Land und Leute Februar 2010

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Leben zwischen Anklam und Zingst Ihr Journal für Wirtschaft, Politik, Kultur und Unterhaltung Ausgabe 2-2010 Exklusiv im Interview: Die Puhdys – Rock´n Roll in der DDR Experten unter sich: Bundeskanzlerin Angela Merkel im Max-Planck-Institut Baltic Fashion awards

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Die Puhdys im Interview, Angela Merkel im Max-Planck-Institut, Baltic Fashion Awards

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Leben zwischen Anklam und ZingstIhr Journal für Wirtschaft, Politik, Kultur und Unterhaltung

Ausgabe 2-2010

Exklusiv im Interview: Die Puhdys – Rock´n Roll in der DDR

Experten unter sich: Bundeskanzlerin Angela Merkel im Max-Planck-Institut Baltic Fashion awards

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Liebe Leserinnen & Leser,

wer in diesen Tagen Nachrichten ver-folgt, könnte in tiefe Depressionen verfallen. In den Medien scheint ein Wettbewerb ausgebrochen zu sein, bei dem es darum geht, die düsters-ten Prognosen zu präsentieren. Überall lauern noch schlimmere Ban-kenkrisen, eine Kreditklemme mit fatalen Folgen für die Wirtschafts-entwicklung, dazu Arbeitslosigkeit in nie gekanntem Ausmaß.

In der Tat. Arbeitslosigkeit ist kost-spielig – und das zu Lasten der Allge-meinheit. Um so erstaunlicher, dass es zwischen dem durch sie entstan-denen Finanzierungsbedarf, der un-sere Gesellschaft auf eine Zerreiß-probe stellt, und der Wirtschaftspo-litik der letzten Jahrzehnte kaum einen Zusammenhang zu geben scheint. Beschworen wird statt dessen der Begriff der „strukturellen Arbeits-losigkeit“, gegen die kein Kraut ge-wachsen sei.

Während aus den Reihen der Poli-tiker fortwährend der Ruf schallt, Arbeit müsse sich wieder lohnen, hören wir aus den Reihen der Wirt-schaft das dauernde Mantra, Arbeit sei in Deutschland zu teuer, dass man von den Arbeitnehmern Lohn-flexibilität nach unten erwarte. Die Feststellung, dass es für viele beque-mer sei, sich auf Hartz IV auszuruhen als arbeiten zu gehen, kann so ganz richtig nicht sein. Dagegen spricht die Tatsache, dass es eine Vielzahl von Arbeitnehmern gibt, die enga-giert arbeiten, am Ende des Monats auf Hilfe angewiesen sind und trotz-dem nicht den Verlockungen der Be-quemlichkeit zu erliegen scheinen.

In diesen Tagen hat das höchste deutsche Gericht dadurch ein deut-liches Zeichen gesetzt, dass es die bestehenden Regelungen in großen Teilen als nicht verfassungskonform bezeichnete. Die Spirale aus sinken-den Löhnen und daraus resultieren-dem, ebenso sinkendem „statisti-schem“ Grundbedarf hat also einen unteren Grenzwert.

Ein Arbeitsplatz ist ein Ergebnis, keine Ursache. Er entsteht aus dem Zusammentreffen von Faktoren wie Investitionen, Forschung, Entwicklung, Markt, Nachfrage, Kaufkraft und po-litischer Stabilität. Politik kann keine Arbeitsplätze schaffen. Sie kann aber Rahmenbedingungen für die Wirt-schaft einrichten, damit diese Arbeits-plätze schaffen kann. Dazu gehört auch die Sorge für soziale Fairness, die man zu Ludwig Ehrhards Zeiten auch als „soziale Marktwirtschaft“ kannte.

Umdenken muss auch an der Basis stattfinden. Wer glaubt, dass unsere Region sich alleine auf den Pfeilern von Tourismus und Gesundheitsan-geboten langfristig entwickeln kann, der denkt zu kurzfristig. In wenigen

Jahren werden die Badeorte unse-rer polnischen Nachbarn unseren Ostseeressorts kräftig Konkurrenz machen. Und nicht nur in diesem Wirtschaftsbereich werden wir uns messen lassen müssen.

Schon deswegen ist es fatal, dass nur zu oft diejenigen, die sich aufma-chen, sich als Unternehmer zu be-tätigen, sich plötzlich in einem fast undurchschaubaren Dschungel aus lokalen Befindlichkeiten, genereller Opposition aus Eigennutz, gepaart mit einem Labyrinth aus Vorschrif-ten, Auflagen einer wuchernden Bü-rokratie, politischer Wankelmütigkeit und vielerlei anderen Widrigkeiten wieder finden. Ganz gleich, ob Kraft-werk oder vergleichsweise kleines Hotel: wenn Politik nicht für verläss-liche, überschaubare Rahmenbedin-gungen sorgt, wird die wirtschaft-liche Entwicklung der Region nicht nur verzögert, sondern womöglich ganz in Frage gestellt.

Resignation ist fehl am Platze, es gibt auch positive Signale. Wer sich

der Mühe unterzog, nach Berlin zur Grünen Woche zu fahren, durfte dort erleben, wie sich Unternehmen aus Vorpommern erfolgreich präsentier-ten. Und nicht nur dort. Der guten Ansätze gibt es viele, wie auch Bun-deskanzlerin Merkel bei ihrem Be-

VORWEG!such in Greifswald feststellen konnte.

Es bleibt die Aufgabe, das Positive zu bündeln und Strukturen zu schaffen, die eine nachhaltige, langfristige Ent-wicklung der Region sichern. Wobei nur das Zusammenspiel aus touristi-schen wie industriellen Faktoren der Schlüssel zum dauerhaften Erfolg sein werden.

Gebraucht wird ein lebhafter, ge-sellschaftlicher Diskurs, der Chancen und Möglichkeiten auslotet. Nötig ist eine uneigennützige, langfristig orientierte Politik ohne Zaudern, die verlässliche Rahmenbedingun-gen schafft und eine gesellschaftlich breite Einsicht in die Tatsache, dass wirtschaftliche Monokulturen eine äußerst gefährdete Spezies sind.

Bei aller Nachdenklichkeit – freuen wir uns gemeinsam auf den Früh-ling, denn eins ist sicher: die Tage des Winters sind gezählt.

Claus E. Schwarz, Herausgeber,und das Team von Land&Leute

Foto: W. Schnee

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inhalt: 3 Vorweg 6 Backstage bei den Puhdys

10 Wendelstein 7-X: Energie aus Greifswald für die ganze Welt 15 Leserpost

16 Investoren hört die Signale

22 Mit Taktirstock, Pauken und

Trompeten

24 Weltklassemusiker bei den

Kammermusiktagen in Barth

26 Glanzlichter zum Saisonauftakt

30 Piraten, Ostseewürmer

und Schweine

34 Frühlingserwachen

39 Poczta Ze Szczecina!

Post aus Stettin

41 Schottische Küstenhöhlen

im Ozeaneum

42 Super-Sudoku 44 Terminkalender

46 Ernst Moritz und kein Ende,

Impressum

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Backstage L&L bei den

Puhdys

Peter Meyer, Spitzname: Eingehängt. Meyer wurde am 5. Januar 1940 in Hohenmölsen, Bezirk Halle (heute Sachsen-Anhalt), geboren. 1949 erhielt er sein erstes Akkordeon und bekam zugehörigen Unterricht. Meyer war zunächst Musiklehrer in Etzin, Kreis Nauen. Seit 1963 ist er Berufsmusiker. Meyer gehört zur „Ur-Besetzung“ der Puhdys. Nach seinem NVA-Dienst beim Musikkorps Eggesin von 1966 bis 1968 beginnt er mit den Puhdys die Rock-Erfolgsgeschichte. Die Puhdys werden zur erfolgreichsten Rockband der DDR. Stilistisch angelehnt an Hard-Rock-Vorbildern wie Deep Purple oder Led Zeppelin erzielt die Band Anfang der 70er Jahre erste Erfolge in der DDR. 1976 spielen die Puhdys das erste Mal in der Bundesrepublik. Kommerziell waren die Puhdys der erfolgreichste Exportartikel der DDR-Rockmusik. Peter Meyer gilt als der „Senior der Band“. Er spielt Keyboard und Saxophon.

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L&L: Du spielst seit über 40 Jahren Keyboard und Saxophon bei den Puhdys und bist qua-si der „Senior“ der Band. Wie fing eigentlich alles an?

Vor unserer Besetzung gab es in Potsdam die „Ur-Puhdys“ – und zwar ab 1965. Die hießen „Udo-Wendel-Combo“. Wendel ging dann weg und wir mussten einen Namen finden. Da Englisch seinerzeit übrigens gerade mal wieder verboten war – englisch-namige Bands mussten sich umbe-nennen – haben wir einfach die An-fangsbuchstaben unserer Namen zu-sammengewürfelt, Peter, Udo, Harry und Dieter und das „ys“ rangehängt. Damals haben wir Tanzmusik aller Art gecovert. Zwischen 1966 und 1969 haben wir häufig hier in Greifs-wald, etwa im Kulturhaus, oder zum Beispiel in Kölpinsee gespielt. Dann kam ich zur Armee. Als ich zurück kam, haben wir am 19. November 1969 das legendäre Konzert im säch-sischen Freiberg gespielt. Zwischen-zeitlich haben wir den Schlagzeuger Gunther Wosylus ge-gen Klaus Scharfschwerdt und den Bassisten Harry Jeske gegen Peter Rasym getauscht.Natürlich kannten wir uns schon alle vorher. Für die Leute, die im Westen im Konservatorium waren und die nach dem Bau der Mauer nicht mehr

rüber konnten, wurde eigens eine Musikschule geschaffen in der man professionelle Musik machen durfte. Das war in der DDR übrigens gar nicht so einfach – man brauchte ei-nen entsprechenden Abschluss. An dieser Schule haben wir uns kennen-gelernt und uns dann im November 1969 zu den Puhdys formiert.

L&L: Ihr scheint Euch mit der Region Greifs-wald verbunden zu fühlen!

Natürlich fühlen wir

uns mit Greifswald

verbunden

Natürlich. Gerade in unserer Anfangs-zeit waren wir, wie gesagt, sehr häu-fig an der Ostsee. Denk´ auch an unsere Zusammenarbeit mit dem FC Hansa, falls Rostock noch zur „Re-gion“ zählt. Momentan sieht es bei Hansa ja leider nicht so gut aus. Aber das wird schon wieder …

L&L: Du sprachst eben von „professioneller Musik“. Das heißt, dass Ihr schon anfangs Musik beruflich betrieben habt?

Ich selbst mache – quasi beruflich – seit Anfang der 60er Jahre Musik.

Vorher war ich in der Gegend um Potsdam für eine kurze Zeit Lehrer. Dann bin ich umgestiegen und habe an der eben genannten Musikschule Saxophon und Klarinette spielen ge-lernt. Die anderen Bandmitglieder gingen einen ähnlichen Weg.

L&L: Du deutest an, dass die DDR in ihrer Kulturpolitik durchaus restriktiv gewesen sei. Der DDR-Staatsratsvorsitzende Walter Ulbricht sagte 1965: „Ist es denn wirklich so, dass wir jeden Dreck, der vom Westen kommt, nun kopieren müssen? Ich denke, Genossen, mit der Monotonie des Je-Je-Je, und wie das alles heißt, sollte man doch Schluss machen.“ Gab es Spannungspunkte mit den DDR-Oberen?

Klar gab es die. Jede Diktatur reagiert bekloppt in Bezug auf Kunst und Kul-tur. Das war in der DDR besonders ausgeprägt. Da ging es dann zwei Schritte vor und zwei Schritte zurück. Zum Beispiel gab es das 11. Plenum, auf dem beschlossen wurde, dass die englische Sprache keine Rolle in der Musik spielen dürfe. Alleine die Büro-kratie bereitete uns Probleme. Man brauchte eine Spielerlaubnis; Harry Jeske hatte die aber noch nicht. Lange Haare und Bärte waren eben-falls nicht gern gesehen. Gott sei Dank war es in der DDR nicht ganz so schlimm wie in China, wo

Puhdys-Oldie Peter Meyer über ...

