform 2013) und Polen.8 AT: 206 gesetzlich zugelassene Abschlüsse, DE: 348 Ausbildungsberufe, DK: 12 Grundlagenkurse als

Basis für 109 Hauptprogramme, die unterschiedliche Schritte und Spezialisierungen umfassen, welche zueiner Gesamtzahl von 309 anerkannten Abschlüssen führen.

9 AT: Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend; DE: Bundesministerium für Bildung undForschung; DK: Ministerium für Kinder und Bildung.

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gemeinsamen Herausforderungen haben die Länder jedoch die Möglichkeit, ihreStandpunkte auszutauschen, umfangreiche Aktionsrahmen zu entwickeln undvoneinander zu lernen. Es sollten jedoch länderspezifische Lösungen undDurchführungsprozesse entwickelt werden.

Tabelle: Sechs entscheidende Reformfaktoren in den zehn ausgewähltenEU-Ländern

Entscheidende Faktoren für Reformen Länder

1Diskrepanz zwischen Berufsbildung undArbeitsmarkt / ausbaufähige Beteiligung derArbeitgeber

CZ, FI, IT, PL, PT

CZ, DE, UK (ENG)

2 Qualitäts- und Effizienzprobleme in Berufsbildungs-/dualen Systemen DE, FI, NL, UK (ENG)

3 Hohe Jugendarbeitslosigkeit EL, FR, IT, PT

4 Berufsbildungssysteme/duale Systeme wenigerattraktiv als andere Bildungsgänge CZ, FI, NL

5 Hohe Abbruchquoten FI, PT

6 Demografischer Wandel/alternde Bevölkerung DE, CZ

Quelle: 2010, ICF International-Studie zu den ausgewählten Ländern.

Unabhängig der Art des vorhandenen Berufsbildungssystems/dualen Systems stehen diemeisten Länder vor den folgenden Herausforderungen:

Ausbildungsstellen zu finden, d. h. Einbindung der Arbeitgeber; Bewältigung der steigenden Kosten aufgrund von Reformen in Zeiten, in denen die

staatlichen Mittel begrenzt sind; Qualitätssicherung bei neuen und existierenden dualen Systemen.

Die Arbeitgeber beteiligen sich aufgrund negativer Auswirkungen der Wirtschaftskrise,aber auch aufgrund sektorspezifischer Entwicklungen (beispielsweise Pensionierung derBabyboom-Generation, was zu einem Mangel an erfahrenen Ausbildern im Unternehmenführt), nur ungern an dualen Systemen. Finanzielle Anreize für Arbeitgeber werden alseine Möglichkeit betrachtet, mehr Ausbildungsplätze zu schaffen. In der Praxis führengrößere Anreize allerdings nicht automatisch zu mehr Ausbildungsplätzen. Anreize sindwirksamer, wenn sie für die Sektoren geschaffen werden, in denen dieArbeitgeberbeteiligung gering ist10, und wenn die Arbeitgeber keinen großenVerwaltungsaufwand haben.

Arbeitgeber spielen auch bei den Unternehmenseigenschaften eine Rolle, d. h. der Größeund dem Wirtschaftssektor, in dem es tätig ist. Die Mehrheit der Arbeitgeber in der EUsind nicht nur KMU, sondern auch Kleinstunternehmen.11 Angesichts ihrer Größe können

10 Mühlemann et al. (2005) in Hoeckel K. Costs and Benefits in Vocational Education and Training. 2008.11 Beschäftigung von bis zu zehn Personen.

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Kleinstunternehmen mit einer begrenzten Infrastruktur nur eine geringe Anzahl anAusbildungsstellen anbieten. Zudem können sie den Auszubildenden vielleicht nicht diefür die vollständige Qualifikation erforderliche Ausbildung anbieten. Dadurch entsteheninsbesondere bei den vollqualifizierten Ausbildungen Probleme, in denen dieAuszubildenden normalerweise die volle Qualifikation bei einem Arbeitgeber erwerben.

Die Art der Arbeitsstellen, die in einem Sektor angeboten werden, hat Einfluss auf denInhalt der betrieblichen Ausbildungen. In High-Tech-Sektoren wie der IT beispielsweise,in denen viele Unternehmen tätig sind, kann der Arbeitsbereich hoch spezialisiert sein. Indiesem Fall werden die Auszubildenden unter Umständen auf eine Art und Weiseausgebildet, die ihre Kapazität und Fähigkeit begrenzt, sich im Hinblick auf aktuelleEntwicklungen in ihrem Bereich auf dem aktuellen Stand zu halten.

Ein weiteres Problem besteht in der Qualität der Ausbildungsstellen und ihresLernpotenzials. Wenn kein qualitativ hochwertiges Lernen stattfindet, kann sich dasPotenzial des arbeitsbasierten Lernens nicht entfalten (was am Ende dazu führen kann,dass gar nichts gelernt wird). Zur Steigerung der Qualität des arbeitsbasierten Lernensgibt es in den Ländern, in denen die Berufsbildung vor allem auf betrieblichenAusbildungen beruht, gut durchdachte Steuerungs- undQualitätssicherungsmechanismen. Für die Länder hingegen, in denen die Arbeitgebernoch nicht stark eingebunden sind und in die Pflicht genommen wurden, können dieseQualitätssicherungssysteme zu hohe Anforderungen an die Arbeitgeber stellen und zuhohe Investitionen von ihnen erfordern. Die Qualität des Lernens ist das Ergebnis vielerFaktoren, zu denen Unternehmenskultur, die strategische Vision des Unternehmenssowie die spezifischen Bedingungen jeder Ausbildung gehören (Ausbildungsplan, sozialeInteraktion, erforderliche Aufgaben usw.)

Unterstützung der Entwicklung von betrieblichen Ausbildungen auf EU-EbeneDie den betrieblichen Ausbildungen beigemessene Bedeutung, die Schaffung von Peer-Learning-Bildungsgängen und die finanzielle Unterstützung seitens der EuropäischenKommission für die Mitgliedstaaten fördern die Verbesserung und die Einführung derSysteme in den Ländern. Dieses zunehmende Interesse an betrieblichen Ausbildungensollte mit strengen Qualitätskontrollen einhergehen, um Situationen zu vermeiden, indenen Auszubildende als billige Arbeitskräfte missbraucht werden oder in denenUnternehmen unqualifizierte Arbeitnehmer durch Auszubildende ersetzen. Dieseschädlichen Verhaltensweisen werden die negative Wahrnehmung durch Eltern undSchüler weiter verstärken, insbesondere in Ländern mit begrenzten oder keinenErfahrungen mit betrieblichen Ausbildungen. Dadurch würden ihre Entwicklung und ihrpotenzieller Erfolg beeinträchtigt werden.

Gleichzeitig stützen sich einige Systeme angesichts der umfangreichen Unterstützungdes ESF für die Entwicklung/Verbesserung von betrieblichen Ausbildungen/dualenSystemen zu stark auf den ESF. Die Länder sollten ermutigt werden, ihre Systeme aufprozyklische Finanzierungsmodelle zu stellen und so weit wie möglich durchnationale/regionale Ressourcen zu finanzieren.

Punkte für weitere ÜberlegungenDie Länder sollten unter Berücksichtigung ihres politischen und kulturellen Rahmenssowie ihres Arbeitsmarkt- und Bildungsrahmens ihre Berufsbildungssystemeentwickeln/verbessern. Die Umstellung auf ein vollqualifiziertes Ausbildungssystem istunter Umständen nicht für alle Länder geeignet. Das deutsche System kann zwar alserfolgreich betrachtet werden, seine Umsetzung ist jedoch nicht in allen Ländern

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angemessen, insbesondere nicht in denen mit einer anderen Arbeitsmarktstruktur undeiner geringen/keiner Erfahrung mit betrieblichen Ausbildungen. Die Untersuchung hatgezeigt, dass sogar gut etablierte Systeme vor großen Herausforderungen stehen und esviel Raum für Verbesserungen gibt. Daher kann gesagt werden, dass es nicht das „besteSystem“ gibt, sondern verschiedene erfolgreiche Strukturen und Praktiken, die alsInspiration berücksichtigt werden können.

Die Länder, die derzeit betriebliche Ausbildungen/duale Systeme einführen, solltenbetriebliche Ausbildungen als wirksames Instrument für hochwertige Bildung und alsWeg zur Steigerung der Beschäftigungschancen für Absolventen betrachten. Sie solltendie betrieblichen Ausbildungen jedoch nicht als Instrument betrachten, durch das dieJugendarbeitslosigkeitsquoten automatisch reduziert werden oder das zu einemqualitativ hochwertigen Berufsbildungssystem führt. Einige wichtige Punkte sollten inBetracht gezogen werden:

Eine Infrastruktur, die mit angemessenen Ressourcen ausgestattet ist und durcheinen unterstützenden Arbeitsmarkt ergänzt wird, sowie eineBildungsinfrastruktur sind von grundlegender Bedeutung;

Es kann sehr lange dauern, bis Nutzen/Verbesserungen nach derEntwicklung/Verbesserung von betrieblichen Ausbildungen/dualen Systemensichtbar oder messbar werden;

Neue Systeme sollten selektiv in prioritären Sektoren12 und nicht bei allenQualifikationen und in allen Sektoren umgesetzt werden. Diese schrittweiseUmsetzung kann den Ländern erlauben, kleine, aber entscheidende Schritte hinzu einer stärkeren Einbindung der Arbeitgeber und Auszubildenden zu machenund dabei Probleme zu identifizieren und angemessene Mittel und Ressourcensicherzustellen;

Die Einführung von betrieblichen Ausbildungen macht die Berufsbildung nichtautomatisch attraktiver oder fördert die Beschäftigungsfähigkeit von Absolventen.Die Attraktivität der Berufsbildung wird durch verschiedene Faktoren beeinflusst,hauptsächlich im Zusammenhang mit lokaler Kultur, Wirtschaftsstruktur und demBildungssystem selbst. Die Recherchen in den Ländern heben bestimmte Faktorenhervor (z. B. Wahrnehmungen, Geschlechter und Bekanntheitsgrad derbetrieblichen Ausbildungen bei den Schülern), die zu Engpässen bei den beliebtenbetrieblichen Ausbildungen/Qualifikationen oder im Gegenteil zu einerabnehmenden Nachfrage seitens der Schüler führen können. Diese Problemewerden sogar in Ländern beobachtet, in denen das arbeitsbasierte Lernen stark indie Berufsbildung integriert ist (z. B. FI);

Maßnahmen zur Unterstützung von KMU sollten auch an Kleinstunternehmenangepasst werden, insbesondere wenn diese einen beträchtlichen Anteil bei derBeschäftigung ausmachen;

Die Schlüsselrolle der Sozialpartner, insbesondere der Arbeitgeber, sowie ihregesetzlich fest geregelte Zusammenarbeit mit den nationalen Behörden,unterstreicht die Notwendigkeit, betriebliche Ausbildungen in Bezug auf Politik,Arbeitsmarkt und Kultur anzupassen. Dies ist besonders in Ländern wichtig, dieüber keine oder eine geringe Erfahrung mit betrieblichen Ausbildungen verfügen;

In Sektoren, in denen die Arbeitnehmer hoch spezialisiert sein müssen und ihreKenntnisse kontinuierlich erweitern und aktualisieren müssen, sollten dieAuszubildenden nicht nur in einem Unternehmen ausgebildet werden.

12 Im Hinblick auf die wirtschaftlichen Ziele und Sektoren, die bereits in andere duale Systeme eingebundensind bzw. mit Schulen und Behörden der Berufsbildung zusammenarbeiten.

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1. EINLEITUNG

ZUSAMMENFASSUNG

Viele Länder suchen angesichts der weiterhin hohen Jugendarbeitslosigkeitsquoten inEuropa nach Möglichkeiten, den Übergang von der Schule ins Berufsleben zuverbessern, und richten ihre Aufmerksamkeit auf den Erfolg des dualen Systems, dersich in Ländern wie Deutschland oder Österreich zeigt.

In dieser Studie werden die Stärken und Schwächen der dualen Ausbildung imZusammenhang mit den besonderen Eigenschaften der Länder im Hinblick aufBildung, Gesellschaft und Wirtschaft untersucht. Darüber hinaus werden Beispielebewährter Verfahren vorgestellt, die für die Länder von Interesse sein können, die ihrAngebot der Berufsbildung weiterentwickeln möchten.

1.1. Ziele und Kontext dieser StudieDas Hauptziel dieses Auftrags besteht darin, dem Ausschuss für Kultur undBildung desEuropäischen Parlaments Informationen zu folgenden Themen bereitzustellen:

wichtigste Hindernisse für die Umsetzung der dualen Ausbildung in einigenMitgliedstaaten;

warum entscheiden sich einige Mitgliedstaaten dazu, duale Ausbildungssystemeeinzuführen/nicht einzuführen;

existierende Zusammenhänge zwischen Exzellenz in der Berufsbildung, derdualen Ausbildung und dem Wirtschaftswachstum;

identifizierte Trends und Veränderungen in der dualen Ausbildung und

innovative Ansätze darüber, wie die Attraktivität dieser Art der Ausbildunggefördert und gesteigert werden kann.

Die EU-Länder ergreifen aufgrund der Zunahme der Jugendarbeitslosigkeit infolge derAuswirkungen der Wirtschaftskrise Maßnahmen zur Verbesserung der Relevanz und derReaktionsfähigkeit der Berufsbildung sowie der Ausbildungen für den Übergang insBerufsleben. Die steigende Jugendarbeitslosigkeit gehört zu den Prioritäten der EU-Politik. Die Europa-2020-Strategie und ihre Leitinitiative „Jugend in Bewegung“13

betonen die Rolle des Bildungssystems bei der Unterstützung derBeschäftigungsfähigkeit junger Menschen. Eines der Ziele dieser Strategie besteht darin,dass 75% der 20-64-Jährigen in Beschäftigung sind.14 Die Erleichterung des Übergangsvon der Schule ins Berufsleben steht außerdem im Mittelpunkt desJugendbeschäftigungspakets der Europäischen Kommission. Die Empfehlungen des Rats2013 zur Einführung einer Jugendgarantie15 für Jugendliche unter 25 nennenausdrücklich die Verbesserung des Übergangs von der Schule ins Berufsleben durch einqualitativ hochwertiges Angebot an betrieblichen Ausbildungen und Praktika.

13 Europäische Kommission (2010a).14 Europäische Kommission (2010b).15 Empfehlung des Rates vom 22. April 2013 zur Einführung einer Jugendgarantie 2013/C 120/01. Internet:

http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/ALL/?uri=CELEX%3A32013H0426%2801%29

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Angesichts dieses Kontexts wird den potenziellen Vorteilen des arbeitsbasierten Lernensals Mittel zur Sicherstellung einer besseren Vorbereitung junger Menschen auf denArbeitsmarkt besondere Aufmerksamkeit zuteil. Die Europäische Ausbildungsallianz16 derEuropäischen Kommission betont beispielsweise die Rolle der betrieblichen Ausbildungenbei der Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit. Einige Länder mit starken dualenAusbildungssystemen und einer hohen Teilnahme an der Berufsbildung (z. B. AT, DE)haben weniger Probleme mit Jugendarbeitslosigkeit. Diese günstigere Situation kannzwar nicht allein den betrieblichen Ausbildungen zugeschrieben werden, aber Studienkommen zu dem Schluss, dass ein starkes Berufsbildungssystem auf Grundlage derdualen Ausbildung zu einem soliden Niveau der Jugendbeschäftigung beiträgt17. Daherfragen politische Entscheidungsträger und andere Interessengruppen, was aus dendualen Ausbildungssystemen gelernt werden kann, wie andere Länder durch dieseSysteme inspiriert werden können und in welchem Umfang diese bewährten Verfahrenübertragen werden können.

Aufbauend auf diesen Fragen besteht das Hauptziel dieser Studie darin, die Gründehinter dem Erfolg einiger Berufsbildungssysteme und potenzielle Barrieren zubestimmen, vor denen andere Länder bei der Umsetzung/Einführung ähnlicher Systemestehen. Diese Studie verfolgt darüber hinaus das Ziel, Schlüsselbotschaften aufGrundlage der bereits gemachten Erfahrungen zu identifizieren, die die EU-Länder inZeiten hoher Jugendarbeitslosigkeit und finanzieller Engpässe anwenden können.

1.2. Was ist duale Ausbildung? Klärung der verwendetenDefinitionen und ihrer Unterschiede

ZUSAMMENFASSUNG

Der Begriff duale Ausbildung wird für Bildungsgänge verwendet, die auf einerbetrieblichen Ausbildung basieren. Die Begrifflichkeiten rund um das Themabetriebliche Ausbildung variieren sehr stark. Auf internationaler Ebene kann derBegriff „betriebliche Ausbildung“ verwendet werden, um mehr oder weniger geregelteBildungsgänge zu beschreiben, in denen arbeitsbasiertes Lernen in dieBerufsbildungssysteme in unterschiedlichem Maße integriert wird. In dieser Studiewird der Begriff „betriebliche Ausbildung“ für Bildungsgänge verwendet, die Lernen ineinem Unternehmen mit dem Lernen in Ausbildungszentren systematisch verbindenund die durch Ausbildungs- (oder Beschäftigungs-)verträge mit einer eindeutiggeteilten Zuständigkeit zwischen den drei Parteien (Auszubildender, Schule,Unternehmen) geregelt werden.

Der Begriff „duale Ausbildung/duales System“ wird verwendet, um die Integrationlängerer Phasen des arbeitsbasierten Lernens in die Berufsbildung etwas allgemeinerzu beschreiben. Der Begriff „arbeitsbasiertes Lernen“ wird für den pädagogischenAnsatz verwendet, bei dem im Rahmen eines realen Arbeitsplatzes gelernt wird. Erbeschreibt keine Systeme oder Bildungsgänge als solche.

16 Europäische Kommission (2013a).17 Beispielsweise Cedefop (2013a); Europäische Kommission (2013c); Europäische Kommission (2013f);

ETUC (Confederation Syndicat European Trade Union) (2014), Towards a European Quality Framework forapprenticeships and work-based learning.

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17

Der Begriff „duale Ausbildung“ ist sehr weitgefasst und bezieht sich auf die Tatsache,dass sich das Lehren und Lernen in der Berufsbildung durch eine „Dualität“ in zweierleiHinsicht auszeichnet.

die Dualität der Lernorte (Schulen/Berufsbildungsanbieter und ausbildendeUnternehmen), die die Verantwortung für die Bereitstellung des theoretischen undpraktischen Unterrichts gemeinsam tragen, und

die Dualität der Akteure (öffentliche und private Akteure), die gemeinsam dieVerantwortung für Politik und Praxis im Hinblick auf die Berufsbildung tragen.

Die Dualität der Lernorte bildet die Grundlage für die Definitionen in der europäischenund internationalen Literatur. Laut UNESCO18 wird das duale Ausbildungssystem als dualbezeichnet, da es Ausbildungen in einem Unternehmen und berufliche Ausbildung inBerufsschulen in einem Kurs kombiniert. Im Unternehmen erhält der Auszubildendepraktischen Unterricht, der durch den theoretischen Unterricht in der Berufsschuleergänzt wird. Laut Cedefop (2008a) bezieht sich die duale Ausbildung auf Berufsbildung,bei der Phasen in einer Bildungseinrichtung oder in einem Ausbildungszentrum mitPhasen am Arbeitsplatz kombiniert werden. Cedefop (2008a) bezeichnet die dualeAusbildung auch als „abwechselnde berufspraktische und schulische Ausbildung“.Dadurch wird deutlich, dass der Begriff „duale Ausbildung“ mit „abwechselndeberufspraktische und schulische Ausbildung“, „betriebliche Ausbildung“ oder„arbeitsbasiertem Lernen“ ausgetauscht werden kann. Es gibt jedoch kleine, aber feineUnterschiede zwischen diesen Begriffen19, da sie sich im Hinblick auf die beiden obengenannten Aspekte unterscheiden.

Betriebliche Ausbildungen sind in strengem Sinne definiert als systematische,langfristige Schulung mit sich abwechselnden Phasen am Arbeitsplatz und in einerBildungseinrichtung oder in einem Schulungszentrum. Der Auszubildende istvertraglich mit dem Arbeitgeber verbunden und erhält eine Vergütung (Gehalt oderPauschale). Der Arbeitgeber übernimmt die Verantwortung dafür, demAuszubildenden den Unterricht bereitzustellen, der zu einer bestimmtenBeschäftigung führt. Die Definition der IAO20 für betriebliche Ausbildungen betontzudem, dass der Unterricht auf einem vorher festgelegten Lehrplan basiert, in denRäumlichkeiten des Arbeitgebers stattfindet, zu einer Qualifikation führt und einemVertrag unterliegt. Nach Abschluss des Bildungsgangs erhält der Auszubildende eine(landesweit) anerkannte Berufsqualifikation.

Abwechselnde berufspraktische und schulische Ausbildung ist einweitgefasster Begriff, der sämtliche Formen der Berufsbildung enthält, bei denenUnterrichtsphasen in Bildungseinrichtungen oder Schulungszentren mit Unterricht amArbeitsplatz kombiniert werden. In der abwechselnden berufspraktischen undschulischen Ausbildung kann auf wöchentlicher, monatlicher oder jährlicher Basisgewechselt werden. Je nach Land und geltendem Status können die Teilnehmer mitdem Arbeitgeber vertraglich verbunden sein oder nicht bzw. ein Gehalt beziehen. Siekönnen als Schüler ohne spezifischen Auszubildendenstatus betrachtet werden.

18 Terminology of Technical and Vocational education; Internet:http://books.google.de/books/about/Terminology_of_Technical_and_Vocational.html?id=BTo6nQEACAAJ&redir_esc=y (abgerufen am 20.2.14).

19 Cedefop (2008a).20 Steedman H. (2014), Overview of apprenticeship systems and issues: ILO contribution to the G20 task

force on employment.

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18

Arbeitsbasiertes Lernen bezieht sich auf den Erwerb von Wissen undQualifikationen durch die Durchführung von Aufgaben in einem berufspraktischenKontext – sowie ihre Reflexion – entweder an einem Arbeitsplatz (wie bei derabwechselnden berufspraktischen und schulischen Ausbildung) oder in einerBerufsbildungseinrichtung.

Von den drei oben genannten Definitionen ist die letzte am allgemeinsten. Sie beziehtsich eher auf eine Lernform (als pädagogischer Ansatz) als auf ein System oder eineArt von Bildungsgang. In den Ländern, in denen diese ein fester Bestandteil derBerufsbildung sind, beziehen sich betriebliche Ausbildungen normalerweise auf einespezifische, klar definierte Form des Ausbildungswegs in der Berufsbildung mit einemspezifischen Regelungs- und Lenkungsrahmen. Im Vergleich dazu umfasst der Begriff„abwechselnd“ nach der Definition des Cedefop (2008) eine größere Bandbreite vonBildungsgängen, von denen einige Teil des schulbasierten Systems sind. Es könnendie folgenden Unterschiede erkannt werden:

o „Betriebliche Ausbildung“ beschreibt eine Art der Berufsausbildung, bei derAuszubildende vertraglich mit Arbeitgebern verbunden sind und gewöhnlicheinen Arbeitnehmer- oder besonderen Auszubildendenstatus haben. ImAusbildungsvertrag sind alle Elemente des Verhältnisses zwischen demAuszubildenden und dem Arbeitgeber (wie Vergütung, Dauer, Aufgaben)enthalten;

o Andererseits ist der Begriff „arbeitsbasiertes Lernen“ weitergefasst, da erpraktischen und praxisnahen Unterricht umfassen kann, der nicht unbedingt ineiner tatsächlichen Arbeitsumgebung stattfindet, sondern eher inArbeitsplatzsimulationen in den Räumlichkeiten der Berufsbildungs-einrichtungen usw.;

o Die abwechselnde berufspraktische und schulische Ausbildung lehnt sich lautCedefop an das Konzept der betrieblichen Ausbildung an, ist in der Definitionjedoch nicht ganz so streng: Sie beschreibt Unterricht, der zwar die Dualitätder Ausbildungsstätten (Anbieter und Arbeitgeber/arbeitsbasiert) umfasst, aberder Vertrag, der normalerweise betrieblichen Ausbildungen zugrunde liegt, wirdnicht unbedingt unterzeichnet (der Auszubildende hat normalerweise einenSchüler- und keinen Arbeitnehmerstatus und die Vergütung ist optional).Darüber hinaus kann sich die Dauer und Intensität des Unterrichts beimarbeitsbasierten Lernen stark von der einer betrieblichen Ausbildungunterscheiden.

Die Vielfalt der Definitionen stellt die vergleichende Analyse des Status quo in den EU-Ländern vor eine Herausforderung. Darüber hinaus werden die entsprechendenBegrifflichkeiten nicht einheitlich in allen Ländern verwendet. Systeme, die eher dieEigenschaften eines dualen Systems aufweisen, werden in der jeweiligen Landesspracheals „betriebliche Ausbildungen“ bezeichnet. Dadurch kommt es bei Vergleichen derAusbildungssysteme in anderen Ländern zu Verwirrung. Angesichts der großenUnterschiede in den Ausbildungsarten zwischen den Ländern wird in einigenvergleichenden Studien auf EU-Ebene21 der Begriff „ausbildungsartige“ Bildungsgängeverwendet.

21 Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c) und Europäische Kommission (2013d).

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19

Die in dieser Studie verwendeten Begriffe basieren auf ihrem Anwendungsbereich undihren Zielen. Aus diesem Grund wird in der Analyse der Begriff „duale Ausbildung“hauptsächlich für die Beschreibung der vollqualifizierten Ausbildungssysteme wie inDeutschland oder Österreich verwendet, obwohl dieser Begriff in derAufgabenbeschreibung zu dieser Studie verwendet wird. Zur Verdeutlichung desUnterschieds dieser Systeme und anderer Systeme in anderen Ländern wird der Begriff„duale Ausbildung/duales System“, gemäß den vom Cedefop verwendeten Begriffen,gebraucht, wenn es um das Thema im Allgemeinen geht. Dadurch können vieleverschiedene Systeme der Berufsbildung analysiert werden, auch diejenigen, die keinevollqualifizierten Ausbildungen darstellen.

1.2.1. Navigation in der Studie

Diese Studie ist wie folgt aufgebaut:

Kapitel 2: stellt die verwendete Methodik der Studie vor;

Kapitel 3: bietet einen Überblick über die dualen Systeme in der EU und ihreEigenschaften;

Kapitel 4: stellt die kürzlich zurückliegenden Reformen in den abwechselndenberufspraktischen und schulischen Ausbildungen in den EU-Ländern vor underörtert diese;

Kapitel 5: behandelt die Faktoren, die die Art und Weise beeinflussen, wie dualeSysteme entwickelt werden;

Kapitel 6: behandelt die Kosten und Nutzen der dualen Systeme und stellt vor,wie diese in den EU-Ländern finanziert werden;

Kapitel 7: bewertet die Vorteile und kritischen Bereiche in drei Haupttypen derdualen Systeme und des schulbasierten Lernens;

Kapitel 8: fasst die Schlussfolgerungen der Studie zusammen und gibtEmpfehlungen für künftige Entwicklungen in allen Arten der dualen Systeme.

Der Studie sind die folgenden Anhänge beigefügt:

Anhang 1 Analytischer Rahmen

Anhang 2 Tabellen aus Kapitel 2;

Anhang 3 Tabellen und Länderbeispiele aus Kapitel 3;

Anhang 4 Tabellen und Länderbeispiele aus Kapitel 4;

Anhang 5 Tabellen und Länderbeispiele aus Kapitel 5;

Anhang 6 Tabellen und Länderbeispiele aus Kapitel 6;

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2. METHODIK

ZUSAMMENFASSUNG

Im Rahmen dieser Studie wurden eine Reihe von Fragen des EuropäischenParlaments abgearbeitet. Diese wurden in einem analytischen Rahmen aufgearbeitet,anhand dessen die zu erhebenden Informationen bestimmt wurden.

• Die für die Studie durchgeführte Recherche bestand aus einer Kombination ausSchreibtischstudien und Interviews. Für 28 Länder wurden grundlegendeInformationen aus internationalen Quellen über duale Systeme und betrieblicheAusbildungen sowie den allgemeineren Kontext gesammelt. Für zehn ausgewählteLänder (CZ, DE, EL, FI, FR, IT, NL, PT, PL, UK (England)) überprüfte dasForschungsteam nationale Studien sowie Dokumente aus der Politik und führteinsgesamt 60 Interviews durch.

• Für die zehn ausgewählten Länder wurde eine Kombination aus Situationen inBezug auf die Integration des arbeitsbasierten Lernens und die Existenz dualerSysteme behandelt. Die Integration des arbeitsbasierten Lernens in derBerufsbildung variiert in der EU sehr stark. Es kann realistisch nicht davonausgegangen werden, dass die Länder mit einer überwiegend schulbasiertenBerufsbildung innerhalb kurzer Zeit zu Systemen mit vollqualifizierten Ausbildungenübergehen werden. Eines der Hauptprobleme im Rahmen dieser Studie besteht darin,die möglichen Entwicklungen für eine Vielzahl von Berufsbildungssystemeneinschließlich verschiedener dualer Systeme und Systeme der betrieblichenAusbildung zu bestimmen. Dies wurde bei der Auswahl der Länderprobe in Betrachtgezogen.

2.1. Vorstellung des methodischen Ansatzes22

Die Studie wurde von Oktober 2013 bis Mai 2014 durchgeführt. In dieser Zeit führte dasForschungsteam die folgenden Tätigkeiten aus:

Kartierung der verfügbaren Informationen über Berufsbildungssysteme/dualeSysteme in der EU-28;

Bestimmung von Trends und Entwicklungen im Hinblick auf duale Systeme in derEU-28;

Literaturrecherche in Bezug auf die in der akademischen Forschung überbetriebliche Ausbildungen und duale Systeme bekannten Punkte;

Detaillierte Studie über duale Systeme in zehn ausgewählten Ländern aufGrundlage nationaler Quellen und Interviews mit Experten und Behörden;

Analysen der Eigenschaften der Berufsbildungssysteme/dualen Systeme in diesenLändern, um ihre Erfolgsfaktoren und Herausforderungen zu identifizieren;

Entwicklung von Empfehlungen für jede Art von Berufsbildungssystem/dualemSystem, die die EU-Länder inspirieren können, die ihre Systeme ändern oderverbessern möchten.

22 Die Analyse wurde gemäß dem in Anhang 1 vorgestellten analytischen Rahmen durchgeführt.

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2.1.1. Kartierung der wichtigsten Eigenschaften der Berufsbildungsgänge(28 Länder)

Im Hinblick auf den Umfang der Studie lag der Hauptschwerpunkt auf der beruflichenErstausbildung (IVET) auf ISCED Level 3 (Sekundarbereich II). Die Berufsausbildung aufhöherem Niveau wurde nur für die Länder behandelt, für die dies relevant war,beispielsweise Griechenland und Irland, wo ein beträchtlicher Teil der beruflichenErstausbildung auch ISCED Level 4 umfasst.

Um einen Überblick über die wichtigsten Eigenschaften der Berufsbildungssysteme unddualen Bildungsgänge in Europa zu gewinnen, kartierte das Forschungssystemsystematisch die in Tabelle 1 für jeden Mitgliedstaat aufgeführten Informationen.

Tabelle 1: Wichtigste Eigenschaften für jeden Mitgliedstaat

Art der Berufsbildungsgänge imLand

Abschlussquoten vonBerufsbildungsprogrammen

Vorhandensein vonLehrlingsausbildungen Abgangsbewertung

Existenz anderer dualerSysteme Ergebnisse

Wege in alternierendeProgramme Reformen

Teilnahme an Berufsbildung Wahrnehmungen

Teilnahme an alternierendenProgrammen Wirtschaftliches Umfeld

Beratung FinanzierungQuelle: ICF International

Diese Informationen wurden aus den existierenden nationalen und internationalenStudien und Länderberichten zusammengetragen.

2.1.2. Detaillierte Analyse der zehn ausgewählten Länder

Zehn EU-Länder wurden für eine detaillierte Recherche ausgewählt. Die Auswahl derLänder erfolgte folgendermaßen:

Sie sollten eine große Bandbreite verschiedener Berufsbildungssysteme abdecken.

Sie sollten Länder mit einer starken Ausbildungstradition sowie Länder mit fastausschließlich schulbasierten Berufsbildungssystemen enthalten.

Es sollten Länder enthalten sein, deren Jugendarbeitslosigkeitsquote über undunter dem EU-Durchschnitt liegt.

Sie sollten unterschiedliche geografische Gebiete in Europa repräsentieren und

Einblicke in die Länder gewähren, die erst kürzlich (2004) der EU beigetretensind.

Tabelle A2.1 in Anhang 2 präsentiert die zehn ausgewählten Länder in Bezug auf dievorstehenden Kriterien.

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Die detaillierten Länderrecherchen ergaben zehn Länderberichte, die die in Tabelle 2vorgestellten Informationen enthalten.

Tabelle 2: Art der in den zehn Länderberichten enthaltenen Informationen

Beschreibung dualerBildungswege

Faktoren, die die Teilnahme andualen Systemen beeinflussen

Sozioökonomischer Hintergrund Qualitätskontrolle

Ergebnisse dualer Bildungswegefinanzielle und nicht finanzielleAnreize

Größte Herausforderungen undTrends für duale Bildungsgängeim Land Chancengleichheit

Reformen und MaßnahmenQuelle: ICF International

Die Länderberichte wurden auf Grundlage von Schreibtischstudien (nationale Quellen)und Interviews durchgeführt. Insgesamt wurden 60 Leitfaden-Interviewsdurchgeführt (zwischen 5 und 8 Interviews pro Land). In Tabelle A2.2 werden die Artender befragten Unternehmen und die Anzahl der Befragten detaillierter dargestellt.Tabelle A2.3 bietet einen Überblick über die befragten Unternehmen pro Land. BeideTabellen finden Sie in Anhang 2.

Die Befragten wurden auf Grundlage ihrer Rolle in Ministerien/staatlichen Behörden inBezug auf Berufsbildung/duale Systeme ausgewählt. Dazu gehören beispielsweiseVertreter von Arbeitgeber- und Arbeitnehmerverbänden (wie Gewerkschaften), Vertretervon Berufsbildungsträgern, Lehrern oder Schülern, wenn verfügbar, sowie ihre Erfahrungauf diesem Gebiet. Die Länderforscher wählten die Befragten aus, die die wichtigstenBehörden und Interessenträger, die in den nationalen Berufsbildungssystemen/dualenSystemen bzw. den aktuellen politischen Reformen tätig waren, am bestenrepräsentierten. Nach Abschluss wurden die detaillierten Berichte überprüft und dieQualitätssicherung durch den Projektkoordinator sichergestellt.

2.1.3. Besprechung der Methodik: Datenverfügbarkeit und -vergleichbarkeit

Die Studie basiert hauptsächlich auf Sekundärinformationen aus nationalen undinternationalen Quellen. Dieser Ansatz wurde angesichts der Studienfragen alsangemessen erachtet. Anhand der für die zehn detaillierten Länderberichte gesammeltenInformationen wurde deutlich, dass die dualen Systeme in den sozioökonomischen undstrukturellen Kontext der Berufsbildung gebracht werden mussten. Die Länder wurden soausgewählt, dass sie verschiedene Berufsbildungssysteme und Ansätze zur Integrationdes arbeitsbasierten Lernens in die Berufsbildung umfassen. Ziel war es, die wichtigstenEigenschaften verschiedener arbeitsbasierter Bildungswege und dualer Bildungsgänge inihrem Kontext zu analysieren. Dadurch wurden die wichtigsten Herausforderungen undTrends für duale Systeme in den jeweiligen Kontext gebracht und Einblicke in denHintergrund und die Argumentation aktueller Reformen und damit in die Möglichkeitenfür den Politiktransfer geboten. Diese Studie baut daher auch auf existierendenvergleichenden Studien auf, in denen die Stärken und Herausforderungen derverschiedenen Arten der Integration von Dualität und arbeitsbasiertem Lernen analysiertwerden.

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Dem schwierigen Vergleich dualer Systeme und Ausbildungen in der EU widmeten sichsieben Studien23. Die Vielfalt von beruflichen Bildungsgängen bringt die folgendenHerausforderungen mit sich:

Die Unterscheidung zwischen betrieblichen Ausbildungen und anderen Formen derIntegration arbeitsbasierten Lernens ist nicht klar.

Daten über den Anteil von Lernen im Unternehmen oder arbeitsbasiertem Lernenin Berufsbildungsgängen werden nicht systematisch erhoben (oder sie enthaltenpraktische Schulungen, die im Rahmen eines Schulworkshops absolviert werdenkönnen).

Daten zur Teilnahme an dualen Programmen sind angesichts der Vielfalt derBildungswege häufig nicht vergleichbar.

Zur Lösung dieser Probleme wurde ein Team aus Länderforschern mit speziellenKenntnissen in Bezug auf die Berufsbildung und mit den nötigen Sprachkenntnissengebildet, um die Daten aus nationalen Datensätzen/Studien zu verstehen. Den Forschernwurde eine gemeinsame Vorlage zum Ausfüllen und für die Erstellung eines Berichts überdie Informationen bereitgestellt. Dies wurde durch eine Anleitung ergänzt, in der die Artder zu berücksichtigenden Datensätze und die verbundenen Definitionen vonbetrieblicher Ausbildung, dualem und arbeitsbasiertem Lernen (wie oben dargestellt)deutlich erklärt wurden.

23 Beispielsweise Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c); Europäische Kommission (2013d).

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3. ENTWICKLUNGSSTAND DUALER SYSTEME INEUROPA

WICHTIGSTE ERKENNTNISSE

• Für betriebliche Ausbildungen und duale Programme in der EU gibt es keineinheitliches Modell. Vielmehr gibt es eine Vielzahl von Programmarten, bei denenarbeitsbasiertes Lernen in unterschiedlichem Umfang integriert wird. Darüberhinaus variiert auch die Anzahl der im Land angebotenen betrieblichenAusbildungsgänge. Wenn solche Bildungsgänge jedoch existieren, sind sie miteinigen Ausnahmen meist Teil einer formalen beruflichen Erstausbildung.

• Aufgrund der unterschiedlichen Definitionen des arbeitsbasierten Lernens, die inden verschiedenen internationalen Quellen (z. B. OECD) verwendet werden, gibtes keine ausreichenden vergleichbaren Daten über den Anteil junger Menschen,die an Bildungsgängen teilnehmen, bei denen arbeitsbasiertes Lernen integriertist. Dies gilt sowohl für duale als auch betriebliche Ausbildungssysteme.

• Es scheint keine eindeutige Beziehung zwischen der Teilnahme in derBerufsbildung und entweder:– der Existenz und dem Entwicklungsgrad von betrieblichen Ausbildungssystemenoder– der Existenz einer frühen Differenzierung im Land zu geben.

• In einigen Ländern können bestimmte Qualifikationen nur durch eine betrieblicheAusbildung erreicht werden (z. B. AT, DE). In diesen Fällen sind betrieblicheAusbildungen ein unvermeidlicher Schritt für die Ausübung eines bestimmtenBerufs. In anderen Ländern hingegen (z. B. FR, NL) können dieselbenQualifikationen über unterschiedliche Bildungsgänge erreicht werden. Diesbedeutet, dass es in der Theorie und unabhängig vom gewählten Bildungswegkeinen Unterschied in den Fähigkeiten geben sollte, die durch eine bestimmteQualifikation erworben werden.

• Der Status der Auszubildenden unterscheidet sich in vielen Fällen von dem derStudierenden. Sie haben einen Ausbildungs- oder einen Arbeitsvertrag. Außerdemerhalten sie eine Vergütung oder Pauschale und können bestimmte fürStudierende nicht zugängliche Mechanismen der sozialen Sicherung in Anspruchnehmen. Aus diesem Grund sind diese Bildungsgänge in Ländern mit einerstarken Ausbildungstradition nicht nur in das Bildungssystem, sondern auch in dieArbeitsmarktstrukturen fest integriert. In dualen Systemen gibt es im Gegensatzzu anderen betrieblichen Ausbildungen häufig eine einfache Vereinbarungzwischen dem Schüler, dem Arbeitgeber und eventuell der Schule.

• Für betriebliche Ausbildungen und duale Systeme gibt es Governance-Regelungender beteiligten Interessenträger. Angesichts der gemeinsamen Verantwortung fürdie Ausbildung und damit den Lernprozess junger Menschen sind für den Entwurfvon Standards (Qualifikation oder Weiterbildung) und die Bewertung sowohl derArbeitsmarkt als auch Bildungsakteure verantwortlich.

• In vielen betrieblichen Ausbildungssystemen ist eine Stelle bei einem ArbeitgeberVoraussetzung für die Aufnahme. Dadurch entsteht eine Zugangshürde, da nichtalle jungen Menschen über die Karrieremanagementfähigkeiten verfügen, umselbst eine Stelle zu finden. Sie benötigen daher Unterstützung oder zusätzlicheVorbereitung.

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• Die Beschäftigungsquoten sind unabhängig vom existierendenBerufsbildungssystem bei Absolventen berufsbildender Bildungsgänge der StufenISCED 3-4 im Vergleich zu Absolventen allgemeinbildender Bildungsgänge höher.Die Art des im Rahmen des Systems gewählten Bildungsgangs führt zuunterschiedlichen Beschäftigungsquoten in der Berufsbildung:Berufsbildungsgänge mit einem hohen Anteil an arbeitsbasiertem Lernen führenzu besseren Beschäftigungsergebnissen im Vergleich zu dem schulbasiertenBildungsweg.

– In der tertiären Bildung sind die Beschäftigungsergebnisse jedoch besser fürAbsolventen allgemeinbildender Schulen als für Absolventen berufsbildenderBildungsgänge.

• Duale Systeme/betriebliche Ausbildungen werden in einigen Ländern eingesetzt,um Schulabbrecher aus der Berufsbildung oder aus der Allgemeinbildungaufzufangen. Außerdem gibt es Systeme für andere benachteiligte Gruppen (z. B.Schüler mit Behinderungen, Migranten), wenn auch in geringerem Umfang.

• Duale Systeme und betriebliche Ausbildungen werden zwar von vielen alsSchlüssel zur Senkung der Jugendarbeitslosigkeit betrachtet, da sie Chanceneröffnen. Auf dem Arbeitsmarkt existierende Ungleichheiten können dort jedochweitergeführt werden. In einigen Ländern können sie als Auffangbecken fürdiejenigen betrachtet werden, die in den herkömmlichen Bildungswegen„scheitern“. Dementsprechend werden sie als zweitrangig erachtet.

3.1. Integration des arbeitsbasierten Lernens in dieBerufsbildung

Normalerweise werden in der Berufsbildung theoretisches und praktisches Lernenkombiniert. Letzteres kann auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: in einer Schule oderBerufsbildungseinrichtung in Klassen, Projekten oder Workshops oder in einemarbeitsbasierten Kontext in einem echten Unternehmen. Arbeitsbasiertes Lernen ineinem Unternehmen kann ebenfalls auf unterschiedlichen Wegen erfolgen: von kurzenPraktika bis hin zu vollqualifizierten Ausbildungen auf Grundlage eines formalen Vertragszwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber.

Die vorstehenden Definitionen (Kapitel 1.2) deuten darauf hin, dass die Art und Weiseund der Umfang, in dem arbeitsbasiertes Lernen in Berufsbildungsprogramme integriertwird, von Land zu Land variieren. Es können die folgenden drei Berufsbildungsgängeunterschieden werden:

Schulbasierte Berufsbildung: Als schulbasiert werden Programme eingestuft,wenn der größte Teil der Ausbildung in einer Schule stattfindet. Normalerweisespielt der praktische Unterricht in schulbasierten Berufsbildungsprogrammenebenso eine große Rolle. Dieser findet jedoch in schulbasierten Workshops statt.Der Unterricht in echten Unternehmen stellt keine Anforderung dar. DieseMöglichkeit kann jedoch in einigen Bildungseinrichtungen dieser Programmegeboten werden.

Gemischte Berufsbildung: Diese Programme sind meist schulbasiert, habenjedoch ein arbeitsbasiertes Pflichtelement (in einem Unternehmen), das jedochnicht äquivalent zu einer betrieblichen Ausbildung ist (z. B. es gibt keinen Vertragzwischen Arbeitgebern und Auszubildenden).

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Arbeitsbasierte Berufsbildung: Dabei handelt es sich um Programme, in denenein großer Anteil des Unterrichts am Arbeitsplatz stattfindet, die übrigen Teilejedoch auch in einem schulbasierten Kontext (diese Programme werden auch alsbetriebliche Ausbildungen oder als „duales System“ bezeichnet).

In vielen Ländern werden diese Berufsbildungswege parallel angeboten. Tabelle A3.1 inAnhang 3 bietet einen Überblick über die verschiedenen Bildungswege in einigeneuropäischen Ländern.

Auf Grundlage dieses Überblicks in diesem Anhang lassen sich folgende Feststellungentreffen:

Formen der schulbasierten Berufsbildung gibt es in fast allen untersuchtenLändern. Dasselbe gilt jedoch nicht für duale Systeme/betriebliche Ausbildungen.Je nach Berufsbildungssystem können schulbasierte Bildungswegeunterschiedliche Eigenschaften aufweisen. In einigen schulbasierten Programmenfindet der Unterricht selten am Arbeitsplatz in den Räumlichkeiten einesArbeitgebers statt (z. B. CZ, EL24). In anderen hingegen sind Phasen mitarbeitsbasiertem Unterricht verpflichtend und in allen Qualifikationen derschulbasierten Berufsbildung integriert (z. B. FI, wo das schulbasierte Systemeigentlich gemischt ist, und Teile der deutschen Berufsbildung, wie Berufsschulenfür Krankenpflegepersonal und Hebammen25). Auch wenn die schulbasierteBerufsbildung der häufigste Berufsbildungsweg in einigen Ländern ist (z. B. EL,FI), richtet sie sich gleichzeitig in manchen Ländern nur an bestimmteSchülergruppen (z. B.: DE, wo die rein schulbasierte Ausbildung eher dieAusnahme ist und schulbasierte Programme häufig die Lösung für die Schülersind, die keine Ausbildungsstelle finden. Dies gilt nicht für bestimmte Berufe, dienicht Gegenstand einer betrieblichen Ausbildung im oben genannten Sinne sind).

Bei den gemischten Programmen variiert der Anteil des arbeitsbasiertenUnterrichts zwischen den betrachteten Ländern. Beispielsweise bestehtmindestens ein Halbjahr des dreijährigen schulbasierten Programms in Finnlandaus Unterricht am Arbeitsplatz. In Portugal beinhalten „ausbildungsartige Kurse“26

einen Anteil an arbeitsbasiertem Lernen von 40 %. In den Niederlanden liegt derAnteil des arbeitsbasierten Lernens je nach Bildungsweg zwischen 20 % und60 %.

Arbeitsbasierte Berufsbildung/betriebliche Ausbildungen gemäßvorstehender Definition existieren weder in der Tschechischen Republik noch inPortugal.

24 Vor der Reform 2013. Die reformierten Systeme beinhalten einen großen Anteil an arbeitsbasiertemLernen. Die neuen betrieblichen Ausbildungen/dualen Systeme werden erwartungsgemäß im Schuljahr2014/15 oder 2015/16 eingeführt.

25 Refernet-Länderberichte 201226 Diese entsprechen eher der Definition von dualem System als von betrieblicher Ausbildung gemäß dieser

Studie.

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Tabelle 3: Beteiligung von Schülern in der Berufsbildung in europäischenLändern

Vorwiegendarbeitsbasiert

Vorwiegendgemischt

Vorwiegendschulbasiert

Hohe Beteiligung inder Berufsbildung*

AT FI, LU, NL BE, CZ, SK, SI

Mittlere Beteiligungin derBerufsbildung*

DK, DE FR, PT, MT, SE IT, PL, ES, UK, BG,RO

Geringe Beteiligungin derBerufsbildung*

IE EE, EL, HU, LT, LV

Quelle: ICF International

*OECD (2012a), Tabelle C1.3. Bildungsbeteiligung im Sekundarbereich II und im postsekundaren, nichttertiären Bereich (Daten von 2010). Hoch= >60 % der Schüler in Berufsbildungsgänge eingeschrieben; mittel= 40-60 % der Schüler befinden sich in Berufsbildung, niedrig = <40 % befinden sich in Berufsbildung.Keine verfügbaren Daten für das Vereinigte Königreich.

3.1.1. Vorhandensein von Lehrlingsausbildungen

Laut der Literatur27 gibt es in allen 28 Mitgliedstaaten, mit Ausnahme der TschechischenRepublik, Portugal und der Slowakei, betriebliche Ausbildungsprogramme, die derDefinition in Kapitel 1.2 entsprechen (Tabelle A3.2 in Anhang 3). Dass keinebetrieblichen Ausbildungen existieren, bedeutet jedoch nicht, dass diese Länder keinarbeitsbasiertes Lernen anbieten. In Portugal gibt es eine Reihe vonBerufsbildungswegen, im Rahmen derer die Auszubildenden Unterricht am Arbeitsplatzabsolvieren müssen. Diese gleichen jedoch eher dualen Systemen als betrieblichenAusbildungen. In der Tschechischen Republik und der Slowakei kann der erforderlichepraktische Unterricht entweder in einem Unternehmen oder einem schulbasiertenWorkshop stattfinden. Die Entscheidung, den praktischen Unterricht in einemUnternehmen oder einem Workshop anzubieten, liegt im Ermessen der Schule.

Der Überblick über die betrieblichen Ausbildungssysteme in der EU-28 zeigt, dass einigeLänder nur eine Form von betrieblichem Ausbildungsgang anbieten,wohingegen in anderen Ländern mehrere Bildungswege möglich sind.

Betriebliche Ausbildungen sind normalerweise Teil des Systems der beruflichenErstausbildung. In einigen Fällen (BG, LV, IT)28 sind sie jedoch kein Teil desformalen Bildungssystems. Dies bedeutet, dass sie nicht zu einer Qualifikation führen,die äquivalent zur Qualifikation des formalen Berufsbildungssystems ist. In den meistenFällen werden diese für Schüler als Form der Sekundarbildung II (ISCED Level 3)angeboten. Sie führen zu einer Berufsqualifikation mit Arbeitsmarktrelevanz, beinhaltenjedoch nicht dieselben Rechte wie Qualifikationen aus dem formalen System29. Italien,wo betriebliche Ausbildungen eher eine Art Arbeitsvertrag als ein spezieller Bildungsgang

27 Europäische Kommission (2013e). WICHTIGER HINWEIS: In der Quelle wurden die pro Landverfügbaren Modelle in „Modelle vom Typ Lehrlingsausbildung“ und „Praktika“ eingestuft. ICFInternational hat diejenigen Modelle ausgewählt, die unter die vereinbarten Definitionen und in denUmfang (Bildungsstufen) dieser Studie fallen.

28 ReferNet-Länderbericht Lettland 2012 und Europäische Kommission (2012c); für Italien: Art.1 D.Lgs n.167/2011.

29 Laut Europäische Kommission (2012c).

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sind, ist ein Einzelfall30. Diese Beispiele entsprechen nicht der vorstehendenrestriktiveren Definition von betrieblicher Ausbildung.

In einigen Ländern werden darüber hinaus duale Programme oder betrieblicheAusbildungen auf postsekundärem Bildungsniveau (ISCED 4: EE, EL, FI, HU, IE, LT, NL)oder auf tertiärem Bildungsniveau (ISCED 5: FR, DE, IE, UK) angeboten31.

Insgesamt weisen die betrieblichen Ausbildungsprogramme in Europa trotz einigerterminologischer Inkonsistenzen dieselben Eigenschaften auf wie in Kapitel 1.2aufgeführt. Betriebliche Ausbildungen decken jedoch je nach Land eine große Bandbreitevon Berufen ab. Beispielsweise werden sie in Frankreich, Deutschland und England nichtnur in traditionellen Handwerken und Berufen entwickelt, sondern auch auf neuentstehende Berufe im Dienstleistungssektor (beispielsweise in der Betriebswirtschaft)ausgedehnt32. Unterschiede bezüglich der Umsetzungsweise von betrieblichenAusbildungen werden auch erwähnt, z. B. im Hinblick auf Verträge, Beschäftigungsstatusund Dauer. Diese Unterschiede werden in den folgenden Unterkapiteln näher erläutert.

3.1.1.1. Verträge und Beschäftigungsstatus von Auszubildenden und Schülernin dualen Systemen

Verträge in betrieblichen Ausbildungen

Wie in Kapitel 1.2 festgestellt, sind die formalen Ausbildungsverträge mit einemAusbildungsunternehmen eine wichtige Eigenschaft von betrieblichen Ausbildungen,da: i) sie betriebliche Ausbildungen von weniger regulierten dualen Systemenunterscheiden; ii) sie die Eigenschaften des Unterrichts regeln, die die Kosten/Nutzen fürdie Arbeitgeber beeinflussen, und iii) sie die Bereitschaft der Auszubildenden zurTeilnahme an diesen Systemen fördern33. Der Vertrag unterstreicht, dass dieAuszubildenden nicht bloße Schüler sind, sondern auch einen Beitrag zur Produktion desUnternehmens leisten. In Einklang damit werden die Vergütung, Versicherungen oderRentenansprüche aufgeführt, aber auch möglicherweise weitere Arbeitsbedingungen (wieUrlaubsansprüche)34. Der Vertrag wird für gewöhnlich zwischen dem ausbildendenUnternehmen und dem Auszubildenden über die Dauer der Ausbildung abgeschlossen. Eswerden die grundlegenden Elemente der Ausbildung festgelegt, darunter der zubefolgende Lehrplan, die vom Auszubildenden auszuführenden Aufgaben, die Rechte undPflichten des Auszubildenden, der Name des verantwortlichen Ausbilders usw. Auch dieSchüler in anderen dualen Systemen haben eventuell einen Vertrag, dieser weist jedochandere Eigenschaften auf.

Dieser Vertrag bietet Auszubildenden einen besonderen Status, der in einigen Punktenvergleichbar mit dem eines Arbeitnehmers ist. Typischerweise bedeutet dies, dass derAuszubildende eine Vergütung erhält, kranken- und unfallversichert ist und eventuellRentenansprüche für die Dauer seiner Ausbildung erwirbt35. Tabelle A3.3 in Anhang 3gibt einen Überblick über die verschiedenen Vertragskategorien und den Status der

30 Die betriebliche Ausbildung in Italien ist kein fester Bestandteil des Berufsbildungssystems. Sie wird inden nationalen Gesetzen als dauerhafter Arbeitsvertrag definiert, im Rahmen dessen junge Menschenunterrichtet und beschäftigt werden, (laut Art. 1 D.Lgs. Nr. 167/2011). Dementsprechend werden sie zurBekämpfung der Arbeitslosigkeit eingesetzt (siehe Kapitel 4).

31 Europäische Kommission (2012c).32 In UK (England), laut Weltbank (2013), Towards a Model Apprenticeship Framework: A Comparative

Analysis of National Apprenticeship Systems.33 Weitere Details in Kapitel 6.34 Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c).35 Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c).

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30

Auszubildenden in den acht gewählten Ländern, in denen betriebliche Ausbildungenexistieren36 (d. h. mit Ausnahme von CZ und PT).Wie in Tabelle A3.3 in Anhang 3 und in nachstehender Tabelle 4 gezeigt, wurden vierHauptvertragsarten identifiziert:

Spezifische Ausbildungsverträge

Arbeitsverträge und

Lern- oder Lehrverträge.

Tabelle 4: Art der Verträge in betrieblichen Ausbildungen und sonstigen dualenSystemen in den gewählten Ländern

Art des Vertrags Betriebliche Ausbildungen Sonstige dualeSysteme

SpezifischerAusbildungsvertrag

FR, DE

Arbeitsvertrag FI, EL, IT, NL, PL, UK (ENG)Lern- oder Lehrvertrag NL CZ, EL, FI, NL, PL, PT

Quelle: ICF Internationale Forschung in ausgewählten Ländern

In Ausbildungsverträgen sind die besonderen Rechte des Auszubildenden festgelegt,die sich von denen der regulären Arbeitnehmer unterscheiden können. Typischerweise istdie Mindestvergütung geringer als die eines regulären Arbeitnehmers. In diesenVerträgen sind auch sonstige Ansprüche im Vergleich zu denen der Arbeitnehmererläutert. Im Vergleich zu regulären Arbeitsverträgen genießen die Arbeitgeber denVorteil, geringere (oder keine) Sozialabgaben zusätzlich zum Ausbildungsgehaltentrichten zu müssen. Einer der identifizierten Unterschiede zwischen diesen Verträgenund regulären Arbeitsverträgen besteht im Kündigungsschutz der Ausbildungsverträge.In einigen Fällen (z. B. DE und EL) sind die zuständigen Einrichtungen37 dafürverantwortlich, eine neue Stelle für den Auszubildenden zu finden, wenn demAuszubildenden aufgrund der Insolvenz des Unternehmens gekündigt wird.

Da viele Auszubildenden minderjährig sind, müssen die Verträge in Einklang mit dennationalen Jugendschutzgesetzen und -bestimmungen stehen. Dies kann beispielsweisedie Arbeitszeit der Auszubildenden (keine Arbeit am späten Abend) und die Art derauszuführenden Aufgaben (z. B. Verkauf von Tabak und Alkohol, was beispielsweise ineinem Hotel, in der Gastronomie und im Tourismus ein Problem darstellen kann)betreffen.

Arbeitsverträge können einem Ausbildungsvertrag in vielerlei Hinsicht ähneln, es wirdjedoch kein spezieller Auszubildendenstatus festgelegt. Sie sind vielmehr einArbeitsvertrag, der dem Arbeitgeber ermöglicht, geringere Abgaben und Gehälter zuzahlen und mehr Flexibilität in Bezug auf bestimmte andere Schutzaspekte zu gewinnen.Diese Verträge richten sich normalerweise an bestimmte Zielgruppen. Beispiel dafür istder „Professionalisierungsvertrag“, der sich an junge Menschen zwischen 16 und 25Jahren richtet, aber auch an Arbeitssuchende über 26.

36 Wie bereits dargelegt, gibt es gemäß der Definition in Kapitel 1.2 in der Tschechischen Republik und inPortugal keine betrieblichen Ausbildungen.

37 Dies sind die Kammern in Deutschland und die Berufsschulen bei betrieblichen Ausbildungen, die von demgriechischen PES (OAED) angeboten werden.

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31

Lernverträge können zur Trennung der Rechte und Pflichten in Bezug auf das Lernendes Schülers vom Inhalt des Ausbildungsvertrags parallel zu den Ausbildungsverträgenexistieren (z. B. in NL38).

Sowohl Arbeitsverträge für Auszubildende als auch Ausbildungsverträge unterliegen imAllgemeinen den nationalen Rechtsvorschriften oder den Tarifverträgen des Sektors. Siewerden gewöhnlich von den Auszubildenden (oder ihren gesetzlichen Vertretern) unddem ausbildenden Unternehmen unterzeichnet. Es kann sich jedoch auch um einentrilateralen Vertrag mit der Berufsschule/Berufsbildungsanbieter (z. B. LT39) oder einemzweiten Unternehmen handeln, das die Teile des praktischen Unterrichts durchführt, dienicht im Hauptunternehmen angeboten werden (z. B. AT, DE). In einem trilateralenVertrag kann die dritte Partei aus den Eltern/Vertretern des Schülers (z. B. SE) odereinem Unternehmen bestehen, das bei der Durchführung der Ausbildung eineSchlüsselrolle einnimmt (z. B. MT)40.

Verträge in anderen dualen Systemen

In gemischten Systemen, in denen arbeitsbasiertes Lernen in einem Unternehmenstattfindet, kann ein Lernvertrag zwischen der Schule und dem Arbeitgeber (z. B. imRahmen der Ausbildungsstellen für Schüler in der schulbasierten Berufsbildung inPolen41) oder dem Schüler und der Schule (z. B. in den ausbildungsartigen Kursen inPortugal) unterzeichnet werden42.

Die Verträge in gemischten Systemen unterscheiden sich von Ausbildungsverträgen. DieSchüler behalten gewöhnlich ihren Schülerstatus, selbst wenn in den ArbeitsgesetzenElemente des arbeitsbasierten Lernens definiert sind (z. B. CZ). Schüler erhalten häufigkeine Bezahlung, auch wenn sie eine Art Pauschale beziehen können, wenn derArbeitgeber dies entscheidet (z. B. EL und FI). Tabelle A3.4 in Anhang 3 bietet einenÜberblick der Vertragsarten in dualen Systemen, die in den gewählten Ländernidentifiziert wurden.

3.1.1.2. Dauer der Ausbildungen

Die Dauer ist bei betrieblichen Ausbildungen von großer Bedeutung, da sie mit derEntwicklung der Effizienz/Produktivität der Auszubildenden in Zusammenhang steht, diemit der Zeit zunimmt. Dies kann wiederum Einfluss auf die Entscheidung vonArbeitgebern haben, Ausbildungsstellen anzubieten43.

Ausbildungen dauern in den im Rahmen dieser Studie untersuchten Ländern gewöhnlichzwischen zwei und drei Jahren. Während in einigen Ländern die Ausbildungsdauerfestgelegt ist, hängt diese in anderen Ländern von der angestrebten Qualifikation oderder Art des Abschlusses ab (komplexe Qualifikationen oder höhere Abschlüsse erforderneine längere Phase des praktischen Unterrichts). Darüber hinaus können dieBerufsbildungsgänge modular aufgebaut sein und die Option bieten, Lernergebnisse zusammeln. Auch dies hat Einfluss auf die Ausbildungsdauer. Bei dem dritten Modell kannder Arbeitgeber auf Grundlage der vorherigen Lern-/Berufserfahrung des Einzelnen überdie Dauer entscheiden (im Rahmen einer vorgegebenen Zeitspanne bis zur Erreichungder Mindestanforderungen).

38 BPV protocol Special (2010), Vertrouwen op elkaars professionaliteit.39 Refernet-Länderberichte (2012).40 Refernet-Länderberichte (2012).41 ICF-Recherche in den ausgewählten Ländern.42 Wie bereits betont, weisen die „ausbildungsartigen Kurse“ in Portugal trotz ihres Titels die Eigenschaften

eines dualen Systems auf.43 Weitere Details in Kapitel 6.

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32

Tabelle 5: Ausbildungsdauer in den acht gewählten Ländern, in denenbetriebliche Ausbildungen existieren

FestgelegteDauer für allebetrieblichenAusbildungen

Festgelegte Dauer, jedoch inAbhängigkeit der Qualifikation oder

AbschlussartFlexible Dauer

Griechenland Deutschland, Frankreich, Italien, Polen,Niederlande UK (England), Finnland

Quelle: Recherche von ICF International in den gewählten Ländern und Refernet-Länderberichte 2012.Hinweis: In UK (England) müssen betriebliche Ausbildungen seit August 2012 für 16- bis 18-Jährigemindestens 12 Monate dauern. Wie in der NAS-Erklärung über die Ausbildungsqualität44 festgelegt, solltenAusbildungen bei mindestens 19-Jährigen eine Mindestdauer von 12 Monaten aufweisen, es sei denn, derAuszubildende kann vorherigen Unterricht nachweisen. Ist dies der Fall, dauert die Ausbildung mindestens 6Monate. Es sei jedoch darauf verwiesen, dass in dem Apprenticeship Implementation Plan 201345 im Rahmender laufenden Ausbildungsreformen festgelegt ist, dass alle Ausbildungen mindestens 12 Monate dauernmüssen, ohne dass dies flexibel je nach Alter oder Erfahrung des Auszubildenden entschieden werden kann.

3.1.2. Governance bei dualen Systemen in der Berufsbildung

Die Governance bei dualen Systemen als Teil des Berufsbildungssystems umfasstverschiedene Aufgaben. In erster Linie muss die Berufsbildung geplant werden, da die imRahmen dualer Systeme erlangten Qualifikationen den Arbeitsmarktbedarf decken undfür die Arbeitgeber transparent sein müssen.

Die staatlichen Akteure sind gewöhnlich verantwortlich für:

(gesetzliche) Regulierung der dualen Systeme (einschließlich Festlegung derpolitischen Prioritäten, Förderungen und Finanzierungen);

Festlegung klarer Rollen und Aufgaben der beteiligten Akteure;

Definition und Standardisierung der im Rahmen von dualen Systemen erlangtenQualifikationen (durch Akkreditierung, Beschäftigungsstandards und Profile undUnterrichtsbestimmungen);

Überwachung der beiden Lernorte (Berufsbildungsanbieter/Schule undausbildendes Unternehmen);

o Schulen und Berufsbildungsanbieter (z. B. durch staatliche Inspektionenetc.);

o ausbildende Unternehmen (z. B. durch Einbindung der Interessenträger –Kammern oder Berufsbildungsanbieter –, die sicherstellen, dass dieausbildenden Unternehmen den Schülern angemessene Lern- undArbeitsbedingungen bieten);

o Festlegung von Anforderungen für die Schulung der schulischen Lehrkräfteund Ausbilder im Unternehmen (gewöhnlich kontrolliert durch dasentsprechende Überwachungssystem).

Erhebung von Daten und Informationen für die Bewertung und Überprüfung.

44 HM Government (2013a).45 National Apprenticeship Service (NAS) (2012), Statement on Apprenticeship Quality.

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33

Ebenso wie in der Allgemeinbildung fallen die oben beschriebenen Aufgaben je nachDezentralisierungsgrad in einem Land in den Verantwortungsbereich verschiedenerEinrichtungen46. Duale Systeme unterscheiden sich in diesem Punkt von derAllgemeinbildung, da diese Systeme (insbesondere betriebliche Ausbildungen) zweiLernorte beinhalten, und zwar die Berufsschule/-bildungsanbieter und den Arbeitsplatz.Daher sind Governance-Mechanismen für den arbeitsbasierten Unterricht in privatenUnternehmen erforderlich. Duale Systeme werden typischerweise gemeinsam von denstaatlichen (bildungsverantwortlichen47) Behörden und Arbeitsmarktvertretern geregelt.Diese gemeinsame Governance kann in Form von Beratungen, Teilnahmen antrilateralen Ausschüssen oder formalen Verträgen mit einem hohen Verantwortungsgradder Akteure aus dem Geschäftssektor stattfinden. In Ländern mit einem starkausbildungsbasierten System wie Deutschland oder Österreich spielen dieArbeitgebervertreter (Kammern) eine wichtige Rolle bei der Festlegung derUnterrichtsstandards, der Qualitätssicherung des Unterrichts im Unternehmen und derBewertung der Auszubildenden. Angesichts der Rolle der Arbeitgeber alsBerufsbildungsanbieter in diesen Systemen ist diese gemeinsame Governanceerforderlich.

In einer Minderheit von Ländern (BG und LV) existieren die dualen Systeme getrennt vondem formalen Bildungssektor. Hier liegt die volle Verantwortung tendenziell bei denberufsständischen Organisationen und dem Unternehmenssektor.

In Tabelle A3.5 in Anhang 3 werden die an der Governance bei dualen Systemen in denzehn gewählten Ländern beteiligten Akteure vorgestellt.

In den Ländern, in denen verschiedene Arten von Berufsbildungsgängen und dualenSystemen koexistieren, werden diese von verschiedenen Ministerien bzw. Governance-Ebenen geregelt. Es gibt Vereinbarungen zwischen den Behörden, in denen dieKoordinierung zwischen verschiedenen Akteuren und Governance-Ebenen (z. B. FR)einschließlich der Interessenträger geregelt ist (z. B. wenn es um die Gestaltung vonQualifikationen, Ausbildungsverträgen und Recherche des Marktbedarfs geht).Beispielsweise schließt in Frankreich das Ministerium für nationale BildungVereinbarungen mit Sektoren und großen Unternehmen zur Entwicklung des Unterrichtsin der Berufsbildung ab, während in Italien die permanente Staat-Regionen-Konferenzder wichtigste Rahmen für Verhandlungen zwischen verschiedenen Governance-Ebenenist. Auf regionaler Ebene hingegen spielen die Sozialpartner eine zentrale Rolle bei derEntwicklung des Berufsbildungsangebots.

3.1.2.1. Standardisierung von Qualifikationen

In dualen Systemen und insbesondere in betrieblichen Ausbildungen findet einbedeutender Teil des Unterrichts in Unternehmen statt, die sich im Hinblick auf ihrSystem (Material, Personal, Prozesse) stark voneinander unterscheiden. In denSystemen, die Teil der Mainstream-Berufsbildung sind, sichert der Staat allenAuszubildenden zu, dass sie unabhängig vom Ort, an dem sie ihre Ausbildung

46 Viele Länder sind im Bereich der Berufsbildung stark dezentralisiert (z. B. BE, DE, IT, UK). In Schwedenübernehmen die Kommunen die Verwaltung der Vor-, Pflicht- und Sekundarschulen. In anderen Ländern –z. B. Dänemark, Frankreich und den Niederlanden – erfolgt die Organisation durch staatliche Akteure. Essind jedoch eine Vielzahl von Interessenträgern beteiligt.

47 In Italien hingegen, wo Ausbildungen eher als Arbeitsvertrag denn als Ausbildungsgang betrachtetwerden, ist das Bildungsministerium für die Allgemeinbildung zuständig und das Arbeits- undSozialministerium für die Festlegung von Mindestleistungsniveaus für die Berufsbildung.

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absolvieren, eine im ganzen Land anerkannte Qualifikation erlangen. Daher muss durcheine zentrale Regulierung der Ausbildungsstandards sichergestellt werden, dass alleAuszubildenden vergleichbare Lernergebnisse erzielen. Dies ist weniger der Fall beibetrieblichen Ausbildungen, die nicht Teil des formalen Bildungssystems sind und nichtzu einer landesweit anerkannten Qualifikation führen.

In einigen Ländern, in denen Ausbildungssysteme ein zentraler Teil desBerufsbildungssystems sind, unterscheidet sich die Art der erreichten Qualifikation vonden Qualifikationen, die auf anderen Bildungswegen erlangt werden. In Deutschlandkönnen beispielsweise die Qualifikationen für bestimmte Berufe nur nach Abschluss einerbetrieblichen Ausbildung erreicht werden. Es gibt keinen alternativen Weg zu diesenBerufen.

In einigen Ländern (z. B. FR, NL) wird die Art der erreichten Qualifikation nichtunterschieden, egal welchen Bildungsweg der Auszubildende verfolgt. Dies bedeutet,dass dieselben Qualifikationen im Rahmen des dualen Systems (schulbasierteBerufsbildung mit einem großen Teil arbeitsbasiertem Unterricht) und durch einebetriebliche Ausbildung erreicht werden können. Der am Ende erworbene Abschluss istderselbe und hat überall im Land dieselbe Gültigkeit. Für die Entwicklung der Lehrplänein betrieblichen Ausbildungen und die übrigen Bildungswege gelten dieselben Standards.

In den Niederlanden48 werden alle Qualifikationen in der Berufsbildung auf nationalerEbene reguliert. Der Inhalt der Qualifikationen wird in Ausschüssen entschieden, die ausBildungs- und Arbeitsmarktvertretern bestehen. Die Ausschüsse werden von den 17Kompetenzzentren verwaltet, die im Rahmen der Stiftung für Zusammenarbeit zwischenBerufsbildung und Arbeitsmarkt (SBB) tätig sind. In den Qualifikationen wirdbeschrieben, was ein Auszubildender nach Abschluss der Ausbildung wissen und könnensollte. Die Berufsbildungseinrichtungen haben eine große Freiheit bei der Gestaltung derLehrpläne.

In Frankreich49 führen berufliche Qualifikationen, die entweder vom Staat oder anderenInteressenträgern verliehen werden, zu „Berufszertifikaten“, die die Bewertung derberuflichen Fähigkeiten des Auszubildenden nach festgelegten Kriterien umfassen. Eswurden Berufsberatungsausschüsse (CPC) in verschiedenen Ministerien ins Lebengerufen, um zum Thema Zertifizierungsverfahren zu beraten. Das Ministerium fürnationale Bildung und seine dezentralen Strukturen stellen sicher, dass der Unterrichtsowohl in Schulungszentren für Auszubildende (CFA) als auch im Unternehmen inEinklang mit den Unterrichtsstandards (referentiel de formation) steht, und organisierendie Abschlussprüfungen für die Auszubildenden.

48 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.49 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.

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3.1.2.2. Qualitätssicherung in dualen Systemen

Überwachung von Berufsschulen/BerufsbildungsanbieternNormalerweise sind Berufsschulen und Berufsbildungsanbieter öffentliche Einrichtungen,und ihre Qualitätskontrolle fällt daher in den Zuständigkeitsbereich derselben Behörden,die auch für die Qualitätskontrolle bei den allgemeinbildenden Schulen zuständig sind.Private Berufsschulen müssen ebenfalls bestimmte Kriterien erfüllen und von denentsprechenden öffentlichen Behörden kontrolliert/geprüft werden.

In Frankreich50 unterliegen sämtliche öffentlichen und privaten Berufsbildungsanbieterim Hinblick auf ihre pädagogische und finanzielle Leistung der Kontrolle durch öffentlicheBehörden. Diese müssen einen jährlichen Bericht vorlegen, in dem die Anzahl und Artder Auszubildenden, die Unterrichtsstunden, die Art der Abschlussvorbereitungen etc.aufgeführt sind. Darüber hinaus ist es gesetzlich vorgeschrieben, dass alleBerufsbildungsanbieter über einen Rat für Verbesserungen („conseil deperfectionnement“) verfügen, der aus Interessenträgern besteht.

