kompakt Mai 2015

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Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie kompakt Nr. 05 I MAI 2015 www.igbce.de Die falsche Lösung Allein mit Abschalten und Aussteigen funktioniert die Energiewende nicht. VOR ORT Mit allen Mitteln: Fambacher Firma versucht Betriebsratsgründung zu verhindern TENDENZEN Risiken der Vernetzung: Die Gefahr krimineller Attacken aus dem Internet wächst weiter TIPPS Gefährlicher Staub: Wer hilft bei Asbesterkrankungen?

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In dieser Ausgabe beschäftigen wir uns mit der aktuellen Energiepolitik.

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Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

kompakt

Nr. 05 I MAI 2015 www.igbce.de

Die falsche LösungAllein mit Abschalten und Aussteigen funktioniert die Energiewende nicht.

VOR ORT Mit allen Mitteln: Fambacher Firma versucht Betriebsratsgründung zu verhindern

TENDENZEN Risiken der Vernetzung: Die Gefahr krimineller Attacken aus dem Internet wächst weiter

TIPPS Gefährlicher Staub: Wer hilft bei Asbesterkrankungen?

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Werde jetzt Mitglied und sicher Dir eins von 125 Jubiläumsgeschenken.www.zukunftsgewerkschaft.de

Was ist meine Arbeit wert?

Wir stehen für gerechte Löhne.

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>UNTER UNS

CHRISTIAN HÜLSMEIER Chefredakteur

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D ieses Frühjahr hat es ohne Zweifel in sich. Mit aufregenden Tagen für unsere

Gewerkschaft. Wie schon lange nicht mehr sehen sich die IG BCE und ihre

Mitglieder zum Jahresanfang 2015 herausgefordert. In der Tarifrunde für die

chemische Industrie genauso wie in der Energiewirtschaft. Zum einen durch Arbeit-

geber, die den Beschäftigten am liebsten eine Nullrunde verordnen wollten. Zum an-

deren durch eine Bundesregierung, die mit falschen Weichenstellungen in der Energie-

politik den sozialen Blackout in den Braunkohle-Regionen riskiert. Die erste Heraus-

forderung ist im Großen und Ganzen bestanden, wenn auch der gefundene

Tarifkompromiss nicht überall auf Begeisterung stößt. Aber das Wichtigste ist die er-

folgreiche Selbstbehauptung gegenüber der ursprünglichen Zumutung. Um Selbst-

behauptung geht es auch in dem Konflikt mit der Bundesregierung und deren Prio-

ritäten in der Energiepolitik. Finden die Interessen der Beschäftigten, ihrer Familien

und der vom Bergbau mittelbar abhängigen Menschen Gehör? Nimmt die Politik die

konstruktiven Hinweise und klaren Signale von Gewerkschaftsseite ernst, oder glaubt

man, sich darüber hinwegsetzen zu können?

BEIDE THEMEN PRÄGEN DIESE kompakt-AUSGABE. Und im Mittel-

punkt stehen dabei die Mitglieder, die mit ihrem Engagement in und mit ihrer Gewerk-

schaft erst den Druck aufbauen, dass weder Arbeitgeber noch Politik machen, was

sie wollen – ohne Rücksicht auf elementare Sorgen

und Ansprüche der Arbeitnehmerinnen und Arbeit-

nehmer. Selbstverständlich ist die IG BCE so wenig

allmächtig wie andere Organisationen oder auch

Parteien. Aber gestaltungsfähig bleiben wir, und so

ohne Weiteres wird es nicht gelingen, die gewerk-

schaftlich gebündelte Kraft der vielen zu ignorieren.

SEIT 125 JAHREN steht auch der 1. Mai für diesen

Anspruch auf Teilhabe und Mitgestaltung. Der Tag der

Arbeit feiert in diesem Jahr genauso Jubiläum wie die

IG BCE. Mit Stolz auf das Erreichte, auf hart erkämpften

sozialen Fortschritt. Dafür lohnt es sich, weiter zu strei-

ten. Und deshalb freut sich die Redaktion auf die vielen

Feiern, Demos und Kundgebungen, auf denen wir zeigen:

Wir stehen hinter Dir.

Seit 125 Jahren sozialer Fortschritt

[email protected]

Foto: IG BCE

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IMMER IM HEFT

03 Unter uns06 Aktuelles08 Alle Achtung20 Leserforum/Impressum30 Einer von uns40 Rätsel41 Glück & Glosse42 Mein Arbeitsplatz

Titelbild: Jan Stromme/Getty Images

11 StandpunktMichael Vassiliadis über sinnvolle Steuerpolitik.

TITEL12 Der soziale Blackout

Die Bundesregierung ist versucht, die Weichen in der Energiepolitik falsch zu stellen. Klimaschutz einseitig zulasten der Braunkohleverstromung bedeutet aber wirtschaftliche und soziale Verwerfungen.

THEMEN18 Tragfähig

Selten zuvor lagen die Ausgangspositionen so weit auseinander wie in der Chemie-Tarifrunde 2015. Am Ende steht ein tragfähiger Kompromiss.

TENDENZEN31 Netzattacke

Die Digitalisierung der Wirtschaft birgt große Chancen. Sie bringt aber auch Gefahren mit sich: gezielte Cyber-attacken und Industriespionage beispielsweise.

34 Schafft die Einheit!Revolution und Inflation, vermeintlich »Goldene« Zwanziger, Massenarbeitslosigkeit und Untergang – 27 Schicksalsjahre der deutschen Geschichte.

TIPPS36 Gefährlicher Staub

Asbest galt als »Mineral der 1000 Möglichkeiten«. Bis in die Achtzigerjahre wurde es in mehr als 3000 Pro- dukten verwendet. Mit schwerwiegenden Folgen.

39 TarifrenteDas gesetzliche Ruhegeld wird künftig knapp bemessen sein, das ist kein Geheimnis. Die IG BCE hat deshalb frühzeitig mit dem ChemiePensionsfonds vorgesorgt.

VOR ORT 21–29

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Aus Klein wird Lang

Erst Granulat – dann Sockelleiste für den Teppichboden. Im niederbayerischen Schönberg formt die APU GmbH eine breite Produktpalette an Bau- und technischen Profilen.

Fünf Prozent mehr Geld gefordertDie Unternehmen der Papierbranche stehen gut da, der Wirt-schaftszweig ist auf einem guten Weg, die Beschäftigten arbeiten mehr, nehmen größere Belas- tungen in Kauf. Das muss sich in der anstehenden Tarifrunde auszahlen, finden Beschäftigte und IG BCE und werden sich dafür einsetzen.

In besonderer VerantwortungDie Wasserunternehmen stehen vor großen Heraus- forderungen: Sie müssen Wasser ständig zuverlässig und sauber bereitstellen, die industrielle Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutschland absichern, müssen den Schutz vor Verschmut-zungen gewährleisten, infra-strukturellen Veränderungen begegnen: Das und mehr war Thema der Ostdeutschen Wasserkonferenz.

Mitarbeiter kämpfen um BetriebsratEinschüchterung, Drohung, Entlassung und juristische Ta-schenspielertricks: Die thüringische Leist Oberflächentech-nik lässt sich eine Menge eingfallen, um eine Betriebsrats-wahl im Unternehmen zu verhindern. Aber Mitarbeiter und IG BCE lassen sich davon nicht beeindrucken. Sie kämpfen.

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>INHALT MAI 2015

18 Tragfähiger Abschluss Gefährlicher Staub 36

31 Netzattacke Tarifrente 39

Protest gegen sozialen Blackout 12

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Katastrophe im MittelmeerEIN BOOT mit mehr als 800 Menschen kenterte am 18. April im Mittelmeer. Nur rund 50 davon konnten gerettet werden. Die UN spricht vom »schlimmsten Massensterben, das es jemals im Mittel-meer gegeben hat«. Die EU steht an-gesichts dieser Tragödie unter Druck. »Es gibt eine Priorität, und die heißt: Menschenleben retten«, sagte der Luxemburger Außenminister Jean Asselborn am Rande eines Treffens der EU-Minister. Wichtig sei, dass die neue Seenotrettungsmission »Triton« schnell auf eine Stufe mit »Mare Nostrum« gebracht werde. Dank dieser wurden 2014 rund 100 000 Menschen gerettet.

AUFREGER DES MONATS

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DER SCHNELLSTE ZUG der Welt hat einen gewöhnungs- bedürftigen Anblick: irgendetwas zwischen Schnabeltier und Schuhlöffel. Aber der Maglev ist der Schnellste. Sagenhafte 603 Stundenkilometer hat er erreicht. Mit der Magnetschwebe-bahn läutet Japan ein neues Zeitalter für Hochgeschwindig-keitszüge ein: Die Bahngesellschaft JR Tokai baut die Trasse

BILD DES MONATS

zwischen Tokio und Nagoya. Damit verkürzt sich die Reisezeit auf nur 40 Minuten. Der Shinkansen, der schnellste Zug im Normalbetrieb, benötigt gut das Doppelte. In Deutschland gab es mal die Magnetschwebebahn im Emsland, lange her. Der Technologieträger wurde nach China verkauft. Unsere ICE 3 laufen auf Schienen im Normalbetrieb maximal Tempo 300.

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>AKTUELLES

1. Mai – Tag der ArbeitSEIT 125 JAHREN gehen Gewerkschaften für die Rechte der Arbeitnehmer am 1. Mai auf die Straßen. Dadurch haben sie schon in der Vergangenheit viel erreicht. Um auch in der Zu-kunft mehr soziale Gerechtigkeit zu schaffen, werfen die Ge-werkschaften dieses Jahr ein Auge auf die Zukunft. Denn die Arbeitswelt ändert sich heutzutage immer schneller. Das bringt

große Chancen, aber auch neue Unsicherheiten. Des-halb steht der Tag der Arbeit in diesem Jahr unter dem Motto: »Die Arbeit der Zu-kunft gestalten wir!« Die IG BCE ruft ihre Mitglieder auf, sich zahlreich an den Kund-gebungen und Aktionen zum Tag der Arbeit zu beteiligen! Die Mitglieder des Haupt-vorstandes der IG BCE spre-chen auf folgenden Veran-staltungen:

Michael Vassiliadis, Vorsitzender: Ebertpark in Ludwigshafen

Edeltraud Glänzer, stellvertretende Vorsitzende: Dorfgemeinschaftshaus in Bomlitz

Ralf Sikorski: Bürgersaal des Bürgerhauses in Burghausen Egbert Biermann: Ruhrfestspielhaus in Recklinghausen Peter Hausmann: Paradeplatz in Ingolstadt

57MEHR ALS DIE HÄLFTE DER DEUTSCHEN oder 57 Prozent vertrauen dem Euro. Das geht aus dem »Global Trust Report« hervor, einer Studie des GfK Vereins, dem Mehrheitsgesell-schafter der Gesellschaft für Konsumforschung (GfK). Das Be-ruhigende an der Untersuchung: Rund ein Fünftel mehr als vor zwei Jahren fasst wieder Vertrauen in die Gemeinschafts-währung. Die Experten vermuten die moderate Teuerungsrate und die momentan vergleichsweise stabilen Energiekosten als Ursache. Der Euro nimmt im Ranking der genannten ver-trauenswürdigsten Institutionen den fünften Platz ein – hinter Polizei, Justiz, NGOs und Ämtern. Aber noch vor der Bundes-wehr, den Medien und weit vor internationalen Konzernen.

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»Was aus Liebe dem eigenen Land zugemutet ward, wurde als Nestbe-schmutzung gelesen. Seitdem gelte ich als umstritten.«GÜNTER GRASS (16. 10. 1927–13. 04. 2015)

Literaturnobelpreisträger Günter Grass (rechts) ver-stand sich immer als politischer Mahner, auch für die SPD. Damit löste er oft Kontroversen aus. Bei politi-schen wie gesellschaftlichen Themen nahm er kein Blatt vor den Mund und sprach auch Unangenehmes aus. In seiner Nobelpreisrede von 1999 ließ er es sich nicht nehmen, einen kleinen Seitenhieb an seine Kritiker auszuteilen. Auf dem Foto ist er mit seinem Freund, dem ebenfalls gesellschaftskritischen Schriftsteller Salman Rushdie, zu sehen.

ZITAT DES MONATS

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S ie kennen Andreas Günter nicht. Er ist Deutscher, lebt in Bern, ver-dient sein Geld im Energiesektor.

Aber das Gesicht von Andreas Günter kennen Sie bestimmt. Auf einem Foto trug er eine Schirmmütze, im Hinter-grunde sieht man Berge. Dieses Bild zeigte nicht nur die ehrwürdige Times aus London, sondern auch das heute journal im ZDF, die Tagesschau und die Tagesthemen in der ARD – sowie unzählige Titelseiten von Zeitungen aus aller Welt.

FÜR EINE WEILE wurde Andreas Günter für die Medien nämlich zu je-nem Copiloten, der am 24. März eine Maschine der Germanwings bewusst gegen einen Berg in den französischen Alpen steuerte, um sich das Leben zu nehmen. Dabei starben alle 150 Men-schen an Bord, darunter 75 Deutsche. Der Copilot hieß Andreas Günter L.

Während der ermittelnde Staatsanwalt den Namen des Copiloten auf einer Pressekonferenz nannte – und sogar buchstabierte –, suchten Redakteure im Internet fieberhaft nach Bildern von Andreas Günter – leider ohne den Nach-namen zu berücksichtigen. Und so wur-de aus Andreas Günter, dem Stromhänd-ler, Andreas Günter, der »Amok-Pilot«, wie die BILD den Copiloten nannte.

SORGFALT und Fingerspitzengefühl fehlten leider auch bei der Vorbereitung von Sondersendungen wie etwa dem ARD-Brennpunkt, in dem eine gegen jede Peinlichkeit anscheinend immune Moderatorin 45 Minuten ständig Sätze begann mit »Wir wollen nicht spekulieren, aber . . .«. Wäre sie für die Häufigkeit des verwendeten Wortes »möglicherweise« bezahlt worden – sie wäre nach dem Abend eine sehr reiche Frau ge-wesen. Als es einmal Tonpro- bleme gibt, sagt sie zur Regie: »Nee, das frag’ ich nicht.« Was sogar ihr

zu peinlich zu fragen war, möchte man zu diesem Zeitpunkt schon gar nicht mehr wissen.

VERGESSEN haben anscheinend in jenen Tagen viele Journalisten, dass sie Fakten berichten, Sachverhalte anhand dieser bewerten und einordnen sollen. Nicht dazu gehören wilde Spekulatio-nen, das Spielen mit Gefühlen, Vorver-urteilungen. Berichtet werden soll und muss, auch schnell, denn Journalismus bedeutet im weiteren Sinne »dem Tage verpflichtet«. Aber Journalisten sind auch und vor allem der Wahrheit verpflichtet. Und diese darf niemals der Exklusivität geopfert werden.

Spekulationen im Tiefflug

Illustration: Stefan Hoch

> ALLE ACHTUNG

DIRK KIRCHBERGist überzeugter Journalist und arbeitet nach dem Motto, das die Nachrichtenagentur UPI prägte: »Get it first. But first, get it right.«

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>AKTUELLES

Gier und Spekulation

Mit vereinten KräftenIG BCE, EVG, IG BAU UND IG METALL haben jetzt eine Vereinbarung getroffen: um sich intensiver auszutauschen und enger zusammenzuarbeiten, um den DGB zu entlas-ten und gleichzeitig zu stärken, in erster Linie aber, um die Interessen der Beschäftigten wirkungsvoller zu verteten. Die Arbeitswelt verändert sich, wirtschaftliche, technolo-gische und gesellschaftliche Bedingungen unterliegen ei-nem steten und schnellen Wandel. Die Herausforderun-gen durch den demografischen Wandel, die Vereinbarkeit von Beruf und Familie, die digitalisierte Industrie 4.0, aber auch durch Standortkonkurrenz und den globalen Wettbewerb werden zunehmend größer. Dafür wollen die vier Gewerkschaften künftig häufiger gemeinsam Lö-sungen finden und umsetzen.

Extras erlaubt

DIE GEWINNER von je zwei Karten für die Ruhrfest- spiele stehen fest: Es sind Henry Petzold (Herten), Siegfried Antkowiak (Reck-linghausen), Sigrid Hoff-mann (Hamm), Thomas Richter (Castrop-Rauxel), und Florian Wolf (Herne). Die Karten sind an der Abendkasse hinterlegt. Die Aufführung »Das Geld« war-tet auf unsere Gewinner.

Die mitreißende Geschichte von Émile Zola erzählt vom Aufstieg und Fall eines Speku-lanten. Dieser blendet erst alle und macht sie dann besessen vor Gier. Schlussendlich zer-stört er mit seinem Absturz Betriebe und ruiniert Existenzen.

www.ruhrfestspiele.de

NUR FÜR MITGLIEDER: Sonderregelungen oder Zahlun-gen nur für Gewerkschafter sind grundsätzlich zulässig, urteilte das Bundesarbeitsgericht jetzt. Damit stärkt es das Recht der Gewerkschaften, für ihe Mitglieder Privilegien wie beispielsweise deutlich höhere Abfindungen bei Job-verlust auszuhandeln. Geklagt hatte eine Frau, die die glei-che Abfindung wie IG-Metall-Mitglieder verlangte, selbst aber kein Gewerkschaftsmitglied ist.

Saccard ist ein Narzisst und durchgeknallter Spieler.

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Fragen an3

Sie bewerten Migration grundsätzlich als etwas Positives, Fruchtbares. Was macht sie dazu?Migration und Integration benötigen Ressourcen der Aufnahmegesellschaft und bringen Kosten mit sich. Nicht alle Migranten finden zudem eine produktive Rolle. Wirt-schaftliche, sozialpolitische und demografische Erkennt-nisse belegen jedoch eindeutig, dass Migration ein Gewinn für die aufnehmende Gesellschaft ist. Hinzu kommt eine kulturelle Bereicherung auf Gebieten wie Essen, Kunst, Weltanschauung. Die sozialpsychologische Forschung hat gezeigt, dass kulturelle Vielfalt Kreativität steigert.

Warum erkennt die aufnehmende Gesellschaft die Vorteile nur bedingt?Die gesellschaftlichen Eliten haben angesichts der gesell-schaftlichen Gesamtsituation die Vorteile der Migration durchaus erkannt und verbreiten die Botschaft. Auch große Teile der informierten Öffentlichkeit sehen Zuwanderung positiv. Es ist klar, dass die Teile der Bevölkerung mit einem rechtsradikalen Weltbild gegen die Migration sind und es gelingt ihnen manchmal zeitweilig, allgemein unzu- friedene Menschen in der Gesellschaft gegen Migration und Migranten zu mobilisieren.

Müssen wir in Deutschland Angst vor Parallelgesellschaften haben?Wir haben keine Parallelgesellschaften im Sinne getrennter und vollständiger paralleler gesellschaftlicher Institutionen. Wir haben Tendenzen ethnischer Gemeindebildung oder Koloniebildung, die bei der Erstintegration von Migranten auch eine positive Rolle spielen, wenn sie ihnen helfen, sich in der neuen Umgebung zurechtzufinden. Die ethnische Kolonie wird jedoch zur Falle, wenn sie ausschließlicher Bezugspunkt für die Migranten bleibt. Integration bedeutet schließlich Teilhabe in den allgemeinen gesellschaftlichen Institutionen.

Der Soziologe und Buchautor über GELUNGENE INTEGRATION.

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> AKTUELLES>

Kleine Einkommen entlasten

Mehr Frauen in die Technik

DIE STEUERN SENKEN, und zwar um-fangreich: Das fordern jetzt die führen-den Wirtschaftsinstitute angesichts eines deutlich höher prognostizierten Wachs-tums als noch vor einem halben Jahr. Davon profitieren sollen vor allem klei-ne und mittlere Einkommen. So soll das Wachstumspotenzial in der Bundes- republik dauerhaft gesteigert werden. Als Gründe für ihre gute Prognose nennen die Wirtschaftsinstitute billiges Öl, einen

schwachen Euro und die ungebrochene Konsumlust der Deutschen. Die Bundesregierung geht außerdem von einer neuen Rekordbeschäftigung in

diesem Jahr aus: Demnach soll die Zahl der Erwerbstätigen um 170 000 zulegen und auf über 42,8 Millionen im Jahresdurchschnitt steigen. Nach Einschätzung der Bundesregierung wird das Wachstum vor allem von einer starken Inlandsnachfrage getragen: Die Verbraucher konsumieren, wollen konsumieren – und können es aufgrund höherer Löhne und Gehälter auch. Für das kommende Jahr sagt die Bun-desregierung eine Steigerung der Nettolöhne um 2,6 Prozent gegenüber einer ledig-lich moderaten Stegerung der Inflation um 1,4 Prozent voraus.

FRAUEN SIND in den sogenannten MINT-Berufen (Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften, Technik) nach wie vor unterrepäsentiert, Angebote richten sich häufiger und zu einseitig an Aka- demikerinnen, dabei ist der Bedarf er-wiesen größer bei Nichtakademike- rinnen. Und auch kaum weibliche sozial-versicherte Auszubildende gibt es in diesem Bereich (elf Prozent). Das muss anders werden, fordert jetzt der DGB und schlägt ein 10-Punkte-Programm vor, um das Interesse von Mädchen an MINT- Berufen zu fördern.

»Wenn nicht gehandelt wird, sinkt der Frauenanteil mit dem Ausscheiden der Älteren weiter. Das droht die Geschlech-tertrennung am Arbeitsmarkt zu ver-schärfen und die geschlechterspezifische Berufswahl zu verhärten – mit negativen Konsequenzen für Wirtschaft und Ge-sellschaft«, begründet DGB-Vorstands-mitglied Annelie Buntenbach, warum ein baldiges Handeln unabdingbar ist. Das DGB-10-Punkte-Programm soll ein Anfang sein. Zur Gute-Arbeit-Studie »Frauen in nicht akademischen MINT-Berufen« siehe: www.dgb.de/themen

Die Deutschen sind konsumfreudig wie selten.

Nur 14 Prozent Frauen arbeiten zurzeit in nicht akademischen MINT-Berufen.

> Krebserregende Gefahrstoffe Das Krankheitsbild Krebs war im November 1991 Thema in der Gewerkschaftspost gp. Beklagt wurde die Dunkelziffer berufsbedingter Krebserkrankungen durch den Kontakt mit krebserregend geltenden Arbeitsstoffen. Zu den auffälligsten zählte damals Asbest. Laut Bundes-gesundheitsamt war der Stoff Ende der 80er-Jahre für rund 1000 Todes-fälle pro Jahr verantwortlich.

Asbest kann im Körper relativ gut nachgewiesen werden, bei anderen Stoffen gibt es diese Möglichkeiten kaum. Für den Autor des Artikels war das eins der Hauptprobleme, denn so ist es schwierig, Grenzwerte bei krebserregenden Stoffen festzulegen. Auch das 1982 in Kraft getretene Chemikaliengesetz konnte daran nichts ändern. Es schrieb nur bei neu in den Verkehr gebrachten Stoffen Untersuchungen vor. Altstoffe, die schon vor 1981 genutzt wurden, waren von der Regelung nicht erfasst.

Ein weiteres Problem war die unzureichende Einhaltung von Regeln und Vorschriften der Berufs-genossenschaften und der sich daraus ergebende Handlungsbedarf für Betriebsräte und Gewerkschaften.

Noch heute kämpfen viele Men-schen mit den Folgen der damaligen Schadstoffbelastung am Arbeitsplatz-Peter Bickel ist einer von ihnen und erzählt auf Seite 36 seine Geschichte.

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MICHAEL VASSILIADIS Vorsitzender der IG [email protected]

>STANDPUNKT

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D ie Schuldenbremse ist mittlerweile im Grundgesetz und den meisten Länder-verfassungen aufgenommen. Das bedeutet nicht, dass die »schwarze Null« zwangsläufig zum Investitionsstau und anhaltender Steuerungerechtigkeit füh-

ren muss. Die Bundesregierung aber vermittelt den Eindruck, als sei ein ausgeglichener Haushalt das Maximum an Zukunftsvorsorge. Doch die Politik hat auch die Aufgabe, für ein gerechtes Steuersystem zu sorgen. Davon sind wir in Deutschland nach wie vor weit entfernt. Immer noch werden Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer über die Maßen zur Kasse gebeten, andere Einkommen vergleichsweise geschont.

WACHSTUM UND BESCHÄFTIGUNG sorgen für staatliche Einnahmen auf Rekord-niveau. Aber die Leistungsträger in Wirtschaft und Gesellschaft, die Arbeitnehmerin-nen und Arbeitnehmer, werden relativ härter besteuert als hohe Kapitaleinkommen. Das hat mit sozialer Gerechtigkeit nichts zu tun. Das ist auch nicht so zu rechtfertigen, dass der Staat schuldenfrei bleiben möchte. Ein schuldenfreier Haushalt, der auf einem ungerechten Steuersystem und fehlenden Zukunftsinvestitionen beruht, spart nicht für künftige Generationen, sondern zulasten unserer Kinder.

WANN, WENN NICHT JETZT will die Politik Zukunftsaufgaben anpacken? Ein Zinsniveau nahe null, keine nennenswerte Inflation: Jetzt ist die Option da, ein ge-rechtes Steuersystem mit einer Investitionsoffensive zu verbinden. In die öffentliche Infrastruktur, in das Bildungswesen, in die Attraktivität des Industriestandortes Deutschland. Das sind Voraussetzungen für nachhaltige Wachstums- und Beschäf-tigungserfolge und für mehr Netto vom Brutto arbeitender Menschen.

Wo bleibt die Gerechtigkeit?

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> TITEL ENERGIEPOLITIK

DIE BUNDESREGIERUNG ist dabei, die Weichen in der Energiepolitik falsch zu stellen. Klimaschutz einseitig zulasten der Braunkohle- verstromung bedeutet aber wirtschaftliche und soziale Verwerfungen: Der Verlust von Arbeitsplätzen, steigende Strompreise und schwankende Versorgungssicherheit drohen.

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Der soziale Blackout

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Nun könnte es ihm an den Kragen gehen, dem letzten subventions-freien und wirtschaftlichen Ener-

gieträger in Deutschland: der Braun-kohle. Und mit ihm vielen Beschäftigten in der Gewinnung, der energieintensiven Industrie und regionalen Zulieferern.

Mit den Ideen zu einem nationalen Klimaschutzbeitrag aus dem Hause von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel riskiere die Politik »den Kollaps der gro-ßen Energieversorger und den sozialen

13

Blackout ganzer Regionen« sagte IG-BCE-Vorsitzender Michael Vassiliadis vor besorgten Kraftwerkern und Berg-leuten im Tagebau Jänschwalde. Nach den Revierkonferenzen, der Unterschrif-tenaktion für bezahlbaren Strom und gute Arbeitsplätze sowie den Betriebs-versammlungen bezog die IG BCE nach Redaktionsschluss mit einer Großdemo in Berlin Stellung zu den vernachlässig-ten sozialen und ökonomischen Aspek-ten der Energiewende.

In den betroffenen Regionen ist die Besorgnis vor Ort groß – auch wenn die Bundeskanzlerin sich für eine länger-fristige Weiternutzung der Braunkohle ausgesprochen hat. Als hoch entwickel-tes Industrieland sei Deutschland auf eine sichere Stromversorgung rund um die Uhr angewiesen. »Die Braunkohle leistet dazu auch wegen ihrer Verfüg-barkeit einen wichtigen Beitrag«, sagte Merkel der Lausitzer Rundschau im Sep-tember.

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Auch die finanziellen Auswirkungen auf Städte und Kommunen wären im-mens, befürchtet dagegen der nordrhein-westfälische SPD-Landtagsabgeordnete Rainer Thiel. Die Stadt Grevenbroich, die sich im Nothaushalt befindet, ver-löre pro Jahr rund 30 Millionen Euro Ge-werbesteuer, schreibt er im offenen Brief an Merkel. Das Ende von Tagebauen wäre eine weitere Folge und eine Katastro- phe für Stadt- und Regionalentwicklung, da große Restlöcher an unerwünschter Stelle verblieben und die Rekultivierung der Restseen finanziell gefährdet wäre.