... Rock´n´Roll in der DDR

L&L Redakteure Christian Anders und Claus E. Schwarz hinter den Kulissen

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man sich während der Kulturrevolu-tion gegenseitig umgebracht hat. Ab 1969 gab es die Puhdys, Anfang der 70er sind wir schon im Lande rumgezogen und haben vornehm-lich Bands wie „Deep Purple“ geco-vert. Schon hatten wir Probleme, weil wir eben englischsprachige Musik machten. Nachdem 150 Schüler der Berufsschule Gardelegen einen Auf-ruf starteten, erlangten wir durch ei-nen Auftritt im DDR-Fernsehen grö-ßere Popularität. Natürlich immer unter der Voraussetzung: Eigene Musik, deutsche Texte! So entstand unser erster Titel „Türen öffnen sich zur Stadt“. Der war dann gleich ein Riesenerfolg. Nachdem Ulbricht weg war und Honecker kam, wurde vieles etwas offener. 1973 kamen die Welt-festspiele nach Berlin. Wenig später gab es die ersten Rockhitparaden im Radio und sogar Rocksendungen im Fernsehen. Wir hatten Glück und waren mit unseren Titeln meistens an erster Stelle und wurden ziemlich populär. Dadurch haben wir dann auch andere Möglichkeiten gehabt als vorher.

Jede Diktatur

reagiert bekloppt

auf Kunst und Kultur

L&L: Das Ausscheiden von Ulbricht und der Beginn der Honecker-Ära war der Entwick-lung der Puhdys zuträglich?

Ja. Vieles wurde offener.

L&L: Wie beurteilst Du DDR-Dissidenten aus der Honecker-Ära wie die Klaus Renft Com-bo oder Wolf Biermann?

Renft waren am Anfang die Lieb-lingsband des Zentralrats der FDJ. Ich glaube Klaus Renft selbst war sogar Mitglied im Zentralrat der FDJ. Die haben Lieder gespielt wie „Ket-ten werden knapper“ – also recht engagierte Texte. Irgendwann – ich denke auch durch Verbindungen zu Gerulf Pannach und Wolf Biermann –

haben die dann einfach Tabus gebro-chen. Es war nun mal so: In der DDR konnte man bestimmte Dinge nicht machen. Ein Lied gegen die Mauer war undenkbar. Selbst ein Lied über Umweltschutz war schwierig. Die, die nicht verboten wurden und heute zum Teil behaupten, sie seien revolutionär gewesen, haben sich an die Tabus gehalten. Renft hat sich nicht dran gehalten. In der „Rockbal-lade vom kleinen Otto“ ging es etwa um eine missglückte Republikflucht – ein absoluter Tabubruch. Es folgte Verbot, Knast und Ausweisung.

L&L: „Die Zeit“ vom 19.01.2006 urteilt: Die Puhdys waren clever, Renft lebten die Anar-chie. Ein gerechtes Urteil?

Ja. Obwohl Anarchie natürlich eigent-lich eher etwas Negatives ist. Ich würde mich eher auf Gerulf Pannach beziehen, der ja der Texter von Renft war und kurz nach der Wiederverei-nigung auch mit uns gearbeitet hat. Der sagte sinngemäß: Renft wollten die Welt verändern, die Puhdys woll-ten einfach Musik machen. Bei den Puhdys hat´s funktioniert.

L&L: Das kann man sagen. Ihr ward die er-folgreichste Rockband der DDR. Nicht nur das: Ihr konntet sogar im Westen Konzerte spielen …

„Sogar im Westen“ kann man nicht sagen. Wir durften anfangs auch nicht nach Westdeutschland. Wir ha-ben dafür gekämpft und zum Teil so-gar mit Schlagersängern Programme zusammengestellt, weil wir dachten, dass es dann eher funktionieren wür-de. Wir durften trotzdem nicht. Erst als wir 1975/76 einen Plattenvertrag im Westen abgeschlossen hatten, durften wir auch dort spielen. Pe-ter Schimmelpfennig kaufte unsere Rechte. Ab diesem Zeitpunkt gab es keine Probleme mehr. Wir waren die ersten, die im Westen im Fernsehen aufgetreten sind – nämlich im „Musik-Laden“, in Bremen. Einige Jahre spä-ter kamen Karat und City, bei denen es sich ähnlich entwickelte. Die Tat-sache, dass wir im Westen spielen

durften und im Osten auch über das Westfernsehen gesehen wurden, führte zu noch größerer Popularität.

L&L: Der erste Auftritt im Westen hat sich zeitlich also fast mit Wolf Biermanns be-rühmtem Konzert vor der IG-Metall in Köln überschnitten. Biermann wurde damals aufgrund von kritischen Äußerungen gegen die DDR ausgebürgert.

Biermann trat kurze Zeit nach uns auf. Das führte dazu, dass wir in dem Medientrubel um dessen Ausbür-gerung kaum beachtet wurden. Im-merhin gab es ein kleines Foto in der Bravo.

L&L: Hast Du Dich in der DDR eingeengt gefühlt?

Ich will mich nicht über solche Dinge wie dem beinahe drohenden Verbot oder einige Tabus beschweren. Es ging, wie gesagt, immer zwei Schrit-te vor und zwei Schritte zurück. Insofern war es natürlich ziemlich eingeengt. Mein Kollege Dieter „Ma-schine“ Birr sagt immer, wenn man bedenkt, was die anderen für Pro-bleme hatten – Reiseverbot, Leben in der Mangelwirtschaft – sollte man nicht jammern. Manches hat man aber auch falsch gesehen. Ich deute-te vorhin an, dass wir Probleme we-gen Äußerlichkeiten – lange Haare, Bärte – hatten. In Prag gab es mal Är-ger vor einem Auftritt, weil die Kolle-gen Ohrringe trugen. Lautstärke war auch ein Problem.

Soundcheck

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L&L: Ziemlich provinziell …

Ja klar. Aber als wir in den Niederlan-den in einem Jugendclub einer klei-nen Stadt gespielt haben, haben sich die Bürger auch wegen der Lautstär-ke beschwert. Wenig später kam die Polizei und meinte: „Morgen habt ihr noch einen Auf-tritt. Wenn ihr dann wieder so laut spielt, bekommt ihr einen Stempel in den Pass und dürft nicht wieder ein-reisen.“ Im Westen waren bestimmte Dinge also ähnlich – nur ein wenig anders.Was viele Musiker auch falsch ge-sehen haben, waren die Gagenein-stufungen. Die einen durften 1.000 Mark nehmen, die anderen 1.500. Nachdem wir so populär wurden, hatten wir in diesem Bereich Hand-lungsfreiheit. Wir konnten also schon ein wenig Kapitalismus spielen. Das waren jedoch Sonderregeln. Zu uns sind damals auch 15.000 bis 20.000 Menschen gekommen und der Staat hat bei den Konzerten kräftig mitver-dient.Als wir dann im Westen gespielt ha-ben, haben wir festgestellt, dass es gute Musiker gab, die froh waren, wenn sie alle halbe Jahre mal ohne Gage auftreten konnten. So wie es heute im Grunde auch ist – Musiker haben es verdammt schwer.

L&L: Was hat sich für die Puhdys seit der Wiedervereinigung geändert?

Für uns nicht allzu viel. Wir waren seit 1976 im Westen unterwegs. Wir wussten wo´s langgeht und haben natürlich auch eine Menge Erfah-rung gesammelt. So viel hat sich also nicht verändert – außer das wir jetzt „richtiges Geld“ verdienen und rich-

tige Steuern zahlen. Künstler waren in Steuerfragen in der DDR etwas privilegierter als im wiedervereinig-ten Deutschland.

L&L: Wie war für Euch die Wahrnehmung von „Ost“ und „West“?

Als wir zum ersten Mal drüben wa-ren, haben wir natürlich gestaunt. Wir sind in die Plattenläden gestürzt und haben kräftig eingekauft. Später wurde das dann zur Belastung, weil wir für die Leute, die nicht reisen durften, etwas mitbringen mussten. Wir sind auch immer gerne wieder zurückgefahren, obwohl wir in der Bundesrepublik gefragt wurden, wa-rum wir nicht einfach im Westen blie-ben. Wir hatten nie die Absicht, drü-ben zu bleiben, obwohl in der DDR natürlich eine katastrophale Mangel-wirtschaft herrschte. Das spürten wir, obwohl wir als Musiker in einigen Punkten natürlich privilegiert waren. Diese Privilegien haben viele gute Bands heute – auch unsere Söhne sind zum Teil musikalisch tätig – nicht mehr. Erfolg scheint mir heute schwerer zu verwirklichen.

Erfolg scheint

heute schwerer zu

verwirklichen

L&L: Wie ist denn in diesem Zusammenhang die Retortenmusik á la Dieter Bohlen und Co. zu bewerten? Musik wird ja heute fast am Fließband produziert.

Das ist eben die heutige Kultur. Viele Leute finden das Scheiße. Ich finde es vor allem unterhaltsam. Gestern

habe ich gesehen, dass ein junger Mann in Ohnmacht gefallen ist, weil gesagt wurde, dass er nicht weiter-käme. Natürlich ist das auch Show.Neben diesem Unterhaltungsfaktor muss man aber auch sagen, dass die, die in diesen Casting-Shows letztlich überbleiben, schon etwas leisten. Das ist eben die Art, wie heute Talen-te gefunden werden. Das ist schon in Ordnung.

L&L: Eine abschließende Frage. Wie war das Rockerleben in der DDR? Sex and Drugs oder Petting und Pils?

Lacht. Mit den Drogen gab es jeden-falls nicht viele Möglichkeiten. Ich fand das übrigens positiv. Wenn mal ein Laden ausgemacht wurde, von dem es hieß, dort würden Drogen verkauft, wurde von den Behörden sofort dagegen vorgegangen. Alko-hol wurde natürlich viel getrunken, obwohl wir auch in diesem Punkt ein Sonderfall waren und sind. Seit 1976 fahren wir so gut wie immer mit ge-trennten Autos zu Auftritten. Wer Auto fährt kann natürlich vorher kei-nen Alkohol trinken. Das ist bei uns also nicht so stark ausgeprägt wie bei anderen.

L&L: Herr Meyer,herzlichen Dank für dieses Gespräch!

Interview: can, Fotos: ces

Guntram Steinke von AEN begrüßt die Fans der Puhdys

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Wendelstein 7-XEnergie aus Greifswald

für die ganze Welt?

Plasma im ASDEX Versuchsreaktor

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Schon von weitem fällt das mar-kante, graue Gebäude mit dem charakteristisch geschwungenen Dach im Süden Greifswalds auf, in dem sich das Max-Planck-Institut befindet. Während sich Befürworter und Gegner des Dong-Kraftwerk-projektes nach wie vor heftige Dispute liefern, wird hier an einem zukunftsweisenden Projekt gear-beitet. An einem Experiment, das möglicherweise einen ganz erhebli-chen Beitrag zur Sicherung unserer künftigen Energieversorgung liefern wird.

Die mehr als 500 Wissenschaftler arbeiten hier an einem Projekt, das unter dem Namen „Wendelstein 7-X“ läuft und die Realisierbarkeit von so genannten Fusionskraftwerken untersuchen soll. Kein Wunder, dass auch Bundeskanzlerin Angela Mer-kel als Physikerin ihren Besuch in Greifswald nutzte, um sich über den Stand der Dinge zu informieren.