In Finnland51 gibt es eine weitgehende lokale Autonomie in allen Formen derBerufsbildung. Die Qualitätssicherung liegt hauptsächlich in der Verantwortung derBildungsanbieter und basiert zu einem hohen Grad auf Selbsteinschätzung. An letzterStelle ist jedoch der finnische Bildungsausschuss für die Überwachung derBerufsbildungsanbieter verantwortlich. Die Anforderungen sind gesetzlich festgelegt.

Überwachung der LernorteIn dualen Systemen werden Unternehmen als Lernorte betrachtet. Die Lernumgebungunterscheidet sich jedoch von der in der Schule. Nicht alle Arbeitsplätze sind gleichzeitiggute Lernorte52. Maßnahmen zur Qualitätssicherung (und/oder -kontrolle) im Hinblick aufdie arbeitsbasierte Unterrichtskomponente dualer Systeme unterscheiden sich zwischenden europäischen Ländern. Im Allgemeinen ist der Bedarf an klarer Qualitätssicherungumso höher, je größer der Anteil des arbeitsbasierten Unterrichts im Lehrplan ist. DieLänder, in denen betriebliche Ausbildungen die wichtigste Form der Berufsbildung sind(z. B. DE, DK), haben tendenziell ein klares System für die Überwachung des Unterrichtsim Unternehmen. In Österreich und Deutschland tragen die Arbeitsmarktvertreter dieseVerantwortung. Diese Maßnahmen gibt es auch in einigen Berufsbildungssystemen, indenen betriebliche Ausbildungen als paralleler Weg zu anderen Berufsbildungssystemenexistieren (z. B. FR, NL).

Die Qualitätssicherung beim arbeitsbasierten Lernen ist häufig ein sensibles Thema inden Ländern, die sich in einer Frühphase der Entwicklung von betrieblichen Ausbildungenbefinden. Zu den wichtigsten Aufgaben der Unternehmen gehört die Produktionbestimmter Güter oder die Erbringung von Dienstleistungen. Sie sind so organisiert, dasssie diesen Zweck erfüllen53. Wenn sie jedoch Bildungseinrichtungen werden, müsseneinige Anpassungen vorgenommen werden. Dazu gehören die Schaffung derMentorenrolle für Auszubildende, die Rotation der Auszubildenden in verschiedenenTeilen des Unternehmens, die Nutzung des Lehrplans für den Unterricht desAuszubildenden usw. Die Akzeptanz dieser Einschränkungen durch die Unternehmen

50 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.51 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.52 einen Überblick über Arbeitsplätze als Lernorte gibt es in Nijhof, W.J. und Nieuwenhuis L.F.M. (2008),The

learning potential of the workplace oder in Poortman C. L. (2007), Workplace learning processes in seniorsecondary vocational education.

53 Nijhof, W.J. und Nieuwenhuis L.F.M. (2008),The learning potential of the workplace.

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hängt stark davon ab, wie diese begründet werden, sowie vom richtigen Gleichgewichtzwischen Kontrolle und Qualitätsentwicklung.

Länderbeispiele für die Qualitätssicherung des arbeitsbasiertenLernens54

In Frankreich wird die Qualität des Unterrichts in Unternehmen durch Inspektionen desMinisteriums für nationale Bildung (SAIA) kontrolliert. Darüber hinaus führenBerufsbildungsanbieter regelmäßig Besuche beim ausbildenden Unternehmen durch, umzu überprüfen, ob der Unterricht im Unternehmen unter optimalen Bedingungenstattfindet.

In Finnland liegt die oberste Verantwortung für den Unterricht und die Organisation derUnterrichtsphasen in den Unternehmen bei den Berufsbildungsanbietern. Diese müssendie möglichen Unternehmen benennen, die für den Unterricht der Auszubildenden imUnternehmen geeignet sind.

In Portugal wählt der Berufsbildungsanbieter/die Berufsschule das Unternehmen aus, indem der arbeitsbasierte Unterricht durchgeführt wird, und bewertet seine Eignung imHinblick auf die technischen, personellen und materiellen Ressourcen.

In Deutschland übernehmen die Kammern als berufsständische Organisationen dieQualitätssicherung und organisieren, überwachen und verfolgen die Unterrichtselementein den Unternehmen als zuständige Einrichtungen. Dies ist auch der Fall in Ländern, indenen Ausbildungen weniger entwickelt sind, jedoch in den Verantwortungsbereich derKammern fallen (z. B. HR, PL, SI).

Als Teil der Governance beim Unterricht im Unternehmen haben viele Länder (z. B. DE,FI, FR, NL, PL) im Rahmen ihrer allgemeinen Unterrichtsbestimmungen Anforderungenfür die Qualifikation von Ausbildern im Unternehmen festgelegt. Darin ist beispielsweisevorgesehen, dass Ausbilder im Unternehmen eine gewisse praktische Berufserfahrungoder eine Prüfung nachweisen müssen, dass sie über die erforderlichen pädagogischenFähigkeiten verfügen. Die Ausbildung der Ausbilder in einem Unternehmen wurde inFinnland durch ein Reformgesetz gestärkt (siehe Kapitel 4 über Reformen).

3.2. Beteiligung in der Berufsbildung und in dualen Systemen

3.2.1. Beteiligung in der Berufsbildung im Allgemeinen

Die Berufsbildungsbeteiligung im Sekundarbereich II variiert in Europa von weniger als30 % in Ungarn bis über 70 % in der Slowakei, in Belgien, der Tschechischen Republikund Österreich.

54 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.

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Tabelle 6: Berufsbildungsbeteiligung im Sekundarbereich II (in % dergesamten Teilnehmer im Sekundarbereich II) in öffentlichen undprivaten Einrichtungen; verschiedene europäische Länder, 2008.(sortiert nach höchster Berufsbildungsbeteiligungsquote)

<40% 40%-60% >60%

HU, PT, EL, UK, IE, ES, FR, PL, DK, SE, DE, IT, LU, NL, FI, SK, BE, CZ, AT

Quelle: ICF International, basierend auf Cedefop (2014b)

Anscheinend können diese Unterschiede nicht anhand der existierenden Arten derBerufsbildungswege erklärt werden. Die Daten in Tabelle 6 lassen kein eindeutigesMuster zwischen dem Berufsbildungsbeteiligungsniveau und der Existenz dualerBerufsbildungsprogramme und dualer Systeme erkennen.

Ein hoher Prozentsatz von Auszubildenden entscheidet sich in Ländern mitweitgehend schulbasierten Berufsbildungssystemen wie der TschechischenRepublik, Belgien und der Slowakei für die Berufsbildung.

Ein Land wie Dänemark mit einem starken ausbildungsbasierten System hingegenhat eher durchschnittliche Berufsbildungsbeteiligungsquoten.

Weitere Daten aus den gewählten Ländern deuten außerdem auf die Diskrepanzenzwischen den Ländern bei den Beteiligungsquoten sowie die Tatsache hin, dass dieBerufsbildungsbeteiligungsquoten nicht allein nach der Art der verfügbarenBerufsbildungswege interpretiert werden können.

Beispielsweise wählten in Deutschland, wo die duale Ausbildung einen hohen Statusgenießt, etwa 65 % der Absolventen aller Allgemeinbildungsniveaus (von derHauptschule bis zum Abitur) im Jahr 2012 die Berufsbildung55. Im selben Jahr wählten inden Niederlanden mehr als die Hälfte der Schüler (53 %) den berufsvorbereitendenWeg. In Finnland entschieden sich zwei Drittel der Schüler im Jahr 2010 für dieschulbasierte Berufsbildung des Sekundarbereichs II und nicht für ein akademischesStudium.56 Andererseits wählten in den Jahren 2012-13 ein Viertel der Absolventen desSekundarbereichs I in Griechenland die Berufsbildung des Sekundarbereichs II und6 % entschieden sich für betriebliche Ausbildungen57.

Wenn wir die Entwicklungen in der Berufsbildungsbeteiligung vor und nach derWirtschaftskrise 2008 betrachten, kommen wir zu ähnlichen Ergebnissen: Der Umfang,in dem ein Land von der Krise getroffen wurde, scheint in keinem Zusammenhang miteiner Ab- oder Zunahme der Aufnahme von betrieblichen Berufsausbildungen durch dieSchüler zu stehen (Abbildung 1).

55 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013.56 Kumpulainen, T.: (2011), Koulutuksen tilastollinen vuosikirja 2011.57 vom nationalen öffentlichen Beschäftigungsdienst angebotene Ausbildungen; die Statistiken wurden IFC

International vom Bildungsministerium zur Verfügung gestellt.

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Abbildung 1: Beteiligungsquoten an Berufsbildung und berufsvorbereitenderBildung des Sekundarbereichs II, 2011 und 2007

Quelle: Eurostat [educ_enrl1at]; *für 2011 liegen zu Luxemburg keine Daten vor

In Deutschland beispielsweise hatte die Krise nur einen geringen Einfluss auf dieBeschäftigungsquote und Produktion. Die Beteiligung an der Berufsbildung fiel jedoch umacht Prozentpunkte. Laut nationalen Quellen und Experten könnte dies an einerZunahme der Hochschulabschlüsse58 liegen. Es sind jedoch auch demografischeEntwicklungen zu beobachten, die diese Entwicklung erklären. Auch in Malta gab es einebemerkenswerte Abnahme (neun Prozentpunkte), obwohl die dortige Wirtschaft und dasBerufsbildungssystem im Vergleich zu Deutschland abweichen. Gleichzeitig nahm dieBeteiligung in Portugal um zehn Prozentpunkte zu. In Ländern hingegen, die ebensoschwer von der Krise getroffen wurden (z. B. EL, ES, IT), konnten nicht dieselbenEntwicklungen beobachtet werden.

3.2.2. Beteiligung an dualen Systemen/betrieblichen Ausbildungen

Die Beteiligung an dualen Systemen variiert in den EU-Ländern stark. In Deutschlandund Dänemark ist die Beteiligung an Programmen am höchsten, bei denenarbeitsbasierter mit schulbasiertem Unterricht (in beiden Fällen betrieblicheAusbildungen) kombiniert wird. In anderen Ländern, darunter Belgien und Finnland, istdie Berufsbildungsbeteiligung zwar hoch, aber der Anteil der Auszubildenden inProgrammen mit einem großen Anteil an arbeitsbasiertem Lernen ist relativ gering. InFinnland beispielsweise, wo Berufsbildung insgesamt recht beliebt ist, ziehen betrieblicheAusbildungen weit weniger junge Menschen an als andere Bildungswege. 70 % derAuszubildenden in beruflicher Erstausbildung entscheiden sich für ein gemischtes System(Pflichtunterricht im Unternehmen, jedoch keine betriebliche Ausbildung), fast ein Fünftelfür das kompetenzbasierte System und nur 12 % für eine betriebliche Ausbildung59.

Bei der Analyse der vorliegenden Zahlen über den Anteil der Auszubildenden inarbeitsbasierten Lernprogrammen ist jedoch vorsichtig vorzugehen. Die Unterschiede inder Art und Weise, wie duale Systeme in Europa entwickelt und umgesetzt werden, unddie unterschiedlichen Eigenschaften des arbeitsbasierten Lernens in der Berufsbildungbehindern die Erhebung von Daten über die Beteiligung von Auszubildenden inverschiedenen Systemen. Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit undEntwicklung (OECD) verwendet beispielsweise einen Indikator für die Messung desarbeitsbasierten Lernens, der den Anteil der Auszubildenden in Programmen erfasst, bei

58 Wie im Rahmen der Interviews erklärt, die für diese Studie von ICF International durchgeführt wurdenund laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013.

59 Eurypedia (2013), Finland: Upper Secondary and Post-Secondary Non-Tertiary Education.

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denen weniger als 75 % des Lehrplans in der Schule stattfindet. Praktischer Unterricht,der in Schulworkshops stattfindet, wird dabei jedoch auch berücksichtigt.

Die Untersuchung der Trends im Hinblick auf die Beteiligung im Zeitraum 2006-2010 istinteressant, da Schlüsse daraus gezogen werden können, welche möglichenAuswirkungen die Wirtschaftskrise gehabt haben kann. Dies gilt für dieBeteiligungsquoten in der beruflichen Erstausbildung insgesamt sowie für dieBeteiligungsquoten in arbeitsbasierten Systemen im Besonderen.

Tabelle 7: Änderungen bei den Auszubildenden in beruflicher Erstausbildung inden Jahren 2006-10 in Prozent der Schüler der Sekundarstufe IIund bei den Auszubildenden in beruflicher Erstausbildung inarbeitsbasierten Systemen in Prozent der Schüler der SekundarstufeII; EU-28

Veränderung 2006-2010 in %

Auszubildende inberuflicher

Erstausbildung in Prozentder Schüler der

Sekundarstufe II

Auszubildende inarbeitsbasierter beruflicher

Erstausbildung in Prozent derSchüler der Sekundarstufe II

in beruflicher Erstausbildung60

Zunahme BE, EE, ES, FI, FR, HU, IE,LT, LV, MT, PL, PT, SE AT, DE, FI, FR, HU, IE, LU, NL

Abnahme AT, BG, CZ, CY, DE, DK, EL,HR, IT, LU, NL, RO, SI, SK,UK

BG, BE, DK, ES, PL, SK

EU-Durchschnitt -1.8 0.2

Quelle: ICF International, basierend auf Daten von Cedefop (2014a)

Die Daten zeigen (Tabelle 7), dass die Beteiligungsquoten in der beruflichenErstausbildung insgesamt nicht anhand der verfügbaren Bildungswege erklärt werdenkönnen, wie zuvor betont wurde. Dasselbe scheint für die Beteiligung in arbeitsbasiertenBildungsgängen der Fall zu sein. Darüber hinaus scheint für die Länder mit verfügbarenDaten kein Zusammenhang zwischen den Entwicklungen in der Beteiligung in derberuflichen Erstausbildung und der Beteiligung in arbeitsbasierten Bildungsgängen zubestehen. In Deutschland beispielsweise stieg der Anteil der Auszubildenden inarbeitsbasierter Berufsbildung um 14 % (EU-weit die höchste Zunahme), obwohl derAnteil der Auszubildenden in beruflicher Erstausbildung um 7,9 % sank.

3.3. Bildungswege in das duale System

In den meisten europäischen Ländern besuchen die Schüler die allgemeinbildende Schulebis zum Alter von 15 bis 16 Jahren61, bevor sie die Berufsbildung aufnehmen. Dieberufliche Erstausbildung wird gewöhnlich im Sekundarbereich II (ISCED 3) angeboten.Die meisten Berufsschüler sind daher zwischen 15 und 18 Jahre alt.

60 Sofern Daten vorliegen61 OECD (2010a).

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3.3.1. Bildungswege in die Berufsbildung und das duale System

Frühe DifferenzierungIn einigen Ländern wie Österreich, Deutschland oder den Niederlanden müssen sich dieSchüler schon sehr früh für einen bestimmten Bildungsweg entscheiden.

Es gibt immer mehr Literatur, die auf die negativen Auswirkungen und Folgen einerfrühen Differenzierung für das Niveau und die Verteilung der Schülerleistungen imPflichtunterricht aufmerksam macht62. In Ländern mit früher Differenzierung findet dieAufspaltung in verschiedene Bildungswege in der Sekundarstufe I statt. Die Schüler ausden weniger wissenschaftsorientierten Bildungswegen beginnen gewöhnlich in derSekundarstufe II mit der Berufsbildung nach Abschluss der Sekundarstufe I. Aufgrunddes frühen Entscheidungszwangs der Schüler und Eltern zwischen den verschiedenenBildungswegen werden diese Bildungssysteme stark selektiv und können zurDemotivierung derjenigen führen, die in den falschen Bildungsweg geleitet wurden.Frühe Differenzierung ist jedoch Teil einiger Bildungssysteme (z. B. AT, DE, NL), indenen insbesondere Berufsbildung und Ausbildungen beliebt sind und Leistungsträger63

anziehen und die Jugendarbeitslosigkeitsquoten niedrig sind.

Es sei angemerkt, dass ein weiteres Mal kein klarer Zusammenhang zwischen einerDifferenzierung64 in der Sekundarstufe I und der Beteiligung an Berufsbildung undbetrieblichen Ausbildungen besteht65. Zum Beispiel:

Während es in Österreich und Deutschland eine frühe Differenzierung und starkebetriebliche Ausbildungssysteme gibt, verfügt Dänemark, das ebenfalls eine hoheBeteiligungsquote in betrieblichen Ausbildungen hat, über ein Gesamtschulsystemohne Differenzierung.

In Litauen beispielsweise findet ebenfalls eine frühe Differenzierung in derSekundarstufe I statt. Die Beteiligung in der Berufsbildung insgesamt ist geringund es gibt nur einen sehr kleinen Anteil von Auszubildenden in Ausbildungen.

Zugangsvoraussetzungen

Die Voraussetzungen für den Zugang zu einem dualen System haben direkten Einflussauf das Profil der Schüler, die angenommen werden, und damit der Absolventen. Diehäufigste Zugangsvoraussetzung zur Berufsbildung in den EU-Ländern ist der Abschlussder Sekundarstufe I. Einige Berufsbildungsprogramme sind auch für Personen nur mitGrundschulbildung zugänglich (z.B. BG). Der Zugang zu einem Ausbildungssystemerfordert jedoch nicht immer einen Mindestbildungsabschluss. In Deutschland müssenSchüler beispielsweise einen Ausbildungsplatz in einem Unternehmen finden, um ihreAusbildung zu beginnen, und benötigen keinen bestimmten Bildungsabschluss. In derPraxis haben die meisten Schüler jedoch die Sekundarstufe I abgeschlossen.

Auch die Berufsbildungsanbieter oder ausbildenden Unternehmen spielen eine wichtigeRolle bei der Auswahl der Schüler. Sie können die Schüler basierend auf ihrenFähigkeiten und ihrem Potenzial frei auswählen. Allerdings können sie auch Zugangs-und Eignungstests oder Bewerbungsgespräche durchführen und vorherige Abschlüsseund Berufserfahrung in Betracht ziehen. In einigen Ländern (z.B. EL, FI) ziehen

62 Siehe beispielsweise Hanushek, E.A. und Wößmann, L. (2005), Does Educational Tracking AffectPerformance and Inequality? Differences-in-Differences Evidence across Countries.

63 In Deutschland verfügen im Jahr 2012 23,1 % der neuen Auszubildenden über die Hochschulreife.Quelle: Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013.

64 Siehe Eurydice (2013), The structure of the European education systems 2013/14: schematic diagrams.65 Refernet-Länderberichte (2012).

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Berufsbildungsanbieter soziale Kriterien in Betracht. In diesen Fällen wird Schülern miteinem weniger günstigen sozialen Hintergrund der Vorzug gegeben.

Der Zugang zu einem betrieblichen Ausbildungssystem/dualen System kann auch voneinem bestimmten Bewerberprofil in Bezug auf die Kenntnisse und Berufserfahrungabhängen. Diesbezüglich gibt es Länder (z. B. EL66 und FI), in denen die Anerkennungvon nicht formellem und informellem Lernen in den Auswahlprozess derAuszubildenden/Schüler integriert wird. In Tabelle A3.6 in Anhang 3 werden dieZugangsvoraussetzungen und der Auswahlprozess in dualen Systemen in den zehnausgewählten Ländern zusammengefasst. Die Daten in der Tabelle unterstreichen dieSchlüsselrolle der Berufsbildungsanbieter/Arbeitgeber bei der Auswahl der Schüler, waszu einer Marginalisierung der benachteiligten Schüler führen kann, insbesondere inAusbildungen, wie die folgende Analyse zeigt.

Die Art der interessierten Bewerber deutet ebenfalls auf den Stellenwert derbetrieblichen Ausbildungsgänge in einem Land hin. In diesem Punkt bestehen großeUnterschiede. Während in Deutschland und Österreich Ausbildungen häufig die ersteWahl sind und als positiv betrachtet werden, ziehen Ausbildungsprogramme in anderenLändern (Italien, beiden Teilen Belgiens, den Niederlanden oder Frankreich) viele jungeMenschen an, die aus anderen Bildungsgängen ausgeschieden sind. Dies ist von großerBedeutung, da es die gesellschaftliche Wahrnehmung von Ausbildungen in diesenLändern als zweite Chance illustriert. Bei der Entwicklung von betrieblichen Ausbildungenin diesen Ländern müssen diese Stereotype überwunden werden und es muss einpositiveres Bild von betrieblichen Ausbildungen geschaffen werden.

3.3.2. Finden eines Ausbildungsplatzes

Das Finden einer Stelle bei einem Arbeitgeber ist eine der größten Herausforderungenfür angehende Auszubildende. Nicht alle jungen Menschen bringen die nötigenKompetenzen mit, um eine Stelle zu finden (wie etwa Pünktlichkeit, Verhalten gegenüberKollegen, Einhalten der Vorschriften am Arbeitsplatz etc.). In vielen Ländern arbeiten dieSchulen oder die führende nationale Organisation mit den Arbeitgebern zusammen, umdie Schüler zu unterstützen und diese zu den Unternehmen zu leiten.

Tabelle 8: Finden einer Ausbildungsstelle: Wer ist daran beteiligt?

Quelle: Recherche von ICF International in Bezug auf die gewählten Länder

Wenn die Schüler selbst eine Ausbildungsstelle finden müssen, kann dies die folgendenRisiken bergen: Da die Ausbildungsstelle die Voraussetzung für den Beginn derAusbildung ist, können die Schüler, die kein Unternehmen finden, das bereit ist, sieaufzunehmen, ihre Ausbildung nicht beginnen. Dies kann dazu führen, dass er/sie diesenBildungsweg abbricht (dies ist beispielsweise eine der Herausforderungen im

66 In Griechenland wurde im Rahmen der Reform 2013 in Berufsbildungseinrichtungen (IEK) ein/ePflichtausbildung oder -praktikum und in Berufsschulen (SEK) eine einjährige betriebliche Ausbildungeingeführt. Schüler mit nachgewiesener Mindestberufserfahrung können von dem Pflichtunterricht imUnternehmen befreit werden.

Einzelperson Berufsbildungs-anbieter

Vermittelnde Organisation

Deutschland, Italien,Polen, UK (ENG)

Finnland, UK (ENG),Dänemark

Frankreich, Griechenland, Niederlande

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norwegischen Berufsbildungssystem67), die Berufsbildung insgesamt abbricht (z. B. DK,wo der Mangel an Ausbildungsplätzen als einer der Faktoren für Bildungsabbrücheidentifiziert wurde)68 oder dass der Schüler arbeitslos wird (IT), was für denAuszubildenden verschiedene nachteilige Auswirkungen hat. In Deutschland werden dieSchüler, die keine Ausbildungsstelle finden, in einem berufsvorbereitendenBrückenprogramm69 aufgefangen, das Übergangsbereich genannt wird70.

Ausbildungsstellen: Entwicklungen bei Angebot und Nachfrage

In einigen Ländern besteht ein Missverhältnis zwischen dem Angebot an und derNachfrage nach Ausbildungsstellen. Dies wurde in einigen Ländern durch dieWirtschaftskrise verschärft.71 In Irland und Griechenland führte beispielsweise dasSchrumpfen des Bausektors, der traditionell eine große Anzahl von Auszubildendenaufnimmt, zu einer Abnahme der Ausbildungsstellen. Das Gleichgewicht zwischenAngebot und Nachfrage von Ausbildungsstellen wird zudem durch die Tatsache gestört,dass Ausbildungen, die zu einer bestimmten Qualifikation führen, bei den Schülern mehrgefragt sind als andere. Dies führt zu Engpässen in einigen Ausbildungssystemen undsteigenden Kosten für diejenigen, bei denen die Anzahl von Auszubildenden gering ist.

Das Ungleichgewicht zwischen angebotenen Ausbildungsstellen und angehendenAuszubildenden wird in Deutschland72 als Priorität betrachtet und es entstehenDebatten über die Gestaltung des Auswahlverfahrens, die Notwendigkeit der stärkerenEinbindung der Arbeitgeber und die Bedeutung der Verbesserung der Berufsberatung füralle Ausbildungssysteme.

Im Vereinigten Königreich (England) übersteigt die Nachfrage nachAusbildungsstellen seitens junger Menschen das Angebot bei Weitem. Laut dem NationalApprenticeship Service konkurrierten mehr als 1,4 Mio. Bewerber im Jahr 2012 um 129000 online veröffentlichte Stellen. Dies entspricht 32 % mehr als im vergangenen Jahrund durchschnittlich 11 Bewerbern pro Ausbildungsplatz. In einigen Berufsbereichenkonkurrierten junge Menschen mit über 30 Bewerbern pro Stelle. Im Rahmen desVerfahrens für eine Bewerbung um eine der Topausbildungsstellen im Land herrscht weitmehr Konkurrenz als bei Bewerbungen um einen Studienplatz an einer britischenTopuniversität. Die Husbands Review of Vocational education and Training (2013) weistdarauf hin, dass 2012 ein Bewerber um einen Studienplatz in Oxford durchschnittlich mit5 Bewerbern konkurrieren musste. Rolls Royce meldete 4000 Bewerber auf nur 200Plätze bzw. 20 Bewerber pro Stelle73.

67 Bäckman, O. et al. (2011), Dropping out in Scandinavia- Social Exclusion and Labour Market Attachmentamong Upper Secondary School Dropouts in Denmark, Finland, Norway and Sweden.

68 Koudahl, P.: (2005), Drop-out of VET – causes and explanations.69 Siehe beispielsweise Dietrich, H. (2012), Integrating young people into the labour market: apprenticeship

training and pre-training courses. –70 Informationen zum Übergangsbereich in Deutschland finden Sie in Anhang 3.71 Brunello, G.: (2009), The effect of economic downturns on apprenticeships and initial workplace training:

A review of the evidence.72 Euler D. (2013), Germany’s dual vocational training system: a model for other countries?73 Labour’s Policy Review (2013), A revolution in apprenticeships: a something-for-something deal with

employers. 2013.

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3.4. ChancengleichheitDuale Systeme werden einerseits als Bildungsweg mit Chancengleichheit betrachtet,andererseits könnte sich hier die auf dem Arbeitsmarkt herrschende Ungleichheitwiederholen.

Arbeitsbasiertes Lernen bietet den Auszubildenden praktische Berufserfahrung, wasschließlich ihre Beschäftigungsfähigkeit verbessert. Daher wird dualer Unterricht inder Berufsbildung als Möglichkeit zur Unterstützung von Risikogruppen betrachtet.

Praktischer Unterricht wird als Möglichkeit für diejenigen betrachtet, die in denwissenschaftlicheren Bildungswegen keinen Erfolg haben. Dazu gehören auchgesellschaftlich benachteiligte Gruppen und Schüler mit Lernschwierigkeiten.

Bei betrieblichen Ausbildungen wiederholt sich tendenziell die Diskriminierung ausGründen des Geschlechts sowie aus anderen Gründen. Die anhaltende Tendenz, dassSchüler geschlechtstypische Berufe wählen, kann ihre eigene Beschäftigungsfähigkeitsowie die Abstimmung der Kompetenzen insgesamt im Land beeinträchtigen (einigeBerufe können für einige Gruppen attraktiv sein – beispielsweise einige Berufe imDienstleistungssektor – wie Friseur –, aber es gibt unter Umständen ein Überangebotan Absolventen aus diesen Bildungsgängen)74.

3.4.1. Duale Systeme und benachteiligte/gefährdete Jugendliche

Junge Menschen mit einem benachteiligten Hintergrund (sozioökonomischer Hintergrundder Familie, Migrationshintergrund oder aus einer ethnischen Minderheit stammend) sindin Berufsbildungsprogrammen75 stärker repräsentiert als in der Allgemeinbildung. InFrankreich münden junge Menschen mit Migrationshintergrund mit höhererWahrscheinlichkeit in Berufsbildungsprogramme als Jugendliche aus Familien, in denenbeide Elternteile französische Wurzeln haben76. Dieser Trend kann auch in anderenLändern wie Österreich77, Belgien und den Niederlanden beobachtet werden78. InDänemark79 sind Schüler aus ethnischen Minderheiten in schulbasiertenVollzeitberufsbildungsprogrammen übermäßig stark repräsentiert, da sie Schwierigkeitenhaben, einen Ausbildungsvertrag für eine Ausbildung abzuschließen.

Gleichzeitig können die kulturellen Wahrnehmungen und die Strukturierung dualerSysteme benachteiligte Jugendliche von der Teilnahme abhalten. In einer Reihe vonLändern (z. B. EL, PL80) wird die Allgemeinbildung als beste Option für Schüler mit gutenNoten betrachtet, während duale Systeme für Schüler empfohlen werden, die mitgeringerer Wahrscheinlichkeit Erfolg in einem wissenschaftlicheren Bildungsweg hätten(siehe Kapitel 5). Selbst wenn es verschiedene Berufsbildungswege nebeneinander gibt,wird die betriebliche Ausbildung als der Bildungsweg angesehen, der weniger talentiertenSchülern vorbehalten ist (z. B. BE).

74 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.75 Insbesondere in den niedrigeren Bildungsgängen. Beispielsweise sind in Österreich Kinder mit

Migrationshintergrund in den niedrigeren Bildungsgängen der Sekundarstufe I etwas stärker vertreten,während sie in den höheren Bildungsgängen unterrepräsentiert sind. Ein Schüler wird auf Grundlageseiner schulischen Leistung für einen Bildungsweg ausgewählt. (siehe OECD (2012b)).

76 Internet: http://www.cairn.info/zen.php?ID_ARTICLE=FORM_118_0061, abgerufen am 9.6.14.77 OECD (2012b).78 Sowohl für BE als auch NL: Tjaden, J.D. (2013), Migrants and Vocational Education in the European

Union: A review of evidence on access and dropout.79 Jørgensen, CH. H. (2010), Leonardo Project Hybrid qualifications-Increasing the value of Vocational

Education and Training in the context of Lifelong Learning Country report Denmark.80 Recherche von ICF International in den gewählten Ländern.

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In anderen Ländern wird das duale System anders wahrgenommen. Die Berufsbildungund insbesondere die duale Ausbildung decken eine große Bandbreite vonQualifikationen ab und bieten Ausbildungen in hoch anerkannten Berufen mitinteressanten Karrieremöglichkeiten auf verschiedenen Bildungsniveaus.Interessanterweise laufen Schüler mit niedrigeren Bildungsabschlüssen und Schüler mitsozialen Problemen eher Gefahr, aus dem dualen Bildungssystem ausgeschlossen zuwerden (z. B. DE81). Diese Gefahr liegt in der Tatsache begründet, dass die jungenMenschen vor der Aufnahme einer Ausbildung zuerst einen Arbeitgeber finden müssen,der bereit ist, mit ihnen einen Ausbildungsvertrag zu unterzeichnen. Die Anforderungenähneln stark der Bewerbung um einen echten Arbeitsplatz (im Hinblick auf dieVorstellung der eigenen Person, Beherrschung gesellschaftlicher Normen etc.). Diejungen Menschen mit benachteiligten Hintergründen treffen bei der Aufnahme einerAusbildung auf ähnliche Hürden wie bei der Bewerbung um einen Arbeitsplatz82.

Junge Menschen mit benachteiligtem Hintergrund gehören auch zu den Gruppen, dieeher Gefahr laufen, die Berufsbildung ohne Abschluss abzubrechen (z. B. in AT83). Diesliegt häufig an ihrer Vorbildung. Hinzu kommt, dass sie häufig in mehreren Punktennegativ auffallen (schlechte Noten, Wiederholen eines Jahres, Abbruch eines vorherigenProgramms)84.

Es gibt jedoch einige besondere Gründe, warum diese jungen Menschen aus denarbeitsbasierten Programmen ausscheiden85:

Konflikte mit Arbeitgebern – dies hängt auch mit dem Erwerb von Fähigkeitenund Kompetenzen zusammen, die für das Funktionieren an einem Arbeitsplatzerforderlich sind (soziale Kompetenzen und angemessenes Verhalten);

Anziehung des Arbeitsmarkts – sie brechen ab, da sie Geld verdienen müssen,um sich selbst zu finanzieren, oder

die Chance oder vielmehr die gesellschaftliche Erwartung, im kleinen Betrieb derEltern zu arbeiten (dies ist häufig in einigen Migrantengemeinschaften der Fall).

Aus diesem Grund brechen junge Menschen mit benachteiligtem Hintergrund häufigerdie betriebliche Ausbildung ab. Dies gilt jedoch ebenso für andere Formen derBerufsbildung.

Diese Programme spielen darüber hinaus eine wichtige Rolle bei der Schaffung vonChancen für diejenigen, die aus anderen Programmen ausscheiden. Wie bereits zuvorerwähnt, fallen benachteiligte Jugendliche häufig in mehreren Punkten negativ auf undziehen sich schrittweise aus der Ausbildung zurück. Arbeitsbasierte Lernprogramme sind

81 In den letzten Jahren sind die Chancen für Hauptschulabgänger, einen Ausbildungsplatz im dualen Systemzu finden, dramatisch gesunken. Die Arbeitgeber bevorzugen tendenziell Abgänger mit Realschulabschlussoder Abitur.

82 Anderson, K. et al. (2010), Opening the door to apprenticeships: Reaching young people who aredisadvantaged and disengaged from apprenticeships und OECD (2014), G20-OECD-EC Conference onQuality Apprenticeships or Giving Youth a Better Start in the Labour Market, OECD Conference Centre,Paris, 9. April 2014, Internet:http://www.oecd.org/els/emp/G20-OECD-EC%20Apprenticeship%20Conference_Issues%20Paper.pdf

83 Die erste und zweite Generation von Migranten haben ein größeres Risiko, die Schule abzubrechen, alsSchüler, deren Eltern in Österreich geboren sind, laut Steiner, M. (2009), Early School Leaving and SchoolFailure.

84 Beispielsweise in Österreich (siehe Steiner, M. (2009), Early School Leaving and School Failure; in Cyprus(Korelli, Y. (2013), Cyprus- Early leaving from vocational education and training); in Frankreich (sieheAlet, El. and Bonnal, L. (2013), L’apprentissage: un impact positif sur la réussite scolaire des niveaux V);in Spanien (siehe Enguita, M.F. et al. (2010), School Failure and Dropouts in Spain).

85 Cedefop (in Kürze), Early leaving from vocational education and training (Arbeitstitel).

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häufig ihre letzte Chance (z. B. NL86). Sie stellen auch die Möglichkeit dar, diese wiederin die Berufsbildung aufzunehmen. In diesem Sinne bietet arbeitsbasiertes Lernen eineReihe von Vorteilen87:

Die Einbindung in den Produktionsprozess ist für junge Menschen motivierend undsinnstiftend (wenn einige Mindestqualitätsanforderungen eingehalten werden).

Arbeitsbasiertes Lernen unterscheidet sich stark von der schulbasiertenUmgebung, die am meisten gemieden wurde, und

die positiven Beziehungen am Arbeitsplatz können ein positives Selbstbildunterstützen, das im Laufe der Jahre durch schulische Misserfolge beschädigtwurde und das für die Fortführung der Berufsbildung von großer Bedeutung ist.

Die Recherche in den gewählten Ländern ergab, dass alle Länder dieselbe Notwendigkeitfeststellen, benachteiligte Jugendliche oder Minderheiten durch spezielleProgramme/duale Systeme zu unterstützen (Tabelle A3.7 in Anhang 3). Es scheint, dassder Fokus darauf liegt, duale Systeme einzusetzen, um Schulabbrecher (vonallgemeinbildenden Schulen) zurück in die Ausbildung zu holen oder Schulabbrüche zuvermeiden und Ausbildungen inklusiver zu gestalten88. Einige Länder wie Deutschlandund das Vereinigte Königreich haben spezifische Maßnahmen für Jugendliche mitMigrationshintergrund ergriffen. Diese Gruppen sind tendenziell in betrieblichenAusbildungen und dualen Systemen unterrepräsentiert89. Diese Systeme können jungenMenschen mit Migrationshintergrund eine gute Grundlage für den Übergang von derSchule ins Berufsleben bieten (womit sie sonst unter Umständen Probleme hätten).

3.4.2. Duale Systeme und Geschlechtergleichgewicht

Im Hinblick auf das Geschlechtergleichgewicht sind die Beteiligungsquoten dermännlichen Schüler in der Berufsbildung in Europa im Allgemeinen höher als die derweiblichen Schülerinnen. Das Geschlechtergefälle scheint sich ebenfalls zu verstärken:Während die Quote der weiblichen Schülerinnen 2006 noch bei 46,3 % lag, sank sie2011 um 2,1% auf 44,2%90.

Die Recherchen in den zehn ausgewählten Ländern ergaben, dass die Beteiligungsquotender männlichen und weiblichen Schüler stark mit der geschlechtsspezifischen Auswahldes Bildungswegs und der im Rahmen von dualen Systemen angebotenenQualifikationsarten zusammenhängen. Eine große Anzahl von Schülern in dualenSystemen im Bereich Technik und Maschinenbau ist männlich. Die meisten weiblichenSchülerinnen sind hingegen im Dienstleistungssektor oder in Handwerken, die als typisch„weiblich“ stereotypisiert werden, wie das Friseurhandwerk, oder der Kosmetikbereich,sowie im Bildungs- und Gesundheitsbereich zu finden91.

86 Traaga, T. and van der Velden, R. (2011), Early school-leaving in the Netherlands: the role of familyresources, school composition and background characteristics in early school-leaving in lower secondaryeducation. 2011,

87 Cedefop (in Kürze), Early leaving from vocational education and training (Arbeitstitel).88 Das Programm Integrative Berufsausbildung in Österreich beispielsweise, das sich an Schüler mit

besonderen pädagogischen Bedürfnissen richtet und diese dabei unterstützt, ihre Ausbildungabzuschließen. Quelle: Refernet-Bericht. 2012.

89 Für Deutschland: Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013. FürUK (England): Wie anhand des Bewertungsberichts des Institute for Employment Studies (IES) gezeigt,gefunden in Newton B. et al. (2012), Good practice evaluation of the diversity in Apprenticeship pilots.

90 Cedefop (2014a), Indikator 1070 „weibliche Schüler in beruflicher Erstausbildung in % aller weiblichenSchüler in der Sekundarstufe II“.

91 Vgl. beispielsweise die Studie von Friese, M. (2013), Berufs und Studienorientierung.

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Die Recherchen in den gewählten Ländern ergaben, dass die Tendenz der Schüler inEuropa, sich auf beliebte geschlechtsspezifische Qualifikationen zu konzentrieren, sowohlfür den einzelnen Schüler als auch für die langfristige Deckung des QualifikationsbedarfsRisiken birgt:

Wenn die Schüler sich bei der Suche zu sehr einschränken, laufen sie Gefahr,ausgeschlossen zu werden. Dies ist beispielsweise der Fall im Bereich KFZ-Mechanik, in dem die Nachfrage nach Ausbildungen das Angebot in vielenLändern bei Weitem übersteigt (z. B. DE, UK (England).

Die ausbildenden Unternehmen, die Ausbildungsstellen in weniger beliebtenHandwerken und Bereichen anbieten, haben Schwierigkeiten Auszubildende zufinden, obwohl die angebotenen Qualifikationen eine hohe Marktrelevanz habenund interessante Karrierechancen bieten (z. B. DE)92.

3.5. Abbruch von betrieblichen Ausbildungen und dualenSystemen

Es liegen keine ausreichenden vergleichbaren Daten über die Abschlussquoten beibetrieblichen Ausbildungen und dualen Systemen vor. In vielen Ländern mit etabliertemAusbildungssystem werden die Vertragskündigungsquote und die Prüfungserfolgsquotegemessen. Jedoch bedeutet eine Vertragskündigung nicht unbedingt, dass die Personden Berufsbildungsgang abbricht. Sie kann ebenso einen neuen Ausbildungsvertrag beieinem neuen Arbeitgeber abschließen. Es gibt nur wenige Länder, die vergleichbareDaten über Abbruchquoten aus beiden Systemen erheben (AT und NL). In Anbetrachtder Vorteile der betrieblichen Ausbildungssysteme wäre es interessant, herauszufinden,ob diese besser dabei abschneiden als schulbasierte Berufsbildung, junge Menschen hinzu einer Vollqualifikation zu leiten.

Diesbezüglich sind keine eindeutigen Trends zu verzeichnen:

Die Abbruchquoten bei Ausbildungen oder dualen Systemen reichen von 16 % inÖsterreich bis zu 60 % in Flandern (insbesondere bei betrieblichen Ausbildungen).

Die Vertragskündigungsquoten sind recht hoch – etwa 25 % in Deutschland sowiein Frankreich.

Es gibt große Unterschiede bei den Abbruchquoten in der Berufsbildung je nachSektor und Region93.

Es ist nicht klar, ob arbeitsbasierte Bildungsgänge bei der Bindung derJugendlichen mehr oder weniger erfolgreich sind. Für solche Vergleiche müsstendie vorherigen Bildungswege der Schüler berücksichtigt werden und zwischen derAusbildungsfortsetzung bei Auszubildenden unterschieden werden, die dieAusbildung als erste Wahl aufnehmen, und solchen, die die Ausbildung nachAbbruch einer anderen Ausbildung aufnehmen (bei denen eine höhereWahrscheinlichkeit besteht, die Ausbildung wieder abzubrechen). Bei denüberbetrieblichen Ausbildungen ist die Abbruchquote in Österreich beispielsweisehöher im Vergleich zu dem vollqualifizierten Bildungsweg94. Es wird jedoch daraufhingewiesen, dass in Ersterer vor allem Zielgruppen zu finden sind, die stärkerbenachteiligt sind.

92 Bundesministerium für Bildung und Forschung-BMBF (2013), Berufsbildungsbericht 2013, Internet:http://www.bmbf.de/pub/bbb_2013.pdf.

93 Cedefop (in Kürze), Early leaving from vocational education and training (Arbeitstitel).94 Dornmayr, H. und Nowak, S.: (2013), Overview of Apprenticeship training 2013.

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In Tabelle 9 werden die Abbruchquoten in der Berufsbildung und insbesondere beibetrieblichen Ausbildungen dargestellt. Weitere Informationen finden Sie darüber hinausin Anhang 3 (Tabelle A3.9).

Tabelle 9: Beispiele für die Abbruchquoten bei betrieblichen Ausbildungen(Vertragskündigung) und anderen Berufsbildungssystemen

Land(Jahr)

Vertragskündigung (Ausbildung)oder tatsächliche Abbruchquotenbei betrieblichen Ausbildungen

Abbruchquote (sonstigeBerufsbildungsgänge)

AT (2011) 16.6 % 13 % Berufsschulen und 6,7 %Berufskollegs

BE nl (2009) Zwischen 55 % und 60 %

DE

(2012 und2011)

Vertragskündigungsquote – 24,4 %

Abbrüche (basierend auf Umfragen) –12 %

DK (2012) Alle Berufsbildungsgänge (die Mehrheit sind betriebliche Ausbildungen) –48 %

FR (2009) Vertragskündigungsquote – 25 %

NL

(2011-2012)

Level 1 – Assistenzausbildung – 47 %

Level 2 – Grundberufsbildung – 13 %

Level 1 – Assistenzausbildung –34 %

Level 2 – Assistenzausbildung –12 %

Quelle: AT: Statistik Austria (2013), Bildung in Zahlen 2011/12; BEnl: SYNTRA (2009), Onderzoek naar Uitvalin Leertijd; DE: BIBB (2013a); DK: Website des Bildungsministeriums (http://statweb.uni-c.dk/Databanken/uvmdataweb/fullClient/Default.aspx?report=EAK-tilgang-erhudd&res=1440x717); FR:Chambres de Commerce et d’ Industrie (Internet:http://www.localtis.info/cs/BlobServer?blobcol=urldata&blobtable=MungoBlobs&blobkey=id&blobwhere=1250166687062&blobheader=application%2Fpdf&blobnocache=true); NL: Meng, Chr.: (2014), Measuring earlyleaving from VET: Critical insights-The Netherlands

Warum brechen Schüler duale Ausbildungen ab?

Die folgenden Gründe können Ausbildungsabbrüche erklären:

Mangel an Ausbildungsstellen: (in DK95 beginnen die Schüler ihre Ausbildung inAusbildungszentren und erst, wenn sie die Grundausbildung in einem schulischenUmfeld bestanden haben, suchen sie einen Arbeitgeber. An dieser Stelle brechenviele ab);

niedrige Qualität der Programme/Ausbildungen: dies kann sich auf den Mangel anUnterstützung während der Ausbildung beziehen (z. B. SE96);

vorherige Lernerfolge: in einigen Ländern ziehen Berufsausbildungen eherLeistungsschwächere an als die allgemeinbildenden Schulen (z. B. EL, FR, PL). Ausdiesem Grund haben diese Schüler unter Umständen größere Schwierigkeiten, inBerufsbildungsprogrammen/betrieblichen Ausbildungen voranzukommen, in denendie Anforderungen insbesondere seitens der Arbeitgeber hoch sein können;

95 Koudahl, P.: (2005), Drop-out of VET – causes and explanations.96 Ahnborg, M-H. und Hedwall, K.: (2011), Apprenticeship in praxis – a quality assessment of VET.

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Inhalt und Dauer der Berufsbildungsprogramme: wissenschaftlicherer Unterricht inden Berufsbildungsgängen und ihre Verlängerung können die Abbruchquoten erhöhen(z. B. in SE)97;

unternehmensbezogene Faktoren: negative Beziehungen zwischen denAuszubildenden und ihren Vorgesetzten (z. B. FR98); allgemeine Probleme mit demUnternehmen (z. B. DE99);

Verlassen eines Arbeitgebers, um bei einem anderen anzufangen (z. B. UK100);

keine ausreichenden Fähigkeiten, um die Ausbildung abzuschließen: Schüler denkenunter Umständen, dass der Abschluss nur schwierig zu erreichen ist101. Einige dieserpersönlichen Gründe können unter dem Begriff Ausbildungsreife zusammengefasstwerden, wie es in Deutschland genannt wird.

Das Problem der Ausbildungsreife ist ein wesentlicher Faktor für die Abbrüche, aber aucheiner der Hauptgründe, aus denen junge Menschen keinen Ausbildungsplatz finden. VieleJugendliche sind im Alter von 15 bis 16 noch nicht reif genug, um eine Stelle in einemArbeits- und Produktionsumfeld zu übernehmen. Dies kann zu Konflikten mit demArbeitgeber und Mentor und schließlich zur Vertragskündigung führen (siehe Anhang 3).

Neben den persönlichen Faktoren und der Ausbildungsreife ergaben die Recherchen inden gewählten Ländern, dass die Abbruchquoten auch je nach Sektor und Größe desausbildenden Unternehmens variieren.

In Deutschland variieren Abbruchquoten von Sektor zu Sektor: Sie sind traditionellhoch im Gastgewerbe (bis 50 % bei Köchen und Restaurant-Managern), Relocation-Dienstleistungen (z. B. für Möbelpacker bis 50 %) und Sicherheitsdienstleistungen (bis45 %). Auf der anderen Seite ist die Quote relativ gering im öffentlichen Dienst (ca.4 %) und in der IT (ca. 5 %)102.

In Frankreich ist das Risiko für eine vorzeitige Vertragskündigung (durch denAuszubildenden, den Arbeitgeber oder beide) in einigen Sektoren und in kleinerenUnternehmen höher. Die wahrgenommene geringere Qualität der betrieblichenAusbildung vor allem in KMU wird auch als wichtiger Faktor betrachtet: UnzureichendeQualität in der Arbeits-/Lernumgebung ist der Grund bei 40 % der Vertragskündigungenseitens der Auszubildenden103. Kündigungen der Ausbildungsverträge finden amhäufigsten in den Sektoren statt, in denen die Arbeitsbedingungen am schwierigsten sind(z. B. lange Arbeitszeiten, anstrengende Arbeitsbedingungen etc.). Gleichzeitig wirddiese Tatsache als großes Problem betrachtet. Dies beinhaltet den Hotel- undRestaurantsektor (zwischen 25 % und 40 % der Verträge werden gekündigt, da vielejunge Menschen sich umentscheiden, nachdem sie die Arbeitsrealität in diesem Sektorkennengelernt haben), den Friseurberuf und den Bausektor.

97 Hall, C.: (2009), Does making upper secondary school more comprehensive affect dropout rates,educational attainment and earnings? Evidence from a Swedish pilot scheme.

98 Alet, El.; Bonnal, L. (2013), L’apprentissage : un impact positif sur la réussite scolaire des niveaux V.99 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2009), Ausbildungsabbrüche vermeiden – neue Ansätze

und Lösungsstrategien, Band 6 der Reihe Berufsbildungsforschung, Internet:http://www.bmbf.de/pub/band_sechs_berufsbildungsforschung.pdf

100 Hogarth, T. et al. (2009), Maximising apprenticeship; Completion rates. 2009,101 Recherche von ICF International in den gewählten Ländern.102 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013, S. 35-37.103 CEREQ (2010), Contrat d'apprentissage, les raisons de la rupture.

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3.6. Ergebnisse dualer Ausbildungen und der Berufsbildung imAllgemeineren

Wie in Kapitel 1 betont, wecken die relativ niedrigen Jugendarbeitslosigkeitsquoten inLändern mit einer langjährigen Tradition in der dualen Ausbildung (AT, DE, NL) imRahmen der Wirtschaftskrise das Interesse an dieser Art der Ausbildung.

Insgesamt kann die Effektivität eines Bildungswegs anhand der Karrierechance derAbsolventen daran gemessen werden, ob sie entscheiden, sich auf dem Arbeitsmarkt zubewerben, oder ihre Ausbildung fortsetzen.

3.6.1. Duale Systeme und Beschäftigungsfähigkeit

Die Beschäftigungsfähigkeit/Beschäftigungsquote von Absolventen ist einer derSchlüsselfaktoren zur Messung der Effektivität und Qualität von Ausbildungsgängen,insbesondere im aktuellen Kontext der Wirtschaftskrise und hoherJugendarbeitslosigkeitsquoten.

Die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen berufsorientierter Bildungsgänge kanndurch einen Vergleich mit der Beschäftigungsfähigkeit von Absolventenallgemeinbildender Schulen bewertet werden: i) durch den Vergleich, ob Absolventenberufsorientierter Bildungsgänge oder Absolventen allgemeinbildender Schulen längerbenötigen, um ihren ersten Arbeitsplatz zu finden, und ii) wie gut dieser Arbeitsplatz zuihren jeweiligen Qualifikationen passt.

Haben Absolventen mit Berufsausbildung oder von allgemeinbildenden Schulendie besseren Beschäftigungsaussichten?

Wie aus Daten der OECD (2013)104 hervorgeht, sind die Beschäftigungsquoten bei denAbsolventen mit Berufsausbildung in den meisten EU-Ländern höher als bei denAbsolventen allgemeinbildender Schulen, die kein Studium aufnehmen. Dies wird sowohlin Ländern mit betrieblichem Ausbildungssystem (DE) beobachtet als auch in Ländernmit schulbasierter Berufsbildung (CZ).

104 OECD (2013), Bildung auf einen Blick.

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Abbildung 2: Beschäftigungsquote105 von ISCED-3/4-Absolventen; Daten ausdem Jahr 2010

- 10,0 20,0 30,0 40,0 50,0 60,0 70,0 80,0 90,0

100,0

VET General education

Quelle: OECD (2013), Bildung auf einen Blick; Keinen Daten für UK verfügbar

Beim Vergleich der Beschäftigungsergebnisse von Absolventen allgemeinbildenderSchulen mit denen aller Berufsbildungsformen (ISCED 3-4)106:

haben Absolventen berufsorientierter Bildungsgänge eine größereWahrscheinlichkeit, einen Arbeitsplatz nach ihrem Abschluss zu finden. Diesgilt für die meisten EU-Länder. Der Unterschied zwischen derBeschäftigungsfähigkeit der beiden Gruppen ist in Ländern mit einer langen Traditionin der Berufsbildung größer (CZ, DE, NL, SI).

In einigen Ländern ist die Entwicklung umgekehrt. In Portugal finden die Absolventenallgemeinbildender Schulen früher eine Stelle als die von berufsorientiertenBildungsgängen. Ihre Beschäftigungsverhältnisse sind jedoch tendenziell prekärer107.

Absolventen berufsorientierter Bildungsgänge genießen einen bedeutend schnellerenÜbergang ins Berufsleben108. Dies gilt sowohl für Männer als auch für Frauen allerAltersgruppen109. Der umgekehrte Trend (Absolventen allgemeinbildenderBildungsgänge finden schneller einen Arbeitsplatz) gilt auch für Zypern, Irland unddas Vereinigte Königreich. Es sei jedoch darauf verwiesen, dass die meistenAbsolventen allgemeinbildender Bildungsgänge ihre Ausbildung fortsetzen und sichdaher erst später auf dem Arbeitsmarkt bewerben. Da Absolventenallgemeinbildender Bildungsgänge höhere Qualifikationen erwerben, verbessern sielangfristig ihren Status auf dem Arbeitsmarkt. Die Ergebnisse in Cedefop (2013)unterstreichen, dass der Vorteil der Absolventen berufsorientierter Bildungsgängebei der Bewerbung auf dem Arbeitsmarkt mit zunehmendem Alter im Vergleichzu Absolventen allgemeinbildender Schulen abnimmt.

105 Beschäftigungsstatus der 25-64-Jährigen, deren höchster Bildungsabschluss ein Abschluss imSekundarbereich II bzw. postsekundaren, nicht tertiären Bereich (ISCED 3/4) ist.

106 Cedefop (2013a).107 Figueiredo et al. (2013), National Strategic Reference Framework observatory.108 Der Unterschied zwischen Absolventen berufsbildender Bildungsgänge und jenen allgemeinbildender

Bildungsgänge ist in BG, DK, FR, LU, MT, NL, PL, SE, SK statistisch nicht relevant.109 In Cedefop (2013a) wurden die statistischen Unterschiede in den Ergebnissen für drei Altersgruppen

untersucht: 20-24, 25-29, 30-34.

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Die vorstehenden Ergebnisse, die zugunsten der Absolventen berufsbildenderBildungsgänge ausfallen, gelten, wie herausgefunden wurde, für das mittlereQualifikationsniveau (ISCED 3-4): Beim Vergleich der tertiären Allgemeinbildung mit dertertiären Berufsbildung genießen die Hochschulabgänger einen bedeutend schnellerenÜbergang von der Ausbildung ins Berufsleben110.

Absolventen berufsbildender Bildungsgänge auf mittlerem Niveau haben einebedeutend größere Wahrscheinlichkeit als Absolventen der allgemeinbildendenBildungsgänge, eine (Nichtberufsanfänger111-)Stelle mit einem unbefristetenVollzeitvertrag zu finden. Dies steht in Verbindung mit einer höherenArbeitsplatzstabilität. Dies könnte insbesondere mit betrieblichen Ausbildungen inZusammenhang stehen, bei denen Ausbildungsverträge nach Abschluss derAusbildung in unbefristete Arbeitsverträge übergehen. Im Jahr 2010 wurden61 % der Absolventen berufsbildender Bildungsgänge in Deutschlandbeispielsweise eine Stelle in ihrem ausbildenden Unternehmen angeboten112.

Beschäftigungsfähigkeit und Art der Berufsbildungsgänge

Die Art des Berufsbildungssystems spielt ebenfalls eine große Rolle bei der zukünftigenBeschäftigung113, was die Argumentation für die duale Ausbildung stärkt:

Arbeitsbasierte Lernelemente in der Berufsbildung begünstigen einenschnellen Übergang ins Berufsleben114. Absolventen von arbeitsbasiertenAusbildungen bewerben sich auf dem Arbeitsmarkt um 14 % schneller als solcheaus schulbasierten Berufsausbildungen115. Auf der anderen Seite habenAbsolventen berufsbildender Bildungsgänge in den Ländern Schwierigkeiten aufdem Arbeitsmarkt, in denen arbeitsbasiertes Lernen weniger entwickelt ist. DerÜbergang ins Berufsleben wird außerdem durch die Tatsache erleichtert, dassdavon ausgegangen wird, dass betriebliche Ausbildungen eher allgemeinereFähigkeiten116 vermitteln, die auf andere Arbeitgeber/Arbeitsumgebungenübertragen werden können, als unternehmens-/branchenspezifische Kenntnisse.In Deutschland wurden etwa nur 12 % der in Ausbildungen vermitteltenFähigkeiten als unternehmensspezifisch betrachtet117.

In Italien werden die Beschäftigungsergebnisse von Absolventen berufsbildenderBildungsgänge als positiv betrachtet. Der IF-Bildungsweg (gemischtes System, bei demarbeitsbasiertes Lernen integriert ist) zeigte bessere Beschäftigungsergebnisse als dervollständige IS-Bildungsweg (schulbasiertes System): Zwei Jahre nach dem Abschlusshatten jeweils 85 % und 78 % eine Anstellung.

110 In Cedefop (2013a) wurden keine Trends in bestimmten Studienbereichen/bei bestimmten Abschlüssenuntersucht.

111 Nicht die erste Stelle nach dem Abschluss.112 Nationale Statistikdaten laut Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht

2013.113 Cedefop (2013a).114 Tabelle A3.10 in Anhang 3 bietet einen Überblick der Beschäftigungsergebnisse von Absolventen

betrieblicher Ausbildungen in den gewählten Ländern, für die Daten vorlagen.115 Cedefop (2013a).116 Acemoglu, D. und Pishke, J.S. (1998), Why do firms train? Theory and Evidence.

117 Pfeiffer, H. et al.: How large is the firm-specific component of German apprenticeship training? 2011.

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In Frankreich waren die Beschäftigungsquoten von Absolventen mit einem CAP/BEPoder Bac Pro sieben Monate nach dem Abschluss 21,7 und 23,7 Prozentpunkte höher alsbei denen, die dieselbe Qualifikation in schulbasierten Ausbildungen erworben hatten118.

In Portugal finden Absolventen von berufsbildenden Kursen häufiger Vollzeitstellen mitunbefristetem Vertrag als Absolventen allgemeinbildender Bildungsgänge desSekundarbereichs II, die keine weitere Ausbildung aufnehmen119.

Die Beschäftigungsquoten der Absolventen berufsbildender Bildungsgänge könnenzwischen den Sektoren bzw. Regionen im selben Land variieren. SektoraleUnterschiede bei den Beschäftigungsquoten der Auszubildenden können mit denWirtschafts- und Arbeitsmarktbedingungen in Zusammenhang gebracht werden.Absolventen können in solchen Sektoren schneller einen Arbeitsplatz finden, in denendas Wachstum und die Beschäftigungsnachfrage stark ist (z. B. Tourismus inGriechenland). Insbesondere in den Jahren nach der Wirtschaftskrise 2008 konntenAuszubildende schneller in den Sektoren einen Arbeitsplatz finden, die weniger anfälligfür Schwankungen in der allgemeinen Wirtschaft waren (z. B. DE120). Ein schnellererÜbergang ins Berufsleben kann in einigen Sektoren mit der historischen Entwicklung vonbetrieblichen Ausbildungen als Ausbildungs- und Rekrutierungsweg (z. B. im Bau- undöffentlichen Bausektor in Frankreich121) in Zusammenhang stehen.

Unterschiede in der Beschäftigungsfähigkeit bei Absolventen berufsbildenderBildungsgänge können auch zwischen den Regionen in den EU-Ländern mit einer starkdezentralen Verwaltung (DE, IT) festgestellt werden. Es kann die Ansicht vertretenwerden, dass diese Unterschiede in Zusammenhang mit den regionalen Unterschieden inder wirtschaftlichen Entwicklung, der Bereitstellung von berufsbildenden Bildungsgängenetc. stehen (siehe Kapitel 5).

3.6.2. Aufstieg und Durchlässigkeit zu anderen Ausbildungswegen undAusbildungsniveaus

Wenn Berufsbildungsabsolventen (einschließlich Absolventen von dualen Systemen) dieMöglichkeit des Übergangs zu Qualifikationen eines höheren Niveaus geboten wird,bedeutet dies, dass diese Qualifikation nicht nur einen Wert für den Arbeitsmarkt hat,sondern auch ein Weg zu künftigem Lernen sein kann. Wie von Cedefop122 beschrieben,verläuft die berufliche Bildung in den meisten EU-Ländern parallel zur akademischenAusbildung. Zwar gibt es theoretisch Möglichkeiten, zwischen beiden Bildungswegen zuwechseln, in der Praxis kann sich dieser Wechsel jedoch schwieriger gestalten. DerWechsel von einem Ausbildungsweg zu einem anderen desselben Niveaus (z. B. von derschulischen Berufsbildung zu einer Lehre oder von einem berufsbildenden zu einemakademischen Bildungsweg) wird betont, um die Orientierung der Lernenden sowie ihreEntwicklung zu unterstützen. In vielen Ländern können Absolventen der beruflichenBildung zur akademischen tertiären Bildung wechseln, nachdem sie einenAnpassungslehrgang abgeschlossen oder einen Abschluss der Sekundarstufe II, der denZugang zur Hochschulbildung ermöglicht, erworben haben123.

118 DEPP (2013b).119 Figueiredo et al. (2013), National Strategic Reference Framework observatory.120 Autorengruppe Bildungsbericht (2013), Bildung in Deutschland 2012.121 Länderrecherche von ICF International.122 Cedefop (2008b).123 Cedefop (2008b).

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3.6.2.1. Wechsel zwischen beruflichem und akademischem Weg

Länder wie Deutschland und Österreich ermöglichen einen Wechsel zwischen denAusbildungswegen auf der Grundlage des Prinzips des erworbenen Abschlusszeugnissesund der erworbenen Qualifikation. Sobald ein Schüler einen Abschluss oder eineQualifikation erworben hat, kann er mit der nächsten Stufe fortfahren (z. B. von einerunteren Stufe der Sekundarschule zu einer höheren Stufe). Ferner können Schüler –vorausgesetzt, ihre Noten erlauben es – in ein anderes Profil des Oberstufenprogrammswechseln. In Deutschland können Schüler beispielsweise vom Gymnasium(Allgemeinbildung) in die duale Ausbildung oder in die schulische Berufsbildung wechselnund Auszubildende können das Abitur anstreben, wenn ihre Noten es erlauben. Es hatebenfalls politische Entwicklungen gegeben, um den Wechsel zwischen denAusbildungswegen zu erleichtern, wie etwa das Modell der neuen Mittelschule (NMS) inÖsterreich. Die NMS erlaubt den Zugang zu allgemeinbildenden Oberschulen (AMS),Berufskollegs und Berufsschulen124.

Nach Abschluss einer Lehre suchen die Absolventen eine Beschäftigung oder strebeneine Weiterbildung an. Ein Übergang zu einem anderen Ausbildungsweg (z. B. schulischeBerufsbildung) ist möglich, wenn die Person eine andere Qualifikation erwerben will, diein diesem Weg nicht verfügbar ist; dies findet aber nur selten statt. Es gibt jedoch nichtviele Optionen für einen Übergang, solange die Ausbildung andauert. Ebenso könnenSchüler aus anderen Berufsbildungswegen eine Ausbildung beginnen, in den meistenFällen müssen sie jedoch die Lehrlingsausbildung von vorne beginnen. Die Möglichkeit,Lernergebnisse, die in anderen Bildungswegen entwickelt wurden, im Hinblick auf dieVerkürzung der Lehre anzuerkennen, besteht z. B. in Deutschland oder Frankreich. Es istjedoch unklar, inwieweit diese Optionen (die in den nationalen Rechtsvorschriftenvorgesehen sind) in der Praxis genutzt werden.

In Deutschland scheint die Schlüsselrolle der Lehrlingsausbildung imBerufsbildungssystem die „Kommunikation“ mit anderen Bildungswegen ausgeschaltet zuhaben: Obwohl die Teilzeit-Berufsschulen, die die Lehrlinge besuchen, und die Vollzeit-Berufsschulen (des schulischen Systems) häufig unter einem Dach angesiedelt sind, sindbeide Bildungswege, für die diese Schule stehen, getrennt. In Deutschland kommt esrecht häufig vor, dass Jugendliche, die keine Lehrstelle finden, sich an einerberufsbildenden Schule anmelden. Sie suchen jedoch weiter nach einer Lehrstelle, undeinem bestimmten Prozentsatz gelingt es, einen Arbeitgeber zu finden, der bereit ist, sieauszubilden. Es ist den Arbeitgebern rechtlich möglich, die Dauer derLehrlingsausbildung zu verkürzen, wenn die nötigen Lernergebnisse vorliegen, dieInstrumente dafür fehlen jedoch. In Deutschland werden gegenwärtig mehrere Versuchedurchgeführt, die sich mit dieser Frage befassen125. Eines der Argumente gegen diesenAnsatz lautet, dass Qualifikationen in umfassenden Lehrlingsausbildungssystemen aufder „ganzheitlichen“ Betrachtung des „Berufs“ beruhen, die wenig Raum fürModularisierung bietet126.

124 bm:uk (2011), Austrian EQF Referencing Report.125 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2010), Die Pilotinitiative DECVET, Anrechnung von

Kompetenzen – Verbesserung der Durchlässigkeit.126 Deissinger, Th.: (2012), Reforming the VET System via National Qualification Frameworks? A Comparison

of Germany and Austria.

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Österreich erleichtert dagegen seit 2006 die Modularisierung der Lehrlingsausbildung.Dadurch wird die Ausbildung flexibler und besser an die sich ändernden Bedürfnisse desArbeitsmarktes angepasst127.

Andere Systeme wie das dänische, niederländische oder finnische sind flexibler undbieten mehr Möglichkeiten des Übergangs zwischen den Bildungswegen; z. B. zwischenberuflicher und allgemeiner Bildung. Darüber hinaus bieten sie ebenfalls verschiedeneMöglichkeiten, die Ausbildung mit einer Teilqualifikation abzuschließen, die trotzdem fürden Markt relevant ist.

Um eine Brücke von der allgemeinen Bildung zur beruflichen Bildung zu schlagen,werden in einigen Ländern Hybridqualifikationen entwickelt. Hybridqualifikationenverbinden Elemente aus beiden Bildungswegen und bieten Zugang zur tertiären Bildung.Gleichzeitig sind sie vom Arbeitsmarkt für bestimmte Berufe anerkannt und bieten denAbsolventen Beschäftigungsfähigkeit128. Es ist damit zu rechnen, dass solcheQualifikationen die berufliche Bildung stärker mit der allgemeinen sowie mit der tertiärenBildung verknüpfen werden.

3.6.2.2. Zugang zur Hochschulbildung

In einigen der ausgewählten Länder (z. B. DE, FI, FR, IT, UK [England]) werdenBerufsbildung und Ausbildung in der tertiären Berufsbildung angeboten. Nicht alleBerufsbildungs-/dualen Systeme in allen Ländern bieten jedoch Zugang zum höherenallgemeinbildenden Unterricht.

Die Durchlässigkeit zwischen Berufsbildung und Hochschulbildung sollte erleichtertwerden, da dadurch mehr Studierende und insbesondere lernstarke Schüler für dieberufliche Bildung gewonnen werden können; dies könnte wiederum die gesellschaftlicheWahrnehmung der beruflichen Bildung verbessern. Auch die Beschäftigungsaussichtenvon Abgängern unterstreichen die Notwendigkeit, Absolventen der beruflichen BildungZugang zu Hochschulbildung zu gewähren und zu erleichtern: Absolventen desallgemeinen Tertiärbereichs erzielen bessere Beschäftigungsergebnisse als Absolventender höheren beruflichen Bildung (siehe Abschnitt 3.6.1). Daher ist es besonders wichtig,Absolventen der beruflichen Bildung Zugang zu tertiärer Bildung zu gewährleisten. ImKontext des demografischen Wandels, mit dem Europa konfrontiert ist, bedeutenniedrige Geburtenraten einen erwarteten Fachkräftemangel in der Zukunft. DieVerbesserung der Durchlässigkeit zwischen beruflicher und tertiärer Bildung kann alsMöglichkeit genutzt werden, diese Aufgabe zu lösen und das zahlenmäßige Wachstumhoch qualifizierter Arbeitskräfte zu fördern. Das war der Anreiz für die deutscheRegelung aus dem Jahr 2009, die sich mit dem Übergang zwischen beruflicher undtertiärer Bildung befasst129.

Absolventen von dualen Systemen/einer Lehrlingsausbildung haben in einigen der zehnausgewählten Länder (Tabelle A3.11 in Anhang 3) (EL, IT130, PL) keinen Zugang zutertiärer Bildung. Sie können sich nur an einer Hochschule einschreiben, wenn sie eineweitere Qualifikation erworben haben, die sie zu einem solchen Wechsel berechtigt. Istder Zugang möglich, können von den Absolventen Prüfungen (PT) oder die Erfüllung

127 Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend/ibw – Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft(2012), Apprenticeship Dual Vocational Education and Training in Austria Modern Training With a Future.

128 Leonardo-Projekt „Hybridqualifikationen – Stärkung der beruflichen Bildung im Kontext des lebenslangenLernens“. Country Report of the Austrian project partner. – Illustration, analysis and reflection of thestructure of the vocational education on secondary level II.

129 Internet: http://ankom.his.de/pdf_archiv/2009_03_06-Hochschulzugang-erful-qualifizierte-Bewerber.pdf130 da die Lehrlingsausbildung eher ein Arbeitsvertrag als ein Lernweg ist.

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besonderer Anforderungen verlangt werden. Unterschiede zwischen den Arten derangestrebten tertiären Bildung sind erkennbar, wie in den Niederlanden: Die Zulassungzu akademisch-orientierten Bachelor- und Master-Abschlüssen erfordert zwar einenzusätzlichen Lernaufwand, die Absolventen kommen aber unmittelbar für berufsbildendeBachelor-Abschlüsse in Frage. Das Recht auf Zugang kann auch je nach Art derangestrebten Qualifikation verschieden sein (FR). Interessant ist, dass sogar in Ländernmit einer langen Tradition in der Berufsbildung/Lehrlingsausbildung (z. B. DE) nicht alleBildungswege direkt mit der tertiären Bildung verknüpft sind. In Finnland und Portugaldagegen steht der tertiäre Bildungsbereich Absolventen der beruflichen Bildung genau sooffen wie Abgängern aus den allgemeinbildenden Schulen.

Andererseits gibt es diese Möglichkeiten in einigen Ländern und diese werden praktischgenutzt. In Frankreich haben Schüler, die durch eine Lehre ein Fachabitur (BAC Pro)erworben haben, dieselben Rechte hinsichtlich des Übergangs zur Hochschulbildung wiealle anderen Fachabiturienten (die das Fachabitur im Rahmen der schulischen Ausbildungerhalten haben). 13,2 % der Schüler, die sich im Jahr 2012 für die post-sekundäretertiäre Qualifikation (BTS, brevet de technicien supérieur) angemeldet hatten, hatteneine Lehrlingsausbildung abgeschlossen131.

Ein weiteres Thema ist die Frage, inwieweit Jugendliche, die ihre Lehre abgeschlossenhaben, gute Chancen auf den Erwerb eines tertiären Bildungsabschlusses haben, wennsie sich für diesen Weg entscheiden. In der niederländischsprachigen GemeinschaftBelgiens haben Absolventen der beruflichen Bildung Zugang zu tertiärer Bildung. IhreAbschlussquoten liegen jedoch signifikant unter denen von Abgängernallgemeinbildender Schulen (nur etwa 20 % der BSO132-Absolventen schließen ihrHochschulstudium ab)133. Die Schwierigkeit von Auszubildenden, eine akademischeLaufbahn abzuschließen, kann unter zwei Gesichtspunkten betrachtet werden.

Die (akademischen) Einrichtungen dürften darauf hinweisen, dass Auszubildendenicht über ausreichende theoretische Grundlagen verfügen, um sich an dieAnforderungen und die Art des Lernumfeldes von akademischen Programmenanzupassen.

Diejenigen, die Lehrlingsausbildungssysteme befürworten, werden dagegen dieTatsache betonen, dass die akademischen Programme integrativer sein und sichan Lernende mit unterschiedlichen Lernstilen anpassen sollten.

131 DEPP (2013), Repères et références statistiques 2013.132 ISCED 3 Berufliche Bildung mit ausgeprägtem praktischen Schwerpunkt.133 OECD (2010b).

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4. REFORMEN IM ZUSAMMENHANG MIT DUALENSYSTEMEN

WICHTIGSTE ERKENNTNISSE

• Die meisten EU-Länder haben kürzlich Reformen ihres gesamtenBerufsbildungssystems oder ihres Lehrlingsausbildungs-/dualen Systemseingeleitet. Die häufigste Taktik bestand in der Einführung neuerLehrlingsausbildungs-/dualer Systeme (12 EU-Länder), während 11 LänderMaßnahmen zur Verbesserung bestehender Systeme ergriffen haben. Fünf Länderhaben sowohl neue Systeme eingeführt als auch bestehende reformiert.

• In den zehn ausgewählten Ländern haben Untersuchungen etlicheEinflussfaktoren hinter den Reformen aufgezeigt:- fehlende Übereinstimmung zwischen beruflicher Bildung und Arbeitsmarkt;

- Qualitäts- und Effizienzprobleme innerhalb der Berufsbildungs-/dualen Systeme;

- hohe Jugendarbeitslosigkeit;

- Berufsbildungs-/duale Systeme sind weniger attraktiv als andereAusbildungswege;

- hohe Anteile von frühen Schulabgängern und von Schulabbrechern;

- demografischer Wandel/alternde Bevölkerung.

• Obschon die Reformen in den verschiedenen Ländern möglicherweise durchdenselben Einflussfaktor ausgelöst wurden, betrachtet jedes Land das betreffendeThema und die zu ergreifenden Maßnahmen durch eine länderspezifische Brille.So kann die Art und Weise, wie das Land an die Reform herangeht, sehrunterschiedlich sein, selbst wenn der Einflussfaktor derselbe ist.

• Die identifizierte Notwendigkeit, das Beratungsangebot für Schüler in Bezug aufBerufsbildungs-/duale Systeme zu verbessern, löste Reformen aus, die auf mehrund bessere Beratung ausgerichtet waren.

