Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung · 2019. 1. 28. · Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der...

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Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung Zusammenfassung der Ergebnisse Wissenschaftlicher Endbericht – mit praktischen Beispielen – »Executive Summary« Teil A: Unternehmerischer Nutzen Teil B: Volkswirtschaftlicher Nutzen Herausgegeben vom DIN Deutsches Institut für Normung e. V. Beuth Verlag

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Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung

Zusammenfassung der Ergebnisse

Wissenschaftlicher Endbericht– mit praktischen Beispielen –

»Executive Summary«

Teil A: Unternehmerischer NutzenTeil B: Volkswirtschaftlicher Nutzen

Herausgegeben vomDIN Deutsches Institut für Normung e. V.

Beuth Verlag

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Seite 2 Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung, Zusammenfassung

Die Deutsche Bibliothek – CIP-Einheitsaufnahme

Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung:Zusammenfassung der Ergebnisse ; wissenschaftlicher Endberichtmit praktischen Beispielen

DIN, Deutsches Institut für Normung e. V. Bearb. von Bernd Hartlieb.

Berlin ; Wien ; Zürich : Beuth, 2000

ISBN 3-410-14856-6

Titelaufnahme nach RAK entspricht DIN V 1505-1,ISBN nach DIN ISO 2108.

Übernahme der CIP-Einheitsaufnahme auf Schrifttumskarten durch Kopierenoder Nachdrucken frei.

48 Seiten, A4, brosch.

ISBN 3-410-14856-6

© DIN Deutsches Institut für Normung e. V.

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. JedeVerwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetztes istohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesonderefür Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmung und die Einspeiche-rung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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Inhalt

Vorwort des Herausgebers 5

Vorwort der beteiligten Forschungseinrichtungen 7

Teil A: Unternehmerischer Nutzen, Zusammenfassung der Ergebnisse;Wirkungen von Normen: Ergebnisse der Unternehmensbefragung undder Experteninterviews (mit Verweisen auf erläuternde Beispiele) 9

Lehrstuhl für Marktorientierte Unternehmensführung und Lehrstuhlfür Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsforschung an der TechnischenUniversität Dresden (TU Dresden),Prof. Dr. Armin TöpferProf. Dr. Ulrich BlumDipl.-Vw. Gisela EickhoffDipl.-Vw. Isabelle Junginger

1. Strategische Bedeutung der Normung 102. Potentielle Wettbewerbsvorteile durch Normung 113. Normen in globalen Märkten 124. Kostensenkungspotentiale durch Normung 145. Normen in der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung 156. Normen und die Bildung von strategischen Allianzen 167. Normen in Forschung und Entwicklung 178. Reaktionsgeschwindigkeit der Normung 189. Sicherheit und Produkthaftung 1910. Öffentliches Interesse 2011. Normungsarbeit 2012. Normungsinstitut 21

Teil B: Volkswirtschaftlicher Nutzen; Zusammenfassung der Ergebnisse;Zusammenhang zwischen Normung und technischem Wandel, ihr Einflussauf die Gesamtwirtschaft und den Außenhandel der BundesrepublikDeutschland 23

Fraunhofer Institut für Systemtechnik und Innovationsforschung(FhG-ISI), KarlsruheDr. Knut BlindPD Dr. Hariolf GruppDipl.-Vw. Angela HullmannDr. Andre Jungmittag

1. Problemstellung und Zielsetzung 232. Ergebnisse der Analysen zum Zusammenhang zwischen Normung

und technischem Wandel 23

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3. Bedeutung der Normung in einer gesamtwirtschaftlichen Produk-tionsfunktion 26

4. Bedeutung von Normen für den Außenhandel 265. Vergleich der makroökonomischen Ergebnisse mit den Resultaten

der Unternehmensbefragung 31

Schlusswort der beteiligten Forschungseinrichtungen 35

Beispiele aus der Praxis 36Dr.-Ing. Bernd Hartlieb (DIN)

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Vorwort des Herausgebers

In den letzten Jahren wurde die technische Normung in allen ihren Fassetten ver-stärkt zum Gegenstand wissenschaftlicher Untersuchungen. Bei diesen Untersu-chungen war auffällig, dass ökonomische Aspekte zwar behandelt, aber wegen feh-lender entsprechender Theorien oft nur bruchstückhaft dargestellt wurden. Fernerwurde aus der Industrie in verstärktem Maße die Wirtschaftlichkeit aller Aktivitätenund somit auch der Normung hinterfragt.

Antworten können nur systematisch und gesichert gegeben werden, wenn sie sichauf eine einheitliche Grundlage beziehen. Im Hinblick auf den Rationalisierungs-druck in der Wirtschaft ist zu erwarten, dass Fragen zu Kosten und Nutzen derNormung nicht nur unter betriebswirtschaftlichen, sondern auch unter volks- undweltwirtschaftlichen Aspekten beantwortet werden müssen. Das Präsidium des DINbeschloss daher, geeignete wissenschaftliche Institutionen anzusprechen mit demZiel, die Wirtschaftlichkeit der Normung systematisch bearbeiten zu lassen, umKosten und Nutzen der Normung betriebs- und volkswirtschaftlich transparent zumachen.

Das DIN Deutsches Institut für Normung e. V. hat das Fraunhofer Institut für Sys-temtechnik und Innovationsforschung (FhG-ISI), Karlsruhe, und die Lehrstühle fürMarktorientierte Unternehmensführung und Wirtschaftspolitik und Wirtschaftsfor-schung der Technischen Universität Dresden (TU Dresden) gemeinsam mit derDurchführung dieser Untersuchung in den Ländern Deutschland, Österreich undder Schweiz beauftragt.

Der nun vorliegende Wissenschaftliche Endbericht des Forschungsvorhabens "Ge-samtwirtschaftlicher Nutzen der Normung" kommt für die drei Länder zu folgendenErgebnissen:

Erwartungsgemäß führen Werknormen in den Unternehmen zu den größten Wir-kungen, d. h. sie verbessern die innerbetrieblichen Prozesse. Sobald sich das Unter-nehmen allerdings mit seinen Zulieferern und Abnehmern auseinandersetzt, sindÜberbetriebliche Normen das dominante Instrument, um Transaktionskosten zureduzieren und sowohl die Marktmacht gegenüber Zulieferern als auch Abnehmernzu stärken. Insbesondere in einer zunehmend globalisierten Welt spielen Überbe-triebliche Normen eine wichtige Rolle. Allein 84 Prozent der Unternehmen wählenfür ihre Exportstrategie europäische und internationale Normen, um sich an andereausländische Normen anzupassen.1

Volkswirtschaftlich bedeutend ist der Nachweis, dass Normen zum Wirtschafts-wachstum einen größeren Beitrag leisten als Patente und Lizenzen, exportintensiveWirtschaftszweige Normen als Strategie zur Marktöffnung einsetzen, Normen dentechnischen Wandel fördern.

Die Ergebnisse der Studie verdeutlichen, dass Überbetriebliche Normen nicht nurpositive Effekte für die Volkswirtschaft generieren, sondern zudem den Unterneh-

1 Dieses Ergebnis wurde durch die Unternehmensbefragung erzielt und besitzt seine Gültigkeit fürdie befragten Unternehmen.

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men individuelle Vorteile sichern, sofern diese Normung als ein strategisches In-strument verwenden.

An dieser Stelle möchten wir uns bei

– dem Bundesministerium für Wirtschaft (BMWi),– der DaimlerChrysler AG,– der Deutschen Elektrotechnischen Kommission im DIN und VDE (DKE),– der Hans L. Merkle-Stiftung im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft

(Bosch),– der Siemens AG,– der ThyssenKrupp AG,– beim Österreichischen Normungsinstitut (ON) sowie– der Schweizerischen Normenvereinigung (SNV)

für die finanzielle Unterstützung und inhaltlichen Diskussionen zur Durchführungdes Forschungsvorhabens bedanken.

Außer dieser zusammenfassenden Darstellung der Forschungsergebnisse erscheinenim Beuth Verlag die vollständigen Berichtsbände

2der beteiligten Institute.

Dr.-Ing. Torsten BahkeDirektor des DIN

2 Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung, Unternehmerischer Nutzen 1, Wirkungen vonNormen: Ergebnisse der Unternehmensbefragung und der Experteninterviews,ISBN 3-410-14857-4

Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung, Unternehmerischer Nutzen 2, Statistisches Mate-rial und Auswertung, ISBN 3-410-14858-2

Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung, Volkswirtschaftlicher Nutzen, Zusammenhangzwischen Normung und technischem Wandel, ihr Einfluss auf die Gesamtwirtschaft und den Au-ßenhandel der Bundesrepublik Deutschland, ISBN 3-410-14859-0

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Vorwort der beteiligten Forschungseinrichtungen

Die Erarbeitung von Normen und das Setzen technischer Regeln durch privatwirt-schaftliche und staatlich legitimierte Institutionen stellt ein wesentliches Elementder technisch-ökonomischen Infrastruktur eines Landes dar und beeinflusst deshalbdie Wettbewerbsfähigkeit einer Wirtschaft und die strategische Ausrichtung vonUnternehmen. Unter dem Einfluss der Globalisierung haben sich inzwischen vieleRahmenbedingungen für die internationale Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmendeutlich verändert. Strukturen und Fachinhalte der Normung sollen deshalb ange-sichts der sich wandelnden Rolle der nationalen Normung im Kontext der europäi-schen und internationalen Normung daraufhin untersucht werden, welche einzel-und gesamtwirtschaftlich relevanten Aussagen über die ökonomischen Implikatio-nen der Normen und technischen Regeln fundiert werden können.

Die Gemeinschaftsstudie "Der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Normung", die inden Ländern Deutschland, Österreich und der Schweiz parallel durchgeführt wurde,wurde federführend vom DIN Deutsches Institut für Normung e. V. bei den Lehr-stühlen für Marktorientierte Unternehmensführung und für Wirtschaftspolitik undWirtschaftsforschung der TU Dresden sowie dem Fraunhofer Institut für System-technik und Innovationsforschung (FhG-ISI), Karlsruhe, in Auftrag gegeben. Dabeiwurden "Wirkungen von Normen: Ergebnisse der Unternehmensbefragung und derExperteninterviews" von der TU Dresden und "Zusammenhang zwischen Normungund technischem Wandel, ihr Einfluss auf die Gesamtwirtschaft und den Außen-handel der Bundesrepublik Deutschland" vom FhG-ISI untersucht. Da sowohl dievorhandenen Daten als auch die erstmalige Erhebung von Daten technischen undterminlichen Vorgaben unterliegen, kann die vorliegende Studie ausgewählte, abernicht alle Fragen zu den wirtschaftlichen Implikationen von Normen beantworten.

Ausgangspunkt für die Analyse des gesamtwirtschaftlichen Nutzens der Normungsind die vier Partner der Normung: die Unternehmen, die privaten Haushalte, derStaat sowie das Normungsinstitut als Vermittler für die drei Akteure. Diese sind aufunterschiedliche Arten von Normung betroffen. Ihr Verhalten und ihre Anreize, sichan der Normungsarbeit zu beteiligen, bilden die Basis des mikroökonomischen For-schungsansatzes der TU Dresden. Demgegenüber wählt das Fraunhofer Institut fürSystemtechnik und Innovationsforschung einen makroökonomischen Ansatz undlegt einen Schwerpunkt auf den Zusammenhang zwischen Normung und techni-schen Wandel sowie Normung, wirtschaftliches Wachstum und Außenhandel. Ins-gesamt ergibt sich eine interdependente Analyse der mikro- und makroökonomi-schen Effekte der Überbetrieblichen Normung.

Ziel der von der TU Dresden vorgenommenen Untersuchung ist es, die ökonomi-schen Effekte der Normung zu konkretisieren. Ausgehend von einem theoriegelei-teten Hypothesengerüst werden die Wirkungen von Normen im Unternehmen, inder Branche und in der Gesamtwirtschaft analysiert. Einen Schwerpunkt bildenhierbei die Anreizstrukturen, die die unterschiedlichen Partner der Normung zurMitarbeit in der Normungsarbeit motivieren. Die Prüfung des Hypothesengerüsts

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erfolgt auf der Basis einer Unternehmensbefragung, die in Deutschland (D), Öster-reich (A) und der Schweiz (CH) durchgeführt wurde. Zusätzlich wurden inDeutschland und Österreich Interviews mit Experten der Normung, die die Interes-sen der privaten Haushalte und des Staates repräsentieren, geführt.

Das FhG-ISI konzentriert sich in seiner Untersuchung zunächst auf den Zusammen-hang zwischen Normung und technischem Wandel. Hier stellt sich die Frage, ob dieStrukturen und Fachinhalte der Normung im Wirtschafts- und Innovationssystemder Bundesrepublik Deutschland einen positiven Einfluss auf den technischenWandel haben bzw. ob die Impulse des technischen Wandels in der Normung adä-quat berücksichtigt werden und damit einen Vorteil im weltweiten Wettbewerb dar-stellen. Schließlich sind neben dem unmittelbaren Zusammenhang die Implikatio-nen dieser Faktoren auf das gesamtwirtschaftliche Wachstum und den Außenhandelder Bundesrepublik Deutschland zu untersuchen. Die so gefundenen Ergebnissewerden abschließend mit den Antworten der Unternehmensbefragung auf ihre Kon-sistenz geprüft.