Der Gedanke ist verlockend: man nehme zwei Elemente, die auf Erden fast überall nahezu im Überfluss vorhanden sind, dazu etwas Tech-nik, und entfache damit ein sonnen-ähnliches Feuer, dessen Wärme zur

Dampferzeugung und damit zum Betreiben von Turbinen genutzt werden kann. Bevor das allerdings Wirklichkeit wird, müssen die Wis-senschaftler ein paar Kleinigkeiten in den Griff bekommen.

Als Brennstoff dienen zwei Wasser-stoffsorten: Deuterium und Tritium. Nur ein einziges Gramm dieser Elemente reicht aus, um eine Ener-gie freizusetzen, die der Verbren-nungswärme von 11 Tonnen Kohle entspricht! Im Reaktor verschmelzen sie zu Helium und setzen dabei nicht nur Neutronen frei, sondern auch große Mengen Energie.

Dass es grundsätzlich möglich ist,auf diesem Weg Energie zu erzeu-gen, wurde in der seit dem Jahr 1983 in England betriebenen euro-päischen Gemeinschaftsanlage JET bewiesen. Im Jahr 1997 gelang es hier, kurzzeitig eine Fusionsleistung von 16 Megawatt zu erzeugen, wobei mehr als 50 Prozent der zur Plasmaaufheizung verbrauchten Energie zurück gewonnen wurden.

Das Feuer setzt sich allerdings nicht selbst in Gang. Um den Fusionspro-zess in Gang zu setzen, wird eine

Zündtemperatur von 100 Millionen Grad benötigt. Das bedeutet, dass zum Start für einige Sekunden 50 bis 100 Megawatt Leistung zuge-führt werden müssen, um die Reak-tion im Plasma zu starten. Erreicht wird dies einmal durch den Ein-schuss von energiereichen, neutra-len Wasserstoffatomen, aber auch durch Hochfrequenzwellen. Auch Sendeantennen und Wellenleiter werden genutzt, um Energie an das Plasma abzugeben. Das Greifswal-der Institut verfügt dazu über einen direkten Anschluss an das Hoch-spannungsnetz.

Um zu verhindern, dass das Plasmadie Wand des Reaktorgefäßes be-rührt, wird es mit Hilfe von tiefge-kühlten, supraleitenden Magnet-spulen im Inneren eines speziell geformten Gefäßes „eingefangen“. Sollte das heiße Gas nämlich an irgendeiner Stelle die Wand berüh-ren, kühlt es sich sofort ab, der Prozess kommt zum Stillstand.

Den Aufbau des Reaktors muss man sich schalenförmig, ähnlich einer Zwiebel, vorstellen. Das ringförmige Plasma im Inneren ist von einer ers-ten Wand, dem so genannten „Blan-

Bundeskanzlerin Merkel und MV-Wirtschaftsminister Seidel im IPP

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ket“ umgeben. Dieses wiederum befindet sich in dem Vakuumgefäß, auf das die zum Zentrieren des Plas-mas erforderlichen Magnetspulen aufgefädelt sind. Da die Magnetspu-len bei extrem tiefen Temperaturen arbeiten, ist das gesamte System in einer Art „Kühlschrank“, dem Kryos-taten, eingeschlossen. Pro Stunde verbraucht ein Fusionskraftwerk circa 35 Gramm Brennstoff, der in Form tiefgefrorener Kügelchen in das Plasma eingeschossen wird.

Bei der nun einsetzenden Fusions-reaktion entstehen schnelle Helium-kerne, die im Magnetfeld gefangen werden und ihre Energie dabei stoß-weise an das Plasma abgeben. Ab einem gewissen Punkt brennt das Plasma selbstständig weiter, die hohe Fusionstemperatur wird prak-tisch durch Selbstheizung aufrecht erhalten.

Während das Plasma Temperaturen erreicht, die denen der Sonne gleich-kommen, muss das gesamte System von außen her extrem stark gekühlt werden. Gerade in diesen Tagen wurde der Aufbau der Wasserküh-lung, der übrigens durch eine Greifs-walder Firma ausgeführt wurde, er-folgreich abgeschlossen.

Das komplexe System aus unzähli-gen Rohren, Pumpen und Armatu-ren, Wärmetauschern und Filtern stellt ein Auftragsvolumen von im-merhin knapp fünf Millionen Euro dar! Überhaupt profitiert die heimi-sche Wirtschaft erheblich von dem Projekt: seit dem Jahr 2000 gingen Aufträge mit einem Volumen von mehr als 40 Millionen Euro an Firmenmit Sitz in Mecklenburg-Vorpommern.

In der Greifswalder Anlage wird die Wärme von rund hundert Kubik-metern Kühlwasser aufgenommen, das in geschlossenen Kreisläufen unter hohem Druck die Anlagenteile umströmt. Dieser erste Kühlkreislauf gibt seine aufgenommene Wärme an einen zweiten Kühlkreislauf wei-ter, der aus einem unterirdischen, circa 1200 Kubikmeter fassenden Kaltwasserbecken gespeist wird. Während es beim Greifswalder Ex-periment Wendelstein 7-X lediglich darum geht, die Wärme abzuleiten, wird es künftig darum gehen, die er-zeugte Wärmeenergie zum Betrieb von Turbinen zu nutzen.

Mit einer Länge von mehr als tau-send Metern erstreckt sich das Kühl-wassersystem vom Technikgebäude aus über zwei Kellergeschosse der großen Experimentierhalle. Dazu Projektleiter Rüdiger Krampitz: „Es war eine große Herausforderung, die zahlreichen Rohre und Kompo-nenten in den engen Räumen präzi-se und kollisionsfrei zu montieren.“ In etwa drei Jahren folgt nun ein weiterer Bauabschnitt, bei dem das System an die mehreren hundert Versorgungsanschlüsse der Fusions-anlage angeschlossen wird.

Blick in die Kühlanlage im Keller

Plasmakammer des ASDEX-Versuchsreaktors

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Ein weiteres Kühlsystem ist für die Kühlung der 70 übermannsgroßen Magnetspulen zuständig, die den magnetischen Käfig für das Plasma erzeugen. Diese Spulen werden durch eine eigene Kryoanlage mit flüssigem Helium auf Tieftemperatu-ren nahe dem absoluten Nullpunkt heruntergekühlt.

Schon die bisher dargestellten Fakten zeigen, dass es sich beim Experiment Wendelstein 7-X, das im Jahr 2014 in Betrieb gehen soll, um ein technisch enorm anspruchsvolles Projekt handelt, das Wissenschaft und Technik in Grenzbereiche bringt. Klar, dass sich da auch die Frage der Sicherheit solcher Systeme stellt. Zu beachten sind dabei vor allem das radioaktive Tritium und die durch die Fusi-onsneutronen aktivierten Wände des Plasmagefäßes. Grundsätzlich gilt, dass ein Fusionskraftwerk so gestaltet werden kann, dass es keine Energiequellen enthält, die – wenn sie außer Kontrolle geraten sollten – die Sicherheitshülle von innen her zerstören können. Ein Unfall mit katastrophalen Folgen ist aus prin-zipiellen physikalischen Gründen unmöglich. Hinzu kommt, dass ein Fusionskraftwerk keine klimaschäd-lichen Emissionen verursacht.

Zwar entsteht in Form der Wände des Reaktorgefäßes radioaktiver Ab-fall. Dieser ist jedoch weitaus unge-fährlicher als der, der in Atomkraft-werken entsteht. Darüber hinaus ist auch die Menge deutlich geringer. Nach Betriebsende müssen diese Elemente sicher zwischengelagertwerden. Schon nach hundert Jah-ren hat die Aktivität auf ein Zehn-tausendstel des Anfangswertes abgenommen. Entsprechende Recyclingtechniken vorausgesetzt, könnte das Material dann erneut zum Bau anderer Kraftwerke ver-wendet werden.

Bis erste Fusionskraftwerke ihren Beitrag zur Grundversorgung mit Energie leisten können, bleibt

noch viel zu tun. Weltweit arbeiten Forscher gemeinsam an dem ehr-geizigen Projekt, das nicht zuletzt auch einen erheblichen Beitrag zur Reduzierung von Kohlendioxid-Emissionen leisten kann. Geplant ist, dass ein erstes Versuchskraftwerk um 2050 seinen Betrieb aufnehmen soll. Das Feuer der Sonne gezähmt

haben wollen die Wissenschaftler dann endgültig bis zum Jahr 2100. Zeitliche Dimensionen also, die nicht minder gewaltig sind als das gesamte Vorhaben.

Text: ces, Fotos: ces/ipp

Teilsegment des Wendelstein 7-XGut zu erkennen sind die Magnetspulen

Blick in die Versuchs-Halle vom IPP

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Anlagen- und Kraftwerksrohrlei-tungsbau Greifswald GmbH hat im Jahr 2006 vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik den Auftrag fürdie Lieferung, Fertigung und Mon-tage der Kühlkreisläufe für den ers-ten Bauabschnitt des WENDELSTEIN 7-X Experiments erhalten. Wir danken dem IPP für den Erhalt dieses Auftrages mit einem Gesamt-volumen von 4,8 Mio. € und freuen uns, über 20.000 Arbeitsstunden in der Region gehalten zu haben. Für uns ist es gleichermaßen eine Herausforderung als auch eine Ehre gewesen maßgeblich an einem sol-chen Projekt mitwirken zu dürfen.Von der Planung bis zur Übergabe

der Kühlkreisläufe erstreckte sich derAuftrag von Anfang 2007 bis Ende 2009 und beinhaltete neben 30 t Edelstahlverrohrungen und 20 t Stahlbau auch 20 t Pumpen, Arma-turen, Behälter und Wärmetauscher. Zur Zeit sind wir bemüht auch den Auftrag für den zweiten Bauabschnittvom IPP zu erhalten und die Arbeits-plätze in unserer Region zu sichern.Als national und international täti-Ges Unternehmen ist AKB ein moder-ner Dienstleistungsbetrieb im Ener-giesektor. Unser Haupttätigkeitsfeld liegt im Bereich des Kraftwerks-neubaus und des Rückbaus von kerntechnischen Anlagen.Um unser Team weiter zu verstärken

sind wir ständig auf der Suche nach motivierten und gut ausgebildetenProjektleitern Rohrleitungsbau (m/w) (Ingenieur-Maschinenbau); Projekt-leiter Vertrieb (m/w)(Vertriebsinge-nieur); Rohrschweißer/-in; Rohrvor-richter/-in und Schweißfachmännern/-Frauen für den bundesweiten Einsatz.