• Während diese Einflussfaktoren identifiziert wurden, könnte das wichtigsteAnliegen, das zu den Reformen geführt hat, als Missverhältnis zwischen Angebotund Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt zusammengefasst werden: Selbst in einerZeit alarmierend hoher Jugendarbeitslosigkeit werden einige offenen Stellen nichtbesetzt. Dieses Ungleichgewicht ließe sich verbessern, wenn mehr Schülern einehochwertige und arbeitsmarktrelevante Berufsbildung angeboten wird. Neben derVerbesserung der Attraktivität und Qualität der Berufsbildungs-/dualen Systemegreifen die Reformen häufig diese Themen auf.

• In allen Ländern werden die Reformen im Allgemeinen gut angenommen. DieHerausforderungen bei der Umsetzung stimmen mit den Besonderheiten derLänder überein und betreffen überwiegend die Notwendigkeit, mehr Arbeitgeberin die Bereitstellung von Lehrstellen/dualen Ausbildungsplätzen einzubinden.Aufgrund der Einschränkungen der finanziellen und sonstigen Ressourcen durchdie Wirtschaftskrise ist die Herausforderung noch größer.

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Der Überblick über Berufsbildungs- und duale Systeme in Abschnitt 3 zeigt die Vielfaltder dualen und der Lehrlingsausbildungswege. Sie sind in einen breiterensozioökonomischen Kontext eingebettet, der ebenfalls von Land zu Land verschiedensein kann. Angesichts der Herausforderungen wie Jugendarbeitslosigkeit, wirtschaftlicheUmstrukturierung und die ständig wechselnde Nachfrage nach Fähigkeiten werdenzahlreiche Berufsbildungssysteme in der EU reformiert. Dieser Abschnitt analysiert,inwieweit duale Systeme und die Lehrlingsausbildung reformiert werden und welcheFaktoren diese Reformen vorantreiben.

4.1. Treibende Kräfte hinter den ReformenDie Analyse betont, dass Berufsbildungsreformen in ganz Europa sich im Wesentlichenauf Folgendes beziehen:

Reformen in Bezug auf Elemente des Berufsbildungssystems wie Änderungen desLehrplans; Änderung der Struktur/Verwaltung; Stärkung der Rolle derArbeitgeber/Sozialpartner; Zusammenführung von Berufsbildung und allgemeinerBildung;

Verbesserung/Stärkung bestehender Lehrlingsausbildungs-/dualer Systeme;

die Einführung neuer Lehrlingsausbildungs-/dualer Systeme.

Bei der Betrachtung der zehn für die Analyse ausgewählten Länder wird deutlich, dass injedem Land mehr als ein entscheidender Faktor hinter den Reformen desBerufsbildungssystems identifiziert werden kann und dass diese treibenden Kräfte nebenländerspezifischen Faktoren für zahlreiche Kontexte gelten. Die entscheidenden Faktorenhinter den Reformen werden in Tabelle 10 dargestellt und nachstehend ausführlichdiskutiert.

Tabelle 10: Sechs entscheidende Reformfaktoren in den zehn ausgewähltenEU-Ländern

Entscheidende Faktoren für Reformen Länder

1

Fehlende Übereinstimmung zwischen beruflicherBildung und Arbeitsmarkt/Verbesserungsfähiges Engagement derArbeitgeber

CZ, FI, IT, PL, PTCZ, DE, UK (ENG)

2 Qualitäts- und Effizienzprobleme inBerufsbildungs-/dualen Systemen DE, FI, NL, UK (ENG)

3 Hohe Jugendarbeitslosigkeit EL, FR, IT, PT

4 Berufsbildungs-/duale Systeme sind wenigerattraktiv als andere Bildungswege CZ, FI, NL

5 Hohe Anteile von frühen Schulabgängern und vonSchulabbrechern FI, PT

6 Demografischer Wandel/alternde Bevölkerung DE, CZ

Quelle: ICF Internationale Forschung in ausgewählten Ländern

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Obschon einige Länder gemeinsame treibende Reformkräfte aufweisen, implementierendie Länder möglicherweise unterschiedliche Maßnahmen, um auf diese Kräfte zureagieren, auch wenn dies ebenfalls von ihrer Ausgangssituation abhängen wird. Indiesem Zusammenhang ist es wichtig zu betonen, dass die Reformmaßnahmen stets imKontext eines bestimmten Landes verstanden werden müssen. Wie bereits erörtert, istdies keineswegs konvergierend, wenn es um Berufsbildung und insbesondere um dieLehrlingsausbildung und die duale Berufsausbildung in ganz Europa geht. Neben diesengemeinsamen treibenden Kräften wurde die Entscheidung zur Einleitung einer Reformauch durch länderspezifische Merkmale (z. B. Rechtsvorschriften) gestützt (sieheAbschnitt 4.1.8). Die treibenden Reformkräfte werden in den nachfolgendenUnterabschnitten behandelt.

4.1.1. Fehlende Übereinstimmung zwischen beruflicher Bildung undArbeitsmarkt

Im Hinblick auf den Arbeitsmarkt steht Europa vor einem schwierigen Problem: HoheArbeitslosigkeit besteht neben Missverhältnissen zwischen vorhandenen undbenötigten Qualifikationen. Arbeitgeber berichten über Schwierigkeiten bei derStellenbesetzung, selbst in Ländern, in denen die Arbeitslosenquoten über den EU-Durchschnitt klettern.134 Daher hat die Notwendigkeit, eine bessere Verknüpfungzwischen Berufsbildung und den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes herzustellen,Reformen ausgelöst. Es wird erwartet, dass eine stärkere Verknüpfung zwischen der vonder Berufsbildung angebotenen Lehre und Ausbildung und den Bedürfnissen desArbeitsmarktes die künftige Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen steigern undQualifikationsdefizite und -diskrepanzen überbrücken wird. Zu diesem Faktor wurden inden Ländern zwei Schwerpunktbereiche identifiziert.

Die Reaktion auf die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes verbessern: dieReform der curricularen Struktur und der Unterrichtsstunden für jedes Fach der„lehrlingsausbildungsähnlichen Kurse“ in Portugal kann auf diesen Faktorzurückgeführt werden. Das neue Gesetz über die „ausbildungsähnlichenLehrgänge“ unterstreicht, dass die Lehrgänge eine Verbesserung derBeschäftigungsfähigkeit anstreben135.

In Polen befasste sich die Reform des Jahres 2012 mit der Notwendigkeit,Effizienz und Relevanz des schulischen Berufsbildungssystems zu verbessern undanzupassen, sodass es den aktuellen Bedürfnissen der Arbeitgeber und desArbeitsmarktes besser gerecht wird. Folgendes gehörte zu den wesentlichenÄnderungen:- Änderung der Klassifizierung der Berufsausbildungen;- neues Kerncurriculum für Berufe;- Umstrukturierung des externen Prüfungswesens, das zu Qualifikationen führt.

134 Weltwirtschaftsforum (2014), Matching Skills and Labour Market Needs; und Manpower Group (2013),Talent Shortage Survey.

135 Internet:http://www.iefp.pt/formacao/ModalidadesFormacao/CursosAprendizagem/Paginas/CursosAprendizagem.aspx undhttp://www.iefp.pt/formacao/ModalidadesFormacao/CursosAprendizagem/Documents/Cursos_Aprendizagem_Regulamento_Especifico/2013-10-02_Regulamento_Espec%C3%ADfico_Cursos_Aprendizagem_2013.pdf.

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Die Zusammenarbeit zwischen berufsbildenden Schulen undArbeitgebern verbessern: die Stärkung der Verknüpfung mit dem Arbeitsmarktwird als Faktor für die Modernisierung des Berufsbildungssystems in derTschechischen Republik erkannt. Das nationale Berufsbildungssystem istnahezu ausschließlich ein schulisches System; die Zusammenarbeit zwischenSchulen und Arbeitgebern erfolgt ad hoc und hängt von der Initiative und demguten Willen dieser beiden Akteure ab. Gestützt auf den langfristigen Plan fürBildung und Entwicklung des Bildungssystems (2011-15)136 sollen in den nächstenbeiden Jahren mehrere Maßnahmen durchgeführt werden, um dies zu verbessern.

In Finnland waren stärkere und systematischere Bindungen zur Arbeitswelt dietreibende Kraft für die Reformen137 des Jahres 1998, die die aktuellenBerufsbildungswege geprägt haben. Im Zeitraum 1999–2001 wurde eineAusbildung am Arbeitsplatz in alle Programme der beruflichen Erstausbildungintegriert138. Eine Maßnahme aus dem Jahr 2006 ersetzte die papierbasiertenPrüfungen überwiegend durch die Demonstration beruflicher Fertigkeiten, die vonden Arbeitgebern besser aufgenommen wurde.

Das neue Lehrlingsausbildungssystem139 in Italien trat 2012 in Kraft. Mit demGesetz wurden drei neue Arten von Ausbildungsverträgen eingeführt140. DieHauptantriebskräfte hinter der Reform betreffen die Notwendigkeit, dieBeziehungen mit dem Arbeitsmarkt zu stärken und die Rolle der Sozialpartnerdurch gewerkschaftsübergreifende Vereinbarungen zu festigen141.

Selbst wenn die Zusammenarbeit zwischen berufsbildenden Schulen und Arbeitgebernnicht als eine der Hauptantriebskräfte für Reformen anerkannt wird, wird dieNotwendigkeit, die Zusammenarbeit zwischen Berufsbildung und Arbeitgebernweiterzuentwickeln und aufzuwerten, durch die Einbindung der Sozialpartner(einschließlich der Arbeitgeberverbände) in nationale Aktionspläne und Reformen imBereich der Berufsbildung (EL) und in der Entwicklung und Umsetzung vonBerufsbildungscurricula und -planung (EE, EL, LT) aufgegriffen.

Das Engagement von Arbeitgebern hat Reformen in Ländern mit signifikantunterschiedlichen Berufsbildungssystemen (z. B. CZ und UK (ENG) und sogar in Ländern,in denen die Arbeitgeber eine starke und gut eingeführte Rolle in Berufsbildungs-/dualenSystemen (z. B. DE) spielen, ausgelöst. Dies lässt sich auf die Tatsache zurückführen,dass die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen zu den möglichen Herausforderungengehört, mit denen diese Systeme besonders in Zeiten der Wirtschaftskrise konfrontiertsind142.

136 Internet: http://www.msmt.cz/file/27137/.137 Das Gesetz (630/1998) und die Verordnung (811/1998) über die Berufsbildung.138 Koramo, M. (2011), Työssäoppiminen ja ammattiosaamisen näytöt ammatillisessa peruskoulutuksessa.

Opetushallitus.139 Das TUA (D.Lgs.n. 167/2011) wurde nacheinander durch das Gesetz Nr. 92/2012 und durch D.Lgs Nr.

76/2013 geändert und entsprechend dem regionalen Regelungsrahmen in jeder Region umgesetzt.140 2012 Refernet Länderbericht Italien.141 Isfol (2012a).142 Brunello, G.: (2009), The effect of economic downturns on apprenticeships and initial workplace training:

A review of the evidence.

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Die Reformen in der Tschechischen Republik sind darauf ausgerichtet, dasbestehende schulische System hauptsächlich durch eine Reform der derzeit schwachenZusammenarbeit zwischen Schulen und Arbeitsmarkt zu modernisieren. Aufgrundfehlender tragfähiger Rechtsvorschriften, in denen die Bedingungen der Zusammenarbeitfestgelegt werden, wird durch die neue Reform die Entwicklung solcher Partnerschaftengefördert.

Trotz des hohen Arbeitgeberengagements und der entscheidenden Rolle der Kammernim deutschen dualen System war die Suche nach mehr Ausbildungsplätzen derwichtigste Motor für die Einführung des „Bildungspaktes“ im Jahr 2004. Im Rahmen desstrategischen Ziels des Paktes, Jugendliche und Unternehmen einander näherzubringen,ermutigen die Kammern Ausbildungsunternehmen, lernschwachen Jugendlichen eineChance zu geben, und fördern Finanzierungsinstrumente für Schüler mit besonderenBedürfnissen. Ein anderes Ziel des Paktes („Neue Ausbildungsplätze und neueAusbildungsunternehmen gewinnen“) betrifft das nationale Programm JOBSTARTER. DasProgramm unterstützt regionale Projekte, die mit dem Ziel entwickelt werden,zusätzliche Ausbildungsplätze in Unternehmen zu gewinnen. Ferner wurdenUnternehmen aufgefordert, (finanzierte) Plätze für eine „Einstiegsqualifikation143“

anzubieten, die auf Jugendliche im „Übergangssystem“ ausgerichtet sind, d. h.Jugendliche, die keinen Ausbildungsplatz in einem Unternehmen finden konnten.

Da nur 13 % aller Arbeitgeber Lehrstellen anbieten, ist die Stärkung der Rolle derArbeitgeber der entscheidende Faktor für die aktuelle Reform der Lehrlingsausbildung imVereinigten Königreich (England). Die neue Lehrlingsausbildung wirdarbeitgebergeführt sein, da sie144:

• verpflichtet sein wird, die Qualifikationsanforderungen von Kleinunternehmen zuerfüllen;

• auf Standards basieren wird, die von den Arbeitgebern und auf der Grundlagesektoraler Bedürfnisse entwickelt wurden;

• gegebenenfalls professionellen Registrierungsanforderungen genügen muss; und

• eine neue Abschlussbewertung einschließen wird, bei der die Arbeitgeber einewichtige Rolle spielen.

Vor allem ist eine Reform der Finanzierung geplant; im Rahmen des neuen Systemswerden die Gelder über ein Modell, das derzeit entwickelt wird, an die Arbeitgeberfließen. Die Reform wird ebenfalls die Erhöhung der Direktinvestitionen der Arbeitgeberin die Lehrlingsausbildung unterstützen, um sie noch stärker in die Bereitstellung einerqualitativen Ausbildung einzubinden.

4.1.2. Qualitäts- und Effizienzprobleme in Berufsbildungs-/dualen Systemen

Die Qualitätssicherungsmechanismen der Berufsbildung/Lehrlingsausbildung weckenErwartungen an eine bessere Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen, da einequalitative Ausbildung zu besser qualifizierten Fachleuten145 führt. DieseQualitätssicherung bezieht die Prozesse, Ergebnisse und die beteiligten Interessenträgermit ein. Qualität wird als gemeinsames Anliegen der ausgewählten EU-Länder

143 Internet: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichungen/Vermittlung/EQ-Arbeitgeber.pdf. Siehe auch die nachfolgende Diskussion „Die demografische Herausforderung angehen.

144 Internet: https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/223919/bis-13-1071-funding-reform-for-apprenticeships-in-england.pdf.

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identifiziert und hat in verschiedenen Berufsbildungssystemen zu etlichenReformaktionen geführt. Es ist jedoch wichtig zu betonen, dass die Notwendigkeit, dieQualität und Effizienz zu verbessern, in den Ländern unterschiedlich wahrgenommenwird. Insbesondere haben einige der untersuchten Länder (DE, IT, NL) Reformeneingeführt, die die Verbesserung der Qualität der Berufsbildung insgesamt betreffen.Andererseits stand die Qualitätssicherung von Berufsbildungs-/dualen Systemen inanderen Ländern im Fokus: in Finnland (Ausbildung betrieblicher Ausbilder), in denNiederlanden (Prüfrahmen für die Berufsbildung) und im Vereinigten Königreich(England) (Einbeziehung neuer Standards, die die Lehrlingsausbildung erfüllen wird).Anhang 4 enthält weitere Informationen über die Reformen der Länder.

4.1.3. Hohe Jugendarbeitslosigkeit und Erhöhung der Beschäftigungsfähigkeitvon Jugendlichen

Die nachteiligen Auswirkungen der Wirtschaftskrise, insbesondere die hoheJugendarbeitslosigkeit, treiben Reformen in ganz Europa voran. Duale Systeme undinsbesondere die duale Berufsausbildung/Lehrlingsausbildung sind in den Augen derKommission ein Instrument zur Aufwertung der Fähigkeiten von Jugendlichen undfördern ihre Beschäftigungsfähigkeit146. Dies bedeutet jedoch, dass dieLehrlingsausbildung in einigen Ländern überwiegend als beschäftigungsbezogeneMaßnahme angesehen wird. Ihr Potenzial zur Förderung von Innovation und Integrationist nicht immer auf der politischen Agenda erkennbar.

Es überrascht daher nicht, dass die Auseinandersetzung mit hoher Jugendarbeitslosigkeitüberwiegend in den Ländern, die von der Krise stärker getroffen waren (EL, IT, PT),wichtige Reformen in der Berufsbildung ausgelöst hat.

Tabelle11: Die fünf höchsten Jugendarbeitslosenquoten (15- bis 24-Jährige) imJahr 2012, im Vergleich zu 2007

Länder 2007 2012 Veränderung in %

EL 22.9 55.3 141%

ES 18.2 53.2 192%

HR 24.0 43.0 79%

PT 20.4 37.7 85%

IT 20.3 35.3 74%

Quelle: Eurostat. Länder, die für eine detaillierte Untersuchung ausgewählt wurden, sind fett gedruckt

145 European Network for Quality Assurance in VET (2009), Study on quality assurance systems in work-based learning and assessment in European VET.

146 Zum Beispiel die „Jugendgarantie“ der Europäischen Kommission und die Europäische Allianz fürLehrlingsausbildung.

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Die Reformen zur Bekämpfung der hohen Jugendarbeitslosigkeit sollten eineVerbesserung der Erwerbsquote von Jugendlichen in dualen Ausbildungs-/Lehrlingsausbildungssystemen bezwecken, da angenommen wird, dass diese Systemedie Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen fördern. Die Reformen waren außerdem aufdie Verbesserung der Qualität der Systeme ausgerichtet. Länder, die keinLehrlingsausbildungs-/duales System hatten, führten solche Systeme ein (z. B. EL147)oder schufen weitere (z. B. die „berufsbildenden Kurse“ in Portugal148); in den Ländern,in denen es bereits solche Systeme gab, stand deren Verbesserung im Mittelpunkt derReformen. Um die Teilnahme zu erhöhen, bemühten sich die Regierungen, die Systemefür Arbeitgeber (z. B. in Frankreich durch das Angebot finanzieller Anreize und dieReduzierung des Verwaltungsaufwands) und Jugendliche (z. B. in Frankreich durch dieHerabsetzung der Altersgrenze für den Beginn einer Lehre; durch das Angebot vonZuschüssen für Lehrlinge usw.) attraktiver zu gestalten. Die Verbesserungen derSysteme betrafen auch ihre Qualität und ihre Bedeutung für den Arbeitsmarkt; soschlossen die Reformen z. B. eine Erhöhung des Anteils des arbeitsbasierten Lernens(„Lehrlingsausbildungskurse“ in Portugal) und die Entwicklung eins belastbarenRechtsrahmens (für die bereits bestehenden Systeme in Griechenland) ein.

Länder, die die Jugendarbeitslosigkeit durch die Einführung von Lehrlingsausbildungs-/dualen Systemen bekämpfen wollen, sollten jedoch bedenken, dass sich neben derBerufsbildung noch andere Faktoren auf die Jugendarbeitslosigkeit auswirken,z. B. Arbeitsgesetze, Mindestlöhne, demografische Entwicklungen,Sozialversicherungspolitik und natürlich der Konjunkturzyklus/das makroökonomischeUmfeld. Daher wird die Einführung oder Verbesserung bestehender Systeme nichtnotwendigerweise die Jugendarbeitslosigkeit senken, obschon ihre positive Wirkungallgemein akzeptiert ist. Gleichzeitig sollten Länder, die mit hoher Jugendarbeitslosigkeitzu kämpfen haben, berücksichtigen, dass langfristige Ansätze benötigt werden, um einenachhaltige niedrige Arbeitslosenquote zu erreichen und Jugendlichen Lösungen zubieten, die auf ihre Wünsche und auf den Arbeitsmarkt abgestimmt sind. Schließlichbesteht die Gefahr, dass das volle Potenzial der Lehrlingsausbildung149 nichtausgeschöpft wird, wenn Länder sich nur mit dem Beschäftigungsaspektder Lehrebefassen.

4.1.4. Berufsbildungs-/duale Systeme sind weniger attraktiv als andereBildungswege

Um die Bildungs- und Beschäftigungsziele zu erreichen, muss die Berufsbildung undinsbesondere die duale Berufsausbildung/Lehrlingsausbildung attraktiver werden. Invielen Ländern gilt die berufliche Bildung als „zweite Wahl“ und ist keine bevorzugteOption von Leistungsträgern. Experten in mehreren Ländern betonten, dass dieberufliche Bildung als minderwertig oder mit wenig Potenzial angesehen wird und daherüberwiegend von Personen mit spezifischem sozioökonomischen Hintergrund und vonleistungsschwachen Jugendlichen in der Pflichtschule gewählt wird (siehe Abschnitt 5).Berufsbildungsreformen in ganz Europa wurden durch den identifizierten Bedarfausgelöst, Berufsbildungs-/duale Systeme populärer zu machen, sodass sich mehr

147 Nach Angaben des Bildungsministeriums besteht das strategische Ziel darin, den Anteil derAuszubildenden von 6 % im Jahr 2013 auf rund 30 % im Schuljahr 2019–2020 zu steigern (Daten, dieICF International im Januar 2014 in einem Interview mit dem Bildungsminister vorgelegt wurden).

148 Die „Ausbildungskurse“ sollen den Bedarf an mehr Arbeitnehmern mit technischen Qualifikationen decken,um die Entwicklung der regionalen und nationalen Wirtschaften zu fördern.

149 Siehe die Diskussion über die Vorteile der Lehre in European Training Foundation (ETF) (2013), Work-based learning: Benefits and obstacles. A literature review for policy makers and social partners in ETFpartner countries.

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Jugendliche, auch leistungsstarke, dafür entscheiden. Dieser treibende Faktor ist in derRegel mit Maßnahmen verknüpft, die die Qualität und/oder die Relevanz der Ausbildungverbessern und besser an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes anpassen sollen. Dadurchwird der Zusammenhang zwischen Verbesserung der Qualität und Steigerung derAttraktivität der beruflichen Bildung betont.

Eines der Hauptziele des „Langfristigen Plans für Bildung und Entwicklung desBildungssystems der Tschechischen Republik 2011–2015“ besteht darin, das Imagedes Bildungssystems zu verbessern150. Die Notwendigkeit, mehr Schüler für dieberufliche Bildung zu gewinnen, wird durch die Tatsache betont, dass die Zahl derStudierenden an Universitäten trotz der negativen demografischen Entwicklung in denletzten sechs Jahren151 gestiegen ist. Dieser Anstieg erklärt, warum derallgemeinbildende Sekundarunterricht als bevorzugter Weg zur tertiären Bildungzunehmend an Beliebtheit gewinnt - auf Kosten des berufsbildendenSekundarunterrichts. Um berufliche Bildung attraktiver zu machen, wurden etlicheMaßnahmen umgesetzt, um eine systematische und hochwertige Information undBeratung zu gewährleisten. Studierenden, die sich für Berufsbildungsspezialisierungenmit einem erwarteten Fachkräftemangel entscheiden (wie Maschinenbau und technischeGebiete), werden ebenfalls finanzielle Anreize geboten.

Es ist besonders erwähnenswert, dass die Qualität und Beliebtheit der beruflichenBildung in den Niederlanden nicht als zwei verschiedene treibende Faktoren mitjeweils eigenen Politikmaßnahmen/Reformaktionen angesehen werden. Dahinter stehtder Gedanke, dass die Berufsbildung beliebter wird, wenn sich deren Qualität verbessert.Dies ist auf Probleme mit der Qualität der Berufsbildung zurückzuführen, die 2006 und2007 hervorgehoben wurden: Damals wurden große Berufsbildungsinstitute (durch dieZusammenlegung kleinerer Institute) geschaffen und die Studierenden waren mit denentstandenen Strukturen unzufrieden. Obschon die Einschätzung des berufsbildendenStudiums durch die Studierenden sich seither verbessert hat152, werden die eingeleitetenReformmaßnahmen ebenfalls durch die Notwendigkeit, die Berufsbildung attraktiver zumachen, vorangetrieben.

4.1.5. Hohe Anteile von frühen Schulabgängern und von Schulabbrechern

Jugendliche Schul-/Ausbildungsabbrecher gehören zu den großen Problemen, mit denenviele EU-Länder konfrontiert sind (Abschnitt 3.6). Untersuchungen in ausgewähltenLändern betonen, dass Berufsbildungs-/duale Systeme und die einschlägigen Reformenin diesem Kontext genutzt werden können, um zwei Ziele zu erreichen:

Frühe Schulabgänger aus dem gesamten Bildungssystem „wieder auf Kurs“ bringen(PT). Dies zeigt, dass ein gutes Berufsbildungssystem dazu beitragen kann, dienachteiligen Auswirkungen des frühen Schulabgangs anzugehen.

Den Anteil der Ausbildungsabbrecher minimieren (FI).

150 Gestützt auf: Internet: http://www.msmt.cz/vzdelavani/skolstvi-v-cr/dlouhodoby-zamer-vzdelavani-a-rozvoje-vzdelavaci-soustavy-1.

151 Auf der Basis von Daten des tschechischen Statistikamtes. Internet:http://vdb.czso.cz/vdbvo/tabparamzdr.jsp?cislotab=VZD0030CU&&kapitola_id=17&voa=graf.

152 Turkenburg, M.: (2014), Kansen voor vakmanschap in MBO. Internet:http://www.scp.nl/Publicaties/Alle_publicaties/Publicaties_2014/Kansen_voor_vakmanschap_in_het_mbo.

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In den Berufsbildungswegen in Portugal wird vorzeitigen Schulabbrechern großeBedeutung beigemessen und dadurch betont, dass dies eine große Herausforderung fürdas Land ist. Tatsächlich ist Portugal mit dem höchsten Anteil an frühen Schulabgängernin der EU-28153 konfrontiert. Nach einer neuesten Studie, die von der Informationsstelledes nationalen strategischen Rahmenplans154 veröffentlicht wurde, wirken sichberufsbildende Kurse auf die Reduzierung des frühen Schulabgangs und den Abschlussder Sekundarstufe II aus. Sowohl die „Bildungs- und Ausbildungskurse“ als auch die neueingeführten „berufsbildenden (Pilot-)Kurse“ sind daher auf Jugendliche ausgerichtet, beidenen das Risiko des frühen Schulabgangs besteht.

Das Finanzierungssystem der dualen Systeme in Finnland wird derzeit reformiert. Dieerwartete künftige Reform wird auf eine Reduzierung des Anteils der Abbrecher und dieeffizientere Gestaltung der Studienzeit, die für die Erlangung einer berufsbildendenQualifikation nötig ist, ausgerichtet sein. Das neue Finanzierungssystem soll dieAbschlussquoten und die Vorbeugung des Schulabbruchs stärker in den Fokus rücken, dadie Finanzierung auf die Anzahl der neu abgeschlossenen Qualifikationen gestützt seinwird155.

4.1.6. Demografischer Wandel/alternde Bevölkerung

Die demografischen Entwicklungen in einem Land haben erheblichen Einfluss aufsämtliche Aspekte der sozioökonomischen Entwicklung (siehe Abschnitt 5.3.) Diedemografische Zusammensetzung der meisten europäischen Länder zeigt, dass dieJugendkohorten schrumpfen156, was zu Diskrepanzen zwischen Angebot und Nachfrageim Bereich der Bildung/Ausbildung und später im Bereich der Beschäftigung führen wird.Was Berufsbildungs-/duale Systeme anbelangt, bedeutet der demografische Wandel,dass es weniger Jugendliche geben wird, die eine Ausbildung beginnen und sich für dieberufliche Bildung entscheiden werden. Zur Bekämpfung dieses Problems wollen dieReformen Berufsbildungs- und duale Systeme für eine größere Zahl von Jugendlichenzugänglich machen und die Berufsbildungswege/das Lehrstellenangebot besser auf dieBedürfnisse des Arbeitsmarktes abstimmen. Dies bedeutet, dass künftige Absolventen(die nicht so zahlreich sein werden) bessere Beschäftigungsaussichten haben werdenund so ausgebildet sein werden, dass sie den (künftigen) Qualifikationsanforderungender Arbeitgeber entsprechen.

Der demografische Wandel wurde bereits als brisantes Thema in Deutschlandidentifiziert, dem am schnellsten alternden Land in der EU. Die Bekämpfung desdemografischen Wandels war daher der wichtigste Faktor für den „Bildungspakt“,besonders für die Maßnahmen des Jahres 2010. Die Ziele des Paktes beziehen sich aufdie Verbesserung des dualen Systems insgesamt, bieten aber vor allem Lösungen füraktuelle und künftige Probleme rund um die Verfügbarkeit von Auszubildenden. Diesunterstreicht die Notwendigkeit, die Teilnahme von mehr Jugendlichen an derLehrlingsausbildung zu fördern und einen raschen Übergang von der Schule auf einenAusbildungsplatz bei einem Arbeitgeber zu gewährleisten.

153 Angaben von Eurostat für 2012; Eurostat definiert frühe Schulabgänger als den „% der Bevölkerungzwischen 18 und 24 Jahren, die höchstens über einen Abschluss der Sekundarstufe I verfügen und nichtan weiterführenden Bildungsangeboten teilnehmen“.

154 Auf Portugiesisch Observatório do Quadro de Referência Estratégica Nacional (QREN).155 ICF internationale Forschung über Finnland.156 Vereinte Nationen, Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten/Bevölkerung (2013),

World Population Ageing 2013. ST/ESA/SER.A/348.

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Der langfristige Plan für Bildung und Entwicklung des Bildungssystems 2011–2015 in derTschechischen Republik schätzt, dass die aktuelle negative demografischeEntwicklung eine Optimierung des Netzwerks des berufsbildenden Sekundarunterrichtserfordert. Für eine solche Optimierung auf der Ebene der Regionen wurden zwei Regelnaufgestellt:

• nur Schulen mit Bildungsprogrammen unterstützen oder gründen, die den erwartetenBedürfnissen des Arbeitsmarktes entsprechen, auf Kosten weniger geeigneterProgramme;

• nur solche Bildungsprogramme einstellen, die hohen Arbeitslosenquotenentgegensehen.

4.2. Einführung neuer dualer SystemeWie bereits betont, haben die Länder, die mit sehr hoher Jugendarbeitslosigkeitkonfrontiert sind (EL, ES, IT, PT), eine neue Lehrlingsausbildung oder andere dualeSysteme eingeführt, da diese Systeme als ein Mittel zur Verbesserung derBeschäftigungsmöglichkeiten angesehen wurden. Neue Systeme wurden ebenfalls inLändern eingeführt, wo die Gesamtquote nicht zu den höchsten in Europa zählt, derAnstieg zwischen der Zeit vor und nach der Krise aber signifikant ist (z. B. DK)157.Tabelle A4.1 in Anhang 4 gewährt einen Überblick über die neuen Systeme, die in 12europäischen Ländern eingeführt wurden (CY, DK, EL, ES, FI, HU, IE, IT, LT, PT, SE, SI).

4.2.1. Stärken und Schwächen der neuen Systeme

Untersuchungen in den ausgewählten Ländern zeigen, dass die Einführung neuer dualerSysteme angesichts des Zusammenhangs solcher Systeme mit besserenBeschäftigungsergebnissen für Absolventen positiv wahrgenommen wird. Unter denReformen in verschiedenen Ländern lassen sich gemeinsame Stärken identifizieren158.

Stärkung der dualen Systeme, die im Land verfügbar sind: Dies istbesonders in Griechenland der Fall, wo die Berufsbildung hauptsächlich an derSchule stattfand und sich bis zur Reform nur ein kleiner Teil der Schüler für eineLehre entschied. In Portugal erweitern die neuen berufsbildenden (Pilot-) Kurseebenfalls die Möglichkeiten von potenziellen Berufsschülern.

Ausbildungslösungen für gefährdete Jugendliche bieten: Die neuenberufsbildenden (Pilot-) Kurse in Portugal sind speziell auf Jugendlicheausgerichtet, bei denen die Gefahr eines vorzeitigen Schulabbruchs besteht. DieKurse bieten dieser Gruppe von Schülern die Chance, innerhalb von zwei Jahren,in denen der Anteil an arbeitsbasiertem Lernen höher ist als in den anderenangebotenen Kursen, einen doppelten Abschluss159 zu erwerben. Sie erlaubensomit einen schnelleren Zugang zum Arbeitsmarkt, was für die Schüler einsignifikantes Motiv für die Teilnahme ist.

157 Die Jugendarbeitslosenquote in Dänemark stieg um fast 100 % von 7,3 % im Jahr 2007 auf 14,0 % imJahr 2012. Quelle: Eurostat. Internet:http://appsso.eurostat.ec.europa.eu/nui/submitViewTableAction.do;jsessionid=9ea7d07e30e474931a734a764c019260fc4f21a5efe4.e34OaN8Pc3mMc40Lc3aMaNyTb3qRe0 . Letzter Zugriff am 16.2.14.

158 Untersuchungen über Informationen über die Stärken, Schwächen und Herausforderungen bei derUmsetzung waren für die zehn ausgewählten Länder möglich und basieren auf nationalen Quellen undInterviews.

159 Alle Berufsbildungswege in Portugal führen zu einem doppelten Abschluss: zum („akademischen“)Schulabschluss und zum Berufsabschluss für den jeweiligen Beruf (z. B. Zimmerhandwerk).

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Zusammenarbeit mit den Sozialpartnern: Das Reformgesetz inGriechenland betont, dass alle wichtigen Sozialpartner am Entscheidungsprozessüber die Berufsbildung und an der Auswahl der Spezialisierungen, die von denregionalen Berufsbildungsausschüssen in jeder Region angeboten werden,beteiligt werden. Dadurch wird sichergestellt, dass das Berufsbildungsangebotden Bedürfnissen der nationalen und lokalen Wirtschaft entspricht, was wiederumzu einer stärkeren Verfügbarkeit von Ausbildungsplätzen führen kann.

Zusammenarbeit mit Arbeitgebern verstärken: Das neue dualeAusbildungsmodell 2+1, das in Finnland eingeführt wurde, wurde von denArbeitgebern sehr begrüßt. Das Modell bietet den Arbeitgebern Vorteile, da dieSchüler im dritten Ausbildungsjahr als Lehrlinge in die Unternehmen kommen,was bedeutet, dass sie weniger Aufsicht und Ausbildung benötigen.

Obschon die Reformen zur Einführung neuer dualer Systeme gut angenommen wurden,können Schwächen bezüglich ihrer Gestaltung, ihrer Integration mit bestehendenBerufsbildungswegen und anderen länderspezifischen Elementen identifiziert werden.Insbesondere könnten die Reformen gemäß den nationalen Quellen und Interviewshinsichtlich folgender Aspekte kritisiert werden:

Die Reformen sind nicht mutig genug: In Griechenland wird derAusbildungszyklus, der in der Oberstufe des berufsbildenden Unterrichtseingeführt wurde, optional sein. Es wird also noch immer Absolventen derberuflichen Bildung ohne jede praktische Erfahrung geben.

Die Reformen erzeugen mögliche Konflikte mit bestehenden Systemen:Absolventen der „berufsbildenden Kurse“ in der Sekundarstufe II in Portugalerwerben nach nur zwei Jahren eine Qualifikation, Schüler in den „beruflichenKursen“, die ebenfalls vom Bildungsministerium angeboten werden, dagegen nachdrei Jahren. Daher wurden die „berufsbildenden Kurse“ als „kostengünstigerWeg160“ bezeichnet, da ihre Umsetzung weniger Ressourcen als andereBildungswege erfordert. Diese neuen Kurse geben daher zu der Besorgnis Anlass,dass sie die Teilnahme an den „beruflichen Kursen“ negativ beeinflussen können.

Neue Wege oder frühe Differenzierung? Die „berufsbildenden Kurse“ inPortugal können auch die Gefahr bergen, als frühe Differenzierung zu fungieren.„Berufsbildende Kurse“ wurden erstmals in ISCED 1 und 2 für Schüler getestet,die nicht die Primar- oder die Sekundarstufe I abgeschlossen hatten. Die „neuenberufsbildenden Kurse161“ (ISCED 3) wurden eingeführt, um Absolventen vonentsprechenden unteren Kursen zu erlauben, innerhalb desselben Kurstypsweiterzumachen162. Absolventen von „berufsbildenden Kursen“ ISCED 1 und 2sind nicht verpflichtet, innerhalb desselben Kurstyps mit ISCED 3weiterzumachen; man könnte jedoch annehmen, dass die meisten Absolventendies bevorzugen werden, statt einen anderen Weg mit höherenLernanforderungen zu wählen.

160 Internet: http://www.anespo.pt/anespo-noticias-desc.php?id=163; Letzter Zugriff am 18.2.2014.161 Erstmals 2013/2014 getestet.162 Gemäß Interviews, die während der internationalen ICF-Studie über Portugal durchgeführt wurden.

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4.2.2. Herausforderungen für die Umsetzung

In Bezug auf die vollständige Umsetzung dieser Reformen können signifikanteHerausforderungen identifiziert werden.

Die Arbeitgeber verpflichten, Ausbildungsplätze anzubieten: Wie bereitsbetont, steigt die Nachfrage nach Ausbildungsplätzen in Unternehmen, wennmehr duale Systeme/Lehrstellen angeboten werden. Die Einbindung von KMUstellt eine größere Herausforderung dar; aufgrund ihrer geringen Größe benötigendiese Unternehmen zusätzliche Unterstützung, um Lehrlinge aufzunehmen undeine hochwertige Ausbildung zu bieten. In den Ländern ohne oder mit geringerTradition in der Lehrlingsausbildung können die Erwartungen der Arbeitgeber anLehrlingsausbildungssysteme falsch sein. Sie sind möglicherweise auch nurwiderstrebend bereit, sich mit den Verwaltungsverfahren und den Anforderungenin Bezug auf die Qualitätssicherung zu beschäftigen. Schließlich können dieArbeitgeber die Existenz dieser neuen Systeme und die potenziellen Vorteile, dieihnen dadurch geboten werden, einfach ignorieren.

Bekämpfung gestiegener Kosten und der geringen Verfügbarkeit vonFinanzmitteln: Die Umsetzung der Reformen erfordert die Bereitstellung sowohlfinanzieller als auch humaner Ressourcen. Zudem steigt mit der Zahl der dualenSysteme auch die Zahl der Schüler in berufsbildenden Schulen, wodurch ebenfallsdie staatliche Finanzierung und die Investitionen in Infrastruktur, Material undKursleiter, die notwendig sind, steigen.

Qualität sicherstellen: Wenn erst kürzlich mit der Umsetzung der Reformenbegonnen wurde und die Nachfrage nach zusätzlichen Ausbildungsplätzen zügigbefriedigt werden muss, kann es eine große Herausforderung darstellen, dieQualität der betrieblichen Ausbildung zu gewährleisten.

Länder, die neue Systeme, insbesondere die Lehrlingsausbildung, einführen, solltenSubstitutionseffekte in Betracht ziehen. Die Bedeutung, die der Lehrlingsausbildungbeigemessen wird, die Bereitstellung von Länder-/Peer-Learning-Abschnitten und diefinanzielle Unterstützung seitens der Europäischen Kommission erleichtern dieVerbesserung solcher Systeme und ihre landesweite Einführung. Dieses gestiegeneInteresse für die Lehrlingsausbildung sollte mit strengen Qualitätskontrollen verknüpftwerden: Lehrlinge könnten von einigen Unternehmern als billige Arbeitskräfte ausgenutztwerden, besonders in Ländern mit wenig Erfahrung in der Lehrlingsausbildung und hoherJugendarbeitslosigkeit. Diese Unternehmen könnten ungelernte Arbeitskräfte durchLehrlinge ersetzen. Dies wird vor allem in Ländern mit wenig Erfahrung in derLehrlingsausbildung negativen Wahrnehmungen seitens der Eltern/Schüler Geltungverschaffen und ihre Einführung behindern. Interessanterweise wurde sogar inDeutschland Substitution festgestellt (18,5 % der Arbeitgeber dürften betroffen sein)163.

4.3. Modernisierung bestehender SystemeIn elf Ländern (AT, DE, DK, EL, FI, FR, IT, NL, PT, PL, UK (ENG)) wurden Reformenangestoßen, die die Struktur, Lern- und Ausbildungselemente, die Verwaltung usw. ihrerbereits bestehenden Lehrlingsausbildung/dualen Systeme verändert haben. DieReformen berühren eine Vielzahl von Elementen und Herausforderungen an die

163 Mohrenweiser, J. und Backes-Gellner, U.: (2008), Apprenticeship Training – What for? Investment inHuman Capital or Substitution of Cheap Labour?

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nationalen dualen Systeme, wie etwa Schüler, die zunächst keinen Ausbildungsplatzgefunden haben (AT), den Rechtsrahmen (EL, IT) und die Zusammenarbeit zwischenBehörden (FR), das Finanzierungssystem (FI, UK [England], den Anteil desarbeitsbasierten Lernens (PT) usw. Tabelle A4.2 in Anhang 4 bietet einen Überblick überdie Reformen bestehender dualer Systeme.

4.3.1. Stärken und Schwächen der reformierten Systeme164

Nationale Experten und/oder Behörden betonen, dass die Reformen erhebliche Vorteileerwarten lassen, und beschreiben ihre Hauptstärken. Ein besser strukturierter Rechtsrahmen: In Griechenland legt die neue Reform

einen Rechtsrahmen für das bestehende Praktikum in Berufsbildungsinstituten (IEK)fest165. Den Experten zufolge war der fehlende solide Rechtsrahmen einer derGründe dafür, warum die Teilnahme an dem (freiwilligen) Praktikum gering war.

Neuer Impuls für die Verbindung zwischen Berufsbildung und Arbeitsmarkt:Das wichtigste Ziel von Berufsbildungssystemen besteht möglicherweise darin, eineAusbildung anzubieten, die für die Qualifikationen und Kompetenzen desArbeitsmarktes relevant ist. Reformmaßnahmen können die Bedeutung dieserVerbindung deutlicher machen und die entsprechende Debatte höher auf diepolitische Agenda rücken. In den Niederlanden berührt z. B. die Reform, diegerade entwickelt wird, verschiedene Elemente des Berufsbildungssystems, und eswird davon ausgegangen, dass die Verbindung zum Arbeitsmarkt im Sinne derlangfristigen Effizienz der Berufsbildung als Thema aufgegriffen wurde.

Die Reform, die im Vereinigten Königreich (England) durchgeführt wird, stärktebenfalls die Verbindung der Lehrlingsausbildung zum Arbeitsmarkt, da dieArbeitgeber eine zentralere Rolle in der Entscheidungsfindung, bei den Standardsund der Finanzierung spielen werden.

Die Qualität der angebotenen Ausbildung verbessern: In den Niederlandenwird die Stärkung allgemeiner Kompetenzen wie Mathematik, Niederländisch undEnglisch als besondere Stärke der Reform angesehen, da sie Schülern ermöglicht,allgemeine, übertragbare Fertigkeiten neben beruflichen Fertigkeiten zu entwickeln,und die Verbreitung des lebenslangen Lernens fördert.

Den Arbeitsmarkt besser über die Berufsbildungsergebnisse informieren:Die Einführung landesweiter Prüfungen in den allgemeinen Fächern derBerufsbildungswege (Mathematik, Englisch und Niederländisch) in denNiederlanden wird den Arbeitsmarkt voraussichtlich besser über den Kenntnisstandder Schüler informieren.

Es wurden jedoch Bedenken bezüglich einiger Elemente dieser Reformen geäußert. Effizienter, aber restriktiver? In den Niederlanden wird das

Finanzierungssystem geändert (siehe Abschnitt 6), um Schüler davon abzuhalten,das Fach/den Beruf zu wechseln oder aufgrund des internen Ablaufs innerhalb derBerufsbildungswege einen längeren Ausbildungsweg einzuschlagen. Expertenbetonen dass bbl-Schüler166, üblicherweise mit einer niedrigeren Qualifikationbegannen und anschließend wählen konnten, mit höheren Qualifikationenweiterzumachen. Nach Einführung der Reform werden die Schulen die Schüler auf

164 Informationen über Stärken, Schwächen und Herausforderungen bei der Umsetzung der reformiertenSysteme liegen für die zehn ausgewählten Länder vor.

165 ISCED 4, nicht formelle berufliche Erstausbildung in der Oberstufe.166 Dualer Bildungsweg.

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höhere Qualifikationen verteilen, die für die Schüler möglicherweise schwieriger zuerlangen sind. Daher könnte das neue „Kaskaden-Finanzierungsmodell“167 die bbl-Schüler in niedrigeren Qualifikationsniveaus festhalten.

Es wird behauptet, dass die mit der Reform eingeführten Veränderungen, die nur fürLehrlinge relevant sind, deren Arbeitgeber nicht dem polnischen Handwerksverbandangehören, die Bandbreite der erlernbaren Berufe einschränken würde.

Die Standards für die Lehrlingsausbildung werden von den Arbeitgebernfestgelegt: Gemäß der neuen Reform im Vereinigten Königreich (England) werdendie Arbeitgeber die Standards festlegen, die die Lehrlingsausbildung erfüllen sollte.Obwohl sich dadurch Vorteile ergeben können, wirft dies die Frage auf, ob die neuenStandards den kleinsten gemeinsamen Nenner erreichen werden, dem die amwenigsten anspruchsvollen Arbeitgeber zustimmen können. Solche Bedenkenwerden durch die Tatsache gestützt, dass die bisherigen, von der Regierungfestgelegten Standards168 für die Lehrlingsausbildung von einigen Arbeitgebern als zuanspruchsvoll und unflexibel angesehen wurden169.

4.3.2. Herausforderungen für die Umsetzung

Mehr Ausbildungsplätze finden: Die steigende Zahl der Ausbildungsplätze, die fürneue/verbesserte duale Systeme (z. B. in EL, PT) benötigt werden, wird als diegrößte Herausforderung angesehen170, besonders dort, wo finanzielle Zwängeherrschen und die Kultur/Tradition des Arbeitgeberengagements nicht vorhandenoder schwach entwickelt ist.

Beschränkte Ressourcen (finanzielle, humane Ressourcen): Dies wird ammeisten im Vereinigten Königreich (England) hervorgehoben: Derzeit werden diemeisten Lehrstellen von Schulungsanbietern getragen. Die Reform legt dieFinanzierung, die Gestaltung und die Festlegung der Standards in die Hände derArbeitgeber. Um die Betreuung der Lehrlingsausbildung weitestgehend auf dieArbeitgeber zu verlagern, benötigen der National Apprenticeship Service und dieRegierung nach Auffassung von Experten zusätzliche Ressourcen für die intensiveBetreuung des Ausbildungsprozesses, auch wegen der Kapazität beiderOrganisationen. Die Experten bezweifeln, ob beide Organisationen über die dafürbenötigten Kapazitäten verfügen171.

4.4. Entwicklung von Beratung

4.4.1. Verfügbarkeit von Beratung in den ausgewählten Ländern

Die Wahl des Berufsbildungsweges wird von zahlreichen Faktoren beeinflusst -sozioökonomischer Hintergrund, bisherige akademische Leistungen, persönlicheAnsprüche usw172. Die Verfügbarkeit von hochwertiger und zeitgerechter Information,Beratung und Anleitung ist ein wichtiger Faktor, der die Entscheidung der Lernenden füreinen Bildungsweg und ihre Teilnahme an Lehrlings-/dualen Ausbildungsprogrammenbeeinflusst. Der Eurobarometer-Studie (2011) zufolge ist die Mehrheit der Befragten inder EU (52 %) der Meinung, dass Jugendliche ausreichend Beratung von Schulen und

167 Mehr Informationen über die Reform des Finanzierungsmodells enthält Anhang 4.168 Specification of Apprenticeship Standards for England (SASE).169 Keep, E.: (2013), The Richard Review and refreshed thinking – promoting excellence?170 Nach Meinung von Experten in Griechenland und Portugal.171 Keep, E.: (2013), The Richard Review and refreshed thinking – promoting excellence?172 Siehe Abschnitt 5.

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Arbeitsvermittlungen bezüglich ihrer Lern- und Karrieremöglichkeiten erhalten. Dies wirdjedoch in einigen Ländern bestritten (FR, LT, LU und RO).

Was die Beratung anbelangt, so ist die Anmeldung für ein Berufsbildungsprogrammjedoch nicht immer eine positive Entscheidung. Viele Jugendliche werden nicht aufgrundeiner Entscheidung, sondern eher standardmäßig in bestimmte Programme gelenkt,obwohl Studien die negative Wirkung einer solchen defizitgesteuerten Orientierung173

gezeigt haben (z. B. Demotivation, frühzeitiger Schulabbruch). Im Gegensatz dazu wirdeine positive Entscheidung sowie Beratung während des Übergangs in die Berufsbildungmit besseren Abschlussquoten in Verbindung gebracht174.

Alle ausgewählten Länder haben Organisationen benannt, die für die Beratung derSchüler zuständig sind. Dabei handelt es sich überwiegend um allgemeinbildendeSchulen oder Berufsbildungsanbieter, in einigen Fällen aber auch um öffentlicheArbeitsverwaltungen/Arbeitsämter (z. B. DE, EL, IT) oder Kammern (z. B. DE, EL).Interessante Beispiele für das Beratungsangebot aus den ausgewählten Ländern findensich in Anhang 4.

Obwohl es formale Vereinbarungen gibt, ist es wichtig, dass die Beratung ausreichendeund aktuelle Informationen über Berufsbildungs-/duale Systeme einschließt. In diesemZusammenhang verwiesen nationale Experten in den ausgewählten Ländern darauf, dassdas Beratungsangebot verbessert werden könnte. Das Angebot ist möglicherweise nichtkoordiniert oder auf die individuellen Bedürfnisse von Jugendlichen zugeschnitten,besonders im Hinblick auf die systematische Information für Schüler über alleLaufbahnentscheidungen, die sich ihnen bieten. Schüler haben daher möglicherweisekein klares Bild von dem, was ein bestimmter Beruf mit sich bringt, und werdenweitgehend von Gleichaltrigen beeinflusst. Um Berufsbildungs-/duale Systeme zufördern, müssen Beratungsdienste hinsichtlich ihrer Koordinierung oder derausreichenden Zahl von Beratern möglicherweise verbessert werden. In anderenLändern (z. B. EL, IT, PT) sind Informations- und Laufbahnberatungsstellen fürJugendliche und ihre Familien über Berufsbildungs-/duale Systeme Berichten zufolgenicht überall verfügbar. Diese Lücke wurde erkannt und es wurdenVerbesserungsmaßnahmen durch einschlägige Reformen ergriffen.

4.4.2. Reformen, die auf die Bereitstellung und die Qualität der Beratungausgerichtet sind

Die Bereitstellung qualitativer Beratung und Berufsberatung für Schüler kann dieBerufsbildungswege für Schüler und Eltern attraktiver machen und negative Bilder undfalsche Vorstellungen über die berufliche Bildung umkehren.175 Wie in Abschnitt 3.4vermerkt, wurden in den meisten ausgewählten Ländern in der Beratung Lücken undBereiche, in denen Verbesserungen nötig sind, identifiziert; es überrascht daher nicht,dass dies in einigen Ländern als vordringliche Aufgabe der Reform erkannt wird. DieUntersuchungen in den ausgewählten Ländern haben gezeigt, dass Beratung einwichtiges Ziel der unterschiedlichen Arten von Berufs-/dualer Ausbildung ist. So wurdenin Deutschland (vollwertige Lehrlingsausbildung); Frankreich (gemischtes

173 Siehe zum Beispiel Alet. El. und Bonnal L. (2013), L’apprentissage : un impact positif sur la réussitescolaire des niveaux V.

174 Alet El. und Bonnal L. (2013), L’apprentissage : un impact positif sur la réussite scolaire des niveaux V.Siehe auch Bourdon J. (2012), Sécuriser les parcours des apprentis.

175 BUSINESSEUROPE (2012), How to improve the quality and image of apprenticeships.

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Berufsbildungssystem) und in der Tschechischen Republik (fast ausschließlich schulischesSystem) entsprechende Reformen durchgeführt.

Zu den strategischen Zielen des „Bildungspaktes“ aus dem Jahr 2010 in Deutschlandgehört die Sicherstellung der „Ausbildungsbereitschaft“ junger Menschen. Durch eineneue Initiative namens „Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss"176 wurde einganzheitlicher Ansatz umgesetzt, um den Übergang von der Schule in die Berufsbildungzu unterstützen. Die Initiative umfasst eine Analyse des Potenzials eines Schülers;berufliche Orientierungsmaßnahmen; sowie individuelle Beratung und Unterstützung. Umihr Potenzial zu analysieren, unterziehen sich die Schüler der 7. oder 8. Klasse derweiterführenden Schule einer Kompetenzanalyse, die ihre Stärken und Schwächenidentifiziert. Die Maßnahme wird hauptsächlich in der Hauptschule (der untersten Ebeneder weiterführenden Schule in Deutschland) und in einigen Zweigen der Sonderschulendurchgeführt. Die Länder können die Art des Tests, den sie durchführen wollen, selbstbestimmen und die konkrete Umsetzung entsprechend ihren Bedürfnissen gestalten.Schüler, bei denen die Gefahr des vorzeitigen Schulabbruchs besteht, werden individuellberaten und von sogenannten Berufseinstiegsbegleitern unterstützt. Während der letztendrei Jahre haben mehr als 200.000 Schüler an dem Test teilgenommen; rund 1000Berufseinstiegsbegleiter wurden ernannt.

In der Tschechischen Republik gehört die Motivierung von Schülern, Bereiche derberuflichen Ausbildung zu wählen, die den Bedürfnissen des Arbeitsmarktes entsprechen,zu den Bereichen, auf die die Reformmaßnahmen ausgerichtet sind. Um dies zuerreichen, sind eine Reihe von Aktionen zur Laufbahnberatung geplant, wie etwa177:

• die Methoden der Laufbahnberatung bis zum Jahr 2016 abschließen;

• den Themenbereich „Mensch und Arbeitswelt“ konsequent in der Primarbildungumsetzen. Diese Maßnahme wird seit 2013 durchgeführt und dauert an.

• eine separate Laufbahnberatung durch Erzieher und Psychologen fördern undgewährleisten und ihre Reichweite vergrößern. Dies ist eine laufende Maßnahme, ander alle Schulträger wie Regionen, Kommunen und andere beteiligt sind.

176 Auf dem Internet abrufbar unter (http://www.bmbf.de/de/14737.php?).177 Internet: http://www.msmt.cz/file/27137/.

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5. FAKTOREN, DIE DIE ENTWICKLUNG VON DUALENSYSTEMEN BEEINFLUSSEN

WICHTIGSTE ERKENNTNISSE

• Die Lehrlingsausbildung oder dualen Systeme werden durch dassozioökonomische Umfeld sowie durch den strukturellen Kontext, in dem sieagieren, geprägt.

• Die Vorstellung, die Schüler, Eltern, Lehrer und Arbeitgeber von derLehrlingsausbildung haben, prägen die Trends der Beteiligung an diesenSystemen. Während die Vorstellungen in einigen Ländern positiv sind, wird dieLehrlingsausbildung in anderen Ländern von denen, die in einem eherakademischen Bildungsweg scheitern, noch immer als Bildungsweg der zweitenChance angesehen. Der familiäre Hintergrund von Jugendlichen (erreichteQualifikation der Eltern), das Geschlecht sowie der geografische Standortbeeinflussen ihre Chancen, sich für eine Lehrlingsausbildung zu entscheiden.

• Wenn die Berufsbildung und insbesondere die Lehrlingsausbildung als Weg fürschlechte Schüler angesehen wird, könnten Arbeitgeber zögern, sich an dualenSystemen zu beteiligen und stattdessen den Absolventen dieser Systemehochwertige Arbeitsplätze anbieten.

• Im Kontext der rückläufigen demografischen Entwicklung konkurrierenLehrlingsausbildung und duale Ausbildungsprogramme um Schüler aus denallgemeinbildenden Schulen, den berufsbildenden Schulen, aber auch aus denHochschulen. Da nicht alle Lehrlingsausbildungssysteme Zugang zuHochschulbildung bieten, könnten diejenigen Jugendlichen, die eine längereAusbildung anstreben, abgeneigt sein, eine Lehrlingsausbildung zu beginnen.

• Der Wille und die Bereitschaft der Unternehmen, Lehrlinge oder Auszubildendeaus dualen Systemen einzustellen, ist für deren weitere Entwicklung vonentscheidender Bedeutung. Es wird geschätzt, dass mehr als die Hälfte allerUnternehmen in Deutschland Auszubildende aufnehmen. Obwohl solche Daten fürdie meisten anderen Ländern nicht vorliegen, dürfte der Anteil in den Ländern, indenen die Lehrlingsausbildung nicht der etablierte Berufsbildungsweg ist,wesentlich geringer sein.

• Die Tatsache, dass die Lehrlingsausbildung eng mit einigen Sektoren verknüpftwird, könnte für ihre weitere Entwicklung von Nachteil sein. In einigen Ländernherrscht die Ansicht vor, dass die Lehrlingsausbildung und duale Systemehauptsächlich für Industrie- und Handwerksberufe geeignet sind, die nicht zu denwichtigsten Wachstumsbranchen der heutigen Wirtschaftssysteme gehören.Während diese Sektoren tatsächlich eine starke Tradition der Lehrlingsausbildunghaben, gibt es sehr erfolgreiche Beispiele von Ländern, die eineLehrlingsausbildung im Dienstleistungssektor anbieten (einschließlich solcherBereiche wie Handel und Gewerbe). Lehrlingsausbildung und duale Systeme sindin einigen Ländern ebenfalls auf höherer Ebene erfolgreich entwickelt. Diesbedeutet, dass sie sich an verschiedene Bevölkerungsgruppen und auch anverschiedene Arten von Arbeitgebern wenden.

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• KMU sind eine wichtige Säule der Volkswirtschaften in der EU. Sie stellen einenwesentlichen Anteil des Arbeitsmarktes dar. Sie sind ebenfalls wichtige Pfeiler desLehrstellen- und Ausbildungsplatzangebots. Viele Handwerksbetriebe, dieAuszubildende aufnehmen, sind Kleinstunternehmen. Während diese sehr kleinenUnternehmen wichtige Anbieter von Ausbildungsplätzen sind, kann jedes vonihnen nur eine sehr geringe Zahl von Auszubildenden aufnehmen (in vielen Fällennur eine einzige Person). Dies bedeutet, dass Outreach-Maßnahmen zurEntwicklung eines Zusammenschlusses von Ausbildungsbetrieben, die eineerhebliche Anzahl von Jugendlichen in Ländern mit wenig Tradition in derLehrlingsausbildung aufnehmen könnten, in Betracht gezogen werden sollten.

• Die Qualität des Lernumfeldes in den Unternehmen, die Lehrlinge undAuszubildende aufnehmen, ist ebenfalls ein wichtiges Thema. Nicht alleUnternehmen können Bedingungen bieten, die zu einem effektiven Lernen undzur Entwicklung umfassender Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen führenwerden. Diejenigen, die für die Entwicklung von Lehrlingsausbildungs- und dualenSystemen zuständig sind, sollten versuchen, die „Champions“ in jedemprofessionellen Sektor zu erreichen, um die Messlatte für diese Systeme hochanzulegen.

• Trotz ihrer Unterschiede können die Länder, was die Verbesserung derBerufsbildungssysteme und die Einführung von dualen Systemen anbelangt,voneinander lernen. „Erfolgreiche Beispiele“ von Ländern wie Deutschland solltenjedoch eher als Blaupause genutzt und nicht in andere Länder mitunterschiedlichen Wirtschafts- und Arbeitsstrukturen, Bildungssystemen undkulturellen Werten importiert werden.

Das Bildungssystem eines Landes/einer Region wird durch miteinander verflochtenewirtschaftliche und soziale Faktoren sowie durch historische Entwicklungen beeinflusst.Die Berufsbildung in Europa wurde zunächst als Ergebnis der industriellen Revolutionentwickelt, die die Wirtschafts- und Arbeitsmarktstrukturen radikal umgestaltet hat.Ferner werden die Bildungssysteme (und damit auch die Berufsbildung),Arbeitsbeziehungen und die Berufe durch die Werte, Normen, Einstellungen,Überzeugungen und Ideale einer Gesellschaft geprägt178. In diesem Abschnitt werdeneinige dieser wichtigen Faktoren und die Frage erörtert, wie diese heutzutage dieLehrlingsausbildung und duale Systeme formen. Dabei werden die Rolle dergesellschaftlichen/individuellen Vorstellungen, der Einfluss des Schulwesens und derStruktur des Bildungswesens sowie die wirtschaftlichen und sozialen Merkmale einesjeden Landes auf den aktuellen Stand der Berufsbildung betont. Die Analyse liefert einigeErklärungen für das, was die Entwicklung von dualen Systemen in einem Land behindertund warum duale Systeme und insbesondere die Lehrlingsausbildung in anderen Länderngut entwickelt sind. Im Kontext der jüngsten Maßnahmen auf EU-Ebene, die eineZusammenarbeit der Länder im Bereich der Lehrlingsausbildung fördern, kann dasVerständnis von der Bedeutung dieser Einflussfaktoren auch hervorheben, wie die Ländervoneinander lernen können und in welchem Umfang „ausländische“Berufsbildungssysteme in ein Land eingeführt werden können.

178 Greinert W. D. in Cedefop (2002), European vocational training systems: the theoretical context ofhistorical development.

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5.1. Faktoren des einzelnen Lernenden und der Einfluss vonFamilie und Gleichaltrigen

Die Gründe für die Entscheidung eines Lernenden für eine Berufsausbildung undinsbesondere für eine duale Ausbildung (wie etwa das Profil des Jugendlichen, seineVorstellungen, Überzeugungen und Karriereziele) können den politischenEntscheidungsträgern nützliche Hinweise auf die Schülergruppen liefern, dieangesprochen/für die Berufsbildung gewonnen werden müssen. Die wichtigsten, hierbehandelten Gründe sind: das Profil und das Geschlecht des Schülers; die künftigeBeschäftigungsfähigkeit der Absolventen eines Systems; und Einflüsse der Familie. DieAttraktivität der Systeme spielt ebenfalls eine wichtige Rolle bei der Auswahl einesBildungsprogramms. Die Analyse betont, dass Attraktivität ein faktorübergreifendesElement ist, d. h. es ist für alle erwähnten Faktoren relevant und kann durch diesebeeinflusst werden.

Bei den Untersuchungen in den ausgewählten Ländern wurden einige Muster bezüglichdes Profils des durchschnittlichen berufsbildenden Schülers identifiziert, d. h. werentscheidet sich für ein duales System und warum. Während die Lehrlingsausbildung ineinigen Ländern (z. B. DE, NL) für Schüler mit guten Leistungen attraktiv ist, habenSchüler der beruflichen Bildung/Auszubildende in anderen Ländern (z. B. EL179, FR180,UK181) schlechte Leistungen und/oder einen schwierigen sozioökonomischen Hintergrund.In diesen Ländern gilt die Berufsbildung als „zweite Wahl“ und ist für Schüler wenigerattraktiv als die Allgemeinbildung.

Theoretisch kann ein Teufelskreis oder ein „Tugendkreis“ entwickelt werden: wennBerufsbildungs-/duale Systeme als Bildungsweg der „zweiten Wahl“ angesehen werden,werden sie nicht von Schülern mit guten Leistungen gewählt; dies kann das Niveau derLernergebnisse, das die Lernenden bei Abschluss der Ausbildung erreichen, und somitdie Qualität der Absolventen beeinflussen. Wenn Arbeitgeber eine negative Vorstellungvon der Qualität und dem Niveau der Absolventen dieser Systeme haben, werden siezögern, Absolventen Arbeitsplätze mit guten Aufstiegschancen und hohem Einkommenanzubieten. Folglich werden Absolventen anderer Bildungswege wahrscheinlich bessereBeschäftigungsergebnisse erzielen, was wiederum Schüler (und überwiegend solche mitguten Leistungen) und Eltern von Berufsbildungs-/dualen Systemen abhalten wird.

Dies unterstreicht, wie wichtig es ist, die Qualität und das Image der Lehrlingsausbildungzu verbessern und diese zu einer attraktiven Option für Jugendliche zu machen,besonders in Ländern mit negativen Vorstellungen182. Bezüglich der Notwendigkeit, dasImage der Berufsbildung zu verbessern, haben einige Länder Maßnahmen ergriffen undbeispielsweise Berufsmeisterschaften oder Werbekampagnen eingeführt, um das Profilder Lehrlingsausbildung/von dualen Systemen weiter zu schärfen (z. B. in FI, PT, UK[England]183).

179 Ioannidou A. und Stavrou St. (2013), Prospects for reform of vocational education in Greece (in EL).180 Alet, E. und Bonnal, L.: (2013), L’apprentissage: un impact positif sur la réussite scolaire des niveaux V.

In Frankreich werden Berufsbildung und Lehrlingsausbildung von Jugendlichen und ihren Eltern alsweniger prestigeträchtige Option angesehen (siehe Lauer C. (2002), Family Background, Cohort andEducation A French-German Comparison).

181 Unwin et al. (2004), What Determines The Impact Of Vocational Qualifications? A Literature Review.182 Business Europe (2012).183 Für Finnland siehe im Internet: http://www.skillsfinland.fi; Für Portugal nach Angaben der Befragten; Für

das Vereinigte Königreich (England) siehe im Internet:http://www.apprenticeships.org.uk/ambassadorsnetwork.aspx und als Beispiel die LondonerLehrlingsausbildungskampagne, Internet: https://www.london.gov.uk/priorities/business-economy/for-business/recruitment/apprenticeships undhttp://www.london.gov.uk/moderngov/documents/s28571/London%20Apprenticeships%20Campaign.pdf.

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Das Geschlecht zählt ebenfalls zu den Einflussfaktoren. Die Mehrzahl der männlichenSchüler folgt einem dualen System und Geschlechterpräferenzen für spezifischeAusbildungsstellen werden in den meisten ausgewählten Ländern184 beobachtet:männliche Schüler bevorzugen eher „traditionellere“ und technische Ausbildungsstellenwie in der Fertigung und im Maschinenbau, während sich mehr weibliche Schüler für eineAusbildungsstelle im Dienstleistungssektor, z. B. im Friseurgewerbe, entscheiden.

Untersuchungen im Vereinigten Königreich haben gezeigt, dass die Motive vonJugendlichen bei der Entscheidung für eine Lehrlingsausbildung den Wunsch, künftigeberufliche Pläne zu verwirklichen und die Beschäftigungsfähigkeit zu erhöhen;Qualifikationen zu erwerben, um Fähigkeiten, Erfahrung und Wissen zu erlangen; Freudeund Interesse; und den Wunsch, die Anforderungen des Arbeitgebers zu erfüllen,einschließen185. Es wurde daher in einigen Ländern festgestellt, dass JugendlicheQualifikationen anstreben (und daher die Bildungswege, die zu diesen Qualifikationenführen), die Arbeitgeber beeindrucken und den Zugang zum Beschäftigungssektorfördern186. Cedefob (2014) fand heraus, dass die Beschäftigungsaussichten der Systemesignifikant mit dem globalen Attraktivitätsniveau und dem relativenWertschätzungsindikator (d. h. wie die berufliche Erstausbildung mit derAllgemeinbildung verglichen wird) korrelieren, was diese Feststellung unterstützt.187.

Aus der Eurobarometer-Studie188 geht übrigens hervor, dass in einigen Mitgliedstaatenbis zu drei Viertel der Bevölkerung die berufliche Bildung für einen Weg zu einem gutbezahlten Job halten, während in anderen Ländern nur ein Drittel dieser Meinung ist.Allgemein glaubte jedoch die Mehrheit der Befragten in der EU (55%), dass eineBerufsausbildung zu gut bezahlten Arbeitsplätzen führt189. Interessanterweise war dieZustimmung zu dieser Aussage umso höher, je niedriger das Schulabschlussniveau derBefragten war und je höher die Befragten sich selbst auf der sozialen Leiter einordneten;es sind also diejenigen, die die Schule mit 15 Jahren oder jünger verlassen haben unddiejenigen, die sich selbst hoch auf der sozialen Leiter einordnen, die sehr positiveAnsichten über die Rentabilität von Berufsausbildungsplätzen haben.

Außerdem kann die Entscheidung der Schüler von Folgendem beeinflusst werden:

Eltern/Familie: Studien in verschiedenen Ländern haben einen andauernden Trendgezeigt, dass der Bildungsabschluss von Jugendlichen umso höher ist, je höher derBildungsabschluss der Eltern ist190. In Frankreich wurde festgestellt, dass dasBildungsniveau der Eltern sich negativ auf die Wahrscheinlichkeit, eineLehrlingsausbildung zu beginnen, auswirkt191. Der Einfluss von anderen Personen wie

184 In Frankreich (Alet E. and Bonnal L. (2013), L’apprentissage: un impact positif sur la réussite scolaire desniveaux V); in Griechenland (gemäß Experteninterviews); in Portugal (siehe Direção-Geral de Estatísticasda Educação e Ciência, Estatísticas da educação 2011/2012. Tabelle 2.0.1.); in der TschechischenRepublik (siehe die Daten des Tschechischen Statistikamtes, Internet:http://www.czso.cz/csu/2011edicniplan.nsf/kapitola/1413-11-r_2011-13); in Deutschland besteht einleichtes Ungleichgewicht zugunsten männlicher Auszubildender (siehe Bundesministerium für Bildung undForschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013); in Italien (siehe Isfol (2012a)); im VereinigtenKönigreich (England) (siehe Newton et al. (2012), Good practice evaluation of the diversity inApprenticeship pilots).

185 Gambin, L. (2013), Review of Apprenticeship research – final report, an updated review.186 Millar L. et al. (2001), Factors influencing the choice of Initial Qualifications and Continuing Development

in Australia and Britain for individuals in Britain and Australia.187 Cedefop (2014c). Cedefob diskutiert und prüft Faktoren, die die Attraktivität der beruflichen

Erstausbildung insgesamt beeinflussen, und konstruiert einen Wertschätzungsindikator.188 Europäische Kommission (2011), Eurobarometer Special Report 369 Attitudes towards vocational

education and training.189 In Frankreich (34 %) und in der Slowakei (36 %) ist der Anteil der positiven Antworten am niedrigsten.190 Lauer, C.: (2002), Family Background, Cohort and Education A French-German Comparison.191 Alet, E. und Bonnal, L.: (2013), L’apprentissage: un impact positif sur la réussite scolaire des niveaux V.

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Familienmitgliedern, Freunden und Lehrern auf die Vorstellungen undEntscheidungen von Schülern hat sich als signifikant erwiesen.192 Die Ergebnisse derEurobarometer-Studie (2011) zeigen zudem, dass die Eltern oder ein anderesFamilienmitglied die häufigsten Beratungsquellen sind. Interessanterweise zeigen dieErgebnisse eine Präferenz von Eltern/Familienmitgliedern, dem Jugendlichen eineBerufsausbildung193 zu empfehlen (22%), während 19 % der Eltern dem Jugendlicheneine allgemeine Sekundar- oder Hochschulbildung empfehlen194. Cedefob (2014)195

betont außerdem die Bedeutung von Personen aus der Arbeitswelt und des Internets/dersozialen Medien als Informationsquellen für Schüler, die ihre Vorstellungen prägen undihre Bildungsentscheidungen beeinflussen.

Vorstellungen von Berufsbildungs-/dualen Systemen: Es verwundert nicht, dass inLändern, wo die Vorstellungen von der Qualität der beruflichen Bildung positiv sind, auchdas Image der Berufsbildung positiv ist. Die Mitgliedstaaten, in denenBerufsbildungswege eine weniger populäre Wahl von Schülern sind, sind typischerweisesolche Länder, in denen die berufliche Bildung kein hohes Ansehen in der breitenBevölkerung, einschließlich junger Menschen und ihrer Eltern, genießt196.

5.2. Schulniveau und Faktoren des BildungssystemsBerufsausbildungs-/duale Systeme sind Teil des umfassenden Bildungssystems einesLandes/einer Region und ihre Entwicklung wird daher durch das Bildungssystembeeinflusst. Zudem können Elemente wie die Entscheidung von Schülern für solcheSysteme und die wahrgenommene Qualität der angebotenen Ausbildung erheblich vonder Schule/dem Ausbildungsanbieter beeinflusst werden.

Die Rolle von Lehrern, Berufsberatern und Schulen/AusbildungsanbieternWas die Schulen/Ausbildungsanbieter anbelangt, so können die Reputation derBerufsschulen, die wahrgenommene Qualität der hier angebotenen Ausbildung sowie dieQualität des Lehrpersonals zu den Einflussfaktoren gehören: je nach Typ des dualenSystems verbringen die Schüler mindestens einen kleinen Teil ihrer Lehrzeit in denSchulen, wo sie von Berufsschullehrern ausgebildet werden. Die Qualität eines dualenSystems und seine wahrgenommene Qualität können durch Folgendes beeinflusstwerden: das Wissen und die Unterrichtsfähigkeiten der Lehrer; wie gut informiert diesesind; ihre Fähigkeit, benachteiligte Schüler zu unterstützen; ihre aktive Rolle in derUnterstützung von Jugendlichen bei Fragen, die sich beim arbeitsbasierten Lernenergeben usw.