Dresden und Karlsruhe, April 2000 Die Verfasser

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Teil A: Unternehmerischer Nutzen

Wirkungen von Normen: Ergebnisse der Unter-nehmensbefragung und der Experteninterviews

Die vier Partner der Normung sind auf vielfältigeWeise durch die Überbetriebliche Normung mitein-ander verbunden. Aufbauend auf einer Literaturaus-wertung und auf dem theoretischen Hintergrund derIndustrieökonomik, wurde ein Hypothesengerüsterstellt, das es mit geeigneten Daten aus einer Un-ternehmensbefragung und Experteninterviews zuprüfen galt. Die Unternehmensbefragung wurde inDeutschland, Österreich und der Schweiz durchge-führt. Inwieweit sich das Antwortverhalten innerhalbder drei Länder unterscheidet, wird ausführlich indem Bericht zur Unternehmensbefragung, Modul 43

dargestellt.Ausgewählt wurden für die Befragung, in enger Ab-stimmung mit den Normungsinstitutionen, zehnBranchen, nämlich acht normungsintensive und zuKontrollzwecken zwei weniger normungsintensive.Insgesamt wurden über 4.000 Unternehmen durcheine Zufallsauswahl bestimmt und schriftlich be-fragt. Der Rücklauf betrug über 17 %, so dass insge-samt 707 Fragebögen zur Auswertung vorlagen. DerFragebogen umfasste 49 Fragen und über 340 Ein-zelpunkte.Die weiteren Partner der Normung, die privatenHaushalte und der Staat, sind durch Experteninter-views in der Analyse berücksichtigt. Interviewswurden in D und A durchgeführt, wobei pro Landzehn Interviewpartner ausgewählt wurden.Das vorliegende Executive Summary gibt die wich-tigsten Ergebnisse der empirischen Überprüfung dertheoretischen Hypothesen durch die Unternehmens-befragung und die Experteninterviews wieder. Die

3 Die Ergebnisse dieser Studie sind in fünf Modulberichteunterteilt, wobei in Modul 3 ausführlich theoretische In-halte, in Modul 4 ausführlich empirische Inhalte dargestelltwerden. Modul 5 umfasst die Zusammenführung aus Theo-rie und Empirie. (Die Module bilden den Inhalt der voll-ständigen Berichtsbände, siehe Seite 6, Fußnote 2.)

Theoretische Hypothe-sen wurden mittelseiner Unternehmens-befragung und Exper-teninterviews empi-risch überprüft

Unternehmensbefra-gung bei über 4.000Unternehmen inDeutschland, Öster-reich und der Schweizdurchgeführt

Rücklauf über 17 %

Experteninterviewswurden mit Vertreterndes öffentlichen Inte-resses, der privatenHaushalte und desStaates durchgeführt

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ausführlichen Ergebnisse sind dem Modulbericht 5des Projektes zu entnehmen.

Im Mittelpunkt der Untersuchung stehen die Wir-kungen der Normung sowohl im Unternehmen alsauch in der Interaktion mit dem Unternehmensum-feld, die einen starken Bezug zur Unternehmens-strategie besitzen. Im Unternehmen wird auf dieWirkungen der Normung und hierbei speziell auf dieKosten, die Forschung und Entwicklung und dieSicherheit eingegangen. Die Wirkungen der Nor-mung in der Interaktion des Unternehmens mit demUnternehmensumfeld erstrecken sich z. B. auf po-tentielle Wettbewerbsvorteile gegenüber Mitbewer-bern oder die Relevanz von Normen bei der Bildungstrategischer Allianzen. Abschließend wird die Be-ziehung zwischen den Unternehmen und dem jewei-ligen nationalen Normungsinstitut untersucht.

1. Strategische Bedeutung der Normung

Im Rahmen einer Situationsanalyse, die unter derFederführung der DaimlerChrysler AG durchgeführtwurde, arbeiteten hochrangige Experten aus Wirt-schaft, Forschung, Verbänden und Normungsinsti-tutionen heraus, dass es für die Bedeutung von Nor-mung "zahlreiche Argumente, Hinweise und Fallbei-spiele"4 gibt. Problematisch erweist sich dabei, dassdiese Informationen den Normungsinsidern bekanntsind, die Informationen aber von den Entschei-dungsträgern in den Unternehmen kaum wahrge-nommen werden. Dieses Informationsdefizit führtdazu, dass die strategischen Möglichkeiten der Nor-mung nicht erkannt und Entscheidungen über dieTeilnahme an Normungsvorhaben lediglich unterAufwandsgesichtspunkten gefällt werden.

Die Unternehmensbefragung zeigt, dass sich trotzder allgemeinen Unkenntnis einige Unternehmeneines Teils des strategischen Potentials der Normungbewusst sind und daraus einen Nutzen erzielen kön-nen.

4 Vgl. dazu den Vortrag von Herrn Dr.-Ing. Ghiladi: Strategi-scher Nutzen der Normung für das Unternehmen. Berichtüber die 31. Konferenz Normenpraxis: Wissen nutzen –Zukunft gestalten, Essen 1999.

Dreiteilung des Be-richts:– Wirkungen von

Normung im Unter-nehmen

– Wirkungen vonNormung zwischenUnternehmen undUnternehmensum-feld

– Beziehung zwischenUnternehmen unddem jeweils natio-nalen Normungsin-stitut

In den Unternehmenwurde ein Informa-tionsdefizit über diestrategische Bedeutungder Normung festge-stellt

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Dazu gehört beispielsweise, dass 75 % der befragtenUnternehmen angeben, sich im DIN Deutsches In-stitut für Normung e.V. (DIN)/der ÖsterreichischenNormenvereinigung (ON)/der Schweizer Normen-vereinigung (SNV) zu engagieren, um die europä-ische und internationale Normung zu beeinflussen.Dabei zielen 60 % des nationalen Engagements aufdie europäische und internationale Normungsarbeit.

Die Befragung zeigt weiterhin, dass Unternehmen,die sich aktiv an der Normungsarbeit beteiligen,signifikant häufiger temporäre und dauerhafte Vor-teile in Bezug auf die Kosten und in Bezug auf denWettbewerb daraus realisieren konnten, dass natio-nale Norm-Inhalte fast identisch in europäische oderinternationale Normen übernommen wurden, alsUnternehmen, die sich nicht in der Normungsarbeitengagieren. Norm-Inhalte, die von der nationalenNormungsarbeit direkt in europäische oder internati-onale Norm-Inhalte übergehen, führen zu Vorteilen,da den inländischen Unternehmen nur geringe Kos-ten für die Anpassung an veränderte Norm-Inhalteentstehen. Wettbewerbsvorteile können erlangt wer-den, da die ausländischen Mitbewerber ihre Produk-tion erst an die veränderten Normen, die die inländi-schen Unternehmen bereits verwendet haben, anpas-sen müssen.

Der Gesetzgeber greift, wenn er auf technischemGebiet eine Regel benötigt, oft auf ÜberbetrieblicheNormen zurück. Wenn ein Unternehmen an einersolchen Überbetrieblichen Norm mitarbeitet, kann esdieser technischen Regel vorgreifen und sie bereitsim eigenen Unternehmen umsetzen. Wenn diesetechnische Regel zum Gesetz wird, ergeben sich fürdieses Unternehmen keine Umstellungskosten. 25 %der befragten Unternehmen haben sich bereits min-destens einmal für eine solche Strategie entschieden.Von diesen konnten 36% große bis sehr große Kos-teneinsparungen realisieren (auf einer Rating-Skalain fünf Schritten von sehr gering bis sehr groß).

2. Potentielle Wettbewerbsvorteile durchNormung

In der Unternehmensbefragung messen die Befrag-ten der Werknormung eine etwas positivere Wir-

Nationales Engagementin der Normung, umEinfluss auf die euro-päische und internatio-nale Normung auszu-üben

Beispiele Seite

– ISOfix-System 36– Geometrische

Produktspezifikation 36– Digitaler Feldschutz 36

Wenn nationale Norm-Inhalte in europäischebzw. internationaleNormen übernommenwerden, führt die Teil-nahme an der Nor-mungsarbeit signifi-kant häufiger zu Vor-teilen in Bezug auf dieKosten und den Wett-bewerb

Beispiele Seite

– ISOfix-System 36– Geometrische

Produktspezifikation 36– Digitaler Feldschutz 36

Teilnahme an derNormung, um einergesetzlichen Regelungzuvorzukommen unddadurch Vermeidungvon Umstellungskosten

Beispiele Seite

– Bauprodukte 37

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kung auf den Wettbewerbsvorteil gegenüber denMitbewerbern bei als der Überbetrieblichen Nor-mung (+10,4 zu +8,1 auf einer Skala von –50 = sehrnegative bis +50 = sehr positive Wirkung). DieseEinschätzungen unterscheiden sich wesentlich, siesind also statistisch signifikant5. Mit anderen Wor-ten: Der Werknormung wird eine positivere Wir-kung beim Erreichen von Wettbewerbsvorteilen zu-geordnet als der Überbetrieblichen Normung, z. B.DIN-Norm, und der Industriestandardisierung, z. B.IBM-Standard, (8,2).

Für die befragten Unternehmen, die am Normungs-prozess teilnehmen (52 % der befragten Unterneh-men), besteht einer der Anreize für die Teilnahmeam Normungsprozess darin, einen Zeit- und Wis-sensvorteil gegenüber den nichtteilnehmenden Un-ternehmen, zu erringen. Hierbei schätzen die teil-nehmenden Unternehmen den Wissensvorteil etwasgrößer als den Zeitvorteil (60,0 gegenüber 55,5 aufeiner Skala von 0 = sehr gering bis 100 = sehr groß)ein. Für die Unternehmen, die einen Wettbewerbs-vorteil aus der Teilnahme erreichen, ist der Wis-sensvorteil von signifikant größerer Wichtigkeit alsder Zeitvorteil.

Die Unternehmensbefragung zeigt, dass die Unter-nehmen in der Normungsarbeit ihre Interessendurchsetzen können. Über 50 % der Unternehmenkönnen einen großen bis sehr großen Einfluss aufNorm-Inhalte ausüben. Nicht gewünschte Inhaltewerden zu 46 % verhindert und gewünschte Inhaltekönnen zu 48 % durchgesetzt werden.

Daher bildet die Beeinflussung von Normungser-gebnissen in die gewünschte Zielrichtung ein wich-tiges Instrument zur Erlangung von Wettbewerbs-vorteilen.

3. Normen in globalen Märkten

Unternehmen werden auf ausländischen Märkten mitanderen Normen konfrontiert. 84 %6 der befragten

5 Statistisch signifikant: Die Wahrscheinlichkeit, dass einegetroffene Annahme abgelehnt wird, obwohl sie richtig ist,ist kleiner als 5 %.

6 Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.

Wettbewerbsvorteileeher durch Werknor-mung als durch Über-betriebliche Normungoder Industriestandar-disierung

Beispiele Seite

– Reparaturkosten 37– Normteile VW 37– Normteile DASA 1 38– Normteile DASA 2 38

Zeit- und Wissensvor-teil durch die Teilnah-me an der Normung

Beispiele Seite

– Clubwissen 38– Geometrische

Produktspezifikation 36

Wissensvorteil wichti-ger als Zeitvorteil

Beispiele Seite

– Clubwissen 38– Armaturen 38

Wettbewerbsvorteildurch die Beeinflus-sung der Norm-Inhalte

Beispiele Seite

– Digitale Bildkompression 39– Laserstrahlen 39– Armaturen 38– Brillengläser 39– Geometrische

Produktspezifikation 36– Lebensmitteltechnik 39

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Unternehmen wählen europäische und internationaleNormen, um sich an andere Normen anzupassen. EinDrittel der Unternehmen setzt sich auf dem Export-markt mit Erzeugnissen durch, die eigene nationaleNormen beinhalten, und 27 % passen die inländischeLeistungserstellung an ausländische Normen an.

Gefragt nach den Kosten, die durch die Anpassungan andere ausländische Normen7 entstehen, konnten80 % der Befragten keine Angaben machen, da ih-nen die Kosten nicht bekannt sind. 10 % der Be-fragten kennen ihre Anpassungskosten, wollen aberkeine Angaben machen, da es sich um vertraulicheDaten handelt. Den Unternehmen, die ihre Kostenangeben, sind im Durchschnitt Kosten in Höhe vonca. 350.000 DM pro Jahr durch die Anpassung anandere ausländische Normen entstanden. Die Band-breite der Nennungen von Kosten liegt zwischen2.500 DM und über 6 Mio. DM.

Ein einheitliches europäisches und internationalesNormenwerk führt dazu, dass die Unternehmen ihreHandelskosten reduzieren können. So führen 62 %8

der befragten Unternehmen an, dass europäische undinternationale Normen eine Erleichterung von Ver-tragsvereinbarungen zur Folge haben. 54 % der Un-ternehmen geben an, dass europäische und interna-tionale Normen zu einem Abbau von Handelshemm-nissen in ihrer Branche geführt haben. Normen sindnational ein Instrument, das als nicht-tarifäres Han-delshemmnis gegenüber Wirtschaftsregionen mitanderen Normenwerken wirken kann. Es wird daherim Zusammenhang mit der Globalisierung derMärkte ein weltweit einheitliches Normenwerk(ISO/IEC-Normen) gefordert. Auf europäischerEbene entspricht diese Angleichung dem europä-ischen Normenwerk (EN-Normen).