Die Kritik an dem von Gabriels Ener-giestaatssekretär Rainer Baake entworfe-nen Plan geht quer durch die Republik. Von Bürgermeistern rund um den Tage-bau Welzow-Süd mit Befürchtungen von Kaufkraftverlust und Gebäudeleerstand bis hin zu den Ministerpräsidenten der betroffenen Länder. Michael Fuchs, Unionsfraktionsvize im Bund, fasste zu-sammen: »Eines kann keiner wollen, dass ganze Regionen und Branchen zu Ener-giewende-Verlierern werden.«

40 Prozent weniger CO2-Ausstoß im Vergleich zu 1990 – das will die Bundes-regierung bis 2020 erreichen. Um die selbst gesteckten Klimaschutzziele noch zu erfüllen, wollen die Vordenker im Wirtschaftsministerium die Kraftwerks-emissionen um zusätzliche 22 Millio-nen Tonnen Kohlendioxid mindern. Da-für soll eine Klimaabgabe für mehr als

»Kraftwerke werden sofort unprofitabel«

05G E R E C H T F I N A N Z I E R E N – ST E U E R N STAT T E E G-UM L AG E

Das EEG sollte den erneuerbaren Ener-gien den Markteintritt ermöglichen: Abnahmegarantien und feste Preise sollten ihren Ausbau ankurbeln. Das ist geglückt. Inzwischen liegt der Markt-anteil der Erneuerbaren bei 27,8 Pro-zent. Er muss weiter steigen, um zu einer Vollversorgung aus Erneuerbaren zu kommen. Die Kosteneffizienz darf dabei aber nicht außer Acht gelassen werden. Es ist darum Zeit, dass grüne Energie sich dem Wettbewerb stellt. Wir können nicht auf Dauer jedes Angebot an Erneuerbaren bezahlen, egal was es kostet und ohne dass es Netze und Bedarf dafür gibt.

> MARKTINTEGRATION SICHERT EFFIZIENZ UND VERSORGUNG Die Kombination aus Abnahme- und Preisgarantie bei ungebremstem Aus-bau der Erneuerbaren hat sich zu einem Kosten-Torpedo entwickelt. In Deutschland hat sich der Strompreis für private Verbraucherinnen und Ver-braucher zwischen 2000 und 2014 nahezu verdoppelt. Die Kosten für die Industrie stiegen um 76 Prozent. Um

private Haushalte und Industrie zu entlasten, ist die Integration der Erneuerbaren in den Energy-Only-Markt nötig: Nur tatsächlich gelieferte Energie wird bezahlt, nicht genutzte Kapazitäten werden nicht vergütet. So muss auch grüne Energie effizient sein und sichere Versorgung garantieren. Der Netzausbau muss Vorrang vor der Schaffung neuer Kapazitäten haben.

> NETZAUSBAU VOR SCHAFFUNG NEUER KAPAZITÄTEN Bis ausreichend Netze und Speicher vorhanden sind, ist die Braunkohle zentral für Deutschlands Energiever-sorgung. Sie garantiert eine subven-tionsfreie und preisstabile Stromver-sorgung. Ein sofortiger Ausstieg aus der Braunkohle würde den Strompreis in die Höhe treiben, Arbeitsplätze kos-ten und die energieintensive Industrie in Deutschland belasten. Ein Doppel-ausstieg aus Atom und Kohle ist nicht realistisch. Die Energiepolitik muss die Energiepreise und die Versorgungs-sicherheit ebenso im Blick behalten wie die klimapolitischen Ziele. <

ERNEUERBARE ENERGIEN IN DEN MARKT INTEGRIEREN

Brutto-Stromerzeugung 2014 in Deutschland

Die Braunkohle liefert ein Viertel des hierzulande erzeugten Stroms. Sie ist der Garant für eine sichere Stromversorgung, die nicht sub-ventioniert werden muss. Ein sofortiger Doppelausstieg aus Kohle und Atomkraft ist unrealis-tisch. Er würde zu einem massiven Anstieg des Strompreises führen.

Quelle: BDEW, BMWi, Stat. BA, Stat. der Kohlewirtschaft, AGEB, ZSW

Erneuerbare Energien haben heute 27,8 Prozent Marktanteil. Doch sie werden nicht wirtschaftlich gehandelt: Garantierte Abnahme und feste Preise treiben die Stromkosten hoch.

25,8 % Erneuerbare Energien 25,6 % Braunkohle 18 % Steinkohle 15,9 % Kernenergie 9,6 % Erdgas 4,3 % Übrige Energieträger

0,8 % Heizöl

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EEG-Strom und EEG-Auszahlung

Quelle: EEG-Jahresabrechnungen und Konzepte zur Berechnung der EEG-Umlage 2013 und 2014

22,4Milliarden

Eurodas ist die Summe der

EEG-Umlage 2014

TITEL ENERGIEPOLITIK>

20 Jahre alte fossile Kraftwerke sorgen, die einen CO2-Freibetrag überschreiten. Bis ausreichend Netze und Speicher für die erneuerbaren Energien vorhanden sind, spielt die Braunkohle jedoch eine zentrale Rolle: Sie liefert ein Viertel des hier erzeugten Stroms, bietet Ver- sorgungssicherheit und sorgt für einen konkurrenzfähigen Strompreis. Sie ist zudem eine wichtige Hilfe auf dem Weg zur umweltfreundlichen Energie: »Das Geschiebe mit Sonne und Wind funktio-niert nur, weil die Kraftwerke stampfen«, sagte Professor Harald Weber, Inhaber des Lehrstuhls für Elektrische Energie-versorgung der Uni Rostock. Die sind nun doppelt gefährdet. Einmal, weil sie nach Weber »rauf und runter fahren wie die Blöden« und ihr Verschleiß achtmal so hoch sei wie bei Konstantbetrieb. Und weil ein Großteil der Kraftwerke zu-sammen mit den Tagebauen direkt vor dem Aus steht, da sie nach den neuen Vorgaben kaum wirtschaftlich betrieben werden könnten.

EINE VON DER IG BCE IN AUFTRAG ge-gebene Studie der Investmentbank Lazard bestätigt das. Im schlimmsten Fall würden von den 38 Braunkohle-Kraftwerkblöcken durch den Klimabeitrag 85 bis 95 Prozent sofort unprofitabel. Bei der günstigsten Rechnung wären es immer noch bis zu 40 Prozent. Die restlichen würden eben-falls in die roten Zahlen rutschen. Denn

gehen Kraftwerke vom Netz, müssen die wenigen verbleibenden allein für die Kosten der Tagebaue aufkommen. Diese finanzielle Belastung können sie nicht bewältigen. Die Belegschaft steht auf der Straße. Selbst die Schweizer Großbank UBS rechnete vor, dass umweltfreund- lichere neue Kraftwerke durch die Still- legung alter unrentabel werden könnten.

Dabei gibt es gute Möglichkeiten, CO2 effektiv und sozial verträglich zu reduzie-ren. Mit gezielten Investitionen im Gebäu-de- und Verkehrssektor sowie der Kraft-Wärme-Koppelung lassen sich enorme Mengen sparen, ohne dass es zu Kosten-explosionen und Belastungen kommt. Ein solches Infrastrukturprogramm stärkt den Standort, schafft Wachstum und Arbeits-plätze und sorgt für einen Beitrag zum Klimaschutz. Aufgrund des global wach-senden Energiebedarfs stiegen die CO2-Emissionen von 2011 bis 2035 um 20 Prozent an, mahnt die Internationale Energieagentur. Deutschland will weiter reduzieren. »Wenn wir hier zeigen, dass eine Energiewende machbar ist, die öko-nomisch erfolgreich ist und zu sozialem Fortschritt führt, werden auch andere Länder diesen Weg gehen«, sagte IG-BCE-Chef Vassiliadis. Der mit dem Eckpunkte-papier faktisch eingeleitete Ausstieg aus der Braunkohle sei für das Weltklima ohne Bedeutung, für die Menschen und die Regionen aber eine Katastrophe.

Jörg Nierzwicki

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»Wir waren schockiert, als wir von den Plänen erfahren ha-ben. Der ganze Tagebau ist in Gefahr, das funktioniert nur als Ganzes, so ein Standort. Hier im Kraftwerk, wo ich arbeite, haben wir viele junge Kollegen. Die würde es ganz besonders treffen. Einige fangen gerade an, sich ein Haus zu bauen. Die können solche Einschnitte nicht gebrauchen.« MATTHIAS GAMMERT, Mibrag, Instandhaltung Kraftwerk Deuben

»Hier herrscht allgemeines Unverständnis über die Pläne. Das so etwas kommen könnte – das will von uns niemand. Wenn man überlegt, wie viele junge Leute wir eingestellt haben, wie die zu-rückfallen würden, wenn sie sich eine neue Arbeit suchen müss-ten – das ist Wahnsinn. Der Betrieb hier ist unsere Zukunft. Ich bin Bergman, ich möchte hierbleiben.« MARCEL HEIN, Mibrag, Wartung und Instandhaltung Tagebau Großgeräte

»DAS FUNKTIONIERT NUR ALS GANZES«

»DER BETRIEB HIER IST UNSERE ZUKUNFT«

»Wir müssen jetzt auf jeden Fall als Region zusammenhalten und gegen die Pläne eines Braunkohleausstiegs vorgehen. Denn die ganze Region würde kaputtgehen, Zehntausende würden auf der Straße sitzen, ein Großteil der Lausitz würde arbeitslos werden. Als Region haben wir doch schon genug Opfer gebracht.«STEFANIE WEISSE, Tagebau Welzow-Süd, Industriemechanikerin in der Kolonne Gleisbau

»ALS REGION HABEN WIR SCHON GENUG OPFER GEBRACHT«

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21,1 %das ist der Anteil der EEG-Umlage am Strompreis

Höhe der EEG-Umlage für Haushaltsstromkunden in Deutschlandin den Jahren 2003 bis 2015 (in Euro-Cent pro Kilowattstunde)

2003

0,54 0,63 0,78 0,96 1,15 1,3

2,15

3,53 3,59

5,286,24 6,17

2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

Quelle: Netztransparenz.de

> EEG-UMLAGE IST EINE PAUSCHALE BELASTUNG Starke Schultern tragen mehr als schwache. Das ist das solida-rische Prinzip, nach dem Steuern gezahlt und gemeinschaftli-che Aufgaben finanziert werden, vom Gesundheitswesen bis zum Bildungssystem. Ganz anders bei der Energiewende: In diesem Fall tragen die Stromkundinnen und -kunden die Kos-ten – allerdings nicht nach den jeweiligen Möglichkeiten, son-dern pauschal: Für jede Kilowattstunde Strom zahlen sie aktu-ell 6,17 Cent EEG-Umlage. Sie macht knapp ein Fünftel des Strompreises aus. Der ist wegen dieser Umlage in den letzten Jahren enorm gestiegen. Bislang beruht die Finanzierung der Energiewende auf dem Mythos: teurer Strom ist guter Strom. Tatsächlich aber stößt die Annahme, Strom ließe sich über höhere Effizienz so schnell einsparen wie er teurer wird, zunehmend an physikalische und ökonomische Grenzen. Die-se Gleichung geht schon längst nicht mehr auf.

> SOZIAL GERECHT UND WIRTSCHAFTLICH SINNVOLL Die Energiewende ist eine gesamtgesellschaftliche Aufga-be und muss über Steuern finanziert werden. Das ist sozial gerecht und wirtschaftlich sinnvoll. Als Posten im Bundes-

haushalt würde sie jährlich beraten und auf Wirtschaftlich-keit überprüft. Das schafft Transparenz über die Kosten der Energiewende und nimmt diejenigen in die politische Ver-antwortung, die sich bislang hinter der Stromrechnung ver-stecken können. Die komplizierten Ausnahmeregelungen für die energieintensive Industrie wären nicht länger nötig. Und die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tragen nicht länger pauschal, sondern im Rahmen ihrer wirtschaft-lichen Leistungsfähigkeit zur Energiewende bei.

> STEUERFINANZIERUNG: FÜR EINE GERECHTE ENERGIEWENDE Die Energiewende ist ein Jahrhundertprojekt, in seiner Dimension vergleichbar mit der Deutschen Einheit. Der Solibeitrag zu deren Finanzierung läuft 2019 aus. Es macht Sinn, das Geld künftig für die Energiewende zu nutzen. Bereits heute bietet der Bundeshaushalt noch 22 Milliarden Euro Verschuldungsspielraum – bei einem Zinssatz von praktisch null Prozent und gestiegenen Steuereinnahmen. Die europäischen Energie- und Um welt beihilfe-Leitlinien erlauben die Finanzierung über Steuern. Der Weg für eine gerechte Energiewende ist frei – die Umsetzung ist eine Frage des politischen Wollens. <

Die Politik macht es sich zu leicht, wenn sie alle Kosten des Jahrhundert projekts Energiewende auf den Strompreis legt. Gerecht und wirtschaftlich sinnvoll ist nur die Finanzierung über Steuern.

GERECHT FINANZIEREN STEUERN STATT EEG-UMLAGE

»Wenn dieses Eckpunktepapier wirklich durchkommen sollte, gehen hier die Lichter aus. Wenn die Kraftwerke mit so einer Steuer belegt werden, ist der Betrieb nicht mehr wirtschaftlich. Aber dann lohnt sich der Braunkohlenbergbau insgesamt nicht mehr. Nur, wer soll dann das Stromnetz absichern, wenn kein Wind weht und keine Sonne scheint?«RAINER QUINQUE, Vertriebsingenieur bei der Mibrag

»WER SOLL DAS STROMNETZ ABSICHERN?«

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16

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»In meiner Masterarbeit untersuche ich gerade, wie Vattenfall neue Fach-kräfte gewinnen kann. Da sind Vor-haben wie die einer CO2-Abgabe für ältere Kraftwerke überhaupt nicht zu-träglich. Zehntausende Arbeitsplätze gingen verloren und vor allem die jungen Leute würden abwandern.« MELANIE FREISTÄDT, Vattenfall Hauptverwaltung, Masterandin

»GEMEINSAM WOLLEN WIR IN DER REGION BLEIBEN«

»Ich bin schockiert über die Pläne und mache mir Sorgen um die Zu-kunft der Lausitz, um meinen Ar-beitsplatz, um das Kraftwerk Jänsch-walde. Wenn das Kraftwerk dicht- gemacht wird, dann steht mein Arbeitsplatz auf der roten Liste und dann sieht es auch arbeitstechnisch hier in meiner Heimat schlecht aus. Dann kann ich nicht in der Region bleiben, muss woanders hingehen. Wir wollen das nicht!«MATHIAS BUSS, Kraftwerk Jänschwalde, Betriebsingenieur für die Ver- und Entsorgung

»SORGEN UM DIE ZUKUNFT DER LAUSITZ«

»Wir haben beim Seniorentreff von der außerordentlichen Betriebsver-sammlung erfahren. Ich komme aus Görlitz und war sofort bereit, die Aktion zu unterstützen Das Eck-punktepapier gefährdet die Wirt-schaftlichkeit der Kraftwerke – das darf nicht sein! Wir sind stabiler und zuverlässiger Partner der Volkswirtschaft, das waren wir früher schon und sind es auch heute.«WILFRIED HOFFMANN, Kraftwerk Schwarze Pumpe, Obermaschinist in passiver Altersteilzeit

»WIR SIND STABILER PARTNER DER VOLKSWIRTSCHAFT«

»WIR SCHALTEN SINNLOS AB«

»Wir waren geschockt. Wenn diese Pläne umgesetzt werden, verlieren wir unseren Arbeitsplatz, das ist klar. Damit sind dann natürlich auch Exis-tenzängste verbunden. Bis 2020 sind ja nur noch fünf Jahre. Unsere Arbeit hier, die machen wir gern. Und der Tagebau, der gehört einfach zur Region – das war schon immer so.«

ELKE KIRSCH, Archäologin, arbeitet für die Mibrag-Tochterfirma Gala Landschaftsbau

»UNSERE ARBEIT HIER MACHEN WIR GERN«

»Wir haben gerade ein Haus gebaut. Ich habe einen sechs Monate alten Sohn. Gemeinsam wollen wir in der Region bleiben und hier alt werden. Wenn die CO2-Abgabe für die Kraft-werke kommt, wüsste ich nicht, wie wir das erhalten könnten. Ich will Flag-ge bekennen, mit meiner Stimme der Unterstützung fürs Revier Nachdruck verleihen. Es ist wichtig, dass wir zusammenststehen und zeigen, dass wir viele Leute sind, die von der Braunkohlenindustrie in der Lausitz leben.«CHRISTIAN WOLFRAM, Vattenfall Cottbus, Gesamtbetriebsrats-Mitarbeiter

»VOR ALLEN JUNGE LEUTE WÜRDEN ABWANDERN«

»Ich kämpfe dafür, dass wir weiterhin hier arbeiten können und dass auch unser Kind, das bei Vattenfall lernen will, in der Region eine Zukunft hat. Es darf nicht dazu kommen, dass wir sinnlos Kraftwerkskapazitäten ab-schalten und die dann zum Beispiel nach Osteuropa oder Südeuropa wandern. Wenn einfach nur anders-

wo die Kohle verstromt wird, haben wir bei uns die Arbeits-plätze kaputtgemacht – und das CO2 wird trotzdem pro- duziert.«ANNETT ALEXANDER, Tagebau Welzow, Markscheiderei

»Wir stehen ja hinter den Klimazielen«

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»WER KÜMMERT SICH DANN UM MEINE ELTERN?«

»Die radikale Reduzierung des CO2-Ausstoßes bis 2020 kann nicht allei-ne von der Braunkohle getragen wer-den, das wäre eine komplette Absage an die Braunkohle. Die Kolleginnen und Kollegen fürchten, dass die ge-plante Abgabe das Aus für unsere Kohlekraftwerke und Tagebaue be-

deutet. Jeder von uns bangt um seinen Arbeitsplatz! Darüber hinaus würde der Industriestrom künstlich so verteuert, dass die gesamte Industrie in NRW extrem belastet würde. Auch hier reden wir über 100 000 Arbeitsplätze. Dass uns der Klimaschutz ein Anliegen ist, sieht man an den weltweit modernsten, effektivsten und saubersten Kohlekraftwerken. Die Pläne von Sigmar Gabriel sind einfach zu radikal!«ISMAIL TEKIN, BR-Vorsitzender RWE Power, Tagebau Garzweiler

»WIR HABEN JA SCHON DIE MODERNSTEN KRAFTWERKE«

»Hier bei uns haben viele richtig Angst um ihren Arbeitsplatz. Das träfe eine Region wie das Rheinland hart, wenn da Tausende von Arbeits-plätzen wegfallen. Dabei stehen wir ja hinter den Klimazielen der Bun-desregierung, die Emissionen bis 2050 zu reduzieren. Wir sehen uns als Brückentechnologie im Struktur-

wandel. Aber wenn es so kommt, ist das kein Strukturwandel mehr, sondern ein Strukturbruch.«HARALD LOUIS, BR-Vorsitzender RWE Power, Tagebau Inden

»KEIN STRUKTURWANDEL – EIN STRUKTURBRUCH«»Wenn die Pläne so umgesetzt wer-

den, wäre das der Super-GAU für uns. Das ist locker formuliert, richtet sich aber gezielt gegen Braunkohle. Dann könnten wir den Laden hier dichtmachen, kein Unternehmen kann es sich leisten, Geld zu verbren-nen. Damit wird die technische Ent-

wicklung der Region eingestampft. Was mich besonders är-gert, sind die jahrelangen Spielchen der Politik. Immer mehr Jobs, mit denen man seine Familie ernähren kann, gehen so ins Ausland.«NORBERT POHLMANN, BR-Vorsitzender RWE Power Technikzentrum Frechen

»MICH ÄRGERN DIE SPIELCHEN DER POLITIK«

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UM ST E U E R N I N D E R E N E RG I E PO L I T I K 03

EUROPÄISCH DENKENNUR SO GELINGT DIE ENERGIEWENDE

> WETTBEWERBSFÄHIGKEIT SICHERN Europa importiert derzeit über 50 Prozent seiner Energie – das kostet mehr als eine Milliarde Euro pro Tag und 400 Milliarden Euro im Jahr. Diese Importe machen Europa wirtschaftlich und politisch abhängig von anderen Län-dern. Zudem liegen die Preise für Strom in Europa 30 Pro-zent über denen in den USA, die für Gas sogar über 100 Pro-zent. Das ist ein enormer Wettbewerbsnachteil für die EU, den nur eine gemeinschaftliche europäische Anstrengung ausräumen kann.

> NETZAUSBAU VORANTREIBEN Derzeit steckt der Umstieg auf Erneuerbare in nationalen Grenzen fest: Deutschland könnte theoretisch seinen kom-pletten Strombedarf mit Erneuerbaren decken – wenn sie grundlastfähig wären. Doch bisher liefern wir an wind- und sonnenreichen Tagen überschüssigen Strom kostenfrei nach Holland und Österreich, an wind- und sonnenarmen Tagen importieren wir ihn zu Höchstpreisen. Ein beschleu-nigter europaweiter Ausbau und Zusammenschluss der Stromnetze ist deshalb entscheidend. Er sorgt für Sicher-heit, Verlässlichkeit, weniger Transportengpässe und mehr

Wettbewerb beim Strompreis – und könnte die Verbrau-cherinnen und Verbraucher um jährlich 40 Milliarden Euro entlasten.

> ENERGIEUNION SCHAFFT WACHSTUM Der Netzverbund ist zudem die Grundlage für einen konse-quenten Ausbau der erneuerbaren Energien. Ein europa-weites Zusammenschalten von Windparks an den Küsten, Wasserkraft aus Skandinavien und Solarenergie aus dem Süden schafft eine sichere und unabhängige Versorgung, die auch Schwankungen ausgleichen kann.

Das käme auch der europäischen Wirtschaft zugute. Gera-de bei den erneuerbaren Energien gibt es nach wie vor ein großes Wachstumspotenzial. Wer hier investiert, schafft mehr Beschäftigung und die Grundlage für eine Welt-marktführerschaft. Die von der EU-Kommission angestoße-ne europäische Energieunion ist deshalb der richtige Schritt. Die Energie sei schon viel zu lange von den Grund-freiheiten der Union ausgeschlossen, sagt Kommissions-chef Jean Claude Juncker: „Jetzt geht es darum, dass Europa gemeinsam handelt – auf lange Sicht.“ <

Wir haben eine gemeinsame Währung und können von Stockholm bis nach Madrid fahren, ohne auf eine einzige Grenze zu stoßen. Doch bei der Energieversorgung ist die EU alles andere als grenzenlos. Es gibt bisher keine gemeinsame Energiepolitik. Das muss sich ändern.

400Milliarden Eurobezahlt Europa jedes Jahr für Energieimporte.

Strompreise in ausgewählten Ländern weltweit im Jahr 2014in US-Dollar-Cent pro kWH

19,21

Deutschland

21,01

Italien

10,44

Österreich10,74

Frankreich

12,68

Belgien

10,46

Polen

12,55

Slovakei

10,47

Tschechische Republik

10,08

Niederlande

15,40

Vereinigtes Königreich

13,64

Spanien

13,84

Portugal

Quelle: NUS Consulting

10,00

USA

»Es darf nicht sein, dass politische Vorhaben, die nur auf Populismus setzen, unsere funktionierende Wirt-schaft kaputtmachen. Alles, wofür wir seit der Wende gearbeitet haben, ginge den Bach runter. Ich muss mich um zwei Elternteile kümmern, die zählen auf mich. Ich bin ihr Ein-

ziger, der noch in der Gegend wohnt. Auch ich müsste weg-gehen, wenn ich nicht mehr in der Braunkohlenindustrie ar-beiten könnte.«ERIK MICHAELIS, Tagebau Jänschwalde, Arbeitsplaner

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TragfähigSELTEN ZUVOR lagen die Ausgangspositionen so weit auseinander wie in der Chemie- Tarifrunde 2015. Am Ende steht ein tragfähiger Kompromiss. Ohne gewerkschaftliche Kraftentfaltung wäre der Abschluss von Stuttgart nicht zustande gekommen.

Ohne Umstände zogen die Che-mie-Arbeitgeber blank. Noch vor Beginn der Tarifverhandlungen

verkündeten sie allen Ernstes, es gebe »keinen Verteilungsspielraum«. Die ro-buste Konjunktur, die insgesamt ordent-lichen Rahmenbedingungen und die positiven Meldungen aus vielen Unter-nehmen – das alles kümmerte sie nicht. Hardliner und Ideologen übernahmen das Kommando und sorgten für eine aggressive Tonlage.

Von einer konstruktiven und lösungs-orientierten Strategie keine Spur, statt-dessen regierten Ideologie und Rea- litätsverweigerung. In den regionalen Auftaktverhandlungen bis hin zur ersten Bundesrunde Ende Februar in Kassel führten die Arbeitgeber stets das gleiche Stück auf: In einer Mischung aus Igno-

ranz und Arroganz schwadronierten sie von »kleiner Münze« und »Eintopf statt Drei-Sterne-Menü«.

Damit nicht genug, sie drehten weiter an der Eskalationsschraube. Das zeigte sich wenige Tage später, in Neuss legten die Arbeitgeber ein sogenanntes Angebot auf den Tisch. 1,6 Prozent bei drei Leer-monaten und einer Gesamtlaufzeit von 15 Monaten. Den Demografiebeitrag wollten sie nur einmal zahlen, 200 Euro im Jahr 2016. Provokation pur.

Spätestens jetzt war klar: Die Kraft der Argumente reicht nicht aus, um zu ei-nem tragfähigen Abschluss zu kommen. Ohne Aktion wird sich nichts bewegen. Und die Antwort kam. Die IG BCE mo-bilisierte ihre Mitgliedschaft. In Hunder-ten Aktionen vor Ort, dann in Groß-kundgebungen.

INSGESAMT zeigten von Hamburg bis Burghausen über 100 000 auf den Stra-ßen und Plätzen Flagge. Jetzt musste in Stuttgart eine Entscheidung fallen. Ent-weder gelingt am 26. und 27. März der Durchbruch oder die Zeichen stehen auf Arbeitskampf.

Offenkundig hatten die Arbeitgeber das Signal der 100 000 verstanden. Sie verließen ihre betonierten Stellungen und gingen auf Kompromisskurs. Die 1,6 Prozent verschwanden im Nirwana, auch in die Demografiefrage kam kräftig Bewegung.

Doch einfach wurde es auch jetzt nicht, glatt geht anders. Stundenlang rangen die je sieben Vertreter beider Sei-ten buchstäblich um jeden einzelnen Millimeter. Mehrfach standen die Ver-handlungen am Rande des Abbruchs.

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NACH ANDERTHALB TAGEN schließ-lich waren sämtliche Kompromissspiel-räume ausgelotet. Die gewerkschaftliche 7er-Kommission legte der großen Tarif-kommission das Ergebnis zur Diskus- sion und Entscheidung vor: Eine Entgelt-erhöhung von 2,8 Prozent und 40 Euro mehr für die Azubis. Dazu kommt eine kräftige und langfristig gesicherte Auf-stockung des Demografiefonds. Vom Tisch ist das Vorhaben der Arbeitgeber, die Altersfreizeiten zu streichen.

Prozentzahl und Vertragslaufzeit lös-ten keine Jubelstürme aus, stießen bei den Delegierten aus den Betrieben und allen Regionen auf ein unterschiedliches Echo. Insbesondere die gewählten Ver-treter aus den gut verdienenden Unter-nehmen kritisierten die gefundene Zahl. Doch im Lauf der Debatte rückten ne-ben der Entgelterhöhung auch die anderen Bestandteile der Vereinbarung immer stärker in den Fokus. So stellte Matthias Scheer (SABIC) nüchtern fest: »Schmerzhaft bei der Entgelterhöhung ist natürlich die lange Laufzeit. Aber letztendlich ist das Gesamtpaket ent-scheidend. Und das muss man positiv sehen. In Sachen Demografie haben wir klar gepunktet.«

Tarifpaket im Detail

ENTGELTE

Nach einem Leermonat steigen die Entgelte um 2,8 Prozent, die Gesamtlaufzeit beträgt 17 Monate. Die Ausbildungsvergütungen werden um 40 Euro angehoben. Für Betriebe in wirtschaftlichen Schwierigkeiten gelten Sonderregelungen.