Wie bereits erwähnt, haben Lehrer erheblichen Einfluss auf die Entscheidung vonSchülern. Daher spielen Lehrer in niedrigen Bildungsstufen sowie Schullaufbahnberaterebenfalls eine wichtige Rolle bei der Entscheidung von Schülern für duale Systeme. Wiedie OECD (2011)197 und die Länderuntersuchungen gezeigt haben, verfügen zahlreicheBeratungsanbieter – ob es sich dabei um Lehrer oder um Berater handelt – über eineingeschränktes Wissen über die „Arbeitswelt“ und duale Ausbildungswege, einschließlich

192 Cedefop (2014c).193 Die Frage war formuliert als „QA5.1 Did any of the following people advise you to choose a specific

educational path? Your parents or someone from your family“. (Hat eine der nachfolgend aufgeführtenPersonen Ihnen geraten, einen bestimmten Bildungsweg einzuschlagen? Ihre Eltern oder einFamilienmitglied.)

194 Die Zahlen beziehen sich auf die EU-27.195 Cedefop (2014c).196 Europäische Kommission – GD Beschäftigung, 2012c.197 OECD (2011b).

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der Lehrlingsausbildung, was ihre Fähigkeit, angemessen und unparteiisch zu beraten,beeinträchtigt. Dies ist beispielsweise in Polen anerkannt, wo eine großeHerausforderung darin besteht, dafür Sorge zu tragen, dass Lehrer/Berater mehrKontakt mit der „Arbeitswelt“ haben, damit sie unparteiisch beraten undWahrnehmungen von der beruflichen Bildung als weniger ehrgeiziger Lösung fürJugendliche entgegenwirken können. Ferner gaben im Vereinigten Königreich198 nur15 % der berufstätigen Eltern199 an, dass die Lehrer ihnen oder ihren KindernInformationen über Alternativen zu einer universitären Ausbildung gaben. Sehr viel mehr(43 %) gaben an, solche Informationen nicht von den Lehrern erhalten zu haben200. DerMangel an von den Lehrern angebotenen Informationen über Alternativen zumakademischen Studium könnte zu der Unsicherheit über den Wert derLehrlingsausbildung/von dualen Programmen beitragen. Selbst aus Ländern, woarbeitsbasiertes Lernen stark in die berufliche Bildung eingebettet ist, wie in Finnland,wird berichtet201, dass die Lehrlingsausbildung von Beratern in den Schulen derSekundarstufe I nicht in der gleichen Weise gefördert wird, da sie mit diesemAusbildungstyp möglicherweise nicht so vertraut sind wie mit anderen Formen, wodurchsie ebenfalls zu der geringen Nachfrage nach Lehrstellen unter jungen Leuten beitragen.

Die Qualität der Lehrer ist ebenfalls für die Attraktivität der beruflichen Bildung alsKarriereziel für Lehrer wichtig: wählen leistungsstarke Lehrer die berufliche oder dieallgemeine Bildung? Und wie werden sie ausgebildet? Die qualifiziertestenBerufsschullehrer werden es aufgrund der besseren Beschäftigungsbedingungen und derhöheren Bezahlung möglicherweise vorziehen, eine ihr Tätigkeitsfeld betreffendeBeschäftigung im Handel/in der Industrie und im sozialen Sektor zu suchen und nicht imBildungswesen. Es ist daher wichtig, die besten Lehrer in der beruflichen Bildungeinzustellen und dafür den Beruf attraktiver zu machen202. Die Attraktivität derLehrtätigkeit in der beruflichen Bildung kann durch die Wahrnehmung vom Status desBerufsschullehrers beeinflusst werden; Höhe der Vergütung; Arbeitsbedingungen;mögliche Unterschiede bei Löhnen/Vorsorgeleistungen, Status der beruflichen undallgemeinen Bildung der Absolventen usw.

Die Rolle des gesamten Bildungssystems

Das Bildungssystem kann die Entwicklung von dualen Systemen in zweifacher Hinsichtbeeinflussen: in Bezug auf die Struktur von dualen Systemen und wie die beruflicheBildung insgesamt und besonders duale Systeme im Vergleich zur Allgemeinbildung oderanderen beruflichen Bildungswegen aufgestellt sind.

In einigen Ländern wurde die Entwicklung der beruflichen Bildung eher vernachlässigtund erhielt im Vergleich zu anderen Teilen des Bildungssystems relativ wenigAufmerksamkeit, wodurch ihr häufig ein niedrigerer Status zuerkannt wurde203. Dieskönnte zu einer Verschlechterung der Qualität der angebotenen Programme führen undJugendliche in Arbeitsplätze mit geringen Qualifikationsanforderungen lenken, die kaumEntwicklungs- oder Weiterbildungsmöglichkeiten bieten, und gleichzeitig den Status derberuflichen Bildung in der öffentlichen Wahrnehmung beschädigen. In Ländern, in denendie Lehrlingsausbildung ein zentrales Merkmal des Bildungssystems ist, sind das Image

198 Die Untersuchung wurde von CIPD (2013) durchgeführt, Employee outlook: Focus on Apprenticeshipscited in Gambin L. (2013), Review of Apprenticeship Research.

199 Mit Kindern unter 18 Jahren und jünger.200 Gambin, L. (2013), Review of Apprenticeship Research.201 Nach Angaben der Befragten, während einer internationalen ICF-Studie über Finnland.202 ETUCE (2012), Policy Paper on Vocational Education and Training in Europe.203 OECD (2011b).

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und die Beschäftigungsaussichten sehr viel besser (z. B. AT, DE, CH). Die Bedeutung, dieder beruflichen Erstausbildung/den dualen Systemen innerhalb des Bildungssystemszukommt, könnte anhand der staatlichen Mittel ermittelt werden, die in dieverschiedenen Bildungswege investiert werden. Diese beeinflussen zwangsläufig dieQualität des schulischen Teils der dualen Ausbildung und wirken sich insgesamtsignifikant auf die berufliche Erstausbildung aus204.

Auch der Zugang zu Hochschulbildung könnte die Attraktivität der Systeme beeinflussen:Schüler, die ihr Studium fortsetzen wollen, könnten sich gegen Systeme entscheiden, diekeinen Zugang zu Hochschulbildung bieten.

Zur Untermauerung dieses Arguments wird berichtet, dass in Portugal die Tatsache,dass berufsbildende duale Systeme Aufstiegsmöglichkeiten zu höherer Bildung alsAllgemeinbildung bieten, als positiver Faktor im Zusammenhang mit der Wahrnehmungder beruflichen Bildung identifiziert wird205. Tatsächlich werden die neuen„berufsbildenden Kurse“ in Zusammenarbeit mit dem polytechnischen System(Hochschulbildung, die auf die berufliche Bildung und technische Fortbildung fokussiert)entwickelt, um den reibungslosen Übergang der Schüler in die Hochschulbildung zufördern.

Entwicklungen in anderen Bildungswegen/der Allgemeinbildung können auchAuswirkungen haben: so könnte z. B. die Erhöhung der Studiengebühren imVereinigten Königreich die Präferenzen von Eltern beeinflusst haben, die es ihrerseitsvorziehen würden, dass ihr Kind eine Lehre macht statt zur Universität zu gehen206.

Es ist zu erwarten, dass (nationale oder regionale) Strategien und Ziele im Bereichder Bildungspolitik die Art und Weise beeinflussen können, wie Berufsausbildungs-/duale Systeme entwickelt werden. Zum Beispiel:

Ziele, die die Teilnahme an Hochschulbildung fördern: Wenn die Erhöhung derTeilnahme an Hochschulbildung zu den nationalen Bildungszielen gehört, werdenBerufsausbildungssysteme, die nicht zu Hochschulbildung führen, möglicherweisenegativ beeinflusst (z. B. EL).

Maßnahmen zur Förderung der Teilnahme, besonders von benachteiligtenGruppen: Eine wichtige Überlegung in diesem Zusammenhang sind die Strategienund Praktiken, die es Mitgliedstaaten ermöglichen, gegen inhärente Ungleichheitenvorzugehen, die mit bestimmten Merkmalen des Bildungssystems assoziiert werden.Eine weitere Überlegung betrifft das Ausmaß, in dem Mitgliedstaaten Ansätzeimplementieren, welche Jugendliche in Form von Zuschüssen, Darlehen oder Beihilfenzur Deckung von Reise- und Unterhaltskosten oder als Anreiz für die Teilnahme anBerufsausbildungs- und insbesondere an dualen Systemen unterstützen. Besonders inLändern, in denen die berufliche Bildung überwiegend Schüler aus niedrigeren sozio-ökonomischen Gesellschaftsschichten anlockt, kann die Attraktivität der Systemedurch system- und schulbasierte Maßnahmen gefördert werden, die daraufausgerichtet sind, mögliche Leistungslücken von Schülern zu schließen; z. B.Maßnahmen, in sich auf die Eltern konzentrieren, um diese zu unterstützen und in dasLernen ihrer Kinder einzubinden207.

204 Cedefop (2014c).205 Wie in Interviews während der internationalen ICF-Studie über Portugal erwähnt.206 Gambin, L. (2013), Review of Apprenticeship research – final report, an updated review.207 Goodman, A. und Gregg, P.: (2010), Poorer children’s educational attainment: how important are

attitudes and behaviour.

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Bildungsmaßnahmen, mit denen die Einbindung von Arbeitnehmern in dualeSysteme gefördert wird sowie deren Qualität und damit auch deren Attraktivitätgesteigert werden. Solche Maßnahmen können die Zusammenarbeit zwischenSchulen/Anbietern und dem Arbeitsmarkt oder die Dauer der Lehrlingsausbildung aufder Grundlage der Anforderungen der Arbeitgeber beeinflussen.

In Frankreich haben laut einer im Juni 2011208 durchgeführten Umfrage unter 1500Arbeitgebern von Auszubildenden 25 % der Arbeitgeber ihre mangelnde Bereitschaft,Auszubildende für mehr als drei Jahre einzustellen, zum Ausdruck gebracht. Die Reformder Berufsschulabschlüsse der Sekundarstufe II hat daher zur Einführung einerdreijährigen Bac pro-Qualifikation (Niveau V) geführt.

Auch Struktur und Merkmale von betrieblichen/dualen Ausbildungsmodellenkönnen eine Rolle spielen: beispielsweise könnte bei den Schülern und ElternZurückhaltung gegenüber einer betrieblichen Ausbildung bestehen, wenn sie selbst eineStelle in einem Ausbildungsbetrieb finden müssen und dies als schwierig erachten. Wiebereits ausgeführt, liegen in Fällen, in denen keine Ausbildungsstelle sichergestellt ist,die Abbrecherquoten höher und verzichten die Lernenden eher auf Eigeninitiative.

Auch die Bandbreite der von betrieblichen/dualen Ausbildungsmodellenangebotenen Berufe und Berufsaussichten ist von Bedeutung. In Ländern (wie z. B.DE, CH, NL, FR), in denen betriebliche Ausbildungen auch in dafür weniger traditionellenBranchen angeboten werden (abseits der üblichen handwerklichen oder industriellenBerufe), ist zu erwarten, dass ein breiterer Kreis an Jugendlichen erreicht wird.Beispielsweise kann durch die Bereitstellung betrieblicher Ausbildungen auf höheremBildungs- und Ausbildungsniveau die Wahrnehmung dieser Art von Programmen positivbeeinflusst werden. Auf diese Weise können zudem auch Jugendliche mit anderenProfilen, insbesondere mit einem solideren akademischen Hintergrund, angesprochenwerden.

Die Bereitstellung von Information, Beratung und OrientierungEine hochwertige, auf Arbeitsmarktinformationen gestützte Berufswegeorientierung wirdnachweislich nicht allen Auszubildenden geboten209. Steht ein solchesOrientierungsangebot nicht zur Verfügung, greifen die Lernenden auf informelle Quellenwie Familie und Freunde zurück, die unter Umständen nicht zuverlässig sind und diesoziale Benachteiligung verstärken210. Eine angemessene Information, Beratung undOrientierung (IAG – Information, Advice and Guidance) sollte den Jugendlichen Klarheitdarüber verschaffen, welche Bandbreite an Möglichkeiten – einschließlich betrieblicherAusbildungen – ihnen zur Verfügung steht und welche Chancen mit den jeweiligenOptionen verbunden sind. So ergab eine in Frankreich durchgeführte regionaleBefragung von 434 Leitern unterer Sekundarschulen, dass nur 51 % der Befragten ihreSchüler zu betrieblichen Ausbildungen beraten hatten. Diese Beratung erfolgte außerdemzumeist auf Anfrage der Schüler selbst oder in Fällen, in denen Lehrkräfte es beieinzelnen Schülern als notwendig erachteten, ihnen eine betriebliche Ausbildungnahezulegen. In der gleichen Befragung gaben die Lehrkräfte an, keine ausreichenden

208 Eurochambers ist der Verband der europäischen Industrie- und Handelskammern. Survey supported bythe Ministry of economy, finances and industry. Internet:http://www.cci.fr/c/document_library/get_file?uuid=06da117d-5cdf-4f4c-853e-504fcffd18fb&groupId=10958

209 OECD (2011b).210 Musset P. und Field S. (2013), A Skills beyond School Review of England, OECD Reviews of

Berufliche Aus- und Weiterbildung and OECD (2010a).

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Kenntnisse über die Arbeitswelt oder Ausbildungswege zu haben.211 Das bedeutet, dasses entsprechende Maßnahmen geben muss, um sicherzustellen, dassLehrkräfte/Berater über Ausbildungsgänge/alternative Programme informiert sind.Fernerhin bedeutet dies, dass es Informationswebseiten für Schüler und Programmegeben muss. Einige Länder (CZ212, EL213, NL214, UK (England)215) tragen der Bedeutungvon IAG durch entsprechende Initiativen an Schulen Rechnung.

5.3. Weiter gefasste sozioökonomische Faktoren mit Einfluss aufdie Entwicklung der Berufsbildungsmodelle/dualenAusbildungsmodelle

Die Wirtschaft nimmt auf unterschiedliche Weise allgemeinen Einfluss auf dieEntwicklung der Bildungssysteme:

Wichtige wirtschaftliche Entwicklungen verändern die Bedeutung vonSektoren und führen zum Aufkommen neuer Branchen216.

Auch durch Schwerpunktverschiebungen in der Wirtschaft werden dieangebotenen und nachgefragten Bildungs- und Ausbildungsformen beeinflusst:in Griechenland beispielsweise hat sich die Schwerpunktverschiebung vomLandwirtschafts- zum Dienstleistungssektor erheblich auf die Attraktivitätbestimmter Berufsbildungsbereiche ausgewirkt. Infolgedessen stieg dasInteresse an Dienstleistungen und geistigen Tätigkeiten, während die Nachfragenach Fachkräften in Landwirtschaft und Technik abnahm. Von denBildungsbehörden wurde diese Entwicklung durch den Aufbau zahlreicherHochschulen unterstützt.

Die Hauptwirtschaftsbereiche im Hinblick auf Beschäftigungspotenzialund/oder größere Anteile am BIP sind von besonderem Interesse fürEntscheidungsträger und Lernende: daher wird im Bildungs-/Ausbildungsbereichsowohl nachfrage- als auch angebotsseitig das Ziel verfolgt, dieBeschäftigungsbedürfnisse dieser Branchen zu erfüllen.

5.3.1. Hauptwirtschaftsbereiche im Hinblick auf Beschäftigung

Diejenigen Wirtschaftssektoren, die eine Volkswirtschaft antreiben, tragen üblicherweiseauch besonders stark zu Beschäftigung und Wertschöpfung bei217. Daher ist zu erwarten,dass diese Sektoren auch einen großen Teil der Stellen für praktische Ausbildungsteileund/oder betriebliche Ausbildungen anbieten, um dort ihre künftigen Arbeitskräfte zu

211 Benhaïm-Grosse J. (2008), Les pratiques d’éducation à l’orientation des professeurs de troisième inMinistère de l’Éducation nationale (2008), Éducation & formations n° 77, L’orientation.(http://cache.media.education.gouv.fr/file/revue_77/07/2/E&F77_Orientation_43072.pdf).

212 Projekt „VIP Kariera II“, Internet: http://www.nuv.cz/projekty/karierove-poradenstvi/o-projektu.213 Hauptsächlich umgesetzt durch die griechische Organisation für die Zertifizierung von Abschlüssen und

Berufsorientierung (EOPPEP). Internet: http://www.eoppep.gr.214 Im Rahmen des Programms „Aanval op de Uitval“, Internet: http://www.aanvalopschooluitval.nl/.215 As described in the HM Government’s Inspiration Vision Statement (2013). Internet:

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/238841/bis-13-1176-inspiration-vision-statement-R2.pdf.

216 „European vocational training systems: the theoretical context of historical development’by Wolf-DietrichGreinert in Cedefop (2002), Towards a history of vocational education and training (VET) in Europe in acomparative perspective.

217 Gemäß Definition von Eurostat.(Internet: http://epp.eurostat.ec.europa.eu/statistics_explained/index.php/Glossary:Value_added/de;letzter Zugriff am 3.6.2014).

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schulen. Entsprechend werden üblicherweise auch die Ausbildungsmodelle in diesenBranchen entwickelt. Die Experten der ausgewählten Länder sind sich einig, dass dieStruktur der Wirtschaft im Hinblick auf Schlüsselsektoren großen Einfluss auf das (Aus-)Bildungsangebot und das Interesse der Jugendlichen an den Angeboten hat. Dadurchkann ein positiver Kreislauf in Gang gesetzt werden. Branchen, die junge Menschenausbilden müssen, sind sehr wahrscheinlich auch an der Entwicklung betrieblicher/dualerAusbildungsmöglichkeiten interessiert. In diesem Fall können sich die Schüler fürsektorrelevante Berufe entscheiden, mit denen sie nach Ausbildungsabschluss schnelleinen Arbeitsplatz finden. Die Voraussetzung hierfür ist jedoch, dass betrieblicheAusbildungen in diesen Branchen als hinreichend vorteilhaft angesehen werden. Da dieseForm der Berufsbildung jedoch hauptsächlich als ein für Handwerk und Industriegeeignetes Lernmodell gilt, müssen insbesondere dann, wenn die wachstumsstarkenUnternehmen im Dienstleistungssektor angesiedelt sind, dessen Arbeitgeber zunächstüberzeugt werden, dass auch ihre Bedürfnisse damit erfüllt werden können.

In der Mehrheit der ausgewählten zehn Länder bieten die Sektoren mit den meistenArbeitsplätzen auch die meisten Lehrstellen an (siehe Tabelle A5.1 in Anhang 5 für dieSchlüsselsektoren im Hinblick auf Beschäftigung und die Sektoren mit den meistenAusbildungsplätzen für betriebliche/duale Ausbildungen in den zehn ausgewähltenLändern). Aus politischer Sicht kann dies die Entscheidungsfindung bei der Fragebeeinflussen, für welche Sektoren finanzielle Anreize geschaffen werden und auf welcheBranchen die Entwicklung dualer Ausbildungsprogramme fokussiert wird. Groß- undEinzelhandel, Fertigungs- und Bauindustrie sind in der Mehrzahl der Länderbeschäftigungsbezogen die führenden Branchen und bieten demzufolge den größtenAnteil an Ausbildungsplätzen an.

Der Zusammenhang zwischen Hauptwirtschaftsbereichen undAusbildungsplatzangebot kann aber auch Herausforderungen mit sich bringen: beiÄnderungen der wirtschaftlichen Schwerpunkte und/oder unvorhersehbaren, plötzlichenEreignissen in Wirtschaft und Politik (wie die Krise im Jahr 2008) ist davon auch dieWirtschaftsstruktur betroffen und sind dadurch bedingte Änderungen beim Angebotdualer Ausbildungsplätze zu erwarten. Beispielsweise heben Biavaschi C. et al. (2012)218

hervor, dass Arbeitgeber in Deutschland weniger Ausbildungsstellen anbieten, da dieVerschiebung der Wirtschaft hin zum Dienstleistungssektor zu Rückgängen in derFertigungsindustrie, dem Hauptanbieter von Ausbildungsplätzen, geführt hat. Zugleichunterliegt der Dienstleistungssektor einigen Einschränkungen bei der Umsetzung desdualen Systems in der gleichen Form wie in der Fertigungsindustrie.

Allerdings sind in den ausgewählten Ländern auch Unterschiede zwischen denBeschäftigungsanteilen von Sektoren und den von ihnen angebotenen beruflichen/dualenAusbildungsstellen zu beobachten. Je nach Land und Sektor lassen sich dieseUnterschiede auf die Struktur des jeweiligen Sektors (z. B. wird die Landwirtschaft in ELund PL von kleinen Familienbetrieben dominiert), die Größe der Unternehmen (z. B.Fertigungsindustrie in FR) und die vorhandenen Traditionen beruflicher/dualerAusbildungsmodelle zurückführen.

Das Stellenangebot für berufliche/duale Ausbildungen kann durch sektorspezifischeEntwicklungen und Herausforderungen auch unabhängig von den Wirtschaftszahlenbeeinflusst werden.

218 Biavaschi C. et al. (2012), Youth Unemployment and Vocational Training.

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So verzeichnete Finnland einen (zeitweiligen) Rückgang bei den innerbetrieblichenAusbildungsplätzen im Sozial- und Gesundheitssektor, weil ein überproportionalerAnstieg an Neueinstellungen in der Branche (infolge der steigenden Anzahl an in denRuhestand tretenden Babyboomern) die verbleibenden Mitarbeiter dazu zwang, stattAuszubildenden ihre neuen Kollegen einzuarbeiten. Im „naturwissenschaftlichen“ Bereichwird es durch die neuen, strengeren Qualifizierungsanforderungen und die rasanten IT-Entwicklungen zunehmend schwieriger, Arbeitsstätten zu finden, die diesenAnforderungen genügen. In der Region Helsinki etwa besteht die spezifischeHerausforderung in einem schnellen Anstieg des Anteils ausländischer Arbeitskräfte, dieaufgrund mangelnder Sprachkompetenz nicht befähigt sind, die Rolle einesinnerbetrieblichen Ausbilders zu übernehmen219.

In Frankreich220 nehmen die folgenden fünf Sektoren die meisten Auszubildenden auf:Handel und Gewerbe (19,6 %); Verarbeitung (16,4 %); Hoch-, Tief- und Holzbau(16,3 %); Mechanik, Elektrik und Elektronik (16,2 %) und personenbezogeneDienstleistungen (16,1 %). Allerdings bestehen große Unterschiede hinsichtlich desQualifikationsniveaus. Der größte Anteil an Auszubildenden mit dem niedrigstenQualifikationsniveau (entspricht EQR-Niveau 3) wird in der verarbeitenden Industrie undin Hoch-, Tief- und Holzbau aufgenommen (je ca. 26 %). Der Anteil an Auszubildendenmit EQR-Niveau 6 in diesen Sektoren beträgt hingegen weniger als 10 %. Die meistenAuszubildenden mit hohem Qualifikationsniveau (55,6 % mit EQR-Niveau 6) verzeichnetmit Abstand die Branche Handel und Gewerbe.

5.3.2. Unternehmensgröße: die Rolle von KMU

Die Umsetzung dualer und insbesondere innerbetrieblicher Ausbildungsmodelle hängt instarkem Maße von den Arbeitgebern ab. Daher besteht ein enger Zusammenhangzwischen Unternehmensmerkmalen wie der Größe und der Entwicklung, Durchführungund Qualität dieser Modelle. Die enge Verbindung zwischen KMU undBerufsbildung/dualer Ausbildung wird von dem positiven Verhältnis verdeutlicht, daszwischen dem Anstieg des Anteils an Arbeitskräften mit einem Sekundar- und höherenSekundarabschluss für die beruflichen und fachspezifischen Kenntnisse und demBeschäftigungsanstieg im KMU-Sektor besteht221.

In allen Teilen der EU sind die meisten Unternehmen (92,2 %) KMU222, d. h.Unternehmen mit nicht mehr als 250 Arbeitnehmern. Deshalb spielen KMUs innerhalbder europäischen Wirtschaft eine besonders wichtige Rolle. In allen als signifikanteingestuften Sektoren in den ausgewählten Ländern (Tabelle A5.1 in Anhang 5)überwiegen KMU bei der Anzahl der Unternehmen und/oder dem Beschäftigungsniveau.Allerdings sind infolge der Krise beträchtliche negative Auswirkungen zu verzeichnen,von denen insbesondere Kleinstunternehmen schwer getroffen wurden: sie gingen 2011um mindestens 20 % zurück223.

219 Salonen S. (2012), Työssäoppimisen tilannekatsaus 2011. Opetushallitus. Unveröffentlichte Präsentationdes Autors.

220 DEPP (2012), Repères et références statistiques - édition 2012, Les apprentis.221 Die Variable „Anteil an Arbeitskräften mit einem Sekundar- oder höheren Sekundarabschluss für die

beruflichen und fachspezifischen Kenntnisse“ (en.: share of the labour force with a secondary and uppersecondary qualification in vocational and advanced technical knowledge) entspricht dem Prozentsatz derArbeitnehmer mit einem Bildungsabschluss der Stufe ISCED97 (3-4) (Änderung 2009–2011). Im Rahmender Klassifikation ISCED97 werden Bildungsabschlüsse der Stufe 3 und 4 als sekundär und postsekundär,nicht aber als tertiär (d. h. erster oder weiterführender Hochschulabschluss) angesehen. Die Stufe 3entspricht der sekundären Berufs- und Fachbildung, die Stufe 4 der Berufs- und Fachhochschulbildung(Vgl. auch: Europäische Kommission (2013b).

222 Europäische Kommission (2012a).223 Europäische Kommission (2013b).

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Wegen ihres hohen Anteils am europäischen Unternehmensbestand sind KMU diewichtigsten Stellenanbieter für betriebliche/duale Ausbildungen. Eine genauereAufschlüsselung der KMU-Kategorien zeigt auf, dass die große Mehrheit der KMUMikrounternehmen sind, d. h. maximal neun Mitarbeiter beschäftigen. Angesichts ihrergeringen Größe ist davon auszugehen, dass Mikrounternehmen nur wenigeAusbildungsplätze und eine begrenzte Infrastruktur bieten können. Darüber hinaus sindsie gegebenenfalls nicht in der Lage, den Auszubildenden alle für eine umfassendeQualifizierung erforderlichen Kenntnisse zu vermitteln.

Tatsächlich sind Mikrounternehmen wichtige Anbieter von Ausbildungsplätzen fürbetriebliche oder duale Ausbildungsmodelle224. Dies gilt insbesondere für die Sektorenpersonenbezogene Dienstleistungen (z. B. Friseurhandwerk), Gastgewerbe(Restaurants), Fahrzeuginstandhaltung oder Hochbau. Laut einer repräsentativenBefragung deutscher Unternehmen zum Ausbildungs- und Lehrstellenangebot wurden2011 in Deutschland 19,5 % der Auszubildenden in Mikrounternehmen betreut225. DieseZahl bedeutet allerdings einen Rückgang seit 1999. Der Anteil der jeweils in kleinen,mittleren und großen Unternehmen betreuten Auszubildenden ist sehr ähnlich (zwischen26,1 und 27,2 %). Dadurch wird deutlich, dass Mikrounternehmen eine zentraleKomponente in betrieblichen und dualen Ausbildungsmodellen darstellen. Sie könnenjedoch nur eine geringe Anzahl an Jugendlichen (sehr häufig nur einen) betreuen. Füreine deutliche Steigerung der Anzahl an Ausbildungsplätzen ist daher umfassende aktiveÜberzeugungsarbeit in jenen Ländern erforderlich, in denen betriebliche Ausbildungenweniger verbreitet sind.

Unternehmensgröße versus Kultur

Die Einbindung von KMU bei dualen Ausbildungsmodellen ist angesichts ihres hohenAnteils an der Gesamtzahl der Unternehmen und an der Beschäftigung auf demGesamtarbeitsmarkt von großer Bedeutung. Abgesehen von den strukturellen Merkmalender KMU hängt ihre Beteiligung an dualen Ausbildungsmodellen auch von derMentalität/Kultur eines Landes im Hinblick auf die Rolle und das Engagement vonArbeitgebern im Bereich der Berufsbildung ab.

Ein eindrucksvolles Beispiel gibt Deutschland, dessen Berufsbildungssystem in starkemMaße von der Beteiligung der Arbeitgeber und ihrer Zusammenarbeit mit allenBeteiligten abhängig ist. Die anerkannte Bedeutung der Arbeitgeber kommt dadurch zumAusdruck, dass bei der Ausgestaltung des deutschen dualen Ausbildungssystems gezieltdarauf geachtet wurde, den Arbeitgebern ein bestimmtes Maß an Einfluss auf dieAusbildungsinhalte einzuräumen, damit die Anforderungen des Arbeitsmarktes erfülltwerden können. Das duale System basiert jedoch auch auf einem hohen Grad an(freiwilligem) Unternehmensengagement, welches traditionell von KMU übernommenwird, die häufig Familienbetriebe sind (etwa 95 % aller deutschen Unternehmen sindFamilienunternehmen und 85 % von ihnen werden von ihrem Inhaber geführt). Vieledeutsche KMU verfolgen einen besonders langfristig orientierten Geschäftsansatz, dersich auf stabile Kundenbeziehungen, eine kontinuierliche Personalpolitik und engeVerbindungen in der Region stützt. Dies könnte auch ihr solides Engagement in Bildungund Ausbildung erklären: im Jahr 2011 waren 83,2 % aller Auszubildenden inDeutschland in KMU beschäftigt226.

224 Frigul N. (2005), Etude sur les conditions favorables à l’apprentissage en hôtellerie-restauration.225 BIBB(2013b).226 Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2014), German Mittelstand: – Motor der deutschen

Wirtschaft. Zahlen und Fakten zu deutschen mittelständischen Unternehmen.

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5.3.3. Qualität des Umfelds in Unternehmen

Ein zentraler Aspekt für die Entwicklung betrieblicher Ausbildungen ist die Qualität derLernumgebung, die von den Unternehmen im Land bereitgestellt werden kann. Dazugehören:

die materielle Ausstattung und

das Personalmanagement und die Unternehmenskultur.

Nicht alle Unternehmen verfügen über die materiellen Voraussetzungen, umAuszubildende zu einer umfassenden Qualifikation zu führen. So sind einigeUnternehmen vielleicht auf ein bestimmtes Marktsegment ausgerichtet und führen ihreArbeiten daher nur mit einem Teil der für die Ausbildung erforderlichen Kompetenzenaus (z. B. Arbeit nur mit bestimmten Materialien, etwa Fenster aus Kunststoff und keineaus Holz). In einigen Ländern, wie beispielsweise Österreich, den Niederlanden und demVereinigten Königreich, werden Probleme dieser Art durch die Entwicklung von Modellenangegangen, bei denen mehrere Unternehmen einen Auszubildenden gemeinsambetreuen, der dann im Wechsel bei den verschiedenen Arbeitgebern arbeitet.

Belgien (Wallonien) hat in die Einrichtung hochmodern ausgestatteter Werkstätten inSchulen investiert, die dann von mehreren Betriebsschulen und Unternehmen (darunterAusbildungsbetriebe) gemeinsam genutzt werden.

Für hochwertiges Lernen am Arbeitsplatz müssen bestimmte Voraussetzungen erfülltsein. Nijhof und Nieuwenhuis (2008)227 untersuchten die Lernbedingungen inArbeitsstätten und gelangten zu der Schlussfolgerung, dass für optimales Lernen indiesem Kontext folgende Bedingungen erfüllt sein müssen:

Gewährleistung einer Kombination der drei für das Lernen erforderlichenEntwicklungsdimensionen – kognitive (Lerninhalte), emotionale (Motivation,Lernfreude usw.) und soziale (Interaktionsprozess und Praxis) Dimension;

Gleichgewicht zwischen Assimilation (Verarbeitung neuer Eindrücke und ihreIntegrierung in frühere) und Akkommodation (Notwendigkeit der Rekonstruktionzuvor erlernter Strukturen, weil die neuen Eindrücke nicht mit den früherenzusammenpassen)228 und

Vermeidung des Nicht-Lernens (Widerstand und Abwehrmechanismen gegenüberdem Umfeld)229.

Im Idealfall sollten mit Modellen der betrieblichen Ausbildung solche Arbeitgeber erreichtwerden, die im Hinblick auf die materielle Ausstattung und die Lernunterstützung diebesten Bedingungen bieten können. Dies ist eher unwahrscheinlich in allen Strukturen,in denen sich die Motivation bestimmter Arbeitgeber für ein Engagement in betrieblichenAusbildungen zuallererst auf günstige Lohnkosten gründet. In jenen Ländern, in denenbetriebliche Ausbildungen ständig weiterentwickelt und angepasst werden, besteht eineder Herausforderungen darin, die „Spitzen“-Arbeitgeber zu erreichen und derenEngagement in betriebliche Ausbildungen zu unterstützen.

Schließlich kann die Entwicklung betrieblicher Ausbildungen in einigen Regionen oderlokalen Gebieten auch durch die Entwicklung eines informellen Sektors behindertwerden.

227 Nijhof, W.J. und Nieuwenhuis L.F.M. (2008), The learning potential of the workplace.228 Poortman C. L. (2007), Workplace learning processes in senior secondary vocational education.229 Poortman C. L. (2007), Workplace learning processes in senior secondary vocational education.

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5.3.4. Regionale Unterschiede

Das berufliche Bildungsangebot wird von den regionalen/lokalen Besonderheitengeprägt. Besonders in Ländern mit starken regionalen Behörden wird dasBerufsbildungsangebot von den Regionen (mit-)bestimmt: in jedem der zehn eingehenduntersuchten Länder werden lokale Bedürfnisse bei Entscheidungen über Bildungs- undAusbildungsangebote berücksichtigt. Beispielsweise kann die Ausgestaltung dualerAusbildungsmodelle für die einzelnen Regionen eines Landes aufgrund der Unterschiedein den Arbeitslosenzahlen und Hauptwirtschaftsbereichen sehr unterschiedlich sein.Innerhalb der Länder gehen die Unterschiede zwischen den lokalen Märkten mitunterschiedlichen regionalen Bedürfnissen in Beschäftigung und Ausbildung einher, diesich auf die Politikgestaltung auswirken können. Unterschiede dieser Art wurden in allenausgewählten Ländern festgestellt. Erwartungsgemäß sind die regionalen Unterschiedestärker ausgeprägt in Ländern mit dezentralen Verwaltungsstrukturen, wo die regionalenBehörden mit weitreichenden Zuständigkeiten bei der Erarbeitung und/oderBereitstellung beruflicher Bildungsangebote ausgestattet sind. Dies ist der Fall inItalien, wo die Regionen für die Aus- und Weiterbildung zuständig sind und es großeUnterschiede in der wirtschaftlichen Entwicklung zwischen Norden und Süden gibt, wasauch vom Entwicklungsstand der Aus- und Weiterbildung wiederspiegelt wird.Beispielsweise sind betriebliche Laufbahnen in den nördlichen Regionen weit verbreitet,in denen starke Industrieregionen einen großen Arbeitskräftebedarf erzeugen und dieArbeitsmärkte einen zunehmenden Bedarf an hochspezialisierten technischenFachkräften haben. Daher entscheidet sich eine größere Zahl der Schulabgänger fürtechnische Ausbildungen im Norden230, wo 2011 mehr als die Hälfte aller betrieblichenAusbildungsverträge abgeschlossen wurde231. Auch in Frankreich232 bestehen großeregionale Unterschiede bei der Anzahl der Auszubildenden. Den über 20 000Auszubildenden (2010-2011) in Regionen mit den folgenden Städten (regionale Bereichedes französischen nationalen Bildungssektors): den zu Creteil, Lille, Lyon, Paris undVersailles gehörenden Regionen (regionale Aufteilung des nationalen Bildungssystems inFrankreich) stehen weniger als 10 000 Auszubildende in Auvergne (Clermont Ferrand),Korsika, Champagne-Ardenne (Reims) und Limousin (Limoges) gegenüber.

5.3.5. Wohnort der Schüler

Die Anpassung des Berufsbildungsangebots an die lokalen/regionalen Besonderheitenverbessert die Ausrichtung der Berufsabschlüsse am lokalen Arbeitsmarktbedarf unddamit die Beschäftigungsfähigkeit der Absolventen. Andererseits kann dadurch dieAuswahlmöglichkeit eines Jugendlichen bei der Entscheidung für einen Berufsweg/einebetriebliche Ausbildung eingeschränkt werden. Der Wohnsitz eines Lernenden kann einerder Faktoren sein, von denen seine Teilnahme an dualen Ausbildungsmodellen undallgemein die Wahl des Berufs und des Berufsbildungsweges beeinflusst werden.Insbesondere in ländlichen Gebieten hängt die Wahl der Schüler von den Möglichkeitenab, die ihnen in einem relativ begrenzten Einzugsgebiet zur Verfügung stehen.233 DieVerbesserung der Mobilität von Auszubildenden in einem Land könnte zum Abbau solcherHemmnisse beitragen.

230 Isfol (2012b).231 Isfol (2012a).232 DEPP (2012), Repères et références statistiques - édition 2012, Les apprentis.233 Champollion P. (2008), La territorialisation du processus d’orientation en milieux ruraux isolés et

montagnards: des impacts du territoire à l’effet de territoire in Ministère de l’Éducation nationale (2008),Éducation & formations n° 77,L’orientation(http://cache.media.education.gouv.fr/file/revue_77/07/2/E&F77_Orientation_43072.pdf).

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Der Standort kann auch die Qualität der verfügbaren Modelle für die betriebliche/dualeAusbildung beeinflussen. Da regionale Unterschiede im Hinblick auf Beschäftigung undwirtschaftliche Entwicklung bestehen, ist davon auszugehen, dass die künftigenTeilnehmer an Berufsbildungsangeboten mit Wohnsitz in benachteiligten Gebietengeringere Aussichten bei der Suche nach einem Ausbildungsplatz haben, da es in demGebiet/der Region weniger Arbeitgeber gibt, die hochwertige Stellen anbieten können.Die unzureichende Anzahl an Arbeitgebern und somit Ausbildungsplätzen betrifft nichtnur Regionen mit Wirtschafts- und Beschäftigungsproblemen, sondern auch geografischabgelegene Gebiete. Probleme dieser Art wurden beispielsweise in Finnland und Portugalaufgezeigt234. In Frankreich hingegen wies ein Teil der befragten Experten darauf hin,dass in einigen ländlichen Gebieten die Lernenden eine positivere Haltung gegenüberbetrieblichen Ausbildungen haben (aufgrund familiärer Traditionen in Handwerk oderLandwirtschaft) und daher eine betriebliche Ausbildung für eine größere Gruppe die ersteWahl oder Orientierung darstellt.

5.3.6. Demografische Entwicklungen

Die demografische Zusammensetzung eines Landes hat Einfluss auf seine Wirtschaft, dasWachstumspotenzial und alle relevanten Teilsysteme von Bildung bis Altersvorsorge. Diealternde Bevölkerung in Europa hat direkte Auswirkungen auf die Größe undZusammensetzung der Jugendkohorte und der künftigen Erwerbsbevölkerung. Unter denEU-Ländern sehen sich Deutschland und Italien235 den schwersten Herausforderungengegenüber: sie sind weltweit neben Japan die Länder mit dem höchstenDurchschnittsalter236. Die schrumpfenden Jugendkohorten führen zu zunehmenderKonkurrenz zwischen beruflicher und allgemeiner/höherer Bildung237. Dies verdeutlichtdie Notwendigkeit, etwaige Hindernisse beim Zugang zu Berufsbildung zu beseitigen unddie Qualität des Ausbildungsangebots zu verbessern, um es für Schüler attraktiv zumachen.

Auch frühere demografische Entwicklungen wirken sich auf die aktuelle und künftigeVerfügbarkeit von Arbeitskräften und Lernenden aus: in Finnland führte die Verrentungvon vielen Menschen der Generation der sogenannten Baby Boomers238 im Jahr 2010dazu, dass die Zahl der arbeitenden Bevölkerung gesunken ist. Da die „Baby-Boomer“nun in ganz Europa nach und nach aus dem Arbeitsleben ausscheiden, ist dies eineHerausforderung, die politisches Handeln einschließlich Maßnahmen im Bildungs- undAusbildungsbereich erfordert.

5.4. Die Bedeutung politischer Lernprozesse zwischen denLändern

Angesichts der vergleichsweise geringen Jugendarbeitslosigkeit in Deutschland,Österreich und den Niederlanden selbst inmitten der Wirtschaftskrise ist die Bedeutungder betrieblichen Ausbildung und Berufsbildung am Arbeitsplatz insgesamt stärker in den

234 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.235 Buhler P. (2011), The shrinking North. Project Syndicate. Abgerufen auf http://www.project-

syndicate.org/commentary/the-shrinking-north am 23.5.2014.236 Vereinte Nationen, Abteilung für wirtschaftliche und soziale Angelegenheiten, Bevölkerung (2013), World

Population Ageing 2013. ST/ESA/SER.A/348.237 OECD (2011b).238 „Baby-Boomer“ sind die Generation, die nach dem 2. Weltkrieg ab Mitte 1946 bis 1964 geboren wurde.

Mit dem Begriff wird der deutliche Anstieg der Geburtenrate nach Kriegsende hervorgehoben. The OlderPopulation: 2010’. U.S. Census Bureau. November 2011. Internet:http://www.census.gov/prod/cen2010/briefs/c2010br-09.pdf.

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politischen Vordergrund gerückt. Die europäischen Länder, die EU und dieInternationalen Arbeitsorganisation (ILO) sind zunehmend daran interessiert, dieBemühungen der Länder zu bündeln und ihr Wissen zu der Förderung der betrieblichenAusbildung und der Entwicklung tragfähiger Lösungen für die Jugendarbeitslosigkeit zuteilen239. Der Austausch zu Lernprozessen und Erfahrungen und die aktiveZusammenarbeit zwischen den europäischen Ländern scheinen erheblichen Einfluss aufdie Einführung oder Verbesserung dualer Ausbildungsmodelle und ihrerErscheinungsformen zu haben.

5.4.1. Austausch von Lernprozessen und Erfahrungen

Im Jahr 2013 wurde die Europäische Ausbildungsallianz mit dem Ziel ins Leben gerufen,den Ausbau und die Verbesserung der betrieblichen Ausbildungsplätze in der EU zufördern. Im Rahmen dieser Initiative diskutierten verschiedene Länder überVerpflichtungen zu Weiterentwicklungen auf diesem Gebiet240. Auf dieser Grundlagewurde von Deutschland und den folgenden Ländern: Spanien, Griechenland, Portugal,Italien, Slowakei und Lettland eine gemeinsame Absichtserklärung zur Zusammenarbeitbeim Ausbau betrieblicher Ausbildungsplätze unterzeichnet241. In diesem Netzwerk giltdas deutsche Modell für betriebliche Ausbildungen als wichtiger Impulsgeber.

Auch schon vor der Unterzeichnung der Europäischen Ausbildungsallianz wurden imRahmen des Programms für gegenseitiges Lernen (MLP – Mutual Learning Programme)der Europäischen Beschäftigungsstrategie verschiedene Peer Reviews zu diesem Themadurchgeführt242. Diese befassten sich schwerpunktmäßig mit Jugendarbeitslosigkeit undhoben das Modell des Lernens am Arbeitsplatz in der Berufsbildung und betrieblicheAusbildungen als mögliche Lösungsansätze hervor243.

Auch bei der ILO kommen die Länder miteinander über Ausbildungsmöglichkeiten undWege zu ihrer Förderung ins Gespräch; im Dezember 2013244 richtete die Organisationeine subregionale Arbeitstagung zu Ausbildungssystemen in Europa aus, bei derExperten aus Ländern mit gut entwickelten Ausbildungsmodellen und geringerJugendarbeitslosigkeit (AT, DK) mit Vertretern aus Ländern mitBeschäftigungsproblemen (CY, EL, ES, LT, PL, PT) zusammentrafen. Auch über dieArbeitstagungen hinausgehend stellt die ILO ihr Fachwissen Ländern zur Verfügung, dieihre Ausbildungssysteme weiterentwickeln oder ausbauen möchten (z. B. EL245).

5.4.2. Der Einfluss des deutschen dualen Bildungssystems

Das deutsche duale Bildungssystem steht bei den Initiativen für denErfahrungsaustausch zwischen EU-Ländern dauerhaft im Mittelpunkt. Dies ist kaumüberraschend angesichts der langen Tradition, auf die das deutsche System zurückblickt,dessen Anfänge im Mittelalter liegen. Bekanntermaßen war und ist das deutsche dualeSystem maßgebend für die dualen Ausbildungsmodelle anderer Länder.

239 Internet: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?langId=de&catId=1047&newsId=1989&furtherNews=yes.240 Internet:http://ec.europa.eu/education/policy/vocational-policy/alliance_en.htm..241 Internet: http://www.bmbf.de/de/17127.php.242 Internet: http://ec.europa.eu/social/main.jsp?catId=1047.243 Europäische Kommission (2013c); Europäische Kommission (2013f); Europäische Kommission (2013i).244 Internet: http://www.ilo.org/global/about-the-ilo/activities/event-coverage/WCMS_232391/lang--

en/index.htm.245 Zum Zeitpunkt der Befragung der griechischen Experten/Akteure im Dezember 2013 war der offizielle

Startschuss für dieses Projekt noch nicht gefallen und es waren keine zusätzlichen Informationenverfügbar. Den Angaben des Hellenischen Dachverbands der Facharbeiter, Handwerker und Händler(GSEVEE) zufolge war der Projektbeginn für Januar 2014 geplant.

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In Portugal etwa wurden in den 1980er-Jahren „lehrähnliche Ausbildungen“ nach demVorbild deutscher und französischer Modelle der dualen Ausbildung geschaffen. Die vonverschiedenen deutschen Unternehmen und der deutsch-portugiesischen Industrie- undHandelskammer geförderte portugiesische Ausbildungsvereinigung für denIndustriesektor (Associação de Formação para a Indústria, ATEC) bietet „lehrähnlicheAusbildungen“ mit Ausbildungsplätzen in großen deutschen und portugiesischenUnternehmen sowie in anderen ausländischen Unternehmen an246.

Die starke wirtschaftliche Position Deutschlands inmitten der europäischenWirtschaftskrise hat den Einfluss des deutschen dualen Ausbildungssystems auf dieentsprechenden Entwicklungen in anderen Ländern weiter verstärkt. Die zwischenDeutschland und verschiedenen Mitgliedstaaten (ES247, EL, IT248, LV, PT249 und SK)abgeschlossenen bilateralen Abkommen/gemeinsamen Absichtserklärungen spiegeln diezentrale Rolle Deutschlands bei den derzeit auf den Weg gebrachtenBerufsbildungsreformen in Europa wider250.

Der Einfluss des deutschen Systems wurde auch von dem Berliner Memorandum2012251 verdeutlicht, das von den für Berufsbildung zuständigen Ministern vonDeutschland, Griechenland, Italien, Lettland, Portugal, der Slowakei und Spaniengemeinsam unterzeichnet wurde252. Das Memorandum legte nicht nur den Grundstein füreine Zusammenarbeit zwischen Deutschland und den anderen Ländern, sondern giltauch als einer der Impulsgeber für die Berufsbildungsreform in Griechenland (sieheAbschnitt 4.1). Im Rahmen der Zusammenarbeit der sechs Länder sollen eine Grundlagefür einen gemeinsamen europäischen Berufsbildungsraum253 geschaffen und die Ziele derEuropäischen Ausbildungsallianz der Europäischen Kommission unterstützt werden. Inder Absichtserklärung254 werden die hohe Jugendarbeitslosigkeit als Zündfunke für dieZusammenarbeit und die duale Ausbildung/Ausbildung am Arbeitsplatz als Mittel zurSenkung der Arbeitslosigkeit und als mögliches Leitbild für die Berufsbildungssysteme inEuropa bezeichnet255.

5.4.2.1. Das deutsche Vorbild: Übernehmen oder als Anregung betrachten?Es ist wenig überraschend, dass Länder, die großen Herausforderungen im Hinblick aufdie Arbeitslosigkeit und insbesondere die Jugendarbeitslosigkeit gegenüberstehen, sichum wirkungsvolle und schnelle Lösungen bemühen. „Von den Besten lernen“ ist eineMöglichkeit hierfür. Ist das deutsche duale Ausbildungssystem aber wirklich „das Beste“und sollten andere Länder es daher übernehmen?

246 Informationen zu Ausbildungsangeboten und teilnehmenden Unternehmen können auf der Website derATEC abgerufen werden: Internet: http://www.atec.pt/en/qualificacao-profissional/em-destaque/escolhe-o-teu-curso.html.

247 Internet:http://www.bmbf.de/pubRD/absichtserklaerung_deutschland_spanien_berufliche_bildung_esp.pdf.

248 Isfol (2012a).249 Internet: http://www.portugal.gov.pt/pt/os-ministerios/ministerio-da-educacao-e-ciencia/mantenha-se-

atualizado/20121105-mec-alemanha.aspx.250 Weitere Informationen zu der zwischen Deutschland und Italien, Portugal und Spanien unterzeichneten

gemeinsamen Absichtserklärung sind in Anhang 5 enthalten.251 Weitere Informationen zum Berliner Memorandum enthält Anhang 5.252 Internet: http://www.bmbf.de/pubRD/memorandumvocational_education_and_training_2012.pdf.253 Internet: http://www.bmbf.de/de/17127.php.254 Internet: http://www.bmbf.de/pubRD/memorandumvocational_education_and_training_2012.pdf.255 Internet: http://www.bmbf.de/de/17127.php.

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Kein Berufsbildungssystem ist ein Allheilmittel ...Die Vorstellung von dem einen besten Berufsbildungssystem ist nicht zu halten: einnationales/regionales Berufsbildungssystem als Teil eines Bildungssystems bildet immernur eines von mehreren sozioökonomischen Teilsystemen in einem Land/einer Region.Dementsprechend ist ein Berufsbildungssystem dann erfolgreich, wenn es dieBedürfnisse einer speziellen Wirtschaft und Gesellschaft erfüllt. In Anbetracht derUnterschiede der wirtschaftlichen und sozialen Strukturen zwischen relativ ähnlichaufgestellten Ländern Europas gibt es keinen Zweifel daran, dass das Berufs- undAusbildungssystem an die jeweiligen Länder angepasst werden sollte.

Ein Vergleich der unterschiedlichen Modelle für die duale Ausbildung unterstützt diesesArgument. Gut entwickelte duale Berufsbildungssysteme sind nicht nur in Deutschlandzu finden, sondern beispielsweise auch in Österreich, Dänemark und der Schweiz. Aberselbst innerhalb der dualen Systeme sind die Modelle, da sie in Ländern mitUnterschieden in Gesetzgebung, Arbeitsmarkt-/Wirtschaftsstruktur, vorherrschendenBildungswegen usw. umgesetzt werden, nicht deckungsgleich. Auch, dass das deutscheSystem von vielen Ländern nicht übernommen worden ist, verdeutlicht dieSchwierigkeiten bei der Implementierung in die Strukturen eines anderen Landes.Beispielsweise ist einer der Erfolgsfaktoren des deutschen Berufsbildungsmodellsanerkanntermaßen die zentrale Rolle der Sozialpartner und insbesondere der Kammern.In Ländern, in denen der Arbeitsmarkt anders strukturiert und organisiert ist oderArbeitgebervertretungen nicht über vergleichbare Kapazitäten wie die deutschenKammern verfügen, könnte der Versuch einer Durchsetzung solcher Rollen wirkungslossein.

...oder ist nicht verbesserungswürdigDeutschland blickt zweifellos auf eine lange Tradition im dualen Bildungssystem zurück,das als erfolgreiches Instrument zur Umsetzung wirtschaftlicher, gesellschaftlicher undindividueller Zielsetzungen gilt. Allerdings ist nur ein Teil des deutschenBerufsbildungssystems dual strukturiert. Daraus ist zu schließen, dass auch dieLeistungsfähigkeit der anderen Bildungswege und des Bildungssystems insgesamt zu dergeringen Jugendarbeitslosigkeit beitragen.

Zudem ist das deutsche duale Modell kein System ohne Fehler oder Herausforderungen.

Die demografischen Entwicklungen im Land geben einen Hinweis auf dieSchwierigkeiten, die in naher Zukunft überwunden werden müssen (Siehe Abschnitte4.1.6 und 5.3.6).

Ein anderer Schwachpunkt des deutschen Systems ist die Übergangszeit/dasÜbergangssystem für jene Jugendlichen, die keinen Ausbildungsplatz im dualenSystem finden. Obgleich den Jugendlichen in dieser Zeit zusätzliche Kenntnissevermittelt werden, um ihre Chancen bei der Bewerbung um einen betrieblichenAusbildungsplatz zu erhöhen, wird dieses System als eine Art „Warteschleife“kritisiert256.

Die Struktur des Auswahlverfahrens für Auszubildende hat noch eine weitere negativeAuswirkung. Obwohl Unternehmen theoretisch Auszubildende sogar ohneSchulabschluss auswählen können, wird von den meisten Arbeitgebern einAbschlusszeugnis gefordert. Dadurch werden vorzeitige Schulabgänger ausgegrenzt,die bei der Suche nach Ausbildungsstellen große Schwierigkeiten haben.257

256 Hoeckel K. und Schwartz R. (2010), Learning for Jobs: OECD reviews of Vocational Education and Training– Germany and Bundesministerium fuer Bildung und Forschung-BMBF (2013) Berufsbildungsbericht.

257 Bundesministerium fuer Bildung und Forschung-BMBF (2013), Berufsbildungsbericht, p. 29.

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Auch bei den Angeboten zur Berufsorientierung für Schüler bestehtVerbesserungsbedarf: Die große Mehrheit der Jugendlichen entscheidet sich fürbetriebliche Ausbildungen, die nur einen kleinen Teil der existierendenAusbildungen/Berufe repräsentieren258.

Im Rahmen des Systems treten Schwierigkeiten beim Umstieg von anderen Formender (Aus-)Bildung in das duale System auf. In der Praxis werden die früherenLernergebnisse von Neueinsteigern selten anerkannt und sie müssen das Programmvon vorn beginnen (selbst dann, wenn sie vorher in einem verwandten Gebietausgebildet wurden).

An dem dualen System nach deutschem Vorbild könnte weiterhin kritisiert werden,dass betriebliche Ausbildungen stark auf die Kompetenzen innerhalb eines einzelnenUnternehmens oder einer bestimmten Branche ausgerichtet sind. Zugleich wird an dieArbeitskräfte aber zunehmend die Anforderung gestellt, berufsspezifische Kenntnissemit bereichsübergreifenden Kernkompetenzen zu kombinieren (z. B. Fähigkeiten beider Analyse und Strukturierung komplexer Informationen, Übernahme vonVerantwortung, Risikomanagement und entschlossenes Handeln)259. Diewissensbasierte Wirtschaft und die Durchlässigkeit der Sektoren für Technologienerfordern eine systematische Vertiefung der Kenntnisse, doch zugleich müssenArbeitskräfte über breiter gefasste (d. h. theoretischere und flexiblere) Fähigkeitenverfügen260. Einige Forschungsergebnisse261 bestätigen diese Auffassungen: Zwarkönnen die Absolventen einer betrieblichen Ausbildung mit einer kürzerenÜbergangszeit zwischen Ausbildung und Beschäftigung im Vergleich zu Abgängernallgemein bildender Schulen oder vollschulischer Berufsausbildungen rechnen, sieverlieren diesen Vorsprung jedoch im Laufe der Zeit, insbesondere in Ländern mitstarken Traditionen bei der betrieblichen Ausbildung (CH, DE, DK). Ein Grund dafürkönnte darin bestehen, dass Abgänger allgemeinbildender Schulen im Laufe ihresArbeitslebens mit größerer Wahrscheinlichkeit berufsbezogeneWeiterbildungsangebote nutzen als Mitarbeiter mit Berufsabschluss. Dadurch gelingtes ihnen, die Qualifikationen, die sie für ihre Beschäftigungsfähigkeit in derwissensbasierten Wirtschaft benötigen, auf dem neuesten Stand zu halten. Es istjedoch anzumerken, dass betriebliche Ausbildungen der Annahme zufolge vorwiegendallgemeine (d. h. auch in anderen Arbeitsumgebungen nutzbare) Fertigkeiten262

vermitteln statt unternehmensspezifischer Kenntnisse, die dieMobilität/Beschäftigungsfähigkeit des Auszubildenden in anderen Unternehmeneinschränken würden. Im Einzelnen wurde festgestellt, dass das durchschnittlichedeutsche Unternehmen seinen Auszubildenden nur 12 % unternehmensspezifischeFertigkeiten vermittelt263. Die Kompetenzprofile wurden um theoretischer Aspekteergänzt, die eine Verlängerung der Ausbildungsdauer zur Folge hatten (imDurchschnitt von unter 34 Monaten Mitte der 1980er-Jahre auf fast 37 Monate seit1990)264.

258 Diskussionsbeitrag im Anschluss an den Vortrag von Euler D. (2013), Germany’s dual vocational trainingsystem: a model for other countries? Vortrag am 26.11.2013 in Brüssel.

259 Europäische Kommission (2010c).260 Thelen K. (2007), Contemporary challenges to the German vocational training system.261 Hanushek et al. (2011), General Education, Vocational Education, and Labor-Market Outcomes over the

Life-Cycle.262 Acemoglu D. and Pischke J.S. (1998), Why do firms train? Theory and Evidence and Mohrenweiser, J. and

Zwick, Th. (2008): Why Do Firms Train Apprentices? The Net Cost Puzzle Reconsidered.263 According to Pfeifer H. et al. (2011), How large is the firm-specific component of German apprenticeship

training? , dass das durchschnittliche deutsche Unternehmen seinen Auszubildenden nur 12 %unternehmensspezifische Fertigkeiten vermittelt.

264 Thelen K. (2007), Contemporary challenges to the German vocational training system.

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Aus den genannten Gründen müssen für das deutsche duale System, wie für alleanderen Bildungssysteme auch, Lösungsansätze zur weiteren Verbesserung und zurBewältigung künftiger Herausforderungen gefunden werden. Dahingehende Änderungensind ebenfalls landesspezifisch und sollten in anderen Ländern, auch wenn dieseähnlichen Herausforderungen gegenüberstehen, nicht einfach übernommen werden.

Anregung statt Patentrezept

Abschließend betrachtet kann das deutsche duale Bildungsmodell anderen Ländern zwarAnregungen bieten, wie sie die duale Komponente in ihren Berufsbildungssystemenmodernisieren und/oder weiter ausbauen können, es sollte aber angesichts bestehenderund abweichender rechtlicher, politischer und kultureller Rahmenbedingungen nichtunverändert übernommen werden. In einer aktuellen Studie zu diesem Thema wirdangemerkt, dass die Länder die Elemente bestimmen sollten, die problemlos in einenbestehenden Rahmen integriert werden können, um sie dann je nach Bedarf anzupassenund zu verändern265. Im Kontext des Berliner Memorandums und der bilateralenAbkommen einiger Mitgliedstaaten mit Deutschland können erstere in hohem Maße vonden Erfahrungen und dem Fachwissen deutscher Experten profitieren, bewährteVerfahren ermitteln, die zur Anpassung an ihren nationalen Kontext geeignet sind, dieMöglichkeit zur Verbesserung der Mobilität ihrer Lernenden ergreifen usw.

265 Euler D. (2013), Germany’s dual vocational training system: a model for other countries?

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6. FINANZIERUNG DUALER AUSBILDUNGSSYSTEME

WICHTIGSTE ERKENNTNISSE

• Die Berufsbildung an Schulen wird aus den öffentlichen (nationalen oderregionalen) Haushalten finanziert. Der am Arbeitsplatz stattfindende Teil vonbetrieblichen Ausbildungen und anderen dualen Ausbildungsmodellen wirdvorrangig von den Arbeitgebern finanziert. Dies umfasst die Kosten fürVergütung, Versicherung, Betreuungs-/Ausbildungszeit und materielleAusstattung. Duale Ausbildungsmodelle in verschiedenen EU-Ländern werdenzudem vom Europäischen Sozialfonds (ESF) kofinanziert.

• Die Kriterien zur Bestimmung der Höhe der staatlichen Förderung für Anbietervon Berufsbildung sollten mit Sorgfalt festgelegt werden, um zu vermeiden, dassder auf der Qualität des Ausbildungsangebots liegende Schwerpunkt umgelenktwird. Beispielsweise werden mit einer Förderung, die sich hauptsächlich nach derAnzahl der Auszubildenden in einer Schule/Einrichtung richtet, Anreize zurErhöhung der Anzahl der Auszubildenden geschaffen, die aber nichtnotwendigerweise mit einer Verbesserung der angebotenen Ausbildungsqualitäteinhergeht.

• Zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen wird von staatlicher Seite versucht,die Arbeitgeber durch finanzielle Anreize (Zuschüsse, Subventionen,Steuerentlastungen usw.) zu überzeugen. Auch den Lernenden werden finanzielleAnreize/Entlastungen geboten, mit denen die Teilnahme anBerufsbildungsprogrammen/dualen Ausbildungen attraktiver gemacht unddarüber hinaus benachteiligte soziale Gruppen unterstützt werden sollen.

• Die Wirksamkeit finanzieller Instrumente und Maßnahmen hängt in hohem Maßevon den einzelstaatlichen/lokalen Gegebenheiten und dem jeweiligenSteuersystem ab. Die finanziellen Anreize für Arbeitgeber sollten zudem sogestaltet sein, dass Mitnahmeeffekte und eine Erhöhung desVerwaltungsaufwands vermieden werden.

• Betriebliche Ausbildungen sind für Arbeitgeber mit höheren Kosten verbunden alsandere Berufsbildungsmaßnahmen. Allerdings knüpfen sich daran auch direkteund indirekte Vorteile. Es sind diese zu erwartenden Nettovorteile, dieArbeitgeber zur Aufnahme von Auszubildenden motivieren. Folglich müssen dieArbeitgeber von diesem voraussichtlichen Nutzen überzeugt werden.

• Die Kosten für betriebliche Ausbildungen/andere duale Modelle werden durchfolgende Faktoren beeinflusst: die Sektoren, in denen die Ausbildung stattfindet;die Dauer des Lernens am Arbeitsplatz; das Verhältnis zwischen allgemeinen undunternehmensspezifischen Lerninhalten für die Auszubildenden; die Rolle derSozialpartner, insbesondere der Gewerkschaften; Arbeitsmarktregelungen wieMindestlöhne und die Schuldemografie.

• Es gibt nur wenige Untersuchungen zu Kosten und Nutzen von dualenAusbildungsmodellen, bei denen die Lernenden nur wenig Zeit am Arbeitsplatzverbringen. Es ist jedoch davon auszugehen, dass von diesen Bedingungen dieLernenden sehr viel stärker profitieren als die Arbeitgeber. Zwar hängt dies sicherauch stark von den jeweiligen Berufen und Aufgaben ab, doch dürfte es für dieMindestdauer eine Grenze geben, unterhalb derer das Interesse einesUnternehmens an der Aufnahme eines Auszubildenden potenziell gering ist (es sei

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denn, die zu übernehmenden Aufgaben sind die eines ungelernten Arbeiters). Einwichtiger Aspekt für das Kosten-Nutzen-Verhältnis dieser Modelle ist dieAbstimmung zwischen den am Arbeitsplatz und den in der Schule stattfindendenAusbildungsteilen. Wird dieser Prozess nicht gesteuert, besteht die Gefahr, dassbeide Bereiche nicht aneinander anknüpfen, sondern parallel zueinanderstattfinden, und dadurch der Nutzen für den Lernenden verringert wird.

6.1. AllgemeinesDie Bereitstellung ausreichender Mittel und ein leistungsstarkerFinanzierungsmechanismus sind von wesentlicher Bedeutung für die Nachhaltigkeit undLeistungsfähigkeit eines Berufsbildungssystems266. Allerdings kann die Bestimmunggeeigneter und nachhaltiger Finanzierungsmodelle für die Berufsbildung eineHerausforderung darstellen. Im Kommuniqué von Helsinki (2006)267 wurdehervorgehoben, dass zur Förderung und Verbesserung der Berufsbildung einausgewogenes Verhältnis zwischen öffentlicher und privater Finanzierung und geeignetenInvestitionsmechanismen erforderlich sind268. Die Einrichtung eines geeignetenFinanzierungsmechanismus ist umso wichtiger angesichts der jüngsten Wirtschaftskrise,in deren Folge in vielen Ländern die Ressourcen von Staat und Arbeitgebern starkzurückgegangen sind. Da die Anzahl der angebotenen Ausbildungsplätze in Zeiten deswirtschaftlichen Abschwungs üblicherweise abnimmt269, verdeutlicht die Wirtschaftskrisezudem den Bedarf an Finanzierungsmodellen, die auch in Krisenzeiten tragfähig sind.

Untersuchungen in den zehn ausgewählten Ländern zeigen innereuropäischeUnterschiede zwischen den Finanzierungsmodellen für die Berufsbildungssysteme/dualenAusbildungssysteme auf. An der Finanzierung sind im Wesentlichen der Staat(Zentralregierung oder regionale/kommunale Behörden), die Arbeitgeber und dieAuszubildenden beteiligt. Aber auch andere Organisationen (wie etwa Kammern) sind,abhängig von der Struktur des jeweiligen nationalen Aus- und Weiterbildungssystems, ineinigen Ländern aktiv. Zwischen diesen Finanzierungsmodellen wurden trotz ihrerUnterschiede gemeinsame Merkmale festgestellt.

6.2. Öffentliche Förderung und AnreizeDie öffentlichen Mittel, die auf die berufliche Aus- und Weiterbildung abzielen, beziehensich hauptsächlich auf die Finanzierung von öffentlichen und öffentlich finanzierten(privaten) Anbietern von beruflicher Aus- und Weiterbildung. Die Regierungen fördernduale Systeme, indem sie Arbeitgebern, die Lehrstellen anbieten, direkte oder indirektefinanzielle Anreize bieten.

Schulische Aus- und Weiterbildung – Wer bezahlt das?Die öffentliche schulische Aus- und Weiterbildung wird hauptsächlich ausstaatlichen/regionalen Mitteln finanziert270. Staatliche/regionale Mittel stellen dieHauptfinanzierungsquelle für rein/vorwiegend schulische Aus- und

266 Tessaring M. (1998), Training for a Changing Society. A Report on Current Vocational Education andTraining Research in Europe.

267 Kommuniqué von Helsinki über die verstärkte europäische Zusammenarbeit in der Berufsbildung.Kommuniqué der für Berufsbildung zuständigen europäischen Minister, der europäischen Sozialpartnerund der Europäischen Kommission – Überprüfung der Prioritäten und Strategien des Kopenhagen-Prozesses in Helsinki am 5. Dezember 2006.

268 Cedefop (2009a).269 Brunello G.(2009), The effect of economic downturns on apprenticeships and initial workplace training: A

review of the evidence.270 Hoeckel K. Costs and Benefits in Vocational Education and Training. 2008.

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Weiterbildungssysteme und den schulischen Teil (theoretische Ausbildung) von dualenProgrammen/Lehrlingsausbildungsprogrammen dar. Die staatlichen Mittel werden vondem Ministerium für Bildung oder anderen Bildungsbehörden bereitgestellt. Die staatlicheFinanzierung deckt eine breite Palette an Kosten ab, darunter die Schulinfrastruktur,Lehrergehalte, Schulbücher etc. Private Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildungexistieren in allen Ländern parallel zu den öffentlichen Anbietern, ihr Anteil ist jedochgeringer. Private Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildung können in einigenLändern (DE, PT, UK (ENG)) finanziell gefördert werden. Diese Förderung setzt in derRegel die Erfüllung bestimmter Kriterien und/oder die Bereitschaft des Anbieters voraus,staatliche Lehrpläne umzusetzen. Regionale/lokale Behörden können an der Finanzierungund/oder der vollen oder teilweisen Verwaltung des Budgets für berufsbildende Schulenbeteiligt sein.

Tabelle 12: Hauptfinanzierungsquellen für die schulbasierte Aus- undWeiterbildung271

Finanzierungsquellen Länder

Staats-/Zentralregierung (direkteFinanzierung)

EL, FR, PT, UK (ENG), NLLehrergehalte: CZ, SK

Regionale BehördenCZ (Infrastruktur), DE, ES, FI, FR(Infrastruktur), IT, LT, LU, PL, SK(Infrastruktur)

Quellen: ICF International-Studie zu den ausgewählten Ländern; Eurypedia; Europäische Kommission - GDBeschäftigung (2012c)

Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildung können jedoch auch Mittel auszusätzlichen Quellen erhalten, z. B. vom Ministerium für Arbeit (IT).

Schulbasierte Aus- und Weiterbildung: Wie werden die Mittel berechnet?

Die Zuteilung von Mitteln von staatlichen/Regierungs- oder regionalen Behörden anAnbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildung beruht üblicherweise auf einer Reihevon Kriterien. Dabei können Schlüsselkriterien bestimmt werden, mit denen dieZuteilung von staatlichen Mitteln an berufsbildende Schulen gesteuert wird (Tabelle 13).

271 Europäische Kommission – GD Beschäftigung, 2012c.

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Tabelle 13: Kriterien272 für die Zuteilung von Mitteln an berufsbildendeSchulen/Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildung

Länder

Anzahl von Schülern/ pro Kopf CZ, DK, EE, FI, IT, NL273, PL, PT274, SK, UK(Wales)

Programmeigenschaften FR, PL, PT275, UK (ENG)

Ergebnisse (z. B. die Anzahl dererlangten Abschlüsse)

NL; Reformen sind in FI und UK (ENG) imGange.

(kein einzelnes Hauptkriteriumentdeckt)

EL

Quellen: Untersuchung von ICF International; Eurypedia.

Wie in Tabelle 13 dargestellt, ist die Anzahl von Schülern das häufigste gemeinsameKriterium, das von den Regierungen für die Berechnung der Mittel, die denberufsbildenden Schulen zugeteilt werden, verwendet wird, so wie im Falle vonallgemeinbildenden Schulen. Derartige Fördersysteme regen Schulen üblicherweise dazuan, zu versuchen, mehr Schüler zu anzuziehen. Dies führt zu einem gewissen Wettkampfum Schüler unter den Ausbildungseinrichtungen (auch zwischen den allgemeinbildendenund berufsbildenden Schulen). Wird es sehr liberal umgesetzt, kann dieses Kriterium zueiner erhöhten Bereitstellung von den Programmen führen, die unter den Schülern (undihren Familien) am „beliebtesten“ sind. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass dadurchnicht die Anpassung an die Bedürfnisse des Marktes garantiert wird. Tatsächlich könnteneinige Programme, die sehr beliebt sind (d. h. ein positives Image haben), nur schwacheBeschäftigungsaussichten bieten.

Die staatliche Förderung von Anbietern von beruflicher Aus- und Weiterbildung kannauch von den Eigenschaften des angebotenen berufsbildenden Programmsabhängen: der Dauer, den Anforderungen hinsichtlich Infrastruktur und Material usw.Dies ist von Bedeutung für Anbieter von Aus- und Weiterbildung im Rahmen einesdualen Systems oder jene Anbieter von schulbasierter Aus- und Weiterbildung, dieausgestattete Werkstätten benötigen, da die Kosten solcher Systeme sektorübergreifendvariieren (siehe Abschnitt 6.5).

272 Kategorien aus Cedefop übernommen: Output-Related Funding in Vocational Education and Training: ADiscussion Paper and Case Studies. 1998. Im Internet abrufbar unter:(http://www.cedefop.europa.eu/EN/Files/5080_en.pdf).

273 Die jüngste Reform wird das Fördersystem für Schulen ändern: obwohl die Pro-Kopf-Regel beibehaltenwird, wird die Finanzierung auf einem Stufenmodell gründen, das den Betrag pro Schüler mit demAusbildungsjahr des Schülers verbindet.

274 Für öffentliche Schulen im Allgemeinen, einschließlich berufsbildende Schulen; Ministerium für Bildung –Portugal, 2011a. Abgerufen am 28.2.2014 unter:http://dre.pt/pdf2sdip/2011/04/079000000/1802418026.pdf.

275 Für die öffentliche Förderung von privaten Anbietern von Fachkursen; Ministerium für Bildung – Portugal,2010. Abgerufen am 28.2.2014 unter: http://dre.pt/pdf2sdip/2010/12/236000000/5944459447.pdfMinistry of Education Portugal (2011b), accessed on 28/2/2014 from Internet:http://dre.pt/pdf2sdip/2011/09/180000000/3752337525.pdf.

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Die Förderung von Lehrstellen im Vereinigten Königreich (England) beruht ebenfallsauf Gewichtung. Die Mittel stammen von der „Skills Funding Agency“ und werdenBerufsbildungsanbietern zugeteilt (z. B. einer weiterführenden Schule). DieAusbildungsquote wird auf die einzelnen Ausbildungen angewendet und auf einer Formelfür die Programmgewichtung gegründet. So werden Ausbildungen z. B.„programmgewichtet“, um die relativen Kosten der Leistung in verschiedenen Sektorenund Fachbereichen festzustellen. Dementsprechend wird das Verwaltungsprogramm als„grundlegend“ gewichtet, die darstellende Kunst als „niedrig“, der Bau, die Planung unddie bebaute Umwelt als „mittel“. Jeder Komponente des Ausbildungsprogramms wird einFördersatz zugeteilt, abhängig von der Programmgewichtung.

In Finnland werden im Rahmen des Fördersystems auch Kostenunterschiede in denverschiedenen Bereichen/Fachrichtungen der beruflichen Aus- und Weiterbildungberücksichtigt, da die Mittel für jeden Anbieter von beruflicher Aus- und Weiterbildungauf der Grundlage von Stückkosten gesondert berechnet werden.

Bei der ergebnisorientierten Finanzierung werden die Inputindikatoren wie etwa dieEinschreibung von Schülern nicht berücksichtigt, die Leistungen/Ergebnisse derAusbildung allerdings schon, z. B. die Anzahl erlangter Abschlüsse.