7 Andere ausländische Normen sind in diesem Zusammen-hang alle Normen, die nicht europäischen oder internatio-nalen Normen entsprechen, sondern in den Inhalten von dennationalen Normen unterschiedlich sind.

8 Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.

Exportstrategie derUnternehmen: Anpas-sung an europäischeund internationaleNormen

Beispiele Seite

– Mauersteine 40– Bauprodukte 37

80 % der Unternehmenkennen die Kosten derAnpassung an ausländi-sche Normen nicht (ge-nannt wird eine Band-breite von 2.500 DM bis6 Mio. DM)

Durch ein einheitlicheseuropäisches und in-ternationales Normen-werk– Reduktion von

Handelskosten– Erleichterung von

Vertragsvereinba-rungen

– Abbau von Han-delshemmnissen

Beispiele Seite

– Laserpointer 40– Herstellererklärung 40

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Europäische und internationale Normen führen bei61 %9 der befragten Unternehmen zu Kosten, diedurch die Anpassung an Normen entstehen. 37 %der Unternehmen entstehen dadurch Kosten, dass dieNormungsmitarbeiter einer verstärkten Arbeitsbelas-tung durch Reisen, Sprachen etc. ausgesetzt sind.Weiterhin sehen sich 37 % der befragten Unterneh-men durch europäische und internationale Normeneinem verstärkten Konkurrenzdruck gegenüberge-stellt. Kostenersparnisse konnten 46 % erzielen, dadie Anpassungskosten bei Exportgeschäften entfal-len. Positiv wirken sich bei 39 % der befragten Un-ternehmen bessere Kooperationsmöglichkeiten undbei 36 % ein größeres Angebot an Zulieferern aus,da sich die Plattform der Kooperationspartner undZulieferer vergrößert.

Den befragten Unternehmen sind – nach eigenenAngaben – insgesamt Kostenersparnisse in Höhevon 31 Mio. DM pro Jahr durch europäische undinternationale Normen entstanden. Zahlenangabenhaben dabei nur 9,3 % der Unternehmen vorge-nommen, so dass sich im Durchschnitt für jedes die-ser Unternehmen eine Kostenersparnis von466.000 DM pro Jahr ergibt. Die Angaben reichenvon Kosten in Höhe von 4 Mio. DM bis hin zuKostenersparnissen in Höhe von 13 Mio. DM.

4. Kostensenkungspotentiale durch Normung

Überbetriebliche Normung kann sowohl zu Kosten-senkungen in der Gesamtwirtschaft, entsprechenddem Konzept der Transaktionskosten10, als auch zueinzelwirtschaftlichen Kostensenkungen in den Un-ternehmen führen.

Die Ergebnisse der Befragung spiegeln dies wider.Die Unternehmen bewerten die Auswirkungen derÜberbetrieblichen Normung auf die Transaktions-kosten positiv (Mittelwert von +21,8 auf einer Skalavon –50 = sehr negativ bis +50 = sehr positiv),

9 Bei dieser Frage waren Mehrfachnennungen möglich.

10 Transaktionskosten fallen im marktlichen Koordinations-prozess in Form von Informations-, Aushandlungs- sowieDurchsetzungskosten an.

Kosten und Kostener-sparnisse aus europä-ischen und internatio-nalen Normen

Beispiele Seite

– Laserpointer 40

Nur 9 % der Unter-nehmen können/wollenAngaben zu den Kostenund Kostenersparnis-sen machen

Reduzierung derTransaktionskostendurch Normung

Beispiele Seite

– Abwasser 40– Einheitensystem 41– Laserstrahlen 39– Instandhaltungskosten 41

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Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung Seite 15

also sinken die Transaktionskosten durch die Exis-tenz und Anwendung von Überbetrieblichen Nor-men offensichtlich nicht unerheblich. Denn Überbe-triebliche Normen stellen Informationen zur Verfü-gung und sind für alle Beteiligten zugänglich. Siestellen daher ein Kostensenkungspotential für Trans-aktionskosten dar.

Die Expertengespräche, die im Vorfeld der Befra-gung mit Vertretern sowohl von Großunternehmenals auch von Kleinen- und Mittelständischen Betrie-ben geführt wurden, ergaben, dass in den Unterneh-men die innerbetrieblichen Kosten sowohl für dieWerknormung als auch für die ÜberbetrieblicheNormung nur schwer zu quantifizieren sind. In derUnternehmensbefragung wurde dies berücksichtigt,indem die Auswirkungen von Werknormung undÜberbetrieblicher Normung auf die Herstellungs-kosten sowie auf den abteilungsübergreifendenKommunikationsaufwand in qualitativer Weise ab-gefragt wurden. Die befragten Unternehmen bewer-ten die Wirkungen zur Senkung der Herstellungs-kosten bei der Werknormung wesentlich – d. h. sta-tistisch signifikant – stärker als bei der Überbetrieb-lichen Normung (+17,2 zu +3,9 auf einer Skala von–50 = sehr negativ bis +50 = sehr positiv).

Die Wirkung auf die abteilungsübergreifende Kom-munikation wird ebenso bei der Werknormungdeutlich höher eingeschätzt als bei der Überbetrieb-lichen Normung (+23,0 zu +14,5). Sowohl bei derÜberbetrieblichen Normung als auch bei der Werk-normung ist die positive Einschätzung der Wirkungauf die abteilungsübergreifende Kommunikationsignifikant höher als auf die Herstellungskosten.

5. Normen in der Lieferanten-Abnehmer-Beziehung

In der Befragung wird der Wirkung von Überbe-trieblicher Normung auf die Marktmacht gegenüberZulieferern ein positiver Wert zugeschrieben (+13,8auf einer Skala von -50 = sehr negativ bis +50 = sehrpositiv). Durch den Einsatz von ÜberbetrieblichenNormen bzw. durch die Teilnahme an der Nor-mungsarbeit, die den Zuliefermarkt eines Unterneh-mens betreffen, können Unternehmen also Markt-

Innerbetriebliche Kos-ten für Werknormungund ÜberbetrieblicheNormung schwer quan-tifizierbar

Werknormen senkendie Herstellungskostenstärker als Überbe-triebliche Normen

Beispiele Seite

– Reparaturkosten 41– Normteile VW 37– Korrosionsschutz 41– Normteile DASA 1 38– Normteile DASA 2 38

Positive Auswirkungvon Werknormung undÜberbetrieblicherNormung auf die ab-teilungsübergreifendeKommunikation

Beispiele Seite

– Effizienz 42

Überbetriebliche Nor-men haben eine positi-ve Wirkung auf dieMarktmacht gegenüberZulieferern

Beispiele Seite

– Mauersteine 40– High-Tech-Türschlösser 42

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macht auf ihre Zulieferer ausüben. Hieraus lässt sichschlussfolgern: Die Abhängigkeit eines Unterneh-mens von nur einem Zulieferer kann mittels Über-betrieblicher Normen verringert werden.

Durch einen Einsatz von Überbetrieblichen Normenkann ein Unternehmen Abhängigkeiten von Zuliefe-rern umgehen, da andere Zulieferer, aufgrund derÖffentlichkeit von Normen, in den Markt kommenkönnen. Hierbei entsteht ein breiteres Angebot fürdas jeweilige Unternehmen und der Wettbewerb aufder Zulieferseite wird gefördert. Außerdem könnendie Abnehmer aufgrund der Reputation von Über-betrieblichen Normen darauf vertrauen, dass Zulie-ferer, die Normen anwenden, die erforderliche Qua-lität und Zuverlässigkeit bieten.

Überbetriebliche Normen werden aber von den Un-ternehmen auch genutzt, um gegenüber nachgela-gerten Wertschöpfungsstufen, also Abnehmern,Marktmacht auszuüben. Die Befragten geben dieWirkung von Überbetrieblichen Normen auf dieMarktmacht gegenüber ihren Abnehmern als leichtpositiv an (Mittelwert von +11,6). Unternehmenhaben damit durch den Einsatz von Normen dieMöglichkeit, ihren Absatzmarkt zu verbreitern. Al-lerdings stehen sie durch diese Verbreiterung untereinem erhöhten Konkurrenzdruck gegenüber derSituation ohne Einsatz von Normen auf dem Ab-satzmarkt.

Die Wirkung von Überbetrieblicher Normung aufdie Marktmacht gegenüber Zulieferern ist wesentlich– statistisch signifikant – höher als gegenüber Ab-nehmern.

6. Normen und die Bildung von strategischenAllianzen

Überbetriebliche Normen bilden ein einheitlichestechnisches Regelwerk. Diese "Codierung" von Wis-sen kann den Unternehmen die Zusammenarbeitbzw. die Bildung von strategischen Allianzen er-leichtern. In der Unternehmensbefragung bewertendie Befragten die Wirkung der ÜberbetrieblichenNormung auf die Zusammenarbeit mit den Mitbe-

Durch Normen breitereBasis an Zulieferernbei gleichzeitiger Qua-litätssicherung

Beispiele Seite

– Mauersteine 40– Lebensmitteltechnik 39

Normen werden ge-nutzt, um Marktmachtgegenüber Abnehmernauszuüben

Durch Überbetriebli-che Normung eherMarktmacht gegenüberZulieferern als Ab-nehmern

Beispiele Seite

– High-Tech-Türschlösser 42

Überbetriebliche Nor-men wirken positiv aufZusammenarbeit zwi-schen Unternehmen

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werbern eher positiv (+14,2 auf einer Skala von –50= sehr negativ bis +50 = sehr positiv). Überbetriebli-che Normung begünstigt damit die Zusammenarbeitzwischen Unternehmen der gleichen Wertschöp-fungsstufe.

Die befragten Unternehmen schreiben der Wirkungder Industriestandardisierung auf die Zusammenar-beit mit den Mitbewerbern einen positiven Wert zu(+13,4). Da sich Industriestandards dadurch aus-zeichnen, dass sie von Unternehmen mit einem ge-meinsamen Ziel ohne Konsens und Öffentlichkeitmit anderen interessierten Kreisen festgelegt wer-den, wurde erwartet, dass dieser Wert deutlich höherausfallen würde als die Bewertung der Überbetrieb-lichen Normung. Die Befragten bewerten die Über-betriebliche Normung (+14,2) etwas positiver alsIndustriestandardisierung, dieser Unterschied istaber nicht statistisch signifikant. Bei der Bildungvon strategischen Allianzen auf der gleichen Wert-schöpfungsstufe unterscheiden sich die InstrumenteIndustriestandardisierung und ÜberbetrieblicheNormung nicht wesentlich.

In beiden Fällen gilt jedoch: Für die Unternehmenist eine Zusammenarbeit auf normativer Ebene sinn-voll, da hierbei durch Synergieeffekte Kostensen-kungspotentiale und damit größere Ertragsmöglich-keiten entstehen. Gesamtwirtschaftlich können abernegative Effekte auftreten. So führt eine zu engeZusammenarbeit im Extremfall zu einer monopolis-tischen Struktur, was unter wettbewerbspolitischenGesichtspunkten für die Konsumenten problema-tisch wäre. Allerdings muss beachtet werden, dassfür diese Untersuchung nur die Unternehmen einerWertschöpfungsstufe betrachtet wurden und daherkeine Aussagen über Unternehmen getroffen werdenkönnen, die nicht unmittelbare Wettbewerber sind.

7. Normen in Forschung und Entwicklung

Die Ergebnisse der Unternehmensbefragung bele-gen, dass Überbetriebliche Normen Innovationspro-jekte eines Unternehmens vergleichsweise geringerbehindern (bestehende Normen mit 34,8 bzw. feh-lende Normen mit 32,9 auf einer Skala von 0 = sehrgering bis 100 = sehr stark) als andere Kriterien wie

Keine Unterscheidungin der Nutzung vonIndustriestandardisie-rung oder Normung beider Bildung strategi-scher Allianzen

Durch Zusammenar-beit zwischen Unter-nehmen:– Kostensenkungs-

potentiale, aber auch– Monopolisierung

von Märkten

Normen behindernInnovationsprojektevergleichsweise gering

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z. B. lange Verwaltungs- und Genehmigungsverfah-ren (61,2) oder das wirtschaftliche Risiko der Inno-vationsprojekte (61,1).

Unternehmen vermindern das wirtschaftliche Risikoder Forschungs- und Entwicklungstätigkeit durch dieTeilnahme am Normungsprozess. Die befragtenUnternehmen, die am Normungsprozess teilnehmen,schätzen das Risiko, bei Teilnahme in eine nicht-wettbewerbsfähige Technologie zu investieren, alsgering ein (Mittelwert: 29,8 auf einer Skala 0 = sehrgering bis 100 = sehr hoch). Diese Risikoreduzie-rung ergibt sich daraus, dass die Unternehmen dieErgebnisse in der Norm zu ihren Gunsten beeinflus-sen können.