Anlagen- und Kraftwerksrohr- leitungsbau Greifswald GmbH Eckhardsberg 05 17489 Greifswald Germany Tel.: +49 3834 80252 – 0 / - 16 Fax: +49 3834 820009 Email: [email protected] Internet: www.akb-mv.de

Achtmannskammer im Stralsunder Rathaus entdeckt

Im heutigen Südostquartier des Stral-sunder Rathauses müssen die Acht-männer vor einigen hundert Jahren gesessen haben. Der acht mal acht Meter große Raum ist kühl und stau-big. Baugerüste deuten auf das em-sige Treiben der Restauratoren. „Wir Haben die historische Achtmanns-kammer entdeckt, in der einst der legendäre Generalkasten mit Schrift-stücken, Petschaften und vermut-lich auch Geldern verwahrt wurde“, sagt Restaurator Henning Bär. Bau-arbeiter hatten im Herbst 2009 bei der Sanierung des Erdgeschosses im Rathaus den Zementputz vom mittelalterlichen Gemäuer geklopft. Dabei stießen sie auf jüngeres Mau-

erwerk, hinter dem sich eine zwei Meter breite und 75 Zentimeter tiefe Nische verbarg. Die Maße passten perfekt zu jenen der Achtmannskiste, so Andreas Grüger, Direktor des kul-turhistorischen Museums Stralsund. Die historische Achtmannskiste, ur-sprünglich auch als Generalkasten bezeichnet, befindet sich im Kultur-historischen Museum Stralsund. Die schwere Eichentruhe ist mit zahlrei-chen Eisenbeschlägen gesichert und war seinerzeit in der Achtmannskam-mer des Rathauses fest an der Wand verankert. Die Achtmannskammer war eine in Norddeutschland einzig-artige Einrichtung, weiß Grüger. Ihr Ursprung liegt im 17. Jahrhundert.Die damaligen Ratsherren bedienten sich häufig an den Einnahmen der Stadtkasse. Dies wiederum führte zu Aufruhren. 1616 wurde dann ein aus acht Männern bestehendes Kontroll-gremium für das Finanzzentrum der Stadt geschaffen – die Achtmanns-kammer. Jeder Achtmann bekam einen Schlüssel zur Achtmannskiste, die somit nur unter komplettem Bei-

sammensein aller Kammermitglieder geöffnet werden konnte. Korruption und Veruntreuung waren damit ein Riegel vorgeschoben.Bei der Sanierung des Rathauses ent-deckten die Restauratoren außerdem schwere Eichenbalken aus der Grün-dungszeit des späteren Rathauses. Die dendrochronoligische Untersu-chung einer solchen Holzprobe er-gab, dass der Stamm im Jahre 1310 gefällt wurde, so ein Sprecher der Stadtverwaltung. Das gefällte Eichen-holz wurde seinerzeit meistens zeit-nah verarbeitet. Lagerte es länger als ein Jahr, war eine Verwertung des mittlerweile steinharten Bausstoffes kaum mehr möglich. Damit lässt sich nun ziemlich genau sagen, dass der Bau des Stralsunder Rathauses vor 700 Jahren begonnen haben muss, sagt Denkmalpfleger Gunnar Möller.Nach der Restaurierung der Acht-mannskammer soll der Raum einer Nutzung durch eine breitere Öffent-lichkeit übergeben werden. Ein Wein-lokal oder ein Café seien denkbare Optionen. Text u. Foto: cha

Wiederentdeckt – die Achtmannskammer

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Zu „Land&Leute“ 01/2010“

“Gelungenes Projekt“

Heute haben meine Frau und ich in einem Restaurant

in Wieck ein Exemplar Ihrer ausgesprochen gelunge-

nen Zeitschrift „Land&Leute“ gesehen, mitgenom-

men und interessiert gelesen. Kompliment für dieses

Projekt… Seit drei Monaten leben wir in Greifswald.

Bis März letzten Jahres habe ich im baden-würtem-

bergischen Umweltministerium den Bereich Kommu-

nikation und Öffentlichkeitsarbeit geleitet. Von daher

ist eine Antenne für Ihr Vorhaben vorhanden.

Horst Neumann, Ministerialrat a.D., Greifswald

Zu „Interview mit einem Welterklärer““In vorpommerscher Sicherheit“Zunächst darf ich Sie beglückwünschen, dass es Ihnen gelungen ist, einen solch hochkarätigen Inter-viewpartner wie Prof. Dr. Scholl-Latour für Ihr Maga-zin gewinnen zu können. Ich habe dessen Ausfüh-rungen zur deutschen Außenpolitik mit großem Interesse gelesen und war dabei insbesondere von der geistigen Vitalität des 85-jährigen Journalisten beeindruckt. Seine Kritik an der Amerikahörigkeit eines Großteils der deutschen Presselandschaft ist bemerkenswert und in vielen Punkten ebenso zu teilen, wie die Feststellung, dass die Ziele deutscher Außenpolitik mittlerweile auch im Auswärtigen Amt einer äußerst kurzfristig verstandenen und auf die machtpolitische Tagespolitik sowie aktuelle Wahlum-fragen ausgelegten Bewertung unterworfen sind. Die in einer Frage zum Ausdruck kommende Einschät-zung ihres Redakteurs Christian Anders, nach dem die USA ein erträglicher Hegemon (gewesen) sei, kann jedoch wohl nur von jemandem geteilt werden, der sich in vorpommerscher Sicherheit und fernab von US-amerikanischen Bombenhagel oder dem Gefangenenlager Guantanamo befindet.Robert Krüger, Greifswald“Kenntnisförderndes Meisterstück“Weit über die Region hinaus weist das Interview, das

Ihr Redakteur Christian Anders mit dem seit Jahr-zehnten als hervorragender deutsch-französischer Publizist und Journalist bekannten Peter Scholl-Latour führte. Er erwies sich auch in diesem Interview als erfahrener „Welterklärer“. Es ging um höchst wich-tige Themen, den Bedeutungsrückgang ehemaliger Kolonialmächte, um den Aufstieg der amerikanischen Hegemonie, das Ende der Rivalität mit der Sowje-tunion, das Aufkommen neuer Supermächte und schließlich um das Ende europäischer Dominanz, das sich in der jüngeren weltweiten geschichtlichen Ent-wicklung abzuzeichnen scheint. In diesem Gespräch zeigte sich, dass Peter Scholl-Latour wichtiges zu sagen hat. L&L hat mit diesem Interview ein Meister-stück abgeliefert.Wenn ich wieder dort, wo es ausgelegt wird, auf L&L stoße, werde ich sofort zugreifen; eine interessante und kenntnisfördernde Lektüre ist mir gewiss. Dem Redaktionsteam und dem Verlag wünsche ich guten und nachhaltigen Erfolg.

Hermann Herkenrath (regelmäßiger und wohlwollender Besucher Vorpommerns)

Zu „Eisenbahnlinie Heringsdorf-Swinemünde-Garz“

“Reaktivierung der Eisenbahnlinie Heringsdorf-Ducherow“

Mit großer Aufmerksamkeit habe ich Ihre Zeitschriften von Dezember 2009 und

Januar 2010 gestern in einem Autohaus gelesen (sehr positiv!). Als Initiator

und Verfechter der Umsetzung der Reaktivierung der Eisenbahnlinie Berlin-

Ducherow-Usedom-Swinemünde und Heringsdorf freue ich mich über jegliche

Informationen, die veröffentlicht werden. Leider ist in Ihrem Artikel ein Fehler,

eingebaut worden. Es geht nicht um die Strecke Ducherow-Stettin oder die

Weiterführung der UBB-Bahnlinie über Stettin nach Garz/Flughafen Heringsdorf.

Die Strecke muß lauten Heringsdorf-Swinemünde-Garz/Flughafen und

weiter nach Ducherow.

Lothar Wilke, Bansin

Zum Kommentar

„Schweigt Stille – plaudert nicht“

“Kulturelle Schweinegrippe“

Mit Interesse las ich auch die nunmehr 2. Aus-

gabe von L&L und fand wieder anspruchsvolle

Artikel, abwechslungsreiche Unterhaltung

und Informationen aus der Region, die ich so

kaum noch erhalte, weil ich jetzt ca. 150 km von

meinem Geburtsort entfernt wohne. Neben

all diesem faszinierte mich eine sprachliche

Spitzfindigkeit, ein Vergleich, mit dem auf den

Punkt gebracht wird, was sich nicht nur durch

die Greifswalder Kulturlandschaft zieht, son-

dern auch andernorts im schönen MV spürbar

ist. Ich meine damit die „kulturelle Schweine-

grippe“, gegen die nun auf die Schnelle nicht

mal versucht wird, einen Impfstoff aus dem

Boden zu stampfen. Eben dieser würde hier so

wie auch bei der echten Schweinegrippe wohl

niemals die erwünschte Resonanz bringen. Wie

bei vielen anderen Krankheiten ist Vorbeugung

anderer Art angesagt. Aber in Greifswald und

auch anderswo fällt genau das oft dem Rotstift

zum Opfer, auch so eine Krankheit, gegen die

scheinbar kein Kraut gewachsen ist. Und so

landen wir alle einmal mehr statt in Konzerten

und Theateraufführungen vielleicht dann wieder

auf der Couch vorm heimischen Fernseher. Ein

Gutes hat das Ganze vielleicht ja doch: Gehen

wir nicht mehr so viel unter Leute, beugen wir

intensiv der echten Schweinegrippe vor.

Katrin Arnhold, Basthorst

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Investoren – höret die Signale

In schöner Regelmässigkeit scheitern

Investitionsprojekte in Mecklenburg-Vorpommern.

L&L ist Ursachen und Folgen auf den Grund gegangen.

Als der Unternehmer Dirk Pollow im vorpommerschen Pruchten begann, ein Hotel mit 40 Betten zu planen, ahnte er nicht, dass er damit die Büchse der Pandora geöffnet hatte. Pruchten liegt im Landkreis Norvor-pommern. Kurz nach der Wiederver-einigung erwarben einige Bewoh-ner aus den alten Bundesländern ein Wochenendhaus in der verschla-fenen Gemeinde. Die Abgeschie-denheit übte Anziehungskraft aus.Pollows Plan, aus den alten Gebäu-den eines Ferienheims ein kleines Hotel zu machen, wurde schnell publik. Sofort bildete sich eine „Bür-gerinitiative für Pruchten“. Deren Vorsitzender, Axel Schmitz, beklagte die Gefahr, dass die „einzigartige Natur“, durch einen vermeintlichen „Massentourismus“ zerstört werde. Obwohl Pollow bereits 400.000 Euro in sein Projekt investiert hat, sieht er sich einer schier endlosen Kette von bürokratischen Anforderungen

gegenüber, die den geplanten Bau-beginn um mittlerweile immerhin zwei Jahre verzögert haben. Pollow versteht die Welt nicht mehr. „Von dem Hotel hätten alle Pruchtener etwas. So sind darin ein Schwimm-bad und ein Wellness-Bereich ge-plant, der auch den Gästen anderer Vermieter offen stehen soll“, so der Investor gegenüber L&L. Inzwischen drohte das Projekt mehrfach an einer „Bürgerinitiative“ zu scheitern, die vor allem eines will: mit allerlei Entrüstung dafür Sorge zu tragen, dass sich in Pruchten möglichst nichts ändert. Man könnte den „Fall Pruchten“ als unwichtige Provinz-posse abtun. Aber es drängt sich die Frage auf, warum Wirtschaftspro-jekte hierzulande – egal ob klein oder groß – in beängstigender Regel-mäßigkeit scheitern?Der Blick richtet sich zunächst nachLubmin. Der geplante Bau eines Steinkohlekraftwerks wurde von sei-

nen Gegnern vor allem wegen der CO2–Emissionen und der befürch-teten Wirkungen auf den Tourismus abgelehnt. Schnell bildeten sich Bürgerinitiativen wie etwa „Kein Steinkohlekraftwerk e.V.“.

Die Vorteile des Dong-Projektes gingen

im Medientrubel unter

Dem Chef der Energiewerke Nord GmbH (EWN), Dieter Rittscher, fällt es im Gespräch mit L&L leicht, die Argumente der Kraftwerksgegner zu entkräften: „Die CO2–Emissionen sind ein globales Problem. Die Emissionen, die Dong in einem Jahr verursacht hätte, fallen in Chinain wenigen Stunden an – mit stei-gender Tendenz.“ Publizistisch wurde von der Lokalpresse alsbald die befürchtete Wirkung auf den Touris-mus problematisiert, so Jürgen Ramthun, Geschäftsführer der EWN.

Luftansicht Lubmin

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„Welches Spiel treibt Dong?“, fragte etwa die Ostsee-Zeitung suggestiv noch Wochen nach dem Kraftwerks-rückzieher.