In den Niederlanden beruht das Fördersystem für die berufliche Aus- undWeiterbildung auf beiden Faktoren – der Anzahl an Studenten sowie der Anzahl anerlangten Abschlüssen.

Bei der Zuteilung von staatlichen Mitteln an Schulen können jedoch auch dieEigenschaften der Gemeinde/Region (wie etwa Bevölkerung, demografischeZusammensetzung, Migrantenanteil usw.) berücksichtigt werden, anstatt dieEigenschaften der Schule selbst276.

6.2.1. Die Arbeitgeber und die Lernenden motivieren

Duale Systeme werden im Vergleich zu schulbasierter Aus- und Weiterbildung alskostengünstiger für die Regierungen/Behörden angesehen, da ein bedeutender Teil desUnterrichts (und somit der Ausgaben) in einem Arbeitsumfeld stattfindet. Insbesonderebei der Lehrlingsausbildung werden die Kosten der betrieblichen Ausbildunghauptsächlich vom Arbeitgeber getragen (siehe Abschnitt 6.5). Nichtsdestotrotz könnenRegierungen diese Kosten den Arbeitgebern erstatten, um sie anzuregen, mehrLehrstellen anzubieten, zum ersten Mal Lehrstellen anzubieten und/oder Praktika fürbestimmte Schülergruppen (z. B. in DE) anzubieten.

Auszubildende/Schüler können vom Staat ebenfalls finanziell gefördert werden währendsie an dualen Systemen teilnehmen. Da jedoch die Arbeitgeber einen größeren Teil derKosten der Lehrlingsausbildung/des dualen Programms tragen, richten sich finanzielleAnreize häufig an Arbeitgeber statt an Schüler.

276 ReferNet Country Report, 2012.

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Tabelle 14: Staatliche Fördergelder für Arbeitgeber

Finanzielle Anreize vom Staat für dieArbeitgeber

Länder

Finanzhilfen DE, FR, UK.

Senkung der Sozialleistungsbeiträge AT, BE, CY, EL, FR, IT, SI

Steueranreize FR, HU, SI

Subventionen AT, CY, EE, NL, PL

Ausgleichszahlung für gezahlte Löhne; Bonus;andere Beihilfen/Provisionen BE, DK, EE, FI, FR, HU, PL

Nichtfinanzielle Anreize PT

Quellen: Europäische Kommission – GD Beschäftigung, 2012c. Refernet Länderberichte (2012); EuropäischeKommission (2013e); Torres C. (2012), Taxes and Investment in Skills; Steedman, H.: The state ofapprenticeship in 2010: International Comparisons; 2010, ICF International-Studie zu den ausgewähltenLändern.

In Studien wird hervorgehoben, dass verschiedene Finanzierungsmechanismen in Europaeingerichtet sind, mit denen die Ausbildung am Arbeitsplatz gefördert wird. In TabelleA6.1 in Anhang 6 wird eine genauere Übersicht über die finanziellen Motivebereitgestellt, die Unternehmen und Lernenden angeboten werden, um ihre Teilnahmean dualen Programmen/der Lehrlingsausbildung fördern.

Wie in Tabelle A6.1 dargestellt, sind Subventionen oder Festbeträge fürUnternehmen die wichtigsten Finanzierungsinstrumente, die von europäischen Ländernverwendet werden. Die Bereitstellung von Subventionen ist üblicherweise an bestimmteKriterien gebunden, so muss z. B. der Arbeitgeber zusätzliche Ausbildungsplätzeanbieten. Die Verbindung von Ausbildungsplätzen mit der Bereitstellung vonSubventionen kann Auszubildende gegenüber anderen Arbeitnehmergruppen attraktivermachen. Es steht daher zu erwarten, dass die Anzahl an Auszubildenden aufgrund derSubventionen steigen wird277. Somit können Subventionen als ein Mittel eingesetztwerden, um die Kluft zwischen der Nachfrage nach und dem Angebot anAusbildungsplätzen zu verringern. In Fällen, in denen Subventionen an die Bereitstellungvon Ausbildungsplätzen für eine bestimmte Gruppe von jungen Menschen geknüpft sind,fördern diese zudem die Ausbildung und Weiterqualifizierung von Jugendlichen, diekeinen Ausbildungsplatz gefunden haben oder nicht hinreichend ausgebildet sind, umeine Stelle zu finden. Da die Bereitstellung von Subventionen an bestimmte Personengebunden ist, könnte dieses Werkzeug den Arbeitgebern auch Anreize bieten,sicherzustellen, dass geförderte Auszubildende die Ausbildung nicht vorzeitigabbrechen278.

277 Westergård-Nielsen, N. und Rasmussen, A.R.: Apprenticeship Training in Denmark- The impacts ofsubsidies. 1997.

278 Fries J. et al.: Do employment subsidies reduce early apprenticeship drop out? 2012.

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Steueranreize sind ein weiteres gemeinsames Finanzierungswerkzeug, dasRegierungen verwenden, um mehr Arbeitgeber für die dualenProgramme/Lehrlingsausbildung zu gewinnen. Angesichts der Tatsache, dass dieArbeitgeber (direkte und indirekte) Kosten zu tragen haben, wenn sie Ausbildungsplätzeanbieten, stellen die Steueranreize eine Möglichkeit dar, ihre finanzielle Gesamtbelastungzu minimieren. Daher werden Steueranreize als eine Art Belohnung betrachtet.

Ausbildungsabgaben279 können zur Förderung der Berufsausbildung ebenfallseingesetzt werden. Die Arbeitgeber zahlen in einen Fonds ein, mit dem dieBerufsausbildung finanziert wird, und ihre Unternehmen spielen überAusbildungsausschüsse oder Tarifvereinbarungen eine Schlüsselrolle.Arbeitgebervereinigungen können sich mit bestimmten Branchen auf die Entwicklungeiner solchen Abgabe einigen. Die Unternehmen zahlen eine Abgabe, die üblicherweiseauf einem Anteil ihrer Löhne basiert. Somit sind die Abgaben von großen Unternehmenhöher. Vorausgesetzt, dass alle Unternehmen finanzielle Unterstützung beantragenkönnen, sollen Ausbildungsabgaben dazu beitragen, Unternehmen darin zu bestärken,jungen Menschen Ausbildungsplätze anzubieten. Es wurden zwei Hauptarten vonAusbildungsabgaben erkannt:

Ausgleichszahlungen: Alle Unternehmen zahlen die Abgabe, und diegesammelten Mittel werden dann nur an diejenigen Unternehmen ausgezahlt, diebestimmte Ausbildungskriterien erfüllen.

Steuerfreibetrag: Unternehmen, die eine hochwertige innerbetrieblicheAusbildung anbieten, können von einem Teil oder der gesamten Steuerlast befreitwerden.

Staatliche Finanzierungswerkzeuge können auf bestimmte Branchen, in denen es amschwierigsten ist, Arbeitgeber einzubinden, ausgerichtet werden. So liegt z. B. imVereinigten Königreich (England) das Verhältnis von Auszubildendenlöhnen gegenüberErwachsenenlöhnen in den Bereichen Gastgewerbe, Kundendienst und Einzelhandelhöher, da in diesen Branchen weniger Ausbildungsplätze angeboten werden. Ziel ist es,Lernende/Auszubildende und Unternehmen zu motivieren, um die Lücke imAusbildungsangebot zu schließen280.

Finanzielle Maßnahmen können nicht nur als Belohnung für das Anbieten vonAusbildungsplätzen ergriffen werden, sondern auch als Bestrafung für jeneUnternehmen, die keine Ausbildung anbieten.

279 IAO: An Introductory Guide for Employers’ Organizations: Tackling Youth Employment Challenges 2011.Internet:http://www.ilo.org/public/english/dialogue/actemp/downloads/projects/youth/tackling_ye_guide_en.pdf.

280 Steedman H. (2010), The state of apprenticeship in 2010: International Comparisons. 2010.

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Seit den 1970er-Jahren wird in Deutschland in öffentlichen Aussprachen die Idee einerAusbildungsabgabe unterstützt, die eingeführt würde, wenn ein Unternehmen (finanziellund in Bezug auf seine Struktur) in der Lage wäre, Jugendlichen Ausbildungsplätzeanzubieten, sich jedoch dagegen entscheidet281. Eine ähnliche Abgabe wurde in dasAusbildungsförderungsgesetz von 1976 aufgenommen, jedoch im Jahr 1980 wiederverworfen282. Die Diskussion wiederholt sich immer wieder – so resultiert z. B. derderzeitige Ausbildungspakt aus einer einschlägigen öffentlichen Aussprache. Anstatt eineStrafe zu zahlen, einigten sich die Interessenträger, die am Ausbildungspakt beteiligtsind, auf eine „freiwillige Selbstverpflichtung“, die Zahl der Ausbildungsplätze zuerhöhen.

Große Unternehmen (mit mehr als 250 Mitarbeitern) in Frankreich müssen eineMindestquote an „alternierenden“ Auszubildenden283 unter ihren Mitarbeitern erfüllen.Diese Quote wurde um 3 % auf 4 % erhöht und wird ab dem Jahr 2015 auf 5 %angehoben. Arbeitgeber, die diese Quote nicht erfüllen, müssen eine zusätzliche Steuer(Malus) entrichten.

6.2.1.1. Finanzielle Unterstützung aus dem Europäischen SozialfondsDiverse Lehrlingsausbildungsprogramme in der EU werden durch den EuropäischenSozialfonds (ESF) kofinanziert (siehe Tabelle A6.2 in Anhang 6).

Der Umfang, in dem duale Bildungssysteme von der ESF-Finanzierung abhängig sind,variiert stark zwischen den Ländern. Dies zeigt, dass viele Länder nicht über dieKapazitäten verfügen, um eine hinreichende Arbeitgeberbeteiligung anzuregen, weshalbsie die gesamten Ausbildungskosten tragen. Angesichts der derzeitigen Einschränkungenin den öffentlichen Haushalten wird die EU-Finanzierung genutzt, um die Bereitstellungvon Ausbildungsplätzen zu fördern. Somit scheinen mit dem ESF Ausbildungsplätze inBelgien, Bulgarien, Frankreich, Griechenland, Irland, Italien, Lettland, den Niederlanden,dem Vereinigten Königreich und Zypern gefördert zu werden284 Seine Bedeutung nimmtin Ländern/Gebieten mit knapp bemessenen staatlichen/regionalen Mitteln, z. B. inGriechenland oder Süditalien, zu285. Dies wirft jedoch die Frage nach der Nachhaltigkeitvon Programmen auf, die stark von Europäischen Fonds abhängig sind.

6.3. ArbeitgeberbeitragDie Einbindung von Arbeitgebern in die Finanzierung von Ausbildungsplätzen ist als einesder Qualitätskriterien286 und Schlüsselelemente der Lehrlingsausbildung anerkannt287.

Der Grad der Arbeitgeberbeiträge variiert deutlich zwischen den Ländern und steht indirektem Zusammenhang mit dem Anteil an arbeitsbasiertem Lernen inBerufsbildungsprogrammen.

281 Internet: http://www.servat.unibe.ch/dfr/bv055274.html.282 Die Regelung wurde vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt.283 Entweder Auszubildende oder Personen, die einen „contrat de professionalisation“ unterzeichnet haben.284 Europäische Kommission (2013d).285 Keine Daten für Regionen in Italien verfügbar.286 Berneri, L. in Linderholm und Parker: Quality in Apprenticeships in the European Union. 2000.287 Fuller, A. und Unwin, L. (2003) in Rudd, H. et al.: Rapid Review of Research on Apprenticeships. 2008.

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Tabelle 15: Höhe der Investitionen durch Unternehmen inBerufsbildungsprogramme der höheren Schule mit arbeitsbasierterKomponente (niedrig, mittel, hoch) im Verhältnis zum Anteil anSchülern (niedrig, mittel, hoch), die in diese Programmeeingeschrieben sind288

Bedeutung von Investitionen durch Unternehmen289

Anteil andualer/Teilzeit-Berufsbildung

gegenüber allenSchülern

NIEDRIG MITTEL HOCH

HOCH (30 %) CZ, DK, EE AT DE, CH

MITTEL (6 - 30 %) FI, NO, SK FR, HU, LU, UK

NIEDRIG (<6 %) BE, EL, IE, PL, PT,SI, SE

Subventionen AT, CY, EE, NL, PL

Quellen: OECD, 2011a.

Obwohl zwischen den Ländern Unterschiede bestehen, werden die Auszubildendenlöhnein allen gewählten Ländern durch den Arbeitgeber gedeckt, und sehr häufig auch dieSozialversicherungskosten. Neben der direkten Finanzierung der Auszubildendenkosten(Löhne), können Arbeitgeber auch durch Steuern zur Finanzierung beitragen (z. B. durchdie Auszubildendensteuer – taxe d'apprentissage – in Frankreich).

Die Beiträge von Arbeitgeberorganisationen und Arbeitgeber-/Branchenverbändenkönnen bei der Unterstützung der Finanzierung von dualenProgrammen/Berufsausbildungsprogrammen auch eine wichtige Rolle spielen.

In Polen290 können dem Arbeitgeber die Kosten für Auszubildendenlöhne undSozialversicherung aus dem Arbeitsfonds erstattet werden. Dieser ist Teil desStaatshaushalts, wird jedoch durch Beiträge von allen Unternehmen im Land unterstützt.Ferner können Mitglieder des Polnischen Handwerksverbandes aus dem Bildungsfondsdes Verbandes gefördert werden.

288 Umfasst nur EU-Länder, Norwegen und die Schweiz; die Quelle umfasst alle OECD-Staaten.289 Laut der OECD stellt die Bedeutung von Investitionen durch Unternehmen einen Index dar, mit dem die

Zeit, die Auszubildende an ihrem Arbeitsplatz verbringen, die Intensität der Ausbildung (wöchentlicheLehrzeit) am Arbeitsplatz und Kontrollen für die öffentliche Rückerstattung solcher Ausgaben reflektiertwerden.

290 Minister of Labour and Social Policy Regulation of 26 April 2007 on the reimbursement from the LabourFund salaries paid to apprentices (Journal of Laws 2007, No 77, item. 518 with further amendments),http://isap.sejm.gov.pl/DetailsServlet?id=WDU20070770518; und Interviews mit Sachverständigenwährend der Forschung des ICF International in Polen.

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6.4. Kosten und Vorteile der Lehrlingsausbildung und andererdualer Programme

In Berufsbildungssystemen mit dualen Programmen wirkt sich das Gleichgewichtzwischen den Kosten und Vorteilen (monetär oder nicht) verschieden auf dieEntscheidung der Akteure, in duale Programme/die Lehrlingsausbildung eingebunden zuwerden, sowie die Effektivität aus291. Die Kosten werden von den Regierungen/Behörden,Arbeitgebern und Lernenden getragen und Vorteile sind für alle drei Akteure zuerwarten. In Tabelle A6.3 in Anhang 6 wird eine Übersicht über die direkten undindirekten Kosten für Schüler und Arbeitgeber für den schulischen Teil und dieAusbildung am Arbeitsplatz bereitgestellt.

Wenn man alle Kosten (direkte und indirekte) zusammenfasst, ziehen schulbasierteBerufsausbildungssysteme niedrigere Investitionen nach sich alsAusbildungsmaßnahmen am Arbeitsplatz, insbesondere die Lehre. Allerdings sind für denStaat duale Programme gegenüber der vollschulischen Berufsausbildung wenigerkostenintensiv: Da die Schüler ganze Zeitspannen am Arbeitsplatz verbringen, wird inden Schulen weniger Infrastruktur/Ausrüstung benötigt, es wird weniger Unterrichtszeitvon Berufsschullehrern benötigt usw., was die Ausgaben für den Staat dämpft.Schätzungen zufolge trägt der Staat etwa 25 % der Kosten für einen Ausbildungsplatz292.

Es sollte jedoch nicht behauptet werden, die Kosten seien hoch oder niedrig, ohne diesein einen Bezug zu den Vorteilen zu setzen. Alle Akteure sollten für ihre Investitionen induale Programme eine Rendite erhalten, unabhängig davon, ob die Investitionenmonetär sind oder sich auf die investierte Zeit beziehen. Allerdings könnten sich, wieauch bei Bildung im Allgemeinen, einige Arten der positiven Auswirkungen auf dendirekten Begünstigten (den Lernenden) und sogar noch mehr auf die Arbeitgeber, dieGesellschaft und die Wirtschaft allgemein erst mittel- bis langfristig offenbaren293. Ineiner Kosten-Nutzen-Analyse von Lehrlingsausbildung und dualer Ausbildung solltendaher sowohl die kurz- als auch die mittelfristigen Vorteile berücksichtigt werden.Hinsichtlich der mittelfristigen Vorteile wird z. B. geschätzt, dass in den Jahren 2021-2022 die im Zeitraum zwischen 2012-2013 und 2021-2022 abgeschlossenen Lehren inEngland zu einer Produktivitätssteigerung in Höhe von GBR 3,4 Mrd. netto zur englischenWirtschaft (England) beitragen werden294.

Angesichts der hohen Kosten stellt sich die Frage, warum sich Arbeitgeber an derLehrlingsausbildung beteiligen. Die Arbeitgeber willigen ein, die Kosten derBerufsausbildung zu teilen, da sie annehmen, dass sie ihre Kosten durch direkte undindirekte Vorteile wieder hereinholen werden. Deshalb müssen sie von denVorteilen der Beteiligung an dualer Ausbildung überzeugt werden, damit sieteilnehmen295. Dies trifft sogar auf Länder mit gut ausgebautenBerufsausbildungssystemen, wie etwa die Schweiz, zu296.

291 Berneri, L. in UEAPM in Linderholm und Parker, E.: Quality in Apprenticeships in the European Union.2000.

292 Europäische Kommission, 2013f.293 Tabelle A6.4 in Anhang 6 umfasst die wichtigsten kurz- und langfristigen Vorteile von berufsbildenden

Programmen/ der Lehrlingsausbildung.294 Basierend auf Daten des Centre for Economics and Business Research, März 2013.295 Hogarth ,T. et al.: Maximizing apprenticeships: completion rates. 2005.296 Wolter, S.C. et al.: Why Some Firms Train Apprentices. 2003. Mühlemann, S. et al. (2007) in Dionisius, R.

et al: Cost and Benefit of Apprenticeship Training: A Comparison of Germany and Switzerland. 2008.

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Es wird ferner davon ausgegangen, dass sich die erwarteten Netto-Vorteile auf dieEinstellung der Arbeitgeber gegenüber Auszubildenden auswirken297. Wenn einArbeitgeber davon ausgeht, dass er Netto-Vorteile aus der Berufsausbildung erhält, wirder sich möglicherweise toleranter gegenüber der weniger produktiven Leistung vonAuszubildenden in den Anfangsphasen der Ausbildung zeigen. Andererseits werden sichArbeitgeber, die von den Netto-Kosten profitieren möchten, auf die Auszubildendenkonzentrieren, die sofort produktiv sein können, d. h. jene mit mehr Fähigkeiten. Dieskann die Abbrecherquote bei „schwächeren“ Auszubildenden steigern. Gleichermaßenkönnen sich die erwarteten Netto-Kosten auf die Auswahl von Auszubildenden298 durchdie Arbeitgeber auswirken, indem schwache Schüler, Abbrecher anderer Bildungsebenenoder Jugendliche aus jeder Art von Gruppe, die als weniger produktiv angesehen oderdas Programm mit hoher Wahrscheinlichkeit abbrechen wird, ausgelassen werden.

6.4.1. Faktoren, die die Kosten und Vorteile vonLehrlingsausbildungssystemen beeinflussen

In der Literatur wird eine Vielzahl von Faktoren hervorgehoben, die dieFinanzierungsprogramme für berufliche Bildungsprogramme/duale Ausbildung,insbesondere Lehrlingsausbildung, beeinflussen299.

Art der bereitgestellten Ausbildung: schulbasiert gegenüber hauptsächlichunternehmensbasiert;

o Netto-Kosten/-Vorteile, die für Unternehmen entstehen;

o Netto-Kosten und -Vorteile für Lernende; aber auch

o wahrgenommene Kosten und Vorteile sowohl für Unternehmen als auchLernende.

Bei dualen Ausbildungssystemen mit einem hohen Anteil an arbeitsbasiertemLernen wirkt sich der Sektor/die Branche, in dem/der die Ausbildung stattfindet,auf die Kosten aus300.

Das Gleichgewicht zwischen allgemeiner oder (unternehmens-) spezifischerAusbildung, die von Arbeitgebern angeboten wird.

Rahmenbedingungen wie z. B.:

o der Grad der Beteiligung von Arbeitgebern an der Ausbildung;

o die Rolle der Sozialpartner in der beruflichen Bildung und insbesondere vonGewerkschaften;

o Arbeitsmarktregelungen, Festlegung von Mindestlöhnen.

Insbesondere die Popularität der Berufsausbildung und dualerAusbildungssysteme, die den Bedarf an finanziellen oder anderen Anreizen fürUnternehmen und/oder Lernende zur Steigerung der Teilnahme unterstreicht.

297 Muehlemann, S. et al. in Muehlemann, S.und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeshipsystems for enterprises: Evidence from cost-benefit analyses. 2013.

298 Muehlemann, S. und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeship systems for enterprises:Evidence from cost-benefit analyses. 2013.

299 Es stehen mehr Informationen aus Ländern zur Verfügung und es existiert mehr Literatur zu den Kostenund Vorteilen der Lehrlingsausbildung, da Letztere regulierter ist und das Interesse der Forschung auf sichgezogen hat.

300 Europäische Kommission (2013g) und Ryan et al.: Finanzielle Aspekte der betrieblichen Ausbildung inDeutschland, Großbritannien und der Schweiz. 2011.

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Demografische Gesichtspunkte und Eigenschaften der Schüler (Alter, vorherigeBildungsabschlüsse, die Zeit, die für den Abschluss eines beruflichenBildungsprogramms und die Sicherung eines Arbeitsplatzes benötigt wurde)301.

Der Auszubildendenlohn stellt die wichtigsten Direktkosten dar, die der Arbeitgebertragen muss. Die Höhe dieses Lohns wird im Ausbildungsvertrag festgelegt, istmöglicherweise in der nationalen Gesetzgebung verankert, und wird üblicherweise alsProzentanteil des nationalen oder sektoralen Mindestlohns berechnet. Auszubildendeerhalten verschiedene Stufen von Löhnen über Landesgrenzen hinweg302. Diese sind denUnterschieden in Löhnen, Branchen, einschlägiger Regulierung, Dauer des Programmsetc. geschuldet.

In Tabelle A6.5 in Anhang 6 wird die Vergütung von Auszubildenden in denausgewählten Ländern, die ein Lehrlingsausbildungssystem haben, dargestellt. Die Höhedes Auszubildendenlohns kann von dem Alter der Auszubildenden abhängen (FR, NL),von der besonderen Qualifikation, die sie zu erlangen hoffen (DE) und ihrerArbeitserfahrung (FR, PL).

Es wurden auch deutliche Unterschiede zwischen den Auszubildendenlöhnen inverschiedenen Branchen beobachtet. In Ryan et al. (2011)303 wurde eine Kluft zwischenden Anfangslöhnen von Auszubildenden im Ingenieurwesen und im Einzelhandel inDeutschland, der Schweiz und dem Vereinigten Königreich identifiziert. Die Kluft kannauf die Zeit, die die Auszubildenden in den Unternehmen verbrachten, zurückgeführtwerden: Aufgrund der Komplexität der Infrastruktur und der Aufgaben imIngenieurwesen verbringen die Auszubildenden während des ersten Ausbildungsjahresmehr Zeit in der Berufsschule als im Unternehmen. Im Einzelhandel ist das genaueGegenteil der Fall. Branchenübergreifende Lohnunterschiede können auch aufunterschiedliche Bildungsabschlüsse von Auszubildenden zurückzuführen sein. InDeutschland wird ein Mechatroniklehrling, der über einen Hochschulabschluss verfügt,mit etwa 930 EUR Brutto vergütet, während ein Friseurlehrling, der über einenHauptschul- oder sogar gar keinen Abschluss verfügt, nur etwa 370 EUR Bruttobekommt304. Die Branchen beeinflussen die Kosten von Auszubildenden durch diegeforderte Infrastruktur: In Sektoren wie etwa der Fertigung und dem Ingenieurwesen,in denen eine High-Tech-Infrastruktur unbedingt notwendig ist, sind die Kosten höher alsin anderen Ausbildungsberufen, etwa bei Köchen.

Die Struktur des Ausbildungsplans, der Anteil an unternehmensspezifischer Ausbildungund alle oben genannten Faktoren bestimmen die Netto-Kosten/-Vorteile pro Sektor unddie Amortisationszeit für Unternehmen. So ist im Vereinigten Königreich (England) dieAmortisationszeit für die Ausbildung im Bereich Ingenieur- und Bauwesen länger (zweibis drei Jahre) als für Berufe im Einzelhandel, Gastgewerbe und derUnternehmensverwaltung305. In Deutschland benötigen die Unternehmen mehr Zeit, um

301 Hoeckel K. (2008), Costs and Benefits in Vocational Education and Training und Muehlemann S. undWolter S.C. (2013), Return on investment of apprenticeship systems for enterprises: Evidence from cost-benefit analyses. 2013.

302 Ryan, P. et al.: Finanzielle Aspekte der betrieblichen Ausbildung in Deutschland, Großbritannien und derSchweiz. 2011.

303 Ryan, P. et al.: Finanzielle Aspekte der betrieblichen Ausbildung in Deutschland, Großbritannien und derSchweiz. 2011.

304 ICF International-Studie. Es bestehen auch deutliche Unterschiede bei den Auszubildendenlöhnenzwischen Ost- und Westdeutschland, z. B. bei Friseuren: 469 EUR im Westen, 269 EUR im Osten.Internet: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_dav_internet-fachbeitrag_azubiverguetungen-2013.pdf

305 Gambin, L. et al.: Recouping the costs of apprenticeship training: employer case study evidence fromEngland. 2010.

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die Kosten für Ausbildungsplätze im Bereich Herstellung wieder hereinzuwirtschaften, alsin den Bereichen Handel, Wirtschaft, Handwerk und Bau306.

Obwohl die Höhe des Lohns von länderspezifischen Regelungen und Abkommenabhängig ist, wirken sich Gewerkschaften positiv auf die Höhe des Auszubildendenlohnsaus307. In Deutschland ist es viel wahrscheinlicher, dass sich Unternehmen, die einerGewerkschaft angehören, an der Berufsausbildung beteiligen, undMindestlöhne/Lohnkomprimierung kommen in solchen Unternehmen besser zum Tragenals in jenen, die keiner Gewerkschaft angehören308.

Doch sind diese Löhne hinreichend attraktiv, sowohl für Auszubildende als auch fürArbeitgeber? Es ist anzunehmen, dass Auszubildende an hohen und Arbeitgeber anniedrigen Löhnen interessiert sind. Gibt es also einen idealen Lohn, der beide Seitenzufriedenstellt? Auszubildende können einen niedrigeren Lohn (niedriger als der einesArbeiters) akzeptieren, wenn ihnen am Ende ihre erlangten Kenntnisse bescheinigt unddiese national anerkannt und geschätzt309 werden, da dies ihre Arbeitsmobilität steigernwürde. Die Nettoinvestitionen (zu denen auch die Auszubildendenlöhne gehören), dieArbeitgeber bereit sind zu tätigen, stehen in direktem Zusammenhang mit derbereitgestellten Ausbildung und gelten als Gleichgewicht zwischen der Ausbildungvon unternehmensspezifischen310 und allgemeinen Fertigkeiten311. AllgemeineFertigkeiten werden viel einfacher auf andere Unternehmen/Arbeitsumgebungenübertragen und ermöglichen es Auszubildenden, nach Abschluss der Ausbildung einfachzu einem anderen Arbeitgeber zu wechseln. Es ist jedoch für Arbeitgeber einfacher,unternehmensspezifische Ausbildung anzubieten, da die Produktionslinie/Arbeitsweisenicht gestört wird. Die Größe des Unternehmens spielt bei dem Gleichgewicht zwischender Vermittlung von allgemeinen und unternehmensspezifischen Fertigkeiten eine Rolle:Größere Unternehmen vermitteln eher allgemeine Fertigkeiten, während in kleinereneher die unternehmensspezifischen Fertigkeiten vermittelt werden312. Es ist daher davonauszugehen, dass Auszubildende in großen Unternehmen bessereArbeitsmarktaussichten haben313.

Die Dauer der Lehrlingsausbildung/dualen Ausbildung beeinflusst ebenfalls dasGleichgewicht zwischen Kosten und Vorteilen für Arbeitgeber. In der Forschung wirdhervorgehoben, dass die Arbeitgeber ihre Investitionen am Ende der Ausbildung wiederreinholen können, vorausgesetzt, die Produktivität der/des Auszubildenden steigtzunehmend. Am Ende haben die Arbeitgeber eine qualifizierte Arbeitskraft, die niedrigerbezahlt wird als eine Person, die vom Arbeitsmarkt eingestellt wird. Auszubildendeerreichen am Ende einer durchschnittlichen Ausbildung schätzungsweise 70-85 % derProduktivität eines qualifizierten Arbeitnehmers314, jedoch wurden zwischen den LändernAbweichungen beobachtet, die auf unterschiedliche Ausbildungssysteme, die Intensitätder Ausbildung usw. zurückzuführen sind315. Die Produktivität eines Auszubildenden

306 Mohrenweiser, J. und Zwick, Th.: (2008) Why Do Firms Train Apprentices? The Net Cost PuzzleReconsidered.

307 Ryan, P. et al.: Finanzielle Aspekte der betrieblichen Ausbildung in Deutschland, Großbritannien und derSchweiz. 2011.

308 Dustmann, Chr. und Schönberg, U.: Training and Union Wages. 2004.309 Muehlemann, S. und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeship systems for enterprises:

Evidence from cost-benefit analyses. – Bassanini, A. et al.: Workplace training in Europe. 2009.310 Zum Beispiel das Arbeiten mit einer bestimmten Software, Geschäftsprozesse etc.311 Zum Beispiel Verkaufskompetenzen.312 Pfeiffer, H. et al.: How large is the firm-specific component of German apprenticeship training? 2011.313 Europäische Kommission, 2013g.314 Muehlemann, S. und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeship systems for enterprises:

Evidence from cost-benefit analyses. 2013.315 Lerman, R.I.: Skill Development in Middle Level Occupations: The Role of Apprenticeship Training. 2013.

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gegenüber einem qualifizierten Arbeitnehmer hängt auch von der Branche ab. So ergabeine Studie z. B., dass ein Auszubildender im Ingenieurwesen 45 % der Produktivitäteines qualifizierten Ingenieurs erreichte. Im Gastgewerbe hingegen lag der relative Anteilbei 80 %316. Andererseits bedeuten die entstehenden Kosten am Ende der Ausbildung,dass das Unternehmen den Auszubildenden für einen längeren Zeitraum beschäftigensollte, um die in ihn getätigte Investition auszugleichen – dies ist auch für denAuszubildenden von Vorteil, da die Übergangsphase in die Arbeitswelt entfällt.

Einen Auszubildenden als Arbeitnehmer zu übernehmen, bietet zusätzlicheindirekte Vorteile: Das Unternehmen spart sich erhebliche Kosten, die durch dieAnwerbung von qualifizierten Arbeitnehmern vom Arbeitsmarkt entstehen, die inunternehmensspezifischen Prozessen/Werkzeugen ausgebildet werden müssen und Zeitbrauchen, sich an ihre neue Arbeitsumgebung anzupassen317. Die Hauptmerkmale vonKosten und Übernahme unterscheiden sich zwischen den Ländern. In Deutschland stehendie Unternehmen im Schnitt am Ende der Ausbildung vor Netto-Kosten, sodass dieÜbernahme des Auszubildenden recht häufig vorkommt (60 % im Jahr 2007318).Andererseits ist in der Schweiz die Übernahmequote niedriger, da die Unternehmen amEnde der Ausbildung Netto-Vorteile erhalten319.

Die Aufgaben, die Auszubildende im Unternehmen übernehmen sollen, bestimmenebenfalls die Netto-Kosten/-Vorteile. Erfordert die Aufgabe bestimmte Kompetenzen,werden die Netto-Kosten/-Vorteile von der Zeit, die der Auszubildende für dieAusführung der Aufgabe benötigt, impliziert, wobei die Produktivität des Auszubildendenmit der eines qualifizierten Arbeitnehmers und dessen Lohn verglichen wird. Beiungelernten Tätigkeiten entspricht jedoch der Vorteil für das Unternehmen dem Lohn desungelernten Arbeitnehmers auf dem Arbeitsmarkt. Dies unterstreicht denZusammenhang zwischen den Kosten und Vorteilen der Lehrlingsausbildung und denLöhnen auf dem Arbeitsmarkt320. Am wichtigsten aber ist der Beleg dafür, dass sich dieAufgaben, die Auszubildende ausführen, direkt auf die Kosten und Vorteile desUnternehmens auswirken. Dem Auszubildenden produktivere Aktivitäten zu überlassenkann somit die (Netto-)Kosten minimieren, wie in Deutschland geschehen321.

6.4.2. Kosten und Vorteile von anderen dualen Systemen (keineLehrlingsausbildung)

Verglichen mit der Literatur über die Lehrlingsausbildung, die vorstehend analysiertwurde, existieren nur wenige Analysen der Kosten und Vorteile von anderen dualenSystemen. Nichtsdestotrotz können folgende Annahmen gemacht werden:

Die Kosten der Systeme, bei denen die Lernenden weniger Zeit am Arbeitsplatzverbringen, sind sehr wahrscheinlich niedriger als die derLehrlingsausbildungsprogramme. Es wird weniger Zeit und Ausrüstung benötigt.

Gleichzeitig ist es sehr wahrscheinlich, dass auch die Vorteile geringer sind, weilder Lernende weniger Zeit damit zubringt, am Arbeitsplatz produktiv zu sein.Angesichts der Tatsache, dass die Lernenden bei einigen Systemen nur wenige

316 Gambin, L. et al.: Recouping the costs of apprenticeship training: employer case study evidence fromEngland. 2010.

317 Blatter, M. et al.: Hiring Costs of Skilled Workers and the Supply of Firm-Provided Training. 2012.318 Internet: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/Apprenticeship_Training_in_Germany.pdf319 Lerman, R.I.: Skill Development in Middle Level Occupations: The Role of Apprenticeship Training. 2013.320 Muehlemann, S. und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeship systems for enterprises:

Evidence from cost-benefit analyses. 2013.321 Muehlemann, S. und Wolter, S.C.: Return on investment of apprenticeship systems for enterprises:

Evidence from cost-benefit analyses. 2013.

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Wochen oder Monate am Arbeitsplatz verbringen, stellt sich ferner die Frage,inwieweit das ausgebildete Verständnis des Unternehmens hinreichend ist, umwirklich produktiv beizutragen. Wie in der Kosten-Nutzen-Analyse derLehrlingsausbildung dargestellt, benötigen Lernende Zeit, um in diesen intensivenSystemen produktiv zu werden. Es ist daher möglich, dass sich in einigen dualenSystemen die größten Vorteile hauptsächlich auf den Lernenden beziehen und dieVorteile für das Unternehmen eher geringfügig ausfallen. Allerdings ist eswahrscheinlich, dass sich dies von Branche zu Branche unterscheidet, je nachKomplexität der Aufgaben.

Es mag Volontariate oder andere Formen dualer Praktika geben, bei denen dieLernenden in den frühen Phasen bereits produktiv sein können, jedoch ist eswahrscheinlich, dass diese:

- entweder einen niedrigen Grad an Fertigkeiten und Kompetenzen erfordernoder

- sehr allgemeine Fertigkeiten und Kompetenzen aktivieren oder- eine sehr gute Koordination zwischen dem schulbasierten und dem

unternehmensbasierten Teil erfordern (siehe unten).

• Die Tatsache, dass die Vorteile für die Arbeitgeber bei diesen kurzfristigenProgrammen kleiner sind, erklärt die fehlende bzw. äußerst geringe Vergütung beidiesen Programmen. In den meisten Ländern, in denen Lernende wenige Wochenbis Monate am Arbeitsplatz verbringen, werden diese nicht vergütet, sondernerhalten eine Aufwandsentschädigung, mit der sie die eigenen Kosten deckenkönnen und die eher als symbolische Motivation dienen soll.

Folglich gibt es wahrscheinlich eine Mindestdauer, unter der die direkten Vorteileaus der Aufnahme eines Lernenden für den Arbeitgeber gleich Null sind. Dennochkann dies mittelfristige Vorteile nach sich ziehen, da Arbeitgeber so jungeMenschen mit Potenzial erkennen können, die sie nach ihrem Abschlusswomöglich beschäftigen möchten.

Die vorstehende Diskussion unterstreicht eine wichtige Herausforderung hinsichtlich derEffektivität von dualen Systemen (was zum Teil auch auf die Lehrlingsausbildungzutrifft), nämlich die Verbindung zwischen dem, was in der Schule geschieht und dem,was am Arbeitsplatz passiert. Damit diese Arten von arbeitsbasiertem Lernen ameffektivsten sind, ist es wichtig, dass zwischen den beiden Teilen Kontinuität herrschtund regelmäßige Rücksprachen stattfinden. Aufgrund des häufigen Wechsels geschiehtdies in der Lehrlingsausbildung vermutlich natürlicher. Wenngleich es nur wenigeAnalysen der Qualität von Volontariaten oder Praktika in dualen Systemen gibt, habeneinige der Befragten Bedenken über die Verbindung zwischen dem Arbeitsplatz und demschulbasierten Lernen geäußert. Länder wie Frankreich322, Finnland oder die Niederlandehaben Maßnahmen eingeführt, um diese Verbindung zu verbessern.

322 Kalck, P. et al.: La mise en œuvre de l’alternance integrative dans les formations du travail social, Etatdes lieux dans trois regions. 2013.

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6.5. Die wichtigsten Probleme mit den unterschiedlichenFördersystemen

Öffentliche Mittel

Festgesetzte Pauschalbeträge: Man könnte argumentieren, dass festgesetztePauschalzahlungen weder die nötigen Anreize für Schulen bieten, um die Qualität derBerufsausbildung zu verbessern, noch eine Belohnung für bewährteVerfahren/vorbildliche Schulen darstellen. Eine weitere Schwäche derPauschalfinanzierung zeigt sich in dem mangelnden Anreiz für Anbieter, die Schüler beimAbschluss ihrer Ausbildung zu unterstützten.

In Finnland, wo das Fördersystem der Anbieter von beruflicher Erstausbildungfestgelegte jährliche Finanzhilfen pro Schüler umfasst, wird derzeit über eine Reformdiskutiert. Das neue Fördersystem soll den Fokus stärker auf leistungsabhängigeIndikatoren wie etwa die Abschlussquoten und die Vorbeugung von Abbrüchen lenken,da sich die Förderung nach der Anzahl neuer Abschlüsse richten wird323.

Pro Kopf: Diese Art der Förderung führt dazu, dass Schulen den Fokus darauf legen, dieAnzahl der Schüler zu erhöhen, was eine Aufweichung der Zulassungskriterien zur Folgehaben könnte. In dualen Systemen könnte eine Pro-Kopf-Förderung den Schulenermöglichen, weniger Ressourcen in die Qualitätssicherung des von den Arbeitgebernangebotenen Ausbildungsprogramms, die Anpassung der Praktika an die Anforderungender Schüler usw. zu investieren. Dies sollte mit nationalen/regionalen/lokalenVorschriften natürlich möglich sein. Solche Förderprogramme sollten daher mitleistungsorientierten Indikatoren verknüpft sein, bei denen der Fokus auf die Qualität derangebotenen Ausbildung, ihre Infrastruktur und die dualen Systeme gelenkt wird undnicht nur auf die Quantität. Einschlägige Rechtsvorschriften undQualitätssicherungsmechanismen sollten die Qualität der Zulassungskriterien und derLernerfahrung für Schüler gewährleisten. In Fällen, in denen die Pro-Kopf-Förderung aufder Grundlage von Gewichtung/Regeln kalkuliert wird, sollte für dieBerufsschulen/Berufsbildungsanbieter ersichtlich sein, was diese umfasst und wie siekalkuliert wird. Andernfalls sind die Anreize für Schulen/Ausbilder unklar – wie eswiederholt in der Tschechischen Republik der Fall ist, wo die Förderung auf derGrundlage von regional festgelegten Regeln (genannt „Normen“) zugeteilt wird324.

Pro-Kopf-Förderung kann in Ländern, die vor demografischen Herausforderungen stehen,weitere Probleme verursachen: Da die Zahl junger Menschen in diesen Ländern sinkt,müssen die Schulen miteinander konkurrieren, um mehr Schüler anzuwerben (z. B. CZ).Man könnte argumentieren, dass sich Konkurrenz positiv auf die Qualität auswirkt,jedoch findet der Wettbewerb nur in Bezug auf das Image statt, und das ist nichtnotwendigerweise mit Arbeitsmarktrelevanz, Lernqualität oder Beschäftigungsaussichtenverknüpft.

323 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.324 Internet: http://www.msmt.cz/vzdelavani/skolstvi-v-cr/ekonomika-skolstvi/otazky-a-odpovedi.

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Arbeitgeberförderung aus staatlichen Finanzierungswerkzeugen/-maßnahmen

Obwohl finanzielle Anreize für Arbeitgeber ihre Vorteile haben mögen, kann ihreUmsetzung zu Bedenken führen. So können sich z. B. Subventionen, die Arbeitgebernfür die Aufnahme zusätzlicher Auszubildender angeboten werden, auf das Profil desdurchschnittlichen Ausbildungsbewerbers auswirken. Die zusätzlichen Auszubildendenverfügen möglicherweise nicht über die erforderlichen Fertigkeiten und Kompetenzenund benötigen daher vielleicht zusätzliche Ausbildung und Bemühungen seitens derinnerbetrieblichen Ausbilder/Meister. Dies zieht eine Kostensteigerung für dieArbeitgeber325 nach sich, was wiederum dazu führen kann, dass diese sich zukünftiggegen die Aufnahme von Auszubildenden entscheiden. Ferner wird davon ausgegangen,dass direkte Subventionen die Entscheidung des Arbeitgebers, Ausbildungsplätzeanzubieten, beeinflussen, nicht aber die Nachfrage nach Auszubildenden in Betriebensteigern, die bereits Berufsausbildung anbieten326.

Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, sollte finanzielle Unterstützung auf bestimmteBranchen/Industriezweige327 ausgerichtet sein, die andernfalls keine Ausbildungsplätzeanbieten würden. Wird finanzielle Unterstützung in allen Branchen/allen Arbeitgebernangeboten, könnte dies auch Unternehmen in Branchen antreiben, in denenBerufsausbildung mit geringen Kosten verbunden ist. Diese Unternehmen werden mehrAusbildungsplätze anbieten, selbst wenn die vermittelten Kompetenzen nicht auf demArbeitsmarkt gefragt sind328. Mit Subventionen können auch die Substitutionseffektegestärkt werden, d. h. Arbeitgebern werden Anreize geboten, um mehr Auszubildendeanstelle von ungelernten und geringqualifizierten Arbeitnehmern zu beschäftigen. Dieswird insbesondere in Zeiten des wirtschaftlichen Abschwungs329, wie Europa ihn geradeerlebt, ersichtlich.

Dasselbe trifft auf Steueranreize zu. Es wird davon ausgegangen, dass ihre Effekte fürKMU (und insbesondere für sehr kleine Unternehmen), die weniger verfügbare Ressourcehaben und von der derzeitigen Wirtschaftskrise besonders hart betroffen sind, stärkerausfallen. Als weniger effektiv könnten sich Steueranreize für große Unternehmenherausstellen, die bereits an der Aufnahme von Auszubildenden beteiligt sind und somitwahrscheinlicher an Berufsausbildungsprogrammen/dualen Systemen teilnehmen,unabhängig von finanziellen Motiven (Mitnahmeeffekte)330.

Die Effektivität von Steuern mit Bezug zu Berufsausbildung/dualen Systemen hängt auchvon ihrer Komplexität und der Art, wie Unternehmen sie wahrnehmen, ab. So müssensich Arbeitgeber oft einem hohen bürokratischen Aufwand stellen, um z. B. Abgabenabzuführen und zu erhalten. Komplexe Bewerbungsprozesse führen dazu, dass nurwenige Unternehmen Finanzhilfen beantragen und so häufig ein Liquiditätsüberschussentsteht. Darüber hinaus werden zu hohe Abgaben die Arbeitskosten dermaßen steigern,dass Arbeitgeber nicht mehr bereit sein werden, Auszubildende aufzunehmen.

Um Arbeitgeber anzuziehen, sollten alle Arten von Finanzierungswerkzeugen/-maßnahmen zudem einfach anzuwenden sein. Experten unterstreichen den Rückschlag

325 Steedman H. (2010), The state of apprenticeship in 2010: International Comparisons. 2010.326 Mühlemann, S. et al. (2005) in Hoeckel, K.: Costs and Benefits in Vocational Education and Training.

2008.327 Brunello, G.: (2009), The effect of economic downturns on apprenticeships and initial workplace training:

A review of the evidence.328 Wolter, S.C. und Ryan, P.: (2011) in Europäische Kommission, 2013e.329 Brunello, G.: (2009), The effect of economic downturns on apprenticeships and initial workplace training:

A review of the evidence.330 Cedefop, 2009b.

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durch die umfangreiche Bürokratie, die für das Beantragen und Empfangen vonRückerstattungen und für die Teilnahme an Berufsausbildungssystemen im Allgemeinenerforderlich ist331. Auch der Zeitpunkt der Rückerstattung kann die Entscheidung desArbeitgebers darüber, wen er aufnehmen soll, beeinflussen. In den Niederlanden z. B.steht den Arbeitgebern das neu eingeführte nationale Fördersystem erst am Ende derAusbildung oder in Teilzahlungen zur Verfügung. Dies warf Bedenken seitens einigerUnternehmen in Bezug auf ihre Liquidität auf332.

Europäischer Sozialfonds

Mit dem Europäischen Sozialfonds (ESF) wird die Umsetzung von dualen Systemen inganz Europa gefördert. In der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Lage, insbesondere imSüden Europas, können mit dem ESF diese Systeme aufrechterhalten und eine Basis fürnotwendige Reformen geschaffen werden. Jedoch sollte der ESF von den nationalenRegierungen und Interessenträgern eher als eine zusätzliche, unterstützende Maßnahmeangesehen werden, anstatt als dauerhafter Finanzierungsmechanismus.

In Griechenland wurde das einzige vor der Reform 2013 (siehe Abschnitt 4) verfügbareBerufsausbildungssystem durch den ESF kofinanziert. Mit der Reform werden dualeSysteme eingeführt und Auszubildende in allen Berufsausbildungszweigen vorgesehen.Es wird erwartet, dass die Umsetzung der Reform wieder stark auf das OperationelleProgramm 2014-2020 des ESF angewiesen sein wird. Obwohl sich so die Lücke zu dengeringen staatlichen Mitteln schließen lässt, äußern Experten Bedenken darüber, dass eszu einem neuen Berufsausbildungssystem führen könnte, das nicht aus Eigenmittelnfinanziert wird und sich daher als nicht tragbar erweist, wenn sich die Mittelbereitstellungdurch die EU ändert oder diese eingestellt wird.

Die Rolle des ESF kann sich auch auf einige der Eigenschaften von Berufsausbildungs-/dualen Systemen auswirken. Durch den ESF werden junge Menschen bis zum Alter von25 Jahren gefördert. Dies könnte sich in einigen Ländern auf die Altersgruppe derAuszubildenden auswirken, insbesondere in den Ländern, die zu sehr auf den Fondsangewiesen sind.

331 Europäische Kommission, 2013h.332 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.

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7. DUALE SYSTEME: DAS BESTEHENUNTERSCHIEDLICHER MODELLE – IHRE STÄRKENUND SCHWÄCHEN

WICHTIGSTE ERKENNTNISSE• Obwohl duale Systeme in ganz Europa an die Berufsausbildungssysteme derjeweiligen Länder angepasst sind, lassen sich in Bezug darauf, ob und wie das Lernenam Arbeitsplatz integriert ist, vier Hauptarten von Berufsbildungswegen ausmachen:eine vollständig entwickelte Lehrlingsausbildung; Systeme, bei denen dieLehrlingsausbildung parallel zu anderen Berufsbildungswegen verläuft; schulbasierteBerufsbildungswege mit einem hohen Anteil an arbeitsbasiertem Lernen; undvorrangig schulbasierte Berufsausbildungssysteme/-programme.

• Die sogenannte umfassende Lehre findet man in Österreich, Dänemark,Deutschland und in der Schweiz. Die Lehrlingsausbildung existiert auch in anderenLändern, doch in diesen vier Ländern stellt sie den Hauptberufsbildungsweg dar: Sieist höchst anerkannt und bei jungen Menschen und Arbeitgebern angesehen undzieht somit einen bedeutenden Anteil von Berufsschülern an (die Mehrheit inDeutschland und der Schweiz). Es mögen noch andere duale Systeme bestehen, aberdiese sind nur ergänzend oder werden als weniger wertvoll für die Auszubildendenangesehen.

• In den Ländern mit umfassender Lehrlingsausbildung können die Auszubildendendie Vorteile dieser neuen Art der Ausbildung genießen (wie etwa die realeArbeitserfahrung, die Entwicklung von beruflichen Fähigkeiten und Sozialkompetenz,hohe Vermittelbarkeit), werden aber auch vor Herausforderungen gestellt. DasSystem ist höchst abhängig von den Arbeitgebern, sodass, wenn diese wenigerLehrstellen anbieten, junge Menschen, insbesondere benachteiligte, aus derAusbildung ausgelassen oder ausgegrenzt werden könnten. Da Lehrstellen sehr vomArbeitgeber abhängen, erfordern sie eine entwickelte Infrastruktur und die Fähigkeit,eine Ausbildung anzubieten, die die ganze Qualifikation umfasst. Dies kann fürkleinere Unternehmen eine Herausforderung darstellen.

• Die Lehrlingsausbildung kann ein bedeutender Teil des Berufsausbildungssystemssein, muss jedoch nicht zwingend den „Hauptberufsbildungsweg“ darstellen. Ineinigen Ländern (EL, FR, IT, NL, PL, UK [England]) wird die Lehrlingsausbildungparallel zu anderen Berufsbildungswegen angeboten. In diesen Ländern wird mit demdualen Bildungssystem eine breite Palette an Qualifikationen abgedeckt undAusbildung in hochgeschätzten Berufen mit interessanten Karrieremöglichkeitenangeboten. Das Risiko der Ausgrenzung von Schülern, die Probleme haben, ist jedochgeringer als in der umfassenden Lehrlingsausbildung, da mehr alternativeBerufsbildungswege existieren. Duale Systeme spielen daher oft eine wichtige Rollebei den Bemühungen der Länder, die Schulabbrüche zu reduzieren, und die Schüler,die vor dem vorzeitigen Abgang stehen, wieder zurück in die Ausbildung zu lenken.

• Andererseits gibt es schulbasierte Programme, die einen hohen Anteil anarbeitsbasiertem Lernen umfassen. Das arbeitsbasierte Lernen findet imUnternehmen des Arbeitgebers statt und ist für den Erwerb einer Qualifikationverpflichtend. Der Anteil an arbeitsbasiertem Lernen kann von dem Programmabhängen (PT) oder von der Art der zu erlangenden Qualifikation (FR).

• Solche Programme lassen sich leichter umsetzen als die Lehrlingsausbildung, dadas arbeitsbasierte Lernen üblicherweise weniger reguliert und somit flexibler ist, siekönnen sich für Schüler eignen, die noch nicht „ausbildungsreif“ sind, und dieArbeitgeber haben weniger Kosten zu tragen. Die erhöhte Flexibilität schreibt jedocheine strengere Qualitätssicherung vor und die Arbeitgeber könnten sich angesichtsder Tatsache, dass die Praktikumszeiten kürzer sind und die Praktikanten nicht

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genügend Zeit haben, um das Produktivitätsniveau eines Auszubildenden zuerreichen, von der Teilnahme abgeneigt zeigen.

• Schulbasierte Berufsausbildungsprogramme mögen die verbreitetste Art vonProgrammen darstellen, die in Europa angeboten werden, doch in den Fällen, indenen sie die hauptsächlich angebotene Art der Berufsausbildung in einem Land sind,gilt es Schwächen zu überwinden. Die angebotene Ausbildung ist nicht mit denBedürfnissen des Arbeitsmarktes verknüpft, da Arbeitgeber gar nicht oder nur wenigmit den Schulen zusammenarbeiten. Das wirkt sich auf die Vermittelbarkeit vonAbsolventen aus und somit auf die Attraktivität der Programme für die Schüler.

7.1. Die umfassende Lehrlingsausbildung als Grundmodell derBerufsausbildung in einem bestimmten Land (Beispiel:Deutschland)

7.1.1. Wichtigste Eigenschaften des Systems der umfassendenLehrlingsausbildung

Abbildung 3: Schematische Darstellung der umfassenden Lehrlingsausbildungim Rest des Schul- und Berufsbildungssystems

Quelle: ICF International

In diversen Ländern (z. B. CH, DE, DK) stellt die Lehrlingsausbildung das Grundmodellder Berufsbildung und den regulären Weg, um eine besondere berufliche Qualifikation zuerwerben, dar. In diesen Ländern bildet die Lehrlingsausbildung den Kern derBerufsbildung. Das bedeutet nicht, dass es keine schulbasiertenBerufsbildungsprogramme gibt, diese sind aber häufig auf bestimmte Branchen undQualifikationen beschränkt (z. B. der Gesundheits- und Bildungssektor in Deutschland).Wie in Abbildung 3 dargestellt, ist die Lehrlingsausbildung in diesen Systemen:

eng in den Arbeitsmarkt integriert und in das einschlägige Arbeitsrechteingebettet (Vertrag, Vergütung, Sozialversicherung, andere Vorsorgeleistungen);

Teil des offiziellen Schul- und Berufsbildungssystems;

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eine der Hauptoptionen für diejenigen, die die Sekundarstufe I abschließen,neben der allgemeinen Ausbildung oder anderen Formen der Berufsbildung(manchmal streben Schüler aus diesen anderen Berufswegen eine Lehrstelle anund bewegen sich aus eigener positiver Entscheidung in Richtung einerLehrlingsausbildung);

eine beliebte Wahl unter den Schülern;

ein Wahlberufsweg, was bedeutet, dass nicht alle Schüler einen Arbeitgeberfinden, der gewillt ist, sie als Lehrlinge aufzunehmen, was diese jungen Menschenwiederum in Richtung anderer Optionen lenkt;

nicht immer der direkte Zugang zu höherer Bildung, weshalb die Lernenden oftZusatzkurse oder -qualifikationen machen müssen.

In diesem Abschnitt werden die wichtigsten Gemeinsamkeiten zwischen denBerufsbildungssystemen in diesen Ländern beschrieben. Es gibt jedoch auch deutlichestrukturelle Unterschiede zwischen ihnen. So beginnen z. B. dieBerufsbildungsprogramme in Dänemark333 mit einem sogenannten Grundlagenkurs.Dabei handelt es sich um ein Einführungsprogramm in einer bestimmten Branche, dasdie Schüler absolvieren, bevor sie sich für eine Fachrichtung entscheiden. DieseProgramme finden meist in Berufsschulen und Workshops statt. Erst nach Abschlussdieses Programms müssen die jungen Menschen eine Lehrstelle finden. DieseUnterschiede können für das Verständnis der Eigenschaften eines jeden Landessystemswichtig sein, werden jedoch hier nicht erörtert.

In einem umfassenden Lehrlingsausbildungssystem ist die Lehrlingsausbildung eineetablierte Form des Lernens, sie ist wohlbekannt und in der Gesellschaft akzeptiert. Inden betreffenden Ländern sind die Teilnahmequoten in der Lehrlingsausbildung hoch undLehrstellen werden für eine Vielzahl von Qualifikationen angeboten334. Die Ausbildungführt zur Entwicklung einer umfassenden beruflichen Leistungsfähigkeit des Lehrlings.Die Lehrlingsausbildung endet mit einer Abschlussprüfung und wird mit einemAbschlusszeugnis bestätigt, das im Allgemeinen weithin anerkannt ist und einen hohenStellenwert auf dem Arbeitsmarkt hat.

Das Lernen ist systematisch zwischen zwei Lernorten aufgeteilt: dem Unternehmen undder Lehranstalt. Der praktische Unterricht findet in einem realen Arbeitsumfeld in denRäumlichkeiten des Arbeitgebers statt. Betriebsausbilder sind erfahrene Fachleute, unddie Bereitstellung von Schulungen, um Auszubildende für ihre Rolle vorzubereiten, istobligatorisch. Ergänzend zur praktischen Ausbildung findet der theoretische Unterricht inden Bildungsanstalten (Schulen, Ausbildungsstätten, Berufsbildungsanbieter) statt.Sowohl in Dänemark als auch in Deutschland findet der schulische Teil derLehrlingsausbildung in öffentlichen Bildungsanstalten statt. Die Vorgaben des Lehrplanshängen von dem Beruf ab. In Deutschland existieren nationale Rahmenlehrpläne, dochder endgültige Lehrplan wird auf Länderebene festgelegt335.

Obwohl der größte Teil des Unterrichts am Arbeitsplatz stattfindet, wird auch das Lernenin der Schule als ein wichtiges Element in der umfassenden Lehrlingsausbildungerachtet. Das Ziel des schulbasierten Lernens im Rahmen der Lehrlingsausbildung

333 Cedefop: Vocational Education and Training in Denmark Short Description. 2012.334 AT: 206 gesetzlich zugelassene Abschlüsse, DE: 348 Ausbildungsberufe, DK: 12 Grundlagenkurse als

Basis für 109 Hauptprogramme, die unterschiedliche Schritte und Spezialisierungen umfassen, welche zueiner Gesamtzahl von 309 anerkannten Abschlüssen führen. Quelle: Refernet-Berichte (2012) und ICFInternational-Studien zu den ausgewählten Ländern.

335 Institut für Bildungsforschung der Wirtschaft: Factsheet Lehrlingsausbildung Deutschland – Österreich.

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besteht darin, zu gewährleisten, dass Einzelpersonen grundlegende, theoretischeKenntnisse erlangen, um ihre unternehmensbasierte Ausbildung zu ergänzen und ihreAllgemeinbildung zu erweitern336. Folglich umfasst der Lehrplan allgemeineBildungselemente zusammen mit berufs-/feldspezifischen Elementen.

Trotz des starken arbeitsbasierten Elements wird die Lehrlingsausbildung in diesenSystemen als ein Bildungsweg angesehen, der auf pädagogischem Verständnis beruhtund nicht als eine Art von Beschäftigung337.

Diese Dualität der Lernorte wird in pluralen Leitungsstrukturen widergespiegelt, andenen nationale Ministerien338 ebenso wie Unternehmensverbände undBildungseinrichtungen durch etablierte Kooperationsstrukturen und formalisierte(gesetzliche) Vorschriften beteiligt sind. Während der Staat die Berufsschulen und dieLehrpläne reguliert, spielen die Sozialpartner eine Schlüsselrolle in Bezug auf sowohl denInhalt als auch die Organisation des arbeitsbasierten Lernens.

In Deutschland äußern die Arbeitgeber ihre Meinung hinsichtlich der Lehrpläne,überwachen die Bereitstellung von arbeitsbasiertem Lernen und regulieren diePrüfungen mithilfe ihrer Kammern.

Das dänische Berufsbildungssystem ist durch einen hohen Beteiligungsgradseitens der Interessenträger gekennzeichnet, wobei nicht nur die Sozialpartnersondern auch Berufsschulen, Lehrer und Schüler auf Grundlage von Konsens undgeteilter Verantwortung an der Entwicklung und Umsetzung derBerufsbildungsabschlüsse beteiligt sind339.

Aufgrund der hohen Beteiligung der Arbeitgeber sind für sie die Qualifikationentransparent. Durch national zugelassene Ausbildungsvorschriften, Berufsbilder undQualifikationsrahmen wird die Anerkennung auf nationaler Ebene gefördert. In Ländernmit einem hohen Dezentralisierungsgrad der Bildung kann die nationale Koordinierungdurch staatliche Behörden oder Kompetenzzentren unterstützt werden. In Deutschlandz. B. arbeitet das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) daran, zukünftigeHerausforderungen in der Berufsbildung zu erkennen, führt Studien durch und erhebtDaten zur Unterstützung der Kontrollmaßnahmen und Überprüfung, und entwickeltReformen. In Dänemark fallen die regionalen Unterschiede größer aus, weil dieKompetenzzentren mehr Spielraum haben.

Gleichermaßen wird das Prinzip der Dualität widergespiegelt, indem die Kosten für dieBerufsbildung zwischen dem Staat und den Unternehmensakteuren aufgeteilt wird:schulbasierter Unterricht (Schulen, Ausrüstung, Lehrer) wird vom Staat finanziert undinnerbetrieblicher Unterreicht von den Unternehmen. Der innerbetriebliche Unterrichtkann wie folgt finanziert werden:

von den einzelnen Ausbildungsunternehmen: Arbeitgeber decken die Löhne derAuszubildenden (einschl. Sozialleitungen) ab und stellen den Unterricht inÜbereinstimmung mit den offiziellen Vorschriften (einschl. Betriebsausbilder)bereit (DE); oder

durch einen nationalen Berufsbildungsfonds: Alle Arbeitgeber, unabhängig davon,ob sie Ausbildung bereitstellen oder nicht, sind verpflichtet, einen jährlichen

336 Wie z. B. in Artikel 46 des österreichischen Schulorganisationsgesetzes festgelegt. Verfügbar unter:http://www.jusline.at/46_Aufgabe_der_Berufsschule_SchOG.html

337 Deissinger, Th.: Dual System.338 AT: Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend; DE: Bundesministerium für Bildung und

Forschung; DK: Ministerium für Kinder und Bildung.339 Refernet Country Report Denmark. 2012.

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Beitrag zu zahlen. Das Geld wird dann den Ausbildungsbetrieben zugeteilt, um dieKosten der Berufsbildung zu decken (DK).

Die Auszubildenden sind vertraglich mit dem Arbeitgeber verbunden und erhalten eineVergütung, einschließlich Krankenversicherung und Rentenansprüchen. Die Verträgewerden zwischen dem Ausbildungsbetrieb und dem Auszubildenden geschlossen und sindfür die Dauer der Lehre rechtskräftig. Somit haben Auszubildende eine ArtBeschäftigtenstatus. Dennoch sind Lehrlinge möglicherweise besser geschützt alsreguläre Arbeitnehmer, da es als öffentliches Interesse angesehen wird, dass sie dieMöglichkeit erhalten, ihre Ausbildung abzuschließen und eine Qualifikation zu erwerben.

In Übereinstimmung mit dem beschäftigtenähnlichen Status liegt es in derVerantwortung des zukünftigen Auszubildenden, eine Lehrstelle zu finden. AlleJugendlichen, die einen Ausbildungsplatz suchen, müssen einen Bewerbungsprozessdurchlaufen. über ihre Auswahl entscheidet der Arbeitgeber. Arbeitgeber in diesenLändern betrachten Ausbildungen als einen Teil ihrer Personalpolitik, deshalb wählen siesehr sorgsam aus und im Hinblick darauf, wen sie gern langfristig einstellen würden. InDänemark jedoch liegt es auch in der Verantwortung des Schülers, eine Stelle zu finden.Berufsschulen fungieren als Vermittler zwischen den Schulen und den Unternehmen. Sienehmen es auf sich, ein Netzwerk zu entwickeln und für eine hinreichende Bereitstellungvon Lehrstellen für Schüler zu sorgen. Dieser Ansatz wird von Behörden auf nationalerEbene stark gefördert, da er als Maßnahme angesehen wird, um vorzeitige Abbrüche inder Berufsbildung zu vermeiden.

In Deutschland (wie auch in Österreich) wird die Lehrlingsausbildung als ganzheitlicheQualifikation angesehen, die zu einer umfassenden beruflichen Kompetenz führt340. DieLehre dauert zwei bis dreieinhalb Jahre (je nach Berufsbild) und endet mit einerAbschlussprüfung, nach deren Bestehen ein Zeugnis ausgestellt wird. Nachdem einSchüler einen Abschluss oder eine Qualifikation erlangt hat, kann er oder sie zurnächsten Bildungsebene vorrücken. Wie zuvor angemerkt, beginnt dieLehrlingsausbildung in Dänemark mit einem einjährigen Grundlagenkurs, der mit einerPrüfung abgeschlossen wird. Von da gehen die Schüler weiter und beginnen mit deneigentlichen Bildungsprogrammen. Das Abschlusszeugnis des Grundlagenkurses istbereits eine Teilqualifikation, doch genügt diese nicht den Anforderungen eines Berufsund hat keinen besonderen Stellenwert auf dem Arbeitsmarkt. Stattdessen wird esEinzelpersonen ermöglicht, sich besser zu orientieren.

Die wichtigsten Eigenschaften, wie oben dargelegt, betonen die unverzichtbareVerbindung zwischen dualer Ausbildung und dem Arbeitsmarkt; die duale Ausbildung,insbesondere in ihrer umfassende Form, wurde um das Berufsprinzip herum aufgebaut(in Deutschland und Österreich)341. Dies spiegelt sich auch im Gleichgewicht zwischenallgemeinen und unternehmensspezifischen Fähigkeiten wider. Dem deutschen Systemwird insbesondere zugeschrieben, dass es „übertragbare berufliche Fähigkeiten“vermittelt342. Die Lehrlinge werden ausgebildet, um eine Qualifikation in einembestimmten Beruf zu erlangen, die es ihnen ermöglicht, eine Anstellung zu finden. DieVermittelbarkeit wird durch die institutionelle Einbindung des Arbeitsmarktes und derSozialpartner bei der Gestaltung und Umsetzung der Lehrlingsausbildung gefördert. Dieduale Ausbildung funktioniert also für den und in Übereinstimmung mit dem

340 Schülern mit besonderen Bedürfnissen bietet Österreich eine integrative Erstausbildung, die zu einerTeilqualifikation führt(2012 Refernet Country Report).

341 Graf, L.: (2013), The Hybridization of Vocational Training and Higher Education in Austria, Germany, andSwitzerland.

342 Thelen K. (2007), Contemporary challenges to the German vocational training system.

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Arbeitsmarkt, indem die Wirtschaft mit gut ausgebildeten Arbeitnehmern in gefragtenBerufen versorgt wird und jungen Menschen wichtige Möglichkeiten zur persönlichenEntwicklung geboten werden.

Es sollte ferner betont werden, dass die Modelle der umfassenden Lehrlingsausbildung inder Erstausbildung üblicherweise durch Optionen ergänzt werden, die Ausbildung ineinem System mit beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen fortzusetzen, welcheswiederum Optionen für weitere Qualifikationen und Karriereentwicklung bietet343. EinÜbergang zur höheren Bildung ist ebenfalls möglich. Das Ausbildungszeugnis kannzusammen mit der Berufserfahrung als Zulassungsvoraussetzung für einUniversitätsstudium genutzt werden (DE), oder, um Zugang zu einer besonderenAufnahmeprüfung im Bereich der höheren Bildung zu erhalten (AT).

Die Lehrlingsausbildung in Österreich344

Das österreichische System unterscheidet sich ein wenig von dem deutschen oder demdänischen System, da die Teilnahme an der Lehrlingsausbildung mit der Teilnahme ander schulbasierten Berufsbildung vergleichbar ist. Allerdings treffen die meisten dervorstehend dargelegten Eigenschaften auch auf das österreichischeLehrlingsausbildungssystem zu.Deshalb stellt das österreichische Berufsbildungssystem ein „Zwei-Säulen-Modell“345 dar,das aus dem dualen System und der vollschulischen Berufsbildung besteht. Die Letztereist in Bezug auf den Anteil an Erstausbildungsschülern, die sie anzieht346, mehr oderweniger mit der Lehrlingsausbildung vergleichbar, im Gegensatz zu Deutschland. DieTatsache, dass die zwei schulbasierten Berufsbildungswege nicht mit derLehrlingsausbildung konkurrieren, sondern Lernenden zusätzlicheAusbildungsmöglichkeiten bieten, wird von einigen als die Fähigkeit des österreichischenBerufsbildungssystems angesehen, mehr Flexibilität und Innovation zu bieten als dasdeutsche System347.

7.1.2. Die wichtigsten Stärken des Systems der umfassendenLehrlingsausbildung

Unter Berücksichtigung der oben zusammengefassten wichtigsten Eigenschaften könnendie folgenden Hauptstärken des Systems der umfassenden Lehrlingsausbildung genanntwerden:

In diesen Ländern ist die Lehrlingsausbildung als Bildungsweg wohlbekannt undweithin anerkannt.

Durch die enge Beteiligung des Wirtschaftssektors ist eine geteilte Verantwortungfür Bildung und Ausbildung zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektorgarantiert.

343 2012, Refernet Country Reports Österreich, Dänemark, Deutschland.344 2012, Refernet Country Report Österreich.345 Deissinger, Th.: (2012), Reforming the VET System via National Qualification Frameworks? A Comparison

of Germany and Austria. 2012. Und Leonardo Project Hybrid qualifications-Increasing the value ofVocational Education and Training in the context of Lifelong Learning. Country Report of the Austrianproject partner. – Illustration, analysis and reflection of the structure of the vocational education onsecondary level II.

346 Deissinger, Th. et al.: The dominance of apprenticeships in the German VET system and its implicationsfor Europeanisation: a comparative view in the context of the EQF and the European LLL strategy. 2011.

347 Deissinger, Th.: (2012), Reforming the VET System via National Qualification Frameworks? A Comparisonof Germany and Austria.

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Eine hohe Anzahl von Unternehmen ist aktiv in die Ausbildung eingebunden.

Betriebsausbilder sind erfahrene Fachleute, die eine umfassendeVorbereitungsschulung abgeschlossen haben.

Die Arbeitgeber und die Sozialpartner entscheiden über den Inhalt und dieUmsetzung der Ausbildung – folglich haben die Qualifikationen einen hohenStellenwert auf dem Arbeitsmarkt.

Der Unterricht findet in einem realen Kontext in einem Unternehmen statt. DieLehrlinge werden intensiv beaufsichtigt und übernehmen allmählich komplexereAufgaben und Arbeiten zunehmend selbstständig.

Der zeitliche Rahmen der Ausbildung ist für die Lehrlinge ausreichend, um sichumfassende Kenntnisse, Fähigkeiten und Kompetenzen, die zurHandlungsfähigkeit führen, anzueignen.

Darüber hinaus erlangen die Lehrlinge auch für den Arbeitsplatz erforderlichesoziale und transversale Fähigkeiten – somit sind sie nach dem Abschluss ihrerLehre „arbeitsbereit“.

Die Ausbildung führt zu einer offiziell anerkannten Qualifikation und gewährtZugang zu bestimmten (Gruppen von) Berufen.

Die Abschlüsse werden von den Arbeitgebern auf nationaler Grundlage anerkannt.

Die Abschlüsse sind ganzheitlich und vermitteln eine Bandbreite an beruflichenKompetenzen und Flexibilität. Sie ermöglichen es den Schülern, ihreLernergebnisse in einer breiten Palette von Arbeitszusammenhängen anzuwenden– demzufolge also nicht nur im Ausbildungsbetrieb.

Da die Arbeitgeber die Lehrlingsausbildung als einen Teil ihrer Personalpolitikerachten, sind die Übergangsraten in die Arbeitswelt üblicherweise gut.

Die hohe Anzahl an angebotenen Qualifikationen und gute Möglichkeiten fürberufliches Weiterkommen machen das System für eine große Schülergruppeattraktiv.

Die Jugendarbeitslosigkeit ist in diesen Ländern allgemein niedrig, obwohl daranauch andere Faktoren beteiligt sind.

7.1.3. Die wichtigsten Herausforderungen des Systems der umfassendenLehrlingsausbildung

Trotz ihrer allgemein guten Ergebnisse müssen sich auch Länder mit starken und festetablierten Lehrlingsausbildungssystemen bestimmten Herausforderungen stellen.

Das System ist in hohem Maße von der Bereitschaft der Arbeitgeberabhängig, Lehrlinge aufzunehmen, ebenso von ihren Kapazitäten.

Wenn Lehrlingsausbildungssysteme auf langjährigen kulturellen Traditionengründen, sehen es die Arbeitgeber üblicherweise als ihre Pflicht an, die Jugendauszubilden. Allerdings könnten sie sich unter ungünstigen wirtschaftlichenVerhältnissen dagegen entscheiden. Dies gefährdet die Verfügbarkeit einerausreichenden Anzahl an Ausbildungsplätzen, was die Jugendarbeitslosigkeit indie Höhe steigen ließe. An dieser Stelle springen die Regierungen ein und bietenArbeitgebern Anreize, sich (wieder) in das System zu integrieren, indem sieAusbildungsplätze allgemein oder für eine bestimmte Schülergruppe anbieten.

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Staatliche Anreize können Subventionen für die Lehrlingsausbildungskosten sein,die von dem Unternehmen getragen werden (AT), oder Finanzhilfen für dieBeschäftigung von bestimmten Lehrlingsgruppen wie etwa junge Menschen mitBehinderungen oder Langzeitbewerber (DE). In Dänemark wird dasSolidaritätsprinzip angewendet. Die Lehrlingsausbildungskosten werdengleichermaßen zwischen allen öffentlichen und privaten Arbeitgebern aufgeteilt,unabhängig davon, ob sie Ausbildungs-/Lehrstellen anbieten oder nicht. AlleArbeitgeber sind verpflichtet, zum „Auszubildendenvergütungsfonds“beizusteuern. Arbeitgeber, die Lehrstellen anbieten, erhaltenLohnausgleichszahlungen aus diesem Fonds.