Unternehmen können durch die Teilnahme am Nor-mungsprozess nicht nur das wirtschaftliche Risikoder FuE-Tätigkeit reduzieren, sondern auch die ei-genen Forschungs- und Entwicklungskosten senken.Die befragten Unternehmen geben an, dass bei einerTeilnahme am Normungsprozess die Kosten deutlich– d. h. statistisch signifikant – geringer steigen alsbei einer Nichtteilnahme (Mittelwert von +0,7 zu+3,4, auf einer Skala von –50 = sinken stark bis +50= steigen stark). Diese Reduzierung des FuE-Aufwands kann dadurch erreicht werden, dass dieanderen Teilnehmer ihre Forschungs- und Entwick-lungsergebnisse für den Teilnehmerkreis zur Verfü-gung stellen. Dieses Wissen muss damit nicht mehrim eigenen Unternehmen erarbeitet werden.

8. Reaktionsgeschwindigkeit der Normung

Die Erstellung einer Überbetrieblichen Norm dauertim Durchschnitt fünf Jahre. Normen sind daher vorallem in den Märkten mit Produktlebenszeiten vonmehr als fünf Jahren von Bedeutung. In der Unter-nehmensbefragung wird dies bestätigt. Bei einerProduktlebenszeit von mehr als fünf Jahren schrei-ben die Unternehmen der Überbetrieblichen Nor-mung einen wesentlich – statistisch signifikant –höheren Stellenwert zu als bei Produktlebenszeitenvon zwei bis fünf bzw. von weniger als zwei Jahren(Mittelwert von +74,5 zu +60,1 bzw. +45,8 auf einerSkala von 0 = unwichtig bis 100 = sehr wichtig).

Verminderung desFuE-Risikos durchTeilnahme an derNormungsarbeit

Senkung der FuE-Kosten durch Teil-nahme an der Nor-mungsarbeit

Relevanz sowohl derÜberbetrieblichenNormung als auch derIndustriestandardisie-rung nimmt mit stei-gender Produktlebens-zeit zu

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Bei dem Instrument Industriestandardisierung ent-spricht das Antwortverhalten weitgehend dem beider Überbetrieblichen Normung. Die befragten Un-ternehmen bewerten die Industriestandardisierungbei einer Produktlebenszeit von mehr als fünf Jahrenam höchsten (+70,5), bei einer Produktlebenszeitvon zwei bis fünf Jahren deutlich – statistisch signi-fikant – niedriger (+59,5) und bei einer Produktle-benszeit von weniger als zwei Jahren am niedrigsten(+47,5).

Da bei der Erstellung einer Norm alle interessiertenKreise teilnahmeberechtigt sind und sich bei derIndustriestandardisierung nur Unternehmen mit demZiel, einen Wettbewerbsvorteil aufzubauen, zusam-menschließen, liegt die Vermutung nahe, dass dieIndustriestandardisierung in Märkten mit kürzerenProduktlebenszeiten attraktiver ist als die Überbe-triebliche Normung. Diese Vermutung hat sich nichtbestätigt. Der Wert bei einer Produktlebenszeit vonweniger als zwei Jahren ist zwar bei der Industrie-standardisierung höher als bei der ÜberbetrieblichenNormung (+47,5 zu +45,8), aber dieser Unterschiedist statistisch nicht signifikant. Allerdings nimmt beieiner Produktlebenszeit von mehr als fünf Jahren dieÜberbetriebliche Normung einen wesentlich – statis-tisch signifikant – höheren Wert gegenüber der In-dustriestandardisierung ein.

9. Sicherheit und Produkthaftung

Die Ergebnisse der Interviews zeigen, dass Normeneinen Beitrag zum Rückgang der Unfallzahlen inUnternehmen geleistet haben. Normung wird vonSeiten der Unfallversicherer in erster Linie als einTeil der Präventionsaufgabe verstanden, daraufweist u. a. auch die Allgemeine Unfallversiche-rungsanstalt hin. Aus Sicht aller Interviewpartner istdieser Rückgang aber nur zum Teil der Normungzuzuschreiben. Als weiterer Einflussfaktor führenbeispielsweise in Deutschland auch Unfallverhü-tungsvorschriften der Berufsgenossenschaften zusteigender Sicherheit. Selbst wenn eine Bestimmungdes Anteils, den die Normung zum Rückgang derUnfallzahlen beiträgt, möglich ist, bewerten die In-terviewpartner nur den zahlenmäßigen Rückgang derUnfallzahlen und nehmen keine Bewertung in Geld-einheiten vor.

Bei kurzen Produkt-lebenszeiten unter-scheiden sich Indust-riestandardisierungund ÜberbetrieblicheNormung nicht

Bei langen Produkt-lebenszeiten hat dieNormung einen höhe-ren Stellenwert als dieIndustriestandardisie-rung

Rückgang der Unfall-zahlen kann zum Teilauf Normen zurückge-führt werden

Beispiele Seite

– Staubexplosionen 42– Verkehrsbeleuchtung 43– Laserpointer 40

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Wenn es um Produktsicherheit geht, sind am Nor-mungsprozess i. d. R. auch Vertreter der Konsu-menten, z. B. Stiftung Warentest oder Verbraucher-rat, beteiligt. Aus ihrer Sicht hat die Mitarbeit amNormungsprozess dazu geführt, dass die Unterneh-men für Produktsicherheit sensibilisiert wurden.Daher können die sicherheitsrelevanten Entwick-lungsergebnisse direkt in Normen überführt werden.

10. Öffentliches Interesse

Mit der Verwendung von Normen reduziert sich fürein Unternehmen das Haftungsrisiko, da Normenden aktuellen Stand der Technik definieren. DerGesetzgeber greift in Haftungsfragen auf die so ge-nannte Generalklausel zurück, welche die Beschaf-fenheit technischer Arbeitsmittel nach den aner-kannten Regeln der Technik, und damit u. a. nachNormen, festlegt.

Derzeit verweist der Gesetzgeber in seinen Gesetzenauf ca. 20 % des Normenbestands des DIN. Normentragen zur Entlastung des Staates bei, da sie durchdas Expertenwissen der interessierten Kreise bereit-gestellt werden und der Staat auf sie in Gesetzenverweisen kann. Wenn ihm die Anforderungen inden Normen nicht weitreichend genug sind, kann ersie näher konkretisieren.

11. Normungsarbeit

Die Unternehmensbefragung zeigt, dass sich rund70 % der Unternehmen für eine Mehrheitsregel aus-sprechen und zu 66 % eine schnellere Verabschie-dung der Norm erwarten. Eine Mehrheitsregel mitVetorecht wird nur von 40 % der Unternehmen ge-fordert und dieses Vetorecht wird für die eigeneGruppe, also Unternehmen, Experten und Wirt-schaftsverbände, gewünscht. Bei der Entscheidungs-regel wäre zu erwarten gewesen, dass sich die Nor-mungsteilnehmer eher für einen Konsens ausspre-chen als die Nichtteilnehmer. Daher wurde in einemweiteren Schritt geprüft, ob sich die Teilnehmer undNichtteilnehmer in ihrem Antwortverhalten bezüg-lich der Entscheidungsregel unterscheiden. Es erge-ben sich aber keine Unterschiede zwischen diesen

Teilnahme am Nor-mungsprozess führtzur Sensibilisierung inBezug auf Produkt-sicherheit

Beispiele Seite

– Internet 43

Reduzierung des Haf-tungsrisikos durchNormen

Beispiele Seite

– Salmonellen 43– Biotechnik 44– Bauprodukte 37

Normen entlasten denStaat

Beispiele Seite

– Bildschirmarbeitsplätze 44– Laserpointer 40– Badewasser 44– Schalldämmung 44– Biotechnik 44– Holzschutzmittel 45– Verteidigungsgeräte 45

Unternehmen sprechensich für eine Mehr-heitsregel aus

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beiden Gruppen, d. h. eine Mehrheitsregel wird ingleichem Maße sowohl von Normungsteilnehmernals auch von Nichtteilnehmern gefordert.

Im Vergleich zu den möglichen Veränderungenspielt der Wechsel vom Konsens auf eine Mehrheits-regel bei beiden Gruppen nur eine untergeordneteRolle. Die Teilnehmer an der Normungsarbeit spre-chen sich zu 28 % und die Nichtteilnehmer zu 15 %für den Wechsel vom Konsens auf eine Mehrheits-regel aus.

Die Bedeutung der Mehrheitsregel relativiert sich(weiterhin), wenn man die Unternehmen nach mög-lichen Veränderungen der Normungsarbeit befragt.Für Unternehmen, die an der Normungsarbeit teil-nehmen, stehen in Bezug auf den Normungsprozessinsbesondere Aspekte wie die Nutzung elektroni-scher Kommunikationsmittel und eine stärkere Ver-wendung von Projektmanagementstrukturen imVordergrund. Unternehmen, die nicht an der Nor-mungsarbeit teilnehmen, würde schon die Informa-tion über relevante Normungsprojekte zur Nor-mungsarbeit motivieren.

Die Interviewpartner sprechen sich zu einem großenTeil für den Konsens und gegen eine Mehrheitsregelaus. Bei einer anderen Entscheidungsregel als demKonsens würden die Interessen der Minderheiten,deren Vertreter in den Interviews befragt wurden,nur noch bedingt einfließen können und letztendlicheine Mehrheitsregel überstimmt.

Als Argument für den Konsens weisen die Inter-viewpartner darauf hin, dass Normung einer fachli-chen Diskussion und keiner politischen Abstimmungbedarf.

12. Normungsinstitut

DIN/ON/SNV werden oft dem Vorwurf ausgesetzt,bürokratische Institutionen zu sein. Dieser Aussagestimmen die befragten Unternehmen mit einemMittelwert von 58,6 (Skala von 0 = überhaupt nichtbis 100 = stimme vollständig zu) tendenziell zu,ebenso wie der Aussage, dass das DIN/ON/SNV, be-

Der Wechsel auf eineMehrheitsregel spieltgegenüber anderenmöglichen Verände-rungen der Normungs-arbeit nur eine geringeRolle

Mögliche Veränderun-gen der Normungsar-beit– Projektmanagement

im Normungspro-zess

– bessere Informationder Nichtteilnehmer

– Nutzung elektroni-scher Kommunika-tionsmittel

Minderheiten, z. B.Verbrauchervertreter,sprechen sich zumGroßteil für einenKonsens aus

DIN/ON/SNV sindnotwendig, aber eherzu bürokratisch und zuteuer

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bezogen auf seine/ihre Leistungen, eine zu teureInstitution ist (59,8). Sie halten das DIN/ON/SNVaber nicht für überflüssig (16,8), sondern notwendigfür die Erarbeitung technischer Regeln (79,5).

80 % der Unternehmen würden zusätzliche Kostenentstehen, wenn das DIN/ON/SNV nicht mehr exis-tierten. Die Kosten werden im Durchschnitt mit ca.540.000 DM pro Jahr pro Unternehmen beziffert.Kosteneinsparungen entstünden 30 % der Unter-nehmen, im Durchschnitt ca. 150.000 DM pro Jahrpro Unternehmen.

Die Ergebnisse der Interviews spiegeln eine ähnlicheEinschätzung wider. Einrichtungen, wie z. B. derStiftung Warentest, entstünden ohne das DIN Kostenin Höhe von ca. 1,2 Mio. DM pro Jahr. Die Kostenergeben sich daraus, dass ein Mitarbeiter allein dieNormungsinhalte erarbeiten müsste und nicht mehrvon den anderen Normungsteilnehmern profitierenkönnte. Die Stiftung Warentest gibt an, etwa denvier- bis fünffachen Arbeitseinsatz leisten zu müs-sen, um die Normungsergebnisse allein zu erstellen.

Die gewerbliche Berufsgenossenschaft weist daraufhin, auch ohne das DIN technische Regeln erarbei-ten zu können, da sie eigene Unfallverhütungsvor-schriften erstellen dürfen. Nachteile würden sichaber für dieses Vorhaben ohne das DIN ergeben,wenn es um den Einfluss auf europäische und inter-nationale Norm-Inhalte geht, da die Unfallversiche-rungen dort ihren Einfluss allein schwerer geltendmachen könnten als durch die Mitarbeit im DIN.Daher gelangt die Unfallversicherung zu dem Fazit:"Der Weg mit dem DIN hat sich in Bezug auf dieeuropäische Normung als der einzig richtige erwie-sen."11

11 Vgl. dazu das Interview mit der Gewerblichen Berufsge-nossenschaft.

Ohne DIN/ON/SNVentstehen für alle Part-ner der Normung hoheKosten

Selbst wenn nationaleigene Vorschriftenerlassen werden dür-fen, ist das DIN not-wendig, um Einflussund Einflussmöglich-keiten auf die europäi-sche und internationaleNormung zu leistenund zu nehmen

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Teil B: Volkswirtschaftlicher Nutzen

Zusammenhang zwischen Normung und techni-schem Wandel, ihr Einfluss auf die Gesamtwirt-schaft und den Außenhandel der BundesrepublikDeutschland

1. Problemstellung und Zielsetzung

Das Innovationspotential ist eine wichtige Quelle fürdie Wettbewerbsfähigkeit und das Wirtschafts-wachstum eines Hochtechnologielandes. Jedoch sindInnovationen lediglich eine notwendige und keinehinreichende Bedingung, um global trotz hoherLohnkosten wettbewerbsfähig zu bleiben. Neue Pro-dukte und verbesserte Prozesse müssen sich amMarkt rasch und möglichst breit durchsetzen, umletztlich positive wirtschaftliche Wirkungen entfal-ten zu können. Dies bedeutet, dass das nationaleInnovationssystem nicht nur Innovationen stimulie-ren, sondern auch deren effiziente Diffusion ge-währleisten muss. Für die Verbreitung neuer Ideen,Produkte und Technologien ist neben privaten Ver-marktungsstrategien und staatlichen Vorgaben perGesetz und Verordnung oder öffentlichen Beschaf-fungsprogrammen ("public procurement") die Nor-mung durch privatwirtschaftliche Normungsinstitu-tionen, wie das DIN, geeignet.