Die Entgelterhöhung tritt regional unterschiedlich in Kraft: In den Tarifbezirken Nordrhein, Rhein-land-Pfalz und Hessen am 1. April; in Westfalen, Bayern, Baden-Württemberg, Niedersachsen/Bremen, Schleswig-Hol-stein/Hamburg und Berlin am 1. Mai; im Saarland und in Nordost am 1. Juni.

DEMOGRAFIE

Herzstück des Tarifvertragswerks »Demografie und Lebensarbeitszeit« ist der betriebliche Demografiefonds. Die Arbeitgeber zahlen pro Jahr und Beschäftigten 338 Euro in diesen Topf ein. Ein Abkommen über zusätzliche Beträge läuft Ende des Jahres aus.

Neu vereinbart ist, dass der Demografie-beitrag von 338 Euro in zwei Stufen kräftig angehoben wird. Die Arbeitgeber zahlen 2016 dann 550 Euro und 2017 analog 750 Euro in den Fonds ein. Die Aufstockung um insgesamt 412 Euro entspricht rechnerisch einer Entgelt-erhöhung von rund 0,9 Prozent. Der Vertrag gilt langfristig.

Betriebsräte und Geschäftsführungen entscheiden gemeinsam über die Verwendung der Fondsmittel. Im Ver-tragswerk sind sechs Möglichkeiten festgelegt: Langzeitkonto, Altersteilzeit, Teilrente, Berufsunfähigkeitszusatzver-sicherung, tarifliche Altersvorsorge und lebensphasenorientierte Arbeitszeit (»RV 80«). Die Vereinbarung RV 80 ermöglicht, dass für ältere Beschäftigte in Kombination mit der tariflichen Altersfreizeit die Vier-Tage-Woche eingeführt wird.

Ein Chemikant (Endstufe Entgeltgruppe 6, Tarifbezirk Rheinland-Pfalz) hat im Januar 2011 2793 Euro verdient, heute kommen 447 Euro mehr aufs Konto. – In den vergangenen vier Jahren sind die Entgelte in der chemischen Industrie um rund 16 Prozent gestiegen. Doch nicht nur nominell haben sich die Einkommen erhöht. Die prozentualen Anhebungen lagen stets deutlich über der Preissteigerungsrate. Das hat zu einem kräftigen realen Plus in den Portemonnaies geführt. Einmalzahlungen und die Demografiebeiträge sind in der Grafik nicht berücksichtigt.

Auch Katja Marx (Zschimmer & Schwarz) kann mit dem Ergebnis »gut leben. Der vereinbarte Demografiebei-trag gibt uns auf lange Zeit wirklich Handlungsspielraum.« Jugendvertrete-rin Maria-Lucia Amoddeo (BASF) zeigte sich mit »den 40 Euro auf jeden Fall zufrieden, das ist ein super Ergebnis für unsere Azubis«.

Schließlich traf die große IG-BCE-Ta-rifkommission eine klare Entscheidung: Annahme bei acht Gegenstimmen und zwei Enthaltungen. Dem Gremium ge-hören 88 Kolleginnen und Kollegen an.

»Kein strahlendes Ergebnis, aber ein tragfähiges«, brachte IG-BCE-Verhand-lungsführer Peter Hausmann die Stim-mungslage auf den Punkt. »Wir haben eine außergewöhnliche Tarifrunde hin-ter uns, die gewiss nicht in jedem Jahr zur Wiederholung geeignet ist.«

FESTZUHALTEN BLEIBT: Die Beschäf-tigten in der chemischen Industrie sind nicht von der Einkommensentwicklung abgekoppelt, diese Absicht der Arbeit-geber ist durchkreuzt. Die Chemie setzt weiter gemeinsam mit der Metall-Bran-che den industriellen Entgeltstandard.

Michael Denecke

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012

Erfolgreiche IG-BCE-Tarifpolitik

2,0

1,91,5

1,0

1,7

1,5 1,6

2,3

2,6

0,4

1,1

2,1 2,0

3,3

2,6

1,5

2,7

3,6

4,4

3,3

4,14,5

Quelle: IG BCE, Abteilung Tarifpolitik, Statistisches Bundesamt, *Stand März 2015

Tariferhöhung Inflationsrate

2013 2014 2015

1,5

0,9

3,7

0,3*

2,8

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20 | kompakt | Mai 2015

> LESERFORUM

Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie

kompakt

VOR ORT Warnstreiks bringen die Wende: Vattenfall-Beschäftigte erzwingen Tarifabschluss

TENDENZEN Industrie 4.0 – Die Fabrik weiß, wie es geht

TIPPS Lärm am Arbeitsplatz – und was man dagegen tun kann

Nr. 04 I APRIL 2015 www.igbce.de

Warum Zuwanderung unserem Land gut tut.

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Schreiben Sie uns! Wir freuen uns über Lob, Kritik und Anregungen.

Leserbriefe stellen die Meinung des Einsenders dar. Anonyme Zuschriften werden nicht berücksichtigt. Die Redaktion behält sich Kürzungen vor.

> Die neue Bonus Pflegeversicherung

von Rolf Winkel (03/2015)

Nicht nachvollziehbar

@ Liebe Redaktion, in der Märzausgabe habt ihr

für eine Pflegezusatzversiche-rung geworben. Dabei wur-den Zahlen für Pflegeleistun-gen genannt, die für mich nicht nachvollziehbar sind und weit unter dem liegen, was meine Mutter an Leistun-gen für die häusliche Pflege bekommen hat. Damit würde die Versorgungslücke wesent-lich kleiner und natürlich eine Zusatzversicherung weit weniger interessant.

Uwe Ritter, per E-Mail

Anmerkung der Redaktion: Sie haben recht, lieber Kollege, aber nicht ganz: Ihrer Mutter ste-hen von der gesetzlichen Pflege-versicherung aktuell für Pflege-sachleistungen 689 Euro be- ziehungsweise 1298 Euro (Stufe 1 oder 2 mit »Demenz«) für Hilfe von Profis zu. Die im Text erwähnten 316 respektive 545 Euro sind die Beträge, die von der gesetzlichen Pflegeversicherung als frei verfüg-bares Pflegegeld analog der Pfle-gestufen gezahlt werden, wenn sich Angehörige, Bekannte um den Betreffenden kümmern.

> Tarifabschluss Chemie

Streik abgewendetVielen Dank an die Tarifkommission. Ihr

habt einen Streik abwenden können. Darüber bin ich sehr froh. Wer leichtsinnig über Streik redet, weiß nicht, von was er spricht. Für die Jugend und Mitarbeiterbildung habe ich mir mehr gewünscht. De-mografie ist gut. Ich kann auch die Enttäuschung über die 2,8 Prozent verstehen, aber allemal besser als Streik und für kleine Unternehmen finanzierbar.

Carola Knell, per Facebook

> Michael Vassiliadis zur Energiepolitik

Standpunkt (04/2015)

Kohle ist wichtigEndlich fangen die Vertreter der Beschäf-

tigten an, ihren Unmut über das zu äußern, was man »geplante Arbeitsplatz-vernichtung« nennen kann. Es ist klar, dass der mediale Mainstream in Deutschland solche Ansätze überhaupt nicht gerne zur Kenntnis nimmt oder darüber berich-tet. Man kann aber das Öko-Dorf mit 100 Familien, die ihren Strom über Fotovoltaik und Windmühlen selbst er-zeugen nicht mit einem Industriestandort wie Lud- wigshafen vergleichen. In Deutschland ist die Entschei-dung gefallen, aus der Atom-kraft auszusteigen. Dann muss man dafür sorgen, dass die Alternativen genauso si-cher verfügbar sind und eben bezahlbar bleiben. Und das geht nur über die Braunkohle-

oder Kohleverstromung, mit der Nutzung eigener Energie-träger.

Friedrich-W. Kathagen, Rheinberg

> Je suis Charlievon Désirée Binder (02/2015)

Meinungsfreiheit

@ Ich war fassungslos über die Leserbrief-Reaktio-

nen zum Thema »Charlie Heb-do«. Wenn ein Zusammen-hang hergestellt wird mit den Gräueltaten, die Fanatiker an-geblich im Namen einer Reli-gion begehen, so liefert man ihnen unbeabsichtigt eine Rechtfertigung für ihre Verbre-chen. Hört auf damit, den Aus-löser in einer angeblichen Ver-unglimpfung welcher Religion auch immer zu suchen.

Ulrike Beck, per E-Mail

> Aufreger des Monats: Grundrecht missbraucht

von Redaktion (04/2015)

Herzlichen Dank

@ Laut Blockupy-Veran-stalter wurde auf dem

Gelände des Kolpingwerkes ein Hotel, aber keine Flücht-lingsunterkunft beschädigt. Laut Kolpingwerk-Website be- findet sich beides auf demsel-ben Gelände – mehr nicht.

Udo Stumpf, per E-Mail

Anmerkung der Redaktion: Lieber Kollege, sowohl Kolping-Bundessekretär Ulrich Vollmer als auch Blockupy-Sprecher Thomas Occupy (Pseudonym) haben be-stätigt: Im Rahmen der Blockupy-Proteste flogen auf das Kolping-Jugendwohnheim im Frankfurter Ostend Steine. Grundsätzlich ist Kritik wichtig – aber nur gewaltlo-se (siehe Bild des Monats Seite 6).

IMPRESSUM

Das Mitgliedermagazin der Industriegewerkschaft

Bergbau, Chemie, Energie

HerausgeberMichael Vassiliadis

Chefredakteur (verantwortlich im Sinne des

Presserechts)Christian Hülsmeier

Stellvertretender ChefredakteurMichael Denecke

Chef vom DienstJörg Nierzwicki

RedaktionSarah Heidel, Dirk Kirchberg,

Désirée Binder Dr. Ulrike Börger

RedaktionsassistenzSimone Michels, Tanja Rössner

GestaltungHans Borgaes

RedaktionsanschriftKönigsworther Platz 6

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Verantwortlich für den Anzeigenteil:

Claudia Härtig

Zusendungen: Für unverlangteEinsendungen wird keine

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Bezugspreis0,90 €, jährlich 10,00 €.

Für Mitglieder der IG BCE ist der Bezugspreis im Mitgliedsbeitrag

enthalten.

Erscheinungsweise: kompakt erscheint monatlich mit acht Regionalausgaben für Bayern, Baden-Württemberg,

Hessen-Thüringen, Nord, Nordost, Nordrhein, Rheinland-Pfalz/Saarland,

Westfalen.

Redaktionsschluss dieser Ausgabe:22. 4. 2015

Druckauflage: 650 279 (IV/2014)

Gedruckt auf chlorfreiem Papier

kompakt

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VOR ORT

APUVom Granulat zur Fußleiste

Fünf Prozent mehr Geld gefordertErwartungen für die Tarifrunde Papier 2015 formuliert.

Mitarbeiter kämpfen für BetriebsratLeist-Beschäftigte fordern Recht auf Mitbestimmung ein.

In besonderer VerantwortungOstdeutsche Wasserkonferenz setzt Akzente.

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Foto: Ulrike Frömel

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> VOR ORT APU SCHÖNBERG

Das Geräusch geht un-ter im Brummen der Motoren, im Kreischen

der Säge und Zischen der Dichtungen. Zu fein ist es, so klein wie das Material selbst, das da von oben durch Trich-ter und Schläuche hinunter- rieselt in die Produktionshal-le der APU Schönberg GmbH, die auf der grünen Wiese gebaut steht, am Waldrand, 40 Kilometer nördlich von Passau. Das Material, das auf

einer Empore über der Halle beständig nachgefüllt wird, ist Kunststoff. In seiner Roh-form ist er ein körniges Pul-ver, das aussieht wie Bade-salz. Erst auf einer der 30 Ar-beitslinien wird daraus eine Anputzleiste für Fenster- und Türabschlüsse. Oder eine Ab-schlussblende für Markenkühl- schränke. Oder eine Fußleiste für daheim. Betriebsratsvorsit-zender Thomas Kunze zählt eine Variante nach der anderen

auf. Dann greift er in einen Eimer mit Granulat, zermahlt es zwischen den Fingern, lä-chelt: »Nach all den Jahren finde ich es immer noch span-nend, wie aus diesen Körn-chen riesige Dinge entstehen können.«

IN SCHÖNBERG sind sie spe-zialisiert darauf, aus Granulat Großes zu machen. Wohl je-der kennt die Sockelleisten, mit denen der Teppichboden

an der Wand einen Abschluss findet – hier im Haus wurde sie erfunden. Damals hieß das Unternehmen noch Bolta. Nach mehreren Wechseln in der Führungsebene gehört das Werk seit zwei Jahren zur Schweizer Gesellschaft APU. Die Chefetage hat gewechselt, das Produktangebot nicht. Das mittelständische Unter-nehmen ist spezialisiert auf die Herstellung von Bau- und technischen Profilen. Produ-

Aus Klein wird LangERST GRANULAT – dann Sockelleiste für den Teppichboden. Im niederbayerischen Schönberg formt die APU GmbH eine breite Produktpalette an Bau- und technischen Profilen.

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»In unserer Region ist es schwierig, Personal zu finden. Deshalb bekommt bei uns jeder, der gut ist, eine Chance, Auszubildende wie Leiharbeiter.«

Thomas KunzeBetriebsratsvorsitzender

ziert wird nach Kunden-wunsch und im Geschmack der Zeit. Weil Wohnungsbesit-zer aktuell lieber Holzboden als Teppich verlegen, gibt es im Angebot jetzt mehr Leisten, die zu Laminat oder Parkett passen.

Seit 1958 rotieren am nie-derbayerischen Standort die Schnecken der Extruder. So heißen die Maschinen, die aus dem Kunststoffgranulat eine zähe, formbare Masse

machen. Wie in einem Fleischwolf wird das zuvor erhitzte Material durch diese Fördergeräte gepresst, im Wasserbad ausgekühlt, ge-schnitten und dann je nach Auftrag veredelt. Manche Kunden wünschen sich bei-

spielsweise Profile, die wie Edelstahl aussehen. In die-sem Fall wird dann eine silber glänzende Folie aufgebracht. Demnächst können die Leis-ten auch mit Schriften be-

druckt werden, die entspre-chende Maschine ist bereits bestellt, die Geschäfsführung hat als grünes Begrüßungs-komitee ein paar Topfpflan-zen aufgestellt vor dem noch leeren Raum.

Thomas Kunze wischt sich letzte Granulatkörner von den Händen und durchquert die weiß getünchte Produk- tionshalle, da und dort nickt er einem Arbeiter zu. Das Re-den kann er sich sparen, der Lärm der Maschinen ist nur mit Gehörschutz erträglich, den hier jeder trägt. Der Ge-ruch von geschmolzenem Kunststoff liegt in der Luft. 190 Mitarbeiter hat die APU, Verfahrensmechaniker sind darunter, Schlosser, Elektri-ker, Industriekaufleute, Pro-duktdesigner. »Wir haben auch einen eigenen Werk-zeugmacher«, erzählt der Be-triebsratschef mit hörbarem Stolz. Produziert wird im Dreischichtbetrieb, von Mon-tag bis Freitag, rund um die Uhr. Im Sommer, wenn die Nachfrage an Bauprofilen steigt, rotieren die Extruder auch am Wochenende.

Es ist keine leichte Arbeit, die sie hier machen, und obwohl die Arbeiter neben Schicht- auch Schmutzzula-gen bekommen, fehlt es an Nachwuchs. Gerade erst ha-ben wieder zwei der 13 Lehr-linge das Handtuch gewor-fen, der Altersdurchschnitt im Betrieb liegt bei 43 Jahren. »Wir gehören zu den Man-gelberufen«, erklärt Kunze, selbst 53 Jahre alt. »Nur wenige wollen hier eine Ausbildung beginnen, weil sie wissen, sie müssen im Schichtbetrieb arbeiten.« Zu-dem stand die vorherige Ge-schäftsführung kurz vor der Pleite, hatte massiv entlassen müssen und laut Kunze auch das Vertrauen der Belegschaft

verspielt. Jede Woche sei er damals beim Arbeitsgericht gewesen, erzählt er, wochen-lang hätte manche Kollegen auf ihr Gehalt warten müs-sen, der Betrieb wurde be-streikt. Mit den neuen Chefs sei die Sicherheit zurückge-kehrt. Es gibt einen Haus- tarifvertrag, der sich an dem der Fläche orientiert, und auch wieder Zulagen für die Arbeit. »In vorigen Jahr ha-ben wir wieder das volle Weihnachtsgeld erhalten, zum ersten Mal seit drei oder vier Jahren. Es geht aufwärts.«

Andrea Mertes

1 | LÄNGE LÄUFT18 Meter Profil und fünf starke Männer auf dem Weg zum Verladen.

2 | GUT GEPRÜFTFlorian Wildfeuer schaut sich in der Produktionshalle die Leisten genau an.

3 | GELB FLIEGTMaschinenführer Gustav Brandl ist seit 30 Jahren bei der IG BCE.

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2013 stand die heutige APU Schönberg vor dem Aus: Das Insolvenzverfahren war eröffnet, den 160 Mitarbei-tern drohte die Arbeitslosig-keit, als die Schweizer APU AG als neuer Hauptgesell-schafter einsprang. Zu diesem Zeitpunkt waren die Eidgenossen einer der Hauptkunden der damaligen Industrie- und Bauprofile Schönberg GmbH (vormals Bolta). Seit dem Wechsel der Geschäftsführung geht es wieder aufwärts, aktuell beschäftigt der mittelstän-dische Hersteller von Bau- und technischen Profilen 190 Mitarbeiter. Kerngeschäft sind Kunststoffprofile für den europäischen Markt mit einem vielfältigen Einsatz-gebiet: Hausgeräte, in der Fassaden- und Fensterindus-trie oder im Kraftfahrzeug- und Möbelsektor. Die Profile und Leisten werden nach Kundenwunsch hergestellt. Möglich sind Kombinationen aus über 2700 Farben in 200 verschiedenen Rezep-turen.

www.apu-schoenberg.de

DAS UNTERNEHMEN

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> VOR ORT AKTUELLES

Einig im Wert des Wassers: die Konferenzteilnehmer.

In besonderer VerantwortungBERNAU | Wasser ist Leben: Ostdeutsche Wasserkonferenz der IG BCE setzt Akzente

Die ersten Entgelterhöhun-gen kommen ab 2018,

aber schon jetzt gibt es eine weitreichende Standort- und damit Arbeitsplatzgarantie bis mindestens Ende 2019 für rund 1400 Profine-Be-schäftigte in Pirmasens und Berlin: Das hat die IG BCE mit dem wirtschaftlich ange-schlagenen Kunststoffherstel-ler im neuen Haustarifvertrag vereinbart. »Der Werkzeug-bau in Pirmasens bleibt er-halten und wird ausgebaut. Die Mannschaft hat an bei-den Standorten eine echte Zukunftsperspektive«, sagt Gewerkschaftssekretär Frank

Standortgarantien bis Ende 2019PIRMASENS/BERLIN | Neuer Haustarif bei Profine/Jährliche Investitionen zugesagt

Rolle. Und: »Profine hat sich verpflichtet, jährlich mindes-tens 30 Auszubildende ein-zustellen und im Chemie-Ar-beitgeberverband zu bleiben. Zudem wurde vereinbart, in beide Standorte während der Laufzeit dieses Tarifvertrages mindestens 85 Millionen Euro zu investieren.«

Die Mittel fließen in die Modernisierung und Neu-ausrichtung des Maschinen-parks. Denkbar ist auch, die Flächenkapazität des Stand-ortes Pirmasens zu erweitern. »Das neu entwickelte Profil-system für Kunststofffenster und -türen ist eine unserer

bedeutendsten Innovationen der vergangenen Jahre. Die Kunden nehmen das Produkt prima an. Da ist noch viel Potenzial – insbesondere, was höhere Produktionsvolumen angeht«, sagt Betriebsratsvor-sitzender Achim Siegenthaler.

Der Kompromiss des neu-en Tarifvertrags: Die Entgelte erhöhen sich erst von 2018 an um die Hälfte der pro- zentualen Flächentariferhö-hungen, mindestens aber um 1,5 Prozent. Die Jahresleis-tung steigt vom kommenden Jahr an. Für Gewerkschafts-mitglieder gibt es einen Bo-nus. Axel Stefan Sonntag

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AVEU | Die erste Runde in den Tarifverhandlungen 2015 für Beschäftigte in AVEU-Unternehmen blieb ergebnis-los. Die IG-BCE-Tarifkommis-sion fordert, die Vergütun- gen von Beschäftigten und Auszubildenden für zwölf Mo- nate deutlich zu erhöhen und über Lösungen der Demogra-fiefrage zu sprechen. Beides lehnten die Arbeitgeber ab. Das Ergebnis der zweiten Runde am 20. April 2015 war bei Redaktionsschluss noch nicht bekannt.

WASSER I | Die Beschäf-tigten des Zweckverbandes Kommunale Wasserversor-gung/Abwasserentsorgung »Mittleres Erzgebirgsvorland« erhalten ab 1. Juli 2015 2,4 Prozent und ab 1. Juli 2016 2,9 Prozent mehr Entgelt. Für den den Trupp leitenden Monteur erhöht sich der Satz für Rufbe-reitschaft auf 1,80 Euro/Stunde. Die Tarifvertrags-parteien haben sich darauf verständigt, im Laufe dieses Jahres über einen Tarif-vertrag Langzeitkonten zu beraten. Die Arbeitgeberseite kündigte an, einen Beitritt an die Tarifgemeinschaft bestehend aus Südsachsen Wasser GmbH, Erzgebirge Trinkwasser GmbH »ETW«, Regionaler Zweckverband Wasserversorgung Bereich Lugau-Glauchau (RZV), Zweckverband Wasser und Abwasser Vogtland (ZWAV) und Ausbildungsverbund Ver-sorgungswirtschaft Südsach-sen gGmbH (AVS) zu prüfen. Der Vertrag hat eine Laufzeit bis 30. Juni 2017.

Tarifmeldungen

Ausführliche Informationen unter: www.igbce.de/tarife

Um die Zukunft des lebens-notwendigen Elementes

Wasser und seine sichere Be-reitstellung in Industriegesell-schaften ging es bei der ost-deutschen Wasserkonferenz der IG BCE im April in Bernau. Vor Betriebs-, Per- sonalräten, Beschäftigten und Geschäftsführungen ostdeut-scher Wasserbetriebe setzte Egbert Biermann, Mitglied im geschäftsführenden Haupt-vorstand der IG BCE, Akzente,

als er über die enge Verbin-dung von Wasserwirtschaft, Energie und Industrie sprach: »Die Wasserunternehmen ste-hen in einer besonderen Ver-antwortung. Sie müssen das Naturelement Wasser allzeit zuverlässig und sauber bereit-stellen und gleichzeitig die industrielle Entwicklung des Wirtschaftsstandorts Deutsch-land absichern.«

Die Teilnehmenden disku-tierten Herausforderungen wie

den Schutz des Wassers vor Ver-schmutzun-gen durch Arzneistoff-reste und Mikro-schadstoffe sowie Strate-gien für eine neue Infra-

struktur angesichts gesell-schaftlicher Veränderungen wie der Land-Stadt-Wande-rung.

Marko Paetzold, Instand-haltungsmechaniker und Per-sonalrat beim Wasserverband Nordhausen in Thüringen, kennt die Probleme in den ländlichen Regionen gut: »Wir müssen immer wieder Rohr-spülungen durchführen, die Entkeimung wird aufwendi-ger. Die Wasserwirtschaft wird durch den sinkenden Wasser-verbrauch kostenintensiver.«

Seit April 1990 gehört mit der damals gegründeten Ge-werkschaft Bergbau, Energie, Wasserwirtschaft die ostdeut-sche Wasserwirtschaft mit ihren industriellen Prozessen zum Aufgabenbereich der späteren IG BCE.

Susanne Kettelför www.igbce.de

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Die Bundestarifkommis-sion Papier hat sich festgelegt. Fünf Prozent

mehr Entgelt und ein »über-proportionales Plus« bei den Ausbildungsvergütungen: Das ist der Anspruch, mit dem die IG BCE in die bevorste-hende Tarifrunde für die rund 40 000 Beschäftigten der Pa-pierindustrie zieht. Aus Sicht der Gewerkschafter ein be-rechtigtes Niveau, denn: »Die Tarifkommissionsmitglieder spiegeln die ganze Bandbrei-te unserer Branche wider. Sie berichten und Fakt ist: Die Produktivität ist in fast allen Betrieben verbessert worden. Zudem fahren viele an Feier-tagen Sonderschichten«, sagt Alois Soring, Betriebsrats- vorsitzender bei Nordland Papier. Auch dort kennt man das Phänomen »Sonder-schichten«. Jüngstes Beispiel dafür sei ein sehr kurzfris- tiger Zusatzauftrag gewesen, den die Feinpapierfabrik aus dem Emsland über die Oster-feiertage abgearbeitet habe. In der Branche ist das eher unüblich – stehen doch in aller Regel die Walzen und Pressen über die Hochfeier-tage still. Doch: »Nicht nur bei uns hat man eine

Die Papierunter-nehmen stehen gut da. Davon sollen in

der anstehenden Tarifrunde auch die

Beschäftigten profitieren.

Ausnahme gemacht«, sagt Soring.

AUF GUTEM WEG sieht auch Frank Gottselig, Betriebs- ratsvorsitzender bei SCA Hy-giene Products in Mannheim, den Wirtschaftszweig: »2014 konnten die Arbeitgeber die Produktivität steigern – und das mit weniger Menschen. Die Produktivität je Beschäf-tigtem hat um zwei Prozent zugelegt, das bedeutet ebenso zwei Prozent mehr Arbeits-verdichtung und Stress. Das muss belohnt werden.« Die

Unternehmen stünden gut da. SCA beispielsweise habe seinen Aktionären jüngst das höchste Ergebnis der Unter-nehmensgeschichte präsen-tiert und vorgeschlagen, die Dividende um 10,5 Prozent zu erhöhen. »Wenn jetzt selbst der Verband davon spricht, dass sich die Ertrags-lage der Branche sichtbar ver-bessert hat, dann rechtfertigt

Foto: Andrea Diefenbach

Fünf Prozent mehr Geld gefordertFRANKFURT | Papier-Tarifkommission beschließt Forderung für die Tarifrunde 2015/Auch Azubis sollen mehr verdienen

das eine ordentliche Tarifer-höhung absolut.«

DIE KOMMISSION knüpft ihre Forderung an eine Lauf-zeit von zwölf Monaten. Aus gutem Grund: »Die Welt, insbesondere die Papierwelt, wird immer schnelllebiger. Es ist kaum mehr möglich, für Zeiträume über ein Jahr hin-aus, die Zukunft abzuschät-zen«, sagt Alois Soring. Zu-dem: »Wir verhandeln eine reine Lohn- und Gehalts- runde ohne Nebenkriegs-schauplätze. Altersteilzeit und

Demografie haben wir in der vergangenen Tarifrunde finalisiert«, ergänzt Frank Gottselig.

NEBEN DEN LÖHNEN und Gehältern sollen die Aus- bildungsvergütungen über-proportional wachsen. Dies sei ein wichtiger Baustein, die Lehrstellen attraktiver zu machen, ist sich Gottselig

»Die Produkivität je Beschäftigtem ist gestiegen. Das muss belohnt werden.«

Frank Gottselig SCA-Betriebsratsvorsitzender

sicher.»Eine Papiermaschine besitzt mehr Regelkreise als ein Flugzeug. Ob Papiertech-nologe, Papieringenieur oder Maschinenführer – wir ver-fügen über gute und inte- ressante Ausbildungsberufe. Deren Vergütung aber hinkt anderen Branchen deutlich hinterher. Erst recht, weil Schichtarbeit bei uns sehr verbreitet ist.« Hier soll ein Ausgleich geschaffen werden.