Um in der Lage zu sein, Schüler auszubilden, benötigen Unternehmeneine gewisse Anzahl an Personal sowie eine Infrastruktur. Dies kann füreinige Unternehmen, insbesondere für kleine, schwierig sein.

Traditionell werden in Deutschland und in Österreich die Lehrstellen von KMUangeboten348. Dabei handelt es sich oft um Familienbetriebe mit einem besonderslangfristigen Geschäftsansatz, der auf stabilen Kundenbeziehungen, eineranhaltenden Personalpolitik und einer starken Bindung an die Region gründen.Dies könnte auch ihre intensive Beteiligung an der Schul- und Berufsbildungerklären: Im Jahr 2011 waren 83,2 % aller Auszubildenden in Deutschland inKMU beschäftigt.

Allerdings sind auch kleine Unternehmen (10-15 Beschäftigte) in der Lage,Lehrlinge auszubilden. Unter dem Dach des nationalen „Ausbildungspakts“wurden in Deutschland Anstrengungen unternommen, um neue Gruppen vonKleinunternehmen (z. B. Unternehmer mit Migrationshintergrund) anzuspornen,an dem dualen System teilzunehmen. Diese Anstrengungen gingen mit einemverbesserten Fördersystem einher. Die Kammern helfen diesen Unternehmen,geeignete Lehrlinge zu finden und auszuwählen, schulen Betriebsausbilder undbereiten sie vor, und vermitteln bei Konflikten.

Die Arbeitgeber müssen in der Lage sein, Lernmöglichkeitenbereitzustellen, die die gesamte Bandbreite der Lernergebnisse inZusammenhang mit einer ganzheitlichen Qualifikation abdecken. Dieskönnte für kleine Unternehmen mit einem kleinen Portfolio anDienstleistungen oder in Branchen, in denen ein Unternehmen einebestimmte Lösung anbietet (z. B. in der IT-Branche) schwierig sein.

Einige Länder lösen dieses Problem, indem sie Modelle anbieten, bei denen sichmehrere Unternehmen Lehrlinge teilen und diese mit zusätzlicher Unterstützungdurch die Kammern (einschließlich Finanzhilfen) gemeinsam ausbilden. Dies kannin der Form eines trilateralen Abkommens geschehen, bei dem ein zweitesUnternehmen eingebunden wird, das den Teil der Ausbildung bereitstellt, den derprimäre Ausbildungsbetrieb nicht bereitstellen kann (AT, DE). In Dänemarkstehen drei Hauptvertragsarten zur Verfügung, um dem Rechnung zu tragen:

1. Reguläre Ausbildungsvereinbarung: Diese Lehrlingsausbildung findet ineinem Unternehmen statt und es wird ein Vertrag geschlossen;

2. Kombinierte Ausbildungsvereinbarung: Verträge werden mit zwei odermehr Unternehmen geschlossen; und

348 Bis zu 250 Beschäftigte oder bis zu 50 Mio. EUR Jahresumsatz.

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3. Kurzfristige Ausbildungsvereinbarung: Diese Art vonLehrlingsausbildung umfasst Unternehmen, die einen Lehrling nichtwährend der gesamten Ausbildungszeit fördern können oder einenrelativ kurzen Produktionshorizont haben.

Das System der umfassenden Lehrlingsausbildung kann als ziemlichwettbewerbsfähig und selektiv in Bezug auf die Zulassung erachtetwerden. Wenn Arbeitgeber darüber entscheiden, wer einenAusbildungsplatz bekommt, laufen benachteiligte Schüler Gefahr,ausgeschlossen zu werden.

In Österreich und Dänemark werden Schüler, die keinen Ausbildungsplatz ineinem Unternehmen finden, zu Überbrückungsprogrammen oder schulbasiertenProgrammen gelenkt. In Deutschland werden Schüler, die es nicht schaffen, einenAusbildungsplatz zu finden, in Vorbereitungsprogramme im sogenanntenÜbergangssystem eingeschrieben. Solche Programme sind meist schulbasiert,jedoch können sie auch innerbetrieblich bereitgestellt werden (als kurze„Schnupperlehren“). In diesen Programmen sind sozial benachteiligte Schülersowie jene aus ethnischen Minderheitengruppen oft überrepräsentiert. Darüberhinaus ist es für die Schüler schwer aus dem Übergangssystem in eine reguläreLehrlingsausbildung überzutreten. Den Arbeitgebern werden Ausgleichszahlungenin Form von Finanzhilfen geboten, wenn sie Schüler aus dieser Gruppe (diesogenannten „Langzeitbewerber“) aufnehmen. Das Übergangssystem und diedaraus entstehenden Probleme für die teilnehmenden Jugendlichen werden allerVoraussicht nach auch in den nächsten 10-15 Jahren eine anhaltende strukturelleHerausforderung für das Bildungssystem und die Politikgestaltung in Deutschlanddarstellen. Zudem besteht im deutschen Lehrlingsausbildungssystem keinepädagogische Differenzierung des Lehrplans hinsichtlich der besonderenBedürfnisse von Schülern, insbesondere von benachteiligen Schülern349.

Wenn die Lehrlingsausbildung die einzige Form darstellt, einenbestimmten Beruf zu erlernen, werden Schüler, die kein Unternehmenfinden, das bereit ist, sie aufzunehmen, nicht in der Lage sein, ihreKarriereziele zu erreichen. Die kann zu Demotivation und Abbrüchen derSchul- und Berufsausbildung führen.

Wenn Schulabgänger der Sekundarstufe I einen Beruf wählen müssen, stehtihnen dabei üblicherweise nur eine begrenzte Bandbreite beliebter (undgeschlechtsspezifischer) Berufe zur Verfügung. Dies führt zu einem hohen Gradan Wettbewerb in einigen Branchen, während in anderen nicht alle Stellen besetztwerden.

In Deutschland wurden Anstrengungen unternommen, um diese Situation miteinem besseren Lenksystem zu verbessern. Alle Schulabgängerklassen derSekundarstufe I werden einer Kompetenzprüfung unterzogen und systematischan mögliche verfügbare Karriereoptionen herangeführt. BestehendePartnerschaften und Schulnetzwerke wurden gestärkt und Wirtschaftsakteurehaben sich in dieser Phase bereits enger beteiligt. Die Schüler erhalten dieMöglichkeit, an Praktika teilzunehmen, um „auszuprobieren“, ob ein Beruf ihrenErwartungen entspricht.

Auch in Dänemark wurde der Schul- und Berufsberatung ein hoher Stellenwerteingeräumt, um zu gewährleisten, dass alle jungen Menschen die Möglichkeitbekommen, einen zu ihren Talenten passenden Beruf zu finden, und dafür zusorgen, dass sie ihre Ausbildung abschließen.

349 Deissinger, Th.: (2012), Reforming the VET System via National Qualification Frameworks? A Comparisonof Germany and Austria.

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Das Prinzip der ganzheitlichen Qualifikationen kann in einem Mangel anMöglichkeiten für Abbrecher resultieren.

Wegen des Prinzips der ganzheitlichen Qualifikationen treten Schüler, die dasBerufsbildungssystem ohne die Abschlussprüfung verlassen, als ungelernteArbeitnehmer in den Arbeitsmarkt ein – selbst wenn sie erst kurz vor demAbschluss die Ausbildung abbrechen. Forscher haben erkannt, dass es vonnötenist, das deutsche Berufsbildungssystem flexibler zu gestalten, um dieseHerausforderung zu meistern350.

7.2. Lehrlingsausbildung als Bildungsweg im kleineren Maßstabparallel zu anderen Formen der Berufsbildung(Griechenland, Polen, Italien, Frankreich, Niederlande undEngland)

7.2.1. Wichtigste Eigenschaften der Lehrlingsausbildung als parallelerBildungsweg

In einer Reihe von Mitgliedstaaten verläuft die Lehrlingsausbildung parallel zu anderenherkömmlichen Berufsbildungsprogrammen und dem allgemeinen Schulunterricht. Zusolchen Ländern zählen beispielsweise: Griechenland, Frankreich, Italien, Polen, dieNiederlande und England. Frankreich, die Niederlande und England blicken auf eine langeTradition der Lehrlingsausbildung als Parallelweg zu anderen Berufsbildungsoptionen unddem allgemeinen Schulunterricht. In anderen Ländern mag die Lehrlingsausbildung inder Vergangenheit existiert haben, doch wurde sie vernachlässigt oder ist inVergessenheit geraten. Ihr Stellenwert wird gegenüber anderen Berufsbildungsformenoft als niedrig wahrgenommen. Die politische Aufmerksamkeit, die sie auf sich ziehen,und die Anstrengungen einiger Länder, um diese Stränge wieder aufleben zu lassen, sindrelativ neu. Die Anzahl der Arbeitgeber, die an der Lehrlingsausbildung beteiligt sind, istviel geringer als in den umfassenden Systemen, und der Umfang der durch dieLehrlingsausbildung abgedeckten Berufe ist auch kleiner. Die Vorteile für und der Schutzvon Lehrlingen fallen möglicherweise auch geringer aus, als es derzeit in Ländern wieDeutschland der Fall ist. Das heißt jedoch nicht, dass die Lehrlingsausbildung in diesenLändern keine hochwertige Ausbildung darstellt.

Wo die Lehrlingsausbildung neben einer Reihe anderer Berufsbildungswege existiert,geschieht es oft, dass einzelne Bildungswege unterschiedlichen Verwaltungsregelungenunterliegen – unter Mitwirkung verschiedener Ministerien und mit unterschiedlichenGraden der Interessenträgerbeteiligung. Bis zur Reform im Jahr 2013 fiel z. B. inGriechenland die Lehrlingsausbildung in den Verantwortungsbereich des Ministeriums fürArbeit und Soziale Sicherheit, während duale Systeme und hauptsächlich schulbasierteBerufsbildung in der Verantwortung des Ministeriums für Bildung lagen. ÄhnlicheBeispiele können in England und in Frankreich beobachtet werden, wo für dieBereitstellung der Lehrlingsausbildung oft unterschiedliche Ministeriumsabteilungen,Regionen oder sogar Branchenverbände verantwortlich sind. Dies wirkt sich eindeutig aufFördermethoden und Ansätze betreffend die Qualitätssicherung aus.

In manchen Ländern (FR, NL) kann dieselbe Qualifikation auf verschiedenenBildungswegen erreicht werden, wozu auch die Lehrlingsausbildung zählt. Dies trifft inden Niederlanden auf den dualen Bildungsweg (BOL) zu, in dessen Rahmen Praxisphasen

350 Deissinger, Th.: (2012), Reforming the VET System via National Qualification Frameworks? A Comparisonof Germany and Austria.

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in Unternehmen angeboten werden, sowie auf die Lehrlingsausbildung (BBL). Inähnlicher Weise können in Frankreich Berufsabschlüsse der Sekundarstufe II auf zweiArten erworben werden: entweder über einen schulbasierten Bildungsweg, bei dem dieLernenden eine Berufsschule der Sekundarstufe II (lycée professionnel) besuchen undobligatorische Praktika machen müssen oder durch die Lehrlingsausbildung. DieseSituation ist in Abbildung 4 dargestellt.

Abbildung 4: Lehrlingsausbildung als ein Weg zur beruflichen Qualifikation(FR, NL)

Quelle: ICF International

In einigen Fällen (z. B. EL, PL, IT) führt die Lehrlingsausbildung nicht zu den gleichenQualifikationen wie die schulbasierte Berufsbildung, sondern zu einer anderen Gruppevon Qualifikationen. Diese werden häufig nicht als Teil des offiziellen Schul- undBerufsbildungssystems angesehen (z. B. PL oder IT). Sie erleichtern zwar den Zugangzum Arbeitsmarkt, berechtigen den Inhaber jedoch nicht zu höherer Schulbildung, wiedas z. B. bei dem schulbasierten Bildungsweg (siehe Abbildung 5) der Fall ist.

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Abbildung 5: Lehrlingsausbildung als Weg zu bestimmten Qualifikationen

Quelle: ICF International

Die Kernelemente der Lehrlingsausbildung in diesen Ländern unterscheiden sich nichtvon jenen in den Ländern mit umfassender Lehrlingsausbildung. Es wird ein Vertraggeschlossen (in den Niederlanden besteht auch eine Lernvereinbarung), die Lehrlingeerhalten eine Vergütung und sind sozialversichert. Am Ende der Ausbildung erlangen dieLehrlinge eine anerkannte Qualifikation. Der größte Unterschied liegt im Umfang derLehrstellen (sie ziehen einen viel kleineren Anteil an Schülern an) und manchmal in derZielgruppe (die Lehrlingsausbildung wird häufig als eine Option für Schüler mitSchwierigkeiten in akademischeren Programmen erachtet).

In Italien, den Niederlanden, Polen und England sind aufstrebende Auszubildende selbstdafür verantwortlich, eine Lehrstelle zu finden, ebenso in Österreich und Deutschland,wie zuvor dargestellt. Die Entscheidung über den Auswahlprozess liegt bei denArbeitgebern. Es existieren Vermittlungseinrichtungen (FR, NL), die eine wichtige Rollebei der Ermittlung von Lehrstellen spielen. Es finden sich auch nationale Datenbanken,die genutzt werden können, um Möglichkeiten für die Lehrlingsausbildung zu erkennen.So besteht beispielsweise in den Niederlanden351 eine nationale Datenbank zugelassenerAusbildungsunternehmen und in England stellt der National Apprenticeship Service einenStellenvermittlungsdienst bereit. In Griechenland werden Auszubildende unter derSchirmherrschaft des Ministeriums für Arbeit und Soziale Sicherheit basierend auf derAbschlussnote ihrer Qualifikation und sozialen Kriterien ausgewählt. Kindern ausGroßfamilien, Einzelpersonen mit niedrigem Familieneinkommen352 oder jenen, dieMitglied einer Familie sind, die ein Unternehmen führt, das im Zusammenhang mit derSpezialisierung steht, die der Auszubildende anstrebt, wird Priorität eingeräumt.

351 Internet: www.stagemarkt.nl352 9 163 EUR jährlich oder weniger.

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Jungen Menschen, die nicht in der Lage sind, sich einen Ausbildungsplatz zu sichern,wird in einigen Ländern ermöglicht, sich frei zwischen den unterschiedlichenBildungswegen zu bewegen – beispielsweise in den Niederlanden, wo junge Menschenzwischen dem schulbasierten und arbeitsbasierten Lernen (Lehre) wechseln können.

Wie bei der umfassenden Lehrlingsausbildung werden die Kosten für die Lehre alsparallelen Bildungsweg zwischen dem Staat und den Arbeitgebern geteilt. Die Kosten fürdie Bereitstellung der parallelen Berufsbildung werden vom Staat getragen, in einigenFällen mit Beiträgen aus dem ESF. Die Auszubildenden genießen üblicherweise einenBeschäftigtenstatus mit vollumfänglichem Sozialversicherungsschutz. Studien zeigen,dass in einigen Ländern, in denen die Lehrlingsausbildung parallel zu anderenBerufsbildungswegen und dem allgemeinen Schulunterricht verläuft, der allgemeineSchulunterricht typischerweise als vorteilhafter angesehen wird und als der geeignetsteBildungsweg für Schüler mit einem höheren Leistungsniveau, sogar im Vergleich zuBerufsbildungsangeboten. Innerhalb der Berufsbildungsangebote wird dieLehrlingsausbildung in einigen Ländern als die angemessenste Form für Schüler erachtet,von denen angenommen wird, dass sie weniger wahrscheinlich auf akademischenBildungswegen erfolgreich sein werden (z. B. EL, IT, PL). Angesichts der Tatsache, dassdie Wahrnehmungen in Ländern mit ähnlichen Strukturen (z. B. NL) sehr positiv sind,kann argumentiert werden, dass es nicht das Vorhandensein von parallelenBildungswegen, sondern sozioökonomische und Gründe auf Systemebene sind, die dieWahrnehmungen in Richtung Lehrlingsausbildung antreiben (Abschnitt 5).

In Griechenland353, Frankreich, den Niederlanden und England entwickelt sich ein kleinerAnteil von Auszubildenden zu höherer Bildung weiter. In Frankreich, England und Italienwird Lehrlingsausbildung auch auf höheren Ebenen angeboten. Letzteres ist ein relativneues Phänomen und es zeigt, dass das Potenzial der Lehrlingsausbildung zurEntwicklung höherwertiger Fähigkeiten anerkannt wird. Diese Entwicklung könnte sichauch positiv auf die Anerkennung der Rolle der Lehrlingsausbildung auf niedrigerenEbenen auswirken.

7.2.2. Die wichtigsten Stärken der Lehrlingsausbildung als parallelerBildungsweg

Die Vorteile eines Systems, in dem die Lehrlingsausbildung parallel zu anderenBerufsbildungsprogrammen und dem allgemeinen Schulunterricht verläuft, sind:

Dieses Modell eignet sich mehr für Länder, die nicht über die Infrastruktur undArbeitgeber-/Sozialpartnerkapazitäten verfügen wie Österreich und Deutschland.Die Modelle der umfassenden Lehrlingsausbildung sind stark von der Beteiligungder Arbeitgeber an der Ausbildung abhängig. In Ländern, in denen dieLehrlingsausbildung nur ein kleines Segment des Berufsbildungssystems darstellt,beteiligen sich normalerweise nicht sehr viele Arbeitgeber an der Ausbildung. Wiein vorstehenden Abschnitten erörtert, zeichnen sich die Arbeitgeber beispielsweisein Deutschland durch eher langfristige Visionen und progressiveWachstumsstrategien aus. Es ist unwahrscheinlich, dass sich diese Eigenschaftder Unternehmen in Ländern mit anderen Geschäftskulturen wiederfindet.Darüber hinaus sehen sich einige der Länder in dieser Gruppe, wie etwaGriechenland oder Italien, mit einer ziemlich ungünstigen Wirtschaftslagekonfrontiert, was es für sie schwierig macht, vorauszuplanen. Lehrlinge zubeschäftigen bedeutet in den meisten Fällen eine mehrjährige Verpflichtung. Um

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allen Lernenden eine ausreichende Anzahl an Lernmöglichkeiten bieten zukönnen, müssen diese Länder sicherstellen, dass neben der Lehrlingsausbildungauch eine qualitative schulbasierte Schiene zur Verfügung steht.

In Übereinstimmung mit der vorstehenden Diskussion bietet dieLehrlingsausbildung als paralleler Bildungsweg mehr Flexibilität bei derAnpassung von Nachfrage und Angebot von Berufsausbildungsplätzen. In denFällen, in denen Arbeitgeber unwillig/nicht in der Lage sind, Ausbildungsplätzeanzubieten, können sich junge Menschen trotzdem an der Berufsbildungbeteiligen und sich in Richtung der angestrebten Qualifikation ausbilden lassen.

Das Erlangen der gleichen Qualifikation über verschiedene Wege, insbesonderewenn zwischen den Bildungswegen Durchlässigkeit besteht, kann die Anzahl derSchulabbrecher minimieren. In den Niederlanden, wo die Lehrlingsausbildungparallel zu anderen Berufsbildungsangeboten besteht, können junge Menschen inder Lehre (BBL) einfach in andere Berufsbildungsangebote (BBO) wechseln, wennkeine Lehrstelle gefunden wird. In Frankreich existieren Brücken zwischen demschulbasierten Bildungsweg und der Lehrlingsausbildung, da beide zur gleichenQualifikation führen. So kannbeispielsweise ein Lehrling, der seinenLehrlingsvertrag unterbricht, in Richtung einer Berufsschule gelenkt werden undsich weiterhin auf den gleichen Abschluss vorbereiten.

Dort, wo die Lehrlingsausbildung parallel zu anderen Berufsbildungsangebotenbesteht, verfügt das System über genügend Umfang und Flexibilität, um für eineReihe verschiedener Typen und Eigenschaften von jungen Menschen zu sorgen.Verschiedene Kohorten können über verschiedene duale System zufriedengestelltwerden.

Da die Lehrlingsausbildung nicht den einzigen Zugang zu bestimmtenQualifikationen darstellt, tragen die Arbeitgeber insgesamt wenigerVerantwortung für den Abschluss der Berufsbildungsprogramme. Das bedeutet,dass sie weniger Ausbildungsplätze für eine kleinere Anzahl von Auszubildendenanbieten können. Auch in den Fällen, in denen die Lehrlingsausbildung von einembestimmten Wirtschaftssektor sehr positiv wahrgenommen wird und/oder indiesem Sektor eine Tradition besteht, Lehrlinge auszubilden, kann man erwarten,dass die Arbeitgeber in dieser Branche höchst engagiert sind und einen starkenAnspruch auf diese Lehrstellen geltend machen. In Polen beispielsweiseunterstützen und schätzen die Kammern die Lehrlingsausbildung in bestimmtenHandwerksberufen besonders als die primäre Form der Ausbildung von jungenMenschen. In Frankreich hat sich die Lehrlingsausbildung in einigenIndustriezweigen (wie etwa in der Baubranche und im öffentlichen Sektor)historisch entwickelt und ist nicht einheitlich in allen Branchen verwurzelt354.

Verbunden mit dem oberen Punkt ist dieses Modell vielleicht geeigneter fürLänder, die vorhaben, die bestehenden Lehrlingsausbildungssysteme zu erweiternoder neue einzuführen, da sie sich so nur auf bestimmte Branchen konzentrierenkönnen. Beispielsweise in den Wachstumsbranchen, in denen die Arbeitgebernach qualifizierten Arbeitskräften suchen und Schwierigkeiten haben, diese zufinden.

353 Für Berufsschulabsolventen, die sich für die optionale, einjährige Lehrzeit im vierten Jahr ihrer Ausbildungentscheiden.

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7.2.3. Die wichtigsten Herausforderungen der Lehrlingsausbildung alsparalleler Bildungsweg

In Ländern mit parallelen Bildungsschienen kann die Lehrlingsausbildung alsBildungsweg zweiter Wahl wahrgenommen werden: von jungen Menschen und Eltern(was sich auf die Teilnahme auswirkt) und von Arbeitgebern (was sich auf das Angebotan Ausbildungsplätzen auswirkt). Diverse Gründe, wie z. B. die Qualität derLehrlingsausbildung und eingebettete kulturelle Wahrnehmung, können solcheVorstellungen anregen. Die Regierungen unternehmen Anstrengungen, um dieAttraktivität der Lehrlingsausbildung zu steigern, indem sie neue Programme einführenoder die bestehenden verbessern (Abschnitt 4). Zusätzlich kann die Wahrnehmungaufgrund der besseren Vermittlungsmöglichkeiten für Lehrlinge verbessert werden,insbesondere in Ländern wie Griechenland, wo die Jugendarbeitslosigkeit hoch und derArbeitsmarkt schwach ist.

Unter dem Eindruck, Lehrlinge seien leistungsschwach, sind die Arbeitgeber oftunwillig, diese aufzunehmen. Ferner verursacht die Lehrlingsausbildung mehrKosten für die Arbeitgeber, die sich dafür entscheiden, Schüler aus anderendualen Systemen, die weniger Ressourcen erfordern, auszubilden. Gleichzeitiggab es in einigen Ländern, in denen die Lehrlingsausbildung nicht die primäreForm des Berufsbildungsweg darstellt, Berichte über Arbeitgeber, dieAuszubildende ausbeuten, indem sie ihnen weniger als den Mindestlohn bezahlenoder sie allgemein als billige Arbeitskräfte ansehen – zu Lasten vonVollzeitbeschäftigten, die entlassen werden oder anstelle von zusätzlichenArbeitnehmern. Die Wahrscheinlichkeit solcher Praktiken ist höher in Ländern, indenen die Qualitätssicherungsprozesse betreffend die Lehrlingsausbildungschwächer sind.

Die oben genannten Faktoren hindern die Entwicklung der Lehrlingsausbildung,insbesondere in Branchen, die schwer von der Krise betroffen sind, wie etwa inder verarbeitenden Industrie. Darüber hinaus sind die Herausforderungen undBeschränkungen, die Arbeitgeber aufzeigen könnten, in KMU stärker. Deshalbhaben Regierungen besondere Maßnahmen eingeführt, um KMU und ihreTeilnahme an der Lehrlingsausbildung zu fördern.

Die Entwicklung zu höherer Bildung kommt in der Lehrlingsausbildung seltenervor als bei schulbasierten Bildungsangeboten. Dies könnte einige Schüler daranhindern, sich für die Lehre zu entscheiden.

7.3. Integration starker Elemente des arbeitsbasierten Lernensin die schulbasierten Programme (Finnland, Frankreich, dieNiederlande, Portugal)

7.3.1. Wichtigste Eigenschaften des schulbasierten Programms mit starkenElementen des arbeitsbasierten Lernens

Wie in Abschnitt 3 erörtert, bieten alle europäischen Länder zumindest eine Schiene derschulbasierten Berufsbildung an. Bei der Mehrheit der Länder bestehen schulbasierteBildungswege, die arbeitsbasiertes Lernen umfassen. In diesen Bildungsschienen ist dasarbeitsbasierte Lernen obligatorisch und findet in einem Unternehmen statt. In diesem

354 Arrighi, J.-J. und Fadda, Y.: Tendances nationales et identités régionales: éléments de cadrage pour undiagnostic régional de l'apprentissage. 2012.

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Zusammenhang wird das arbeitsbasierte Lernen zwischen den Ländern auf sehrunterschiedliche Weise integriert und entwickelt.

Der hauptsächliche Teil des Lernens findet in Berufsschulen/Berufsbildungseinrichtungenstatt, sodass diese Programme üblicherweise von nationalen/regionalen Ministerien fürBildung gesteuert werden. In Portugal jedoch fallen die „ausbildungsähnlichen Kurse“unter die Beschäftigung und Berufsausbildung (Instituto do Emprego e FormaçãoProfissional, IEFP) des Ministeriums für Solidarität, Beschäftigung und soziale Sicherheit.Die beruflichen Erstausbildungsprogramme werden in den Ländern auch von anderenMinisterien angeboten, basierend auf den Qualifikationen.

Der arbeitsbasierte Teil der Ausbildung findet in einem realen Arbeitsumfeld statt.Üblicherweise sind die Berufsschulen/Berufsbildungseinrichtungen für die Einzelheitender Durchführung von Praktika und Vereinbarungen mit den Arbeitgebern verantwortlich.

Der Anteil des arbeitsbasierten Lernens in schulbasierten Programmen unterscheidet sichdeutlich zwischen den Ländern, jedoch auch zwischen den Bildungswegen und denangebotenen Qualifikationen innerhalb desselben Landes.

In Finnland umfassen alle Programme unter der sogenannten „schulbasiertenBerufsbildung“ eine innerbetriebliche Schulung von mindestens sechs Monaten. Dasarbeitsbasierte Element muss mindestens einem Fünftel der Gesamtnote entsprechen,kann aber sogar bis zu ein Viertel erreichen.

In den Niederlanden hängt der Anteil an arbeitsbasiertem Lernen von der beruflichenQualifikation ab: Zwischen den Qualifikationen muss die innerbetriebliche Bildungmindestens ein Fünftel der Lernphase betragen, kann aber bis zu zwei Drittelerreichen.

In Frankreich wird der Anteil des Lernens, der bei dem Arbeitgeber stattfindet, vonder angestrebten Qualifikation vorgeschrieben. Die sogenannten „Praktika“ könnenzwischen 20-25 % der Gesamtausbildungszeit für die Berufsqualifikation und 22 % fürdie Berufsmaturität dauern355.

In Portugal umfasst das arbeitsbasierte Lernen bis zu 15 % der „Bildungskurse“, 18-24 % für die „Fachkurse“ und bis zu 40 % für die sogenannten „ausbildungsähnlichenKurse“.

Es liegt häufig in der Verantwortung der Schule, die mit dem/den Arbeitgeber/n eineVereinbarung geschlossen hat, zu entscheiden, wie der Wechsel organisiert wird. Imgleichen Land kann eine Schule entscheiden, dass alle Schüler im ersten Jahr eineinmonatiges Praktikum im Herbst und einen Monat im Frühling absolvieren, währendandere Schulen entscheiden können, die Praktikumszeiträume auf einen späterenZeitpunkt im Programm zu legen. In Finnland ist der Praxisteil in einigen Berufsschulenvollständig individualisiert, um den Bedürfnissen der Schüler zusammen mit denMöglichkeiten und Bedürfnissen der Arbeitgeber Rechnung zu tragen. Während diesePraxis große Vorteile hinsichtlich der Flexibilität und des bedürfnisgestützten Ansatzesbietet, erfordert sie auch sehr gute Organisationsfähigkeiten. Das Lehrpersonal mussebenfalls mit den Fähigkeiten und dem Fachwissen ausgestattet werden, umUnterschiede innerhalb einer Schülerkohorte zu bewältigen.

Die Unterschiede zwischen jenen schulbasierten Programmen, die arbeitsbasiertesLernen und die Lehre umfassen, sind beträchtlich, wie in Abschnitt 3 erörtert:

355 420 bis 560 der insgesamt 2 300 Stunden und 770 von 3 400-3 500 Gesamtstunden. Refernet-Bericht.2012.

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Die schulbasierten Programme sind weniger reguliert als die Lehrlingsausbildung, wasden arbeitsbasierten Teil der Ausbildung betrifft.

Die schulbasierte und die innerbetriebliche Ausbildung können nicht „alternieren“,d. h., dass die Schüler eine bestimmte Zeitspanne (zum Beispiel einen oder zweiMonate) in den Räumlichkeiten des Arbeitsgebers verbringen können und dann zurückin die Schule kehren.

In den meisten Fällen wird zwischen dem Arbeitgeber und dem Schüler kein Vertraggeschlossen. Jedoch wird ein Vertrag/eine Vereinbarung zwischen dem Schüler unddem Berufsbildungsanbieter (z. B. in Portugal) geschlossen, oder, wie es in denNiederlanden der Fall ist, dreiseitig zwischen dem Schüler, demBerufsbildungsanbieter und dem Arbeitgeber. In Frankreich wird ein speziellerPraktikumsvertrag geschlossen.

Die Schüler behalten einen Schülerstatus und genießen keinen Beschäftigten- oderAuszubildendenstatus.

Die Vergütung des Schülers ist für den Arbeitgeber vorgeschrieben.

- Auszubildende können eine Form von Aufwandsentschädigung erhalten (z. B. inFinnland und den Niederlanden), doch in den meisten Fällen wird dies nicht alsVergütung angesehen. Es liegt häufig auch im Ermessen des Arbeitgebers, überden Betrag zu entscheiden.

Sieht man sich die Eigenschaften dieser Art der Berufsbildungsprogramme an, wird dieFinanzierung durch nationale/regionale Quellen gedeckt, da die Arbeitgeber nicht mit dendirekten finanziellen Kosten belastet werden. Je nach Land können finanzielle Anreize fürSchüler bereitgestellt werden, um sie dazu anzuregen, solche Programme zu besuchen.

Einen Ausbildungsplatz bei einem Arbeitgeber zu finden liegt üblicherweise in derVerantwortung des Berufsbildungsanbieters. In Finnland sind die Anbieter dafürverantwortlich, mögliche Einrichtungen zu erkennen, die geeignet sind, uminnerbetriebliche Ausbildung für Schüler bereitzustellen und dafür zu sorgen, dass dieBetriebsausbilder angemessen sachkundig, geschult und qualifiziert sind, um ihrenAufgaben nachzukommen356. Dennoch kann die Verantwortung bei dem Schüler liegen,wie etwa in Griechenland vor der Reform und in der schulbasierten Laufbahn in denNiederlanden. Von den Berufsausbildungseinrichtungen wird allerdings erwartet, dass sieden Schülern helfen.

7.3.2. Die wichtigsten Stärken von schulbasierten Programmen mitausgeprägten Elementen des arbeitsbasierten Lernens

Beruhend auf den Haupteigenschaften der schulbasierten Programme, die einenbedeutenden Anteil an arbeitsbasiertem Lernen umfassen, lassen sich die wichtigstenStärken identifizieren.

Für Berufsbildungssysteme, die hauptsächlich schulbasiert sind, stellt dieser Ansatzeine machbare Zwischenlösung dar. Angesichts der Tatsache, dass diese Art vonProgrammen in bestehende Strukturen der schulbasierten Berufsbildung (mitAnpassungen) integriert werden kann, ist der Grad an Veränderung undUmstrukturierung überschaubar. In Anbetracht dessen, dass es unwahrscheinlich ist,dass sich Systeme mit wenig oder gar keiner Tradition in der Lehrlingsausbildung und

356 Betriebsausbilder sind an der Planung der Ausbildung zusammen mit dem Anbieter und dem Schülerbeteiligt; sie evaluieren das Lernen am Arbeitsplatz, lenken die Schüler in Arbeitsaufgaben und fungierenals Ansprechpartner zwischen dem Arbeitgeber und dem Anbieter.

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entsprechenden institutionellen Kapazitäten zu umfassenden dualen Systemenwandeln, bietet dieser Ansatz eine Möglichkeit, arbeitsbasiertes Lernen zu integrieren.

Diese Programme erfordern weniger Beteiligung seitens der Arbeitgeber. Wie zuvorerwähnt, verpflichten sich die Arbeitgeber in der Lehrlingsausbildung dazu, mit einemjungen Menschen mehrere Jahre zusammenzuarbeiten, während sie gleichzeitig nichtunbedingt die gleiche Sichtweite auf ihr Unternehmen haben. Sie mögen sich auchunwillig zeigen, junge Menschen aufzunehmen, über die sie sich nicht zu 100 % sichersind, da die Lehrlingsausbildung ihrerseits ein starkes Engagement erfordert. Diesekürzeren Phasen des arbeitsbasierten Lernens stellen für die Arbeitgeber eingeringeres Risiko dar, insbesondere wenn die Person nicht zum Unternehmen passtoder es nicht genug Arbeit für sie gibt.

Verglichen mit den vollschulischen Programmen, bieten sie den Schülern dieMöglichkeit des arbeitsbasierten Lernens in einem realen Arbeitsumfeld.

Verglichen mit Systemen, in denen die Lehrlingsausbildung eine eher kleinereParallelschiene darstellen, ermöglichen es diese Systeme allen Berufsschülern,arbeitsbasierte Lernerfahrungen zu sammeln.

Die Beteiligung der Arbeitgeber ist höher als im Falle der vollschulischenBerufsbildung. Es kann davon ausgegangen werden, dass das Lernen (Lehrplan,Infrastruktur, Lehrmethoden etc.) an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes angepasstwird, was die Vermittelbarkeit von Absolventen steigert.

Tatsächlich sind diese weniger reguliert als die Lehrlingsausbildung, und die fehlendeVergütungspflicht verringert die Kosten für die Arbeitgeber, was einen Anreiz darstellt,Ausbildungsplätze anzubieten.

Ein qualitativ hochwertiges schulbasiertes Programm mit starken Elementen desarbeitsbasierten Lernens könnte die optimale Lösung für Schüler sein, die noch nicht„für die Lehre bereit“ sind (Abschnitt 3.6.2), was die Möglichkeit von Abbrüchenbeseitigen würde. Manche der Befragten gaben an, dass es für junge Menschen einschwieriger Schritt sein kann, in einem relativ jungen Alter (zwischen 15 und 16Jahren) in eine Lehre zu wechseln, wo sie sich in einem regulären Arbeitsumfeldwiederfinden und von ihnen erwartet wird, dass sie die Verhaltenskodizes amArbeitsplatz einhalten. Der Wechsel zwischen schulbasiertem und arbeitsbasiertemUnterricht ermöglicht eine progressivere Akkulturation am Arbeitsplatz.

Junge Menschen, die am meisten benachteiligt sind, sind auch gleichzeitig diejenigen,denen die Lehrstellensuche die meisten Probleme bereitet (insbesondere jungeMenschen, die beispielsweise ethnischen Minderheiten angehören oder einenMigrationshintergrund haben). Junge Menschen, die am meisten benachteiligt sind,verfügen auch oft nicht über den sozialen Kodex, den Arbeitgeber an ihrenArbeitsstätten voraussetzen – insbesondere auf lange Sicht. Allerdings könnenArbeitgeber durchaus bereit sein, sie für einen kürzeren Zeitraum einzustellen, undinsbesondere wenn die Kosten für die Arbeitgeber gering sind. Daher fußen vieleSysteme, die sich an junge Menschen richten, die einen vorzeitigen Schulabbrucherwägen oder bereits vorzeitig abgegangen sind, auf dieser Art des arbeitsbasiertenLernens, die auf kürzere Praktikumszeiten setzt und diese mit anderen Lernformenkombiniert.

In der Praxis sind die Progressionswege in die Hochschulbildung bei beruflichen Aus- undWeiterbildungsprogrammen oft besser entwickelt. Allerdings ist dies vermutlich wenigerein diesen Bildungswegen innewohnender Vorteil, sondern eher eine Folge derAuffassung, dass Praktika in der Regel keine gleichwertige Lernform darstellen.

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7.3.3. Die wichtigsten Herausforderungen für schulbasierte Programme mitausgeprägten Elementen des arbeitsbasierten Lernens

Obwohl schulbasierte Programme mit erheblichen Anteilen an arbeitsbasiertem Lernenein fester Bestandteil beruflicher Aus- und Weiterbildungsprogramme in Europa sind,existieren dennoch Herausforderungen, denen begegnet werden muss. DieseHerausforderungen stehen zumeist im Zusammenhang mit der Problematik, fürPraktikumsplätze in Unternehmen zu sorgen. Konkret bedeutet dies:

Suche nach Praktikumsplätzen – ablehnende Haltung aufArbeitgeberseite: Wie bereits im Abschnitt über die Stärken erwähnt, stellt derAufbau eines Netzwerks von Unternehmen, die Praktika anbieten, einebeträchtliche Herausforderung dar – trotz der Tatsache, dass Arbeitgeber, dieungern Ausbildungsplätze anbieten, möglicherweise eher dazu bereit sind,Praktikanten aufzunehmen. Insbesondere die erstmalige Einführung diesesAnsatzes stellt eine Herausforderung dar, weil sich Schulen, die berufliche Aus-und Weiterbildungsprogramme anbieten, in einer neuen Rolle zurechtfindenmüssen. In der Regel erfordert dies, dass die Schulen außerhalb des schulischenUmfelds mit Unternehmen Verhandlungen führen (was für die meisten Schulen,die innerhalb eines vollschulischen Systems operieren, eine ungewohnteAufgabe darstellt). Für diese Form der lokalen Vernetzung ist Personalerforderlich, das die nötige Überzeugungsarbeit leisten kann, um Arbeitgeber fürdas System zu gewinnen.

Ein weiterer Grund für die ablehnende Haltung von Unternehmen gegenüber derAufnahme von Praktikanten ist das Fehlen sichtbarer Vorteile für die Arbeitgeber. Obwohldiese Systeme auf Arbeitgeberseite weniger Kosten verursachen, bieten sie oftmals auchweniger Vorteile. In vielen Fällen ist die Zeit, die tatsächlich am Arbeitsplatz verbrachtwird, relativ kurz. Sofern die Aufgaben keine Routineaufgaben und nicht einfach zubewältigen sind, kann es für die Arbeitgeber schwierig sein, den Mehrwert einesPraktikanten zu erkennen, der Aufsicht und Betreuung benötigt.

Qualitätssicherungsmaßnahmen für den arbeitsbasierten Lernzeitraum:Wie schon erwähnt, sind die Berufsbildungsanbieter oft dafür verantwortlich,Praktikumsplätze zu finden. Somit liegt die Verantwortung für dieQualitätssicherung der Ausbildung (Auswahl des Unternehmens, Verfügbarkeitund Erfahrung der Ausbilder innerhalb des Unternehmens, Kontrolle derAusbildungsinhalte etc.) bei den Anbietern. In Finnland sind beträchtlicheUnterschiede in der Praxis zu erkennen, und zwar in einem Maße, in demBerufsbildungsanbieter aktiv an der Suche nach Ausbildungsplätzen und derGewährleistung der Qualität der betrieblichen Ausbildung beteiligt sind. Zwar hates den Anschein, dass die Mehrheit der Anbieter solide Arbeit leistet und alleAuszubildenden bei der Praktikumssuche Unterstützung erhalten. Allerdings gibtes auch weniger aktive Anbieter, die ihren Auszubildenden weniger Hilfestellungbei der Suche nach einem Praktikumsplatz bieten. Von Expertenseite wird daraufhingewiesen, dass es die Anbieter sind, die in örtlichen oder regionalenPartnerschaften mit den örtlichen Behörden, Unternehmen und deren Vertreternzusammenarbeiten, um die am besten geeigneten Praktikumsplätze fürAuszubildende zu finden und zu besetzen und die hohe Qualität dieserPraktikumsplätze sicherzustellen.

Suche nach Praktikumsplätzen – Eigenverantwortung derAuszubildenden: In den Fällen, in denen das arbeitsbasierte Elementvorgeschrieben ist und es in der Verantwortung der Auszubildenden liegt, einenPraktikumsplatz zu finden, ergeben sich zwei zentrale Herausforderungen:

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- Auszubildenden, die über Beziehungen oder sogar familiäre Verbindungenim jeweils relevanten Sektor verfügen, fällt es leichter, einenPraktikumsplatz zu ergattern. Dies ist insbesondere der Fall, wennAuszubildende ihr arbeitsbasiertes Lernen in Kleinstunternehmen oderkleinen Unternehmen absolvieren.

- Im Rahmen dieser Aus- und Weiterbildungsprogramme begeben dieAuszubildenden sich auf die Suche nach einem Praktikumsplatz, nachdemsie in das Programm aufgenommen wurden und nachdem eine gewisseLernphase in der Schule absolviert wurde. Wenn es also Auszubildendennicht gelingt, einen Praktikumsplatz zu finden, besteht das Risiko, das siedas Programm abbrechen.

Verbindung zwischen schulbasierten und arbeitsbasiertenAusbildungskomponenten. Arbeitsbasierte Lernabschnitte müssen sorgfältig indas jeweilige Programm eingebettet sein, um wertvolle Lernerfahrungendarzustellen. Dies ist von zentraler Bedeutung, um sicherzustellen, dass eineVerbindung besteht zwischen den im Rahmen der schulbasierten Komponentevermittelten Inhalten und der Art und Weise, wie diese Inhalte innerhalb derarbeitsbasierten Komponente umgesetzt werden. Eine der Schwierigkeiten indiesem Zusammenhang besteht darin, dass die arbeitsbasierte Komponente oft inBlockabschnitten stattfindet, die zu Zeitpunkten absolviert werden, die von einemorganisatorischen Standpunkt aus einfach umzusetzen sind, deren logischeAufeinanderfolge dabei allerdings in den Hintergrund rückt. Des Weiterenerfordert eine derartige Verbindung zwischen den zwei Elementen eine guteZusammenarbeit der Ausbilder an den Schulen mit den Betreuern/Ausbildern inden Betrieben. In Frankreich sind Ausbilder beispielsweise verpflichtet, ihrenAuszubildenden während der Schulphase mehrmals Besuche abzustatten. Mittelseinfacher Instrumente kann sichergestellt werden, dass beide Seiten über dievermittelten Inhalte sowie den Fortschritt des Auszubildenden auf dem neuestenStand sind.

Übergang von der Schule in die Arbeitswelt. Es liegt nahe, dass derÜbergang von der Schule in den Betrieb im Rahmen dieser Systeme im Vergleichzur Lehrlingsausbildungsvariante weniger glatt verläuft. Allerdings liegen keinekonkreten Zahlen vor, die diese Vermutung untermauern könnten. Die Anpassungan eine spezifische Unternehmenskultur ist weniger stark ausgeprägt und dieArbeitgeber fühlen sich gegenüber Praktikanten weniger verpflichtet alsgegenüber Auszubildenden, die mehrere Jahre im Unternehmen sind.Andererseits werden, wie bereits angesprochen, zur Besetzung von vollwertigenAusbildungsplätzen Auswahlverfahren durchgeführt. In diesem Zusammenhangmuss berücksichtigt werden, dass diejenigen jungen Menschen, die mit demÜbergang von der Schule in die Arbeitswelt in diesem Wechselmodus zu kämpfenhaben, für einen Ausbildungsplatz möglicherweise gar nicht erst infragegekommen wären.

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7.4. Herausforderungen, die sich im Zusammenhang mitvorrangig schulbasierten Programmen ergeben, sowie Artund Weise der Integration arbeitsbasierten Lernens(Tschechische Republik, Griechenland und Polen)

Im Rahmen der schulbasierten Aus- und Weiterbildungszweige findet das Lernen fastausschließlich an Schulen statt. Praktisches Lernen kann Teil der Lehrpläne sein, wirdaber größtenteils an den Schulen vermittelt (Werkstätten) und nur selten in denBetrieben. Wo arbeitsbasiertes Lernen in einer echten Arbeitsumgebung stattfindet, istdies zeitlich äußerst beschränkt.

In der Tschechischen Republik umfassen berufsbildende Lehrgänge mit einemBefähigungsnachweis auch praktische Ausbildungseinheiten (35-45 % desLehrplans). Allerdings unterscheidet sich der Umfang, in dem die praktischenEinheiten in Betrieben durchgeführt werden, von Schule zu Schule und vonProgramm zu Programm. Oft findet die praktische Ausbildung in Schulwerkstättenoder Kleinstunternehmen statt.

Vor der Reform im Jahr 2013 betrug die Dauer eines Praktikums in denBerufsbildungsinstituten in Griechenland ein Semester (25 % der für einenAbschluss erforderlichen Studienzeit). Ein Praktikum war optional und fand lautden Behörden selten statt357. Der formelle Aus-und Weiterbildungsweg warausschließlich schulbasiert und die gesamte praktische Ausbildung fand auf demSchulgelände statt.

In Polen wird das arbeitsbasierte Lernen im Rahmen von „praktischenAusbildungsstunden“ in den Schulen (Werkstätten, Labors oderlandwirtschaftliche Betriebe), in weiterführenden Bildungseinrichtungen oder inpraktischen Ausbildungszentren durchgeführt. Allerdings finden diese Stundenselten in Betrieben statt.

Der reguläre Aus- und Weiterbildungsweg umfasst ein praktischeres Element imVergleich zum allgemeinen Schulunterricht. Für einige Fächer ist das praktische Elementwomöglich ausreichend entwickelt, um in den Räumen der Schule durchgeführt zuwerden. Allerdings ist mehr erforderlich, um einem Absolventen mit abgeschlossenerBerufsausbildung die für den Berufseinstieg notwendigen Fähigkeiten zu vermitteln. DasFehlen einer betrieblichen Ausbildung, die in den Lehrplänen enthalten und idealerweiseverpflichtend ist, ist einer der wesentlichen Teile der Programme, für dieVerbesserungsbedarf besteht. Den Absolventen wird keine Möglichkeit geboten,persönliche Kompetenzen in einer Arbeitsumgebung zu entwickeln (beispielsweiseTeamarbeit, Verständnis von Unternehmensstrukturen und -prozessen), und sieverfügen über keinerlei Arbeitserfahrung. Auch in den Fällen, in denen kurze Praktikadurchgeführt werden, sind diese nur lax geregelt und zumeist optional (z. B. inGriechenland358 und Polen). Es überrascht daher nicht, dass in keinem der drei Länderoffizielle Zahlen über die Anzahl von Auszubildenden, die ein kurzes Praktikum bei einemArbeitgeber absolviert haben, sowie die Dauer und den Praktikumsinhalt im Einzelnenusw. existieren.

357 Im Rahmen der Reform von 2013 wurden Praktika verpflichtend und haben nun einen Anteil von 20 % ander Lernphase. Für Auszubildende verpflichtend wird dies nach 2014-2015.

358 Bezugnahmen auf Griechenland betreffen den Stand der Dinge vor der Reform 2013, sofern nichtanderweitig angegeben.

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Die Tatsache, dass arbeitsbasiertes Lernen nicht stattfindet oder zumindest nicht durcheinen Arbeitgeber durchgeführt wird, hat zur Folge, dass

Arbeitgeber keinen oder nur geringfügigen Anteil an der allgemeinen Entwicklungoder am Inhalt der schulbasierten Programme haben (Griechenland und Polen);

oder dass die Zusammenarbeit zwischen Schulen und Arbeitgebern Schwächenbirgt.

Zum Beispiel berichten in der Tschechischen Republik rund 80 % der Schulen, dass siemit Arbeitgebern bei der Bereitstellung praktischer Ausbildung zusammenarbeiten.Daneben sind Arbeitgeber rechtlich verpflichtet, sich an der Bewertung derAbschlussprüfung, die zur Erlangung des Befähigungsnachweises führt, zu beteiligen.Allerdings hat es den Anschein, dass im Rahmen der Zusammenarbeit nicht diegewünschten Ergebnisse erzielt werden. In einer Studie, die im Jahr 2013 vom NationalInstitute for Education359 durchgeführt wurde, gab die Hälfte aller Arbeitgeber intechnischen Sektoren an, dass Absolventen ein unrealistisches Bild derArbeitsbedingungen sowie Gehaltsvorstellungen hätten und über keinerlei praktischeErfahrung verfügten. Die Arbeitgeber äußerten sich zudem negativ über die Qualität derallgemeinen Fähigkeiten und technischen Kompetenzen der Absolventen.

das Fehlen andauernder und etablierter Beziehungen mit Arbeitgebern imAllgemeinen und in spezifischen Sektoren kann zu dem Schluss führen, dass dieLehrpläne nicht unbedingt den Anforderungen des Arbeitsmarktes entsprechen;

die erzielten Abschlüsse werden auch auf Arbeitgeberseite nur bedingtwahrgenommen;

dies schränkt im Umkehrschluss die Akzeptanz der relevanten Abschlüsse aufdem Arbeitsmarkt ein, wodurch ein Teufelskreis aus geringerBeschäftigungsfähigkeit entsteht. Genauso kann erwartet werden, dass dienegative Wahrnehmung der beruflichen Aus- und Weiterbildung vonseiten derAuszubildenden und Eltern im Allgemeinen bestärkt wird, was eine geringeBeteiligung an diesen Programmen zur Folge hat. Insbesondere beiLeistungsträgern ist zu erwarten, dass sie Bildungswege einschlagen, die vomArbeitsmarkt eher als akzeptiert gelten.

Obwohl diese Programme in den untersuchten Ländern gut etabliert sind, sehen sie sichdoch beträchtlichen Herausforderungen gegenüber, insbesondere im Hinblick auf dieeffiziente Heranführung von Auszubildenden an die aktuelle wissensbasierte Wirtschaft:

die Lehrpläne sind möglicherweise veraltet und/oder nicht an die derzeitigenArbeitsmarktanforderungen angepasst;

die Zusammenarbeit zwischen den Schulen der beruflichen Aus- undWeiterbildung und den Arbeitgebern unterliegt keinerlei Systematisierung oderQualitätssicherung;

die Beteiligung ist gering und die Auszubildenden, die an den Programmenteilnehmen, haben in der Regel schlechte schulische Leistungen erbracht undstammen aus einem spezifischen sozioökonomischen Umfeld (dies isthauptsächlich in Griechenland der Fall, wo vor der Reform 2013 dieErstausbildung in der Regel schulbasiert360 war);

359 Dolezalova, G.: Postoje zaměstnavatelů k zaměstnávání absolventů škol. 2013.360 Die Reform sieht vor, dass die neuen arbeitsbasierten Systeme und Ausbildungen nach den Schuljahren

2014-2015 oder 2015-2016 stattfinden.

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im Rahmen der derzeitigen Struktur der Programme bieten die ArbeitgeberAuszubildenden aus schulbasierten Programmen seltener Praktikumsplätze an.

Die Notwendigkeit, die vorrangig im Rahmen von schulbasierten Programmenerbrachte Ausbildung mit betrieblicher Ausbildung zu stärken und eine starkePartnerschaft mit dem Arbeitsmarkt zu etablieren, wurde in der TschechischenRepublik, in Griechenland und Polen sowie in anderen Ländern erkannt und hatteeinschlägige Reformen zur Folge.

Die erst kürzlich erfolgte Umsetzung lässt noch keine Bewertung der Reformen zu.Allerdings stellen sie einen positiven Wandel hin zur Schaffung wettbewerbsfähigererAus- und Weiterbildungswege dar. Auf dem Weg zum Wandel gibt es trotzdem einigeHindernisse, wie bereits in Abschnitt 4 dargelegt. Die Arten von Maßnahmen, die imRahmen dieser Reformen vorgesehen sind, umfassen

die Schaffung von Ausbildungswegen parallel zur schulbasierten Aus- undWeiterbildung, beginnend mit ausgewählten Berufszweigen oderWirtschaftsbereichen;

die Bereitstellung von Anreizen für Schulen, eine systematischeZusammenarbeit mit Arbeitgebern einzugehen und die Schaffungarbeitsbasierter Lernphasen in Betrieben zu forcieren. In der Anfangsphase istarbeitsbasiertes Lernen im Gegensatz zum weiter oben beschriebenen dualenSystem im Rahmen eines derartigen Systems nicht notwendig, aberförderungswürdig.

die Schaffung von schulbasierten Kleinstbetrieben oder anderer Arten desarbeitsbasierten Lernens in Schulen.

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8. SCHLUSSFOLGERUNGEN UND EMPFEHLUNGEN

8.1. Zentrale Schlussfolgerungen zu den dualen Systemen in den28 Mitgliedstaaten der EU

Verantwortliche in der Politik und Interessenträger auf nationaler und EU-Ebene legeneinen Schwerpunkt auf die Rolle von Ausbildungsprogrammen bei der Verbesserung desQualifikationsangebots sowie bei der Beseitigung von Schwierigkeiten beim Übergangvon Ausbildung in das Arbeitsumfeld. Es besteht zunehmend Übereinstimmung darüber,dass arbeitsbasiertes Lernen über großes Potenzial verfügt, junge Menschen auf einBeschäftigungsverhältnis vorzubereiten. Allerdings unterscheiden sich dieAusgangspositionen der Länder in wesentlichem Maße. Die Ausgangsbedingungen imHinblick auf die Schaffung von dualen Systemen, ihre Akzeptanz sowie die Bereitstellungvon arbeitsbasierten Lernmöglichkeiten durch Arbeitgeber unterscheiden sich erheblich.Die meisten Länder sind weit entfernt davon, ein geregeltes dualesBerufsbildungssystem wie in Deutschland oder Österreich aufzubauen. Bildungssystemesind äußerst kontextabhängig und die Entwicklung derartiger Systeme geht in der Regellangsam vonstatten. Radikale und plötzliche Veränderungen können, sofern diese nichtausreichend im jeweiligen Kontext verankert sind, mehr Schaden anrichten als positiveEffekte bewirken. Daher kann nicht erwartet werden, dass alle EU-Länder in der Lagesein werden, wesentliche Teile des dualen Bildungsmodells (wie es beispielsweise inDeutschland existiert) zu übernehmen und ihre eigenen Berufsbildungssystemegrundlegend zu überprüfen. Ein schulbasiertes Berufsbildungssystem wird sich nicht überNacht zu einem ausbildungsbasierten System umformen lassen. Duale und betrieblicheAusbildungssysteme erfordern die starke Beteiligung von Unternehmen, die Kapazitätder Ausbilder zur Zusammenarbeit mit den Unternehmen und die systemische Kapazitätauf der Ebene zwischengeschalteter Organisationen (wie beispielsweise Kammern), dieUmsetzung von Ausbildungssystemen überwachend zu begleiten. Die Entwicklung dieserKapazität erfordert Zeit und Einsatz. Es werden Übergangslösungen gebraucht, die fürdiejenigen Länder eher geeignet sind, wo arbeitsbasiertes Lernen noch nicht ausreichendin die Aus- und Weiterbildung integriert ist.

Zudem haben selbst starke und gut funktionierende (duale/betriebliche)Ausbildungssysteme mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Zu nennen sind in diesemZusammenhang Zugang und Chancengleichheit, aber auch Innovation und Anpassung anneue Berufszweige. Auch muss anerkannt werden, dass es keine einfache Beziehungzwischen der Existenz von betrieblichen Ausbildungssystemen und der Qualität vonBerufsbildung gibt. Nicht alles arbeitsbasierte Lernen führt zwangsläufig zu einemhochwertigen Lernprozess. Eine Reihe von Bedingungen muss erfüllt sein, umsicherzustellen, dass das arbeitsbasierte Lernen, das als Teil der öffentlich gefördertenund anerkannten Systeme angeboten wird, von hoher Qualität ist.

Die länderübergreifende Analyse zeigt, dass duale Systeme in den meisten EU-Ländernexistieren. Die Studie identifiziert vier Hauptarten von Berufsbildungsgängen, die sich anden unterschiedlichen Ansätzen der Integration arbeitsbasierten Lernens orientieren.

1. Duale Systeme, einschließlich betrieblicher Ausbildungen, stellen in einigenLändern den hauptsächlichen Berufsbildungsweg dar. In diesen Fällen werdenAusbildungen als duale Ausbildung bezeichnet und Arbeitgebern kommt eineSchlüsselrolle bei der Umsetzung des Systems zu. Dies hat Folgen für dieSteuerung dieser Systeme, die Finanzierungssysteme usw.;

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2. In anderen Ländern können Auszubildende zwischen einer Vielzahl von Aus- undWeiterbildungswegen wählen, die möglicherweise gleichermaßen gefragt sind undzum gleichen Abschluss führen. In diesen Ländern laufen Ausbildungen parallel zuanderen dualen Systemen. Diese Systeme bieten möglicherweise die gleichenAbschlüsse wie Ausbildungen und umfassen wesentliche Teile desarbeitsbasierten Lernens, das zur Erlangung des Abschlusses notwendig ist;

3. Schulbasierte Programme, die beträchtliche Anteile des arbeitsbasierten Lernensenthalten;

4. Schulbasierte Programme, die möglicherweise kein arbeitsbasiertes Lernenvorsehen. Wo dies doch der Fall ist, wird dieses Lernen zumeist auf demSchulgelände durchgeführt.

Mehrere Länder teilen Bedenken im Hinblick auf die Bereitstellung von Anleitung undBetreuung, obwohl sich diese Systeme und ihre Umsetzung erheblich unterscheiden;obwohl Schulen, öffentliche Arbeitsverwaltungen, Ausbildungsanbieter,Bildungsinstitutionen usw. Auszubildende bei ihren Entscheidungen bereits unterstützen,herrscht die Auffassung vor, dass die Anleitung nicht ausreichend entwickelt ist. Dies istin Ländern, in denen falsche Auffassungen gegenüber Berufsbildung vorherrschen, oderwo die Entscheidungen der Auszubildenden die Notwendigkeit umfassenderer Aufklärungaufzeigen, eher ersichtlich – sogar in Deutschland, wo sich der Großteil derAuszubildenden für nur einige wenige Abschlüsse entscheidet, während andereAbschlüsse kaum gefragt sind.

Allerdings teilen Ausbildungen länderübergreifend gemeinsame Merkmale, unabhängigvom Kontext, in dem sie angeboten werden, wie beispielsweise die Existenz einesVertrags, von Vergütung und einiger verbesserter Bedingungen gegenüber Vollzeit-Angestellten. Andererseits kann die Art und Weise, wie diese Merkmale ausgewähltwerden, wie Praktikumsplätze gefunden werden, die Länge oder abschließendeBewertung des Praktikums, erheblich zwischen den Ländern schwanken.

Dennoch sind die Beschäftigungszahlen von Auszubildenden positiv und zwar in Bezugauf alle verschiedenen Ansätze der Umsetzung. Im Allgemeinen erreichen Absolventendes mittleren Berufsbildungswegs eine höhere Beschäftigungsfähigkeit als Absolventendes allgemeinbildenden Bildungswegs in den meisten EU-Ländern. Am wichtigstenallerdings ist die Tatsache, dass eine höhere Beschäftigungsrate und ein zügigererÜbergang von der Ausbildung ins Berufsleben eindeutig im Zusammenhang mitarbeitsbasiertem Lernen stehen.

Die Studie hat die Finanzierungssysteme und -mittel in den Mitgliedstaaten untersucht.Inmitten der Wirtschaftskrise stellt es eine Herausforderung für alle Länder dar, denfinanziellen Anforderungen der dualen Systeme hinreichend gerecht zu werden.Gemeinsame grundlegende Prinzipien werden für die meisten Systeme herangezogen;schulbasierte Berufsbildung (und die schulbasierten Teile der dualen Systeme) werdendurch nationale/regionale Mittel finanziert, während die Arbeitgeber die Kosten für denarbeitsbasierten Teil der Ausbildung, oder des dualen Systems, fast ausschließlich selbsttragen. Auch durch den ESF werden wichtige Mittel für die dualen Systeme inverschiedenen Ländern zur Verfügung gestellt. Alle Finanzierungsarten haben Schwächenim Hinblick auf die Bereitstellung von Anreizen, die der Qualität der Berufsbildung nichtförderlich sind (zum Beispiel größtenteils durch Pro-Kopf-Beihilfen). Dies sollte bei derEntwicklung eines Finanzierungssystems berücksichtigt werden, insbesondere im Hinblickauf duale Systeme/betriebliche Ausbildungen, an denen mehr als ein Interessenträgerbeteiligt ist.

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Die Einbindung von Arbeitgebern in duale Systeme/Ausbildungen ähnelt sich länder- undsystemübergreifend. In der Regel nutzen Regierungen finanzielle Anreize, wie Beihilfen,Subventionen, Steuererleichterungen usw., um Arbeitgeber auf sich aufmerksam zumachen. Verschiedene Kombinationen von Maßnahmen werden in den Mitgliedstaateneingesetzt, entweder um die Arbeitgeber anfänglich einzubinden; sie zu überzeugen, dieZahl ihrer Praktikumsplätze zu erhöhen; oder in Bezug auf die Aufnahme vonJugendlichen mit Behinderung als Auszubildende. Untersuchungen zeigen, dass solcheMaßnahmen kein Allheilmittel sind, auch wenn sie sich als hilfreich erwiesen haben; siesollten sorgfältig ausgewählt und eingesetzt werden, um die Arbeitsmarktstruktur desjeweiligen Landes zu reflektieren und auf diejenigen Arbeitgeber ausgerichtet sein,möglicherweise in spezifischen Sektoren, die bisher trotz Anreizen nicht für ein Systemgewonnen werden konnten. Zudem halten komplexe oder unklare Prozesse dieArbeitgeber von einer Beteiligung ab, ungeachtet der finanziellen Anreize. DieseBeobachtungen zeigen darüber hinaus, dass umfangreichere staatliche Anreize (diehöheren staatlichen Ausgaben entsprechen) nicht zwangsläufig zu besserenErgebnissen führen.

In Anbetracht der offensichtlichen Vorteile, welche Erklärungen gibt es für die geringeBeteiligung an Berufsbildungssystemen/ betrieblichen Ausbildungen? Diese Studie zeigt,dass das Ausmaß der Beteiligung von Auszubildenden von einem breiten Spektrum anFaktoren beeinflusst wird: kulturelle Auffassungen im Hinblick auf die Qualität derBerufsbildung und der wahrgenommene Status, den Absolventen vonBerufsbildungssystemen/Auszubildende haben; sozioökonomische Merkmale desLernenden und seiner/ihrer Familie; sowie eine Reihe an sozioökonomischen Faktoren,die sich auf die gesamte Wirtschaft und ihre Struktur beziehen, die wiederum Einflussdarauf haben, wie Ausbildungssysteme gestaltet werden. Die Analyse betont das Risikoder Schaffung eines Teufelskreises; wenn in einem Land Berufsbildungswege imAllgemeinen oder betriebliche Ausbildungen im Besonderen als „zweite Wahl“ angesehenwerden, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Systeme Auszubildende mitschlechten Leistungen anziehen. Eltern, insbesondere mit mittleren oder höherensozioökonomischen Hintergründen, werden aller Wahrscheinlichkeit nach ihren Kinderndavon abraten, eine derartige Laufbahn einzuschlagen. Daher werdenBerufsbildungssysteme größtenteils Auszubildende mit schlechten schulischen Leistungenaus einem schwierigen Umfeld anziehen. Wenn Berufsbildungssysteme den Absolventeneiniges abverlangen, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass diese Auszubildendenihre Ausbildung nicht bestehen oder abbrechen; im Zuge dessen werden dieErwartungen an die Leistung der Auszubildenden heruntergeschraubt, was zuBerufsbildungssystemen führt, die weniger anspruchsvoll/qualitativ minderwertiger sind.Der Staat hat natürlich eine wichtige Rolle inne, indem er alle Lernartenausbildungsübergreifend fördert und deren Qualität sicherstellt. Da jedoch derSchwerpunkt der Auszubildenden/Eltern anstelle von Berufsbildung auf dem allgemeinenBildungsweg liegt, kann daraus gefolgert werden, dass Investitionen in Infrastruktur, dieQualitätssicherung der Prozesse und Lehrkräfte oder die Aktualisierung von Lehrplänenusw. bei der Berufsbildung nur eine weniger wichtige Rolle für die Regierungen spielt.Arbeitgeber werden eher abgeneigt sein, sich an dualen Systemen zu beteiligen und denAbsolventen solcher Systeme hochwertige Arbeitsplätze anzubieten, wenn sie derAnsicht sind, dass Auszubildende/Absolventen des Berufsbildungswegs leistungsschwachsind und die Qualität ihrer Ausbildung fragwürdig ist. In der Folge entstehen Hindernissefür die Beschäftigungsfähigkeit von Absolventen des Berufsbildungswegs, was für diegefragteren Wege, wie den allgemeinbildenden Bildungsweg, die leistungsstärkereStudenten anziehen, nicht der Fall sein wird.

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Die Attraktivität von Auszubildenden/dualen Systemen basiert auf einerkomplexen Gleichung, in der die Änderung einer einzelnen Variablenmöglicherweise nicht ausreicht. Zudem ist es zeitintensiv, eventuell vorhandenenegative Wahrnehmungen zu verändern.

Geringe Attraktivität und in der Folge geringe Beteiligungszahlen sind nicht die einzigenHerausforderungen, denen sich Berufsbildungssysteme/duale Systeme in Europagegenüber sehen. Diese Studie hat die zentralen Herausforderungen aufgezeigt, die diezehn ausgewählten Länder im Rahmen aktueller Gesetzesreformen angehen.Gemeinsame Triebkräfte sind länderübergreifend zu erkennen, obwohl dieBerufsbildungssysteme und die wirtschaftliche Situation teilweise erheblich voneinanderabweichen. Alle Triebkräfte sind im Kontext der Länder bedeutend, doch einige vonihnen (insbesondere hohe Arbeitslosenquoten) führen zu mehr Bedenken als andere inEuropa. Je nach Land liegen hinter den Herausforderungen langfristige Ansätze zurBerufsbildung, unzureichende ehemalige Strategien und kulturelle Eigenschaften. DieWirtschaftskrise stellt in den jüngsten Entwicklungen einen Schlüsselfaktor dar, da sieabrupt zu Widersprüchen in den etablierten Berufsbildungssystemen geführt, verfügbareRessourcen eingeschränkt oder lediglich die entscheidende (und dringende)Notwendigkeit hervorgehoben hat, lange bestehende Probleme zu lösen. Obwohl es sichum gemeinsame Reformen handelt, verfolgen diese zur Beseitigung der Hindernisseunterschiedliche Ansätze, die die länderspezifische Situation und mögliche Lösungswegewiderspiegeln. Dies verdeutlicht, wie wichtig es ist, die Lösungen an dieländerspezifischen Bedingungen anzupassen.

Der Schwerpunkt, den die Europäische Kommission auf das Berufsbildungssystem und ingroßem Maße auf die Lehrlingsausbildung legt, hat in den Mitgliedstaaten dazu geführt,die Entwicklung oder Verbesserung der Lehrlingsausbildung/dualen Systeme alsgangbaren Weg zur Lösung ihrer Probleme zu sehen. Daher umfassen die Reformen auchdie Einführung von Lehrlingsausbildungs-/dualen Systemen, sogar in Ländern mitgrößtenteils schulbasierten Systemen. Dort wo die Berufsbildung größtenteilsschulbasiert ist, sind die Regierungen zu dem Schluss gekommen, dass eine lockere odergar keine Zusammenarbeit mit dem Arbeitsmarkt und beschränkte arbeitsbasierteLernangebote für Lernende Hindernisse darstellen. In diesem Zusammenhang istinteressant, dass diese Hindernisse und entsprechende Reformen auch in Ländern mitgut entwickelten Berufsbildungssystemen/dualen Systemen auftraten bzw. durchgeführtwurden.

Die Erweiterung bestehender Systeme und die Einführung neuer Systeme lassen auf einegestiegene Nachfrage nach Plätzen in der Lehrlingsausbildung oder im dualen Systemschließen. Arbeitgeber in den Prozess einzubeziehen stellt eine gemeinsameHerausforderung in den zehn ausgewählten Ländern dar, wenn auch aufgrund vonLänderunterschieden aus unterschiedlichen Perspektiven. Zum Beispiel in Ländern, wodie Zusammenarbeit von Regierungsstellen, Schulen und Sozialpartnern nicht in dasSystem eingebettet ist (EL) oder wo Arbeitgeber im Allgemeinen oder in bestimmtenSektoren aufgrund der nachteiligen Effekte der Wirtschaftskrise weniger Stellenbereitstellen (z. B. FI).

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8.2. Empfehlungen für Maßnahmen

8.2.1. Initiativen auf EU-Ebene

Empfehlung Nr. 1

Die Unterschiede in den Ausgangsbedingungen der Berufsbildungssysteme anerkennenund den Austausch zwischen den Mitgliedstaaten fördern, damit sie bewährte Verfahrenaus einer Vielzahl von Systemen wählen können.

Bei einer Reihe von EU-Initiativen wird die Notwendigkeit eines stärker arbeitsbasiertenLernens und einer stärker arbeitsbasierten Lehrlingsausbildungen im Allgemeinen betont(Europäische Ausbildungsallianz, Jugendgarantie-Initiativen). Bei diesen Initiativen mussberücksichtigt werden, dass Staaten Übergangsphasen durchlaufen müssen, bevor esihnen möglich ist, ein System der umfassenden Lehrlingsausbildung vorzuweisen. Fernerist wichtig, dass diese Initiativen Staaten in die Lage versetzen, von einer Vielzahl vonSystemen zu lernen, nicht nur von denjenigen, die über ein System der umfassendenLehrlingsausbildung verfügen. Andere Modelle haben deutliche Merkmale, die für dieStaaten, die noch mit stark schulischen Berufsbildungssystemen arbeiten, von großerBedeutung sein können.

Der Austausch auf EU-Ebene in Bezug auf die Lehrlingsausbildung sollte eine Beratungfür die Mitgliedstaaten bieten, welche sich nach der Art des Systems, mit dem dieseStaaten arbeiten, und dem jeweiligen sozioökonomischen Kontext richtet. Wenn dieDiskussionen zu allgemein bleiben und sich auf den Idealtyp der Lehrlingsausbildungkonzentrieren, fällt es den Staaten schwer, konkrete Maßnahmen zu ermitteln, die sieweiterbringen.

8.2.2. Nationale Ebene

Schulbasierte Systeme

Empfehlung Nr. 2

Parallel arbeiten. Neue Ausbildungswege in Sektoren mit günstigen Voraussetzungenentwickeln. Gleichzeitig den Anteil des arbeitsbasierten Lernens in schulbasiertenProgrammen erhöhen.

Die Staaten, die mit vollkommen schulbasierten Berufsbildungssystemen arbeiten,müssen bei Null anfangen und schrittweise eine Lehrlingsausbildung aufbauen. DerSchlüssel liegt darin, sich auf diejenigen Wirtschaftsbereiche zu konzentrieren, in denengünstige Bedingungen für die Entwicklung einer Lehrlingsausbildung bestehen, nämlich:

die Sektoren, die einen Mangel an Fachkräften aufweisen und daher interessiertdaran sind, Schulungsprogramme zu entwickeln, mit denen sie einen Zustromvon qualifiziertem Personal sicherstellen können;

die Sektoren, die sich in einer Wachstumsphase befinden und daher in Zukunfteinen noch größeren Bedarf an qualifiziertem Personal haben werden.

Trotz der schwierigen gesamtwirtschaftlichen Lage gibt es in den meisten LändernSektoren oder bestimmte Unternehmen, die vor der Herausforderung vonQualifikationslücken stehen, die ihr Wachstum behindern. Diese Unternehmen sind nichtunbedingt in den traditionellen Branchen des Handwerks oder der Herstellung

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anzutreffen, sondern finden sich auch im Dienstleistungssektor; sie sind auf der Suchenach Menschen mit neu aufkommenden, zeitgemäßen Fähigkeiten. DieLehrlingsausbildung kann auch auf höherer Ebene als die Sekundarstufe II entwickeltwerden. Staaten in dieser Kategorie sollten auch die Entwicklung einerLehrlingsausbildung auf höherer Ebene in Erwägung ziehen, wenn dies der Nachfragenach Qualifikationen in ihrem Land besser Rechnung trägt.

Es ist wichtig, dass diese Bildungswege von Anfang an von guter Qualität sind, um einpositives Bild der Lehrlingsausbildung zu unterstützen. Dies ist für die künftigeAusweitung des Modells von ausschlaggebender Bedeutung.

Gleichzeitig müssen diese Staaten das arbeitsbasierte Lernen in die schulbasiertenProgramme integrieren. Dies sollte schrittweise verbindlich vorgeschrieben werden. Esist wichtig, von Anfang an eine gute Verbindung zwischen dem, was in der Schule, unddem, was in einem Betrieb gelernt wird, zu fördern. Lernen am Arbeitsplatz sollte in denLehrplan aufgenommen werden und sollte zu klar definierten Lernergebnissen führen,die bewertet werden. Es ist wichtig, dass die jungen Menschen und die Arbeitgeberkonkrete Vorstellungen darüber haben, was die Person während der Zeit imUnternehmen lernen sollte.