Deshalb ist Gegenstand dieses Untersuchungsab-schnittes der Gesamtstudie "GesamtwirtschaftlicherNutzen der Normung" die erstmalige ökonomischeAnalyse des Zusammenhangs zwischen technischemWandel und Normung und ihre Implikationen für dieGesamtwirtschaft und den Außenhandel der Bundes-republik Deutschland.

2. Ergebnisse der Analysen zum Zusammenhangzwischen Normung und technischem Wandel

Aufbauend auf einer Indikatorik, die zum einen dentechnischen Wandel mittels Patentanmeldungen undFuE-Ausgaben und zum anderen die Normung

Innovationspotential istkeine hinreichende Be-dingung für Wettbe-werbsfähigkeit

Erst durch eine effi-ziente Diffusion vonInnovationen mittelsNormen kann die ge-samtwirtschaftlicheEntwicklung gefördertwerden

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durch die produzierten und in der PERINORM, dieNormendatenbank des Beuth Verlages, enthaltenenNormen und sonstige technische Regeln abzubildenversucht, werden in einem ersten Schritt die Bezie-hungen zwischen dem deutschen Innovations- unddem Diffusionssystem in Form des Normungswe-sens untersucht. Auf Basis der Klassifizierung derNormendokumente nach Sachgruppen ergeben sichsignifikant positive Korrelationen zwischen den Pa-tentanmeldungen und den technischen Regeln. Diesunterstreicht, dass in innovativen Feldern entspre-chend stärker neue Normen entwickelt werden als ininnovationsschwachen Gebieten, was auch durch diepositive Korrelation mit den FuE-Ausgaben als al-ternativem Indikator für den technischen Wandelbestätigt wird.

Während die Querschnittsanalyse keine Aussagenüber Kausalitäten zulässt, wird mit Hilfe von Zeit-reihenanalysen untersucht, ob sich Veränderungender Innovationsdynamik in den Normungsaktivitätenniederschlagen und ob umgekehrt insbesondere derNormenbestand einen Einfluss auf den technischenWandel hat. Da die einfache KorrelationsanalyseIndizien für einen empirischen Zusammenhang lie-fert, wird untersucht, inwieweit die Dynamik destechnischen Wandels, gemessen durch die jährlichenPatentanmeldungen und FuE-Ausgaben, den aktuel-len Normenoutput und den Normenbestand beein-flusst. Es zeigt sich, dass beide Indikatorvariableneinen signifikant positiven Einfluss auf die Ent-wicklung von Normenoutput und -bestand nehmen.Davon kann zumindest auf Basis dieser stark aggre-gierten makroökonomischen Ebene abgeleitet wer-den, dass sich das deutsche Normenwesen den Be-dürfnissen des technischen Wandels adäquat an-passt. Dieses Ergebnis wird durch die Resultate ei-ner Überlebensanalyse von Normen gestützt, indemfür die Mehrheit der Sachgruppen nachgewiesenwird, dass sich die Lebensdauer von Normungsdo-kumenten mit steigender Dynamik des technischenWandels reduziert.

Umgekehrt stellt sich auch die Frage, inwieweitneue Normen und Normenbestände einen positivenoder gar einen negativen Stimulus für das Innova-tionspotential in der Bundesrepublik Deutschland

In innovativen Feldernwerden häufiger neueNormen entwickelt

Das deutsche Normen-wesen passt sich denBedürfnissen des tech-nischen Wandels adä-quat an

Lebensdauer von Nor-men sinkt mit steigen-der Dynamik des tech-nischen Wandels

Normen als positiverStimulus für das Inno-vationssystem

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darstellen. Die Beantwortung dieser Fragestellungauf Basis von statistischen Schätzverfahren bereitetgrößere Schwierigkeiten, da Innovationen, gemessendurch die Patentanmeldungen, maßgeblich von wei-teren Faktoren, wie der Inputgröße FuE-Ausgaben,mitbestimmt werden. Dennoch kann grundsätzlichein signifikant positiver Einfluss festgestellt werden.Daraus kann die wichtige Schlussfolgerung gezogenwerden, dass neue Normen bzw. die in den meistenSachgruppen zunehmenden Normenbestände sicheher positiv auf das Innovationspotential in der Bun-desrepublik Deutschland auswirken.

Wegen der engen Verbindung zwischen Innovationund Diffusion durch Normen muss sich bei der Wahlder Normungsfelder und der jeweiligen Normungs-projekte noch enger am technischen Wandel und amaktuellen Stand von Wissenschaft und Technik ori-entiert werden.

Insbesondere in Sachgebieten mit sehr kurzen Pro-duktlebens-, aber auch Entwicklungszyklen ist ver-stärkt darauf hinzuwirken, dass die normungsinterneAnweisung (DIN 820-4), Normen ersatzlos zurück-zuziehen, wenn ihr Weiterbestehen wissenschaftlich,technisch oder aus anderen Gründen nicht mehr ver-tretbar ist, systematisch und mit besonderem Nach-druck von den interessierten Kreisen umgesetztwird. Generell sollte der Normenbestand auf diewirtschaftlich und gesellschaftlich relevanten Nor-men konzentriert werden.

Da es sich bei der Normung um eine Art des Tech-nologietransfers zwischen Unternehmen handelt,sollten für neue Normungsprojekte insbesondere dasEngagement und der Input der Unternehmen ge-wonnen werden, die Technologieführer in ihren Be-reichen sind. Ferner muss allen beteiligten Unter-nehmen verdeutlicht werden, dass der Vorteil, durchden Normungsprozess an den FuE-Erkenntnissen deranderen partizipieren zu können, größer ist als dasRisiko, interne Ergebnisse der eigenen FuE-Bemühungen unkontrolliert preiszugeben.

Positiver Einfluss derNormenbestände aufInnovationen

Normen unmittelbarzurückziehen, wenn sienicht mehr dem Standvon Wissenschaft undTechnik entsprechen

Für neue Normungs-projekte das Engage-ment der Technologie-führer gewinnen

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3. Bedeutung der Normung in einer gesamtwirt-schaftlichen Produktionsfunktion

Ein weiterer Analyseschritt untersucht die gesamt-wirtschaftliche Dimension der Normung. In eine aufden gesamten Unternehmenssektor bezogene Pro-duktionsfunktion werden für den Zeitraum von 1960bis 1996 zusätzlich zu den traditionellen Produkti-onsfaktoren Kapital und Arbeit drei Output-Indikatoren für den technischen Fortschritt integ-riert. Neben dem Bestand an erteilten Patenten sinddies die deutschen Ausgaben für ausländische Li-zenzen und der Bestand an Normen und technischenRegeln. Aus dem Ergebnis der Regressionsanalysewird der Beitrag der einzelnen Produktionsfaktorenzum gesamtwirtschaftlichen Wachstum abgeleitet.Hierbei wird offensichtlich, dass in einem Vergleichder drei Indikatoren für den technischen Fortschrittdie Normen eine mindestens genauso wichtige Rollewie die Patente einnehmen. Dieses Resultat machtgrundsätzlich deutlich, dass nicht allein das Potentialan vorhandenen Innovationen, sondern auch derenbreite Diffusion u. a. mittels Normen und techni-scher Regeln ein entscheidender Faktor für die ge-samtwirtschaftliche Entwicklung darstellt.

4. Bedeutung von Normen für den Außenhandel

Während in der Vergangenheit für den Außenhandeldie Rolle tarifärer Handelshemmnisse, wie Zölle, imMittelpunkt der politischen und ökonomischen Dis-kussion stand, richtet sich der Fokus nach denGATT- und WTO-Vereinbarungen inzwischen aufdie nicht-tarifären Handelshemmnisse. Dazu werdenauch Normen und technische Regeln gerechnet. Der"Schraubenkrieg" der 70er- und 80er-Jahre, der vorallem durch die Unterschiede zwischen dem metri-schen und dem amerikanischen Messsystem her-rührt, hat deutlich gemacht, dass unterschiedlichenationale Normen bewusst oder unbewusst als In-strument in der Außenhandelspolitik eingesetzt wer-den und sich damit für die betroffenen Volkswirt-schaften insgesamt negativ auswirken, auch wenneinzelne Nationen einen Vorteil daraus ziehen kön-nen.

Die gesamtwirtschaft-liche Dimension derNormung

Indikatoren für dentechnischen Fortschritt– Patente– Ausgaben für aus-

ländische Lizenzen– Normenbestand

Für das gesamtwirt-schaftliche Wachstumsind Normen mindes-tens genauso wichtigwie Patente. Hierbei istdie Diffusion von Inno-vationen mittels Nor-men ein entscheidenderFaktor

Normen wurden in derVergangenheit auch alsnicht-tarifäre Handels-hemmnisse miss-braucht

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Im Gegensatz zur Existenz zweier nicht miteinanderkompatibler nationaler Normen ist allein das Beste-hen von Normen jedoch positiv, weil sie insbesonde-re für ausländische Produzenten und Konsumentendie Transparenz der Eigenschaften der inländischenInvestitions- und Konsumgüter erhöhen. Infolgedes-sen können optimale Investitionsentscheidungengetroffen und die den individuellen Präferenzen ent-sprechenden Produkte erworben und konsumiertwerden. Ferner stellen vor allem nationale Normenund technische Regeln neben Patenten Indikatorenfür das technologische Potential eines Landes dar.Nicht allein die Generierung von Innovationen, son-dern vor allem deren weite Verbreitung u. a. mittelsNormen ziehen volkswirtschaftliche Effekte, wieeine – zumindest temporär – verbesserte internatio-nale Konkurrenzfähigkeit nach sich. Indem die anden Normungsprozessen beteiligten einheimischenUnternehmen die Normen unverzüglich anwenden,können sie Kostenvorteile und Qualitätsvorsprüngerealisieren. Aber auch die Übernahme der Normendurch ausländische Zulieferer kann zu Kosteneinspa-rungen führen, wenn Vor- und Zwischenproduktebilliger aus dem Ausland importiert werden können.

Die Analyse des Zusammenhangs zwischen Nor-mung und Außenhandel soll aufdecken, inwieweitNormen einen positiven oder negativen Effekt aufdie Außenhandelsströme der BundesrepublikDeutschland haben und ob sachgebietsspezifischeEffekte vorliegen. Dabei wird in der Untersuchungnach nationalen und international oder europäischharmonisierten Normen differenziert, um deren un-terschiedlichen Handelseffekte in den wichtigstenAußenhandelsbeziehungen der BundesrepublikDeutschland nachzuweisen.

Aus der Analyse der theoretischen Ansätze geht her-vor, dass die Wirkungsdimensionen originär natio-naler und der übernommenen europäischen und in-ternationalen Normen auf den Außenhandel nichteindeutig sind. Unterstellt man jedoch dem originärdeutschen Normenbestand eine hohe Reputation undQualität und zum anderen Normen generell dieFunktion eines Indikators für innovative technologi-sche Leistungsfähigkeit, kann von einer starken po-sitiven Wirkung auf die Exporte ausgegangen wer-den.

Allein die Existenz vonNormen ist grundsätz-lich für den Handelpositiv

Kostenvorteile undQualitätsvorsprüngedurch Normen fürUnternehmen

Positive Wirkungenvon Normen auf denAußenhandel

Normen sind ein Indi-kator für innovativetechnologische Leis-tungsfähigkeit

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Ferner haben nach den theoretischen Überlegungenauch internationale Normen in der Summe positiveEffekte auf Exporte und können auch nicht als nicht-tarifäre Handelshemmnisse missbraucht werden.

Zunächst wird eine Querschnittsanalyse der wich-tigsten bilateralen Handelsbeziehungen durchge-führt. Während das technologische Portfolio einesLandes ein zuverlässiger Erklärungsfaktor für denAußenhandelsüberschuss darstellt, ist der Bestand anNormen und technischen Regeln nur bei einemDrittel der betrachteten bilateralen Beziehungen einsignifikant positiver Erklärungsfaktor für die bilate-rale Außenhandelsstruktur. Ein systematischer Un-terschied zwischen der Bedeutung nationaler undinternationaler Normen kann nicht festgestellt wer-den.

Aufgrund der unterschiedlichen Funktionen undZusammensetzung von Normen in verschiedenenWirtschafts- und Technologiebereichen wird an-schließend auf Basis 36 bilateraler Handelsbezie-hungen in den Sachgebieten eine differenzierteAnalyse für das Jahr 1995 vorgenommen.