Natürlich wird sich der Bürgerwille letztlich immer an den in dieser Form zugänglichen Informationen orientieren, so der Bundestagsab-geordnete Matthias Lietz (CDU) ge-genüber L&L. Dass die Ingeni-eure und Spezialisten für Kaufkraft in der Region gesorgt und über-dies die bekannten jahreszeitlich bedingten Nachfrageschwankungen im Tourismus ausgeglichen hätten, ging in dem Medientrubel jedoch weitestgehend unter. Dadurch, dass Dong verloren geht, ginge auch der sogenannten Indus-trietourismus verloren, so Lietz weiter.Als schwerwiegender Einwurf kam für die Kraftwerksgegner hinzu, dass Umfragen darauf deuten, dass die Bevölkerung in Vorpommern das Kraftwerk ja gar nicht wolle. Demokratischer Bürgerwillen ist ein starkes Argument gegen Dong. Aber was will der Bürger wirklich? Karin Kaspar, Sprecherin der Bürger-initiative „Kein Steinkohlekraftwerk Lubmin“, lässt hierüber keinerlei Zweifel aufkommen. Innerhalb von sechs Wochen habe man 32.000 Unterschriften gegen das Kraftwerk in der Region gesammelt, so Kaspar gegenüber L&L. Die Situation ist Jedoch deutlich komplexer, als es die Unterschriftenaktion suggeriert. Der Landtagsabgeordnete Sebas-tian Ratjen (FDP) stellt das Demo-kratieargument der Kraftwerksgeg-ner in Frage. Eine einzige Umfrage mit zudem sehr knappem Ausgang gegen das Projekt sei etwa wenig aufschlussreich. Gerade aus den

Ergebnissen der Kommunalwahlen der letzten Monate könne man auch das genaue Gegenteil ableiten, so Ratjen weiter. Das Votum gegen Dong sei schon in Lubmin keines-wegs so eindeutig, wie es die Kraft-werksgegner darstellen, argumen-tiert auch Rittscher. Schon aus dem letzten Kommunalwahlergebnis für Lubmin und Umgebung ließe sich eine mehrheitliche Zustimmung für den Bau des Kraftwerks interpretie-ren. Auch die Wahlergebnisse der umliegenden Bezirke ließen sich so deuten.

Dong wollte die Provinzpolitikposse nicht weiterspielen

Unabhängig von diesen demokra-tischen Zahlenspielen, liege die Ursache für das Scheitern Dongs jedoch ohnehin ganz woanders. Ursächlich sei das sich in die Länge ziehende Genehmigungsverfahren. Tatsächlich bemängelte Dong die fehlende Unterstützung der Landes-regierung als eine der Ursachen für die Entscheidung gegen Lubmin. Eine provinzielle Politikposse wollte Dong nicht mehr weiterspielen. Zwar werten die Kraftwerksgegner um Kaspar die dänischen Vorwürfe gegen die Landesregierung als von Dong erfunden, um sich den Aus-stieg zu erleichtern. Aus Rittschers Sicht ist jedoch vor allen Dingen die uneinheitliche Position der Politik gegenüber Investitionsvorhaben wie diesem ein entscheidendes Hin-dernis, wobei einem ausländischenInvestor wie Dong mehr hätte geholfen werden müssen. Nach Erkenntnissen von L&L spielen hierbei einige Ministerien eine

augenscheinlich unrühmliche Rolle. Durch das Abfordern immer neuer Gutachten und Stellungnahmen wurde nicht nur das Genehmigungs-verfahren in die Länge gezogen, sondern zunehmend auch der Eindruck erweckt, dass das Projekt politisch ungewollt sei. So musste auf Anfrage des Landwirtschaftsmi-nisteriums abgeklärt werden, ob der Fischlaich durch Warmwassereinlei-tungen in Mitleidenschaft gezogen wird. Nach der gutachterlichen Fest-stellung, dass dem nicht so sei, trat auf einmal das Sozialministerium auf den Plan und forderte ein Gut-achten darüber, ob die Einleitung des Abwassers zu einer erhöhten Zahl von Vibrionen, einem weltweitin jedem warmen Salzwasser vor-

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handenen Bakterium, führe. Nicht nur, dass ein solcher Nachweis eben-falls nicht geführt werden konnte,tatsächlich wäre das circa 26 Grad Celsius warme Abwasser des Kraft-werks in heißen Sommermonaten sogar kälter, als das Wasser des ge-rade vor Lubmin sehr flachen Bod-dens selbst. In einer Stellungnahme gegenüberL&L sieht der Vorsitzende der SPD-Landtagsfraktion, Dr. Norbert Nie-zery, die Landespolitik als nicht ver-antwortlich für den Ausstieg aus dem Vorhaben. Ursächlich für denAusstieg Dongs seien letztlich aus-schließlich wirtschaftliche Gründe gewesen. Andere Landespolitiker sehen das anders. Teile der Landes-regierung haben das Scheitern Dongs durch ständige Nachforde-rungen und das schleppende Geneh-migungsverfahren zu verantworten, so der Bundestagsabgeordnete Lietz. Politik könne nur die Rahmen-bedingungen vorgeben, dürfe aber nicht in die Einzelfallentscheidung eingreifen – dafür gebe es einen Rechtsstaat, meint auch FDP-Landes-fraktionschef Michael Roolf gegen-über L&L. Die Frage nach der Rechts-staatlichkeit eines von der Politik mutmaßlich systematisch torpedier-ten Verfahrens sei dabei jedoch nur das eine.

Zudem sei vor allem die mit dem Scheitern Dongs verbundene Signal-wirkung verheerend, so Roolf weiter: „Wenn nicht einmal die Chance aufein rechtsstaatliches Verfahren in einem Land besteht und wenn po-litisch nicht gewollt ist, dass ein Genehmigungsverfahren ordnungs-gemäß durchläuft und der Investor auch keinen Vertrauensvorsprung hat, dann stellt sich dieser eben die Frage, warum sein Projekt nicht woanders realisiert werden soll.“

“Radikalisierte Minder-meinungen verursachen

technologiefeindliche Einstellungen“

Antworten auf die Frage nach dem Umgang mit mangelnder politischer Unterstützung in Mecklenburg-Vor-pommern haben in den vergange-nen Jahren bereits andere Großin-vestoren gegeben. „Beim Transrapid gab es damals ein klares Nein von der PDS“, so Ratjen (FDP).In Teilen der SPD und der PDS/Links-partei fände man eine eher techno-logiefeindliche Einstellung. „Zu gernelässt man sich von einer links-intel-lektuellen, ökologischen Szene beeinflussen, die jedoch nur eine radikalisierte Mindermeinung dar-stellt“, sagt Ratjen.

„Als BMW damals einen Standort gesucht hat, ist Herr Biedenkopf (damaliger Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Anm. d. Red.)im Hause Quandt ein- und ausge-gangen. Die Damen und Herren Minister aus Mecklenburg-Vorpom-mern haben nicht einmal einen Ter-min bei ihm gekommen“, so Roolf. Die bayerischen Autobauer entschie-den sich damals für den Freistaat Sachsen und gegen MV als Produk-tionsstandort. Sebastian Ratjen kann sich darüber nicht wundern: „Neben vielen anderen Schwierig-keiten hat vor allem der damalige Minister Helmut Holter (PDS/Links-partei) das Scheitern von BMW zu verantworten. Wenn ein Minister eines Landes gegenüber einer eigen-tümergeführten Firma sagt, er wolle zwar nicht unbedingt je-den Handwerker enteignen, aber BMW zum Beispiel, dann habe das Signalwir-kung“, so Ratjen weiter. Auf die Frage, ob es ursächliche Gemeinsamkeiten für das Scheitern von Investitions-projekten gäbe, antwortet der ehemalige Arbeits-minister und heutige Linkspartei-Fraktionschef HeImut Holter in einer Stellungnahme gegenüber L&L: „Letztlich waren es unternehmeri-sche Entscheidungen, die zu einer Nichtansiedlung in MV geführt

BMW-Werk In Leipzig – leider nicht in MVFoto: BMW Group Press Club/BMW AG

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haben. Politische Rahmenbedingun-gen spielen bei großindustriellen Entscheidungen eher eine unter-geordnete Rolle.“ Ein erstaunliches Fazit!Neben politischen Aspekten kommt zum Scheitern von BMW jedoch tat-sächlich ein weiteres Problem, das später auch bei Airbus bestand: DerFachkräftemangel. In der Konkur-renzsituation vor der Airbus-Ent-scheidung über den Bau eines Werkes in Rostock-Laage oder in Hamburg schickte der damalige Ministerpräsident Ringstorff (SPD) ein Angebot nach Hamburg: Meck-lenburg-Vorpommern ziehe die Bewerbung um den Airbus-Standort zurück. Als Gegenleistung sollten die Hamburger Zulieferbetriebe so-wie Arbeitskräfte aus Mecklenburg-Vorpommern bevorzugen. Hamburg lehnte dieses Angebot in Vertrauen auf seinen Standortvorteil dankend ab – und bekam den Zuschlag trotz-dem. Dass Mecklenburg-Vorpom-mern gegen traditionsreiche Indus-triestandorte wie Leipzig oder Hamburg den Kürzeren ziehe, sei letztlich keine Schande, so SPD-

Fraktionschef Nieszery. Was bedeu-ten die gescheiterten Großprojekte aber letztlich für unsere Region? Hier scheiden sich die Geister. Für den Standort Lubmin setzt Kraft-werksgegnerin Kaspar auf mittel-ständische Firmen und erneuerbare Energien als Impuls für die Wirt-schaft. Natürlich gibt es auch bereits eine ganze Reihe erfolgreicher Ansied-lungen in Mecklenburg-Vorpom-mern, so Nieszery gegenüber L&L. Dazu zählen neben vielen anderen Nordex, Liebherr und Caterpillar in Rostock, Netto in Stavenhagen oder Hanse Yacht Bau in Greifswald. Mit diesen Erfolgsgeschichten müsse man für Mecklenburg-Vorpommern werben, so Nieszery weiter.Holter meint, man solle nicht die Hände in den Schoß legen und auf einen Großinvestor warten. Meck-lenburg-Vorpommern müsse seine großen Chancen in Bereichen wie Land-, Veredelungs- und Gesund-heitswirtschaft sowie Tourismus nutzen.Insbesondere für Arbeitskräfte ohne akademischen Abschluss brauche

man jedoch industrielle Arbeitsplätzemit hoher Wertschöpfung, so FDP-Landespolitiker Ratjen. Gerade in diesem Zusammenhang macht sich Gerold Jürgens, Präsident des Unter-nehmerverbandes Vorpommern, große Sorgen um die Entwicklung der Region. Vor allem fordert er die konsequente Unterstützung von potentiellen Investoren durch die Landesregierung. Auch der Bundes-tagsabgeordnete Lietz ist skeptisch: „1,5 Mio. Menschen werden es im-mer schwer haben, den finanziellen Bedarf vor allem auch im sozialen und Bildungsbereich zu sichern. Nur aus einer gesunden Wirtschaft entstehen jedoch Möglichkeiten zu agieren und zu fördern.“ Den Men-schen müsse immer wieder deutlich gemacht werden, wohin auch die demografische Entwicklung letztlich geht, so der Bundestagsabgeordneteweiter.Bundeskanzlerin Angela Merkel stellte anlässlich ihres Besuches in Greifswald vor dem Hintergrund der „Causa Dong“ die Frage, wie sich die Region wirtschaftlich überhaupt weiterentwickeln kann. In das in-vestitionsfeindliche Gesamtbild MVs fügt sich die seit Anfang Februar anhängige Klage des BUND und des WWF gegen den von den Behörden genehmigten Bau der Nordstream-Pipeline vor dem Verwaltungsge-richt Greifswald.Das Fazit des FDP-Fraktionsvorsit-zenden Roolf zur wirtschaftlichen Zukunftsfähigkeit unseres Bundes-landes ist ernüchternd: „Wenn zwanzig Leute in Brüssel oder wo auch immer zusammensitzen, stra-tegisch über die europäische Land-karte schauen und sich fragen, wo könnte man investieren, kommen sie jedenfalls nicht als erstes auf Mecklenburg-Vorpommern.“

Text: can, ces, mo

Lesen Sie im nächsten Heft:

Naturschutz bis zum wirtschaftlichen Exitus

Angela Merkel beim Neujahrsempfang der CDU in Greifswald: Wie soll das Geld noch erwirtschaftet werden?