UND BEIM THEMA Nach-wuchs erinnert Alois Soring die Arbeitgeber daran, dass man im vergangenen Tarif-abschluss die befristete Über-nahme für ein Jahr den Un-ternehmen empfohlen habe, um die demografische Her-ausforderung zu stemmen. »Es entsteht aber der Ein-druck, dass manch einer diese Passage überlesen hat. UPM beispielsweise über-nimmt junge Menschen über-wiegend nur wenige Monate«, schildert der UPM-Gesamt-betriebsratsvorsitzende die bisherige Praxis des Nord-land-Papier-Mutterkonzerns.

Auftakt der Tarifverhand-lungen für die Papierindustrie ist am 5. Mai in Darmstadt.

Axel Stefan Sonntag

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> VOR ORT AKTUELLES

Will Flüchtlingen helfen und damit ein Zeichen setzen: Ilona Franke.

D er Tisch mit dem hell-blauen Kachelmuster

stammt noch aus der DDR, die rot gepolsterten Stühle schon aus der Zeit nach der Wende. Auf mit Blumen ver-zierten Papierservietten ste-hen kopfüber Weingläser. Vor Kurzem erst saß hier Ministerpräsident Reiner Ha-seloff mit Vertretern der Ge-meinde und des Landkreises.

Ilona Franke schenkt aus einer Thermoskanne Kaffee ein. Und redet darüber, wie sie die Flüchtlinge, die trotz des Brandanschlags auf ihre Unterkunft kommen sollen, begrüßen will. »Tröglitz ist ein schwieriges Dorf gewor-den«, sagt die Frau, die schon ihr ganzes Leben in dem Ort wohnt. Ab 1966 arbeitete sie im Hydrierwerk, bis in die 90er, kurz bevor das Werk schließen musste. »Nach der Wende ist hier viel weggefal-len. Die Leute sind von heute

Neue Heimat TröglitzTRÖGLITZ | IG-BCE-Mitglied Ilona Franke will Flüchtlinge unterstützen

auf morgen entlassen wor-den.« Die Atmosphäre ist zer-rissen. Einen, der bei den aus-länderfeindlichen Demons- trationen im April in Trög- litz Stimmung gemacht hat, kennt Ilone Franke. »Der jun-ge Mann ist mit meinem Jun-gen zur Schule gegangen.«

Sich für andere Menschen einzusetzen, ist für Ilona Franke selbstverständlich. In der Gewerkschaft ist sie seit 1963, im Betrieb kümmerte

sie sich als Vertrauensfrau um die Sorgen ihrer Kollegen. Ei-nen Seniorenklub hat sie auf die Beine gestellt, damit die älteren Menschen aus Trög-litz nicht einsam sind. Und nun will sie die Flüchtlinge dauerhaft unterstützen, mit-hilfe des Seniorenklubs zum Beispiel Haushaltsgegenstän-de sammeln. Und damit ein klares Zeichen setzen: Für Of-fenheit gegenüber Menschen in Not. Wolfgang Lenders

Im dritten Anlauf konnten sich die Tarifpartner der Kali-

und Steinsalzindustrie jetzt auf ein Ergebnis einigen: Da-nach erhalten die Beschäftig-ten in diesem Jahr einmalig 1900 Euro und in 2016 eine Entgelterhöhung von 2,7 Pro-zent. Die Auszubildendenver-gütungen steigen in 2015 um 50 Euro im 1. und 2. und um 30 Euro im 3. und 4. Ausbil-dungsjahr. In 2016 erhalten alle Auszubildenden 30 Euro mehr. Das Urlaubsgeld wird in diesem und im nächstem Jahr um jeweils 75 Euro erhöht,

Mehr für Beschäftigte und AzubisGÖTTINGEN | Tarifverhandlungen für die Kali- und Steinsalzindustrie abgeschlossen

Gewerkschaftsmitglieder er-halten jährlich einen zusätz- lichen Bonus von 30 Euro.

IG-BCE-Verhandlungsführer Bernd Stahl ist zufrieden: »Unsere Forderungen wurden erfüllt. Wir haben erreicht, was wir unter den besonderen rechtlichen Rahmenbedingun-gen erreichen konnten.« Noch gilt der neu eingeführte Ent-gelttarifvertrag nämlich nicht für alle Beschäftigten, es soll-ten jetzt aber alle Mitarbei- ter vom Unternehmensgewinn profitieren, nicht nur die, die dem alten Lohn- und Gehalts-

tarifvertrag unterliegen. »Mit der Einmalzahlung haben wir erreicht, dass in diesem Jahr alle Mitarbeiter mehr Geld bekommen«, sagt Stahl.

Im nächsten Jahr steigen dann die Entgelte prozentual um 2,7 Prozent, unabhängig vom Überleitungstarifvertrag. Ein nachhaltiger Effekt konnte zusätzlich durch die zweima-lige Anhebung des Urlaubsgel-des erreicht werden. IG-BCE-Mitglieder erhalten damit im Jahr 2016 ein Urlaubsgeld von 880 Euro statt jetzt 700 Euro.

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Tarifmeldungen

WASSER II | Arbeitnehmer und Auszubildende der Eurowasser Nord erhalten ab 1. Januar 2015 2,1 Prozent mehr Geld. Zudem erfolgt eine Auszahlung des Leis- tungstopfes 2015 im De- zember über 385 Euro. Die Urlaubsansprüche werden auf 30 Arbeitstage/Jahr angehoben. Arbeitnehmer mit einer Betriebszugehörigkeit von 25 Jahren und einem Alter von 55 Jahren erhalten einen Urlaubstag mehr. Die IG BCE fordert den Wegfall der Beförderungsstufen 0 und 1 sowie eine weitere Beförde-rungsstufe. Dieses wird schritt- weise umgesetzt. Die Arbeit-geberseite hat die Einführung eines Zuschusses zu den Kinderberteuungskosten an- geboten. Der Vergütungstarif-vertrag läuft zwölf Monate.

HOHL-, KRISTALLGLAS | Die Beschäftigten der baye-rischen Hohl- und Kristall-glasindustrie bekommen ab April 2015 4 Prozent mehr Geld und die Ausbildungsver-gütungen werden um 60 Euro erhöht. Es wird die Über-nahme nach der Ausbildung empfohlen, Altersstruktur-analysen sollen die Basis für weitere Gespräche zur Verbesserung der Arbeits- bedingungen bilden. Der Ver-trag läuft 24 Monate.

FEUERFEST, SÄURESCHUTZ | Die Tarifkommission fordert für die Beschäftigten in der Feuerfest- und Säureschutz-industrie eine Erhöhung der Entgelte und Ausbildungs-vergütungen um 4,5 Prozent bei einer Laufzeit von zwölf Monaten. Verhandlungsauf-takt ist am 7. Mai 2015.

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Mitarbeiter kämpfen um BetriebsratFAMBACH | Leist-Beschäftigte fordern ihr Recht auf Mitbestimmung ein/Arbeitgeber zieht vor Gericht

E s ist vermutlich eine Mischung aus Nicht-wissen, Zermürbungs-

taktik und juristischen Ta-schenspielertricks: Seit Mona- ten beschäftigt die Leist Ober-flächentechnik aus dem thü-ringischen Fambach Rechts-anwälte und das Arbeitsgericht damit, gegen ihre eigenen Mit-arbeiter und die IG BCE vor-zugehen. Das vermeintliche Ziel: Die Bildung eines Be-triebsrates zu verhindern – und damit geltendes Recht zu ignorieren. Denn unmiss-verständlich heißt es in Paragraf 1 des Betriebsverfas- sungsgesetzes (BetrVG): Be- triebsräte »werden gewählt«.

Schon Anfang 2014 wand-ten sich Leist-Beschäftigte an die IG BCE, um Missstände zu benennen. Sven Funk-stein, langjähriger Maschi-nenführer, mahnte den aus seiner Sicht unzureichenden Arbeits- und Gesundheits-schutz an: »Abluftanlagen haben nicht funktioniert, bei drückender Wetterlage wurde einigen Mitarbeitern übel und schwindlig.« Zu-dem liege in der Mitar- beiterführung einiges im Argen.

DER ZUSTÄNDIGE IG-BCE-Gewerkschaftssekretär Daniel Heisch stieß beim Betrieb zunächst auf taube Ohren, musste gar vor Gericht durch-setzen, dass er im Werk die Einladung zur Wahlversamm- lung aushängen durfte (Zu-trittsrecht der Gewerkschaft nach Paragraf 2, BetrVG). Zu der kam es Mitte Ok- tober. Jedoch: Nur rund 30 der 230 Beschäftigten wa- ren anwesend. »Ich vermute, dass die Leute eingeschüch-tert wurden. Vor dem Raum hatten sich zwei Türsteher

postiert, die einige Mitarbeiter über ein angeblich nicht vor-handenes Zutrittsrecht be-lehrten.« Heisch brach das Treffen ab – in Sorge, dass nicht alle ihr Wahlrecht aus-üben konnten: »Ich wollte kein manipuliertes Ergebnis.«

ZUMAL IHM zwei Tage zuvor ein innerbetrieblicher Aus-

hang zugespielt wurde: Ar-beitnehmer, die die Ver-sammlung nicht besuchen wollten, sollten sich auf eine Liste eintragen. Der angeb- liche Grund: »Die Aufrecht-erhaltung der Produktion.« Sven Funkstein wurde gar persönlich von einer Füh-rungskraft angesprochen: »Die Botschaft war klar: Wenn ich da hingehe, lande ich auf einer roten Liste.«

ANFANG FEBRUAR kam es zur zweiten Wahlversamm-lung. Zehn Minuten vor

Beginn wurde Sven Funkstein ins Personalbü-ro zitiert: Man kündigte ihm nach acht Jah-ren Betriebszu-gehörigkeit

fristlos. »Gründe wurden mir keine genannt, ich bekam Hausverbot«, sagt er. Trotz-dem nahm er an der Zusam-menkunft teil. »Ansonsten hätten wir das von der Polizei klären lassen«, sagt Heisch, der direkt nach der Versamm-lung gemeinsam mit Funk-stein Kündigungsschutzklage einlegte. Immerhin: Der drei-

»Wir lassen uns nicht ein-schüchtern.« Der dreiköpfige

Wahlvorstand Sven Funkstein, Heike Messerschmidt, Jürgen

Volk und IG-BCE-Gewerk-schaftssekretär Daniel Heisch

(von links) kämpfen dafür, ihren Betriebsrat wählen zu können.

köpfige Wahlvorstand steht jetzt. Wenngleich der Arbeit-geber schon wieder eine einstweilige Verfügung beim Arbeitsgericht beantragte, um die Wahl eines Betriebsrates zu verhindern. »Etwa mit der Behauptung, ich hätte den Beschäftigten nicht die Mög-lichkeit einer geheimen Wahl gegeben. Das ist dreist und falsch. Ebenso wie die Dar-stellung, der zur Verfügung gestellte Raum sei nicht ge-eignet, Handzeichen zwei-felsfrei zählen zu können«, konkretisiert Heisch die Vor-würfe.

DESHALB WEISEN die von der IG BCE mit dem Fall be-auftragten Juristen auch die-sen Antrag als haltlos zurück. Die Kündigungsschutzklage wird am 29. Mai verhandelt. Ein Termin, bis zu dem der Betriebsrat wohl steht: »Die Wählerliste liegt uns vor. Nun folgt die Schulung unseres Wahlvorstandes. Und unmit-telbar danach werden wir die Wahl einleiten«, kündigt Jür-gen Volk aus dem dreiköpfi-gen Gremium an. »Wir lassen uns nicht einschüchtern.«

Redaktion

Fotos (2): Martin Leissl

»Die Behauptungen des Arbeitgebers sind dreist und falsch.«

Daniel Heisch IG-BCE-Gewerkschaftssekretär

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> VOR ORT BADEN-WÜRTTEMBERG

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Energie-UpdateRASTATT | Fachseminar für Betriebsräte

Über welche Hand-lungsmöglichkei-ten Arbeitnehmer-vertreter verfügen, die Energiewende im eigenen Betrieb mitzugestalten, war Thema eines Fach-seminars mit pro-minenten Gästen. Ralf Bartels, Abtei-lungsleiter Energie-wende in der IG-BCE-Haupt-verwaltung, gab Denkanstöße: »Jeder Wirtschaftsausschuss sollte den Arbeitgeber auf eine Strategie für die Energiewende ansprechen«, lautete sein Rat. »Betriebsräte sollten sich bei-spielsweise danach erkundi-gen, welche Risiken bei wel-chen Strompreisen drohen.«

Johannes Stober, energie-politischer Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, sieht nach wie vor ungeklärte Fragen: »Dass ein modernes neues Kraftwerk, wie es der Stadt-werkeverbund Trianel und die Mineraloelraffinerie Ober-rhein planen, eine höhere EEG-

Umlage auf Eigenstrom be-zahlen muss, ist eine schwere Investitionsbremse, die drin-gend gelöst werden muss.«

Eine Aussage, die Thomas Lampart, Betriebsratsvorsit-zender bei der Papierfabrik August Koehler, unterstrich: »Auch unsere Energiesparte wird neue Kraftwerke zum Teil erst noch in Betrieb nehmen. Doch dazu braucht es Planungssicherheit.« Die Politik mache dies aber zu- nehmend schwerer. »Unsere Gewerkschaft nimmt hier Einfluss, damit Energiepolitik berechenbar bleibt und letzt-endlich Arbeitsplätze sichert.«

Im Rahmen der DGB-Feier am Internationa-len Frauentag (Foto) signierte SCA-Arbeits-direktorin Karla Hoff-meister die Charta der Gleichstellung der IG BCE. Damit ist SCA der erste globale Hygiene- und Forstprodukte-Hersteller, der sich in diesem Bereich enga-giert. »Vielfalt in all ihren Er-scheinungsformen ist für uns als internationaler Konzern

wichtig. Unterschiedliche Per-spektiven und Kompetenzen helfen, unser Unternehmen voranzubringen und etwas zu bewegen«, begründet sie ihren Einsatz.

Wo liegen Chancen und Risiken von Industrie 4.0?Die Fertigung kann individueller, energieeffizienter und produktiver ablaufen. Probleme können entstehen durch den Abbau von Arbeitsplätzen, Sicherheitslücken in der IT und die Entgrenzung von Arbeit: Die Produktion zu Hause an der Wohnzimmerwand zu steuern bedeutet auch, nicht mehr zwischen Arbeit und Freizeit zu differenzieren.

Was ist deiner Fraktion wichtig?Die Arbeitswelt wird sich langfristig massiv verändern, die Prozesse laufen bereits. Wir müssen uns fragen, ob das Be- triebsverfassungsgesetz – und damit die Mitbestimmung – diese Entwicklungen noch berücksichtigt. Zudem müssen wir die Qualifizierung für Arbeitnehmer sicherstellen.

Welche Möglichkeiten sind denkbar? Wir prüfen, ob die universitäre Ausbildung noch up to date ist. Wirtschaftsminister Nils Schmid hat einen entsprechen-den runden Tisch angestoßen. Ebenso haben wir duale und schulische Ausbildung im Blick: Hier muss die IT an Bedeutung gewinnen.

Inwiefern berührt das Thema die Chemieindustrie? Der Maschinenbau – im Bezirk Stuttgart besonders stark – stellt bereits Industrie-4.0-fähige Anlagen her, auch für die Chemie. Das wird gerade für Betriebe aus der Fein- und Spezialchemie ein Thema. Deren kleine Absatzmärkte und häufigen Produktwechsel bieten sich aus Sicht der Branche für Industrie 4.0 geradezu an.

Die Kollegin und frühere Leiterin des Bezirks Karlsruhe, Gaby Katzmarek, ist seit 2013 Teil der SPD-Fraktion im Bun-destag. Als Mitglied im Ausschuss für Wirtschaft und Energie besetzt sie das Thema Industrie 4.0. Baden-Württemberg hat sie aufgrund seiner starken Industrie besonders im Blick.

Fragen an Gaby Katzmarek4»Die Arbeitswelt wird sich massiv verändern.«

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STICHWORT: INDUSTRIE 4.0

l Nach Mechanisierung, Industrialisierung und Automatisierung gilt die umfassende, internetbasierte Vernetzung der Produk- tion als vierte industrielle Revolution (4.0).l Das bedeutet: Maschinen, Beschäftigte, Teile und sogar Kunden kommunizieren miteinander – flexibel und in Echtzeit.

Für die GleichstellungMANNHEIM | SCA-Arbeitsdirektorin unterschreibt Charta

Netzwerken mit den Energieexperten Jo-hannes Stober, MdL (Fünfter von rechts) und Ralf Bartels (ganz rechts).

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Euer Einsatz, euer ErfolgSTUTTGART | Der Chemietarifab- schluss steht. Der Landesbezirk und die Bezirke bedanken sich für den unermüd-lichen Einsatz aller Mitstreiter. »Ohne eure Aktionen, die viel Zuspruch fanden, wäre dieses Ergebnis ganz klar nicht zu-stande gekommen«, unterstreicht Lan-desbezirksleiterin Catharina Clay.

KARLSRUHE | Die Mannschaft der Mineral-oelraffinerie Oberrhein versammelte sich in aller Frühe vor dem Werk. Radiosender warnten vor Rückstau auf der A65.

LUDWIGSHAFEN | Beschäftigte von Schwabe und aus vielen anderen Betrieben im Ländle brachten es auf eine rund 18 000 Teilnehmer starke Großkundgebung am Rhein.

BOBINGEN | Kollegen von Boehringer in Biberach unterstützten die rund 800 bay-rischen Chemiearbeiter, die sich später auf dem Rathausplatz versammelten.

FREIBURG | In ihrer Mittagspause beklagten fast 150 Solvay-Mitarbeiter die mangelnde Einsicht der Arbeitgeber auf die demogra-fischen Herausforderungen.

HECHINGEN | Auf drei Betriebsversamm-lungen unterstützten rund 600 Gambro-Be-schäftigte ihre Gewerkschaft.

SCHWÄBISCH GMÜND | Die neu gewählten Vertrauensleute von Weleda informierten mit Flugblättern in zwei Betriebsteilen.

SINGEN | Knapp 200 Teilnehmer von Takeda und Bipso fanden sich zu einer gemein-samen Kundgebung vor dem Werkgelände zusammen.

WEINHEIM | Bei Freudenberg verteilten Ge- werkschafter Flugblätter, um Beschäftigte zum Stand in der Tarifrunde direkt zu informieren.

BESIGHEIM | Fast die gesamte BASF-Früh- und Tagschicht ver-sammelte sich zur Frühstückspause vor dem Werktor. Mit dabei: lokale Presse inklusive Fernsehen.

LADENBURG | Die Vertrauensleute von Reckitt Benckiser nutzten den Piaggio für ihre Kundgebung. Eine »aktive Mittagspause« fand bei der benachbarten ICL/BK Giulini statt.

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22 Prozent Rabatt für Frauen

BURGHAUSEN | Einen Tag lang den durchschnittlichen Ent-geltunterschied zwischen Männern und Frauen auszuglei-chen, das ist dem Bezirksfrauenforum Altötting mit einer be-sonderen Aktion gelungen: Sie stießen beim DGB vor Ort eine Rabattaktion an und fanden elf Geschäfte aus der Region Burghausen und Garching, die am »Equal Pay Day« Kundin-nen 22 Prozent Rabatt auf ausgewählte Produkte gewährten. Außerdem zogen sie mit Großbuchstaben und Infomaterial durch Burghausen, um auf den Tag und die Aktion aufmerk-sam zu machen. Der Equal Pay Day am 20. März 2015 mar-kiert symbolisch den Entgeltunterschied zwischen Männern und Frauen, der laut Statistischem Bundesamt aktuell 22 Pro-zent in Deutschland beträgt.

Menschenrecht auf BildungNÜRNBERG | Nach-dem sie sich auf ihrer Klausurtagung bereits inhaltlich mit dem Thema Men-schenrechte ausein-andergesetzt hatten, gingen sie damit auch auf die Straße: Unterstützt vom Be-zirksjugendausschuss Nürnberg machten Jugendliche aus Nordostbayern auf das Grundrecht auf Bildung aufmerksam. In einem mobilen Klassenzimmer in der Innenstadt wurden den »Schülern« die Ohren und Augen »genommen« sowie die Fähigkeit zu sprechen.

Werberhitparade12 Aufnahmen: Otto Braun (Michelin, Hallstadt); 9 Aufnah-men: Stefan Gaar (Gerresheimer, Lohr).

Endlich geschafftWALTENHOFEN | Allfo-Gruppe mit Betriebsrat und Tarif

Es war ein jahrelanger Kampf gegen viel Widerstand, aber er hat sich gelohnt: Seit einigen Wochen haben die Mitarbeiter der Allgäuer Folien-Betriebe Brevac und Allvac endlich eigene Betriebsräte. Auch ein eigener Haustarifvertrag in An-lehnung an die Tarifverträge der Kunststoffindustrie wurde nach zähen Verhandlungen in beiden Betrieben abgeschlos-sen. Für die davon betroffenen Mitarbeiter wurde zudem ei-ne Wahrung des Besitzstands geregelt.

Die in Waltenhofen ansässi-gen Firmen Allvac und Brevac gehören zur Allfo-Gruppe des Folienfabrikanten Hans Bre-sele. Dieser hatte sich, teils mit

massiven Einschüchterungs-versuchen, immer wieder ge-gen die Gründung von Be-triebsräten gewehrt. »Herr Bresele hat leider bis zuletzt nicht verstanden, dass Mit- bestimmung auch Sinn ma-chen kann«, sagt Peter Beneke, Gewerkschaftssekretär im IG- BCE-Bezirk Augsburg. Beneke

hat die Mitarbeiter der Firmen seit Jahren bei der Wahrneh-mung ihrer Interessen unter-stützt und ermutigt. Auch während Breseles Versuchen, Helfer von Betriebsratswahlen durch fristlose Kündigungen unter Druck zu setzen.

Noch am 19. Februar dieses Jahres habe man vor dem Werktor bei Allvac mit einer Aktion zur Mittagszeit »richtig Krach machen müssen«, so Peter Beneke, um die Verhand-lungen überhaupt zu einem erfolgreichen Ende zu brin-gen. Insgesamt drei Anläufe mussten bei Allvac in den vergangenen sechs Jahren unternommen werden, um die Wahl des fünfköpfigen

Betriebsrats zum Ab-schluss zu bringen.

Brevac be-schäftigt zur-zeit 25 An-gestellte, dar-

unter 15 Festangestellte, bei Allvac sind es knapp 100 Mit-arbeiter. Der gewerkschaftli-che Organisationsgrad sei laut Beneke bei der erstgenannten Firma sehr hoch, bei Allvac gäbe es »noch Potenzial«. Ins-gesamt arbeiten bei der Allfo-Gruppe in Waltenhofen rund 400 Beschäftigte.

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Allvac-Beschäftigte kämpfen für mehr Mitbestimmung.

»Herr Bresele hat leider bis zuletzt nicht verstanden, dass Mitbestimmung auch Sinn machen kann.«

Peter Beneke

Mitglieder der Bezirksjugendausschüsse Nordostbayern und Nürnberg unterwegs mit einem mobilen Klassenzimmer.

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Weitere Infos im Internet: www.bayern.igbce.de

Rückblicke auf die Tarifrunde Chemie: Danke für euren engagierten Einsatz!

»Nur mit euch!«MÜNCHEN | Tarifrunden erfordern vielfältiges Engagement

Nur durch den Einsatz vieler IG-BCE-Mitglieder konnten die Tarifverhandlungen Che-mie letztlich zu einem erfolg-reichen Abschluss gebracht werden. (Siehe auch Bericht ab Seite 18.) Aber auch in den anderen Tarifrunden im Lan-desbezirk war und ist Unter-stützung durch die Beschäf-tigten gefragt.

So hatten in der Tarif- runde Hohl- und Kristallglas 2000 unterschriebene Post-karten mit der Forderung, die bei der zweiten Tarifverhand-lung Ende März übergeben wurden, zwar die Arbeitge-berseite nicht unbeeindruckt gelassen. Doch bis zum Tarif-abschluss am 16. April war mehr Einsatz gefragt: Beim bayernweiten Aktionstag tags zuvor war in zahlreichen Be-trieben nicht zu überhören und zu übersehen, dass die Beschäftigten von den Arbeit-gebern einen fairen Tarifab-schluss erwarten.

Der Erfolg: Ab 1. April steigen die Löhne und Ge-hälter um vier Prozent, die Ausbildungsvergütungen um 60 Euro. Die Laufzeit beträgt 24 Monate. Außerdem wird die unbefristete Übernahme der Auszubildenden empfoh-len. Zusätzlich werden in den Betrieben Altersstruktur-analysen durchgeführt, die als Grundlage für weitere Ge-spräche dienen sollen.

Tarifrunden Papier, Kunststoff, Feinkeramik

Für die rund 40 000 Beschäf-tigten Beschäftigten in der deutschen Papierindustrie for-dert die Bundestarifkommis-sion eine Erhöhung der Löhne und Gehälter um fünf Prozent. Die Ausbildungsvergütungen sollen überproportional stei-gen. Verhandlungsauftakt ist am 5. Mai. (Siehe auch Bericht auf Seite 25.)

Für die Beschäftigten der bayerischen Kunststoffindus-trie wird zum ersten Mal am 11. Mai verhandelt. Und die erste Tarifverhandlung für die feinkeramische Industrie findet am 17. Juni statt.

Aktionstag bei SGD Kipfenberg.

Protest zur Nachtschicht bei Heinz Glas in Kleintettau.

Michelin

Fresenius

Linde Therapeutics

Gersthofen Bobingen

Burghausen

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Frauen wollen führen

WIESBADEN | Bei einer Vielzahl von Aktionen forderten Kolleginnen der IG BCE anlässlich des Internationalen Frauen-tages mehr Frauen in Führungspositionen. Auf Darmstadts Luisenplatz informierten sie über die Politik der Gewerk-schaft zur Gleichstellung und die Rechte der Frauen. Die »Charta der Gleichstellung« unterzeichnete auch Oberbür-germeister Jochen Partsch.

Im nordhessischen Hessisch-Lichtenau verlangte IG-BCE-Gewerkschaftssekretärin Petra Hartwig mehr Verant-wortung für Frauen: »Wir können einen Haushalt und eine Familie managen. Warum sollten wir nicht auch ein Werk führen können?« Frauen, die als Hauptverdienerin ihre Familien ernähren, bräuchten ebenso Anerkennung wie Väter, die sich um ihre Familie kümmerten.

Bei Bayer Weimar überraschten Betriebsrat und Vertrauens-leute die Kolleginnen am 6. März morgens mit Blumen, Info-material und Präsenten zum Frauentag. Die IG-BCE-Kollegin-nen in Jena trafen sich im Literatencafé, um »heute für morgen Zeichen zu setzen« und Mütterrente, Mindestlohn und die einheitliche Rente für Ost und West zu diskutieren.

Beim Frauentag der IG BCE Greiz waren sich die Besucher einig: »Der Internationale Frauentag bleibt ein Kampftag.« Freiwillige Selbstverpflichtungen hätten wenig gebracht. Da-gegen habe die IG BCE mit ihrem Projekt »Frauen Macht Er-folg – Frauen auf dem Weg in Führung« bewiesen, dass jede und jeder dazu beitragen kann, gleiche Chancen für Frauen und Männer in der Arbeitswelt zu schaffen.

»Alle Studien zeigen, dass Mitbestimmung im Betrieb die Position von Frauen verbessert«, sagt Astrid Rasner, beim Landesbezirk Hessen-Thüringen für Frauenpolitik zuständig. So habe die IG BCE den Anteil von Frauen bei den jüngsten Betriebsratswahlen deutlich erhöht. Frauen, die nach Tarif bezahlt würden, erhielten zudem um neun Prozent höhere Stundenlöhne als Frauen in vergleichbaren Tätigkeiten ohne. »Nach wie vor aber prägt die typische Rollenverteilung das soziale Verhalten. Verhalten, das nicht in das gängige Schema passt, wird als unmännlich oder unweiblich dargestellt. Männer, die in Eltern- oder Teilzeit gehen, werden belächelt, Frauen in Führungsrollen nicht ernst genommen.«

Satte EntlastungWIESBADEN | 330 Millionen für Generationengerechtigkeit

»Einen wirkungs-vollen Beitrag zur Generationenge-rechtigkeit« hat die IG BCE nach Einschätzung von Landesbezirkslei-ter Volker Weber mit dem jüngsten Tarifabschluss er-reicht. »Die Arbeit-geber stellen in den kommenden Jahren für die Chemiebe-schäftigten in Hessen mehr als 330 Millionen Euro bereit. Damit können Belastungen für Ältere reduziert und glei-tende Übergänge in die Rente finanziert werden. Jüngere werden bei Schichtarbeit, Er-ziehungszeiten und der Pflege von Angehörigen entlastet.« Hinzu kämen 2,8 Prozent höhere Entgelte und 40 Euro mehr für Azubis.