Dafür ist eine Stärkung der Beziehungen zwischen Schulen und Unternehmenerforderlich. Schulen müssen Anreize erhalten, Kontakte mit Unternehmen zu knüpfen.Das Schulpersonal muss beim Aufbau dieser Netze unterstützt werden. Möglicherweisemuss ein spezifischer Posten geschaffen werden, der für die Beziehungen zuUnternehmen zuständig ist, da diese Aufgabe nicht ausschließlich zusätzlich zu dennormalen Unterrichtsstunden bewältigt werden kann.

Schulbasierte Systeme mit einem großen Teil arbeitsbasiertem Unterricht

Empfehlung Nr. 3

Den Anteil des arbeitsbasierten Lernens schrittweise erhöhen.Den Schwerpunkt auf den arbeitsbasierten Unterricht und die Verbindung mit demschulbasierten Unterricht legen.Schulen anregen, langfristige Netze mit Unternehmen vor Ort aufzubauen.

Die Staaten, in denen diese Situation vorherrscht, sollten den arbeitsbasiertenUnterricht, der bereits als Teil von schulbasierten Programmen angeboten wird,weiterentwickeln.

Sie sollten in erster Linie dafür sorgen, dass die arbeitsbasierten Unterrichtszeiten einegute Qualität aufweisen und gut in den Lehrplan integriert sind. ArbeitsbasierteUnterrichtszeiten sollten genau definierte Lernergebnisse liefern, die für dieAuszubildenden, für die Lehrer und für die Unternehmen klar sind. Es sollteMechanismen geben, mit denen sichergestellt wird, dass die Qualität des Unterrichts dieAuszubildenden dazu befähigt, diese Lernergebnisse zu erzielen.

Der dem arbeitsbasierten Lernen zugewiesene Zeitrahmen sollte schrittweiseausgeweitet werden. Je mehr Zeit die Auszubildenden in einem Unternehmenverbringen, desto größer sind die Vorteile für das Unternehmen. In der Anfangsphasemüssen die Arbeitgeber in den Auszubildenden investieren, bevor er oder sie einenMehrwert für den Betrieb darstellen kann. Je größer der Mehrwert für das Unternehmenist, desto größer ist die Wahrscheinlichkeit, dass Unternehmen Lernen am Arbeitsplatzanbieten.

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Wenn das arbeitsbasierte Lernen ein verbindliches Element von schulbasiertenBerufsbildungssystemen ist, sollten die Auszubildenden nicht mit der Aufgabe alleingelassen werden, Möglichkeiten für arbeitsbasierte Unterrichtseinheiten zu finden.Schulen sollten Netze mit Unternehmen vor Ort aufbauen, und diese Netze solltenregelmäßig mobilisiert und aktualisiert werden. Dies setzt voraus, dass es Personen inden Schulen gibt, die dafür zuständig sind, Kontakte mit Unternehmen zu knüpfen undsicherzustellen, dass das Feedback, die Anforderungen und Interessen der Unternehmenbei der Planung von arbeitsbasierten Unterrichtseinheiten oder Entscheidungen über diezu erreichenden Lernergebnisse berücksichtigt werden. Nur, wenn es regelmäßigeGespräche und einen regelmäßigen Austausch gibt, ist zu erwarten, dass Unternehmenweiter interessiert sind.

Wenn diese Staaten auch mit einer Lehrlingsausbildung als parallelen Bildungswegarbeiten, sollten sie die Empfehlung Nr. 4 ebenfalls berücksichtigen.

Lehrlingsausbildung als paralleler Bildungsweg

Empfehlung Nr. 4

Die Lehrlingsausbildung durch Gewinnung neuer Arbeitgeber ausweiten. DieLehrlingsausbildung auf unterschiedliche Sektoren und Ebenen ausdehnen. DenSchwerpunkt auf Wachstumsbereiche auch in nicht traditionellen Sektoren legen.Sicherstellen, dass die Qualifikationen auf nationaler Ebene anerkannt werden.

Dort, wo die Lehrlingsausbildung als paralleler Bildungsweg zu anderen Formen vonBerufsbildungssystemen besteht, sollten sich die Staaten auf die Ausweitung derbestehenden Systeme konzentrieren. Dafür ist die Gewinnung neuer Arbeitgeber und dieAnwerbung neuer Auszubildender erforderlich. Es ist insbesondere notwendig, auf neueTypen von Unternehmen und Auszubildenden abzuzielen. Die Lehrlingsausbildung sollteauf eine größere Zahl von Wirtschaftssektoren und von Berufen ausgeweitet werden.Dies kann zur Entwicklung einer Lehrlingsausbildung auf höherer Ebene führen.

Gleichzeitig ist es wichtig, die Attraktivität der Lehrlingsausbildung für eine Vielzahl vonLernenden zu erhöhen. Diese Art der Ausbildung sollte nicht nur eine Option fürLeistungsschwächere sein, sondern sollte für Lernende mit einer Vielzahl von Profilenattraktiv werden. Die öffentlichen Stellen müssen Maßnahmen entwickeln, um dasnegative Image der Lehrlingsausbildung zu bekämpfen. Die Kommunikations- undBeratungsmaßnahmen sollten in höherem Maße den Mehrwert und das Potenzial derLehrlingsausbildung hervorstreichen. Die schulbasierte Berufsbildung und dieLehrlingsausbildung sollten als gleichwertige Bildungswege anerkannt werden. EineLösung besteht darin, die Lehrlingsausbildung in Sektoren aufzubauen, die für dieLernenden und die Arbeitgeber attraktiv sind.

Ein weiterer Aspekt ist die Schwerpunktsetzung auf die Qualität der Lehrlingsausbildung.Diese sollte landesweit anerkannte Qualifikationen bieten. Auszubildende sollten einenklaren Status und klare Rechte haben. Die Unterrichtszeiten in Unternehmen und inAusbildungszentren/Schulen sollten gut verbunden und verknüpft sein. Die Unternehmensollten umfassend an Entscheidungen über Lehrpläne und über die Beurteilung derAuszubildenden beteiligt werden. Es sollte einen klaren Rahmen zur Qualitätssicherunggeben.

Staaten, die in diese Kategorie fallen, könnten auch über parallele schulbasierteBildungswege verfügen, und die Empfehlungen 2 und 3 könnten für sie ebenfallsrelevant sein.

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Umfassende Lehrlingsausbildung

Empfehlung Nr. 5

Die Vielfalt bei der Anwerbung für die Lehrlingsausbildung fördern.Die Lernenden unterstützen, die keine Bereitschaft für eine Lehrlingsausbildung zeigen.Die Aufstiegsmöglichkeiten zu anderen Ebenen und Formen der Aus- und Weiterbildungverbessern.

Staaten mit diesen Systemen sollten besonderes Augenmerk auf die Stärkung dersozialen Eingliederung und der Gleichstellung in der Lehrlingsausbildung legen. Wiebereits erwähnt, kann in diesen Staaten in Bezug auf die Lehrlingsausbildung selektivvorgegangen werden und es kann denjenigen der Vorzug gegeben werden, die bereitseine Reihe von Fertigkeiten, Verhaltensweisen und Einstellungen (Bereitschaft für dieLehrlingsausbildung) erworben haben. Deshalb ist es wichtig, dass bei allen jungenMenschen auf die Entwicklung der „Bereitschaft für die Lehrlingsausbildung“hingearbeitet wird, bevor sie vor der Wahl einer weiterführenden Bildung stehen.Kurzfristige „Projektaufgaben“-Programme in Unternehmen auf niedrigemBildungsniveau können eine Lösung sein.

Es sollten Maßnahmen vorgesehen werden, um eine größere Vielfalt an Typen vonAuszubildenden anzusprechen und Vorurteile und Diskriminierung bei der Anwerbungvon Auszubildenden zu bekämpfen, die aufgrund des Geschlechts, der ethnischenHerkunft oder einer Behinderung auftreten können. In diesen Staaten gibt es oftGruppen in der Bevölkerung, die nicht von der Lehrlingsausbildung profitieren (oder sienicht einmal als eine Option in Erwägung ziehen) – beispielsweise Migranten oder jungeMenschen mit Behinderungen. Diese Bevölkerungsgruppen sollten mittels gezielterMaßnahmen erreicht werden.

Schließlich sollten Aufstiegsmöglichkeiten zu höherer Bildung eröffnet werden. Hiermitsind nicht nur die formalen Voraussetzungen für den Zugang gemeint, sondern es mussauch sichergestellt werden, dass die Auszubildenden, die eine Lehrlingsausbildungabsolviert haben, echte Chancen haben, in der höheren Bildung erfolgreich zu sein. Dazumüssen auch die Hochschuleinrichtungen Anpassungen vornehmen. Im Rahmen derangebotenen Programme sollte anerkannt werden, dass junge Menschen, die wenigerErfahrungen in der akademischen Welt, dafür aber eine umfassende Arbeitserfahrunghaben, über das Potential verfügen, sich weiter zu entwickeln; sie sollten nicht aufgrundgewisser Lücken im theoretischen Wissen blockiert werden, die sie später schließenkönnen. Programme der höheren Bildung sollten junge Menschen, die den Bildungswegder Lehrlingsausbildung absolviert haben, in die Lage versetzen, ihre Fähigkeiten undKompetenzen weiter zu entwickeln.

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ANHANG 1: ANALYTISCHER RAHMENFrage Indikator Geltungs-

bereichKommentar (detailliertereIndikatoren)

Quellen

Was sind dieHauptunterschiedezwischen denbestehendenBerufsbildungssystemenin Bezug auf dasVorhandensein und dieHauptmerkmalealternierenderProgramme?

Die Art der Berufsbildungsschienenim Land

EU-28 Die Anzahl der SchienenDauerNiveaustufe

Refernet Country Reports 2012;Europäische Kommission – GDBeschäftigung (2012c);Eurypedia; EuropäischeKommission (2012b)Vorhandensein von

LehrlingsausbildungenEU-28EU-10 Merkmale von Lehrlingsausbildungen–

Status, Arbeitsentgelt etc.

Vorhandensein anderer dualerProgramme

EU-28EU-10 Siehe oben

Wege in duale Programme EU-28 Vorhandensein von PrüfungenFrühe Differenzierung in allgemeinerAusbildungWahl des Arbeitgebers

Eurypedia, Bildung auf einenBlick (OECD-Staaten)

Teilnahme an Berufsbildung EU-28 Eurostat

Teilnahme an dualen Programmen EU-28 Europäische Kommission – GDBeschäftigung (2012c); Bildungauf einen Blick (OECD-Staaten)10 Staaten – nationale Daten

Verfügbarkeit von Beratung EU-28 Eurobarometer-Umfrage 369

Abschlussquoten vonBerufsbildungsprogrammen

EU-28 Bildung auf einen Blick (OECD-Staaten)

Endbeurteilung vonBerufsbildungsprogrammen

EU-28 (insbesondere alternierende Modelle) Refernet und Bildung auf einenBlick (OECD-Staaten)

Ergebnisse dualer Modelle undanderer Berufsbildungsmodelle

EU-28 AbschlussquotenBeschäftigungsergebnisseAufstieg in höhere Bildungsstufen

Bildung auf einen Blick (OECD-Staaten)

Was sind die(geplanten) jüngstenReformen bei dualenModellen und was treibt

Vorhandensein jüngster Reformenzur Stärkung dualer Modelle

EU-28 Einführung neuerLehrlingsausbildungsmodelleAufwertung vonLehrlingsausbildungen

RefernetEuropäische Kommission - GDBeschäftigung (2012c)

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

158

Frage Indikator Geltungs-bereich

Kommentar (detailliertereIndikatoren)

Quellen

sie voran? Stärkung anderer Formen dualerModelle

Beschreibung jüngster Reformen EU-10 Nationale Quellen

Bericht über die Hauptgründehinter diesen Reformen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Wie beeinflussenunterschiedlicheFaktoren dieBerufsbildung undinsbesondere dualeProgramme?

Wahrnehmungen überBerufsbildungsprogramme

EU-28 Wahrnehmungen über das Bild derBerufsbildung und die Qualität derArbeitsplätze, auf die Berufsbildunghinführt

Eurobarometer-Umfrage 369

Wahrnehmungen vonLernenden/Eltern/Arbeitgebernüber duale Modelle

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Vorhandensein und Art vonBeratungsmodellen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Hauptwirtschaftszweige im Land EU-28 Proportion zwischen Dienstleistungenund Industrie

Eurostat

Betriebsgröße EU-28 Anteil an KMU Eurostat

Einfluss von Wahrnehmungen aufdie Wahl des Lernenden

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Einfluss des wirtschaftlichenUmfelds auf das Angebot anAusbildungsplätzen

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Sektorale Unterschiede bezüglichAngebot an und Nachfrage nachAuszubildenden

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Einfluss der geographischenAbdeckung alternierender Modelleauf die Wahl der Lernenden

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Maßnahmen, dieumgesetzt werden

Maßnahmen bezüglich derZusammenarbeit zwischen Schulenund Unternehmen

EU-10 Arten von Maßnahmen (Steuerung,Finanzierung etc.)Schwerpunkt dieser Maßnahmen

Nationale Quellen undBefragungen

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Frage Indikator Geltungs-bereich

Kommentar (detailliertereIndikatoren)

Quellen

Stärken und Schwächen

Maßnahmen bezüglich derInformation und Beratung vonSchülern, die eine Berufsbildungaufnehmen

EU-10 Arten von Maßnahmen(Berufsberatung, Online-Instrumenteetc.)Schwerpunkt dieser MaßnahmenStärken und Schwächen

Nationale Quellen undBefragungen

Maßnahmen zurAttraktivitätsförderung

EU-10 Arten von Maßnahmen (Wettbewerbe,Werbekampagnen etc.)Schwerpunkt dieser MaßnahmenStärken und Schwächen

Nationale Quellen undBefragungen

Maßnahmen zur Qualitätssicherung EU-10 Arten von Maßnahmen (Vorbereitungder Ausbilder, Kapazität der Betriebeetc.)

Nationale Quellen undBefragungen

Wie fördert oder bremstdie Finanzierung vonBerufsbildung undinsbesondere vondualen Bildungsgängendie Entwicklung dieserModelle?

Arten vonFinanzierungsprogrammen fürBerufsbildung

EU-28 allgemeiner Überblick Bildung auf einen Blick (OECD-Staaten)

Einfluss vonFinanzierungsprogrammen auf dasAngebot an Ausbildungsplätzen

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Kosten und Nutzen dualerAusbildung

Aufarbeitung wissenschaftlicherFachliteratur

Finanzielle Anreize für Arbeitgeber,duale Ausbildungsplätzeanzubieten

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Beitrag von Arbeitgebern zudualen Modellen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Ergebnisbasierte Finanzierung vonSchulen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Welche Leistungenkönnen duale Systemein Bezug auf

Anteil von Frauen in derBerufsbildung (insbesondere dualeModelle)

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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Frage Indikator Geltungs-bereich

Kommentar (detailliertereIndikatoren)

Quellen

Chancengleichheit unddie Bekämpfung vonSchulabbruchvorweisen?

Anteil von sozioökonomischbenachteiligten Schülern

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Einschreibung von Schülern mitBehinderungen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Maßnahmen zur Förderung derChancengleichheit in dualenModellen

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Herausforderungen undErfolgsfaktoren

Gründe für die Stärkung dualerModelle

EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Stärken umgesetzter Reformen EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Schwächen umgesetzter Reformen EU-10 Nationale Quellen undBefragungen

Quelle: ICF International

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Anhang 2: TABELLEN UND LÄNDERBEISPIELE AUSABSCHNITT 2

Tabelle A2. 1: Die zehn für eine gründliche Analyse ausgewählten EU-Staaten

Land Art derBerufsbildung

Einschrei-bung in

Berufsbil-dung der

Sekundar-stufe II*

Jugendarbeits-losigkeit**

GeografischeKriterien

TschechischeRepublik

Vorwiegendschulbasiert Hoch

Unter dem EU-Durchschnitt, aberverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Mitte und Osten– Erweiterung2004

Deutschland Vorwiegendarbeitsbasiert Mittel Niedrig Kontinental

Griechenland Vorwiegendschulbasiert Niedrig

Sehr hoch und mehrals das Doppelte derGesamtbevölkerung

Südlich

Finnland

Vorwiegendschulbasiert, abererheblicheZeiträumearbeitsbasiertenLernens

Hoch

Unter dem EU-Durchschnitt, aberverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Nordisch

Frankreich Gemischt Mittel

Über dem EU-Durchschnitt undverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Kontinental

Italien

Vorwiegendschulbasiert, abererheblicheZeiträumearbeitsbasiertenLernens

Mittel

Erheblich über demEU-Durchschnitt undverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Südlich

Niederlande Gemischt Hoch Niedrig Kontinental

Polen Vorwiegendschulbasiert Mittel

Über dem EU-Durchschnitt undverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Mitte und Osten– Erweiterung2004

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Portugal Gemischt MittelSehr hoch und mehrals das Doppelte derGesamtbevölkerung

Südlich

VereinigtesKönigreich Gemischt Niedrig

Unter dem EU-Durchschnitt, aberverglichen mit derArbeitslosigkeitinsgesamt hoch

Westen

Quelle: ICF International*OECD (2012a) Tabelle C1.3. Bildungsbeteiligung im Sekundarbereich und im postsekundaren, nicht-tertiärenBereich (Daten 2010). Hoch= >60 % der Schüler in Berufsbildungsgänge eingeschrieben; Mittel = 40-60 %der Schüler in Berufsbildungsgänge eingeschrieben, Niedrig = <40 % in Berufsbildungsgänge eingeschrieben**Basierend auf Eurostat-Daten (2012), Indikator: Arbeitslosenquoten nach Geschlecht und Altersgruppe -Jahresdurchschnitte, %

Tabelle A2. 2: Durchgeführte Befragungen nach Art der Organisation

Art der Organisation Anzahl der Befragungen

Ministerium für Bildung/andere nationale/regionaleBerufsbildungsbehörde 27

Berufsbildungsanbieter/ Lehrer/Schüler 9

Arbeitgeber- und Arbeitnehmerorganisationen 12

Beratungssektor 1

Experten/Forscher 11

INSGESAMT 60

Quelle: ICF International

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Tabelle A2. 3 Befragte Organisationen nach LandLand Anzahl

derBefragungen

Organisation

CZ 7

Nationales Institut für Bildung (Abteilung zur Analyse vonQualifikationsanforderungen auf dem Arbeitsmarkt; Abteilung fürlebenslanges Lernen; Projekt „Together“);Verband für Industrie und Verkehr;Regionalbüro von Karlovarsky Kraj.

DE 5

Bundesministerium für Bildung und Forschung;Industrie- und Handelskammer Frankfurt a.M.;Zentralverband des Deutschen Handwerks;Deutscher Industrie- und Handelskammertag;Bundesverband der Lehrerinnen und Lehreran berufsbildenden Schulen e.V. (BLBS)

EL 7

Ministerium für Bildung und Glaubensgemeinschaften;Generalsekretariat für lebenslanges Lernen;Nationale Organisation für die Zertifikation von Qualifikationen undBerufsberatung;Anstalt für die Beschäftigung von Arbeitskräften (OAED);Griechischer Verband der Gewerbetreibenden, Handwerker undKaufleute (GSEVEE);Berufsschullehrer.

FI 5

Zentralorganisation der Finnischen Gewerkschaften (SAK);Finnischer Industrieverband (EK);

Union der Berufsbildungsteilnehmer / Suomen AmmattiinOpiskelevien Liitto (SAKKI);Zentralamt für Unterrichtswesen.

FR 5

CCCA-BTP (zweigliedrige Organisation für die Entwicklung derLehrlingsausbildung im Bausektor einschließlich öffentlicherBauaufträge);Ministère de l'éducation nationale (Ministerium für Bildung);Cereq (staatliches Forschungszentrum für Qualifikationen);CNRAA (nationales Ressourcenzentrum für alternierendeAusbildung).

IT 8

Isfol;Confidustria;Nationaler Ausbildungsanbieter;Arbeitsministerium.

NL 6

Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft,Direktion Berufsbildung;Ministerium für Bildung, Kultur und Wissenschaft sowie Ministeriumfür Soziales und Arbeit,Sonderdirektion vorzeitiger Schulabgang;SBB-Sekretär des beratenden Ausschusses Makro-Effizienz;VHG (Branchenorganisation für Landschaftsbau);Berufsschulen;Kompetenzzentrum für den Handelssektor.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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PL 6

Ministerium für Bildung;Polnischer Handwerksverband;Verband für Berufsbildungszentren;Institut für Arbeit und Sozialstudien.

PT 6

Ministerium für Bildung und Wissenschaft – Kabinett des Ministers;Universität Lusíada von Lissabon;Institut für Beschäftigung und Berufsbildung (dem Ministerium fürSolidarität, Beschäftigung und soziale Sicherheit angegliedert);Portugiesischer Verband für Lehrer in der Berufsausbildung;Nationaler Berufsschulverband;Demokratische Gewerkschaft für Lehrer der Subregion GrandeLisboa(der Befragte ist auch Mitglied der Allgemeinen Arbeiterunion UGT).

Verei-nigtesKönigreich(ENG) 5

Nationale Ausbildungsbehörde (National Apprenticeship Service);Referat Ausbildung (Apprenticeship Unit);UKCES;SEMTA (Arbeitgeberorganisation).

Quelle: ICF International

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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ANHANG 3: TABELLEN UND LÄNDERBEISPIELE AUS ABSCHNITT 3Tabelle A3. 1: Vorhandensein verschiedener Arten von Berufsbildungswegen in einigen EU-Ländern

Schulische Berufsbildung Gemischte Berufsbildung Arbeitsbasierte Berufsbildung(Lehrlingsausbildungen)

Öst

erre

ich 40 % der Schüler mit Abschluss der

Sekundarstufe I schreiben sich entweder ineine berufsbildende oder in eine höhereSchule ein. Praktika sind einePflichtkomponente des Programms

Weitere 40 % der Schüler mit Abschluss derSekundarstufe I schreiben sich in dasLehrlingsausbildungssystem ein.

Bel

gie

n-

nl

Die Berufsbildung der Sekundarstufe II ist größtenteils schulbasiert. Dazu gehörtdie praktische Ausbildung, diese muss aber nicht in betrieblichem Umfeldstattfinden. Wie stark Praktika in Programme integriert sind, hängt von denBerufsschulen ab.

Es gibt Lehrlingsausbildungs-programme,deren Anteil am Berufsbildungsangebot bleibtaber relativ gering (etwa 12 000 Schüler proJahr gegenüber nahezu 200 000 inschulbasierten Programmen)361.

Kro

atie

n

Vierjährige schulbasierteBerufsbildung (fünf Jahre fürPflegekräfte nach ISCED 3B). DieProgramme führen zuQualifikationen auf EQR-Niveau 4und ermöglichen den Zugang zurHochschulausbildung.

Dreijährige Erstausbildungs-programme, diezu Qualifikationen nach ISCED 3B führen undvorwiegend als Lehrlingsausbildungenangeboten werden.

361 Scheys M. (2011), Vocational education and training in Flanders.

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Schulische Berufsbildung Gemischte Berufsbildung Arbeitsbasierte Berufsbildung(Lehrlingsausbildungen)

Tsch

ech

isch

eR

epu

blik

Es gibt zwei schulbasierteBerufsbildungswege derSekundarstufe II mit folgendenZielen: ein Berufszeugnis (mit 35-45 %

praktischer Ausbildung); eine Hochschulzugangs-

berechtigung (mit wenigpraktischer Ausbildung).

Dän

emar

k Schüler, die keinenAusbildungsplatz finden, könneneine Ausbildungs-vereinbarung miteiner Schule abschließen, die denpraktischen Teil der Ausbildunganbietet.

Von Schülern in Berufsausbildungen derSekundarstufe II wird erwartet, dass sie auchüber einen Ausbildungsvertrag mit einemArbeitgeber verfügen. Dies ist derStandardweg für alleBerufsbildungsteilnehmer.

Fin

nla

nd Die Ausbildung der meisten Berufsbildungsteilnehmer erfolgt in einem

Berufsbildungsinstitut. Dieser Weg ist oftmals bekannt als „schulbasierteBerufsbildung“, er beinhaltet aber auch eine Komponente mindestenssechsmonatiger betrieblicher Ausbildung.

Fast alle Berufsbildungsqualifikationen derSekundarstufe II können auch über eineLehrlingsausbildung erreicht werden; DieAusbildung findet zu 70-80 % an einemArbeitsplatz statt, und es wird einArbeitsvertrag erstellt.

Fran

krei

ch Berufsbildungsprogramme, die SchülernVollzeitunterricht bieten, müssen Zeiträumebetrieblicher Ausbildung (Praktika) enthalten.Diese Programme nehmen die meistenBerufsbildungsteilnehmer auf.

Neben Vollzeitunterricht gibt es auchLehrlingsausbildungen. Sie führen zu dengleichen Qualifikationen wie die anderenProgramme. Es gibt viel wenigerLehrlingsausbildungsplätze als Ausbildungen inSchulen.

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Schulische Berufsbildung Gemischte Berufsbildung Arbeitsbasierte Berufsbildung(Lehrlingsausbildungen)

Deu

tsch

lan

d Schulbasierte Berufsbildung wirdals Vorbereitung für diejenigenangeboten, die keinenLehrlingsausbildungs-platz findenkönnen.

In bestimmten Wirtschaftszweigen (z. B. imGesundheitswesen) gibt es schulbasierteProgramme mit obligatorischem Lernen amArbeitsplatz.

Lehrlingsausbildungen sind die Hauptform derBerufsbildung in Deutschland. Die meistenBerufsbildungsteilnehmer machen dualeAusbildungen.

Gri

ech

enla

nd

Die formale Erstausbildung erfolgt in Berufsschulen der Sekundarstufe II. Im Jahr2013 wurde eine Reform erlassen, die die praktischen Lernmöglichkeitenverbessert, und zwar in Form einer optionalen einjährigen Lehrlingsausbildungzusätzlich zum obligatorischen Praktikum/zur Lehrlingsausbildung in derpostsekundären nicht-formalen Erstausbildung362.

Ca. 10 % der Berufsbildungsteilnehmerwerden in den Lehrlingsausbildungen dernationalen öffentlichen Arbeitsverwaltung(OAED) auf einem dualen Ausbildungswegausgebildet.

Ital

ien

Der Weg der IS (IstituzioniScolastiche) beinhaltetarbeitsbasiertes Lernen, dasgrößtenteils in Schulen stattfindet.Ein „Praktikum“ in einem Betrieb istoptional und seine Durchführunghängt von den Regionen ab.

Berufsbildungsgänge werden entweder vonden Berufsbildungsagenturen oder von denSekundarschulen verwaltet unddurchgeführt. Praktika machen mindestens30 % der Berufsbildungsgänge aus.

Es gibt Lehrlingsausbildungen, diese geltenaber nicht als fester Bestandteil desBerufsbildungs-systems. Die nationaleGesetzgebung stuft sie als „dauerhaftenArbeitsvertrag zur Ausbildung undBeschäftigung junger Menschen“ ein.363

Nie

der

lan

de Die praktische Ausbildung in Betrieben muss

mindestens 20 % und darf höchstens 60 %der Ausbildungszeit für Vollzeitschülerausmachen. Diese Form der Berufsbildungnimmt etwa zwei Drittel der Schüler auf.

Mindestens 60 % der Ausbildung findet amArbeitsplatz statt. Der Schüler muss übereinen Ausbildungsvertrag verfügen. DieseForm von Programm nimmt etwa ein Drittelder Schüler auf (größtenteils höhereAltersgruppen). Die verliehenenQualifikationen sind die gleichen wie bei dergemischten Berufsbildung.

362 Weitere Informationen zur Reform von 2013 finden Sie in Abschnitt 4.363 Art.1 D.Lgs n. 167/2011.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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Schulische Berufsbildung Gemischte Berufsbildung Arbeitsbasierte Berufsbildung(Lehrlingsausbildungen)

Pol

en

Die Berufsbildung derSekundarstufe II erfolgt durchFachoberschulen. Die praktischeAusbildung wird in besonderenKursen angeboten und beträgt ca.20 % der Ausbildungszeit.

In vielen Fachbereichen bieten ArbeitgeberLehrlingsausbildungen an. Es gibt zweiFormen: eine umfassende dreijährigeAusbildung oder eine kürzere drei- bissechsmonatige Schiene zur Vorbereitung aufbesondere Qualifikationen. Die theoretischeAusbildung erfolgt entweder in Schulen oderwird ebenfalls vom Arbeitgeber organisiert.

Por

tug

al

Es gibt drei Arten von Bildungsgängen: „Bildungsgänge vom Typ

Lehrlingsausbildung“364, bei denen bis zu 40 %des Lernens in Betrieben stattfindet Berufliche Bildungsgänge (18-24 %) Ausbildungslehrgänge (bis zu 15 %

arbeitsbasiertes Lernen; die Schüler müssen ein210-stündiges Praktikum absolvieren) Berufsbildende Lehrgänge 365 (Pilotprojekt) für

vorzeitige Schulabgänger: Diese beinhalten einPraktikum, das anhand eines alternierendenAusbildungsmodells stattfinden kann,einschließlich der Ausbildung in einem realenArbeitskontext innerhalb eines Betriebs und derpraktischen Ausbildung. Ihre Mindestdauerbeträgt 1400 Stunden. Die Ausbildung in einemrealen Arbeitsumfeld und das praktischeLernen, das in Schülerlaboren/-küchen usw.stattfindet, macht 46 % der Unterrichtszeitinsgesamt aus.

364 Die sogenannten „Bildungsgänge vom Typ Lehrlingsausbildung“ in Portugal beinhalten keinen Vertrag zwischen dem Auszubildenden und dem Arbeitgeber und wurdendaher als gemischte Berufsbildung eingestuft.

365 Berufsbildende Lehrgänge nach ISCED 2 sind schulbasiert. Es handelt sich dabei um Pilotlehrgänge, ihre Formen können sich also ändern.

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Schulische Berufsbildung Gemischte Berufsbildung Arbeitsbasierte Berufsbildung(Lehrlingsausbildungen)

Sp

anie

n

Die überwiegende Mehrheit derBerufsbildung ist schulbasiert, unddie praktische Ausbildung findetgrößtenteils in Werkstätten statt.Eine betriebliche Ausbildung gehörtnicht zu den Anforderungen dieserProgramme.

Modelle für Ausbildungs- und Lehrverträgebefinden sich derzeit in Entwicklung. Ineinigen Regionen werden bereits Wege derLehrlingsausbildung angeboten, die jedoch inder Minderheit bleiben.

UK

Bildungsanbieter können einevollkommen schulbasierteBerufsbildung anbieten. In welchemMaße die praktische Ausbildung aneinem Arbeitsplatz stattfindet, istnicht geregelt.

Es gibt verschiedene Arten vonLehrlingsausbildungs-programmen: vonEinstiegs-programmen für benachteiligteSchüler bis hin zur Berufsbildung auf höherenStufen, die zu Qualifikationen der Tertiärstufeführt.

Quelle: Länderforschung von ICF International für die zehn ausgewählten Länder; 2012 Refernet Länderberichte; Cedefop (2013b); Ioannidou A. und Stavrou St. (2013),Perspektiven für eine Reform der Berufsbildung in Griechenland (auf EL); Flanders.be Authorities (2011), Vocational education and training in Flanders.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

170

Tabelle A3. 2: Lehrlingsausbildungen in EU-Staaten366

Land Bezeichnung des Programms Land Bezeichnung des Programms

AT Duale Lehrlingsausbildung in Betrieben undSchulen IT

- Lehrlingsausbildung zum Erhalt einer beruflichenQualifikation oder eines Abschlusses- Professionalisierende Lehrlingsausbildung

BE

- Lehrvertrag für lebenslanges Lernen in KMU- Teilzeit-Arbeitsvertrag für eine Ausbildung nach

dem dualen System- Gewerblicher Ausbildungsvertrag (Föderales

Programm)

LV Ausbildung

BG Handwerkliche Ausbildung LT Lehrlingsausbildung (Pameistrystės profesinio mokymoforma)

CY - Lehrlingsausbildungssystem (Systima Mathiteias)- Neue Moderne Lehrlingsausbildung (NMA) LU Lehrlingserstausbildung

HRDas duale System wurde im Jahr 1995 eingeführt.Qualifikationen für 55 Berufe können über dualeAusbildung/Lehrlingsaus-bildungen erzielt werden.

MT

- Technician Apprenticeship Scheme (Modell zurLehrlingsausbildung von Facharbeitern)- Extended Skills Training Scheme (ESTS,Ausbildungsmodell zur Kompetenzerweiterung)

DK

- Berufsbildung und -ausbildung der SekundarstufeII, berufliche Erstausbildung (EUD)- Kombinierte Berufsbildung und Allgemeinbildungder Sekundarstufe II, Programm EUX- Neue Lehrlingsausbildung

NLArbeitsbasierte Berufsbildung der Sekundarstufe(BBL: beroepsbegeleidende leerweg) Niveaustufen 1; 2;3; and 4

EE Qualifikationen nach ISCED 2c, 3c, 3b und 4bkönnen über Lehrlingsausbildungen erzielt werden PL Lehrlingsausbildung (Berufsbildung für Jugendliche)

366 WICHTIGER HINWEIS: In der Quelle wurden die pro Land verfügbaren Modelle in „Modelle vom Typ Lehrlingsausbildung“ und „Praktika“ eingestuft. ICF Internationalhat diejenigen Modelle ausgewählt, die unter die vereinbarten Definitionen und in den Umfang (Bildungsstufen) dieser Studie fallen.

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Land Bezeichnung des Programms Land Bezeichnung des Programms

FILehrlingsausbildung auf der berufsbildendenSekundarstufe II (Erstausbildung und Weiterbildung,ISCED-Stufen 3 und 4).

RO Lehrverträge mit Betrieben

FR

- Lehrvertrag(Contrat d'apprentissage)- Professionalisierungsvertrag(Contrat de professionnalisation)

SI Praktische Ausbildung in Berufs- undFachausbildungsprogrammen

DE Ausbildung im dualen Berufsausbildungssystemgemäß dem Berufsbildungsgesetz (BBiG) ES

Lehrlingsausbildung während der Erstausbildung (inEntwicklung, verfügbar in einigen autonomenGemeinschaften367)

EL368 Ausbildungsprogramme in Berufsschulen dernationalen Arbeitsverwaltungen (OAED EPAS) SE Lehrlingsausbildung an Schulen der Sekundarstufe II

HU

- Vertragsbasierte Ausbildung von Berufsschülern(reguläre Programme bis 2013/14)- Ausbildung von Berufsschülern basierend aufeinem Aus-bildungsvertrag (sogenannte „FrüheProgramme der Berufsbildungsreform VET2“ (seit2010) und „duales Modell“ (seit 2012, regulär ab2013/2014)- Vertragsbasierte Ausbildung der Schüler vonBerufsschulen der Sekundarstufe (postsekundäreBerufsbildung)

UKGovernment Apprenticeship Programme(Lehrlingsausbildungsprogramm der Regierung, ISCED3)369

IE FAS-Ausbildung

Quelle: Europäische Kommission (2013d): ETF (2001) Vocational Education and Training in Croatia.

367 Refernet-Bericht Spanien 2012.368 Mit der Reform von 2013 wurden zusätzliche Optionen für Lehrlingsausbildungen eingeführt, die 2015-2016 umgesetzt werden.369 Auch verfügbar für ISCED 5, was nicht in den Umfang dieser Studie fällt.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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Tabelle A3. 3: Bei Lehrlingsausbildungen in den ausgewählten Ländern identifizierte Vertragsarten

Land/System

Vorhan-denseineinesVertrags

Art des Vertrags Arbeits-entgelt

Sozial-versich-erung/Kranken-versicherung

Unterzeichnende ParteienArbeit-nehmer-status

FR ja Ausbildungs-vertrag ja ja Auszubildender370 und Ausbildungs-betrieb ja

FI ja Arbeits-/Lehrvertrag ja ja Auszubildender und Arbeitgeber

Ja - währendZeit-räumenbetrieblicherAusbildung

DE ja Ausbildungs-vertrag ja ja Auszubildender und Ausbildungs-betrieb ja

EL ja Arbeitsvertrag ja ja Auszubildender und Arbeitgeber ja

IT371 ja Arbeitsvertrag ja ja Auszubildender und Ausbildungs-betrieb ja

NL ja 1) Arbeits-vertrag2) Lernvereinbarung ja ja

1) Ausbildungsbetrieb und Auszubildender2) Drei-seitige Vereinbarung – Schule,Auszubildender und Berufsbildungsanbieter

ja

PL ja Arbeitsvertrag ja ja Auszubildender und Ausbildungs-betrieb ja

UK (ENG) ja Arbeitsvertrag ja ja Auszubildender und Ausbildungs-betrieb ja

Quelle: Analyse von ICF International (basierend auf den Refernet Country Reports 2012 und der Länderforschung von ICF International)

370 Im Fall von minderjährigen Auszubildenden und Praktikanten werden die Verträge in allen ausgewählten Ländern von ihrem gesetzlichen Vertreter unterzeichnet.371 In Italien gibt es drei Arten von Lehrverträgen, um zwischen Lehrlingsausbildungen mit unterschiedlichen Zielgruppen und/oder Zielen zu unterscheiden: i) Die

Lehrlingsausbildung, die zu einer Qualifikation und zu einem Berufsabschluss führt (Apprendistato per la qualifica e il diploma professionale) und deren Zielgruppe 15-bis 25-Jährige sind, ermöglicht es Auszubildenden, ihr Recht auf Ausbildung in Anspruch zu nehmen bzw. ihrer Pflicht zur Teilnahme an Ausbildungsmaßnahmennachzukommen sowie eine berufliche Qualifikation oder einen Berufsabschluss zu erhalten. Dieser Vertrag wurde im Jahr 2012 eingeführt, ist auf nationaler Ebene abernoch nicht vollständig umgesetzt; ii) Die professionalisierende Lehrlingsausbildung (Apprendistato professionalizzante o contratto di mestiere), deren Zielgruppe 18- bis29-Jährige sind (oder 17-Jährige, die im Besitz einer beruflichen Qualifikation sind) und die es Auszubildenden ermöglicht, eine berufliche Qualifikation zu erhalten.Diese Studie konzentriert sich auf diesen Lehrvertrag, da er in den Umfang der Studie fällt und landesweit umgesetzt ist; und iii) auf Hochschulbildung und Forschungausgerichtete Lehrlingsausbildung (Apprendistato per l’alta formazione e la ricerca): Zielgruppe sind 18- bis 29-Jährige (oder 17-Jährige, die im Besitz einer beruflichenQualifikation sind), und den Auszubildenden werden ein Abschluss der Sekundar- und/oder Tertiärstufe oder die Promotion ermöglicht. Dieser Lehrvertrag fällt nicht inden Umfang dieser Studie. Quellen: Refernet Country Report (2012) und Isfol (2012a).

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

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Tabelle A3. 4: Bei anderen dualen Modellen in den ausgewählten Ländern identifizierte Vertragsarten

Land/System

Vorhanden-sein einesVertrags

Art desVertrags Arbeitsentgelt

Sozial-/Krankenver-sicherung

Unterzeich-nendeParteien

Arbeit-nehmer-status

TschechischeRepublik:SchulischeBerufsbildung

Kein Vertrag Verein-barung

Einstufung gemäß der Gesetzgebunghaben Schüler Anrecht auf einfinanzielles Arbeitsentgelt (mind. 30 %des Mindestlohns372) für produktiveTätigkeiten373 während ihrerpraktischen Ausbildung

neinBerufsschuleund Arbeit-geber

nein

Finnland:Gemischtes(sogenanntes„schulbasiertes“)Modell

ja -

Einige Lernende erhalten von ihremArbeitgeber für die Zeiträumebetrieblicher Ausbildung ein Gehalt,dies ist jedoch nicht üblich, und dieArbeitgeber sind nicht dazuverpflichtet.

neinBerufsschuleund Arbeit-geber

nein

Griechenland:GemischteBerufsbildung(Berufsbildungs-einrichtungen –IEK)

Nein (bis zurReform von2013)

-

nicht obligatorisch, der Arbeitgeberkann aber eine kleine Entlohnunganbieten; ein Arbeitsentgelt (monatlich250 EUR) ist für Praktika im BereichTourismus vorgesehen374

ja nein

Ja (gemäßder Reform;zur Verfügungfür Schülernach 2014-2015)

Nochfestzulegen Noch festzulegen Noch festzu-

legen

OAED(nationaleöffentlicheArbeitsver-waltung) undArbeitgeber

Noch festzu-legen

372 Bei einer 40-Stunden-Woche.373 Produktiv wird definiert als einkommensschaffend.374 Gemeinsamer Ministerialbeschluss 919-17/7/2006.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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Land/System

Vorhanden-sein einesVertrags

Art desVertrags Arbeitsentgelt

Sozial-/Krankenver-sicherung

Unterzeich-nendeParteien

Arbeit-nehmer-status

gemischtes System(bol) ja Lernverein-

barung

Nicht obligatorisch; Schüler erhaltenoft ein kleines Arbeitsentgelt für dieproduktiven Stunden der Praxisphase

nein

2) DreiseitigeVereinbarung– Schule,Schüler undBerufs-bildungs-anbieter

nein

Polen:SchulbasierteBerufsbildung

ja Lernvertrag nein nein Schule undArbeitgeber nein

Portugal:Gemischte Modelle ja Lernvertrag nein nein

Auszubildender und Berufs-bildungs-anbieter

nein

Quelle: Untersuchung von ICF International zu den Analysen und Refernet Country Reports 2012 der ausgewählten Länder

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

175

Tabelle A3. 5: In den zehn ausgewählten Ländern an der Steuerung dualer Modelle beteiligte Akteure

LandPolitische

Gesamtstrategie -Hauptakteur

Weitere beteiligteOrganisationen Finanzierung Entwurf der

Standards/LehrpläneZertifizierung/

Beurteilung Qualitätskontrolle

CZ Ministerium für Bildung,Jugend und Sport

Nationales Institut fürBildungFachräte

Ministerium für Bildung,Jugend und Sport

Ministerium für Bildung,Jugend und SportNationales Institut fürBildungFachräte

Berufsschulen Schulaufsicht

FI Ministerium für Bildungund Kultur

Finnischer nationalerBildungsausschuss,Berufsbildungs-anbieter

Staatliche Finanzierung Finnischer nationalerBildungsausschuss

Berufsbildungs-anbieter

Finnischer nationalerBildungsausschuss

FR

Ministerium für Bildung,Ministerium fürBeschäftigung, Arbeit,Berufsausbildung undsozialen Dialog

Sektorale Ministerien,sektoraleOrganisationen,Ausbildungszentren fürAuszubildende (CFA) –über ihreDachorganisationCCCA-BTP

Betriebe und Regionen Ministerium für Bildungund sektorale Ministerien

Ausbildungs-zentren fürAuszubildende(CFA) undregionaleBildungs-behörden

Ministerium fürBildung

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

176

LandPolitische

Gesamtstrategie -Hauptakteur

Weitere beteiligteOrganisationen Finanzierung Entwurf der

Standards/LehrpläneZertifizierung/

Beurteilung Qualitätskontrolle

DE Bundesministerium fürBildung und Forschung

Kammern,Bundesinstitut fürBerufsbildung

Regionale Ministerien fürBildung (Berufsschulen)und Ausbildungsbetriebe(Lernen am Arbeitsplatz)

Lehrpläne: regionaleMinisterien für Bildung;Ausbildungsstandardsgelten landesweit undwerden daher von denKammern und demBundesinstitut fürBerufsbildung (BIBB)entworfen. Kammernvertreten die Ansichten derArbeitgeber; Sozialpartnermüssen generellzustimmen.Die Ständige Konferenzder Kultusminister derLänder stellt sicher, dassdie (regionalen) Lehrpläneden (nationalen)Ausbildungsstandardsentsprechen375

Kammern Ministerien (regionaleEbene) und Kammern

375 BIBB (2003), Wie entstehen Ausbildungsberufe; verfügbar im Internet unter: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/leitfaden-entstehung-ausbildungsberufe.pdf.

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

177

LandPolitische

Gesamtstrategie -Hauptakteur

Weitere beteiligteOrganisationen Finanzierung Entwurf der

Standards/LehrpläneZertifizierung/

Beurteilung Qualitätskontrolle

EL

Ministerium für Bildungund Glaubensgemein-schaften (gemischtesModell - IEK)376;Ministerium für Arbeitund soziale Sicherheit(Lehrlingsaus-bildung)

Sozialpartner undregionale lokaleBehörden (die denArbeitsmarktbedarf mitder OAED377 abschätzenund über dasLehrstellenangebotentscheiden)(Lehrlingsaus-bildung).Im Rahmen der Reformvon 2013, OAED

Ministerium für Bildungund Glaubensgemein-schaften (gemischtesModell - IEK); OAED undESF-Mittel (Lehrlingsaus-bildung)

Generalsekretariat fürlebenslanges Lernen(Ministerium für Bildungund Glaubensgemein-schaften) (gemischtesModell - IEK). EOPPEP;Ministerium für Arbeit undsoziale Sicherheit sowieArbeitgeber- undArbeitnehmerorgani-sationen

NationaleOrganisation fürdie ZertifizierungvonQualifikationenundBerufsberatung(EOPPEP)(gemischtesModell - IEK).Ministerium fürArbeit und sozialeSicherheit/nationaleöffentlicheArbeitsver-waltung (OAED)(Lehrlingsaus-bildung)

Berufsbildungsan-bieter (gemischtesModell - IEK); OAED(für ihre Lehrlingsaus-bildungen)Berufsschulen undOAED stellen dieQualität derLehrstellenaus-bildungen (auf derreformiertenschulbasiertenSchiene) sicher

IT

Ministerium für Bildung;Ministerium für Arbeitund Sozialpolitik sowiedie Regionen

ISFOL Regionen Staat/Regionen-konferenz Berufsbildungs-anbieter

Regionen (basierendauf VereinbarungStaat/Regionen)

NL

Ministerium für Bildung,Kultur undWissenschaft;Wirtschafts-ministerium

Wissenszentren fürBerufsbildung, MBO-Rat

Ministerium für Bildung,Kultur und Wissenschaftsowie Wirtschafts-ministerium

Auf sektoraler Ebenedurch die Wissenszentrenfür Berufsbildungentworfen. NationaleKoordinierung durch dieStiftung SBB.

Berufsbildungs-anbieter

NationaleAufsichtsbehörde

376 IEK werden auch von anderen Ministerien (z. B. Arbeit und Sozialversicherung, Gesundheit, Landwirtschaft etc.) geleitet, die überwiegende Mehrheit steht jedoch unterder Leitung des Ministeriums für Bildung.

377 Nationale öffentliche Arbeitsverwaltung (PES).

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik_________________________________________________________________________________________

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LandPolitische

Gesamtstrategie -Hauptakteur

Weitere beteiligteOrganisationen Finanzierung Entwurf der

Standards/LehrpläneZertifizierung/

Beurteilung Qualitätskontrolle

PL Ministerium für BildungPolnischerHandwerksverband,Handelskammern.

Ministerium für Bildung(Berufsschulen), vomMinisterium für Arbeitund Sozialpolitikgeregelter Arbeitsfonds(arbeitsbasierter Teil)

Ministerium für Bildung inZusammenarbeit mitsektoralen Ministerien.

Prüfungs-ausschüsse derBezirke

Ministerium fürBildung, PolnischerHandwerksverband

PT

Ministerium fürSolidarität,Beschäftigung undsoziale Sicherheit;Ministerium für Bildungund Wissenschaft

Institut fürBeschäftigung undBerufsausbildung(IEFP), NationaleAgentur fürQualifikationen undberufliche Bildung(ANQEP), RegionaleBehörden

Verschiedene von IEFPund ANQEP finanzierteProgramme

Nationale Agentur fürQualifikationen undberufliche Bildung (ANQEP)

Berufsbildungs-anbieter

Ministerium fürSolidarität,Beschäftigung undsoziale Sicherheit;Ministerium fürBildung undWissenschaft

UK

Ministerium für Bildung(DfE – Alter: 16 bis 18)Ministerium fürUnternehmen,Innovation undWeiterbildung (BIS –Alter: ab 19)

Skills Funding Agency(Agentur für dieFinanzierung vonWeiterbildung),National ApprenticeshipService (nationaleAusbildungsbehörde),Ofqual, Betriebe

Education FundingAgency (Agentur für dieFinanzierung vonBildung), Skills FundingAgency (Agentur für dieFinanzierung vonWeiterbildung), NationalApprenticeship Service(nationale Ausbildungs-behörde)

AusstellendeOrganisationen (überwachtdurch Ofqual)

AusstellendeOrganisationen(überwacht durchOfqual)

Ofqual/Ofsted

Quelle: Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern und Refernet Country Report 2012

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Duale Ausbildung – eine Brücke zum Erfolg?_________________________________________________________________________________________

179

Tabelle A3. 6: Zulassungskriterien zu alternierenden Modellen in den ausgewählten Ländern

Land Minimaler Bildungs-abschluss:

Aufnahmep-rüfung

Vorherige Notenerforderlich

FrüheDifferen-zierung

Freie Wahl desBerufsbildungsanbieters oderAusbildungs-

betriebs

AuswahlanhandsozialerKriterien

TschechischeRepublik Sekundarstufe I Für einige Programme

Finnland Keiner oder Sekundarstufe I

Frankreich Sekundarstufe I

Deutschland Keiner oder Sekundarstufe I Obliegt demArbeitgeber

Manchmal achtenAusbildungsbetriebe aufLeistungen in MINT-Fächern

Griechenland

Erstes Jahr derallgemeinbildenden/berufsbildenden SekundarstufeII378

Italien Sekundarstufe I

Niederlande Keiner oder Sekundarstufe I

Polen Keiner oder Sekundarstufe I Obliegt demArbeitgeber

Portugal Keiner oder Sekundarstufe I

UK (England) Keiner oder Sekundarstufe I

Quelle: Untersuchung von ICF International; Refernet Country Reports (2012)

378 Für Lehrlingsausbildungen im Rahmen der nationalen öffentlichen Arbeitsverwaltung (OAED); die Voraussetzungen im Rahmen der neuen Lehrlingsausbildungen/durchdie Reform von 2013 eingeführten Modelle finden Sie in Abschnitt 4.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik____________________________________________________________________________________________

180

Das Übergangssystem in Deutschland 379

Absolventen des untersten Bildungsgangs der Sekundarstufe I (Hauptschule) in Deutschland sind imDurchschnitt 16 Jahre alt. Für diejenigen, die keine Ausbildung aufnehmen oder aufnehmen können,gilt die Schulpflicht bis zum Alter von 18 Jahren. Für diese Schüler wurde der sogenannteÜbergangssektor zwischen der Schule und dem Eintritt in das duale System eingeführt, der von denLändern finanziert und von den Schulen und Berufsbildungsanbietern umgesetzt wird.

Die abnehmende Anzahl an Lehrstellen hat zu einer höheren Anzahl an Schülern im Übergangssektor(im Jahr 2009: 30.7 %) und zu zunehmender Konkurrenz geführt. Normalerweise besuchen dieseSchüler Klassen in Berufsschulen, die auf das duale System vorbereiten (z. B. indem sie diesenSchülern helfen, ihre Grundfertigkeiten und persönlichen Einstellungen zu verbessern), aber nicht zueiner Qualifikation führen – oder zu Lernergebnissen, die für eine Berufsbildungsqualifikation relevantsind.

Es wird darauf hingewiesen, dass:

- 47 % der Schüler im Übergangssektor recht schnell (innerhalb eines Jahres) einen Platz im dualenSystem finden;

- 23 % finden ebenfalls recht schnell einen Platz in einer Schule, die mit einem Berufsabschlussabgeschlossen wird;

- 31 % können jedoch auch zwei Jahre nach ihrer Teilnahme an einer der beruflichenQualifizierungsmaßnahmen keine Stelle im dualen System finden.380

Langzeitbewerber sind besonders gefährdet: Mit der Zeit sinken ihre Chancen auf eine Lehrstelle ineinem von ihnen gewünschten Beruf, auch wenn sie über die gleichen Qualifikationen wie ihreMitbewerber verfügen. Um weitere Warteschleifen zu vermeiden, nehmen Schüler imÜbergangssystem daher Lehrlingsausbildungen im dualen System auf, die nicht ihren Wünschenentsprechen (sie werden z. B. zum Installateur ausgebildet, weil in diesem Bereich Lehrstellen zurVerfügung stehen), was das Abbruchrisiko erhöht.

Etwa einem Drittel der Schüler im Übergangssystem bleiben auch dann geringe Chancen auf einenEintritt ins duale System, wenn das Verhältnis zwischen dem Angebot an offenen Stellen und denNeuzugängen ausgewogen ist.

Die Verbesserung des Übergangssystems ist auch eines der Ziele des Ausbildungspakts381: Dievorhandenen Instrumente zur Unterstützung gefährdeter Jugendlicher wurden aufeinanderabgestimmt und miteinander koordiniert, z. B. durch regionale Initiativen wie die OloV-Strategie imBundesstaat Hessen, mit der die lokalen Kooperationsstrukturen zwischen den Akteuren desregionalen Arbeitsmarkts optimiert werden sollen. Ziel ist es, die Übergangsmöglichkeiten jungerLeute in eine Berufsausbildung mithilfe von Qualitätsstandards zu verbessern. OloV konzentriert sichauf drei Handlungsbereiche: Berufsorientierung in der Schule, Akquise von Ausbildungs- undPraktikumsplätzen sowie das Matching- und Vermittlungsverfahren.

Darüber hinaus wurden in Deutschland Maßnahmen getroffen, um die „Dualisierung“ desÜbergangssektors zu verbessern: Die Erfahrung hat gezeigt, dass diese Maßnahmen, die jungenLeuten angeboten werden, welche ein hohes Maß an arbeitsbasiertem Lernen im Betrieb aufnehmen,besser geeignet sind, Jugendliche in die duale Bildung zu bringen, als schulbasierte Maßnahmen. Einspezifisches Beispiel hierfür ist die „Einstiegsqualifizierung“ (EQ): Betriebe bieten Jugendlichen, diekeinen Ausbildungsplatz gefunden haben, ein sechsmonatiges Praktikum an. Während der sechsMonate lernt der Praktikant Teile des offiziellen Ausbildungsinhalts kennen (z. B. in Form spezifischkonstruierter Module oder Einheiten) und nimmt außerdem an den schulbasierten Teilen derAusbildung teil. Diese Maßnahme wurde als besonders erfolgreich für den Übergang zur Ausbildungim dualen System befunden. Der Ausbau der Bemühungen in diese Richtung bildet daher einenbesonderen Schwerpunkt.

379 Untersuchung von ICF International zu Deutschland.380 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013.381 Eine gemeinsame Maßnahme von Arbeitgebern, Gewerkschaften, Bundes- und Landesregierungen sowie

weiteren Interessengruppen, die im Jahr 2004 eingeführt und im Jahr 2010 erneuert wurde (weitereEinzelheiten finden Sie in Abschnitt 4).

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Duale Ausbildung – Eine Brücke zum Erfolg?____________________________________________________________________________________________

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Tabelle A3. 7: Duale Modelle und andere Bemühungen für benachteiligteJugendliche – Beispiele aus den ausgewählten Ländern

LandDuale Modellefür Schulab-

brecher

Duale Modelle fürandere

benachteiligteGruppen

Duale Modellefür Schüler mit

besonderenBedürfnissen

Duale Modellefür Migranten

TschechischeRepublik Pädagogische und psychologische Berater an Schulen.

Finnland

Es werden Programme zurBerufseinstiegsberatung angeboten:Bei der Aufnahme von Schülern wirdSchulabbrechern, unqualifiziertenPersonen und solchen, die bereitsvorher eine Ausbildung abgebrochenhaben, Priorität eingeräumt.

Frankreich

Die Lehrlingsausbildung wird als einMittel zur Verbesserung derÜbergänge zwischen Schule undArbeit gefördert

Deutschland Beratungsinitiativen undBerufsvorbereitung

Beratung,Sonderschulen,Kurse undIntegrations-maßnahmen

Beratungs-initiativen undBerufsvor-bereitung382

Griechenland

Wenn es mehrBewerbungen umLehrstellen383 alsverfügbare Stellengibt, werden bei derAuswahlsozioökonomischeKriterienberücksichtigt, wiez. B. ob jemandWaise ist oder auseinerGeringverdiener-familie stammt.

Berufssonder-schulen fürSchüler mitBehinderungen

Italien

Das IFP-System richtet sichinsbesondere an diejenigen, die aufakademischen Bildungswegen geringeErfolgsaussichten haben

382 Obwohl verschiedene Maßnahmen getroffen werden, ist die Integration von Migranten in das duale Systemnoch immer gering.

383 Vor der Reform von 2013 unter Leitung der öffentlichen Arbeitsverwaltung (OAED).

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik____________________________________________________________________________________________

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LandDuale Modellefür Schulab-

brecher

Duale Modelle fürandere

benachteiligteGruppen

Duale Modellefür Schüler mit

besonderenBedürfnissen

Duale Modellefür Migranten

NiederlandeNationales Programm zur Bekämpfungdes Schulabbruchs („Aanval op deuitval“).

Polen

AngepassteAusbildungs-programme fürSchüler mitbesonderenLernbedürfnissen

PortugalBildungs- und Ausbildungslehrgängesowie berufsbildende Lehrgänge(Pilotprojekt)

BerufsbildendeLehrgänge

UK (England) Für NEET werden besondereLehrlingsausbildungen angeboten

Aktionsplan vomAugust 2012 zurSchaffung einesinklusivenLehrlingsaus-bildungsangebotsfür Lernende mitLernschwierig-keiten und/oderBehinderungen(LLDD)

16 Pilotprojektedes Programms„Diversity inApprenticeships“(Vielfalt beiLehrlingsaus-bildungen), mitdenen neueWege zurErmutigung vonMenschen ausunter-repräsentiertenethnischenMinderheiten-gruppenaufgezeigtwerden sollen

Quelle: ICF International Country Reports

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Erfolgsquote und Abschlussquote: Definitionen nach OECD (2013) Bildung aufeinen Blick

Die Erfolgsquote beschreibt den Prozentsatz der Schüler, die zum ersten Mal einenBildungsgang im Sekundarbereich II beginnen und ihn erfolgreich absolvieren. Sie dientdazu festzustellen, wie effizient Schüler den Sekundarbereich II durchlaufen. Beidieser Quote handelt es sich um das Verhältnis zwischen Absolventen und Anfängern imgleichen Bildungsbereich. Die Berechnung erfolgt zum einen nach Ablauf der für denBildungsgang vorgesehenen regulären Ausbildungsdauer, zum anderen zwei Jahre später(für Schüler, die eine Klassenstufe oder einzelne Fächer wiederholen mussten, ihreAusbildung in Teilzeit absolviert haben etc.). Dieser Indikator erfasst auch den Prozentsatzder Schüler, die keinen Abschluss in einem Bildungsgang des Sekundarbereichs IIerwerben, sich jedoch weiterhin in Ausbildung befinden. Hierzu können Teilzeitlernendegehören, die für den Abschluss ihrer Ausbildung mehr Zeit benötigen, sowie Erwachsene,die beschließen, erneut die Schule zu besuchen, möglicherweise während sie berufstätigsind. Dieser Indikator bezieht sich jedoch nur auf Erstausbildungen. Diese Kennzahl solltenicht mit den Abschlussquoten im Sekundarbereich II verwechselt werden.

Abschlussquoten zeigen den geschätzten prozentualen Anteil einer spezifischenAltersgruppe, der im Laufe des Lebens einen Abschluss im Sekundarbereich II erwerbenwird. Sie messen den Anteil der Absolventen des Sekundarbereichs II im Verhältnis zurBevölkerung des Landes und zeigen das Verhältnis zwischen allen Absolventen eines Jahresund einer bestimmten Bevölkerungsgruppe. Die Zahl der Absolventen eines Jahres wird fürjedes Land nach Altersgruppen aufgegliedert. So wird beispielsweise die Anzahl der 15-jährigen Absolventen durch die Gesamtzahl der 15-Jährigen in diesem Land dividiert; dieAnzahl der 16-jährigen Absolventen wird durch die Gesamtzahl der 16-Jährigen in diesemLand dividiert usw. Bei der Abschlussquote handelt es sich um die Summe über alleAltersgruppen.

Eine dritte Kenngröße in „Bildung auf einen Blick“ (Education at a Glance) (2013)verwendet den Begriff des Bildungsstands. Mit dem Bildungsstand wird der Prozentsatzeiner Bevölkerung angegeben, der einen Abschluss in einem bestimmten Bildungsbereicherreicht hat – in diesem Fall einen Abschluss im Sekundarbereich II. Er entspricht demVerhältnis zwischen allen Absolventen (des entsprechenden Jahres und der Vorjahre) undder Gesamtbevölkerung.

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Fachabteilung B: Struktur- und Kohäsionspolitik____________________________________________________________________________________________

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Tabelle A3. 8: Entwicklung der Abschlussquoten berufsvorbereitender undberufsbildender Programme im Sekundarbereich II; 2005-2010

Länder mit einem hohen Anteil an Schülern in einer Berufsbildung mit arbeitsbasiertem Lernen sind blaugekennzeichnet

Länder 2005 2006 2007 2008 2009 2010ProzentualeVeränderung2005-2010

Österreich 52 50 74 75 74 76 47.9

Belgien 58 56 55 68 69 69 19.9

TschechischeRepublik 71 72 67 65 61 57 -19.5

Dänemark 45 46 47 46 47 47 2.6

Estland 18 17 19 19 20 20 12.5

Finnland 79 83 87 88 94 94 19.3

Frankreich 62 60 61 62 65 65 5.2

Deutschland 61 63 58 56 45 47 -23.7

Griechenland 38 35 30 28 - 28 -27.4

Ungarn 19 19 15 16 17 17 -8.4

Irland - 52 52 55 62 68 32.1384

Italien 69 69 65 65 59 60 -12.9

Luxemburg 48 43 47 45 43 41 -13.6

Niederlande 66 66 64 69 71 85 29.4

Polen 42 36 32 33 35 38 -11.0

Portugal 12 15 19 20 31 36 188.3

Slowakei 72 72 72 67 65 67 -6.9

Slowenien 81 79 74 70 76 73 -10.7

Spanien 36 35 39 38 41 43 18.0

Schweden 41 41 41 42 42 44 6.7

Quelle: OECD (2013), Bildung auf einen Blick; Keine verfügbaren Daten für das Vereinigte Königreich.

384 Der prozentualen Veränderung für Irland liegen die Quoten von 2006 bis 2010 zugrunde.

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Duale Ausbildung – Eine Brücke zum Erfolg?____________________________________________________________________________________________

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Tabelle A3. 9: Abbruchquoten pro Land und Modell

Land Anzahl undProzentsatzmitzertifiziertenQualifikatio-nen

Anzahl undProzentsatz anAbbrüchen/Abbruchquoten

Land Anzahl undProzentsatz mitzertifiziertenQualifikationen

Anzahl undProzentsatz anAbbrüchen/Abbruchquoten

BelgienLehrvertrag fürlebenslangesLernen in KMU

Teilzeit-Arbeitsvertragfür eineAusbildung nachdem dualenSystem

82.7 % (2010-2011)

60 % (2010-2011)

17.3 % (2010-2011)

LuxemburgLehrlingserst-ausbildung

Im Jahr 2011 wurden670 Qualifikationen anmännliche Auszubildende(61,5 % der Gesamtzahl)und 420 an weiblicheAuszubildende (38,5 %der Gesamtzahl)verliehen. (Abschlüsseund Zertifizierungen2010/2011: 56). ImSchuljahr 2009/2010erhielten 67,2 % derFrauen und 60,3 % derMänner, die ein CATPanstrebten (und die2002/2003 begannen),ihren Abschluss

Im Schuljahr2009/2010 verließenüber ein Drittel derSchüler, die ein CATPanstrebten, die Schuleohne einen Abschluss.Dies traf auf mehrmännliche alsweibliche Schüler zu.

ZypernLehrlingsaus-bildungs-system

29.9 % (2009-10)

70.1 %(2009-10) Niederlande

DänemarkBerufsbildungund -ausbildungder

46% Arbeits-basierterberufs-bildenderSekundar-unterrichtder Oberstufe –

2010/2011: 43,8 %Abbrüche bei BBL1

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SekundarstufeII, beruflicheErstausbildung(EUD)

Niveaustufe 1 –Assistenten-ausbildung

FinnlandLehrlingsaus-bildung auf derberufsbil-dendenSekundarstufe II(Erstaus-bildungundWeiterbildung,ISCED-Stufen 3und 4)

BerufsbildungderSekundarstufe II(Erstaus-bildung, ISCED-Stufen 3 und 4)Lernen amArbeitsplatz.

25 %

etwa 80 %schlossen dieErstausbildungab (2011)

6.9 %

9.1 % (2011)

BetrieblicheBerufsaus-bildungder Sekundarstufe– Niveau 2 –BeruflicheGrundaus-bildung

2010/2011: 13.6 %

FrankreichAusbildungs-vertrag (Contratd'apprentissage)

Etwa 75 % derLehrverträgewurden erfüllt.

Etwa 25 % derLehrverträge wurdennicht erfüllt385

Arbeits-basierterberufs-bildenderSekundar-unterrichtder Oberstufe –Niveaustufe 3

2011/2012: 3.9 %

385 Nicht formal gemessen. Die Daten basieren auf einer zwischen September und Dezember 2006 durchgeführten Untersuchung (der Quelle zufolge).

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DeutschlandAusbildung imdualenBerufsaus-bildungs-systemgemäß demBerufsbil-dungsgesetz(BBiG)

2011 schlossen503 900Auszubildendemit zertifizierterQualifikationab. 2011bestanden89,7 % derangetretenenSchüler ihrePrüfung

2011 wurden 24 % derLehrverträge vorzeitigaufgelöst

Etwa 18 % der jungenLeute mit Hauptschul-abschluss beendenduale Ausbildungenohne einen Abschluss.Etwa 9 % der jungenLeute mit Mittelschul-abschluss beendenduale Ausbildungenohne einen Abschluss386.

BetrieblicheBerufsaus-bildungder Sekundarstufe– Niveau 4 –Ausbildung vonFührungs- undFachkräften

2011/2012: 4 %

IrlandFAS-Ausbildung

74 % schlossendieLehrlingsaus-bildung ab(basierend aufEinschrei-bungen im Jahr1999)

26 % schlossen nicht ab(basierend aufEinschrei-bungen imJahr 1999) und 9 %nahmen nur an Phase 1teil; 6 % nahmen nurbis Phase 2 teil: Bei derIngenieurs-ausbildunggab es die meistenAbbrüche (33 %)

SchwedenLehrlingsaus-bildung an Schulender SekundarstufeII

56 % (2011)

Quelle: Europäische Kommission (2013d) WICHTIGER HINWEIS: Zur Aufnahme in diese Tabelle hat ICF International Informationen aus der Quelle ausgewählt, dieLehrlingsausbildungen/alternierende Modelle betreffen, welche der Definition und dem Umfang dieser Studie entsprechen. Länderdaten wurden aufgenommen, wenn sie dieVergleichbarkeit verbessern (Prozentsätze wurden absoluten Zahlen vorgezogen). Wenn möglich, hat ICF International den Anteil der Abbrüche berechnet.

386 Beicht U. und Walden G. (2013), Duale Berufsausbildung ohne Abschluss – Ursachen und weiterer bildungsbiografischer Verlauf. Analyse auf Basis der BIBB-Übergangsstudie 2011.

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„Ausbildungsbereitschaft“In Deutschland fielen 2011 12 % der Jugendlichen vollständig aus demBerufsbildungssystem und traten als ungelernte Arbeitskräfte in den Arbeitsmarkt ein(insgesamt beträgt der Anteil der ungelernten Arbeitskräfte in der Altersgruppe der 20- bis29-Jährigen 14,1 % [2010])387. Diese Gruppe weist ferner eine Mischung von Faktoren auf,die in der Literatur als „mangelnde Ausbildungsbereitschaft“ bezeichnet wird. DieseFaktoren können sein388:

• ungenügende Kompetenzen/Einstellungen;

• ungenügende Kenntnisse oder Fähigkeiten für die Erledigung von Arbeitsaufgaben;

• Schulversagen (z. B. wegen Schwänzen); und

• persönliche und soziale Gründe (Krankheit, familiäre Probleme, Drogenmissbrauch,Teenager-Schwangerschaft usw.).

Dieses Phänomen wurde auch in anderen Ländern beobachtet (Frankreich, Finnland,Polen)389 und hängt damit zusammen, dass Berufsbildung in einem dualen Systembedeutet, dass Schüler in das Arbeitsleben eintreten. Neben Fähigkeiten und Kompetenzenim Bereich der konkreten Arbeitsaufgaben erfordert dies auch zahlreiche sozialeKompetenzen und soziales Verhalten, wie die Notwendigkeit, den Anforderungen undVorschriften des Arbeitgebers zu entsprechen und mit anderen Mitarbeitern undVorgesetzten zusammenzuarbeiten. Die Ausbildung im Betrieb ist einerseits eine sehr guteGelegenheit, vielfältige berufliche und soziale Kompetenzen zu entwickeln. Andererseitsstellt dies 15- bis 16-Jährige vor eine große Herausforderung. Nicht jede/-r Jugendlichereagiert positiv auf seine/ihre neuen Verantwortungen und die Notwendigkeit, denAnforderungen einer Schule und eines Arbeitgebers gleichzeitig zu entsprechen.

Ausbildungsabbrüche sind somit auf einen oder mehrere der folgenden Faktorenzurückzuführen:

• ungenügende soziale Kompetenzen/ungenügendes Sozialverhalten;

• ungenügende Kenntnisse oder Fähigkeiten für die Erledigung von Arbeitsaufgaben;

• Schulversagen (z. B. wegen Schwänzen); und

• persönliche und soziale Gründe (Krankheit, familiäre Probleme, Drogenmissbrauch,Teenager-Schwangerschaft usw.).

387 Bundesministerium für Bildung und Forschung (2013), Berufsbildungsbericht 2013. S. 35-36.388 BIBB (2003), Gründe für den Ausbildungsabbruch. Abrufbar im Internet unter: http://www.good-

practice.de/infoangebote_beitrag793.php.389 Untersuchung von ICF International zu den ausgewählten Ländern.

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Tabelle A3. 10: Beschäftigungsergebnisse von Ausbildungsabsolventen in den ausgewählten Ländern (in denen Daten zurVerfügung stehen)

Land % in Beschäfti-gung sofortnach Abschluss

% in Beschäftigung6 Monate nachAbschluss

Land % in Beschäftigungsofort nachAbschluss

% inBeschäftigung 6Monate nachAbschluss

Finnland390

Ausbildung86 % ein Jahr nach Abschluss

90 % 5 Jahre nach Abschluss391

Nieder-landeBetriebliche Berufsaus-bildung der Sekundar-stufeNiveau 2 (BBL2)

49 % der BBL2 tretenin den Arbeitsmarktein

FrankreichAusbildungs-vertrag (Contratd'apprentissage)

61 % inBeschäftigungbei Abschluss

78 % waren inBeschäftigung 6Monate nachAbschluss7 Monate nachAbschluss: 60 %(CAP/BEP) und 77 %(Bac Pro)392

(NL) Betriebliche Berufsaus-bildung der Sekundar-stufe –Niveau 3 – Berufsbildung(BBL3)

58 % treten in denArbeitsmarkt ein

390 Vipunen Datenbank des Ministeriums für Bildung und Kultur und der natinoalen Bildungsbehörde (2013)Zwei Datenbanken: (1) Tutkinnon suorittaneiden työllistyminenja jatko-opintoihin sijoittuminen: Koulutuksen ja oppilaitoksen mukaan. (2) Ammatillisen tutkinnon suorittaneiden työllistyminen ja jatko-opintoihin sijoittuminen.Vipunen - opetushallinnon tilastopalvelu.

391 Für „junge Menschen“, d. h. nicht Erwachsene.392 DEPP (2013), Repères et références statistiques 2013.

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DeutschlandAusbildung imdualenBerufsaus-bildungs-systemgemäß demBerufs-bildungs-gesetz (BBiG)

66 % derAuszubil-dendenwurden 2012 vonihrem Betriebübernommen 393

2008 fanden 70 %der Auszubil-denden1 Monat nach demAbschluss eineBeschäftigung394

(NL) Betriebliche Berufsaus-bildung der Sekundar-stufe –Niveau 4 – Ausbildung vonFührungs- und Fachkräften(BBL4)

58 % treten in denArbeitsmarkt ein

GriechenlandAusbildungs-programme inBerufsschulender nationalenArbeitsver-waltungen(OAED EPAS)

60.0 %395 (NL) Betriebliche Berufsaus-bildung der Sekundar-stufe –Niveau 1 – Ausbildung vonAssistenten (BBL1)

Ausbildung verhilft 32% der BBL1 zumEintritt in denArbeitsmarkt

Quelle: Europäische Kommission (2013d). Ergänzende nationale Quellen aus der ICF International-Länderstudie in den ausgewählten Ländern WICHTIGER HINWEIS: CFInternational hat ausgewählte Informationen aus der Quelle Europäische Kommission in diese Tabelle aufgenommen, die Ausbildungssysteme/duale Systeme betreffen, dieder Definition und dem Rahmen dieser Studie entsprechen.