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Boulevard

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Die Mühlenstrasse – Greifswalds GeheimtippBetende Mönche, emsig arbeitende Schneider, wissbegierige Schulkin-der und altersschwache Senioren- die Mühlenstraße zählt zweifellos zu den geschichtsträchtigsten Straßen Greifswalds, liegt sie doch im histori-schen Zentrum der Hansestadt. Erst-mals als Mühlenstraße bezeichnet wurde der Weg vom heutigen neuen Postgebäude zur Greifenapotheke im Jahre 1309. Allerdings nicht etwa, weil hier ein Müller Getreide zu Mehl gemahlen hat, sondern weil die Stra-ße direkt zum Mühlentor führte, das sich bis 1800 ungefähr dort befand, wo heute täglich Autofahrer, Radfah-rer und Fußgänger das lange Warten üben: Am Platz der Freiheit. Genau dieses Tor war die Stadteinfahrt für Menschen, die von den Windmühlen stadtauswärts kamen. Der Name der Mühlenstraße drang also von außen in die Greifswalder Innenstadt.Dabei war das Gebiet zwischen Schuhhagen und Mühlenstraße von Wohnhäusern und Handwerksbe-trieben geprägt. Nachgewiesen sind eine Schneiderei, Sattlerei und Glok-kengießerei. Gewohnt haben hier vor allem Menschen des aufstrebenden Kleinbürgertums. Noch heute zeugt ein altes langgestrecktes Fachwerk-haus aus dem 16. Jahrhundert, in dem sich heute die Musikfabrik be-findet, von den historischen Gege-benheiten. Viele andere Häuser in der Mühlenstraße wurden – wie die alten Keller zeigen – auf mittelalter-liche Fundamente gebaut.Eine besonders wechselvolle Ge-schichte weist das Areal des gegen-wärtigen Pommerschen Landesmu-seums auf. Ursprünglich befand sich hier ein Franziskanerkloster, dass 1247 erstmals eine urkundliche Erwäh-nung fand. Damit handelt es sich um eines der ältesten nachweisbaren und heute noch vorhandenen Bau-grundstücke der Stadt. In der Kloster-anlage schliefen und arbeiteten die

Mönche im Ostflügel. Der Westflügel diente der Armenspeisung und im Südflügel wurden Vorräte gelagert. Zudem befanden sich ein Brauhaus, ein Krankenhaus, ein Friedhof und die Wohnung des Abtes, das Guardi-anhaus, auf dem Gelände. Dabei be-grenzte der Wall das Gebiet von der anderen Seite. Bereits ab 1264 wurde das Befestigungssystem errichtet, wobei Teile der Stadtmauer noch heute stehen. Um 1400 zog sich die Wehranlage mit einer 7 Meter hohen Mauer wie ein Gürtel um die Stadt. Die zentrale Bedeutung der Kloster-anlage für die Stadt zeigte sich in der Beisetzung des 1462 ermordeten Bürgermeisters und Universitätsgrün-ders, Heinrich Rubenow. Als das Kloster 1557 aufgelöst wur-de, gingen die Gebäude an die Stadt über. Sie funktionierte den Ostflügel in die „Große Stadtschule“ um, bis der schlechte Zustand zu deren Auf-lösung führte. Ende des 19. Jahrhun-derts wurde das Gebäude als Volks-küche genutzt. Im Guardianhaus spielte als städti-scher Kindergarten zwischen 1833 und 1929 der Greifswalder Nach-wuchs, danach zog das Stadtmu-seum hier ein. Bevor einige Werke Caspar David Friedrichs in der Ge-mäldegalerie zu bewundern waren, empfingen sie hier die Besucher.

Ende des 18. Jahrhunderts wurde diebaufällige Kirche abgerissen und statt-dessen eine Stadtschule eröffnet, in der erst als Bürgerknabenschule und später als Heinrich-Heine-Ober-schule Kinder die Schulbank drück-ten. Das alte Brauhaus fungierte als deren Turnhalle. Ab 1998 ließ die Stadt das Gebäude zur Gemäldega-lerie ausbauen. Der Westflügel, ab 1564 ein Armenhaus, versorgte bis 1819 finanziell schwache Menschen. Anschließend entstand hier das Hos-pital „Graues Kloster“, das nach dem Zweiten Weltkrieg den Charakter ei-nes Seniorenheims erhielt. Nachdem die letzten Bewohner 1999 ausgezo-gen waren, erfolgte bis 2005 für rund 20 Millionen Euro ein grundlegender Umbau, mit dem mittelalterliche und moderne Architektur verschmolzen. Heute besuchen täglich zahlreiche Gäste die interessante landesge-schichtliche Dauerausstellung des Pommerschen Landesmuseums.

Für Aha-Effekte und Oho-Erlebnisse sorgen viele kleine, inhabergeführte Geschäfte im Viertel um die Mühlen-strasse herum. Nicht selten entdek-ken selbst langjährige Greifswalder hier Neues. Gemütliche Cafés, Anti-quitätengeschäfte und viele andere mehr laden zum Bummeln und Stö-bern ein. Text: mo, Foto:ces

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Mit “Taktirstock“, Paukenund TrompetenInternationaler Richard-Wagner-Kongress in Stralsund

Stralsunds Oberbürgermeister Dr. Alexander Badrow, Intendant Prof. Nekovar und Generalmusikdi-rektor Karl Prokopetz war der Stolz förmlich ins Gesicht geschrieben: gegen starken internationalen Wett-bewerb ist es ihnen gemeinsam mit dem 1. Vorsitzenden des Richard-Wagner-Verbandes Mecklenburg- Vorpommern, Bruno Paulenz, ge-lungen, den internationalen Richard-Wagner-Kongress nach Stralsund zu holen. Immerhin wurde damit kein geringerer Mitbewerber als London ausgestochen!

Stralsund reiht sich damit in eine Reihe illustrer Veranstaltungsorte ein. Während die Kongresse der ver-gangenen Jahre in Tallin, Helsinki, Genf, Weimar und Dresden statt-fanden, werden Breslau im kom-menden Jahr und Prag im Jahr 2012 Gastgeber des Kongresses sein.

Veranstaltet wird der Kongress vom Internationalen Richard-Wagner-Verband, der Dachorganisation der weltweit 151 Wagner-Verbände. Sie haben sich zur Aufgabe gemacht, das musikalische Werk Wagners nicht nur zu pflegen, sondern auch die Inszenierungen kritisch zu begleiten. Gerade Wagners Opern animieren Regisseure gelegentlich zu umstrit-tenen Inszenierungsformen. Ein Umstand, der von den Wagneria-nern gerne auch einmal scharf kriti-siert wird. Wer unter einschlägigen Stichworten im Internet recher-chiert, wird schnell fündig.

Darüber hinaus verfolgen die Wag-ner-Verbände aber auch eine Reihe anderer Ziele. Neben wissenschaft-lichen Arbeiten über Wagner richtet sich das Augenmerk auf die Förde-rung des künstlerischen Nachwuch-

ses. Weltweite Beachtung findet der „Internationale Gesangswettbewerb für Wagnerstimmen“, der vom Ver-band ausgerichtet wird. Preisträger des Wettbewerbs aus dem Jahr 2009 werden Kostproben ihres Könnens auf der Abschlussveranstaltung des Kongresses in Stralsund darbieten. Und nicht zuletzt wird auch das Lan-desjugendorchester sein Können unter Beweis stellen.

Musikalisches Highlight des Kon-gresses wird die Aufführung des „Fliegenden Holländers“ sein, die am 17. April in Greifswald und am 8. Mai in Stralsund Premiere feiern wird. Die Hauptrollen sind mit Antje Jansen vom königlichen Opernhaus Kopenhagen und dem Italiener Duc-cio Dal Monte hochkarätig besetzt. Bühnenbild und Kostüme wurden in Koproduktion mit dem italienischen Theater in Lecce entworfen, mit

dem das Theater Vorpommern eine intensive und gute Zusammenarbeit pflegt. Neben einer Wagner-Gala, in der unter anderem die Rienzi-Ouvertüre, die Tannhäuser-Ouver-türe und das Vorspiel zu den Meis-tersingern zur Aufführung kommen, dürfen sich Musikfreunde auch über eine Aufführung von Richard Strauß´ Oper „Der Rosenkavalier“ freuen.

Die rund 500 angemeldeten Kon-gressteilnehmer aus neun europä-ischen Ländern dürfen sich über eine Reihe weiterer Veranstaltungenfreuen. „Ein umfangreiches Begleit-programm soll den Gästen die Schön-heiten der Region näher bringen!“ erklärte Bruno Paulenz. So findet ein Teil der Veranstaltungen im Theater Greifswald statt. Dazu werden die Gäste mit Bussen in die Hansestadt gebracht.

OB Dr. Badrow, Intendant Prof. Nekovar, Bruno Paulenz und GMD Prokopetz

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Geplant sind Tagesausflüge auf die Insel Rügen und auf den Darß. Und natürlich darf der obligatorische Stadtrundgang in der Welterbestadt Stralsund ebenso wenig fehlen wie ein Rundgang durch das Ozeaneum.

Begleitet wird der Kongress von einer ganzen Reihe weiterer Veran-staltungen, die sicher nicht nur fürWagnerfreunde von Interesse sind. Im Einkaufscenter Strelapark soll eine Ausstellung mit Bild- und Text-dokumenten über Leben und Werk des Komponisten berichten. Ebenso kann ein Bühnenbildmodell bestauntwerden. Das kulturhistorische Mu-seum Stralsund zeigt die Sonder-ausstellung „Taktirstock“. Gezeigt werden mehr als 130 Taktstöcke aus unterschiedlichen Materialien, die mit hoher handwerklicher Kunst gefertigt wurden. Da darf natürlichauch ein Dirigentenstab nicht fehlen,dessen Griffstück als Büste Wagners ausgearbeitet ist. Zur Verfügung gestellt wurden die Stücke von drei Privatsammlern.

Freunde edlen Porzellans und der Kunst der Porzellanmalerei dürfen sich auf eine Ausstellung mit Arbei-ten der amerikanischen Porzellan-malerin Dr. Delome Greenwald-Schmitt freuen.

Als Künstlerin gestaltete sie zahlrei-che Motive zum Leben und Werk Richard Wagners auf Meissner und Fürstenberger Porzellan. Realistisch gemalte Motive wie etwa Portraits von Cosima und Richard Wagner stehen dabei im Kontrast zu eher surrealistischen Interpretationen von Szenen aus Wagners Opern.

Mit dem Ende des Kongresses sind die Herausforderungen für Inten-

dant Prof. Nekovar und den General-musikdirektor Karl Prokopetz aber nicht abgeschlossen. Solisten des Theaters Vorpommern gastieren kurz nach dem Kongress im zweit-grössten Opernhaus Schwedens, in Malmö, und bieten zehn Vorstel-lungen des „Rosenkavaliers“ dar. Im gleichen Zeitraum bricht das symphonische Orchester zu seiner dritten Japan-Tournee auf, wo es unter andrem in Osaka gastieren wird. Tourneen also, die durchaus als Beweis für den hohen Standard unseres Musiktheaters gewertet werden dürfen.