Die Arbeitgeber erhöhen den Demografiefonds in zwei Stufen um insgesamt 412 Euro auf dann 750 Euro. »Damit«, so Volker Weber, »können wir in eine lebensphasenorien-tierte Gestaltung der Arbeit einsteigen.« Entschlossenes Auftreten und zähes Argu-mentieren waren dafür erfor-derlich. In den Betrieben, vor den Toren und auf Plätzen hatten die IG-BCE-Mitglieder Flagge gezeigt und Bewegung in die Tarifrunde gebracht. Weber dankte allen Aktiven. »Das Ergebnis ist angesichts der schwierigen Situation ein großartiger Erfolg. Ohne euch hätten wir die Blockadehal-tung der Arbeitgeber nicht überwinden können.«

Unter dem Motto »Wer Streit sät, wird Streik ernten« hat- ten die Bayer-Beschäftigten in Weimar, gemeinsam mit ange-

reisten Kolleginnen und Kolle-gen der BASF Rudolstadt und Jenapharm, ihren Unmut über die festgefahrenen Chemie- tarifverhandlungen gezeigt. Bei Akzo Nobel in Greiz ver-langten die Beschäftigte wäh-rend einer »tarifpolitischen Frühstückspause« eine zu-kunftssichere Gestaltung des Demografietarifvertrages.

In Hanau-Wolfgang disku-tierten die Kolleginnen und Kollegen beim »tarifpoliti-schen Frühstück« verschärfte Kampfmaßnahmen. Im In-dustriepark Marburg-Behring-werke informierte die IG BCE bei einem Aktionstag. Bei Merck in Darmstadt ließen sich die Beschäftigten ange-sichts eines möglichen Streiks im Arbeitskampfrecht schu-len. Den eindrucksvollen Höhepunkt bildete die lan-desweite Demonstration am 19. März am Industriepark Frankfurt-Höchst. 4000 Kol-leginnen und Kollegen aus allen Teilen Hessens mach-ten dort ihrem Ärger über die sperrige Haltung der Arbeitgeber Luft. Wenige Tage zuvor hatten schon ein- mal 2500 Beschäftigte im Industriepark Höchst gegen das schlechte Zwischenan-gebot der Arbeitgeber pro-testiert.

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In Hessisch- Lichtenau fordern Frauen eine Bezahlung, die eine Familie ernährt.

Gute Stimmung bei der Demonstration am Industriepark Frankfurt-Höchst.

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Tag der KulturenWIESBADEN | Ein besonderes Er-eignis erwartet Jugendliche und junge Erwachsene vom 17. bis 19. Juli in Wiesbaden: Erstmals hat die IG-BCE-Jugend das Landes- jugendtreffen in neuer Form als »Tag der Kulturen« organisiert. Im »Schlachthof« finden Besucherin-nen und Besucher von Freitag bis Sonntag ein buntes Programm mit Partyatmosphäre vor: Podiums-diskussionen, Workshops zu poli-tischen Themen, Kultur, Foren zu internationalen Fragen, Musik, Liveband, kulinarische Spezialitäten und jede Menge Spaß. Auszubildende, Auslerner und Studenten sind mit 25 Euro dabei. Anmelden müssen sie sich beim jeweiligen Bezirk. Die Zahl der Teilnehmer ist begrenzt. Im Teilnahme-betrag eingeschlossen ist die Übernachtung im Hotel.

Zeichen gegen PegidaDARMSTADT | Ein Zei-chen gegen Fremden-feindlichkeit setzten die »Radfahrenden IG-BCE-Betriebsräte« von Merck. Sie spendete 1080 Euro an die Malteser Migran-ten Medizin (MMM). Sie finanziert sich durch Spenden und behandelt nicht krankenversicherte Zuwanderer. Die vier Ge-werkschafter hatten eine Radtour entlang des Mains nach Bamberg unternommen. Wie in früheren Jahren wollten sie wieder für jeden gefahrenen Kilometer einen Euro spenden. Bei der MMM, fanden die »Merckser«, ist jeder Euro gut angelegtes Geld.

Gemeinsam starkBREUBERG | Viel Zeit und Energie haben die Vertrauensleute bei Pirelli im vergangenen Jahr in ihr ehrenamtliches Engage-ment investiert: sich im Hessischen Landtag schlaugemacht, einen Landtagsabgeordneten in die Firma geholt, sich kräftig in die Tarifrunde der Kautschukindustrie eingemischt. Dafür »belohnten« sie sich jetzt mit einem Ausflug nach Heidelberg. »Wir sind ein Team. Bei uns ziehen alle an einem Strang«, er-läutert IG-BCE-Betriebsrat und Vertrauensmann Bernd Sie-benlist. »Dazu muss es aber auch menschlich stimmen.«

Chancen erkanntWIESBADEN | Chemie3 vergibt Preise an Azubis

Nachhaltigkeit kann viele Ge-sichter haben. Was es für sie selbst und das eigene Unter-nehmen bedeutet, darüber ha-ben sich in den vergangenen Monaten zehn hessische Azu-bi-Teams ihre Gedanken ge-macht. Sie bewarben sich um den Nachhaltigkeitspreis der Initiative Chemie3. Die Ergeb-nisse wurden bei einem Fest für alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer in der Wiesba- dener Kletterhalle Nordwand gewürdigt (Foto). Den drei Bestplatzierten konnte Hes-sens Wirtschaftsminister und Schirmherr Tarek Al-Wazir Preise in Höhe von 1500, 1000 und 500 Euro übergeben.

Den ersten Preis – ein Spiel mit dem Titel »Galgen der Nachhaltigkeit« – holten sich Philipp Reuter und Ingo Glaser von Kalle Wiesbaden. Auf Platz zwei kam ein Video von Klaus Kilzheimer, Jennifer Schanz, Philipp Lösch, Johannes Balke und Stefanie Scharrelmann von Merck Darmstadt. Für den dritten Platz qualifizierten sich Hendrik Beck, Mirjam Kamer, Maria Möhring, Jonas Orf und Oliver Riedel von Fresenius Kabi aus Bad Hersfeld. Sie un-terstrichen mit ihrem modi- fizierten Globus, wie die Pro-dukte ihres Unternehmens zu Nachhaltigkeit beitragen.

»Ich bin beeindruckt, wie kreativ und anschaulich die

Teams die komplexe Aufgabe dargestellt haben«, lobte Al-Wazir die Ergebnisse. Der Wettbewerb sollte das Wech-selspiel von Ökonomie, Öko-logie und Sozialem deutlich machen. Die hessischen Part-ner der Initiative Chemie3 – die Industriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie Hessen-Thüringen (IG BCE), der Verband der Chemischen Industrie Hessen (VCI) und der Arbeitgeberverband Hes-senChemie – hatten ihn erst-mals ausgeschrieben.

Die Idee kam vom IG-BCE-Landesbezirksjugendaus-schuss. »Wir wollten die Nach-haltigkeitsinitiative bei den Jüngsten im Unternehmen bekannt machen. Sie sollten sich mit den Chancen nach-haltigen Handelns auseinan-dersetzen«, sagt Landesbe-zirkssekretärin Anne Wein-schenk. »Das ist uns gelun-gen.« Lob auch vom IG-BCE-Landesbezirksleiter Volker Weber: »Es ist wichtig, dass sich schon unsere Auszu- bildenden mit dem Thema Nachhaltigkeit befassen.«

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Alle eingereichten Beiträge, Videos, Bilder von den Ge- winnerteams sowie der Preis- vergabe finden sich unter:

http://hessen-thueringen.igbce.de/aktive/jugend/nachhaltigkeitsinitiative/

Michael Fletterich, Betriebsratsvor-sitzender, Arno Götzinger, Hans-Pe-ter Preusch und Charly Hübler (von links) vor dem Bamberger Rathaus.

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Neue Leitung im BezirkHANNOVER | Im IG-BCE-Bezirk Hannover hat am 1. April Markus Römer die Leitung übernommen, nachdem sich der bisherige Leiter Wolfgang Blossey in den Ruhestand verabschiedet hat. Der gelernte Chemie- laborant begann nach seinem Studium an der Sozialakademie Dortmund 1992 mit hauptamtlicher Arbeit für die IG BCE. Im Bezirk Leverkusen und im Landesbezirk Baden-Württemberg war er stellvertre-tender Leiter, in den letzten zehn Jahren Leiter der Bildungs-abteilung in der Hauptverwaltung. »Im Bezirk möchte ich das Thema Gute Arbeit voranbringen«, kündigt der 48-Jäh-rige an. »Die Menschen sollen stolz auf ihre Arbeit sein und gesund alt werden können. Dazu gehören eine gute Bezah-lung und eine unterstützende Gewerkschaft.«

Frauen erfüllen mehr PflichtenBRUNSBÜTTEL | Die Arbeitssitua- tion von Frauen stand am 8. März im Zentrum einer Veranstaltung der schleswig-holstei-nischen Kollegin-nen zum Interna-tionalen Frauentag. Frauen übernähmen den größeren Teil der familiären Ver-pflichtungen und hätten danach Probleme, in Vollzeitarbeit zurückzukehren, berichtete der Bezirksleiter Andreas Suß (Foto, Dritter von rechts). Darauf aber gebe es ein Recht. Was Frauen von Tarifverhandlungen erwarten, will Gewerkschafts-sekretärin Bettina Andersen per Fragebogen herausfinden.

Marktstand für gerechte LöhneIBBENBÜREN | Am Equal Pay Day im März hat das Frauenforum des IG-BCE-Bezirks ge-meinsam mit den sozialdemokrati-schen Frauen auf dem Ibbenbürener Wochenmarkt für gerechte Bezahlung von Männern und Frauen demons-triert. Die Kolleginnen informierten die Marktbesucher auch über die Auswirkung ungerechter Entgelte auf die Renten und über den Mindestlohn.

Langfristige AntwortenHANNOVER | Tagung berät Lage der Automobilzulieferer

Nicht Konkurrenz, sondern eine gemein-same Strategie belebt das Geschäft – zu die-sem Ergebnis kamen 30 Teilnehmer bei der zweiten Automobil-zulieferer-Tagung des IG-BCE-Landesbe-zirks Nord im März in Hannover. Jedenfalls gilt das für die kleinen und mittleren Unter-nehmen, die in Nord-deutschland die Autoindustrie beliefern und durch deren Globalisierung immer mehr unter Druck geraten.

Mittelständische Unterneh-men mit weniger als 500 Be-schäftigten spielen eine wich-tige Rolle für die Automobilin-dustrie, berichtete Stefan Brat-zel vom Center of Automotive Management. Noch gehe es ihnen auch »im Großen und Ganzen gut«. Problematisch für die Zulieferer aber sei, dass das Wachstum der Fahrzeug-produktion – 47 Prozent seit dem Jahr 2000 – überwiegend im Ausland stattfinde. Doch in China, so stellten Teilneh-mer der Tagung fest, könnten ihre Arbeitgeber nicht inves-tieren. Kleinere Unternehmen seien auf Standorte in Europa angewiesen.

Hilfestellung in diesem Di-lemma bot Staatssekretärin Daniela Behrens aus dem Nie-

dersächsischen Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr an: Die Landesregie-rung fördere Branchendialoge über Fachkräftebedarf oder Forschung und Entwicklung. Auch die Vernetzung kleinerer Unternehmen mit relevanten Forschungseinrichtungen soll unterstützt werden. Außerdem helfe das Ministerium kleine-ren Firmen bei Anträgen an die Europäische Union.

Dass es zur Verbesserung der Situation auch Verände-rungsprozesse in den Betrie-ben geben muss, stellte der Berater Thomas Schlomski in der abschließenden Po- diumsdiskussion fest. Quali-fizierte Mitarbeit und Ausbil-dung seien die großen Stand-ortvorteile im Inland, sagte Christopher Seagon, Fachan-walt für Insolvenzrecht. Ralf Becker, Leiter des Landesbe-zirks Nord, der für die »Auto-

mobilzulieferer in der Klemme« ein eigenes Projekt ins Leben ge-rufen hat, appellierte an die Betriebsräte: »Wir müssen langfris-tige Antworten fin-den. Bringt die Ge-schäftsführungen mit euren Ideen in Zug-zwang!«

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Plädieren für Veränderung: Stefan Bratzel, Ralf Becker, Moderator Joe Faß und Chris-topher Seagon auf dem Podium (von links).

Fördert Branchendialog: Staatssekretärin Daniela Behrens (links im Bild).

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Dow verkauft Anlagen an der ElbeSTADE | Das Che-mie-Unternehmen Dow will zum 1. Mai drei von 16 Anlagen in Stade an die ame-rikanische Olin Cor-poration verkaufen. Das trifft etwa 300 Beschäftigte. Sie be-fürchten Verschlechterungen: »Die Geschäftsführung will den von der Ausgliederung Betroffenen nur das rechtlich vorge-schriebene Mindestmaß an Schutzmöglichkeiten gewähren«, kritisierte der Betriebsratsvorsitzende Thomas Mellin. Oliver Venzke vom Bezirk Hamburg/Harburg: »Wir fordern einen Tarifvertrag für die betroffenen Bereiche der Dow, damit nicht die Zukunft der Kollegen mit verkauft wird. Dazu wird derzeit der Druck auf die Dow-Geschäftsleitung erhöht.«

Neuer Investor für PVC-WerkWILHELMSHAVEN | Die International Chemical Investors Group (ICIG) mit Sitz in Luxemburg will das PVC-Werk in Wilhelmshaven vom Schweizer Konzern Ineos erwerben. Das teilte die Geschäftsführung den etwa 350 Beschäftigten am 19. März bei einer Betriebsversammlung mit. Voraussetzung dafür ist die Zustimmung der Europäischen Kommission. Die hatte für einen Zusammenschluss von Ineos und Solvay zur Auflage gemacht, dass der neue Konzern nicht den PVC-Markt beherrscht. Das wird mit dem Verkauf eingelöst. »Über die Zukunft der Arbeitsbedingungen haben wir noch keine Informationen«, sagt der Betriebsratsvorsitzende Heinz Laue.

Rückkehr zur »Feldmühle«UETERSEN | Die mehr als 100 Jahre alte Papierfabrik in Uetersen gehört jetzt der Münchener Fi-nanzholding Peru-sa. Nach 25 Jahren als Tochter des fin-nischen Stora-Enso-Konzerns firmiert sie nun wieder selbstständig unter ihrem alten Namen Feldmühle. Für die etwa 400 Beschäftigten geht damit eine lange Zeit der Ungewissheit zu Ende. »Viele hatten Angst, dass das Werk geschlossen wird«, berichtet der Betriebs-ratsvorsitzende Thorsten Buthmann, der den Verkauf begrüßt. Mit einer besseren Ausnutzung der Kapazitäten will die Ge-schäftsführung nach Zeitungsberichten in zwei Jahren wieder Gewinne machen – ohne Personalkürzungen.

Signal an TarifpartnerHAMBURG | IG-BCE-Mitglieder stehen für Forderung ein

Einen Tag vor der letzten Verhandlungs-runde der Chemie- tarifpartner sind in Hamburg am 25. März etwa 3000 IG-BCE-Mitglieder aus dem ganzen Landesbezirk Nord für die Gewerk-schaftsforderungen auf die Straße gegangen (Foto). Die Gewerkschaftsjugend sammelte Unterschriften auf

Riesen-Luftballons, Stelzen-läufer mischten die Menge vor dem Hauptbahnhof auf.

Landesbezirksleiter Ralf Becker forderte die Arbeitgeber zur Rückkehr zu Verhand-lungen »auf Augen-höhe« auf, wie sie bis-her in der chemischen Industrie üblich ge-wesen seien.

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Geschlossen gegen Pläne des Wirtschaftsministers: Beschäftigte der Helmstedter Revier GmbH.

Kundgebung für KohleHELMSTEDT | Revier demonstriert gegen CO2-Abgabe

Gegen die vom Bundes-wirtschafts-ministerium geplante neue CO2-Abgabe für ältere Kraft-werke hat am 25. März die Belegschaft der Helmstedter Revier GmbH demonstriert. Sie würde die Existenz des Kraftwerks Busch-haus und seiner Muttergesell-schaft Mibrag gefährden, be-fürchten die etwa 350 Beschäf-tigten, die an der Kundgebung teilnahmen. Dr. Ralf Bartels, Energie-Experte der IG BCE und stellvertretender Auf-sichtsratsvorsitzender der Mi-brag, warnte die Bundesregie-

rung vor einem erzwungenen Strukturwandel, dessen sozia-le Folgen ganze Landstriche treffen und hochwertige Ar-beitsplätze vernichten könn-ten. Der Aufsichtsrat hatte seine Sitzung für die Kund- gebung unterbrochen. Unter-stützung kam auch von den Bürgermeistern von Helmstedt und Schöningen sowie vom DGB.

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Termine – kurz notiert1. Mai: »Die Arbeit der Zukunft gestalten wir!« Unter dem Motto des DGB veranstalten IG-BCE-Mitglieder überall im Landesbezirk Kundgebungen und Feiern. In Berlin spricht der DGB-Vorsitzende Reiner Hoffmann.

POTSDAM | 22./23. Juni: Betriebsräte-Tagung »Gute und gesunde Schichtarbeit – ein Widerspruch in sich?«

Familienfest zum JubiläumLEIPZIG | Die IG BCE feiert 125. Jubiläum und lädt am 19. Sep-tember zur großen Ge-burtstagsfeier auf das Gelände der Zeche Zollverein in Essen ein. Zuvor organisiert der Landesbezirk ein regionales Treffen. Zum Familienfest am 30. Mai kom-men Mitglieder und ihre Angehörigen im Freizeitpark Be-lantis zusammen. Fragen dazu an die Landesbezirksleiterin Petra Reinbold-Knape:

Warum feiert die IG BCE ein Familienfest? Gewerkschaft zu sein bedeutet über unsere politischen Themen hinaus auch, eine Familie zu sein. Deshalb wollen wir gemeinsam feiern. Die Mitglieder erwartet ein fröhliches Team der IG BCE aus Nordost, dazu viele Abenteuer im Frei-zeitpark, aber auch Informationen und Diskussionsmöglich-keiten zu unseren aktuellen industrie-, energie- und tarif-politischen Themen. Wir veranstalten einen Malwettbewerb zum 125. Jubiläum unserer Gewerkschaft. Die entstandenen Bilder nehmen wir mit zum großen Fest in Essen. Was bedeuten eigentlich 125 Jahre IG BCE?Es ist ein stolzer Geburtstag, der den langen Weg und oft dramatischen Kampf um die heutigen Arbeitnehmerrechte markiert. Von der Mitbestimmung in den Betrieben sind wir zur Mitbestimmung in der Gesellschaft gekommen, nichts anderes ist unsere aktive Energie- und Industriepolitik. Es ist wichtig, die Geschichte zu kennen, um zu wissen, worauf wir achten müssen. Die ur-demokratischen Grund- werte unserer Organisation gelten wie vor 125 Jahren: Solidarität, Gleichheit, Menschlichkeit. Sie zeigen sich unter anderem im Einsatz gegen Fremdenfeindlichkeit und Rassismus.

Die Karten zum Familienfest im Freizeitpark Belantis am 30. Mai sind auf 1250 Stück limitiert und können zum er-mäßigten Eintrittspreis über die Bezirke erworben werden.

Frauen machen WirbelKAGEL-MÖLLENHORST | Neue Nachbarinnen: Flüchtlingsfrauen

Rund 60 Frauen feierten den Frauentag des Landesbezirks mit afrikanischen Trommel-klängen (Foto oben) und ei-nem farbenfrohen Buffet mit orientalischen, afrikanischen und Speisen vom Balkan. Un-ter dem Titel »Neue Nach-

barinnen: Flüchtlingsfrauen« lernten die Teilnehmerinnen das Leben von Flüchtlingen besser kennen und diskutier-ten die politischen Rahmen-bedingungen mit Dilek Kolat, Berliner Senatorin für Arbeit, Integration und Frauen. Für

die Bewohner eines Asylbewerberheims in Fürstenwalde spende-ten die Frauen nützli-che Alltagsgegenstände und gestalteten fröh- liche Willkommens-karten (Foto links).

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IG-BCE-Jugend »on tour«

BÖHLEN | Der Bezirksjugend-ausschuss in Leipzig orga- nisiert in den kommenden Monaten eine Reihe von Be-sichtigungen in Unterneh-men. Los ging es Anfang April

mit einer Werkbefahrung im DOW Olefinverbund, Stand-ort Böhlen. Termine bei der LMBV und einem Unterneh-men der Papierindustrie sol-len folgen.

Anmeldung über die IG BCE BWS: http://bit.ly/1JqHc2t

Die Bezirksjugend in Berlin-Mark Brandenburg widmet sich in diesem Jahr der gesell-schaftlichen Vielfalt. Beim Se-minar »Verschieden und doch gleich« beschäftigten sich die Teilnehmerinnen und Teilneh-

mer mit Kulturen und Religio-nen und diskutierten ausführ-lich mit dem Imam und Religi-onswissenschaftler Kadir Sanci. Weitere Veranstaltungen, unter anderem zu den Europawo-chen im Mai, sind in Planung.

Wir leben VielfaltERKNER | Jugendseminar mit interkultureller Begegnung

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Aktionsbündnis Energie

SCHWARZE PUMPE | IG-BCE-Mitglieder aus der Lausitz be-reiteten in einem Aktionsbündnis Energie die große Protest-demo in Berlin am 25. April vor. Zum Treffen in Schwarze Pumpe (Foto) kamen rund 60 Vertrauensleute und Betriebs-räte aus allen Braunkohlebetrieben, den energieintensiven Unternehmen und aus den Wohnortsgruppen.

Kein Platz für BraMM

FÜRSTENWALDE | Viele IG-BCE-Mitglieder und Bündnis-partner versammelten sich zu Ostern spontan und entschlos-sen, um dem regionalen Pegida-Ableger BraMM (Brandenbur-ger für Meinungsfreiheit und Mitbestimmung) Einhalt zu gebieten. Den rechten Agitatoren blieb nur der stille Rückzug und die Auflösung ihrer groß angekündigten Kundgebung.

Tarifrunde AVEU: Erste AktionenMAGDEBURG | Mit einer Flugblattaktion informierten die Vertrauensleute der Städtischen Werke und der Netze Magde-burg ihre Kolleginnen und Kollegen über die erste Verhand-lung in der Tarifrunde AVEU, bei der die Arbeitgeber ein voll-kommen unzureichendes Entgeltangebot vorgelegt hatten. Entrüstung rief unter anderem die vorgeschlagene Laufzeit von 25 Monaten vor. »Wir leisten gute Arbeit und wollen am erwirtschafteten Erfolg angemessen beteiligt werden«, so der Tenor. Die zweite Tarifverhandlung fand am 20. April statt.

Jobcoaching für MitgliederDRESDEN-CHEMNITZ | Als neues Angebot bietet die IG BCE im Bezirk ab Juni kostenlose Jobcoaching-Beratungsge- spräche an. Der Service in Zusammenarbeit mit der Bonner Wirtschaftsakademie richtet sich an Mitglieder, die von Ar-beitslosigkeit betroffen sind, in einen anderen Job wechseln möchten, nach längerer Krankheit wieder zurück in den Beruf kehren oder nach einer Elternzeit die Stelle wechseln wollen – Terminvereinbarungen vorab im Bezirk.

Aktionstag »5 vor 12«BERLIN | Starke Betriebsversammlungen in der Braunkohle

Es dauerte nur wenige Stun-den und die Betriebsräte der Braunkohlebetriebe in Nord-ost hatten mehrere außer- ordentliche Betriebsversamm-lungen auf den Weg gebracht. Sie hatten sofort reagiert, als das Eckpunktepapier aus dem Bundeswirtschaftsministerium mit einer für ältere Kraftwerke vorgesehenen CO2-Abgabe be-kannt geworden war. Dieser Plan bedroht die Wirtschaft-lichkeit der Kraftwerke und

Tagebaue und damit das Leben in den Revieren.

Am 25. März um genau 5 vor 12 protestierten dage-gen mehr als 4000 Kollegin-nen und Kollegen am Tage-bau Jänschwalde (Foto oben). Der IG-BCE-Vorsitzende Mi-chael Vassiliadis (Foto unten, links im Bild) brachte das Entsetzen auf den Punkt, als er vom drohenden sozialen Blackout ganzer Regionen sprach. Am Tagebau Profen

versammelten sich zeitgleich rund 1000 Beschäftigte und auch im Kraftwerk Lippendorf hatte Be-triebsratsvorsitzen-der Jens Littmann eine »5-vor-12«-Be-triebsversammlung einberufen. (Siehe auch Seite 12.)

N A M E N & N A C H R I C H T E N

BR-Wahlen bei Amiantit eingeleitetMOCHAU BEI DÖBELN | Bei der Amiantit Germany GmbH mit rund 200 Beschäftigten brodelt es seit Längerem. Die Kolleginnen und Kollegen for-dern einen Betriebsrat und wandten sich dafür mit der Bitte um Unterstützung an

die IG BCE. Nach anfänglicher harter Blockade seitens der Geschäftsführung ist es nun gelungen, einen Wahlvorstand zu wählen. Die IG BCE wird die Mitglieder schulen, damit in Kürze eine ordentliche Be-triebsratswahl erfolgen kann.

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Gewerkschafter spendenDÜREN | 900 Euro haben Mitglieder der Ortsgrup-pen Düren und Niederzier für das Café Lichtblick in Düren gespendet. Das Café ist eine Anlaufstelle für Wohnungslose und Bedürftige. Die Spende überreichten Vertreter der beiden Ortsgruppen sowie IG-BCE-Vertrauensleute von Metsä Tissue Untermaubach an Sieghild von Gagern, Vorsitzende des Trägervereins.

Rentenmodelle im FokusDUISBURG | Mit verschiedenen Rentenmodellen und -arten beschäftigte sich der Arbeitskreis Sozialrecht des IG-BCE-Bezirks Duisburg auf seiner letzten Sitzung. An dem ganz-tägigen Seminar nahmen rund 20 Versichertenälteste und weitere interessierte Kollegen teil.

Ministerpräsidentin zu BesuchDÜREN | Ministerpräsiden-tin Hannelore Kraft infor-mierte sich im Kreuzauer Werk der Metsä Tissue GmbH über die Situation der NRW-Papierindustrie. Sie folgte der Einladung des Gesamtbetriebsratsvor-sitzenden und IG-BCE-Beiratsmitglieds Alfred Strick. Im Gespräch mit dem Betriebsrat ging es um die demografische Entwicklung, den Facharbeitermangel, die energieintensive Papierindustrie und besondere Schwierigkeiten des Werkes mit dem Lkw-Verkehr. Ein weiterer Schwerpunkt waren die Re-naturierung der Rur und die damit verbundenen Herausforde-rungen für die Papierindustrie. Kraft sagte zu, möglichst schnell Planungssicherheit für Investitionen zu schaffen.

Beste Werber im MärzPlatz 1: Frank Mergl (30 geworbene Neumitglieder, Cinram GmbH, Bezirk Alsdorf); Platz 2: Horst Ruoff (10, Continen-tal Aachen, Alsdorf); Platz 3/4: Franz-Josef Christ (8, Bayer Crop Science GmbH, Köln-Bonn), Gabriel Schäfer (8, Vetro-tech Saint-Gobain Kinon, Alsdorf); Platz 5/6: Markus Foederl (5, Schulte Söhne, Düsseldorf), Peter Grebe (5, Montaplast, Köln-Bonn); Platz 7/8: Franz-Josef Mörsch (4, KKT, Köln-Bonn), Peter Winter (4, Dreiring-Werk, Moers).