Wiederum kann in der überwiegenden Mehrheit derSachgruppen die positive (negative) Differenz in dennationalen Innovationspotentialen einen Exportüber-schuss (Importüberschuss) erklären. Hinsichtlich derHypothesen zu den Normenbeständen sind die Er-gebnisse differenzierter. Trotz der ambivalenten the-oretischen Überlegungen ergeben die Schätzungenin circa einem Drittel der Sachgebiete, dass ein ho-her Normenbestand mit einem Außenhandelsüber-schuss einhergeht. In der Mehrheit liegen jedoch – inÜbereinstimmung mit den zwiespältigen Schlüssenaus den Theorien – keine signifikanten Ergebnissevor. Es existieren auch wenige Sachgruppen, in de-nen stärkere Spezialisierungen in den Normenbe-ständen eher die Importe stimulieren als die Exporte.Generelle Unterschiede zwischen dem Bestand anrein nationalen und internationalen Normen sindnicht festzustellen. Insgesamt hat die Analyse derErklärung von Außenhandelsbilanzüberschüssenzum einen durch das Verhältnis der Normenbeständeund zum anderen durch die Relation der nationalenInnovationsstärke deutlich gemacht, dass Normen je

Querschnittsanalyseder wichtigsten bilate-ralen Handelsbezie-hungen wurde durch-geführt

Normenbestände sindnur bedingt ein Erklä-rungsfaktor für dieAußenhandelsstruktur

Analyse nach Wirt-schafts- und Technolo-giebereichen wurdevorgenommen

In einem Drittel derTechnologiefelder ste-hen Normen in einempositiven Zusammen-hang mit Außenhan-delsüberschüssen

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nach zugrunde liegender Technologie oder andererRahmenbedingungen für die nationale Wettbewerbs-fähigkeit und damit den Außenhandel in der Regelkeine negative, sondern eher positive Bedeutungenhaben.

Neben den aus den Theorien des Wettbewerbsvor-teils und der Handelsverzerrungen abgeleitetenHypothesen gilt es, separat die aus der Theorie desintra-industriellen Handels innerhalb von Produkt-gruppen abgeleitete Hypothese des handelschaffen-den Effektes von Kompatibilitäts- und Qualitäts-normen und des handelsreduzierenden Effektes vonvielfaltreduzierenden Normen zu prüfen. Die Unter-suchung nach Sachgruppen bestätigt grundsätzlichdie theoretische Hypothese, dass internationaleNormen stärker als nationale Normen zur Förderungdes intra-industriellen Handels beitragen.

Zusätzlich zur Querschnittsuntersuchung wird ineiner Zeitreihenanalyse für den Zeitraum von 1981bis 1995 nach der Existenz statistisch signifikanterKausalitätsbeziehungen zwischen den Normenbe-ständen und den Im- und Exportströmen gesucht.

In einem ersten Modell wird generell untersucht,welchen Einfluss die Normenbestände und das tech-nologische Spezialisierungsmuster auf die gesamtenExporte Deutschlands in die Welt und auf die Ge-samtsumme der Importe nach Deutschland haben.Weitere Untersuchungen konzentrierten sich auf denbilateralen Handel Deutschlands mit Großbritannienbzw. Frankreich.

Durch den immer wichtiger werdenden Technolo-giewettbewerb entwickeln sich die deutschen Ex-porte in den Rest der Welt auf den Gebieten beson-ders gut, in denen der relative Patentanteil Deutsch-lands überdurchschnittlich ist. Im Gegensatz zu eini-gen makroökonomischen Erklärungsgrößen hat dieEntwicklung der Normenbestände insgesamt keinensignifikanten Einfluss auf die gesamten AusfuhrenDeutschlands. Differenziert man jedoch nach natio-nalen und internationalen Normen, wird deutlich,dass vor allem die nationalen Normenbestände kei-nen positiven, sondern einen ungünstigen Einflussauf die deutschen Exporte haben, weil sie zum Teil

Normen haben in derRegel positive Bedeu-tungen für den Außen-handel

Internationale Normenfördern stärker als na-tionale Normen denintra-industriellenHandel

Zeitreihenanalyse

Entwicklung der natio-nalen Normenbeständehat insgesamt keinensignifikanten Einflussauf die gesamten Aus-fuhren Deutschlands

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zu stark an nationalen Erfordernissen ausgerichtetsind.

Ferner importiert die Bundesrepublik Deutschland inden Produktgruppen mehr, in denen sie eine über-proportionale technologische Leistungsfähigkeitbesitzt. Dies bedeutet, dass Deutschland in seinentechnologisch starken Sektoren komplementäre Pro-dukte importiert, um sie als Zwischenprodukte fürdie weitere Verarbeitung zu nutzen. Für die Erklä-rung der gesamten Importströme nach Deutschlandsind weder die gesamten, noch die Untergruppe dernationalen Normenbestände signifikant, lediglich dieEntwicklung der Bestände an internationalen Nor-men haben einen signifikant negativen Einfluss.Dies bedeutet zum einen, dass die deutschen natio-nalen Normen keine nicht-tarifären Handelshemm-nisse darstellen und damit nicht zu Handelsverzer-rungen führen. Andererseits wird durch das Ergebnisunterstrichen, dass der deutsche Bestand an interna-tionalen Normen Wettbewerbsvorteil für die inländi-schen Produzenten darstellt und sie konkurrenzfähi-ger gegenüber den ausländischen Wettbewerbernmacht.

Der Ausfuhrüberschuss, definiert als Differenz zwi-schen den Export- und den Importströmen, wirddurch den relativen Patentanteil Deutschlands nichtmehr signifikant beeinflusst. Dagegen geht von dennationalen Normenbeständen ein negativer und vonden internationalen Normen ein positiver Effekt aufden Nettohandel aus. Damit erfährt zum einen dieHypothese des Wettbewerbsnachteils durch natio-nale Normen eine empirische Unterstützung. Zumanderen wird der deutsche Außenhandelsüberschusspositiv durch die Bestände an internationalen Nor-men beeinflusst. Dieses Ergebnis bestätigt dieHypothese eines Wettbewerbsvorteils für inländi-sche Produzenten durch die Übernahme internatio-naler Normen.

Zusammen mit den Ergebnissen der Querschnitts-analyse erfährt die positive Rolle internationalerNormen für die internationale Wettbewerbsfähigkeiteine empirische Unterstützung. Grundsätzlich ist fürden Außenhandel zwar das technologische Speziali-sierungsmuster einer Volkswirtschaft entscheidend.Aber insbesondere internationale Normen können

Deutsche nationaleNormen stellen keinenicht-tarifären Han-delshemmnisse dar

Internationale Normenverbessern Wettbewerbs-vorteil für die inländi-schen Produzenten

Insgesamt erfährt diepositive Rolle interna-tionaler Normen fürdie internationaleWettbewerbsfähigkeiteine empirische Unter-stützung

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mit ihrer Katalysatorwirkung für die rasche Diffu-sion neuen technischen Wissens diese Vorteile iminternationalen Technologiewettlauf sichern und sodas nationale Innovationssystem stärken.

5. Vergleich der makroökonomischen Ergebnissemit den Resultaten der Unternehmensbefragung

Abschließend werden die Ergebnisse der sektoralenund makroökonomischen Analysen, basierend aufoffiziellen Statistiken, mit den Antworten der Unter-nehmen auf die entsprechenden Fragestellungen aufihre Konsistenz hin verglichen. Die Einschätzungender befragten Unternehmen decken sich im Wesent-lichen mit den Ergebnissen, basierend auf den hartenFakten der offiziellen statistischen Quellen. Ledig-lich in wenigen Detailfragen tun sich kleine Diffe-renzen auf, die sich jedoch meistens durch die unzu-reichende Vergleichbarkeit zwischen den Frage-stellungen der Unternehmensbefragung und denAnalyseergebnissen, basierend auf den Daten deroffiziellen Statistiken, erklären lassen.

In der makroökonomischen Analyse werden von denBeständen an Überbetrieblichen Normen keine ne-gativen, sondern positive Effekte auf den techni-schen Wandel bzw. die Innovationstätigkeit festge-stellt. Umgekehrt hat sich auch gezeigt, dass derNormenbestand sich grundsätzlich an die jeweiligeGeschwindigkeit des technischen Wandels anpasst.Die befragten Unternehmen sehen den Normenbe-stand zwar auch nicht als zu alt an, jedoch wird er ineinigen Branchen als zu umfangreich eingeschätzt.

Die umgekehrte Wirkungskette des Einflusses derÜberbetrieblichen Normen auf Forschung und Ent-wicklung wird im Gegensatz zu den makroökonomi-schen Ergebnissen als durchaus ambivalent, in eini-gen Branchen sogar als negativ angesehen. Anderer-seits profitieren die meisten Unternehmen durch dieTeilnahme an der Überbetrieblichen Normungsarbeitbei der Technologieentwicklung, da sie dadurchauch Einblick in die Erkenntnisse anderer Unter-nehmen gewinnen können. Inwieweit der Saldo ausdiesem Vorteil und dem Nachteil, eigenes internesWissen offen legen zu müssen, für die eigenen For-schungs- und Entwicklungskosten positiv ist, geht

Konsistenzprüfung:Generell stimmenmakro- und mikroöko-nomische Ergebnisseüberein

Normen sind aus Sichtder Unternehmen nichtzu alt

Einfluss der Überbe-trieblichen Normen aufForschung und Ent-wicklung ist ambiva-lent

Die meisten Unterneh-men profitieren durchdie Teilnahme an derÜberbetrieblichen Nor-mung bei der Techno-logieentwicklung

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aus den Antworten der Unternehmen nicht eindeutighervor. Jedoch wirkt sich die Abstinenz von derÜberbetrieblichen Normungsarbeit für den For-schungs- und Entwicklungsbereich grundsätzlichkostenerhöhend aus. Es wird auch offensichtlich,dass sowohl Überbetriebliche Normen als auch In-dustriestandards im Kontext anderer Innovations-hemmnisse keine bedeutenden Hindernisse darstel-len.

Die Ambivalenz technischer Normen für den Au-ßenhandel sowohl in der ökonomischen Au-ßenhandelstheorie als auch in den durchgeführtenmakroökonomischen Analysen bestätigt sich in denErgebnissen der Unternehmensbefragung nur zumTeil.

Die für die nationale Wettbewerbsfähigkeit zwei-schneidigen Effekte von Normen ergeben sich, weilsie zum einen eine international hohe Reputationbesitzen und damit zu einer verbesserten Wettbe-werbsfähigkeit beitragen.

Andererseits unterstützen sie auch die ausländischenAnbieter, weil sie technische Spezifikation transpa-rent machen. Deshalb sieht sich auch über ein Drittelder Unternehmen insbesondere durch die europä-ische und internationale Normung mit einem erhöh-ten Konkurrenzdruck konfrontiert.

Eindeutig positiv wird der Einfluss eines deutschenNormenwerkes, das auf europäischen und internati-onalen Normen basiert, auf Exporte und Importeeingeschätzt. Aufgrund der positiven Wirkungen aufdie Exporte werden von der überwiegenden Mehr-heit der Unternehmen europäische und internationaleNormen verwendet. Folgerichtig führt der zuneh-mende Bestand an europäischen und internationalenNormen auch zu gesteigerten Export- und Import-volumina. Dies deckt sich mit dem positiven Zu-sammenhang zwischen dem Ausmaß an intra-industriellem Handel und den Beständen an mit eu-ropäischen und internationalen Normen identischenRegeln. Konkretisieren lässt sich ihre von einer gro-ßen Mehrheit geteilte handelsfördernde Wirkungdurch die Erleichterung von Verträgen und den Ab-bau von Handelshemmnissen.

Überbetriebliche Nor-men stellen keine Inno-vationshemmnisse dar

Normen haben eineinternationale Reputa-tion

Normen machen tech-nische Spezifikationentransparent

Aufgrund der positivenWirkungen auf die Ex-porte werden von derüberwiegenden Mehr-heit der Unternehmeneuropäische und inter-nationale Normen ver-wendet

Internationale Normenhaben eine handelsför-dernde Wirkung

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Aus den makroökonomischen Analysen und derUnternehmensbefragung kann insgesamt der Schlussgezogen werden, dass internationale Normen ein-schließlich der europäischen Normen eine wesent-lich positivere Bedeutung für den Außenhandel ha-ben als rein deutsche Normen. Daraus kann die ge-nerelle Empfehlung abgeleitet werden, sich sowohlnoch stärker an europäischen und internationalenNormungsprozessen zu beteiligen als auch schnellund umfassend die europäischen und internationalenNormen in den nationalen Normenbestand zu über-nehmen. Voraussetzung für ersteres ist eine enga-gierte Normungsarbeit auf nationaler Ebene, welcheden Unternehmen als eine effektive Exportstrategienahe gebracht werden muss.

Internationale, aber auch nationale Normen könnenden Technologietransfer von den Volkswirtschaftenan der technologischen Front hin zu den sich erstentwickelnden Nationen unterstützen. Obwohl diesaus entwicklungspolitischen Gründen durchaus po-sitiv zu bewerten ist, drohen dadurch auch Gefahrenfür die einheimische Wettbewerbsfähigkeit. DennNormen erleichtern die Imitation von Produkten undProzessen durch die ausländische Konkurrenz. Sielegen auch die von inländischen Nachfragern präfe-rierten Schnittstellen offen, so dass diese Anforde-rungen für die weltweite Konkurrenz transparentsind. Um diesen Gefahren zu begegnen, muss sichdie Normung vor allem auf die Felder konzentrieren,in denen das nationale Innovationspotential im Ver-gleich zur Welt besonders stark ausgebildet ist. Ineinem zweiten Schritt muss von den interessiertenKreisen entschieden werden, ob ein gut durchgear-beiteter Normungsvorschlag in die internationalenGremien eingebracht wird, um die Chancen für dieDurchsetzung der eigenen Technik zu verbessern.