Text: ces; Fotos: wiki.commons.org, P. Koslik, Kulturhistorisches Museum Stralsund

Wagner dirigiert – zeitgen. Karikatur

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Weltklassemusiker zu den Kammermusiktagen in BarthPianist und Dirigent Justus Frantz, Dieter Flury – Soloflötist der Wiener Philharmoniker, die Pianisten Derek Han aus den Vereinigten Staaten und Victor Chouchkov aus Bulgarien, der Violinist Joseph Lendvay – alles Welt-klassemusiker der Klassik. Zudem eint sie, dass sie alle bereits einmal in Barth und dort im Ringhotel „Spei-cher“ mit ihrer Musik ein konzertbe-geistertes Publikum verzauberten.Die Kammermusiktage von Barth an der Spitze mit dem musikalischen Leiter, Geiger, Komponisten und Diri-genten Martin Panteleev aus Bulgari-en, machen es mittlerweile seit neun Jahren möglich. Wobei dieses Mal erneut eine absolute Weltklassemu-sikerin bei den Kammermusiktagen auftreten wird – Elmira Darvarova,erste Konzertmeisterin der Metro-politan Opera New York. Zur Eröff-nungsgala am 19. März ist sie ebenso wie Martin Panteleev und das Musika Art Kammerorchester zu erleben.Johann Sebastian Bachs Doppel-konzert für Violine und Streicher in d-Moll BWV 1043, Igor Strawinskys„Appollon Musagéte“ Musik aus dem Ballett in zwei Szenen, und Antonio Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ für Violine und Streicher bringen sie zu Gehör.

Doch wie bringt man es fertig, solch hochkarätige Musiker ausgerechnet nach Barth in die mehr oder weniger vorpommersche Provinz zu holen? Es scheint das Geheimnis von Mar-tin Panteleev zu sein. „Er ist eindeu-tig das Zugpferd, das die Besten der Besten aus der Welt der Klassik zu uns an die Barthe bringt. Wobei er scheinbar einfach nur zu telefonie-ren braucht. Da er sehr hohe Ansprü-che an sich selbst und seine Musiker stellt, holt er wiederum auch nur die Besten für die Kammermusiktage“, sagt Christel Bork. Sie ist Vorsitzen-de des ART-CLUB „Martin Panteleev“, welcher die Kammermusiktage orga-nisiert und dabei hervorragend mit dem Speicher-Hotel zusammenar-beitet. Der Verein wurde von Martin Panteleev gegründet, mit dem Ziel, Hochbegabung zu unterstützen und zu fördern. Er zählt mittlerweile um die 60 Mitglieder.„Doch wie er es jetzt tatsächlich fer-tig gebracht hat, mit Elmira Darva-rova ausgerechnet die erste Konzert-meisterin der Metropolitan Opera New York zu engagieren, muss Mar-tin Panteleev uns auch erst noch erzählen. Wir wissen lediglich, dass sie sich beide seit langem kennen“, meinen Christel Bork und ihr Vor-

standskollege Reinhard Schaumann. Mit Dirigent Paul Peter Spiering, Mit-glied des Royal Concertgebouw Or-chester Amsterdam, ist ein weiterer Weltklassemusiker bei den diesjäh-rigen Kammermusiktagen mit von der Partie. Gemeinsam mit Martin Panteleev als Solist und dem Musika Art Kammerorchester gestaltete er das Konzert „Von Mozart bis Weber“ am 20. März.Professor Justus Frantz, neben Leo-nard Bernstein Mitbegründer der Phil-harmonie der Nationen, hatte 2003 bei den Kammermusiktagen vorbei-geschaut, weil ihn die Neugier trieb, wie es Christel Bork umschreibt. Er wollte unbedingt wissen, was sein 1. Violinist in Barth so treibt. Mit Jus-tus Frantz zusammen war Joseph Lendvay nach Barth gekommen. „Das Konzert war fantastisch. Wenn man sich erinnert, wer schon alles hier gespielt hat, ist das schon Wahn-sinn“, so Christel Bork und Reinhard Schaumann.Also Mailand, Barth und Weiter-flug über Paris in die USA. So sehen mittlerweile für einige Musiker Kon-zertstationen aus. Auch für Martin Panteelev selbst. So unter anderem 2008, als er nach einer Tournee durch die Vereinigten Staaten mit elf Konzerten sofort im Anschluss nach Barth kam. Wo er das allererste Mal im Juni 2001 auftrat. Hans-Jürgen Kirmse vom Speicher-Hotel Barth hatte ihn gesehen und seinerzeit nach Barth eingeladen. Im Oktober 2001 dann gleich das zweite Konzert. Dieses Mal gemeinsam mit der bul-garischen Pianisten Lida Panteleev, seiner Frau, damals aber noch Lida Kantschewa. „Er wollte aus Peking einfliegen. Doch leider fiel sein Flug aus, so dass sie ganz allein das Kon-zert bestreiten musste. Sie war 21 Jahre alt und trat zum ersten Mal in Deutschland auf. Es war ein wunder-volles Konzert“, erinnert sich Christel Bork. Das gemeinsame Konzert der

3 Foto: ART-CLUB „Martin Panteleev“

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beiden Musiker wurde wenige Mo-nate später nachgeholt. Mittlerweile haben Martin und Lida Panteleev geheiratet und zwei Kinder, die sie jedes Jahr mit nach Barth bringen. Wobei es während der Kammermu-siktage schon mal vorkommen kann, dass Christel Bork oder ein anderes Vereinsmitglied die beiden beauf-sichtigt, weil es nicht anders geht. Dieses Jahr wird Lidas Mutter mit da sein und auf die Kinder Acht geben. Eine große Erleichterung für alle. „Ir-gendwie ist es faszinierend. Denn so richtig haben sich Martin und Lida in Barth kennengelernt. Und jetzt pas-sen wir auf ihre Kinder auf, die eben-falls schon musikbegeistert sind. Zum Fasching ging seine Tochter erst kürzlich als Geige“, schmunzelt Chris-tel Bork. Fast jedes Jahr sind auch die Eltern von Martin Panteleev, Marta und Panteley Panteleev – sie spielt Bratsche und er Klarinette – mit in Barth. Eine äußerst musikalische Fa-milie eben.

Selbst hat Martin Panteleev mit vier Jahren den ersten Geigenunterricht erhalten. Er ist jüngstes Mitglied im Komponistenverband Bulgariens, seit 2005 Gastdirigent beim Sym-phonieorchester Sofia und begleitet zudem als Gastdirigent die Philhar-monie der Nationen unter Justus Frantz auf zahlreichen weltweiten Tourneen. Seit 2009 ist Martin Pan-teleev staatlich angestellter Dirigent des Symphonieorchesters Sofia. In seiner beachtlichen bisherigen Laufbahn hat der 33-Jährige bereits unzählige Konzerte bestritten, drei Symphonien und andere Werke kom-poniert und ist Träger zahlreicher Preise sowie weiterer Auszeichnun-gen. „Trotz all seiner weltweiten Er-folge ist er gern in Barth. Das Spei-cher-Hotel mit dem Konzertsaal, das Abendessen danach in angenehmer Gesellschaft bei einem Gläschen Wein in dieser überaus familiären Atmosphäre empfinden er und sei-ne Musikerkollegen als äußerst an-

genehm“, so Christel Bork. Und das Publikum, das ist von der Ausstrah-lung Martin Panteleevs schlichtweg begeistert. In der räumlichen Nähe des Konzertsaals versteht er es ge-konnt, die Konzertbesucher in die Klangwelt einzubeziehen, ihnen die Musik der Klassik mit jeder Note zu erklären. Dabei tritt er an jedem ein-zelnen Abend der Kammermusik-tage mit auf, deren Schirmherr der Europaabgeordnete Werner Kuhn ist.Nach der Eröffnungsgala am 19. März und dem Konzert „Von Mozart bis We-ber“ am 20. März folgen am 24. März „Viva L’Opera“ mit Arien berühmter Opern, am 26. März „Suite Populaire“ und am 27. März ein „Abschlussma-rathon“, welcher den großen deut-schen Komponisten gewidmet ist.Konzertbeginn ist jeweils 19.30 Uhr. Am letzten Konzerttag, ist Beginn um 19 Uhr. Karten für die Kammermusiktag gibt es in der Stadt-Info in Barth unter: 038231/2464. Text: ch

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Glanzlichter zum

Saisonauftakt

Design: Agnese Narnicka

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Eine Vorschau auf den 9. BALTIC FASHION AWARD zeigt das kreative Potenzial der Ostseeregion

Es weht ein Hauch der großen internationalen Modewelt auf der Insel Usedom. Dreimal im Jahr trifft sich die Fashionbranche in den „3 Kaiserbädern“. Doch im Unterschied zu den großen Mode-metropolen, wo die Fachleute unter sich bleiben, öffnen sich auf Usedom alle Modetüren. Und (fast) jeder kann dabei sein.

Am 30. April und 1. Mai werden im Kaiserbädersaal in Heringsdorf vor internationaler Jury und Publikum die elf Kollektionen des diesjährigen BALTIC FASHION AWARD zu sehen sein. Den ersten öffentlichen Auftritt aber haben die Nominierten aus Schweden, Lettland, Litauen und Deutschland bereits hinter sich. Erst-mals im Rahmen der Mercedes-Benz Fashion Week erhielten sie in Berlin ihre Nominierungsurkunden. Promi-nente Gratulanten waren unter an-derem der Wirtschaftsminister des Landes Mecklenburg-Vorpommern, Joachim Seidel, und die Mitglieder der Jury, Prof. Martina Glomb und Andrej Subarew.

„Das, was wir bisher mit den Bewer-bungsmappen gesehen haben, ist sehr vielversprechend“, urteilt

Andrej Subarew. „Auch immer mehr bekannte und schon etablierte La-bels sind dabei, für sie ist der AWARD offenbar ein erstrebenswerter Preis, bei dem sich Branchenakzeptanz und hohe Qualität verbinden.“

Tatsächlich ist die Nominierung so etwas wie ein kleiner Ritterschlag. Denn aus fast 100 Bewerbungen von einer – mit strengen Augen prüfenden – internationalen Jury ausgewählt zu werden, das ist schon was. Jury-Mitglied Gudrun Allstädt von der größten europäischen Fach-zeitschrift „Textilwirtschaft“ sieht den Baltic Fashion Award als sehr gute Plattform, um neue Konzepte der kreativsten Designer aus dem Ostseeraum zu präsentieren.

Dafür hätte es sich gelohnt, so All-städt, 2009 zwei neue Awards aus-zuloben. Neu sind eine Auszeich-nung für die „beste Herrenkollekti-on“ und ein weiterer Preis für das „beste innovative und visionäre Konzept“. Dazu kommt ein dritter Award für die „beste Damenkollek-tion Prét-à-Porter“.

Auch das Publikum bei der Merce-des-Benz-Fashion Week in Berlin

zeigte sich im Januar von den Arbei-ten der Preisträger 2009 begeistert. Drei erfolgreiche Designer aus Lett-land, Estland und Litauen in einer Show – das gab es bei der Berliner Fashion Week noch nie. Ihre Präsen-tation bildete den glanzvollen Rah-men für die Auswahl der neuen Aspiranten des Jahrgangs 2010.

Für die vierzehn nominierten Kandi-daten aus Deutschland, Schweden, Litauen und Lettland heißt es nun entwerfen, nähen, sticken, versäu-bern, drapieren, steppen und bü-geln, um sich für die Entscheidung vorzubereiten, die am 30. April und 1. Mai in Heringsdorf über den Laufsteg geht.

Die glücklichen Gewinner der Vor-auswahl erhielten ihre Urkunden aus der Hand von Mecklenburg-Vorpommerns WirtschaftsministerSeidel. Das Land hat den internatio-nalen Wettbewerb von Anbeginn unterstützt. „Mit dieser Nominie-rungsgala setzten wir nun auch mo-dische Akzente in der Bundeshaupt-stadt,“ so Minister Seidel. „Mecklen-burg-Vorpommern profiliert sich dabei weiter in der internationalen Modebranche.“

Design: Agne Kuzmickaite

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Die glücklichen Gewinner der Nominierungsgala 20010

Szenen aus der Show der Preisträger 2009

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Inzwischen ist für die Kaiserbäder aus dem zunächst eher touristischfokussierten Modeevent ein regel-rechter Branchentreffpunkt für kre-ative Modeschöpfer und Designer aus dem Ostseeraum geworden.Dazu sagt Tourismusdirektor Diet-mar Gutsche: „Schon vor mehr als 100 Jahren war Mode auf Usedom ein Thema für wohlhabende Ber-liner Damen, die hier ihren Urlaub verbrachten. Heute sind wir der Laufsteg für die kreative Szene aus allen Ostseeländern. Für unsere Mo-degäste sind die Events inzwischen zu einem äußerst attraktiven gesell-schaftlichen Angebot geworden.“

Hinter dem Gedanken des Baltic Fashion Awards steckt jedoch mehr als nur ein Fashion- und Design-event. Mittelfristig wird mit diesem Konzept auch die Idee verfolgt, eine nachhaltige Förderung der hand-werklichen Textilfertigung zu errei-chen. Dazu gehört zum Beispiel der Gedanke, in Kooperation mit den Industrie- und Handelskammern eine Meisterklasse zu etablieren.