Braunkohle erhaltenALSDORF | Bezirksdelegiertenkonferenz

Die künftige Energiepoli-tik und die Zukunft des rheinischen Braunkohle-reviers stan-den im Mit-telpunkt der Konferenz. Die Braun-kohle ist zurzeit unverzicht-bar – darin waren sich NRW- Ministerpräsidentin Hannelore Kraft (SPD), der IG-BCE- Vorsitzende Michael Vassilia-dis und IG-BCE-Bezirksleiter Manfred Maresch einig. Kraft betonte: »Die Braunkohle be-hält in NRW eine sehr wichtige Rolle.« Die Fortführung des Tagebaus Garzweiler sei wei-terhin erforderlich, so Kraft.

Michael Vassiliadis bezeich-nete das Land NRW und die europäischen Nachbarn im Umkreis von 400 Kilometern als das »industrielle Herz Eu-ropas«. »Eines Tages wird die Braunkohle keine Rolle mehr spielen«, erklärte er. Über das »Wann, Wo und Warum«

müsse man aber streiten, er-klärte er unter dem Applaus der Delegierten.

Die Bundesregierung forder-te der IG-BCE-Vorsitzende auf, ihre künftige Energiepolitik neu auszurichten. Die von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel vorgeschla- gene Sonderabgabe für alte Kohlekraftwerke ist aus Sicht der IG BCE der falsche Weg.

Eine bezahlbare Energie-wende sei nur mit der Braun-kohle machbar, betonte Be-zirksleiter Manfred Maresch. Geklärt werden müsse, wo der Strom für Verbraucher und Industrie herkommen solle, »wenn der Wind nicht weht und die Sonne nicht scheint«.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Boxen gegen rechtsDUISBURG | Im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus lud der Duisburg-Walsumer Box-Club zu einer hochkarätigen Boxveranstal-tung ins Sportzentrum Drie-senbusch ein. Boxer aus allen vor Ort lebenden Nationen trugen vor 200 Zuschauerin-nen und Zuschauern faire Boxkämpfe als Zeichen gegen

Rassismus und für ein fried- liches Miteinander aus. Neben Boxern vom Niederrhein stie-gen auch Gäste aus Berlin, Bad Neuenahr, Frankenthal, Köln, Leverkusen und erstmals aus Schalke in den Ring.

Weitere Infos im Internet: www.nordrhein.igbce.de

NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft betonte die Bedeutung der Braunkohle (Zweite von links).

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Das Paket stimmtDÜSSELDORF | Chemie-Tarifrunde erfolgreich beendet

Die Arbeitgeber mauerten und zeigten wenig Verhandlungs-bereitschaft. Doch dank des großen Einsatzes der IG-BCE-Mitglieder aus der chemischen Industrie konnte nach einer ungewöhnlich zähen Tarif-auseinandersetzung am Ende doch ein faires Ergebnis erzielt werden. Die Entgelte steigen um 2,8 Prozent, die Ausbil-dungsvergütungen um 40 Euro. Außerdem wird der betrieb-

liche Demografiefonds von 338 auf 750 Euro pro Be-schäftigtem und Jahr aufge-stockt. Für den IG-BCE-Ver-handlungsführer Peter Haus-mann ist der Abschluss ein »tragfähiger Kompromiss«. Das Gesamtvolumen gehe in Ordnung, so Hausmann. »Uns ist gelungen, neue Spielräume für gleitende Übergänge in den Ruhestand zu öffnen«, betonte er.

Wir haben viel geschafft»Viel erreicht – viel zu tun«: So lässt sich die 125-jährige Ge-schichte unserer Gewerkschaft und ihrer Vorläuferorganisa-tionen überschreiben. Das runde Jubiläum wollen wir mit einem großen Familienfest am 19. September auf der Zeche Zollverein in Essen gebührend feiern. Dazu lade ich euch und eure Familien herzlich ein.

Das Motto gilt nicht nur für unsere Geschichte, sondern beschreibt auch die aktuelle Situation. Das Jahr 2015 hat unsere Gewerkschaft bisher voll und ganz gefordert. Die Chemie-Tarifrunde war eine der heftigsten Tarifauseinander- setzungen der letzten 30 Jahre. Der Beton-Haltung der Arbeit-geber, die für Erhöhungen weder Spielraum noch Notwendig-keit sahen, haben wir die geballte Entschlossenheit unserer IG BCE entgegengesetzt. Deutschlandweit haben mehr als 100 000 IG-BCE-Mitglieder für unsere Forderungen Flagge gezeigt – Zehntausende allein bei uns in Nordrhein. Dafür möchte ich euch danken.

Wir haben eine solide Erhöhung der Entgelte durchgesetzt, die uns nicht von anderen Branchen abkoppelt. Der Demo-grafietarifvertrag wird weiterentwickelt und zukunftssicher gemacht. Damit haben wir wichtige Eckpfeiler gesetzt. Jetzt geht es darum, die Regelungen in den Betrieben umzusetzen.

Viel zu tun gibt es auch bei der Energiewende. Die Über- legungen von Wirtschaftsminister Gabriel, ältere Kohlekraft-werke mit Strafzahlungen zu belegen, gefährden mehr als 10 000 Arbeitsplätze im rheinischen Braunkohlerevier. Sie sind auch eine Absage an Versorgungssicherheit und bezahl-bare Energie. Das ist ein Thema, das uns als Privatverbraucher betrifft, aber ebenso die energieintensiven Betriebe in unseren Branchen und deren Wettbewerbsfähigkeit. Wir werden als IG BCE in den nächsten Wochen und Monaten alles daran setzen, zu vernünftigen und ideologiefreien Lösungen zu kommen.

Gelegenheit für eine Zwischenbilanz unserer Arbeit und für eine Würdigung unserer Erfolge bieten die zahlreichen Kund-gebungen zum 1. Mai, der 2015 zum 125. Mal begangen wird. Setzt ein Zeichen und geht zu einer Kundgebung am Tag der Arbeit! Damit auch die Politik sieht: Die IG BCE ist eine starke Organisation, die lautstark und geschlossen für ihre Forderungen eintritt.

FRANK LÖLLGENLandesbezirksleiter Nordrhein

»Aufgrund der vielen Menschen, die wir in den letzten Wochen auf die Straße gebracht haben, war überhaupt erst ein Ergebnis möglich. Be- sonders die Weiterentwicklung des Demografie-fonds ist ein voller Erfolg.« Manuela Strauch, Lanxess

Stimmen aus der Tarifkommission

»Zwei Herzen schlagen in meiner Brust. Auf der einen Seite das positive Ergebnis zur Stärkung des Demografiefonds. Auf der anderen Seite war die Erwartung beim Entgelt etwas höher. Unterm Strich bewerte ich den Abschluss positiv.« Dirk Müller, Evonik

»Der Abschluss ist ein vernünftiger Kompromiss in einer schwierigen Tarifrunde. Insbesondere freuen mich Weiterentwicklung und Aufstockung des Demografiebeitrages. Für die Auszubilden-den freut mich die Erhöhung von 40 Euro.« Thomas de Win, Bayer

Am letzten Märzwochenende gingen rund 6000 IG-BCE-Mitglieder in Köln auf die Straße, um zu signalisieren: Wir verdienen mehr!

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125 Jahre IG BCE zwischen Wester wald, Südpfalz und der SaarMAINZ | Seit ihrer Gründung hat die Gewerkschaft einen weiten Weg zurückgelegt. Das Elend der Anfangsjahre ist heute unvorstellbar.

or gut zwölf Jahr-zehnten gründeten sich auch auf dem

Gebiet der heutigen Länder Rheinland-Pfalz und Saar-land die Gewerkschaften, die inzwischen IG BCE heißen. Schon damals befanden sich hier einige der modernsten Zentren der deutschen In-dustrie.

1890 werden im Saargebiet Eisen und Kohle gefördert und modernster Stahl gegos-sen. In Ludwigshafen expan-diert die Badische Anilin- und Sodafabrik. Worms wird größter deutscher Lederstand-ort, Pirmasens größter Stand-ort für Schu-he. Der Rhein und mehrere Nebenflüsse bilden den Mittelpunkt der deutschen Chemieindustrie. Ein Albert Boehringer stellt Milchsäure mithilfe von Bak-terien her. An der Saar so- wie zwischen Bendorf und der Westerwald-Stadt Wirges wird Ton abgebaut und Kera-mik gebrannt. Wo es Wald gibt, entstehen Papierfabriken und Glashütten. Es ist eine Zeit des wilden Aufbruchs.

Doch die Lebensbedin- gungen sind elend. Die Män-ner sterben meist, bevor sie

51, Frauen, bevor sie 60 sind. Hunger, Armut, Schmutz, Unfälle, Seuchen und Kriege raffen sie dahin. Von Ausnah-men bei sozial denkenden Unternehmen abgesehen, rei-chen die Löhne kaum zum Überleben. Die Arbeitszeiten übersteigen zwölf Stunden, freie Sonntage oder Urlaub sind Fremdworte. Mutter-schutz existiert nicht. Auch unter zwölfjährige Kinder müssen in die Fabriken. Wer aufmuckt, fliegt und findet nirgends mehr Arbeit.

Reichskanzler Otto von Bis-marck will die verbreitete Wut mit einer Sozialversicherung dämpfen, lässt aber Streiks,

Flugblätter und Aktionen durch das dra-konische »Ge-

setz gegen die gemeingefähr-lichen Umtriebe der Sozial- demokratie« verbieten.

Die Bergarbeiter halten sich nicht daran. Auch an der Saar beteiligen sie sich 1889 in Massen an einem im ganzen Reich aufflammenden Streik. Als Reichskanzler Bismarck das Gesetz weiter verschärfen will, verspielt er seine Macht und muss gehen. Am 1. Okto-ber 1890 verliert das Gesetz seine Gültigkeit. Jetzt ist kein Halten mehr.

»Die IG BCE steht seit 125 Jahren für bessere Entgelte und bessere Arbeit, für Solidarität und für das Zusammenstehen von Menschen unterschiedlichster Herkunft. Gemeinsam wollen wir alles dafür tun, dass Fremdenhass und Rassismus bei uns nie eine Chance bekommen.«

Maria-Lucia Amoddeo, Vorsitzende Jugend- und Auszubildendenvertretung, BASF SE

»Arbeitsverdichtung und Stress bestimmen das Arbeitsleben heute bis zum oft sehr späten Ruhestand. Unsere Gewerkschaft hat deshalb noch große Aufgaben vor sich. Aber unsere Mitglieder haben in 125 Jahren gezeigt, dass sich Entschlossenheit und Beharrlichkeit auszahlen.«

Volker Freudenberger, Betriebsrat, Boehringer Ingelheim Pharma GmbH & Co. KG

»Es ist heute unvorstellbar, auf welche Weise sich Frauen vor 125 Jahren abschinden mussten. Unsere Mitglieder, unsere IG BCE und die anderen Gewerkschaften haben hart und sehr erfolgreich dagegen angekämpft. Aber die Gleichstellung der Frauen steht immer noch aus.«

Svenja Buchröder, Betriebsrätin, Raschig GmbH

»Die IG BCE steht für 125 Jahre nachhaltige und faire Politik in Wirt-schaft, Kultur und Sozialem. Ihre Aktivitäten wirken sich positiv aus und beeinflussen das gesamtgesellschaftliche Denken und Verhalten. Es ist schön, Teil dieser großen Familie zu sein.«

Jannick Haehner, Vorsitzender Jugend- und Auszubildenden- vertretung, Zschimmer & Schwarz GmbH & Co. KG

»Auch wir jungen Mitglieder wissen, wie schlecht es Frauen, Kindern und Männern in der Zeit ging, als unsere Gewerkschaft gegründet wurde. Dass ist heute anders. Wir stehen auf einem Fundament, das Generationen von Gewerkschaftern gelegt haben. Das verpflich-tet uns.«

Jessica Eich, stellvertretende Vorsitzende Landesbezirks- jugendausschuss, V&B Fliesen GmbH

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Im Herbst 1890 ist kein Halten mehr

»125 Jahre IG BCE bedeutet für mich: Demokratie, Einsatz und Re-spekt für den Schwächeren, soziale Sicherheit, Gerechtigkeit, um ge-meinsam mit den Unternehmen, den Betriebsräten und Vertrauens-leuten Verbesserungen für unsere Mitglieder und die Beschäftigten zu erreichen.«

Sven Zimmermann, Betriebsratsvorsitzender, Kartonfabrik Buchmann GmbH

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125 Jahre IG BCE zwischen Wester wald, Südpfalz und der SaarMAINZ | Seit ihrer Gründung hat die Gewerkschaft einen weiten Weg zurückgelegt. Das Elend der Anfangsjahre ist heute unvorstellbar.

Schon im November 1890 beteiligen sich auch die Dele-gierten der Saarkumpel an der Gründung des – wie sie sagen – »Alten Verbands« der Bergleute. Der Verband wird zum Vorläufer der 1946 neu gegründeten IG Bergbau und Energie. Andere Branchen tun es ihnen gleich. Bereits im Juli hatte sich der Fabrik-arbeiterverband gebildet – die spätere IG Chemie-Pa-pier-Keramik. Bald gibt es auch den »Deutschen Leder-arbeiterverband«, die spätere Gewerkschaft Leder.

Es sind diese drei Orga- nisationen, die 1997 zur In- dustriegewerkschaft Bergbau, Chemie, Energie fusionieren. Und so bildet das Jahr 1890 zugleich auch das Gründungs-jahr der IG BCE.

Im heutigen Rheinland-Pfalz und im heutigen Saarland gibt es zunächst zahlreiche Besonderheiten. Die Spaltung der Gewerkschaftsbewegung in weltanschaulich neutrale – meist mit der SPD verbunde-ne – und in christliche – meist mit dem »Zentrum« verbun-dene – Gewerkschaften ist hier besonders spürbar.

Als die Nazis an die Macht kommen, geschieht das an der Saar erst drei Jahre später. Die Saar-Gewerkschaften ge-

hören bis 1936 zu den schärfsten Kritikern der Ver-hältnisse im übrigen Deutsch-land. Und danach leisten Bergleute hier länger Wider-stand.

Nach dem Krieg entschei-den sich auch am Rhein und an der Saar alle, künftig ge-meinsam voranzugehen, als »Einheits«-Gewerkschaft.

Doch bald gibt es neue Pro-bleme. Denn schärfer als in den anderen Bundesländern macht sich hier bemerkbar, dass die Schuh- und die vor-dem sehr große Lederindus-trie in Länder mit geringeren Löhnen und niedrigeren Um-weltauflagen abwandert. Und der einmal so große und stolze Bergbau schrumpft. Vor drei Jahren stellt das letzte Steinkohlenbergwerk an der Saar seine Produktion ein.

Der Strukturwandel im Land braucht Zeit. Heute prä-gen neue Technologien die Mitgliedschaft der IG BCE. Branchen und Verfahren ge-deihen, die es in den Grün-derjahren fast nicht gab – dar-unter besonders prominent die Erdölverarbeitung, die Kunststoff- und die Pharma-industrie. Und die Zahl der Mitglieder in den Betrieben steigt nachhaltig an.

Michael Weisbrodt

»Wir haben schon viel erreicht: eine die Existenz sichernde Ar- beit, lebensphasenorientierte Arbeitszeiten und für Frauen gleiche berufliche Entwicklungschancen, auch auf Führungspositionen. Setzen wir diesen Weg fort, können wir auch künftig auf die IG BCE bauen.«

Martina Volz, Betriebsrätin, BASF SE

»125 Jahre IG BCE bedeuten für mich Tradition, Zusammengehörig-keit und Widerstand. Unzählige Kolleginnen und Kollegen haben mu-tig und entschlossen Grundsteine für unseren Wohlstand gelegt und sich auch in dunkelsten Jahren zu ihrer gewerkschaftlichen Gesin-nung bekannt!«

Berthold Trippen, Betriebsratsvorsitzender, Zeller Plastik Deutschland GmbH

»Dass unser Land die materielle Not weitgehend überwunden hat, liegt nicht zuletzt daran, dass die IG BCE seit 125 Jahren - gemeinsam mit anderen Gewerkschaften - für Gerechtigkeit und bessere Bezahlung kämpft. Wir wissen aber auch: Es bleibt noch viel zu tun.«

Sinischa Horvat, Betriebsrat, BASF SE

»Seit Gründung unserer Gewerkschaft behielt das Wort ›Solidarität‹ bei uns stets seinen hohen Stellenwert. Wenn wir uns weiter entschlossen für bessere Arbeitsbedingungen, gleiche Chancen und eine gerechte Entlohnung einsetzen, bleibt unsere Gewerkschaft stark.«

Katja Marx, Betriebsratsvorsitzende, Zschimmer & Schwarz GmbH & Co. KG

»Dass wir heute weitgehend ohne Angst und persönliches Risiko erfolg-reiche Tarifverhandlungen führen können, beruht auf der Arbeit von Ge-nerationen aktiver Gewerkschaftsmitglieder, die entschlossen mit den Arbeitgebern gerungen haben. Diesen Weg müssen wir fortsetzen.«

Dietmar Langenfeld, Gesamtbetriebsratsvorsitzender, Villeroy & Boch AG

»Lange schon geht die IG BCE in der Tarifpolitik neue Wege. Sie hat Schluss gemacht mit der Unterscheidung zwischen Arbeitern und Ange-stellten. Sie hat erfolgreich über die Lebensarbeitszeit und über die Zahl der Ausbildungsplätze verhandelt. Das macht uns stolz.«

Cesina Staudt, stellvertretende Vorsitzende Jugend- und Auszubildendenvertretung, BASF SE

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Gegen RassismusBIELEFELD | Anti-Pegida-Demonstrationen und Trauer- märsche für die Opfer der Anschläge in Paris – in vielen Städ-ten fanden in der vergangenen Zeit Veranstaltungen statt, bei denen Menschen gegen Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und Terror ein Zeichen gesetzt haben. Am 19. Januar waren es in Bielefeld mehr als 10 000 Teilnehmerinnen und Teil-nehmer, die für Toleranz und eine offene Gesellschaft einge-treten sind, in der alle, egal welcher Hautfarbe oder Herkunft, friedlich leben und arbeiten können.

In den organisierten Betrieben arbeiten schon seit langer Zeit Kolleginnen und Kollegen unterschiedlicher Herkunft und Religion friedlich und kollegial zusammen. Damit das so bleibt, hat die IG-BCE-Ortsgruppe Bielefeld im Rahmen der Internationalen Wochen gegen Rassismus im März eine Informations- und Diskussionsveranstaltung organisiert. Der Einladung folgten zahlreiche Kolleginnen und Kollegen. Rainer Schütte, Generalbevollmächtigter der Möller Group, und Mehmet Ali Ölmez, Vorsitzender des Integrationsrates in Bielefeld, hielten kurze Vorträge und stellten sich in der an-schließenden Diskussion den Fragen der Gäste.

Bei den UN-Wochen gegen Rassismus vom 16. bis zum 29. März 2015 fanden erstmals mehr als 1400 Veranstaltungen statt, an denen über 100 000 Personen in mehr als 300 Städten und Gemeinden teilnahmen.

KulturausflugHERNE | Die IG-BCE-Ortsgruppe Gelsenkirchen-Hassel-Süd hat im März ihrer Verbun-denheit zur Kultur Ausdruck verlie-hen und das Volks-theater Mondpa-last in Wanne-Eickel besucht. Als besondere Überraschung durfte die Ausflugsgruppe im Anschluss an die Vorstellung hinter die Kulissen und Gespräche mit einigen Darstellern der Komödie »Wat ne herrliche Welt« führen. Danach haben sich alle zusammen für ein Gruppenfoto auf der Bühne ver-sammelt (Foto). Das Stück wird seit 2005 im Mondpalast inszeniert. Ekki Eumann, der neue künstlerische Leiter des Theaters, hat die großartige Kumpelkomödie gemeinsam mit Autor Sigi Domke nun runderneuert.

Erfolgreich unterwegsGELSENKIRCHEN | Kreative Veranstaltungen zum Frauentag

Der Internationale Frauentag des DGB fand in diesem Jahr im »Musiktheater im Re-vier« statt. Mit Unter-stützung des Bezirks-Frauen-Forums der IG BCE aus Hamm mach-ten die Frauen auf ihr Motto »Frauen erfolg-reich unterwegs« auf-merksam.

»Ja, wir sind erfolg-reich«, betonten Brigitte Be-cker, Vorsitzende des DGB-Frauenausschusses, und Susan-ne Franke, Leiterin des DGB-Hauses der Jugend. Sichtbare Zeichen dafür seien beispiels-weise Verbesserungen bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf durch mehr Kindertages-stätten in Gelsenkirchen. »Und auch der Mindestlohn ist end-lich durchgesetzt«, vergaß Bri-gitte Becker nicht anzumerken. »Damit steigen nicht zuletzt die Löhne von Frauen«, wusste

Susanne Franke zu ergänzen, »denn zwei Drittel der Beschäf-tigten im Niedriglohnsektor sind weiblich.«

Auch die Frauen des Be-triebsrats und des Vertrauens-körpers bei Bayer-Pharma en-gagierten sich zum Weltfrau-entag. Unter dem Motto »Ge-sundheit ist nicht alles, aber ohne Gesundheit ist alles nichts« diskutierten die Frauen unter anderem über den Tarif-vertrag Lebensarbeitszeit und Demografie.

N A M E N & N A C H R I C H T E N

Tarifabschluss SteinkohleBOCHUM | In der zweiten Ver-handlungsrunde über die Er-höhung der Tarifentgelte für die rund 13 000 Beschäftigten im Steinkohlenbergbau haben sich IG BCE und Arbeitgeber im März auf eine Entgelter-höhung um 3,6 Prozent zum 1. Mai 2015 geeinigt. Zudem erhalten die Beschäftigten im März eine Einmalzahlung von 600 Euro. Darüber hinaus wird die Jahresvergütung auf dem heutigen Niveau fest- geschrieben.

In den Betrieben ist die Resonanz auf das Ergebnis äußerst positiv, berichtete der Gesamtbetriebsratsvorsitzende

Norbert Maus vom Bergwerk Auguste Victoria in Marl. »Ob-wohl wir uns im Auslauf- prozess befinden, muss gute Arbeit gut bezahlt werden. Das war uns als IG-BCE- Arbeitnehmervertreter in den Tarifverhandlungen immer wieder wichtig zu verdeut- lichen. Unsere Kolleginnen und Kollegen haben sehr gute Arbeit geleistet. In mei-nen Augen wurde ein ange-messenes Paket zusammen-geschnürt, das sowohl die geleistete Arbeit würdigt als auch uns Bergleuten einen deutlich realen Einkommens-zuwachs garantiert.«

Weitere Infos im Internet: www.internationale-wochen-gegen-rassismus.de

Weitere Infos im Internet: www.mondpalast.com

Nach der erfolgreichen Diskussionsrunde zum Weltfrauentag bekamen die Frauen bei Bayer-Pharma Blumen.

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Workshop für BetriebsrätinnenBOCHUM | Die IG BCE veranstaltet vom 21. bis zum 24. Juni einen Workshop zum Thema »Gelassen und ruhig mit Strei-tigkeiten und Konflikten im Betriebsrat umgehen«. Konflik-te sind alltäglich, unausweichlich und für die Betroffenen meist emotional belastend und unangenehm. In der Zu-sammenarbeit der betrieblichen Interessenvertretung mit Arbeitgebern sind Konflikte unterschiedlichster Art auf der Tagesordnung. Es ist eine der wichtigsten Aufgaben von Be-triebsrätinnen, diese Konflikte zu erkennen, zu klären und zu lösen. Das ist oft nicht einfach.

In dem Workshop werden mögliche Konfliktursachen und -folgen besprochen. Der Schwerpunkt dieses Work-shops liegt in der Vertiefung von Verhaltens- und Heran-gehensweisen zur konstruktiven Bewältigung und Klärung von Konflikten aus dem Alltag der betrieblichen Interessen-vertretung.

Für den guten ZweckESSEN | Der IG-BCE-Ver-trauensleu-tekörper der RAG Mon-tan Immo-bilien GmbH orga-nisierte in der vergan-genen Vor-weihnachts-zeit seinen alljährlichen Tannen-baumver-kauf. Durch die rege In-anspruch-nahme des Angebots, dem Verzehr der angebotenen Getränke und Spei-sen beim Verkauf vor Ort sowie freie Spenden konnten nicht nur die Käufer glücklich gemacht werden – es kamen sogar knapp 5600 Euro Spendengelder zusammen, mit denen die Kinder in der Kindernotaufnahme Spatzennest in Essen glücklich gemacht werden sollten. Passend zu dem freudigen Anlass fand im März die Spendenübergabe bei strahlendem Sonnenschein statt.

Initiative wächst weiterBOCHUM | DMT-LB unterstützt Charta der Gleichstellung

Die DMT-Gesellschaft für Lehre und Bildung (DMT-LB) unterstützt die »Charta der Gleich-stellung« der IG BCE. Gemeinsam mit Heike Arndt, stellvertretende IG-BCE-Landesbezirks-leiterin Westfalen, un-terzeichnete die Ge-schäftsführung im März die Urkunde. An dem Termin nahmen auch Vertreter der Technischen Fach-hochschule Georg Agri-cola und des Deutschen Bergbau-Museums teil, deren Träger die DMT-LB ist.

Mit der Unterschrift ver-pflichtet sich die Gesellschaft, weitere Maßnahmen und Ins-trumente zu entwickeln und umzusetzen, die die Gleich-berechtigung fördern: Flexib-le Arbeitszeiten, eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Privatleben und Konzepte, die den Anteil von Frauen in Führungspositionen er-höhen. Außerdem soll der weibliche Nachwuchs in den sogenannten MINT-Fächern

(Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft, Technik) stärker gefördert werden.

Vieles davon gehört bereits zum Unternehmensalltag der DMT-LB, sagt Geschäftsfüh-rer Manfred Freitag: »Chan-cengleichheit ist ein wesent-liches Fundament unseres Miteinanders. Frauen und Männer gleichermaßen zu fördern, ist Teil unserer Un-ternehmenskultur.« Heraus-forderungen gäbe es aber noch bei der Berufung weiblicher Lehrender.

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Erinnerung an Bergbau-UnglückDORTMUND | In Geden-ken an die Opfer des letz-ten größeren Bergbau-Un-glücks auf dem Bergwerk Hansa am 22. März 1979 hat die Huckarder Orts-gruppe eine kleine Er- innerungsfeier gehalten. Der Ortgruppenvorsit-zende Gerhard Hendler (Foto, links) erinnerte auf dem Dortmunder Ehrenmal an die Trauer, die der Tod bei den Familien und Hinter-

bliebenen durch alle Unglü-cke auf der Kokerei Hansa und im Bergwerk Hansa in der Vergangenheit ausgelöst habe.

Gemeinsam für Gleichstellung (von links): Manfred Freitag, Heike Arndt und Hoch-schulpräsident Prof. Dr. Jürgen Kretsch-mann unterzeichnen die Charta. Hintere Reihe: Betriebsrätin Dr. Christiane Scholz und die Gleichstellungsbeauftragten Bri-gitte Markner-Jäger und Stefanie Aust.

Weitere Infos und Anmeldung im Internet: www.igbce-bws.de Seminarnummer: BWS-300-130801-15

Spendenübergabe in Essen (von links): Andreas Ostdorf, Vorsitzender des IG-BCE-Vertrauensleute-körpers; Martin Albers, Vorsitzender der IG-BCE- Ortsgruppe Rellinghaus; Birgit Biermann, stellver-tretende Bezirksleiterin des IG-BCE-Bezirks Gel-senkirchen; Martina Heuer, Leiterin Kindernot- aufnahme Spatzennest; Thomas Grotenhöfer, Ge-schäftsführer des Kinderschutzbundes Essen, und Jan Dirk Grimstein, RAG Montan Immobilien.

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> EINER VON UNS

Bilder aus harzigem Holz

Einmal im Jahr wird aus dem Betriebsratvorsitzenden PAUL HEINLE der Maibaumschnitzer von Freihalden.