Die vorliegenden Ergebnisse der makroökonomi-schen Analyse können die in der Vergangenheit mitanderen methodischen Ansätzen gefundenen Ergeb-nisse zum volkswirtschaftlichen Nutzen der Nor-mung in Höhe von ca. 1 % des Bruttosozialprodukts(1998: 31,5 Mrd. DM) grundsätzlich bestätigen. Da-gegen muss der in einer früheren Studie postulierteNutzenanteil der Normung von 1 % am Umsatz auf-grund der vorliegenden Befragungsergebnisse nach

Internationale Normeneinschließlich der eu-ropäischen Normenhaben eine wesentlichpositivere Bedeutungfür den Außenhandelals rein deutsche Nor-men

Deshalb ist eine stärke-re Beteiligung an dereuropäischen und in-ternationalen Normungnotwendig

Normen unterstützenTechnologietransfer

Normen erleichtern dieImitation von Produk-ten und Prozessendurch die ausländischeKonkurrenz

Konzentration derNormung auf die Fel-der, in denen das natio-nale Innovationspoten-tial besonders stark ist

Ergebnisse der makro-ökonomischen Analysebestätigen einen volks-wirtschaftlichen Nut-zen der Normung inHöhe von ca. 1 % desBruttosozialprodukts

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unten revidiert werden. Die positiven volkswirt-schaftlichen Wirkungen, die weit über die Summeder einzelwirtschaftlichen Nutzen hinausreichen,und die staatsentlastenden Implikationen technischerNormen legitimieren eine Förderung der Normungmit öffentlichen Geldern und verleihen der Normungsomit einen festen Platz sowohl in der Wirtschafts-politik als auch in der Forschungs- bzw. Innovati-onspolitik. Insbesondere innovationspolitische Maß-nahmen sollten deshalb ganzheitlicher ausgerichtetsein und die Schnittstelle von Innovation und Diffu-sion durch entsprechende Normen berücksichtigen.

VolkswirtschaftlicherNutzen größer als dieSumme der einzelwirt-schaftlichen Nutzen

Förderung der Nor-mung als Teil der In-novationspolitik

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Schlusswort der beteiligten Forschungseinrichtungen

Die Studie "Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung" hat mit seinem umfas-senden dualen Untersuchungsansatz eine Vielzahl von neuen Erkenntnissen zu denwirtschaftlichen Wirkungsweisen der Normung hervorgebracht, die auch im inter-nationalen Vergleich eine gewisse Einmaligkeit aufweisen. Trotz der vielen neuenEinsichten zur Bedeutung der Normung bleibt immer noch eine Vielzahl von Fra-gen offen. Insbesondere branchenspezifische Besonderheiten konnten unter dengegebenen finanziellen und zeitlichen Rahmenbedingungen nur bedingt tiefgründiguntersucht werden. Ferner ist zwar durch die Vergleiche mit Österreich und derSchweiz eine gewisse europäische Dimension in der Untersuchung realisiert wor-den, aber ein über den mitteleuropäischen Raum hinausreichender internationalerVergleich könnte die mit dieser Studie begonnenen Arbeiten ergänzen. Mit diesenHinweisen soll unterstrichen werden, dass zwar bereits ein bedeutender Fortschrittin der fundierten Untersuchung der wirtschaftlichen Bedeutung der Normung er-reicht, aber damit gleichzeitig die Tür für weitere interessante Forschungsfragenaufgestoßen wurde.

Die vorliegenden empirischen Ergebnisse bereiten die Grundlage für eine strategi-sche Diskussion über die Zukunft der Normungsarbeit. Allen Akteuren, die direktoder indirekt mit der Normung und ihren Konsequenzen konfrontiert sind, wirddamit eine Materialsammlung an die Hand gegeben, die sie zu einer fundierterenEntscheidung über ihre zukünftige Normungsstrategie befähigen kann. Zum einenerhalten das DIN, aber auch andere Normungsinstitutionen wertvolle Hinweise da-rüber, in welchen ihrer Tätigkeitsbereiche ein Anpassungsbedarf an aktuelle Ent-wicklungen besteht und wo ihre Kundschaft mit dem bisher Erreichten zufrieden ist.Zum anderen können sich die interessierten Kreise der Normung erstmalig ein um-fassendes Bild über die verschiedenen Wirkungsweisen der Normung machen unddaraus für sich ihre eigenen strategischen Konsequenzen ableiten. Insgesamt hat dieStudie das Potenzial, einen nachhaltigen Impuls in der strategischen Diskussionüber die Zukunft der Normung auszulösen.

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Beispiele aus der Praxis

Die Firma Volkswagen war maßgeblich daran betei-ligt, die Befestigung für einen Auto-Kindersitz zuentwickeln, der allen Sicherheitsanforderungen mo-derner Verkehrstechnik erfüllt. Die firmeninternenErfahrungen hatten Vorbildcharakter und flossen indie Erarbeitung der internationalen NormISO 13216-1 ein. Heute im Markt bekannt unter derBezeichnung "ISOfix-System".(Quelle: "Gut in Norm", VOLKSWAGEN magazin1/2000, S. 82–85)

Deutsche Fachleute haben sich bei der ISO-Arbeitim Bereich der Geometrischen Produktspezifikation(GPS) (z. B. DIN EN ISO 3274, DIN EN ISO 4287,DIN EN ISO 4288...) stark engagiert. Die deutscheNormung auf dem Gebiet der GPS hatte in der Ver-gangenheit einen fortgeschrittenen Stand erreicht,der mit wenigen Abstrichen in den entsprechendenISO-Gremien in die internationalen Normen über-nommen wurde. Damit konnten die Umstellkosten inDeutschland äußerst gering gehalten werden.(Quelle: "Quality Engineering", 10/99, S. 58–60)

Ein Beispiel für den richtigen Zeitpunkt zur Nor-mung ist die Zusammenarbeit VDEW/ZVEI von1990 bis 1993 mit der Erarbeitung einer Empfehlungzur integrierten Stationsleittechnik, und zwar für dieSchnittstelle zum digitalen Feldschutz. Diese deut-sche Empfehlung, die beim IEC TC 57 als Nor-mungsvorschlag eingereicht wurde, hatte folgendeZiele:– der Entwicklung auf dem Gebiet der Stationsleit-

technik einen standardisierten Rahmen vor-zugeben,

– Kompatibilität der Produkte auf höchstmögli-chem Niveau zu schaffen,

– mittleren und kleineren Unternehmen den Zugangzu dieser Technik zu erleichtern,

– mehr Wettbewerb zu schaffen,– die Innovation zu fördern,– der Stationsleittechnik schnelle Verbreitung und

Anwendung zu schaffen.

ISOfix-System

Geometrische Produkt-spezifikation

Digitaler Feldschutz

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Diese Ziele wurden inzwischen verwirklicht undsind ein Musterbeispiel unternehmerischen Handelnsin der Normung.(Quelle: VIK-Mitt. 4-1995, S. 74–80, H.-W. Riemer,"Normung als Instrument der Unternehmensfüh-rung")

Bauprodukte können außer der Zulassung nach derBauproduktenrichtlinie (im Wesentlichen nach har-monisierten europäischen Normen) auch mittels ei-ner gesonderten "Europäischen Technischen Zulas-sung (ETA)" im Markt Eingang finden. Diese geltenjedoch nur für ein Produkt und für ein Hersteller-werk, d. h., eine solche Zulassung erzeugt zusätzli-che Kosten. Eckwert mit Zulassungsleitlinien:5.000 bis 30.000 DM, Eckwert ohne Zulassungs-leitlinien: 10.000 bis 70.000 DM. Damit ist erkenn-bar, dass für Bauprodukte, zu denen keine harmoni-sierten Normen vorliegen, ein hoher finanziellerZulassungsaufwand erforderlich ist.(Quelle: DIN, NA Bauwesen)

Die Firma Volkswagen AG hat eine Werknorm für"Instandhaltungsgerechtes Konstruieren" firmenin-tern erlassen. Dieser Norm ist es u. a. zuzuschreiben,dass die Reparaturkosten nach Unfällen stark gesun-ken sind und damit einhergehend auch die Versiche-rungsbeiträge. Fast alle Modelle erreichten mit Ein-führung dieser Werknorm die Bestwerte in der je-weiligen Kasko-Klasse.(Quelle: "Gut in Norm", VOLKSWAGEN magazin1/2000, S. 82–85)

Der VW Golf in der Basisausführung besteht aus4.786 Teilen. Zählt man alle Teile des Autos, egalwie oft sie gebraucht werden, so sind es 16.897 Tei-le. Davon sind 4.219 Normteile, also beinahe einViertel. Da Normteile 20 bis 60 % billiger als eigeneKonstruktionsteile sind, trägt dieser Umstand starkzur Kostensenkung von Produkten bei. Normteilewerden systematisch erfasst und verwaltet durch dieNormabteilung. Normen garantieren die Funktionkomplexer Techniksysteme und sichern die gesetzli-chen Auflagen.(Quelle: "Gut in Norm", VOLKSWAGEN magazin1/2000, S. 82–85)

Bauprodukte

Reparaturkosten

Normteile VW

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DASA-Airbus ermittelte ein Preisverhältnis von15:1 zwischen Zeichnungsteilen und Normteilen,wobei die Hälfte der Zeichnungsteile normungswür-dig ist. Durch Verwendung von Normteilen anstellevon Zeichnungsteilen werden 10 % vom Beschaf-fungsvolumen eingespart.(Quelle: DIN, Normenstelle Luftfahrt)

Airbus ist es gelungen, die Teilevielfalt imA330/A340 gegenüber dem A300/A310 durch Har-monisierung und Typeneinschränkung wesentlich zureduzieren. Durch europäische Normen wurde esmöglich, die Werknormen der einzelnen Partnerfir-men zu ersetzen. Auswirkung: 18 Millionen DMEinsparung bei der Lagerhaltung ergeben sich alleinbeim Hersteller.(Quelle: DIN, Normenstelle Luftfahrt)

Die Normungsarbeit bestimmt zukünftig die Ent-wicklung mit; es können frühzeitig wichtige Ent-wicklungstendenzen und Marktchancen erkannt undin geeigneten Produktentwicklungen berücksichtigtwerden. Die Mitarbeit in Normungsgremien ver-schafft Zugang zu wertvollen Informationen undkann zur Anbahnung von Geschäftskontakten ge-nutzt werden. Die heterogen besetzten Gremien bie-ten die ideale Plattform zur Erkennung und Diskus-sion von Trends und Märkten von morgen.(Quelle: ZVEI-Schrift, Rüsch, 1999)

Bei Armaturen wird im Rahmen der europäischenNormung zurzeit (Stand Frühjahr 2000) über dieNormung von Berechnungsmethoden verhandelt.Sollten sich gravierende Änderungen zur bisherigendeutschen Berechnungsmethode durchsetzen, wärendie deutschen Produzenten zu kostenträchtigen Um-stellungen gezwungen. Starke deutsche Präsenz inden zuständigen Gremien kann erhebliche Folge-kosten vermeiden.(Quelle: DIN, NA Armaturen)

Normteile DASA 1

Normteile DASA 2

Clubwissen

Armaturen

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Mit internationalen Normen wurden Verfahren fürdie komprimierte Übertragung und Speicherung vondigitalen Bild- und Videoinformationen bereitge-stellt. Diese ermöglichen, völlig neue Anwendungs-formen in der digitalen Bild- und Videobearbeitung,-speicherung und -übertragung zu entwickeln. Damitwurden die Voraussetzungen für neue Anwendun-gen, Dienstleistungen und somit Märkte geschaffen.(Quelle: DIN, NA Informationsverarbeitung)

Durch intensive nationale, europäische und interna-tionale Normung ist es gelungen, ein konsistentesinternationales Normenwerk zur Lasertechnik zuerarbeiten, das unerlässlich ist zur Berechnung undCharakterisierung von Laserstrahlen und Laseropti-ken, zur Bestimmung der Strahlpropagation, für dieAuslegung von Systemen, für Qualitätsmanagement(Dokumentation) und Benchmarking sowie für Mar-ketingzwecke.Diese technischen Parameter definieren den neuenMarkt für Lasertechnik. Ohne diese Daten wäre einMarktvergleich nicht möglich.(Quelle: Kommission Lasertechnik im DIN)

Durch die fachliche Expertise der Firma Zeiss Au-genoptik konnte der Toleranzbereich von Brillenglä-sern im praxiserprobten Bereich von +/– 0,12 dptfestgelegt werden. Eine in der ISO beantragteVerkleinerung des Toleranzbereiches auf ca.+/– 0,08 dpt würde die Herstellkosten bei Zeiss umca. 5 Mio. DM pro Jahr erhöhen.(Quelle: DIN, NA Feinmechanik und Optik)

Lebensmitteltechnische Schmierstoffe (DIN 10517)werden in der Lebensmittel-, Pharma- und Kosme-tikindustrie verwendet, um Maschinen so zu betrei-ben, dass die Produkte nicht mit gesundheitsgefähr-denden Stoffen verunreinigt werden. Das DIN-Normprojekt ist nach der geplanten Überführung ineine ISO-Norm dafür geeignet, einheitliche Voraus-setzungen für den Export und den sicheren Betriebentsprechender Anlagen auf der ganzen Welt zu si-chern.(Quelle: DIN, NA Lebensmittel und landwirtschaft-liche Produkte)

