Kölnische Rundschau: mutigster campus beim beethovenfest

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Kölnische Rundschau vom 06.05.2011 Autor: ter Seite: 36 Ressort: Bonner Kultur Ausgabe: Bonner Rundschau Gattung: Tageszeitung "Mutigster Campus" beim Beethovenfest Das National Youth Orchestra of Iraq wurde vor drei Jahren gegründet - Erster Auslandsauftritt in Bonn BONN. Beim diesjährigen Ochester- campus mit dem National Youth Orche- stra of Iraq, veranstaltet von Beethoven- fest und Deutscher Welle, ist alles etwas anders als in den elf Jahren davor. Aber im Irak ist eben auch alles anders. Dort hat Zuhal Sultan mit 19 Jahren vor drei Jahren das Jugendorchester gegründet und per Annonce dafür den schotti- schen Dirigenten Paul MacAlindin gefunden mit einiger Erfahrung in der- lei music education projects. Von Schottland aus organisieren beide auch das Orchester, das derzeit 45 Mitglieder zählt, die sich zum großen Teil die Handhabung ihrer Instrumente selbst beibringen. Seither besorgt Zuhal Sultan auch ehrenamtliche Lehrer für sie. In Bonn spielt das Orchester am 1. Oktober beim Beethovenfest zum ersten Mal im Aus- land, wobei das Bundesjugendorchester seine Musiker dazwischen setzt. Das hilft sicher. Man versteht aber auch, dass Ilona Schmiel, Intendantin des Beethovenfestes, von dem "mutigsten Campus bislang" spricht. Alle anderen Orchester zuvor brachten ihre Struktu- ren mit. Gespannt sind wir auch auf Zuhal Sul- tan, die sich beim Pressegespräch bei der Deutschen Welle noch entschuldi- gen ließ. Sie dreht mit am großen Rad, aber auch an ihrer Klavierkarriere, die die kriegerischen Ereignisse in Mitlei- denschaft zogen. Es sei ein neuer Irak, der sich darstelle, darin waren sich Frau Schmiel und Gero Schließ von der Deut- schen Welle, die da wohl auch Neuland kultiviert, einig. Der junge irakische Staat hat noch andere Sorgen. Wofür Zuhal Sultan steht, das sind die neuen Bürgeranstrengungen. Auch in Berlin, wohin das Orchester bei seinem Deutschlandaufenthalt eingeladen ist, interessiert man sich dafür. Bundesprä- sident Christian Wulff hat die Schirm- herrschaft übernommen. Der Campus wird auf zwei Wochen ver- längert wegen der schwierigen Bedin- gungen im Irak. Gespielt werden Haydns Sinfonie Nr. 104 und Beetho- vens Violinkonzert mit Arabella Stein- bacher. Aber MacAlindin räumt auch ein, dass er auch von seinen Zöglingen lernen muss, wenn es um die Iraker Ali Authman und Mohammed Amin Ezzat geht, von denen zwei Kompositionsauf- träge der Deutschen Welle uraufgeführt werden. Zum Beispiel, was eine gewisse Kleinteiligkeit der arabischen Musik angeht. Man ist natürlich überkonfessio- nell, und Iraker musizieren mit Kurden. Das hat Vorbilder - klar, Daniel Baren- boim und sein West Eastern Divan Orchestra mit jüdischen und palästinen- sischen Musikern. Aber wie man gerade im Ghaza-Streifen sah, ist das noch eine andere Liga, auch politisch. (ter) Wörter: 378 © 2011 PMG Presse-Monitor GmbH

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Kölnische Rundschau vom 06.05.2011

Autor: ter

Seite: 36

Ressort: Bonner Kultur

Ausgabe: Bonner Rundschau

Gattung: Tageszeitung

"Mutigster Campus" beim BeethovenfestDas National Youth Orchestra of Iraqwurde vor drei Jahren gegründet -Erster Auslandsauftritt in BonnBONN. Beim diesjährigen Ochester-campus mit dem National Youth Orche-stra of Iraq, veranstaltet von Beethoven-fest und Deutscher Welle, ist alles etwasanders als in den elf Jahren davor. Aberim Irak ist eben auch alles anders. Dorthat Zuhal Sultan mit 19 Jahren vor dreiJahren das Jugendorchester gegründetund per Annonce dafür den schotti-schen Dirigenten Paul MacAlindingefunden mit einiger Erfahrung in der-lei music education projects. VonSchottland aus organisieren beide auchdas Orchester, das derzeit 45 Mitgliederzählt, die sich zum großen Teil dieHandhabung ihrer Instrumente selbstbeibringen.Seither besorgt Zuhal Sultan auchehrenamtliche Lehrer für sie. In Bonnspielt das Orchester am 1. Oktober beimBeethovenfest zum ersten Mal im Aus-land, wobei das Bundesjugendorchester

seine Musiker dazwischen setzt. Dashilft sicher. Man versteht aber auch,dass Ilona Schmiel, Intendantin desBeethovenfestes, von dem "mutigstenCampus bislang" spricht. Alle anderenOrchester zuvor brachten ihre Struktu-ren mit.Gespannt sind wir auch auf Zuhal Sul-tan, die sich beim Pressegespräch beider Deutschen Welle noch entschuldi-gen ließ. Sie dreht mit am großen Rad,aber auch an ihrer Klavierkarriere, diedie kriegerischen Ereignisse in Mitlei-denschaft zogen. Es sei ein neuer Irak,der sich darstelle, darin waren sich FrauSchmiel und Gero Schließ von der Deut-schen Welle, die da wohl auch Neulandkultiviert, einig. Der junge irakischeStaat hat noch andere Sorgen. WofürZuhal Sultan steht, das sind die neuenBürgeranstrengungen. Auch in Berlin,wohin das Orchester bei seinemDeutschlandaufenthalt eingeladen ist,interessiert man sich dafür. Bundesprä-sident Christian Wulff hat die Schirm-

herrschaft übernommen.Der Campus wird auf zwei Wochen ver-längert wegen der schwierigen Bedin-gungen im Irak. Gespielt werdenHaydns Sinfonie Nr. 104 und Beetho-vens Violinkonzert mit Arabella Stein-bacher. Aber MacAlindin räumt auchein, dass er auch von seinen Zöglingenlernen muss, wenn es um die Iraker AliAuthman und Mohammed Amin Ezzatgeht, von denen zwei Kompositionsauf-träge der Deutschen Welle uraufgeführtwerden. Zum Beispiel, was eine gewisseKleinteiligkeit der arabischen Musikangeht. Man ist natürlich überkonfessio-nell, und Iraker musizieren mit Kurden.Das hat Vorbilder - klar, Daniel Baren-boim und sein West Eastern DivanOrchestra mit jüdischen und palästinen-sischen Musikern. Aber wie man geradeim Ghaza-Streifen sah, ist das noch eineandere Liga, auch politisch. (ter)

Wörter: 378

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