Wahre Künstler arbeiten ganz un-ten, so ist das beim Maibaum-schnitzen. In dieser Profession

beginnt die Karriere oben, umgekehrt wie im Beruf. Ganz oben hat auch Paul Heinle mal angefangen, an der Baum-spitze, wo Schnitzfehler nicht so auf-

fallen. 20 Jahre ist das her. Längst ist der Mann mit der Pilotenbrille am unteren Ende der Baumkunst angekommen, wo er Jahr um Jahr filigrane Bilder aus der Fichtenrinde schält. Bilder, die gut sicht-bar den Maibaum seines Heimatortes Freihalden bei Günzburg schmücken. Als Schnitzer ist er eine lokale Berühmt-heit, der Bayerische Rundfunk hat ihn schon bei der Arbeit gefilmt. »Ich hab’s mir von den Alten abgeschaut«, erklärt

Heinle, wie er zu dem Hobby kam. Dem gelernten Holzmechaniker fiel es leicht, das Furniermesser mit ruhiger Hand an-zusetzen, so nahm die Sache ihren Lauf. Und stand von Anfang an unter einem guten Stern, denn für Bäume hat der Schwabe eine Schwäche. Er hat sogar ei-

nen eigenen Wald gepflanzt, auf andert-halb Hektar, in der Nähe seines Bauern-hofs. Daraus ist 2009 ein Waldlehrpfad entstanden. Neben Fichten und Buchen wachsen hier Exoten wie der Chine- sische Mammutbaum. Auf Anfrage orga-nisiert Heinle Führungen, vor allem Schulklassen buchen gern: »Mir macht es Spaß, mein Wissen über Bäume weiterzugeben.« Der 50-Jährige gehört zu den Menschen, die lieber zupacken

als zuschauen. »Freizeit? Brauche ich nicht«, meint er. Lieber engagiert er sich politisch oder im Naturschutz. Ge-meinsam mit seiner Frau pflegt er seine demente Mutter, er ist im Schützenver-ein aktiv und bei der freiwilligen Feuer-wehr. Bei seinem Arbeitgeber, der AL-KO Kunststofftechnik, arbeitet er als Be-triebsratvorsitzender. Für den Ehrenjob als Maibaumschnitzer nimmt er Urlaub.

Und so findet man ihn Mitte April über den diesjährigen Baum gebeugt, eine 60 Jahre alte Fichte, 22 Meter lang. Jedes Jahr denkt sich Heinle neue Motive aus. 2015 steht der Stamm im Zeichen der Deutschen Einheit. Einen Trabi ritzt er ins harzige Holz, das Konterfei von Franz Josef Strauß, eine Menschenmen-ge vor dem Brandenburger Tor. In der oberen Hälfte werden andere Schnitzer Sterne ausarbeiten und Ranken. Denn ob oben oder unten, so ein Baum ist ein Gemeinschaftswerk. Andrea Mertes

»Ich hab mir die Kunst von den Alten abgeschaut.«

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ATTACKE NETZ-NETZ-

<TENDENZEN CYBERCRIME

DAS MEDIENECHO auf den von Islamisten lahm- gelegten französischen Sender TV5 war enorm. Doch: Schon längst kapern Kriminelle ganz gezielt Webpräsenzen und Netzwerke von Unternehmen, alleine 117 330-mal pro Tag im Jahr 2013. Gerade Mittelständler verkennen die Gefahr: Nur sechs Prozent der Betriebe sehen ein Risiko, 94 Prozent sind gegen Datenverlust nicht abgesichert.

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> TENDENZEN CYBERCRIME

Risiken der VernetzungM it mobilem Arbeiten, Home-Of-

fice, Cloud Computing, Big Data und erst recht Industrie 4.0 ver-

schwimmen die Grenzen zwischen Ar-beit und Freizeit immer mehr. Doch die Digitalisierung der Wirtschaft bietet eine weitere und mindestens ebenso große Gefahr: gezielte Cyberattacken und virtuelle Industriespionage.

Auf zwölf Milliarden Euro beziffert die Unternehmensberatung Corporate Trust den Schaden, den deutsche Betriebe in den Jahren 2012 und 2013 durch Spio-nageangriffe erlitten haben. Mehr als jede zweite Firma hat demnach eine At-tacke beklagt oder einen entsprechen-den Verdacht geäußert. Interpol-Chef Jürgen Stock beschreibt es gegenüber dem Magazin Spiegel so: »Inzwischen kann man Cybercrime-Aktivitäten im Netz als Dienstleistung einkaufen. Wir haben es nicht mehr mit pubertierenden Nerds zu tun, sondern mit hoch quali-fizierter organisierter Kriminalität.« Und das im beginnenden Zeitalter von Indus-trie 4.0 – der vollständig vernetzten Fab-rik mit riesigen Datenmengen. Werden diese abgegriffen, »kann ein mittelstän-disches Unternehmen seinen Wettbe-

werbsvorteil und damit seine Existenz-berechtigung verlieren«, glaubt Reinhold Festge, Präsident des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau.

WIE BRISANT die Bedrohung im Ernst-fall sein kann, zeigt der Lagebericht zur IT-Sicherheit 2014 (Herausgeber: Bun-desamt für Sicherheit in der Informa- tionstechnik, BSI). Er berichtet von einem gezielten Angriff auf ein deutsches Stahl-werk. Bis in die Produktionsnetze hätten sich die Täter vorgearbeitet, ganze An- lagen lahmgelegt. »Die Ausfälle führten dazu, dass ein Hochofen nicht geregelt heruntergefahren werden konnte und sich in einem undefinierten Zustand befand«, heißt es. Für Oliver Malchow, Bundesvorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, ist »der Tatort Internet schon so alltäglich wie Körperverletzung und Wohnungseinbruch«. Auch die Bundes-politik hat die Brisanz der Lage erkannt: Noch vor der Sommerpause soll der Bun-destag ein neues IT-Sicherheitsgesetz be-schließen. »Der technische Fortschritt hat uns verwundbarer gemacht«, begründet Innenminister Thomas de Maizière sein Vorhaben. Kernstück des neuen Gesetzes

ist es, Betreiber »kritischer Infrastruktu-ren« wie Krankenhäuser, Banken und Stromnetzgesellschaften zu verpflichten, ihre Computersysteme gegen Cyberan-griffe besser zu schützen. Firmen sollen »sicherheitsrelevante Vorfälle« dem BSI melden und Mindeststandards zur IT- Sicherheit definieren.

DIE BEDROHUNG durch Angriffe aus der digitalen Umgebung ist uns als Be- treiber einer wichtigen Grundversorgungs-infrastruktur selbstverständlich bewusst«, sagt Michael Kunter, stellvertretender Betriebsratsvorsitzender beim Netzbetrei-ber Tennet. »Die Rückgratfunktion des Stromübertragungsnetzes könnte Angrei-fer geradezu einladen«, ist er sich sicher. Nicht umsonst existiert »eine ganze Rei-he an Sicherheitsmaßnahmen«, die alle Usus und oftmals per Betriebsvereinba-rungen geregelt seien: »Zutrittsbeschrän-kungen und Sicherheitsüberprüfungen für sensible Bereiche sind ein Beispiel. Externe Netzwerkzugänge haben einen kombinierten Hard- und Softwareschlüs-sel«, sagt er. Kunter verweist auch auf in sich autarke Systeme, die bewusst nicht an öffentliche Kommunikationsnetze an-geschlossen seien. Darunter falle teilwei-se sogar das hauseigene Office-Netzwerk. »Diese Sicherheitsvorkehrungen wachsen natürlich mit dem Stand der Technik. Und wir tun alles, um das Bewusstsein der Menschen in Bezug auf mögliche Risiken laufend zu schärfen.«

WIR SENSIBILISIEREN unsere Betriebs-ratskollegen dafür, zusätzlich Verschlüs-selungsmechanismen für ihre Computer zu nutzen«, sagt Frank Michael Hell, Konzernbetriebsratsvorsitzender bei Con-

Die Chancen der VernetzungIndustrie 4.0 ist auf dem Vormarsch

3,2 Milliarden

Asien an der Spitze – Europa auf Platz 2. So groß ist der Anteil der verschiedenen Regio-

nen an den M2M-Verbindungen in der Welt

5,1 %

39 €

500 Mio.

Asien: 40 %Europa: 29 %Nordamerika: 19 %Südamerika: 7 %Afrika: 4 %Australien: 1 %

+540 %Die Zahl der mobilen Verbindungen von Maschinen zu Maschinen (M2M) soll sich weltweit in den nächsten fünf Jahren mehr als versechsfachen – auf insgesamt

Anteil der M2M-Verbindungen an allen mobilen Internetver-bindungen in Europa

Der Preis des Mini-PCs Raspberry Pi 2 (nur 59 Gramm schwer), mit dem Tüftler eigene M2M-Lösungen entwickeln können

2020

Quellen: Cisco: Visual Networking Index 2014; GSMA: Understanding the Internet of Things (Juli 2014); GSMA: Connected Living. How China is set for Global M2M Leadership (Juni 2014); Raspberry PI Stiftung; BSI: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutsch-land 2014; BITKOM Research 2015; Kaspersky Lab 2015; CSIS: Net Losses. Estimating the Global Cost of Cybercrime (Juni 2014)© Grafik: www.gdv.de I Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die Risiken der VernetzungCyberkriminalität boomt

60

1.000 €46 Mrd. €

Es gibt schätzungsweise global agierendeCybercrime- Organisationen

Circa 1 Million Computer sind in Deutschland von Kriminellen gekapert worden

der Unternehmen haben 2013 oder 2014 einen IT-Sicherheitsvorfall festgestellt,

2/3 der Fälle wurden – absichtlich oder unabsichtlich – durch Mitarbeiter verursacht

kostet durchschnittlich ein gestohlenes IT-Sicherheits-zertifikat auf dem deutschen „Online-Schwarzmarkt“

1 Mio. D

Schadprogramme gibt es heute weltweit und

Varianten kommen jeden Tag neu dazu

250 Mio.300.000

30 %

Deutschland hat 2013 den traurigen 1. Platz bei den

Schäden belegt, die durch Cyberangriffe

verursacht werden – insgesamt

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tinental. Insbesondere für Mitarbeiter in Entwicklungsabteilungen gebe es Kurse, wie und wo der Trennstrich zwischen sicherheitsrelevanten und eher allgemei-nen Daten zu ziehen sei. Zudem gelten mehrere Konzernbetriebsvereinbarungen zur PC-Fernwartung, Aktualisierung und Installation von Software. Und: Man habe die Vorkehrung getroffen, mit einer globalen IT-Sicherheits-Policy zu arbei-ten, die sich an dem vom Verband der Automobilindustrie empfohlenen Stan-dard orientiert »und sie mit einer Reihe von Dokumenten detailliert für das Un-ternehmen beschreibt«, so Hell.

DIE FÜR MANCHE ausufernd anmuten-den Regelungen bekommen insbeson-dere Arbeitnehmer in internationalen Unternehmen zu spüren. Stichwort Com- pliance. »Die Anzahl der Verschwie- genheitserklärungen, die Beschäftigte unterschreiben sollen, nimmt deutlich zu«, sagt IG-BCE-Datenschutzbeauftrag-te Isabel Eder. Sie empfiehlt: »Alles, was über eine allge-meine Verpflichtung, sorgsam mit personenbezogenen Daten umzugehen, hinausgeht, rate ich, nicht vorschnell zu un-terschreiben«. Denn: »Solche Vereinbarungen widerspre-chen häufig den zwingenden Grundsätzen der beschränk-ten Arbeitnehmerhaftung und können sogar unwirksam sein. Arbeitnehmerver-treter sollten durchsetzen, dass Beschäf-tigte nur das akzeptieren müssen, was in den entsprechenden Vordrucken der jeweiligen Landesdatenschutzbeauftrag-ten zum Datengeheimnis formuliert ist.

Axel Stefan Sonntag

Foto: Privat

Wie bewertet ihr das Risiko von Cyberattacken?

Der Schutz unserer – vor allem system- kritischer – Infrastruktur nimmt schon immer einen sehr hohen Stellenwert ein. Die zu- nehmende Vernetzung erhöht natürlich das Bedrohungspotenzial, das unsere Spezialisten laufend neu bewerten. Diverse Ereignisse der Vergangenheit, bei denen große Unternehmen Angriffen ausgesetzt waren, sensibilisieren uns alle zusätzlich.

Wie steuert ihr dagegen?

Unsere IT-Abteilung legt stets besonderes Augenmerk darauf, das Bewusstsein der Kollegen weiter zu schärfen. Sei es durch Geschäftsanweisungen und Regelungen zum Umgang mit IT-Systemen, Informationen zu aktuellen Bedrohungen in der vernetzten Arbeitswelt, Schulungsmaßnahmen und vieles mehr. Auch Betriebsvereinbarungen regeln Prozesse rund um dieses Thema, wobei diese natürlich den immer neuen Rahmenbedingun-gen anzupassen sind. Zugleich achtet der Betriebsrat in enger Zusammenarbeit mit dem Datenschutzbeauftragten darauf, dass bei jeder Veränderung der persönliche Datenschutz der Arbeitnehmer auch weiter-hin gewährleistet bleibt.

Was ist in Betriebsvereinbarungen festgehalten?

Die Beschlüsse regeln den allgemeinen Umgang mit der vorhandenen IT-Landschaft. Beispielsweise die Nutzung von Wechsel-datenträgern, Remotezugängen, Pass- wortregularien oder auch den Prozess im Umgang mit Videoüberwachungs- und Zutrittssystemen.

Fragen an 3Michael KunterDer stellvertretende Betriebsratsvorsitzende bei Tennet über die Maß- nahmen, mit denen sich der Stromnetzbetreiber gegen Angriffe aus dem Internet wehrt.

Die Chancen der VernetzungIndustrie 4.0 ist auf dem Vormarsch

3,2 Milliarden

Asien an der Spitze – Europa auf Platz 2. So groß ist der Anteil der verschiedenen Regio-

nen an den M2M-Verbindungen in der Welt

5,1 %

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500 Mio.

Asien: 40 %Europa: 29 %Nordamerika: 19 %Südamerika: 7 %Afrika: 4 %Australien: 1 %

+540 %Die Zahl der mobilen Verbindungen von Maschinen zu Maschinen (M2M) soll sich weltweit in den nächsten fünf Jahren mehr als versechsfachen – auf insgesamt

Anteil der M2M-Verbindungen an allen mobilen Internetver-bindungen in Europa

Der Preis des Mini-PCs Raspberry Pi 2 (nur 59 Gramm schwer), mit dem Tüftler eigene M2M-Lösungen entwickeln können

2020

Quellen: Cisco: Visual Networking Index 2014; GSMA: Understanding the Internet of Things (Juli 2014); GSMA: Connected Living. How China is set for Global M2M Leadership (Juni 2014); Raspberry PI Stiftung; BSI: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutsch-land 2014; BITKOM Research 2015; Kaspersky Lab 2015; CSIS: Net Losses. Estimating the Global Cost of Cybercrime (Juni 2014)© Grafik: www.gdv.de I Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die Risiken der VernetzungCyberkriminalität boomt

60

1.000 €46 Mrd. €

Es gibt schätzungsweise global agierendeCybercrime- Organisationen

Circa 1 Million Computer sind in Deutschland von Kriminellen gekapert worden

der Unternehmen haben 2013 oder 2014 einen IT-Sicherheitsvorfall festgestellt,

2/3 der Fälle wurden – absichtlich oder unabsichtlich – durch Mitarbeiter verursacht

kostet durchschnittlich ein gestohlenes IT-Sicherheits-zertifikat auf dem deutschen „Online-Schwarzmarkt“

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Schadprogramme gibt es heute weltweit und

Varianten kommen jeden Tag neu dazu

250 Mio.300.000

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Deutschland hat 2013 den traurigen 1. Platz bei den

Schäden belegt, die durch Cyberangriffe

verursacht werden – insgesamt

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Die Chancen der VernetzungIndustrie 4.0 ist auf dem Vormarsch

3,2 Milliarden

Asien an der Spitze – Europa auf Platz 2. So groß ist der Anteil der verschiedenen Regio-

nen an den M2M-Verbindungen in der Welt

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Asien: 40 %Europa: 29 %Nordamerika: 19 %Südamerika: 7 %Afrika: 4 %Australien: 1 %

+540 %Die Zahl der mobilen Verbindungen von Maschinen zu Maschinen (M2M) soll sich weltweit in den nächsten fünf Jahren mehr als versechsfachen – auf insgesamt

Anteil der M2M-Verbindungen an allen mobilen Internetver-bindungen in Europa

Der Preis des Mini-PCs Raspberry Pi 2 (nur 59 Gramm schwer), mit dem Tüftler eigene M2M-Lösungen entwickeln können

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Quellen: Cisco: Visual Networking Index 2014; GSMA: Understanding the Internet of Things (Juli 2014); GSMA: Connected Living. How China is set for Global M2M Leadership (Juni 2014); Raspberry PI Stiftung; BSI: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutsch-land 2014; BITKOM Research 2015; Kaspersky Lab 2015; CSIS: Net Losses. Estimating the Global Cost of Cybercrime (Juni 2014)© Grafik: www.gdv.de I Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die Risiken der VernetzungCyberkriminalität boomt

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Es gibt schätzungsweise global agierendeCybercrime- Organisationen

Circa 1 Million Computer sind in Deutschland von Kriminellen gekapert worden

der Unternehmen haben 2013 oder 2014 einen IT-Sicherheitsvorfall festgestellt,

2/3 der Fälle wurden – absichtlich oder unabsichtlich – durch Mitarbeiter verursacht

kostet durchschnittlich ein gestohlenes IT-Sicherheits-zertifikat auf dem deutschen „Online-Schwarzmarkt“

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Schadprogramme gibt es heute weltweit und

Varianten kommen jeden Tag neu dazu

250 Mio.300.000

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Deutschland hat 2013 den traurigen 1. Platz bei den

Schäden belegt, die durch Cyberangriffe

verursacht werden – insgesamt

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Die Chancen der VernetzungIndustrie 4.0 ist auf dem Vormarsch

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Asien an der Spitze – Europa auf Platz 2. So groß ist der Anteil der verschiedenen Regio-

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Asien: 40 %Europa: 29 %Nordamerika: 19 %Südamerika: 7 %Afrika: 4 %Australien: 1 %

+540 %Die Zahl der mobilen Verbindungen von Maschinen zu Maschinen (M2M) soll sich weltweit in den nächsten fünf Jahren mehr als versechsfachen – auf insgesamt

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Der Preis des Mini-PCs Raspberry Pi 2 (nur 59 Gramm schwer), mit dem Tüftler eigene M2M-Lösungen entwickeln können

2020

Quellen: Cisco: Visual Networking Index 2014; GSMA: Understanding the Internet of Things (Juli 2014); GSMA: Connected Living. How China is set for Global M2M Leadership (Juni 2014); Raspberry PI Stiftung; BSI: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutsch-land 2014; BITKOM Research 2015; Kaspersky Lab 2015; CSIS: Net Losses. Estimating the Global Cost of Cybercrime (Juni 2014)© Grafik: www.gdv.de I Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die Risiken der VernetzungCyberkriminalität boomt

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Circa 1 Million Computer sind in Deutschland von Kriminellen gekapert worden

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Die Chancen der VernetzungIndustrie 4.0 ist auf dem Vormarsch

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Asien an der Spitze – Europa auf Platz 2. So groß ist der Anteil der verschiedenen Regio-

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+540 %Die Zahl der mobilen Verbindungen von Maschinen zu Maschinen (M2M) soll sich weltweit in den nächsten fünf Jahren mehr als versechsfachen – auf insgesamt

Anteil der M2M-Verbindungen an allen mobilen Internetver-bindungen in Europa

Der Preis des Mini-PCs Raspberry Pi 2 (nur 59 Gramm schwer), mit dem Tüftler eigene M2M-Lösungen entwickeln können

2020

Quellen: Cisco: Visual Networking Index 2014; GSMA: Understanding the Internet of Things (Juli 2014); GSMA: Connected Living. How China is set for Global M2M Leadership (Juni 2014); Raspberry PI Stiftung; BSI: Die Lage der IT-Sicherheit in Deutsch-land 2014; BITKOM Research 2015; Kaspersky Lab 2015; CSIS: Net Losses. Estimating the Global Cost of Cybercrime (Juni 2014)© Grafik: www.gdv.de I Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV)

Die Risiken der VernetzungCyberkriminalität boomt

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1.000 €46 Mrd. €

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Circa 1 Million Computer sind in Deutschland von Kriminellen gekapert worden

der Unternehmen haben 2013 oder 2014 einen IT-Sicherheitsvorfall festgestellt,

2/3 der Fälle wurden – absichtlich oder unabsichtlich – durch Mitarbeiter verursacht

kostet durchschnittlich ein gestohlenes IT-Sicherheits-zertifikat auf dem deutschen „Online-Schwarzmarkt“

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Schadprogramme gibt es heute weltweit und

Varianten kommen jeden Tag neu dazu

250 Mio.300.000

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Deutschland hat 2013 den traurigen 1. Platz bei den

Schäden belegt, die durch Cyberangriffe

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kostet durchschnittlich ein gestohlenes IT-Sicherheits- zertifikat auf dem deutschen »Online-Schwarzmarkt«

Zirka 1 Million Computer ist inDeutschland von Kriminellengekapert worden

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> TENDENZEN GEWERKSCHAFTSGESCHICHTE 1918–1945

REVOLUTION UND INFLATION, vermeintlich »Goldene« Zwanziger, Massenarbeitslosigkeit und Untergang – 27 Schicksalsjahre der deutschen Geschichte.

November 1918. Es lebe die Deut-sche Republik. Eine der ersten Maßnahmen: die Einführung des

Acht-Stunden-Arbeitstages per Gesetz. Wenige Wochen später wird ge- wählt, tritt Anfang Februar 1919 in Weimar die verfassunggebende Natio-nalversammlung zusammen. Erstmals dürfen Frauen mitstimmen, werden sie als Abgeordnete gewählt. Die neue Ver-fassung sichert die Koalitionsfreiheit, also das Recht, sich in einer Gewerk-schaft zusammenschließen. Damit wer-den wichtige Forderungen der Arbeiter-bewegung umgesetzt.

Doch den reaktionären Kräften im Reich passt die politische Richtung nicht. Das führt im März 1920 zu einem Staatsstreich von rechts, dem Kapp-Putsch. Das Militär weigert sich, Regie-rung und Demokratie zu verteidigen. Es kommt zu einem Glanzpunkt in der Geschichte der deutschen Arbeiterbewe-gung: Zwölf Millionen folgen dem Auf-ruf von Parteien und Gewerkschaften. Sie gehen für die Demokratie auf die Straßen. Nach nur vier Tagen bricht der Putsch zusammen.

Während sich Berlin zur faszinieren-den Kultur- und Unterhaltungshaupt-stadt Europas entwickelt, leben viele weiterhin in Armut. Geld ist teilweise so wenig wert, dass man damit die Wände tapeziert. In den 14 Jahren der Weimarer Republik wechseln sich 20 Regierungen ab. Der Börsenkrach am »Schwarzen Freitag« 1929 leitet endgültig den wirt-schaftlichen und politischen Nieder-gang ein. Sechs Millionen Deutsche

ohne Arbeit, mit 17 Prozent internatio-nal die höchste Arbeitslosenquote.

Das Misstrauen in die Politik wächst. Die Arbeit für die Gewerkschaften wird schwierig. Trotzdem kann der Fabrik- arbeiterverband 1930 aus Anlass seines 40-jährigen Bestehens eine erfolgreiche Bilanz ziehen: Mittlerweile organisierte er 441 000 Beschäftigte in der Chemie-, Papier-, Zement-, Gummi- und Konser-venindustrie, unter Glas- wie auch Por-zellanarbeitern sowie auch Heimarbei-ter. Für sie hat er kürzere Arbeitszeiten, Lohnerhöhungen, Tarifverträge sowie Urlaubsansprüche durchgesetzt und ei-nen besseren Krankheits- und Arbeits-schutz erkämpft. Seit 1927 verfügte die Gewerkschaft über eine eigene Schule und führt als erste Einzelgewerkschaft ein eigenes Frauenreferat ein.

ALLERDINGS: Ähnlich wie die Politik ist fatalerweise auch die Arbeiterbe-wegung zerstritten. Freie und christliche Gewerkschaften sind sich alles andere als eins, die Kommunisten sehen – statt in den Nazis – in Sozialdemokraten ih-ren Hauptfeind. Zu spät wird klar: Die Spaltung der Arbeiterbewegung ist ver-hängnisvoll.

Nicht wenige Deutsche erhoffen von der Hitler-Partei die Lösung ihrer Pro-bleme. Sie verspricht, den Parteienstreit zu »überwinden« und Arbeitsplätze zu schaffen. Der Reichspräsident ernennt am 30. Januar 1933 schließlich Hitler zum Reichskanzler. Unmittelbar in den Wochen nach seiner »Machtergreifung« beginnt die Zeit der Verbote und Verfol-gung der Parteien und Gewerkschaften und vor allem der Juden.

In Bochum stürmt die SA am 12. März 1933 die Zentrale des Bergarbeiterverbandes und

benennt das Gebäude in »Hermann-Göring-Haus« um.

Schafft die Einheit!Schafft die Einheit!

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Page 49: kompakt Mai 2015

Der FesttagGleich zwei beeindruckende Jubiläen in einem Jahr: Nicht nur die IG BCE kann 2015 auf ihre 125-jährige Geschichte zurückblicken, auch der 1. Mai wurde 1890 zum ersten Mal weltweit gefeiert. Der Maifeiertag sollte damals an Demons-trationen zur Einführung des Acht-Stun-den-Tages 1856 in Australien und 1886 in Chicago erinnern, wo Menschenleben zu beklagen waren. Der Gründungskongress der Zweiten Internationalen 1889 rief dann den 1. Mai als »Kampftag der Arbeiterbewegung« aus.

Ein Jahr später wurde er in vielen Ländern mit Demonstrationen und Veranstaltungen begangen.

Doch wer sich im Kaiserreich »frei« nahm, um mit zu demonstrieren, musste mit scharfen Sanktionen bis hin zur Entlassung rechnen. Versuche, ihn in der Weimarer Republik zum gesetz- lichen Freitag zu machen, scheiterten an mangelnden politischen Mehrheiten. Trotzdem wurde der 1. Mai fester Bestandteil der Tradition der Arbeiterbewegung.

Pervers: Gleich nach ihrer Machtüber-nahme machten die Nationalsozialisten ihn per Gesetz zum »Feiertag der natio- nalen Arbeit«. Am 1. Mai 1933 »musste« jetzt gefeiert werden, doch einen Tag später wurden die Gewerkschaften ver- boten, enteignet und die Gewerkschafts-häuser durch die SA gestürmt.

Schon im Jahr nach der Befreiung von den Nazis wurde die Tradition des Maifeiertags in Deutschland wieder aufge-nommen. Die deutschen Gewerkschaf-ten ließen sich ihren Festtag bis heute nicht nehmen.

AM 12. MÄRZ dringt nachts um zwei Uhr SA in das Haus des »Alten Verbandes« in Bochum ein. In den folgenden Stunden und Tagen werden Versammlungen ge-sprengt, engagierte haupt- und ehren-amtliche Funktionäre drangsaliert, ver-haftet, gefoltert, manche gar ermordet. Am 1. April besetzt die SS das Verbands-gebäude des Fabrikarbeiterverbandes in Hannover. Für die SS ist die Aktion ein »Ruhmestag«, wie eine Zeitung schreibt. Zynismus und Brutalität der Nazis kennen keine Grenzen. Sie führen den 1. Mai als gesetzlichen Feiertag ein, feiern pompös den »Tag der Arbeit« und zerschlagen keine 24 Stunden später die deutschen Gewerkschaften.

Unterschiedliche Auffassungen hatte es unter den Demokraten schon vorher gegeben, wie man mit den Nazis um- gehen sollte. Jetzt scheint vielen Wider-stand aufgrund der Zerschlagung der Gewerkschaftsstrukturen kaum mehr möglich.