393 Dies spiegelt keine Auszubildenden wider, die eine Beschäftigung in anderen Betrieben gefunden haben. BIBB (2014), Datenreport zum Berufsbildungsbericht 2014,Internet:http://datenreport.bibb.de/media2014/BIBB_Datenreport_2014_Vorversion.pdf

394 BIBB (2012), Bildung in Deutschland 2012, Internet: http://www.bildungsbericht.de/daten2012/bb_2012.pdf395 Daten aus einer Piloterhebung in einer berufsbildenden Schule der nationalen Arbeitsverwaltung (OAED).

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Tabelle A3. 11: Zugang zu höherer Bildung aus dualen Systemen/Ausbildungen in den 10 ausgewählten Ländern

Land System Zugang zuhöherer

Bildung (j/n)

Aufnahme-voraussetz-ungen

(j/n)

NationalePrüfungen Sonstiges

TschechischeRepublik

Berufsbildender Sekundar-unterricht mitBerufszertifikat396

nein

Finnland „Schulische“ beruflicheBildung undAusbildung

ja Jede abgeschloss-ene Sekundar-schulbildung, ob akade-misch oderberuflich und auf dem schulischenBildungsweg oder über eineAusbildung erworben, berechtigtzum Zugang zur höheren Bildung

Frankreich CAP (Certificat d’aptitudeprofessionnelle): kann durcheine Ausbildung erworbenwerden

nein

BEP (Brevet d’enseignementprofessionnel)

nein

Baccalaureat Professionnel –bac pro

ja nein nein nein

Deutschland Ausbildung/ duales System Ja-eingeschränktDas angestrebte Studienfach muss imZusammenhang mit dem Berufsfeld desBerufsbildungsabsolventen stehen (z. B.könnte ein Kfz-MechanikerMaschinenbau studieren)397

Es gibt regionale Unterschiede

396 Schließt praktische Ausbildung ein.397 Internet: http://ankom.his.de/pdf_archiv/2009_03_06-Hochschulzugang-erful-qualifizierte-Bewerber.pdf.

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Griechenland Ausbildung (OAED) nein

Gemischtes System (IEK) nein

Nach der Reform

Absolventen vonberufsbildenden Schulen(inkl. optionales Ausbildungs-jahr)

ja Absolventen vonmindestensdreijährigenberufsbilden-denSchulen

ja

Institute für Berufsaus-bildung (IEK)

nein

Schulen für Berufsaus-bildung(SEK)

nein

Italien Ausbildung nein

3- und 4-jährige allgemein-bildende und beruflicheBildungsgänge (percorsitriennali e quadriennali diIstruzione e Formazioneprofessionale – IFP)

nein

NiederlandeBetriebliche Ausbildung (bbl)undgemischtes System (bol)

Ja für Bacheloran Fachhoch-schulen - mboNiveau 4-Absolventen derBildungs-gängebol und bbl

Keine zusätzlichen Studien undPrüfungen erforderlich

Ja - FürZulassung zumakademischen

Ein propädeu-tischesDiplom in hbo(Berufsbildung im

Üblicher-weise werden zusätzlicheStudien gefordert in Form eines inder Regel einjährigen Prä-Master-

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Master tertiären Bereich) istfür die Zulassung zurUniversitäterforderlich,manchmal mitzusätzlichenAnforderungen inBezug auf spezifischeThemen.

Studien-gangs.

Polen Ausbildung nein

Portugal Alle Berufs-bildungsgänge derSekundar-stufe nach demdualen System

ja ja - erfolgreicherAbschluss einesBildungsgangs derSekundarstufe oder einvergleichbaresQualifikations-niveau;Zulassungs-prüfungenund spezifischeAnforderungen in Bezugauf die Studien-richtung.

ja Dieselben Bedingungen wieStudierende aus allgemein-bildenden Bildungs-gängen;Kandidaten über 23 Jahre, die dieZulassungs-bedingungen nichterfüllen, können spezifischeZulassungs-prüfungen ablegen

VereinigtesKönigreich(ENG)

Ausbildung ja, über höhereAusbildung undQualifikationen derStufe 4, z. B. einFoundationDegree. DieDurchlässig-keitvon Ausbildungenzur Hochschulbil-dung variiertjedoch zwischendenBerufszweigen.

Die Zulassung liegtim Ermessen derHochschul-einrichtung.

nein

Quelle: ICF International-Studie zu den ausgewählten Ländern; 2012 Refernet Länderberichte

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ANHANG 4: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 4Herausforderungen in Bezug auf Qualitätssicherung und Effizienz in Reformen derBerufsbildung/dualen Systeme

An ‘Education Pact’ (‘Ausbildungspakt’398) Deutschland wurde 2004 ein „Ausbildungspakt“aufgestellt und 2010 verlängert. Der Pakt beinhaltet einen „Schutzschirm“ für strategischeZiele, die unter anderem die Verbesserung spezifischer Elemente des dualen Systemsbetreffen (Umstrukturierung des Übergangssystems zur Steigerung der Effizienz,Verbesserung der Datengrundlage).

In Finnland wurde die Ausbildung von innerbetrieblichen Ausbildern 2012 reformiert.Gemäß dem Berufsbildungsgesetz haben Lernende Anspruch auf Anleitung und Ausbildung,die sie beim Erreichen der im Kernlehrplan genannten Ziele unterstützt. In der Praxisbedeutet dies, dass Lernende sowohl während der schulischen Ausbildungszeiten als auchwährend der Ausbildungszeiten am Arbeitsplatz durch Fachkräfte, die entsprechendausgebildet, geschult und qualifiziert sind, angeleitet und ausgebildet werden. Anbieter sindauch für die Schulung innerbetrieblicher Ausbilder verantwortlich. Daher wurde in den1990er-Jahren ein nationales, zertifiziertes Schulungsprogramm für innerbetrieblicheAusbilder entwickelt. Für innerbetriebliche Ausbilder standen gesonderte Kurse innerhalbder „schulischen“ und kompetenzbasierten Systeme und des Ausbildungssystems zurVerfügung. Heute entspricht das 2012 reformierte innerbetriebliche Schulungsprogrammdrei Leistungspunkten (äquivalent zu drei Wochen Vollzeitstudium). Die Schulung bestehtaus drei Teilen: i) Planung der Ausbildung am Arbeitsplatz und Demonstrationen beruflicherFertigkeiten, ii) Anleitung der Lernenden und Bewertung des Lernens und iii) Bewertung derFähigkeiten und des Wissens der Lernenden. Die Schulung berücksichtigt Berufszweig,Berufsfeld und spezifische Anforderungen an die Auszubildenden. Sie wird vonBerufsbildungsanbietern unabhängig oder gemeinsam mit anderen Anbietern in einerArbeitsgemeinschaft durchgeführt. Die Gesamtzahl der ausgebildeten/qualifizierteninnerbetrieblichen Ausbilder und auch ihr Anteil an allen Ausbildern ging mit der Rezessionaufgrund der Fluktuation auf dem Arbeitsmarkt zurück. Zu Beginn der Rezession(2007/2008) waren rund 40 % aller innerbetrieblichen Ausbilder ausgebildet undqualifiziert.

Einer der Faktoren für die laufende Ausbildungsreform im Vereinigten Königreich (England)ist die Verbesserung der Qualität der Ausbildungen. Unter den vorgeschlagenenMaßnahmen dürfte die Qualität der Ausbildungen insbesondere durch die folgendenReformen399, die die Einbeziehung von Standards und zusätzlichen Beurteilungen umfassen,gestärkt werden:

• Grundlage der Ausbildungen sind von den Arbeitgebern entwickelte Standards und dieAnforderungen des Berufszweigs. Die Ausbildungen müssen auch beruflichenRegistrierungsanforderungen genügen, soweit es solche gibt.

• Die Regierung wird Kriterien festlegen, die von allen neuen Ausbildungsstandards zuerfüllen sind.

• Auszubildende müssen ihre Kompetenz durch eine gründliche unabhängige Beurteilungnachweisen.

• Alle Ausbildungen müssen ausnahmslos eine Mindestdauer von 12 Monaten aufweisen.

398 Internet: http://www.bmbf.de/de/2295.php.399 Der Implementierungsplan wurde im Oktober 2013 veröffentlicht und ist erhältlich bei DfE/BIS (2013) The

future of Apprenticeship in England: Implementation Plan.

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• Der Implementierungsplan400 sieht drei neue Beurteilungsanforderungen in Ausbildungenvor (Abschlussprüfung, Übersichtselement für die Beurteilung am Endpunkt, Benotung).Wie in dem Plan klar ausgeführt ist, „verlagert die Einführung einer Beurteilungüberwiegend am Endpunkt den Schwerpunkt der Ausbildungen auf das Ergebnis (in Bezugauf) das Wissen und die Fähigkeiten eines Auszubildenden am Ende des Programms. DieserAnsatz ermöglicht die Zertifizierung der vollen Kompetenz nach dem Standard.“ Wie imImplementierungsplan angegeben, „ermöglicht die Reduzierung einer kontinuierlichenBeurteilung es den Ausbildern auch, sich auf die Ausbildung zu konzentrieren anstatt aufBeurteilung und Akkreditierung“.

In den Niederlanden wurde Anfang 2012 ein neuer Aufsichtsrahmen für die Berufs- undErwachsenenbildung eingeführt, der strengere Qualitätssicherungsmaßnahmen vorsieht.

400 Internet:https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/253073/bis-13-1175-future-of-apprenticeships-in-england-implementation-plan.pdf.

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Tabelle A4. 1: Neue Ausbildungen/duale Systeme in EU-Ländern401

Länder Neue Ausbildungen/duale Systeme Länder NeueAusbildungen/duale Systeme

CYJugendarbeitslosenrate,2012: 27,8 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:173 %

Die Neue moderne Lehrlingsausbildung(New Modern Apprenticeship, NMA) soll2015 voll umgesetzt sein. Die Neuemoderne Lehrlings-ausbildung wird ausdem ESF kofinanziert, richtet sich anJugendliche zwischen 14 und 21 Jahrenund ist zweistufig (Vorbereitung undKern).

IEJugendarbeitslosenrate,2012: 30,4 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:234 %

Seit 2008 wurden zahlreiche neueAusbildungssysteme eingeführt, wiedas Ausbildungsprogramm imRotationssystem „Redundantapprentice rotation scheme“.

DKJugendarbeitslosenrate,2012: 14,0 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:92 %

Die „Neue Lehrlingsausbildung“ (NyMesterlære) wurde 2006 eingeführt undrichtete sich an Schüler, die Gefahr laufenkönnten, aus dem System der beruflichenErstausbildung herauszufallen.Vor kurzem wurde ein neues Programmmit der Bezeichnung „eux“ eingeführt, dasallgemeine und berufliche Bildung undAusbildung der oberen Sekundarstufekombiniert. Absolventen erwerben sowohlallgemeine Bildungsabschlüsse für denÜbergang an Hochschulen als auchBerufsabschlüsse, mit denen sieunmittelbar in den Arbeitsmarkt eintretenkönnen.

ITJugendarbeitslosenrate,2012: 35,5 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:74 %

Nach demAusbildungssicherungsgesetz von 2011gibt es drei Arten vonAusbildungsverträgen: Berufsausbildung (Apprendistato

professionalizzante o contratto dimestiere) (bestand bereits, wurdeaber reformiert);

Ausbildung, die zu einemAbschlusszeugnis und einerBerufsqualifikation führt(Apprendistato per la qualifica e ildiploma professionale); und

Ausbildung im Hochschul- undForschungsbereich (Apprendistatoper l’alta formazione e la ricerca).

401 Eingeführt nach 2008.

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ELJugendarbeitslosenrate,2012: 55,3 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:141 %

Im September 2013 wurde die beruflicheBildung der oberen Sekundarstufereformiert und ein Ausbildungszykluseingeführt: ein optionales einjährigesProgramm, das sich explizit am deutschen„dualen System“ orientiert. Mit derReform wurde ferner ein neuerBerufsbildungsweg eingeführt, die Schulenfür Berufsausbildung (SholesEpagglmatikhs Katartishs – SEK). SEKbieten dreijährige Berufsausbildungen fürPflichtschulabsolventen. Das dritte Jahr isteine Ausbildung im Betrieb.

LTJugendarbeitslosenrate,2012: 26,7 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:218 %

Ausbildungen wurden 2008 eingeführt.

ESJugendarbeitslosenrate,2012: 53,2 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:192 %

Derzeit wird ein neues duales Modell fürBerufsbildungsprogramme unterFederführung der Ministerien/Behördenfür Bildung und Beschäftigungausgearbeitet.

PTJugendarbeitslosenrate,2012: 37,7 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:85 %

Einführung des Pilotprojekts zu„Berufsbildungskursen“ (Cursosvocacionais) durch dasBildungsministerium im Jahr 2013/2014.Dem vorausgegangen war 2012/2013 einanderes Pilotprojekt zu„Berufsbildungskursen“ auf niedrigeremBildungsniveau (die letzten zwei Jahre vonISCED 1 und ISCED 2) für Schüler über 13Jahren mit schwachen schulischenLeistungen. Die Berufsbildungskurse derhöheren Sekundarstufe sollen ausgeweitetwerden, um nach der Pilotphase ab2014/2015 mehr Schulen zu erreichen.Nach Auffassung der ANESPO402 sollen dieKurse die Bildungs- und Ausbildungskurseersetzen, da beide auf dieselbe Zielgruppeausgerichtet sind.

402 Nationaler Verband der berufsbildenden Schulen in Portugal.

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FIJugendarbeitslosenrate,2012: 19,0 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:15 %

Seit 2007 werden neue Modelle derdualen Ausbildung erprobt. DiesePilotprojekte kombinieren wesentlicheMerkmale der gängigen dualen Systeme,um jungen Menschen, die an einerarbeitsplatzbezogenen Ausbildunginteressiert sind, neue Ausbildungswegeanzubieten. Eines dieser Pilotprojekte istein 2+1-Modell. In diesem System werdendie ersten beiden Jahre im Rahmen einerschulischen Erstausbildung absolviert (mitmehreren Phasen der betrieblichenAusbildung) und das letzte Jahr derAusbildung wird als Auszubildender ineinem Betrieb abgeschlossen.

SEJugendarbeitslosenrate,2012: 23,7 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:23.0 %

2008 wurde ein neuesAusbildungsprogramm (Gymnasiallärling-sutbildning) eingeführt, mitBeginn im Schuljahr 2011/2012.Mindestens die Hälfte der dreijährigenAusbildung erfolgt am Arbeitsplatz.

HUJugendarbeitslosenrate,2012: 28,1 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:55 %

Das Berufsbildungsprogramm 2011 führteein „duales Berufsbildungsmodell“ ein, dasab 2013/2014 der einzigeBerufsbildungsweg sein wird.Berufsschulprogramme (SZI) dauern 3Jahre und bieten allgemeinbildende undberufsbildende Kurse an. Ihr Schwerpunktliegt auf berufsbildenden Kursen mit mehrLernen am Arbeitsplatz undinnerbetrieblicher Ausbildung.

SIJugendarbeitslosenrate,2012: 20,6 %ProzentualeVerschiebung2007-2012:104 %

2006 wurde das duale System perGesetz mit schulischer Bildungzusammengeführt und dasAusbildungssystem wurde auf dasGesamtsystem der beruflichen undtechnischen Bildung ausgeweitet.2006-2008 wurden neueBildungsprogramme eingeführt, die füralle Schüler eine obligatorischeAusbildung in einem Betrieb vorsahen.

Quellen: 2012 Refernet Länderberichte; Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c); Eurypedia; ICF International-Studie für die 10 ausgewählten Länder. Datenzur Jugendarbeitslosigkeit stammen von Eurostat (nicht saisonbereinigte Daten). Die prozentuale Verschiebung 2007-2012 wurde von ICF International berechnet

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Tabelle A4. 2: Verbesserung bestehender Ausbildungen/dualer Systeme in EU-Ländern

Land Verbesserung bestehender Ausbildungen/dualerSysteme

Land Verbesserung bestehender Ausbildungen/dualerSysteme

AT Die „Ausbildungsgarantie für junge Menschen unter 18Jahren“ (2008) ermöglicht allen Pflichtschulabsolventen,die keinen Platz in einer weiterführenden Schule habenoder keinen Ausbildungsplatz in einem Betrieb findenkönnen, eine Ausbildung in einer überbetrieblichenAusbildungseinrichtung zu erhalten.

FR Im Rahmen der jüngsten Reformen wurden verschiedeneElemente bei Ausbildungen geändert:- Ein neuer Rahmen für die Entwicklung von Vereinbarungenzwischen Staat und Regionen hat die politische Steuerungund die Zusammenarbeit zwischen ihnen verbessert. DieVereinbarungen betreffen die Zahl der Auszubildenden undenthalten Zielvorgaben für die Verbesserung derAusbildungsqualität.- Das Mindestalter für die Aufnahme einer Ausbildung wurdevon 16 auf 15 Jahre gesenkt, vorausgesetzt, der Jugendlichehat die untere Sekundarstufe absolviert.- Bürokratieabbau, dadurch Vereinfachung der Verfahren fürdie Zulassung von Auszubildenden.- Einführung von mehr Vorteilen und Garantien fürAuszubildende: i) die Dauer des Ausbildungsvertrags wurdeflexibler gestaltet, mit der Möglichkeit ggf. zur Kürzung vonVertragslaufzeiten; ii) Ver-gütungen von Auszubildenden,die bei ihren Eltern leben, sind von der Einkommensteuerbefreit,iii) jugendlichen Auszubildenden, die zweiaufeinanderfolgende Verträge abschließen, wird eineVergütung garantiert, die mindestens der in ihrem erstenVertrag festgelegten Vergütung entspricht; iv) alleAuszubildenden erhalten einen „Auszubildendenausweis“,ähnlich einem Studentenausweis, der zu Preisnachlässenberechtigt.

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200

DE Seit 2008 haben die staatlichen Stellen in Zusammenarbeitmit den Sozialpartnern zahlreiche Änderungen imBerufsbildungssystem im Allgemeinen und im dualenSystem im Besonderen eingeführt.Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF)hat eine Vielfalt von Programmen eingerichtet –beispielsweise JOBSTARTER – Für die Zukunft ausbilden –,um die Zahl der angebotenen Ausbildungsplätze zuerhöhen und die betriebliche Ausbildung zu verbessern.

IT Das Ausbildungssicherungsgesetz von 2011 führte neueAusbildungsverträge ein, reformierte aber auch denrechtlichen und institutionellen Status von Ausbildungen mitdem Ziel, die Beschäftigungsfähigkeit der Auszubildenden zufördern.

DK Seit 2009 sollen mit Ausbildungspaketen Anreize fürBetriebe geboten werden, Auszubildende einzustellen.

NL Die in der Entwicklung begriffene Reform führt Änderungenin beiden Pfaden der beruflichen Bildung ein (betrieblich/bolund schulisch/bbl):- Zahl der Unterrichtsstunden wird erhöht für betrieblicheAusbildung/bol;- Höchstdauer der Abschlüsse wird um ein Jahr verkürzt;Zahl der Abschlüsse wurde ebenfalls verringert;- Unterricht in Mathematik, Englisch und Niederländisch wirdintensiviert und nationale Prüfungen werden eingeführt;- Zugang zur Hochschulbildung wird beschränkt;- Zulassungsvoraussetzung für Abschlüsse des Niveaus 2wird eingeführt.

FI

Der Entwicklungsplan für Bildung und Universität 2012-2016 umfasst Initiativen zur Verbesserung der Ausbildungund beruflichen Bildung insgesamt.- Eine Reform der Finanzierung der beruflichen Bildung (inder Entwicklung) soll Anbietern Anreize bieten, dieAbbrecherquote zu verringern.

PT Die curriculare Struktur und Arbeitsbelastung der „Kurse inArt einer betrieblichen Ausbildung“ wurden 2008überarbeitet, um Flexibilität zu fördern. Darüber hinaus trat2013 eine Überarbeitung der Spezifischen Regelung vonAusbildungskursen in Kraft, um die Verfahren zuüberarbeiten und diese transparenter zu machen.Änderungen bei der Auswahl von Lehrern der „Kurse in Arteiner betrieblichen Ausbildung“ wurden ebenfalls 2013eingeführt: Bis 2012 waren dies ausschließlichselbstständige Auftragnehmer, die jedes Jahr ausgewähltund auf Stundenbasis vergütet wurden. In der

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Ausschreibung für 2013 können sich auch Lehrer aus demBildungssystem (dem Bildungsministerium unterstehendeBeamte) für diese Positionen bewerben.403

- Auch wurde der Anteil des praxisbezogenen Lernens inBerufsbildungskursen 2013 erhöht.

EL Die Reform 2013 stärkte das praxisbezogene Lernen, dasim postsekundären nicht formalen Lernweg angeboten wird(Berufsausbildungsinstitute – IEK). Vor der Reform war einoptionales 6-monatiges Praktikum vorgesehen. DasPraktikum entbehrte eines festen Rechtsrahmens,insbesondere in Bezug auf die Qualitätssicherung. In demneuen System betreffen 20 % der Curricula (1 050Stunden) ein/e obligatorische/s Ausbildung oder Praktikum.Die Ausbildung/das Praktikum kann in Teilen oder übereinen zusammenhängenden Zeitraum von bis zu einemJahr absolviert werden. Wenn Studierende nachweislichüber vorausgehende Arbeitserfahrung von mindestens 150Arbeitstagen verfügen, ist die Ausbildung/das Praktikum fürsie nicht verpflichtend. In dem neuen System wird einVertrag zwischen dem Arbeitgeber und der nationalenArbeitsverwaltung unterzeichnet. Der Leiter des IEK oderein vom Leiter benannter Koordinator ist verantwortlich fürdie Beaufsichtigung, Koordinierung, Qualitätssicherung undBewertung der Ergebnisse des Praktikums/der Ausbildung.

PL Für Auszubildende bei Arbeitgebern, die dem PolnischenHandwerksverband angehören, wurden mit der Reform von2012 die Kerncurricula und die Prüfungsstandards erhöht.Die Liste von Berufen, in denen eine Ausbildung erfolgenkann, wurde ebenfalls vervollständigt.Dieselben Änderungen gelten für Auszubildende beiArbeitgebern, die nicht dem Polnischen Handwerksverbandangehören.Für letztere Gruppe wurden die Berufe jedoch mit derReform in mehrere Abschlüsse untergliedert404. Für diezweite Gruppe von Auszubildenden änderte sich auch dasPrüfungssystem in erheblichem Maße. Für jeden Abschlusswurden neue Prüfungen eingeführt, die zu einemBerufsdiplom führen.Von den Schulleitern organisierte Prüfungsausschüssewurden abgeschafft.

403 Gemäß dem Institut für Beschäftigung und berufliche Bildung (Institute for Employment and VET – IEFP) wurde diese Maßnahme eingeführt, um ein stabileresAusbildungsteam in den „Kursen in Art einer Ausbildung“ zu gewährleisten.

404 Zum Beispiel: Der „Anlagen-/Maschinenführer Gießerei“ wird in zwei Qualifikationen unterteilt: Gebrauch von Gießereimaschinen und -anlagen und Bedienung vonMetallschmelzmaschinen.

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202

UK(ENG)

Es laufen zwei umfassende Reformen desAusbildungswesens. Nach dem Bericht von Doug Richardüber das Ausbildungswesen (Richard Review ofApprenticeships) im Juni 2012 wird das Konzept derRegierung jetzt im Implementierungsplan (ImplementationPlan) (Oktober 2013) dargelegt.405 Im Rahmen diesesReformprogramms ist geplant, die Beziehung zwischenArbeitgebern, Regierung und Ausbildern zu ändern. Zweitenswerden im Rahmen der derzeitigen Reform derAusbildungsfinanzierung drei potenzielle Mechanismen füreine Finanzierung über den Arbeitgeber untersucht. DieReformen zielen darauf ab, die Qualität der Ausbildungen zuverbessern, das System zu vereinfachen und dasEngagement der Arbeitgeber zu erhöhen und sie in denMittelpunkt der Entwicklung und Bereitstellung vonAusbildungen zu stellen.

Quellen: ICF International-Studie in den 10 ausgewählten Ländern; 2012 Refernet Länderberichte; Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c); Eurypedia.

405 DfE/BIS (2013), The future of Apprenticeships in England: Implementation Plan.

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Reform in den Niederlanden zur Verbesserung der Effizienz und Qualitätberuflicher Bildung/dualer Systeme

In den Niederlanden wurden die gegenwärtigen Reformen406 im Rahmen des Aktionsplans„Focus op vakmanschap“407 durch Bedenken der Regierung und der Arbeitgeberverbände inBezug auf die Qualität und die Beliebtheit der beruflichen Bildung bestimmt. Die Bedenkenbetrafen die Sprachkenntnisse bei mbo-Absolventen408, die schlechter wurden und erheblichvom Niveau der hbo-Absolventen (berufliche Bildung auf tertiärer Ebene) abwichen409. Umdie Qualität der beruflichen Bildung zu verbessern, berührt die Reform die Leitungsstrukturund schafft eine gemeinsame Organisation, um sowohl den Bildungssektor als auch denArbeitsmarkt zu vertreten, die Zahl der angebotenen Qualifikationen und dasFinanzierungssystem.

Eine Erhöhung der Effizienz der beruflichen Bildung war nur durch Strukturänderungenmöglich: Das Bildungsministerium beschloss, eine gemeinsame Organisation zu schaffen,die sowohl den Bildungssektor als auch den Arbeitsmarkt vertritt und das Ministerium inberufsbildungspolitischen Fragen beraten kann. Da der Motor der Reform die allgemeineVerbesserung der beruflichen Bildung war, berühren die spezifischen Maßnahmen mehrereElemente, beispielsweise Qualifikationen (neues nationales Format und Optimierung derAnzahl), Progression der Auszubildenden zwischen mbo-Niveaus, Qualität der Lehrkräfte,organisatorische/Leitungsstruktur der Qualifikationen und ein neues Finanzierungssystem.

Im Rahmen der laufenden Reform wird das nationale Finanzierungssystem derberuflichen Bildung geändert und ein Kaskadenmodell eingeführt, wobei der Pro-Kopf-Grundsatz jedoch aufrechterhalten wird.410 Das neue Finanzierungssystem zielt darauf ab,die interne Progression der Auszubildenden zu verringern, da dies im Allgemeinen zulängeren und teureren Lernwegen führt. Bisher konnten Auszubildende einesBerufsbildungsprogramms ihre Studien auf jedem mbo-Niveau beginnen und nach demAbschluss weiterstudieren, um ein höheres Qualifikationsniveau zu erreichen. Das neueFinanzierungsmodell unterstützt Berufsbildungseinrichtungen darin, Auszubildende ab demBeginn der Studien im „richtigen“ Programm und auf dem „richtigen“ Niveauunterzubringen. Ein Berufsbildungssystem mit weniger interner Progression (Studentenstarten auf dem Niveau, auf dem sie den Abschluss erwerben) ist kosteneffizienter. DieBerufsbildungseinrichtungen können weiterhin entscheiden, auf welchem Niveau dieAuszubildenden eingeschrieben werden. Der Gesamtbetrag der denBerufsbildungseinrichtungen von der Regierung angebotenen Input-Finanzierung (einBetrag pro aktuell in einer Einrichtung eingeschriebenem Auszubildenden) wird inbestimmten Beträgen für die vier mbo-Niveaus verteilt. Die Finanzierung wird anhand vonGewichtungen berechnet – eine davon betrifft die Zahl der Jahre, die Auszubildende gelernthaben (im ersten Jahr ist die Gewichtung 1,2, im zweiten bis vierten Jahr 1,0, im fünftenund sechsten Jahr 0,5 und ab dem siebten Studienjahr erhält die Berufsbildungseinrichtungkeine Mittel mehr411. Für bbl412 wird dasselbe Kaskadenmodell angewendet. Derzeit beträgt

406 Die Umsetzung ihrer Reformmaßnahmen erfolgt voraussichtlich im August 2014, Internet:http://abonneren.rijksoverheid.nl/edition/nieuwsbrief-beroepsonderwijs-en-volwasseneneducatie/ocw-nieuwsbrief-beroepsonderwijs-en-volwasseneneducatie/1934?preview=false (auf Niederländisch).

407 Ministerie van Onderwijs, Cultuur en Wetenschap (2011), Actieplan mbo ‘Focus op vakmanschap 2011-2015’.

408 Höhere sekundäre berufliche Erstausbildung, auf vier Niveaus.409 Buisman M. et al. (2013), PIAAC, kernvaardigheden voor werk en level.410 Siehe Abschnitt 6 für weitere Informationen zum derzeitigen Finanzierungssystem in den Niederlanden.

411 Wenige Auszubildende werden tatsächlich sieben Jahre im mbo lernen.412 Der betriebliche Ausbildungsweg in den Niederlanden.

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die Höhe der Mittel, die eine Berufsbildungseinrichtung für einen bbl-Auszubildenden erhält,40 % des Betrags für einen bol413-Auszubildenden414. Wenn ein Auszubildender nach dreiJahren erneut eine Ausbildung aufnimmt, beginnt das Kaskadenmodell von vorn. DieFinanzierung pro verliehener Qualifikation wird auf eine Qualifikation reduziert. Somit wirddie Verleihung von mehr als einer Qualifikation an einen Auszubildenden weiterhin möglichsein, sie wird jedoch nicht finanziell unterstützt.

Beispiele für Berufsberatung in den ausgewählten Ländern415

In Finnland ist Berufsberatung ein Pflichtfach in Schulen der Sekundarstufen I und II.Berufsberater informieren die jungen Menschen über ihre Bildungsmöglichkeiten nachAbschluss der Pflichtschulausbildung und Bewerbungsverfahren. Besuche in Betrieben,Berufsbildungsschulen und allgemeinbildenden höheren Schulen sind ebenso üblich.Vereinzelte Hinweise deuten darauf hin, dass Berufsberater tendenziell überumfangreichere Kenntnisse über akademische Studienwege verfügen als überBerufsbildungswege mit über hundert verschiedenen Qualifikationen und mehrerenunterschiedlichen Unterrichtsformen. Neben Berufsberatern gibt es in den größten Städtenin Finnland Ausbildungsinformationsbüros (Oppisopimustoimisto). Sie bieten Beratung undUnterstützung für an einer Ausbildung Interessierte. Außerdem gibt es zahlreiche Websitesmit aktuellen Informationen zu Ausbildungen für angehende Auszubildende undArbeitgeber.

In Frankreich wurden auf nationaler Ebene verschiedene Kampagnen undInformationswebsites ausgearbeitet, um die Vorteile dualer Systeme zu verdeutlichen unddiese Bildungswege jungen Menschen und ihren Eltern sowie Arbeitgebern näher zubringen. Ähnliche Anstrengungen werden auf regionaler und sektoraler Ebene sowie auf derEbene der Ausbildungseinrichtungen unternommen. Junge Menschen, die an einerAusbildung interessiert sind, können leicht die Ausbildungseinrichtungen in ihrem Gebietfinden, Informationen aus verschiedenen Quellen erhalten und (Online-)Dienste nutzen, mitdenen die Bewerber und passende Arbeitgeber leichter zusammenfinden.

Im Vereinigten Königreich (ENG) legt das Bildungsministerium (Department forEducation – DfE) in einer im April 2014416 veröffentlichten Verordnung die zentralenAufgaben der Schulen in Bezug auf Berufsberatung für junge Menschen fest. DiesenRechtsvorschriften zufolge müssen Schulen objektiv handeln und erkennen, wo ein Schülerin seinem besten Interesse seine Ausbildung fortsetzen könnte. Die Schulen müssen dafürsorgen, dass jungen Menschen alle allgemeinbildenden und berufsbildenden Optionenbekannt sind, einschließlich der ihnen zur Verfügung stehenden Ausbildungen.

413 Der schulische Ausbildungsweg, mit einem großen Anteil an Lernen am Arbeitsplatz.414 Im nationalen Bildungshaushalt für 2013 wurde ein Durchschnittsbetrag von 7 400 EUR pro mbo-

Auszubildendem bereitgestellt. Internet: http://www.rijksoverheid.nl/onderwerpen/financiering-onderwijs/vraag-en-antwoord/welk-bedrag-geeft-het-ministerie-van-ocw-per-leerling-uit.html.

415 ICF International-Studie zu den 10 ausgewählten Ländern.416 Internet:

https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/302422/Careers_Statutory_Guidance_-_9_April_2014.pdf.

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ANHANG 5: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 5Tabelle A5. 1: Sektoren mit dem größten Beschäftigungsanteil (2011) und

Sektoren, die Lehrstellen/Ausbildungsplätze im dualen Systemanbieten, in den 10 ausgewählten Ländern

Land Schlüsselsektoren für Beschäftigung

Sektoren, die die meistenLehrstellen/Ausbildungsplätze

im dualen System in dernationalen/regionalen Wirtschaft

anbieten

DE

Fertigung; Handel, einschließlichInstandhaltung und Reparatur vonKraftfahrzeugen; Gesundheits- undSozialwesen.

Industrie und Handel: 60.3 %;Handwerk: 26,7 %.

FR

Gesundheits- und Sozialwesen;Fertigung; Groß- und Einzelhandel(einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen).

Baugewerbe; Einzelhandel(einschließlich Instandhaltung undReparatur von Fahrzeugen);Gaststätten undBeherbergungsgewerbe.

FI

Gesundheits- und Sozialwesen;Fertigung; Groß- und Einzelhandel,einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen.

Technologie und Transport (33 %);Gesundheits- und Sozialwesen undSport (30 %).

NL

Gesundheits- und Sozialwesen; Groß-und Einzelhandel, einschließlichInstandhaltung und Reparatur vonKraftfahrzeugen; Fertigung.

Handel, Technologie (Fabriken,Labors usw.), Gesundheitswesen.

CZ

Fertigung; Groß- und Einzelhandel,einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen;Baugewerbe.

Keine Informationen verfügbar

PL

Fertigung; Groß- und Einzelhandel,einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen;Landwirtschaft.

Technik (Produktion), Technologie417

und Dienstleistungen.

EL

Groß- und Einzelhandel, einschließlichInstandhaltung und Reparatur vonKraftfahrzeugen; Landwirtschaft;Fertigung.

Technik/Mechanik, Tourismus418 undGastronomie (Köche).419

417 Keine öffentlich verfügbaren Daten zum Anteil der Auszubildenden pro Sektor. Informationen stammen ausBefragungen des Bildungsministeriums.

418 Der Tourismus ist gemäß Eurostat einer der Schlüsselsektoren in den Bereichen Wirtschaft und Beschäftigungund durchdringt mehrere andere Wirtschaftszweige.

419 Für OAED-Ausbildungen; keine offiziellen Daten, Informationen von OAED-Vertreter bereitgestellt.

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IT

Fertigung; Groß- und Einzelhandel,einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen;Baugewerbe.

Industrie, Handelsdienstleistungenund Baugewerbe.

PT

Fertigung; Groß- und Einzelhandel,einschließlich Instandhaltung undReparatur von Kraftfahrzeugen;Baugewerbe.

Das Institut für Beschäftigung undBerufsausbildung (IEFP) definiertjedes Jahr Ausbildungsprioritäten fürEinrichtungen, die „Kurse in Art einerbetrieblichen Ausbildung“anbieten420.

UK Nichtfinanzielle Dienstleistungen;Fertigung; Baugewerbe.

Wirtschaft, Verwaltung und Recht;Gesundheitswesen, öffentliche undsoziale Dienstleistungen;Einzelhandel und Handelsgewerbe.421

Quellen: Schlüsselsektoren im Bereich Beschäftigung für alle Länder mit Ausnahme des Vereinigten Königreichs(England) stammen von Eurostat; Arbeitskräfteerhebung (AKE); Informationen zu Sektoren, die die meistenAusbildungsplätze/Plätze im dualen System anbieten, stammen aus Studien und Befragungen von ICFInternational in den ausgewählten Ländern.

Absichtserklärungen zwischen Deutschland und Italien, Portugal undSpanien

In Portugal wurde im November 2012422 ein bilaterales Abkommen unterzeichnet. DieBildungsminister Portugals und Deutschlands unterzeichneten eine Absichtserklärung zurZusammenarbeit im Bereich der beruflichen Bildung. Es wurde vereinbart, Maßnahmen indie Wege zu leiten, um die Berufsbildungssysteme und -strukturen in den beiden Ländernzusammenzubringen und zu vergleichen, den Informationsaustausch über die Beratung vonSchülern zu fördern und den Austausch zwischen Schülern, pädagogischen Fachkräften undVertretern von Unternehmen zu unterstützen. Es wurde anerkannt, dass Instrumenteeingeführt werden sollten, um die Qualität der arbeitsplatzbezogenen Berufsbildung inUnternehmen weiter sicherzustellen. In diesem Zusammenhang wird das portugiesischeBildungsministerium Meinungsumfragen bei Schülern, Schulen und Unternehmen zurarbeitsplatzbezogenen Berufsbildung durchführen. Die Umfrage wird ferner bei derFeststellung des Schulungsbedarfs der innerbetrieblichen Betreuer/Ausbilder423 helfen. Dasdeutsche Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) bereitet die Umfrage vor, gestützt aufvom portugiesischen Bildungsministerium bereitgestellte Daten. Ein erster Entwurf derUmfragen wird für März 2014 erwartet und soll im April in einer Auswahl von Schulen undUnternehmen eingesetzt werden.

Im Rahmen dieser Absichtserklärung wurde im Hinblick auf das wechselseitigeKennenlernen der Berufsbildungssysteme in den beiden Ländern eine Reihe von Aktivitätenorganisiert: Treffen von Fachleuten, Besuche bei Leitern deutscher und portugiesischerBerufsbildungsschulen und Besuche des BIBB in portugiesischen Schulen. Darüber hinauswird eine Analyse durchgeführt. um Bereiche zu ermitteln, in denen Interventions- und

420 Die Ausbildungsprioritäten für 2013 sind auf der IEFP-Website abrufbar: Internet:http://www.iefp.pt/formacao/Documents/2013-0502_%C3%81reas%20e%20saidas%20priorit%C3%A1rias_%202013.pdf.

421 Statistische Schnellmeldung: Nov2013_Apprenticeship Starts.https://www.gov.uk/government/uploads/system/uploads/attachment_data/file/317484/learner-participation-outcomes-and-level-of-highest-qualification-release-march14-june-update.pdf

422 Internet :http://www.portugal.gov.pt/pt/os-ministerios/ministerio-da-educacao-e-ciencia/mantenha-se-atualizado/20121105-mec-alemanha.aspx.

423 Vom Vertreter des Bildungsministeriums bereitgestellte Informationen.

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Modernisierungsbedarf in der Berufsbildung in Portugal besteht. Einer der Arbeitsbereicheist beispielsweise die Schulung von Lehrkräften und innerbetrieblichen Betreuern. Weiteregeplante Aktivitäten betreffen die Mobilität portugiesischer Schüler für eine Ausbildung inUnternehmen in Deutschland sowie eine externe Evaluierung der neuenBerufsbildungskurse durch einen deutschen Experten. Ein Treffen der Arbeitsgruppen findetim März 2014 in Deutschland statt, um die laufende Zusammenarbeit zu bewerten undneue Aktivitäten zu erörtern424.

Im Juni 2013 fand auch in Lissabon ein bilaterales Arbeitsgruppentreffen statt. Im Zentrumder Gespräche stand die Erhöhung des Anteils des arbeitsplatzbezogenen Lernens in derBerufsbildung, die Verbesserung der Qualität in der beruflichen Erstausbildung, dieAusbildung und Qualifizierung innerbetrieblicher Ausbilder, die Entwicklung undAktualisierung ausgewählter Ausbildungsprofile unter Mitwirkung der Sozialpartner, dieVerbesserung der Berufsberatung und die Durchlässigkeit im Bildungssystem. Die beidenParteien vereinbarten die kurzfristige Initiierung eines gemeinsamen Projekts in Bezug aufdiese Bereiche425.

In Italien unterzeichnete das Ministerium für Arbeit eine Absichtserklärung mit dendeutschen Ministerien für Arbeit und Bildung, um die grenzüberschreitende Mobilität zuunterstützen und den Lernaustausch zu dualer Bildung im Rahmen des EURES-Netzesanzuregen. Die Absichtserklärung umfasst auch einen Plan für 2013-2014 in Bezug aufKooperationen im Bereich der Arbeitsmarktpolitik426.

Im Juli 2012 unterzeichneten der spanische und der deutsche Bildungsminister eindreijährige Absichtserklärung427 zur Zusammenarbeit im Bereich der Berufsbildung. Wie imFalle Portugals schafft die Absichtserklärung die Grundlage für eine weitereZusammenarbeit beim Austausch von Informationen und bewährten Verfahren, unterstütztSchüleraustauschprogramme in Bezug auf die Durchführung der innerbetrieblichenAusbildung im anderen Land, und fördert die Mobilität von Schülern allgemein sowie vonpädagogischen Fachkräften und Vertretern von Unternehmen zwischen den beiden Ländern.Bilaterale Arbeitsgruppen und andere Instrumente unterstützen die Absichtserklärung,beispielsweise eine Task Force, die ihre Arbeit Ende November 2012 aufgenommen hat.Regierungsvertreter und Sozialpartner aus beiden Ländern sind Mitglied der Task Force undhaben ein Arbeitsprogramm vereinbart, das die Zusammenarbeit zwischen den beidenLändern koordiniert. Einer der nächsten Schritte ist die systematische Erhebung von Datenüber das spanische Berufsbildungssystem428.

Das Berliner Memorandum von 2012Der Einfluss des Memorandums ist erheblich im Hinblick auf die Aufnahme vonPilotprojekten/Ausbildungssystemen in den teilnehmenden Ländern: die kürzlich inGriechenland und Spanien eingeführten Ausbildungssysteme folgen der Struktur und denMerkmalen des deutschen dualen Systems. Beide neuen Ausbildungssysteme betonen, dassihr Ziel darin besteht, an einer Berufsausbildung interessierten Schülern mehrMöglichkeiten zu bieten, die Qualität der Ausbildung zu verbessern und den Einstieg derAuszubildenden in den Arbeitsmarkt zu erleichtern. Aus diesem Grund führt das griechischeReformgesetz explizit Anreize für Arbeitgeber ein, wenn diese ihre Auszubildenden nachAbschluss des Programms offiziell einstellen. Spanien ist ebenfalls im Begriff, ein neuesduales Modell einzuführen.

424 Nach Angaben des portugiesischen Bildungsministeriums.425 Internet: http://www.bibb.de/en/64456.htm426 Isfol (2012a).427 Internet: http://www.bmbf.de/pubRD/absichtserklaerung_deutschland_spanien_berufliche_bildung_esp.pdf428Internet:

http://www.lamoncloa.gob.es/ServiciosdePrensa/NotasPrensa/MinisteriorEducacionCulturayDeporte/2012/120712_Wertgobiernoaleman.htm and http://www.bibb.de/en/wlk62776.htm

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In Griechenland sind Ausbildungen nach Unterzeichnung des Memorandums und vor demletzten Reformgesetz verstärkt in den Fokus der Sozialpartner und anderer Institutionen gerücktund es wurden einschlägige Maßnahmen ergriffen. Im Bildungsministerium wurde einLenkungsausschuss eingesetzt, dem das BIBB, das Ministerium für Beschäftigung undSozialversicherung, die nationale Arbeitsverwaltung (OAED) und die Sozialpartner angehören.Das BIBB bietet der griechischen Regierung Beratung und technische Unterstützung bei derEntwicklung und Implementierung umfassender Pilotprogramme, die jeweils ein Element vonAusbildungen sondieren (beispielsweise Verträge, die Art und Weise, in der Ausbildungen unterdem neuen Gesetz implementiert werden, usw.). Die Rolle der Sozialpartner und insbesondereder Gewerkschaften ist Schwerpunkt von zwei Workshops und Diskussionen, die vor kurzemzwischen deutschen und griechischen Gewerkschaften stattfanden. Gegenstand des erstenWorkshops waren die Möglichkeiten der Zusammenarbeit, und Vertreter deutscherGewerkschaften und KMU legten dar, wie sie in Ausbildungen involviert sind. Schwerpunkt deszweiten Workshops waren Fragen und Bereiche der Zusammenarbeit in spezifischen Sektoren.Fachleuten zufolge haben die Workshops das Interesse der griechischen Gewerkschaften anAusbildungen geweckt und ihre Rolle als Kooperationspartner der Regierung/des Ministeriumsgestärkt. Es werden weitere Workshops erwartet, zu denen auch Arbeitgeber eingeladenwerden. Diese Workshops werden als Pilotaktivitäten für einschlägige Treffen mit Sozialpartnernin den anderen Teilnehmerländern des Berliner Memorandums dienen.Ferner gab das Berliner Memorandum den Anstoß zu einer engeren Zusammenarbeit zwischenden beiden Ländern in Bezug auf Ausbildungen, die von den Berufsbildungsschulen dernationalen Arbeitsverwaltung (OAED) durchgeführt werden. Im Dezember 2013 koordinierte diedeutsch-griechische Industrie- und Handelskammer ein Treffen zwischen dem griechischenBildungsministerium, dem Tourismusministerium und der OAED mit dem deutschenBundesministerium für Bildung und Forschung. Thema des Treffens war die Einrichtung einerPilotschule des dualen Systems.429 Die deutsch-griechische Industrie- und Handelskammer, dasgriechische Bildungsministerium und die OAED arbeiteten gemeinsam auf die Gründung vonzwei experimentellen SEK430 für drei Spezialisierungen im Tourismusbereich hin. Der Tourismuswurde als Schlüsselsektor für die nationale Wirtschaft ausgewählt. Die experimentellen SEKbasieren auf dem dualen System und bieten dreijährige Ausbildungen für 90 Schüler im Altervon 18 bis 20 Jahren, die zumindest die Pflichtschule abgeschlossen haben. Jedes Schuljahrwerden die Schüler vier Monate die Berufsschule besuchen und acht Monate eine Ausbildung amArbeitsplatz (60 % der Lernzeit), vor allem in privaten Unternehmen, absolvieren. Derbetriebliche Teil der Ausbildung findet während der Touristensaison statt431. Die aufnehmendenArbeitgeber (Hotels) tragen die Vergütung der Auszubildenden (75 % des Grundgehalts), dieKrankenversicherung und die jeweiligen Arbeitgeberbeiträge. Zwischen dem Auszubildenden,der OAED und dem Arbeitgeber wird ein Vertrag unterzeichnet. Das Projekt der experimentellenSEK wird vom deutschen Bildungsministerium finanziert und unterstützt: die Curricula werdenangepasst und die betrieblichen Ausbilder werden von der DEKRA Akademie ausgebildet.432 DieAbschlussprüfungen basieren auf deutschen Standards und die Absolventen erhalten Diplome,zertifiziert in Griechenland und in Deutschland, mit der Möglichkeit, ihre Ausbildung in Grund-und Aufbaustudiengängen in Deutschland fortzusetzen. Interessanterweise übersteigt die Zahlder von den Arbeitgebern angebotenen Ausbildungsplätze die vereinbarte AnzahlAuszubildender433.Im Rahmen des Berliner Memorandums wurden auch zwischen Deutschland und ItalienPilotprojekte zur Förderung von Ausbildungen und arbeitsplatzbezogenem Lernen in derBerufsbildung vereinbart434. Die Ministerien für Arbeit und Bildung der beiden Ländervereinbarten eine Reihe von Maßnahmen zur Förderung der Beschäftigungsfähigkeit jungerMenschen435.

429 Informationen der deutsch-griechischen Industrie- und Handelskammer, bereitgestellt von Fachleuten.430 Die Schulen für Berufsausbildung (Sholes Epagglmatikhs Katartishs – SEK) wurden mit dem Reformgesetz

von 2013 eingeführt (siehe Abschnitt 4).431 Internet: http://www.oaed.gr/index.php?option=com_content&view=article&id=1747:2013-12-12-15-51-

20&catid=122&Itemid=897&lang=el (in Griechisch).432 Internet: http://www.dekra-akademie.de/live/navigation/live.php.433 Informationen der deutsch-griechischen Industrie- und Handelskammer, bereitgestellt von Fachleuten.434 Internet: http://www.disal.it/Objects/Pagina.asp?ID=17308.435 Internet: http://www.bmbf.de/de/17127.php.

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ANHANG 6: TABELLEN UND BEISPIELE AUS ABSCHNITT 6Tabelle A6. 1: Finanzielle Anreize für Arbeitgeber und/oder Auszubildende

während Ausbildungen/dualen Programmen

Land Finanzielle Anreize für Arbeitgeber und/oder Auszubildende währendAusbildungen/dualen Programmen

AT Arbeitgebern werden diverse öffentliche Zuschüsse (grundlegende Unterstützung,Qualitätsverbesserung, Ausbildungsverbünde usw.) gewährt, die in erster Linie denbetrieblichen Teil der Ausbildungen finanzieren. Die Bundesregierung und derArbeitsmarktservice sind die Hauptzuschussgeber, die Verwaltung obliegt jedochden Lehrlingsstellen der Wirtschaftskammern. Die Arbeitgeber erhalten fernerVergünstigungen in Bezug auf die Lohnnebenkosten, um die Finanzierungbestimmter Versicherungsbeiträge zu unterstützen. Über die Zuschüsse beschließtder Subventionsrat, der sich aus Mitgliedern der Handelskammer, derGewerkschaften, des Wirtschaftsministeriums und des Ministeriums für Arbeit undSoziales zusammensetzt.

BE Die Unternehmen decken den praktischen Lernteil in Ausbildungen und diemonatliche Vergütung der Auszubildenden ab. Diesen Unternehmen wird einerheblicher Nachlass bei den Sozialversicherungsbeiträgen gewährt. Für alle drei indem Land verfügbaren Ausbildungssysteme kann die föderale Regierung denArbeitgebern einen Ausbildungsbonus bewilligen, der je nach Lernjahr zwischen 500EUR und 700 EUR beträgt.Die Arbeitgeber können einen weiteren Zuschuss von 20 % der an dieAuszubildenden gezahlten Vergütung, für die der Arbeitgeber eine steuerbareAusbildungsprämie erhält, geltend machen.

CY Im Rahmen der Subventionsregelung für die Förderung der Beschäftigung und derinnerbetrieblichen Ausbildung von Auszubildenden erhalten die Arbeitgeber fürjeden angebotenen Ausbildungsplatz einen Zuschuss. Die Zuschüsse entsprechen10 % des Monatsgehalts des betrieblichen Ausbilders (bis zu 171 EUR pro Monat).Für jeden weiteren angebotenen Ausbildungsplatz werden 15 % oder höchstens 257EUR bereitgestellt. Die Arbeitgeber erhalten ferner Zuschüsse zu ihrenSozialversicherungsbeiträgen für den Auszubildenden436.

CZ Am 1. Januar 2014 änderte die tschechische Regierung das Gesetz 586/1992 zurEinkommensteuer und ermöglichte damit Steuerabschreibungen für Arbeitgeber,die betriebliche Ausbildungsplätze für Auszubildende anbieten. DieSteuerabschreibungen variieren je nach Zahl der in dem Unternehmenaufgenommenen Auszubildenden und in Abhängigkeit von der für die Ausbildungam Arbeitsplatz eingesetzten Ausstattung.

436 Internet: http://www.eurosc.eu/site-menu-153-gr.php, in Griechisch; zitiert 3.2.2014

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DE Die Unternehmen erhalten Zuschüsse üblicherweise nur für die Einstellungbestimmter Gruppen von Auszubildenden, wie junge Menschen mit Behinderungenoder Langzeitbewerber. Ferner können kleinen Unternehmen, die gemeinsamausbilden und Ausbildungseinrichtungen betreiben, Zuschüsse gewährt werden.Zuschüsse erhalten außerdem Unternehmen, die Ausbildungsplätze im Rahmen der„Einstiegsqualifizierung“437 für Schüler im Übergangssektor anbieten.Auszubildende, die keine finanzielle Unterstützung von ihren Eltern oder eineranderen Person erhalten können, können Ausbildungsbeihilfen beantragen. Mitdieser finanziellen Unterstützung sollen vorzeitige Ausbildungsabbrüche gesenktwerden.

DK Alle öffentlichen und privaten Arbeitgeber, ungeachtet ob sie Ausbildungsplätzeanbieten, müssen Beiträge in einen Fonds zur Refinanzierung derAusbildungsvergütung (Arbejdsgivernes Elevrefusion, AER) einzahlen. Aus demFonds wird sowohl die Berufsbildung der Sekundarstufe II als auch dieErwachsenenbildung finanziert. Darüber hinaus zahlen alle Arbeitgeber jährlich einefestgelegte Abgabe (2 921 DKK – 393 EUR) pro Vollzeitbeschäftigtem. Dieangesammelten Mittel werden an die Stellen verteilt, an denen Ausbildungendurchgeführt werden. Arbeitgeber, die Ausbildungsplätze anbieten, erhaltenaußerdem eine Erstattung der Vergütung für die Zeiten der schulischen Ausbildungder Auszubildenden.

EE Das Ausbildungsprogramm wird auch vom Staat gemäß derAusbildungsplatzregelung finanziert. In diesem Fall zahlt die Schule auch das Gehaltdes Betreuers im Unternehmen. Andere Regelungen zur Finanzierung desProgramms sind auf jeden Fall möglich. Daneben erhalten Auszubildende eineVergütung während des betrieblichen Teils der Ausbildung und eine Studienbeihilfewährend des theoretischen Teils der Ausbildung in der Schule. Hat ein/eAuszubildende/r einen gültigen Arbeitsvertrag, erhält er/sie keine zusätzlicheVergütung für die Teilnahme am Programm.Andererseits unterstützen einige Kommunen ihre Auszubildenden mitverschiedenen Zuschüssen. Es gibt auch gute Beispiele für Ausbildungsförderungendes privaten Sektors für Auszubildende in ihrem Sektor.

EL Wenn ein/e Auszubildende/r im OAED-Ausbildungssystem eine Fachrichtung wählt,die an seinem/ihren Wohnort nicht verfügbar ist, kann er/sie die Ausbildung aneinem beliebigen anderen Ort im Land absolvieren. Der/die Auszubildende erhältWohngeld und Hilfe zum Lebensunterhalt.

ES Obgleich Auszubildende während der Teilnahme an einer betrieblichenBerufsausbildung (Formación en Centros de Trabajo, FCT) keine Vergütungerhalten, bieten einige autonome Gemeinschaften Unternehmen finanzielleUnterstützung. Diese Unterstützung ist sehr gering und wird nicht als Anreizbetrachtet, da zahlreiche Unternehmen sie Auszubildenden anbieten.

437 Internet: http://www.arbeitsagentur.de/zentraler-Content/Veroeffentlichungen/Vermittlung/EQ-Arbeitgeber.pdf

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FI Arbeitgeber, die Ausbildungsplätze anbieten, erhalten vom Staat eineAusbildungsentschädigung, da der/die Auszubildende während der Zeit im Betriebeine Vergütung erhält. Die Höhe der Zahlung hängt vom Profil und Hintergrunddes/r Auszubildenden ab und wird für jeden Ausbildungsvertrag gesondert und vorGenehmigung des Vertrags vereinbart. Die Entschädigung des Arbeitgebers beträgtüblicherweise 250 EUR pro Monat, kann jedoch auf bis zu 800 EUR pro Monatansteigen, wenn der junge Mensch im Rahmen der nationalen Jugendgarantie als zueiner vorrangigen Gruppe gehörig gilt, oder bis zu 960 EUR, wenn der/dieAuszubildende ein/e erwerbslose/r Arbeitssuchende/r ist.

FR Arbeitgeber können verschiedene Arten finanzieller Unterstützung vom Staaterhalten, wenn sie Auszubildende einstellen438. Sie können beispielsweise von einerErmäßigung der Sozialabgaben profitieren (teilweise oder sogar in voller Höhe jenach Größe und Art des Unternehmens), eine Zulage für Unternehmen mit mehr als250 Beschäftigten, die mehr als 4 % ihrer Mitarbeiter im Rahmen von dualenAusbildungsverträgen beschäftigen, erhalten oder Steuervergünstigungen zusätzlichzu Pauschalzuschüssen der Regionen ab 1 000 EUR pro Jahr in Anspruch nehmen.Es gibt Steuerminderungen für Arbeitgeber – üblicherweise 600 EUR proAuszubildendem – und KMU sind von allen Sozialabgaben aufAusbildungsvergütungen befreit.

HU Unternehmen, die eine praxisbezogene Ausbildung finanzieren, können dieentsprechenden Kosten dann ihren Ausgaben für den Berufsbildungsbeitragzurechnen. Für Ausgaben, die nicht durch den Berufsbildungsbeitrag gedecktwerden können, kann eine Entschädigung beim Ausbildungsteilfonds desArbeitsmarktfonds beantragt werden.

IT Unternehmen mit weniger als neun Beschäftigten, die Ausbildungsplätze anbieten,sind von Sozialabgaben befreit, und andere Kleinunternehmen zahlen bis zu 10 %der Sozialabgaben.

LU Der Staat unterstützt Unternehmen, die Ausbildungsplätze anbieten, indem ihnenauf Antrag 27 % der von ihnen gezahlten Ausbildungsvergütung erstattet werdenkönnen. Daneben kann den Unternehmen der Betrag der auf dieAusbildungsvergütung gezahlten Sozialabgaben rückvergütet werden. Außerdemfördert der Staat Auszubildende, die ihr Ausbildungsjahr und dieAbschlussprüfungen erfolgreich abgeschlossen haben, mit Finanzhilfen.

NL Bis 2014 profitierten Unternehmen, die Auszubildende beschäftigten, von einerSteuerermäßigung pro Auszubildendem pro Jahr (max. 2 500 EUR). Seit Januar2014 wurde die Steuerermäßigung durch eine nationale Zulage pro Auszubildendempro Jahr ersetzt.

438 Website des Ministeriums für Beschäftigung, Arbeit, berufliche Bildung und sozialen Dialog. Internet:http://www.emploi.gouv.fr/dispositif/contrat-apprentissage.

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PL Schüler, die eine praktische Berufsausbildung absolvieren, erhalten von ihrenSchulen eine Fahrtkostenerstattung. Die Schulen kommen auch für Unterkunft undLebenshaltungskosten auf.Unternehmen, die Berufsausbilder beschäftigen, wird das Gehalt/die Vergütung desAusbilders aus dem Arbeitsfonds erstattet. Die Unternehmen erhalten ferner eineBildungsbeihilfe, wenn sie eine Berufsbildungsschule gründen. Darüber hinauskönnen sie Vergünstigungen und Bildungsbeihilfen fürAusbildungsplatzkoordinatoren und eine Erstattung anderer Kosten, wie Kosten fürdie Arbeitskleidung des Auszubildenden, erhalten. Arbeitgeberbeiträge, staatlicheund EU-Mittel werden für Beihilfen für Arbeitgeber verwendet, die Berufsbildung fürjunge Arbeitskräfte anbieten.

PT Auszubildende, die an Ausbildungsmaßnahmen des Ministeriums für Solidarität,Arbeit und soziale Sicherheit teilnehmen, erhalten für den Besuch dualer Lehrgängestaatliche Förderung in Höhe von bis zu 42 EUR pro Monat (2012). Da dieseMaßnahmen allen jungen Menschen zwischen 15 und 25 Jahren offenstehen,erhalten Teilnehmer, die arbeitslos sind und bereits staatliche Hilfen beziehen,keine finanzielle Unterstützung. In Abhängigkeit bestimmter Kriterien,beispielsweise Ausbildungszeiten (Essenszuschüsse), sozioökonomische Kriterien(Bücherzuschüsse) und Entfernung zwischen Wohnort des Auszubildenden undAusbildungseinrichtungen (Fahrtkostenzuschüsse), stehen Zuschüsse zurVerfügung.

SE Auszubildende können finanzielle Unterstützung des Staats erhalten, beispielsweiseStipendien und Darlehen.

SI Unternehmen sind für den Aufwand im Zusammenhang mit Zahlungen fürAuszubildende und Studenten/Trainees, die im Rahmen ihres Curriculums einPflichtpraktikum absolvieren, bis zu einer bestimmten Grenze von derEinkommensteuer und von Sozialabgaben befreit.

UK Der Ausbildungszuschuss für Arbeitgeber (Apprenticeship Grant for Employers, AGE)bietet bis zu 40 000 Zuschüsse in Höhe von 1 500 GBP als Anreiz und Unterstützung fürArbeitgeber, die einen jungen Auszubildenden zwischen 16 und 24 Jahren aufnehmen.Unter Berücksichtigung der Rückmeldungen von Arbeitgebern entwickelt die Regierungdas AGE-Programm weiter, um die Nutzung zu vereinfachen und den Zugang zu demProgramm auszuweiten. Der Zuschuss erfolgt künftig in einer einzigen Zahlung anstattin zwei Teilzahlungen, und die Arbeitgeber können Zuschüsse für die Unterstützung vonbis zu zehn neuen Auszubildenden beantragen. Die Einschränkungen der Förderfähigkeitwerden überprüft und das Programm wird für Arbeitgeber geöffnet, die in denvorausgegangenen 12 Monaten keinen Auszubildenden beschäftigt haben.Daneben bleiben mittlere Unternehmen zur Beantragung des Zuschusses berechtigt,wenn sie ihre Mitarbeiterzahl auf über 250 erhöhen, da das Programm künftigArbeitgebern mit bis zu 1 000 Beschäftigten offensteht. Die KMU haben in demProgramm jedoch weiterhin oberste Priorität und es werden ausreichende Mittelbereitgestellt, um zu gewährleisten, dass alle förderfähigen KMU in der Lage sind, denZuschuss zu beantragen.Großen Unternehmen werden Anreize geboten, Ausbildungen anzubieten: StaatlicheFördermittel zur Deckung der Kosten von Ausbildungen werden nur dann direkt an denArbeitgeber gezahlt, wenn das Unternehmen mindestens 5 000 Beschäftigte hat.Der Staat unterstützt junge Menschen in Ausbildung in Abhängigkeit von ihrem Alter:16- bis 18-Jährige, die eine Ausbildung gleich welchen Niveaus absolvieren (mittleres,fortgeschrittenes, höheres) werden in vollem Umfang vom Staat finanziert. Für ältereAuszubildende (19- bis 23-Jährige) ist eine staatliche Kofinanzierung möglich.

Quellen: Europäische Kommission – GD Beschäftigung (2012c); Refernet Länderberichte (2012); EuropäischeKommission (2013e); Torres C. (2012), Taxes and Investment in Skills; Steedman H. (2010), The state ofapprenticeship in 2010: International Comparisons; ICF International-Studie.

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Tabelle A6. 2: Vom ESF kofinanzierte Ausbildungen in EU-Ländern

Land/Bezeichnung des Programms EU/ESF

Belgien

Teilzeit-Arbeitsvertrag für eineAusbildung nach dem dualen System

2009-2010: 1 393 234,06 EUR2010-2011: 1 226 651,75 EUR2011-2012: 1 349 278,55 EUR

Gewerblicher Ausbildungsvertrag(Föderales Programm)

Kofinanziert

Bulgarien

Rahmenprogramm C für Berufsbildung(FWP-C)

Möglichkeit der Nutzung der ESF-Kofinanzierungdurch eine Reihe von Programmen

Zypern

Neue moderne Lehrlingsausbildung 16 434 406 EUR (85 %)

Frankreich

Ausbildungsvertrag(Contrat d'apprentissage)

Stellte 2011 98,338 Mio. EUR fürAusbildungsmaßnahmen bereit

Griechenland

Ausbildungsprogramme inBerufsschulen der nationalenArbeitsverwaltungen (OAED EPAS)

46 595 985 EUR(91,86 % im Durchschnitt)(gesamter Programmhaushalt)

Irland

FAS-Ausbildung Alle Bildungsmaßnahmen der FAS (einschließlichAusbildungen) werden teilweise aus demEuropäischen Sozialfonds finanziert:durchschnittlich 25 Mio. EUR pro Jahr abrufbaraus den operationellen Programmen zurEntwicklung von Humanressourcen 2007-2013(Human Capital Investment OperationalProgrammes)

Lettland

Unterstützung für die Verbesserungder Qualität und Implementierung derProgramme für die beruflicheErstausbildung

Der Gesamtbetrag der genehmigten förderfähigenKosten in der ersten Projektausschreibung (2009)belief sich auf 4 417 085 LVL (6 284 946 EUR),davon wurden 3 818 908 LVL (5 433 817 EUR)vom ESF finanziertDer Gesamtbetrag der genehmigten förderfähigenKosten in der zweiten Projektausschreibung(2010) belief sich auf 7 647 547 LVL (10 881 479EUR), davon wurden 6 735 780 LVL (9 584 151EUR) vom ESF finanziert

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Niederlande

Betriebliche Berufsausbildung derSekundarstufe – Niveau 2 – BeruflicheGrundausbildung(BBL: berufsbegleitender Lernweg – MBO-Niveau 1, 2, 3, 4)

Arbeitgeber können ESF-Mittel für an BBL-Ausbildungen beteiligte Mitarbeiterbeantragen, z. B. 1 400 EUR pro Bewerberpro Jahr in der Personenbeförderung

Vereinigtes Königreich

Ausbildungsprogramm der Regierung (ISCED3 & 5B)

181 Mio. GBP über den Finanzierungsträgerfür Ausbildung (Skills Funding Agency)(2011-2013)

Ausbildungszuschuss für Arbeitgeber(Apprenticeship Grant for Employers – AGE)

ESF-Finanzierung über die Skills FundingAgencyFür Ausbildungen werden 181 Mio. GBPüber die Skills Funding Agency bereitgestellt(2011-2013)

Quelle: Europäische Kommission (2013d). WICHTIGER HINWEIS: Die Tabelle enthält von ICF International ausder Quelle ausgewählte Informationen zu Ausbildungssystemen, die der Definition und dem Rahmen dieser Studieentsprechen. Die Angaben zur Höhe der Finanzierung pro System und/oder Land stehen für verschiedene Jahrezur Verfügung und sind daher nicht miteinander vergleichbar.

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Tabelle A6. 3: Direkte und indirekte Kosten pro Berufsbildungstyp

SchulischeBerufsbildung

Ausbildung im Betrieb

EinzelpersonSchulgebühren;Kosten fürMaterial/Ausrüstung

Akzeptanz niedrigerer Löhne;Opportunitätskosten (entgangene Einkünfte alsungelernte Arbeitskraft)

Arbeitgeber

Bezahlte Freistellung fürMitarbeiter/Lehrlinge;finanzielleUnterstützung fürMitarbeiter/Lehrlinge;

Lohnzahlungen (und Lohnkosten) höher alsProduktivität;indirekte Löhne (Entschädigung für Essen,Fahrtkosten, Lebenshaltungskosten);Fehler von unerfahrenen Lehrlingen, Ressourcenund Zeit erfahrener Arbeitskräfte aufgewendet fürAnleitung der Lernenden/Auszubildenden(Aufsichtskosten);innerbetriebliche Schulungen(Material/Lernsoftware/Videos, Spezialkleidung,Lehrervergütung, Verwaltung);Infrastrukturkosten (Maschinen/Geräte fürAuszubildende am Arbeitsplatz); Miete fürRäumlichkeiten für die Lehrlingsausbildung,Kosten von Räumlichkeiten und Infrastruktur fürbetriebliche Ausbildungszentren;sonstige Kosten: Gebühren (z. B. Prüfungen),Kapitalkosten für Einstellung/Verwaltung imZusammenhang mit der Lehrlingsausbildung,Kosten externer Kurse, Abgaben und Gebührenan Dritte

Staat

Finanzierung vonBildungseinrichtungen;Stipendien, Gutscheine,Zuschüsse undDarlehen

Beihilfen für Ausbildungsbetriebe;finanzielle Vorteile für Arbeitgeber(Steuervergünstigungen)

Quellen: Hoeckel K. (2008), Costs and Benefits in Vocational Education and Training und Muehlemann S. undWolter S.C. (2013), Return on investment of apprenticeship systems for enterprises: Evidence from cost-benefitanalyses

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Tabelle A6. 4: Kurz- und langfristige Vorteile von Berufsbildungsprogrammen/Ausbildungen

Einzelperson Arbeitgeber Gesellschaft

KurzfristigeVorteile

Beschäftigungschancen;Verdienstniveaus;Arbeitszufriedenheit;geringereWahrscheinlichkeit desvorzeitigen Abbruchsbei Berufsausbildung alsbei allgemeiner Bildung

Höhere Produktivitätdurch gut ausgebildeteArbeitskräfte;ersparteAufwendungen fürEinstellung externerFachkräfte(einschließlich Zeit fürIntegration und Risikoder Einstellung einerdem Unternehmennicht bekanntenPerson)

Ersparte Aufwendungenfür Sozialleistungen(Arbeitslosigkeit als Folgedes gescheitertenÜbergangs vonAusbildung inBeschäftigung)

LangfristigeVorteile

Flexibilität undMobilität;lebenslanges Lernen(höhereWahrscheinlichkeit derFortbildung undVerbesserung derQualifikation imspäteren Leben)

Angebotsvorteil (z. B.Imageverbesserung);weniger Fluktuation(keine Notwendigkeitder Schulung neuerArbeitskräfte)

Externe Effekte durchProduktivitätsgewinnaufgrund bessererBildung;höhere Steuererträge aushöheren Verdiensten

Quellen: Hoeckel K. (2008), Costs and Benefits in Vocational Education and Training und Muehlemann S. undWolter S.C. (2013), Return on investment of apprenticeship systems for enterprises: Evidence from cost-benefitanalyses

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Tabelle A6. 5: Ausbildungsvergütungen in den ausgewählten EU-Ländern

Land Ausbildungsvergütung Anmerkungen

Finnland

Ca. 80 % einesFacharbeitergehalts. Berechnet auf Grundlage des

letzten Branchentarifvertrags.

Geringe Unterschiede zwischenverschiedenen Branchen.

Frankreich

Mindestlohn, Prozentsatz desMindestlohns. Abhängig vom Alter des/r

Auszubildenden. Steigt jährlich.

Beispielsweise erhält ein minderjähriger(unter 18 Jahren) Auszubildender 25 %des Mindestlohns im 1. Jahr und erreicht53 % im 3. Jahr.Der Bereich für Auszubildende von 18 bis21 Jahren beträgt 41 % bis 65 %,während für ältere Auszubildende (>21Jahre) die Einstiegsvergütung bei 53 %des Mindestlohns liegt und im letzten Jahrder Ausbildung fast 80 % erreicht.

Deutschland

Steigt jährlich;ca. 30 % des Einstiegsgehaltseines Facharbeiters (aufGrundlage nationalerTarifverträge), schätzungsweiseca. 740 EUR brutto pro Monat(Ost: 708 EUR, West 767 EUR)

National reguliert;variiert je nach Qualifikation (z. B.erhalten Lehrlinge mit einem Abschlussder Sekundarstufe II, die eine Ausbildungzum Mechatroniker absolvieren wollen,höhere Vergütungen als Lehrlinge miteinem Abschluss der Sekundarstufe I oderohne Schulabschluss, die Verkäufer/inoder Friseur/in werden wollen);erhebliche Unterschiede zwischen West-und Ostdeutschland: z. B. erhält ein/eFriseurauszubildende/r eine Vergütungvon 469 EUR im Westen und nur 269 EURim Osten439

Griechenland17,12 EUR (75 % einesniedrigeren Lohns einerungelernten Arbeitskraft)440

OAED Lehrlingsausbildungssystem

Italien Kein fester Prozentsatz Hängt von nationalen und sektoralenVereinbarungen ab

Niederlande(Voller) Mindestlohn;national reguliert, variiert je nachAlter des/r Auszubildenden

Bbl-Auszubildende

PolenProzentsatz des nationalenDurchschnittsgehalts;steigt jährlich

1. Jahr: mind. 4 % des nationalenDurchschnittsgehalts;2. Jahr: mind. 5 % desDurchschnittsgehalts;3. Jahr: mind. 6 % desDurchschnittsgehalts.

439 Internet: http://www.bibb.de/dokumente/pdf/a21_dav_internet-fachbeitrag_azubiverguetungen-2013.pdf440 Die mit der neuen Reform eingeführte Höhe der Ausbildungsvergütungen ist noch nicht bekannt.

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VereinigtesKönigreich(England)

Der nationale Mindestlohn(National Minimum Wage – NMW)für Auszubildende beträgt2,68 GBP pro Stunde441. DieserSatz gilt für Auszubildende von 16bis 18 Jahren und Auszubildendeab 19 Jahren im erstenAusbildungsjahr. Alle anderenAuszubildenden erhalten dennationalen Mindestlohn für ihreAltersgruppe.

Der NMW wird vom Arbeitgeber direkt andie Auszubildenden gezahlt.Auszubildende unter 19 Jahren oder imersten Jahr einer Ausbildung des Niveaus2 oder 3 erhalten einenAuszubildendensatz. Alle anderenAuszubildenden erhalten den nationalenMindestlohn für ihre Altersgruppe.

Die Arbeitgeber zahlen häufig höhereVergütungen als den einschlägigenMindestlohn442.

Quellen: Detaillierte Arbeitsblätter zu 10 ausgewählten Ländern; 2012 Referat Länderberichte; EuropäischeKommission (2013d)

441 Obgleich es derzeit drei Ausbildungsniveaus im Vereinigten Königreich gibt, wurde der nationale Mindestlohnnicht pro Niveau als solchem zugewiesen, sondern auf Grundlage des Alters/Niveaus. So erhalten derWebsite der Regierung zufolge (Internet: https://www.gov.uk/apprenticeships-guide), Auszubildende unter19 Jahren oder im ersten Jahr einer Ausbildung des Niveaus 2 oder 3 erhalteneinen Auszubildendensatz. Alleanderen Auszubildenden erhalten den nationalen Mindestlohn für ihre Altersgruppe.

442 BIS (2012) National Minimum Wage: Interim Government evidence to the Low Pay Commission 2012.

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