DigitaleBildkompression

Laserstrahlen

Brillengläser

Lebensmitteltechnik

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Schon die alten Ägypter haben Lehmziegel produ-ziert, die den heutigen Abmessungen von Mauer-steinen sehr nahe kommen. Neben den geometri-schen Festlegungen, die im Vordergrund stehen,spielen eine Rolle: Leistungsbeschreibung (z. B.Festigkeit, Dauerhaftigkeit, Maßgenauigkeit, Prü-fung), Rationalisierung der Herstellprozesse (durchnachprüfbare Festlegungen), Rationalisierung in derPlanung und Verarbeitung (z. B. Berechnung vonBauwerken, Brandschutz. Tragfähigkeit, Standfes-tigkeit). Alle anderen (nicht genormten) Wege wärenmöglich, aber mit Zusatzkosten (Spezifikation,Nachweise) verbunden.(Quelle: DIN, NA Bauwesen)

Laserpointer mit einer maximalen Strahlungsleis-tung von 1 mW und der Kennzeichnung "LaserKlasse 2" (nach DIN EN 60825-1 Sicherheit vonLaser-Einrichtungen) sind frei verkehrsfähig und beiihrem bestimmungsgemäßen Gebrauch sicher.(Quelle: Kommission Lasertechnik im DIN)

Die europäische Normung hat die Exportchancender deutschen Unternehmen verbessert, da durch dieharmonisierten Normen keine Umstellungs- oderAnpassungskosten beim Export in die europäischenLänder anfallen. In den meisten Fällen reichen eineHerstellererklärung für die Zulassung von Produktenund die Konformitätsbewertungsverfahren aus.(Quelle: BDI, Dr. Scheel, Interview 20.03.2000, TUDresden)

Der gesamte Abwasserbereich stellt ein System dar,das ohne Normung nicht funktionsfähig wäre. DieNormen reichen von Küchenspülen, über Hand-waschbecken, Abflussrohre, Straßenablauf, Abwas-serpumpwerke bis zu Kläranlagen und zur Abwas-seranalyse. Selbstverständlich sind alle relevantenNormen mit dem Wasserhaushaltsgesetz abge-stimmt.(Quelle: DIN-Mitteilungen, Januar 2000, S. 76)

Mauersteine

Laserpointer

Herstellererklärung

Abwasser

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Die Sprache der Wissenschaftler und Techniker sinddie physikalischen, chemischen, mathematischenund technischen Einheiten. Ohne die Normen derReihe DIN 1301, die die Einheiten des internationa-len Einheitensystems (SI) enthalten, wäre eine inter-nationale und interkulturelle objektive Kommunika-tion nicht möglich. Das Gleiche gilt für Diagrammeund graphische Darstellungen, die ohne DIN 461 nurschwer oder missverständlich lesbar wären.(Quelle: DIN, NA Technische Grundlagen)

Der Erwerber eines 100-jährigen Hauses wurde da-vor gewarnt, Ausbesserungen mit modernem Putzvorzunehmen, weil der sich chemisch nicht mit demalten Putz vertragen würde. Eine Untersuchung desalten Putzes wäre erforderlich gewesen (Kosten ca.4.000 DM). Eine historische Norm konnte diesesProblem lösen, denn sie beschrieb die Zusammen-setzung des zeitgenössischen Putzes.(Quelle: DIN)

Durch eine Werknorm der Volkswagen AG für In-standhaltungsgerechtes Konstruieren sind die Repa-raturkosten nach Unfällen stark gesunken. Damitkonnten die Beiträge für die Kraftfahrzeugversiche-rung die Bestwerte in der jeweiligen Kasko-Klasseerreichen.(Quelle: "Gut in Norm", VOLKSWAGEN magazin1/2000, S. 82–85)

Einer englischen und amerikanischen Studie zufolgebeläuft sich in den Industrieländern der jährlichdurch Korrosion verursachte Schaden auf Beträgevon 3,5 % bis 4,2 % des Bruttosozialproduktes einesLandes. Auf Deutschland bezogen wären das für1997 mehr als 100 Mrd. DM. Nach Expertenschät-zungen sind 70 % bis 80 % von diesen Schädenvermeidbar. Der Normenausschuss Materialprüfungund die entsprechenden Europäischen Komitees be-arbeiten zz. ca. 110 Normungsvorhaben zur Vermei-dung entsprechender Schäden. Das Einsparungspo-tential in Höhe zweistelliger Milliardenbeträge fälltnicht nur volkswirtschaftlich an, sondern ist auch imeinzelnen betriebswirtschaftlich messbar als einge-sparte Instandhaltungs- oder Garantiekosten.(Quelle: DIN, NA Materialprüfung)

Einheitensystem

Instandhaltungskosten

Reparaturkosten

Korrosionsschutz

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Eine effiziente Produktion von Gütern bedarf derorganisierten Bereitstellung technischen Wissens.Ein Konstrukteur muss sein Produkt den Anforde-rungen des Marktes anpassen. Es muss die Erwar-tungen der Kunden beispielsweise hinsichtlich Halt-barkeit, Eignung für den vorgesehenen Zweck,Kompatibilität mit anderen Produkten, Sicherheitder Umweltgerechtigkeit erfüllen. Es muss den ge-setzlichen Anforderungen genügen und die Gefahrzivilrechtlicher Haftung minimal halten. Schließlichmuss das Produkt kostengünstig herzustellen, zulagern, zu vertreiben und zu entsorgen sein. Ein In-strument, das für die Beachtung aller dieser Anfor-derungen nötige technische Wissen bereitzustellen,sind technische Normen. Diese beschreiben Mög-lichkeiten zur Konstruktion.(Quelle: Dissertation Scheel, 1998)

Bei einem großen Autounternehmen in Deutschlandstanden für drei Tage die Fließbänder still, 8.000Mitarbeiter mussten zu Hause bleiben, 10.000 Autoskonnten nicht gebaut werden.Grund: Dieses Unternehmen war von einem einzel-nen Lieferanten im Bereich der "High-Tech-Türschlösser" abhängig. Eine Schnittstellennormungoder eine "öffentlich verfügbare Spezifikation" hättediese Situation verhindert, denn diese "Normen"hätten einen Markt erzeugt, ohne Abhängigkeit.(Quelle: Stern, 43/15.10.1998, S. 276, J. Steinhoff)

Die Arbeiten an einer nationalen technischen Regelmit dem Titel "Staubbrände und Staubexplosionen –Gefahren, Beurteilung, Schutzmaßnahmen" verur-sachte Gesamtkosten von ca. 20 Mio. DM. NachMeinung von Experten sind damit die Gefahren indiesem Bereich erheblich reduziert worden. Setztman den Gesamtaufwand von ca. 20 Mio. DM insVerhältnis zu den Kosten eines einzigen vermeidba-ren Unfalls (Mehlstaubexplosion in der Bremer Ro-landmühle am 06.02.1979: 14 Tote, 17 Verletzte,ca. 130 Mio. DM Sachschaden), so ergibt sich einüberzeugendes Kosten-Nutzen-Verhältnis.(Quelle: Kommission Reinhaltung der Luft im VDIund DIN)

Effizienz

High-Tech-Türschlösser

Staubexplosionen

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Durch Umsetzung der Festlegungen von Normen fürVerkehrsbeleuchtung und Signalleuchten ist es denverantwortlichen Bau- und Straßenbehörden aufBundes- und Länderebene möglich, den öffentlichenStraßenverkehr durch Schaffung guter Sichtverhält-nisse, durch klare und eindeutige Signalisation füralle Verkehrsteilnehmer risikofreier zu gestalten.Unfälle mit häufig schweren Folgen für die persön-lich Betroffenen aber auch mit den ihnen anhaften-den Kosten für die Volkswirtschaft können dadurchvermieden werden. Verkehrsführung und Steuerungdurch Signalanlagen können Staus und Umwegevermeiden helfen. Der Energieeinsatz der nach die-sen Normen geplanten und gebauten Straßenbe-leuchtungsanlagen wird gesenkt.(Quelle: DIN, NA Lichttechnik)

Mit den Normen für die IT-Sicherheit werden dieVoraussetzungen dafür geschaffen, dass auf der of-fenen und transparenten Infrastruktur des Internetsweltweit und interoperabel vertrauliche Transaktio-nen abgewickelt werden können (z. B. ISO/IEC14888-1-3, für digitale Signale). Erst mit diesenNormen werden Anwendungen des Internets wieElectronic Commerce, Teleworking und Teleban-king möglich. Damit werden neue Beschäftigungs-und Anwendungsfelder eröffnet.(Quelle: DIN, NA Informationstechnik)

Salmonellen beschäftigen die Lebensmittelindustrienahezu täglich. Salmonellenbefall kann Rückrufak-tionen auslösen. Das geschieht immer wieder. Mitfolgenden Kosten wird dabei gerechnet: ÖffentlicherRückruf: 5 Mio. DM, interner Rückruf: 0,5 Mio.DM, Schadensersatz beim Kunden 50.000 DM. Ne-ben dem traditionellen zeitaufwendigen Nachweis-verfahren ist jetzt ein Schnellverfahren (DIN 10135)genormt, das mit Polymerase-Kettenreaktion bereitswährend des Produktionsprozesses Aussagen er-möglicht.(Quelle: DIN, NA Lebensmittel und landwirtschaft-liche Produkte)

Verkehrsbeleuchtung

Internet

Salmonellen

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In biotechnologischen Laboratorien sind Sicher-heitswerkbänke, die vor pathogenen Schwebstoffenschützen, aber auch die Verschleppung innerhalb desLabors verhindern, ein wichtiges Arbeitsgerät.Durch DIN EN 12469 sind die Anforderungen ein-heitlich festgelegt worden. Dadurch werden reineErzeugnisse in anspruchsvollen Bereichen derVolkswirtschaft ermöglicht, Krankheiten vermieden,Haftungsrisiken reduziert und gute Exportchancenfür die Hersteller der Geräte geschaffen.(Quelle: DIN, NA Lebensmittel und landwirtschaft-liche Produkte)

Mit Hilfe der internationalen Normenreihe DIN ENISO/IEC 9241 werden die Voraussetzungen für dieweltweit einheitliche Gestaltung von Bildschirmar-beitsplätzen geschaffen. Die Normen dienen dazu,die Bildschirmarbeitsplätze so zu gestalten, dassgesundheitliche Gefährdungen ausgeschlossen wer-den und die effiziente und kreative Arbeit an diesenPlätzen gefördert wird.(Quelle: DIN, NA Informationstechnik)

Nach § 11 Bundes-Seuchengesetz muss der Betrei-ber eines öffentlichen Schwimmbades den Bade-gästen ein Badewasser zur Verfügung stellen, wel-ches zu keiner Schädigung der menschlichen Ge-sundheit, insbesondere durch Krankheitserreger,führen darf.Zur Sicherstellung dieser Vorgabe unterliegen dieöffentlichen Bäder der Überwachung durch die Ge-sundheitsämter. DIN 19643-1 bis -5 ist nach Aufbauund Umfang so konzipiert, dass sie zur Ausfüllungder Badewasserverordnung und des Infektions-schutzgesetzes dienen kann.(Quelle: DIN, NA Wasserwesen)

Lärm kann zu beträchtlichen gesundheitlichen Schä-den führen. Geeignete Maßnahmen, z. B. die Ver-wendung von Schalldämmmaterialien, der Einbauvon Schallschutzfenstern und -türen usw., könnendie Belästigungen durch Lärm verringern oder ver-meiden. Zur Ermittlung und Beurteilung der Bau-teile zur Schalldämmung werden genormte Prüfver-fahren angewendet, die vergleichbare Messwerteliefern. Wirksame Schalldämmung verringert auchdie Kosten für das Gesundheitswesen.(Quelle: DIN, NA Materialprüfung)

Biotechnik

Bildschirmarbeitsplätze

Badewasser

Schalldämmung

Page 45: Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung · 2019. 1. 28. · Gesamtwirtschaftlicher Nutzen der Normung Seite 5 Vorwort des Herausgebers In den letzten Jahren wurde die technische

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Die Normungsarbeiten im Bereich "Prüfung vonHolzschutzmitteln" haben große Akzeptanz auf eu-ropäischer wie nationaler Ebene gefunden. Diezehntausendfache Anwendung der Normen in ganzEuropa mit guter Homogenität und Reproduzierbar-keit der Daten ist für die Entwicklung von Holz-schutzmitteln und damit für die Erhaltung und Nut-zung des Baustoffes Holz von unschätzbarem Wert.(Quelle: DIN, NA Materialprüfung)

Nach einem Brandunfall auf dem RaketenzerstörerMölders wurde nach entsprechender Erprobung einneues Sicherheitsleitsystem für Schiffe der Bundes-wehr erprobt und festgelegt. Kosteneinsparungenvon ca. 3:1 wurden erzielt. Der Inhalt der Verteidi-gungsgerätenormen wird nun in DIN- und ISO-Normen übernommen. Damit wird diese Sicher-heitstechnik auch in der zivilen Schifffahrt nutzbar.(Quelle: DIN, Normenstelle Schiffs- und Meeres-technik)

Holzschutzmittel

Verteidigungsgeräte