Andere glauben, der »braune Spuk« werde sich von alleine erledigen. Vor allem Jüngere sehen in einem General-streik den Königsweg. Wieder andere gehen ins Exil, um von dort aus den Gedanken der Arbeiterbewegung hoch zu halten, oder leisteten Widerstand im

Untergrund – unter Gefahr für Leib und Leben.

Eines der Opfer ist der langjährige Vor-sitzende des Bergarbeiterverbandes Fritz Husemann. Einen Tag nach seiner Ein-lieferung ins KZ Esterwegen wird er »auf der Flucht« erschossen. Willy Schein-hardt war Gauleiter des Fabrikarbeiter-verbandes in Hannover. Er wird im Oktober 1936 im Gestapogefängnis Hil-desheim ermordet. Der christliche Ge-werkschafter Heinrich Imbusch erliegt den Folgen von Verfolgung und Unter-grund wenige Monate vor dem Kriegs-ende. Drei Namen, die stellvertretend für die vielen Opfer stehen.

DIE SCHRECKLICHE BILANZ: Rund 150 000 politisch Andersdenkende, So-zialdemokraten, Kommunisten und Ge-werkschafter wurden verhaftet, lande-ten in KZs oder Zuchthäusern, wurden verprügelt oder gar ermordet. Wie der stellvertretende Vorsitzende des Allge-meinen Deutschen Gewerkschaftsbun-des, Wilhelm Leuschner, setzten sie durch ihr Handeln mutige Signale. Vom Volksgerichtshof 1944 zum Tode verur-teilt mahnte er noch einen Tag vor seiner Hinrichtung: »Morgen werde ich gehenkt. Schafft die Einheit!« Rudolf Heim

SEIT 125 JAHREN

Heute stellt sich eine bunte Vielfalt gegen die braune Soße: Hamburger IG-BCE-Jugendliche 2014 mit ihrem Mosaik gegen Fremdenfeindlichkeit.

Schafft die Einheit!Schafft die Einheit!

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36 | kompakt | Mai 2015

Peter Bickel (Foto) be-gann 1966

als Maschinen-schlosser bei Per-formance Fiber, vormals ein Hoechst AG-Be-trieb. Der heute 67-Jährige war in der Zentralwerk-

statt tätig. Hergestellt wurden Polyester-fasern. Eine Schutzausrüstung trug nie-mand, auch keine Atemmaske. Dabei kamen Bickel und seine Arbeitskollegen fast tagtäglich mit einem hochgefähr- lichen Stoff in Berührung: Asbest. »Man erhielt sogar eine Zulage, weil es bei der Verarbeitung der Asbestplatten so ge-staubt hat«, erinnert sich Bickel.

Ein Staub mit gefährlichen Folgen: 2012 verstarben laut nationalem Asbest-profil der Bundesanstalt für Arbeits-schutz und Arbeitsmedizin (BAuA) mehr als 1500 Menschen an den Folgen von Asbest. Zwischen 1994 und 2012 starben über 26 000 Menschen, weil sie asbesthaltigen Stäuben ausgesetzt waren. Unter den anerkannten Berufs-

krankheiten mit Todesfolge nehmen as-bestbedingte Erkrankungen die oberen Plätze ein. 2007 wurde bei Peter Bickel eine Asbestose diagnostiziert – 40 Jahre nach Beginn seiner Berufstätigkeit. Ty-pisch für die Asbeststaublungenerkran-kung, die eine Latenzzeit von mehreren Jahrzehnten hat. Das Mineral gilt auch als Auslöser für Lungen- oder Kehl- kopfkrebs sowie für ein Mesotheliom (Tumor) des Rippenfells, des Bauchfells oder des Herzbeutels. Alle Erkrankungen stehen auf der Liste der gesetzlich aner-kannten Berufskrankheiten.

Seit 1993 sind die Verarbeitung sowie die Einfuhr von Asbest in Deutschland gesetzlich verboten. »Im Nachhinein hat sich gezeigt, dass das Asbestverbot deut-lich zu spät kam«, stellt Vadim Lenuck von der Abteilung Arbeitspolitik der IG BCE fest. Nichtsdestotrotz gelte heute ein hoher Sicherheitsstandard, so der Experte für Arbeitssicherheit. Vor dem Verbot wurden Asbestprodukte sehr häufig dort genutzt, wo hohe Tempe- raturen herrschten. Dazu zählten unter anderem Hochtemperaturdämmungen, Brems- oder Kupplungsbeläge sowie Schutzkleidung und Filter von Atem-

schutzgeräten bei der Feuerwehr. Zudem wurden laut BAuA in Westdeutschland etwa 900 Millionen Kubikmeter Asbest-zementprodukte verbaut, etwa zehn Mil-lionen Tonnen Asbestprodukte kamen in der ehemaligen DDR zum Einsatz. Auch im privaten Bereich wurde Asbest verwendet: »Es wird in Zukunft noch Diskussionen über das verputzte Asbest in Wohnräumen, beispielsweise in der Ummantelung von Kabeln, geben«, weiß Vadim Lenuck.

Auch heute können Arbeiter noch in Kontakt mit Asbest kommen. In der »Verordnung zum Schutz vor Gefahren-stoffen« sind zwei Bereiche genannt, in denen Asbest vorkommen kann. »Das sind zum einen Abbrucharbeiten, Sa-nierung und Instandhaltung«, erklärt Stefan Boltz, Sprecher der Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Ebenso sei die Gewinnung, Aufbereitung und Wei-terverarbeitung von natürlich vorkom-menden mineralischen Rohstoffen wie Talkum, Naturstein oder Schotter zuläs-sig, wenn Asbest mit einem Massenge-halt von weniger als 0,1 Prozent enthal-ten sei. »Für beide Bereiche gelten strenge Schutzvorschriften«, versichert Boltz.

Asbest galt als »Mineral der 1000 Möglich- keiten«. Bis in die Achtzigerjahre wurde es in mehr als 3000 verschiedenen Produkten verwendet. Mit schwerwiegenden Folgen für diejenigen, die damit in Kontakt kamen.

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Peter Bickel war dem gefährlichen Ma-terial schutzlos ausgeliefert. Erst 1996, nach dem Tod eines Arbeitskollegen in-folge einer Asbestvergiftung, wurde die Verarbeitung der asbesthaltigen Stoffe beendet. Gleichzeitig begann eine ex-terne Fachfirma, wo technisch möglich,

mit der Entsorgung des Asbests aus den Produktionsanlagen. Bei Bickel und sei-nen Kollegen wuchs die Verunsicherung zunächst nur langsam. »Uns wurde da-mals gesagt, Raucher seien gefährdeter als andere. Ich habe nicht geraucht und dachte, das trifft auf dich nicht zu. Man

hat den Gedanken an gesundheitliche Gefahren einfach zur Seite geschoben.« Heute engagiert sich der ehemalige Be-triebsratsvorsitzende in einer Selbsthilfe-gruppe für Asbestose (siehe Kasten auf Seite 38). Sein Wunsch ist es, diese Be-rufskrankheit ins Gedächnis der Ver- antwortlichen zu rufen. »Die meisten Betroffenen stehen nicht mehr im Berufsleben, haben keine Stimme«, sagt Bickel. Die Anerkennung der Asbestose als Berufskrankheit sei nicht immer ganz einfach, so Bickel. »Die Entscheidung über die Anerkennung obliegt den Be-rufsgenossenschaften«, erklärt er. Nicht selten müssten die Betroffenen dafür ge-nau nachweisen, wann und in welchem Umfang sie während ihres Arbeitslebens mit Asbest in Kontakt gekommen sind.

»Wir raten Betroffenen daher, mög-lichst frühzeitig überprüfen zu lassen, ob ein Gesundheitsschaden durch Asbest vorliegen könnte«, unterstreicht Leduck. Eine zentrale Anlaufstelle dafür ist die Ge-sundheitsvorsorge (GVS) in Augsburg – eingerichtet von den gesetzlichen Un- fallversicherungsträgern (Berufsgenos-senschaften und Unfallkassen). Bei der GVS sind Mitarbeiter von Betrieben ge-

Im VEB Baufanit Asbestzementwerk Porschendorf bei Dresden werden Juni 1979 ohne jeglichen Atemschutz zementgebundene Wellasbest-platten produziert. Der »Palast der Republik« in Berlin war ebenfalls asbestverseucht und musste aufwendig entsorgt werden.

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> TIPPS BERUFSKRANKHEITEN

listet, die bei ihren beruflichen Tätigkei-ten mit asbestfaserhaltigem Staub ausge-setzt sind oder es in der Vergangenheit waren. »Ihnen bietet die GVS regel- mäßige medizinische Vorsorgeunter- suchungen sowie ärztliche Beratungsge-spräche an«, erklärt Boltz von der DGUV. Ergebe eine Untersuchung Hinweise auf eine asbestbedingte Erkrankung, gebe die GVS den Fall an die jeweils zustän-dige Berufsgenossenschaft weiter. »Zudem erhalten die Betroffenen Unterstützung bei der weiteren medizinischen Versor-gung«, schildert Boltz.

ANLAUFSTELLE FÜR ASBESTOPFER

GVS – Gesundheitsvorsorge Oblatterwallstraße 18 86153 Augsburg Telefon: 0821 3159-0 E-Mail: [email protected] Internet: www.bgetem.de

Bundesverband der Asbestose-Selbsthilfegruppen Internet: www.asbestoseerkrankungen.de Hier findet man die Adressen der jeweiligen Landesgruppen.

Beratungsstelle Arbeit und Gesundheit Hamburg, Schanzenstraße 75, 20357 Hamburg Telefon: 040 4392858 E-Mail: [email protected] Internet: www.arbeitundgesundheit.de

IG BCE, Abteilung Arbeitspolitik Telefon: 0511 7631-364 E-Mail: [email protected]

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Lungenkrebs, Asbest und PAKGesamterkrankung: 79

Mesotheliom, AsbestGesamterkrankung: 18.120

Lungen-/Kehlkopfkrebs, AsbestGesamterkrankung: 17.110

AsbestoseGesamterkrankung: 42.050

2013201220112010200920082007200520001995199019851980

© DGUV Referat Statistik Leistungen, Berufskrankheiten, Sonderaufgaben D-53757 Sankt Augustin

Anerkannte Berufskrankheiten 1980 bis 2013 (insgesamt 77.746 Erkrankungen)

PETER BICKEL, selbst bei der GVS registriert, meint: »Der erste Weg für Betroffene sollte zur Berufsgenossen-schaft führen. Wenn es da stockt, unter-stützen die Gewerkschaften.« Hier sind in erster Linie die Bezirke vor Ort zu nennen sowie die Abteilung Arbeits-politik. Bickel habe sein Engagement in der Asbestose-Selbsthilfegruppe sehr geholfen. »Ich bin körperlich noch fit. Es ist eher die Psyche, die mich belastet. Bereits vier Arbeitskollegen sind an den Folgen einer Asbesterkrankung verstor-ben.« Evelyn Griep

www.igbce.de/arbeit/arbeitsschutz

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Foto: fatihhoca/iStock

39kompakt | Mai 2015 |

tere 13 Euro obendrauf (bei 750 Euro sind das 91 Euro). Dies gilt für alle Chemiebeschäftigten.

Hier gilt ebenso: Arbeitnehmer müs-sen keinen Cent dazu bezahlen!

Rechnet man die Tarifförderung I und II zusammen, können Arbeitnehmer der betroffenen Betriebe von 2017 an jährlich bis zu 1454,55 Euro sparen.

Zusätzlich können Beschäftigte eige-nes Entgelt umwandeln. Auch dies un-terstützt der Arbeitgeber durch die »Tarifförderung II« bis zu der steuer- und beitragsrechtlichen Höchstgrenze von vier Prozent der Beitragsbemes-sungsgrenze (2015: 2904 Euro).

Wie sicher ist der Pensionsfonds?Die Einlagen sind insolvenzgesichert und »Hartz IV-sicher«.

Ist der Fonds auf die Chemiebranche beschränkt? Nein. Arbeitnehmer aller Branchen aus dem Organisationsbereich der IG BCE können diese Form der betrieblichen Altersvorsorge nutzen, wenn das Unter-nehmen Mitglied im CPF wird. An-sprechpartner ist der Betriebsrat vor Ort. Axel Stefan Sonntag

TarifrenteDas gesetzliche Ruhegeld kann

zukünftig knapp werden. Die IG BCE hat sich deshalb mit dem

ChemiePensionsfonds für eine tarifliche Altersversorgung

starkgemacht.

Wer im Jahr 2040 in Rente geht, wird weniger als 50 Prozent des letzten Nettogehaltes bekom-

men. Szenarien wie diese sind vielen bekannt. Umso wichtiger ist es, früh- zeitig gegenzusteuern. Eine Aufgabe, die die IG BCE beizeiten in ihre Tarifpolitik integriert hat. In gleich mehreren Bran-chen und Tarifverträgen existieren Rege-lungen zur Altersvorsorge.

Beispiel: Chemische IndustrieSchon 1998 kommt es zum ersten ent-sprechenden Tarifabschluss. 2001 er-reicht die IG BCE, dass die Sozialpartner den ChemiePensionsfonds (CPF) ein-richten. Schnell entwickelt sich diese Form der tariflichen Altersvorsorge zur Erfolgsgeschichte: Heute ist der Fonds der größte Branchen-Pensionsfonds Deutschlands, den beinahe jedes dritte Chemieunternehmen nutzt. 2014 be-treut die R+V als zuständiger Versicherer mehr als 93 000 Verträge und verwaltet rund 535 Millionen Euro.

Was bezahlen die Unternehmen? Der tarifliche Entgeltumwandlungsbe-trag basiert auf dem einstigen »936-

Mark-Gesetz« zur Förderung vermögens- wirksamer Leistungen: Die Arbeitgeber übernehmen 478,57 Euro pro Jahr – und stocken diese mit 134,98 Euro (»Tarif-förderung I«) auf 613,55 Euro auf. Diese Summe geht als betriebliche Altersvor-sorge in den Fonds – und zwar ohne, dass Beschäftigte eigene Zahlungen leis-ten müssen.

Was hat der Demografie- Tarifvertrag damit zu tun? Ab 2017 zahlen die Arbeitgeber 750 Eu-ro pro Mitarbeiter in den Demografie-Fonds ein. 2010 waren es 300 Eu- ro. Der Fonds bildet das Kernstück des Demografie-Tarifvertrages, der 2008 das erste Mal abgeschlossen und 2012 und 2015 erweitert wurde. Über die Verwendung der Fondsmittel ent-scheiden Betriebsrat und Unterneh-mensleitung.

Dabei gibt es mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist, die Summen für die tarif-liche Altersversorgung zu verwenden – beispielsweise in Form des CPF.

Fließen also die Mittel in diese zweite Rente, stocken die Arbeitgeber die Be-träge dann nochmals mit der »Tarif- förderung II« auf: Für jede angefangenen 100 Euro legen die Unternehmen wei-

>TIPPS ALTERSVERSORGUNG

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> RÄTSEL>

| kompakt | Mai 201540

10 113 95 72 64 81

Kletter-pflanzemit Haft-wurzeln

Geflügel-tierletzterRest

Fana-tiker

Europäer

weiblicherNaturgeist

Art undWeise desVorgehens

Gefahr imPolarmeerEinheit derLautstärke

überaus,in hohemMaße

Handels-brauchDauer-belastung

Gewicht(ugs. Kzw.)

Teil desHalses

be-gründet,unter-mauert

Vergnügungim WinterGetreide-speicher

Metz-gerei-produktzelten

Logier-betriebGolf-begriff

Gliedam Fuß

Weltkinder-hilfswerk

süßerBranntwein

Rhein-zufluss

17. griech.Buchstabezu schnel-les Fahren

ungezwun-genesKünstler-milieu

mehr-fach,häufiger

Koch-vorgang

Viehfutter

sib. Strom

Raub-fisch

relativ(Abk.)Augen-deckel

Papier-zählmaß

Seemanns-rufArbeits-kreis (Abk.)

Bauhand-werker

Public Rela-tions (Abk.)

Eigennameder tschech.HauptstadtRuderboot

ge-spalteneHaar-spitzen

Feucht-nasenaffeauf Mada-gaskar

Märchen-wesenRaum zw.Bauteilen

erster Pflan-zentriebaus Wurzeloder Samen

VortragvonlängererDauer

frz. männl.ArtikeleinfachesBoot

MassezumBacken

en vogueNachrich-tenagentur(Abk.)

Stadt amN’rhein

Klebstoff

langsamarbeiten,Zeit ver-schwenden

RennwartbeimAuto-rennsport

Halb-tonüber D

Sorte,Gattung

Adresse(Abk.)

Stammes-zeichen

Fehl-betrag,Verlust

eh. Schiffs-raummaß

physikal.Begriff

drei Musi-zierendeSchiffs-führer

Oval

Bankauto-mat (Abk.)

Schrankteil

Teil derTretkurbelamFahrrad

Autokz. v.Starnberg

Zitter-pappel

folglich,aufgrunddessen

beim Skat:Ansageauf Kontra

GewürzFragewort

Mitgliedeiner Jury

Manegeim Zirkus

Stütz-pfeiler

Luft-sack

Beruf in derApotheke(Abk.)

Metro

Himmels-bläueKarpfen-fisch

Sing-vogel

StaatenbildendesInsekt

russ. Strom

nachdrückl.erinnern

Verfasserin

Großtier-verband

Getränkaus BierundLimonade

ganzgewiss

Abscheu

Sender inLeipzigsichtäuschen

Kosenameder MutterLackierer,Anstreicher

russ. FlussBrannt-wein ausRosinen

tauglich,in Form

einschließ-lich (Abk.)

ärmel-loserUmhang

Zweimann-jolle

persönl.Fürwort

an diesemOrtarkt. Mee-resvogel

chem. Z. f.CadmiumSchwurvor Gericht

Schmerz,LeidZeitungs-anzeige

nachher,hinterherGeneral-intendant

MadriderSportklubNichteisen(Abk.)

Strick

Blutader

geome-trischerKörper

Bier-lokal

super-kurzerRock

Zeit-tabelle

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In UrlaubsstimmungSommer, Sonne, Urlaub – bald ist es wieder so weit und die Kof-fer werden gepackt. Passend dazu haben zehn Gewinner die Chance auf ein Kofferset Titan X2 Flash. Die beiden Koffer mit der Breite 55 und 71 cm sind mit einem Koffer-schloss, einem Wasser abweisenden Reißverschluss und einer Hartschale ausgestattet.

Weitere 40 Gewinner können sich über ein »Pasta basta«-Set freuen.

Neben einer Flasche Sangio- vese di Toscana sind Tomaten-

Pasta, Pesto Genovese und Sugo in dem Set enthalten.

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41kompakt | Mai 2015 |

GLÜCK & GLOSSE

>

Im Preisrätsel wird in diesem Monat ein Begriff gesucht, der ein Endspiel im Sport umschreibt. Bitte die Lösung auf eine Postkarte schreiben und einsenden an: kompakt-Redaktion, Postfach 39 45, 30039 Hannover oder per Mail an: [email protected] — bitte die Adresse mit angeben. Einsendeschluss ist der 13. Mai 2015 (Datum des Poststempels ist maßgebend). Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

Die Gewinner

Preisrätsel

BEI DER VERLOSUNG DER PREISE unter den Ein-sendern richtiger Lösungen fielen die zehn Haupt-gewinne – je ein Canon PIXMA MX925 Drucker und ein komplettes Tintentank-Set – an:Peter Ewe, Jena; Klemens Gnaß, Lünen; Heinz Kohler, Gernsbach; Bernd Frerichmann, Nord- kirchen; Cornelia Keller-Post, Weilbach; Eva Prautzsch, Raubling; Ojun Roscher, Weiden; Andreas Neumann, Heringen; Rainer Richter, Hatten; Claudia Felgendreher-Tornow, Berlin.

JE EIN BUCH VON JO NESBØ – »DER SOHN« er-halten: Horst Willnauer, Köthen; Dieter Schwabe, Gräfenthal; Werner Witt, Stade; Annelies Hinck, Harsefeld; Brigitte Fleischmann, Goslar; Wolfgang Lussert, Schoeneck; Dieter Bauer, Witten; Erich Meyer, Buxtehude; Gerlinde Härtel, Pirna; Werner Rudolf, Brilon; Manfred Schröder, Lindberg; Angelika Hönge, Waldems; Lothar Falke, Oer-Erkenschwick; Franz Marterer, Stuttgart; Siegfried Höhl, Hamm; Ursel Rose, Seesen; Christian Lorek, Tönisvorst; Friedel Seibel, Borken; Friedrich Volkmann, Hoya; Klaus Kriester, Weißenborn; Bernd Freyer, Michen-dorf; Jerzy Nowakowski, Hechingen; Georg Al- brecht, Auengrund; Volker Mey, Schortens; Corinna Matthäus, Roigheim; Bernd Stenz, Ettringen; Man-fred Germer, Lathen; Annette Voigt, Berlin; Willi Hallwaß, Recklinghausen; Frieder Beck, Spremberg; Markus Krümmel, Kalbe; Edmund Pöhnl, Mantel; Wilhelm Schneider, Mitterteich; Karsten Barth, Ladenburg; Ralf Lässig, Wildenfels; Helmut Meißner, Rostock; Sascha Lenz, Hildesheim; Wolfgang Witt, Hagen; Hermann Eichner, Neustadt; Frank Schubert, Chemnitz.

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Früher habe ich die Nächte durch-gemacht. Heute schaffe ich nicht mal mehr die Tage. In unserem

Alter gilt eine Party, bei der um Mitter-nacht noch mindestens drei Gäste in der Küche stehen, als gelungen. Man trifft sich jetzt auch gern schon nach-mittags. Auf dem Bergfest des Lebens werden Erdbeerkuchen und Butter- kekse gereicht (auf der Zielstrecke gibt’s dann Cremetörtchen und Cog-nacbohnen). Das Gespräch dreht sich erstaunlich oft um Stoffwechselfragen, Kinder und Kinderstoffwechselfragen. Was man in Kinder rein tut und was aus Kindern wieder rauskommt. Und wo genau. Das Thema macht das Erdbeer-kuchenessen nicht leichter.

Dazu trinken wir hoch dosierten Kaf-fee. Literweise. Um die Schrecken der Nacht wegzuspülen und die Schmer-zen, die ein Besucherritzenkind mit seinen Tritten verursacht hat. Unvor-stellbar, dass ein Kind, das zwischen zwei und fünf Uhr nachts derart aktiv ist, als Teenager jahrelang stagnierend in der Gegend herumliegen wird. Klar –

die holen dann den Schlaf von jetzt nach! Ich habe gelesen, dass der Typ, der im Solarflugzeug um die Erde fliegt, höchstens 20 Minuten Schlaf am Stück kriegt. Na und? Anfänger! Seit ich kleine Kinder habe, überlege ich, ob man nicht die Segnungen der Pauschaltouristik mit den Segnungen gesellschaftlich sanktionierter Drogen kombinieren könnte: Espresso aus Sangria-Eimern.

Forscher haben herausgefunden, dass man mit einem großen Kaffee eine halbe Stunde Schlaf kompensieren kann. Ein frisches T-Shirt ersetzt eine Stunde Schlaf. Und eine Stunde Schlaf ist sogar so gut wie zwei Stunden Schlaf. Das Problem ist nur der Kaffee. Je we-niger Schlaf, desto mehr Kaffee, desto weniger Schlaf. Fragen Sie die hohläu-gigen Mehrfacheltern mit kurzer Lunte, die ihre Nachkommen mit Grunz- lauten durch den öffentlichen Nahver-kehr navigieren: Es ist ein Teufelskreis. Es gibt kein Entkommen. Höchstens mit sehr, sehr vielen Cognacbohnen. Schönen Frühling! Imre Grimm

GRIMMS MÄRCHEN

C A Y S A L A EH U E H N C H E N K A T A R A K T

N U R K I N O H I T U M B R AM E R I T E N B E H E L F L O T

R S I R S L I M O E A NF R A T Z S T A D T L A N G E RR E H I D E A L O B L A T E E

I N K A E B E N P I L Z A UC U N W A B E

C H O R G E R AE T H I K M I T R A

N O N E T CP E S O N B R H

A R D B R I T TL O I R E L E E R E

T E I L M A CG E S T E P F R U S P U K

S T I G R I S A F F A E R EA T U E R O S A D I O R O R T

E R L E C H I P Z D F OU S B A L P A K A P I T A S T

T U M U L U S R O S S E F T AA N I S M Y R T E D A N I E L

E R G O B A L Z L A N D E N G E

Lösung: APRILSCHERZ

»Erika M. und Elfriede K. beim Versuch, die Quelle des Kaffee- und Kuchendufts zu orten.«

Lösung April 2015: APRILSCHERZ

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Page 56: kompakt Mai 2015

42 | kompakt | Mai 2015

> MEIN ARBEITSPLATZ

Mehr als Schraubenschlüssel»Wenn ich erzähle, dass ich Werk-

zeugmacherin bin, denken man-che, ich mache Schraubenschlüssel

und Hämmer. Dann zeichne ich ihnen auf, wie die Werkzeuge aussehen. Ich fer-tige Walzbacken und Dorne, mit denen wir bei der DTP Präzisionsrohre aus Zir-konium und Titan herstellen, also nichts,

was man zu Hause kennt. Zwischen den Walzbacken verformen wir die Rohre, machen Schritt für Schritt ihren Durch-messer kleiner, während der Dorn für den richtigen Innendurchmesser im Rohr bleibt. Die Walzbacken haben Vertiefun-gen, durch die sich die Rohre wie durch Trichter drücken. Dieses Schlichtkaliber ist der wichtigste Teil.

Ich bekomme die Backen als Rohlinge in mehreren Größen. Die großen wiegen 40 Kilo, sodass ich sie mit dem Kran in die Schleifmaschine hebe. Ich schraube sie fest und gebe im Programm den Durchmesser von Vorrohr und Fertigrohr ein, also wie dick es vor und nach dem Walzen ist. Ich stelle die Schleifscheibe an und sie verbrei-

tert das Kaliber automatisch. Weil das Ma-terial der Scheibe sich nicht gleichmäßig abnutzt, muss ich sie hinterher jedes Mal mit dem eingebauten Diamanten abzie-hen, also wieder exakt in Form bringen. Es kommt hier auf Hundertstel Millimeter an.

Was wir als Teil des Verbundfertigers Ad-vanced Nuclear Fuels herstellen, ist nicht mit Wasserrohren vergleichbar. Es sind

Spezialrohre für die Industrie, bei denen alles zertifiziert und für 30 Jahre doku-mentiert wird. Fast jedes Werkzeug an der Maschine kann man nachträglich einstel-len, aber wenn an den Backen Fehler sind, geht das nicht. Dann hätten die Rohre Außenfehler. Deshalb reicht es nicht, das Kaliber mit der Maschine anzupassen. Ich gehe mit den Walzbacken an die Werk-bank und bearbeite sie mit Schleifpapier oder am Schraubstock mit der Schleif- hexe, dem Handschleifer. Ich mag zur Abwechslung die Handarbeit.

Stets muss ich mit der Messuhr kontrol-lieren, wie tief das Kaliber ist, damit die Kollegen beim Pilgern keine Probleme be-kommen. Kaltpilgern heißt das Verfahren, mit dem wir die Rohre umformen. Um eine halbe Walzbacke der größ-ten Sorte zu bekommen, brau-chen wir zu zweit zwölf Stunden.

Aufgezeichnet von Dagny Riegel

Hier entstehen Maschinenteile zur Herstellung von Spezialrohren.

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»Was wir herstellen, ist nicht mit Wasserrohren vergleichbar.«

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KERSTIN SCHMIDT (46) ist Werkzeugmacherin bei der Duisburg Tubes Production.

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Page 58: kompakt Mai 2015

Ja, bitte senden Sie mir versandkostenfrei:(innerhalb Deutschlands und nur solange der Vorrat reicht!)

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Ausführliche Hinweise zu den Bestellbedingungen siehe unten. Es handelt sich um Flaschen von 0,75 Liter Inhalt. Bitte ausfüllen und senden an: Hanseatisches Wein- und Sekt-Kontor Hawesko GmbH • Hamburger Straße 14–20 • 25436 Tornesch. Maximal 3 Pakete pro Kunde.

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