Darüber hinaus wächst gerade bei den Inhabern der jungen Mode- und Designlabels das Interesse anheimischen Zulieferbetrieben. IhreStückzahlen sind in der Regel deut-lich zu klein für eine Fertigung im

Ausland. Hinzu kommen Problemewie Materialbeschaffung und Quali-tätskontrolle. Dinge, die für junge Firmen wichtig sind und die sie sichvor Ort wünschen. Gerade im Mode-bereich findet eine Art Wiederbele-bung des Begriffes „Made in Ger-many“ statt. Das zeichnete sich als eines der Ergebnisse einer Diskussi-on mit den Preisträgern des Jahres 2009 ab. Natürlich wäre es noch wünschenswerter, wenn es „Made in Vorpommern“ hieße. So wird von einigen Herstellern bereits über die Gründung von kleinen, aber feinen Manufakturen nachgedacht. Benö-tigt werden auch Zwischenmeiste-reien, die als Glied in der Fertigungs-kette wertvolle Zuarbeit leisten könnten. Es zeichnen sich in diesem Sektor also durchaus Potentiale ab, deren Nutzung vielversprechend ist.

Vor diesem Hintegrund darf man auf die drei großen Mode-Events der Saison 2010 in den Kaiserbädern ge-spannt sein. Die Präsentationsgala zum Baltic Fashion Award findet am 30. April statt, die Verleihungsgala dann am 1. Mai. Veranstaltungs-ort ist der Kaiserbädersaal Forum Usedom im Seebad Heringsdorf. Tickets für die Veranstaltungen kön-nen unter der Service-Rufnummer 0800-2452325 bestellt werden.

Weitere Höhepunkte der Usedomer Modesaison sind die „Bridge of Fashion“ am 11. Juli 2010 auf der Heringsdorfer Seebrücke und der modische Saisonabschluss mit den „Baltic Fashion Guests“, der in der Zeit vom 20. bis 24. Oktober 2010 stattfindet.

Text: ces Fotos: Acksteiner

After-Show-Party im gläsernen Forum

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Wenn Völlerei tatsächlich eine Tod-sünde ist, dann landen die Besucher der 75. Grünen Woche zweifellos im Fegefeuer. Auf der weltgrößten Messe für Ernährung, Landwirtschaft und Gartenbau tummelten sich im Januar in Berlin wieder Menschenmassen, und zwar vor allem aus einem Grund: um zu speisen. Pizza und Nudeln bei den italienischen Ständen, Käse bei den französischen, Chicken Curry bei den indonesischen, Gyros bei den griechischen und Fisch in der Meck-lenburg-Vorpommern-Halle.

Dort empfing eine Bar in riesiger Holzschiffform im Störtebeker-Look samt Segeln und Matrosen die mut-maßlich völlig ausgehungerten Gäs-te. Um einem kniffligen Entschei-dungsfindungsprozess zu entgehen, schlugen diese einfach überall zu.

Piraten, Ostseewürmer

und Schweine Land & Leute auf der Internationalen

Grünen Woche in Berlin

Bei Fischbrötchen, geräuchertem Aal, Ostseewürmern und Lachs. Doch wer ganz genau hinschaute, entdeckte auch die spannenden Freizeitange-bote in Meck-Pomm. Ideal als Familien- oder Gruppen-ausflug bietet sich zum Beispiel eine Draisinentour entlang von Wäldern, Wiesen und Seen an. Im Angebot stehen zwei Strecken: Entweder die 23 Kilometer lange Fahrt von Karow nach Borkow oder die 13 Kilometer lange Tour von Waren an der Mü-ritz nach Schwinkendorf. Während zwei Personen die Gleise entlang strampeln, können sich zwei weite-re in dem Gefährt entspannen und die Landschaft genießen. „Mit einer Draisine geht es etwas langsamer vorwärts als mit einem Fahrrad“, er-klärt Ausstellerin Rita Schwanebeck. „Verschiedene Rastplätze entlang der Strecke bieten Erholung vom Treten des 80-kg-Aluminium-Gestells.“ Wer noch nicht genug hat, kann nach der Draisinenfahrt aufs Kanu oder Fahr-rad umsteigen.

Weniger sportlich, dafür aber umso actionreicher ging es auf der Piraten-bühne zu. Hier versprühten die Dar-steller des Open-Air-Theaters Greves-mühlen Fluch-der-Karibik-Flair und boten einen kleinen Vorgeschmack

auf die Vorstellungen im Sommer. Der „böse“ Pirat Dirk Stange steht jeden Abend auf der Bühne und ge-nießt seine Auftritte. „Schauspieler sein ist der schönste Beruf der Welt, vor allem wenn man, wie ich, einen echten Mistkerl spielen und richtig auf den Putz hauen darf.“ Harr. Ebenfalls aus hartem Holz geschnitzt sein sollten die Nachwuchsjäger. Im-merhin zählen neben Wild erlegen auch die Jagd- und Zeichensprache lernen, Hunde ausbilden, Bäume pflanzen sowie den Tierbestand zäh-len zu den Aufgaben eines Jägers. „Wer glaubt, wir schießen im Wald wild drauf los, täuscht sich“, stellt René Pollak vom Kreisjagdverband Nordwestmecklenburg e. V. klar. „Wir jagen Tiere, um das natürliche Gleichgewicht wieder herzustellen. So sind Kaninchen akut in ihrem Bestand bedroht, wenn es zu viel Raubwild gibt.“ Naturschutz mit Ge-wehrsalven – was heutzutage alles möglich ist. Am digitalen Schießstand konnten die Besucher bei der Jagd auf Wild-schweine ihre Treffsicherheit und Reaktionsschnelligkeit gleich unter Beweis stellen. Dabei hängte die un-angefochtene Wildschweinjäger-Queen Rosemarie Reichelt die männ-liche Konkurrenz locker ab.

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„Mit einem echten Gewehr würde ich niemals auf ein Tier zielen“, be-teuert sie, legt die Flinte an, zielt, drückt ab, trifft das Wildschwein ge-konnt am Nacken und löst neidische Blicke der Männerwelt aus. Von der Mecklenburg-Vorpommern-Halle ist sie angetan. „Wir haben lange geses-sen und gut getrunken – natürlich Lübzer. Da lohnt sich die Fahrt von Falkensee nach Berlin.“ Gefallen an der MV-Darbietung fin-den auch Hannelore und Herbert Mochow. „Die Halle ist sehr informa-tiv und gibt einen Überblick über Ausflugsziele und Hotels“, meinen die bekennenden Ostseefans aus Berlin. Sie haben sich gleich für ein Hotel auf Usedom entschieden. Inge Behm will in der Ausstellung gar die mecklenburg-vorpommersche Per-sönlichkeit wiederentdeckt haben: „Offen, unterhaltsam, anregend und einfach toll – so wie wir auch sind“, lacht die Neubrandenburgerin. Freudig ausgelassen ging es auch

bei den polnischen Nachbarn zu. Die empfingen ihre Gäste nicht nur mit einer heiteren Volksmusikgruppe in traditioneller Trachtenkleidung samt Geiger, Akkordeonspieler und Trom-peter, sondern auch mit viel Fleisch, Obst und Regionalprodukten. Ganz besonders empfiehlt Aussteller Jaros-tan Pajakowski neben marinierten Pilzen getrocknete Früchte. „Sie sind gekocht hervorragend als Dessert geeignet“, preist er die Äpfel, Birnen und Pflaumen an. Pajakowski wohnt in einer polnischen Grenzregion zu Mecklenburg-Vorpommern und lebt vor allem vom Tourismus. „Die Kon-takte nach Deutschland sind für uns besonders wichtig. Wir heißen alle Deutschen herzlich willkommen die polnische Gastfreundlichkeit kennen zu lernen“, wirbt er und versucht sei-ne Produkte an den Mann oder Die Frau zu bringen. Gefragt war aus-serdem polnisches Kunsthandwerk, wie in stundenlanger Kleinstarbeit kunstvoll bemalte Eier. Die längste

Schlange bildete sich jedoch vor einem anderen Stand: Am Wodka-ausschank.

Ganz gleich jedenfalls, wie schnell die Besucher sich durch die Hallen schlängelten: Allen rund 1.600 Aus-stellern in 26 Hallen aus 56 Ländern vermochte wahrscheinlich niemand einen Besuch abzustatten. Konsu-miert wurde dabei kräftig: Laut dem Abschlussbericht der Veranstalter gaben die rund 400.000 Besucher mehr als 42 Millionen Euro aus. Im Schnitt verwöhnte damit jeder Gast seinen Magen für ganze 106 Euro. Wer nach dem Schlemmen trotzdem noch bewegungsfähig war, konnte in der Tierhalle begutachten, wen er da gerade putziges, schnuckeliges, muhendes oder auch stinkendes, grunzendes verputzt hatte und ei-nen vegetarischen Eid schwören – zu-mindest bis zum nächsten Schnitzel.

Text: mo, Fotos: ces

Heimlicher Star der MV-Halle war die Südkoreanerin Moung-Yul Braun, die mit ihrem überdimensionalen Kopfschmuck alle Blicke auf sich zog. Das Maskottchen des Hotels Pommern-Mühle am Stettiner Haff versinnbildlicht mit einem liebevoll selbstgebastelten Hut die Freizeitmöglichkeiten im Miniaturformat. So gesellen sich zu dem Leuchtturm eine Mühle, ein Strandkorb, ein Ruderboot und eine Möwe. Zudem schmückt die exotische Dame aus dem fernen Osten ein Fischernetz samt Muscheln und Krebsen. „Mein Hut wiegt zwar drei Kilogramm, doch ich werde ihn kein einziges Mal abset-zen“, nimmt sie sich tapfer vor. Seit mittlerweile zwölf Jahren wohnt Braun am Stettiner Haff und bastelt Jahr für Jahr einen Hut für die Grüne Woche. „Ich liebe unser Land“, schwärmt sie, „und möchte nie mehr woanders wohnen.“ Ganz besonders schlägt ihr Herz fürs Segeln, Angeln und Floßfahrten. Nebenbei verbreitet die ehemalige Krankenschwester mit ihren koreanischen Kulturabenden einen Hauch fernöstlicher Exotik am Stettiner Haff.

Die südkoreanisch-mecklenburgische Synthese

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Kleine schmökereiKühe sind lila, Enten grundsätzlich gelb und Vanillefrüchte natürlich weiß. Statt im Freien toben, Spielplätze unsicher zu machen oder durch den Wald zu jagen, haben bei Kindern häufig das vor dem Flimmerkasten hocken und Videospiele zu zocken Hochkonjunktur. Dass viele daher schon Probleme haben, Früchte voneinander zu unterscheiden, verwundert da wenig.

Das neue Kochbuch „Schlau kochen: Ein Entdeckerkochbuch für neugierige Kinder und Erwachsene“ aus dem Umschau Buchverlag sagt der lilafarbe-nen Kuh jetzt den Kampf an. Kinder im Alter zwischen acht und fünfzehn Jahren lernen nicht nur, gesund und reichhaltig zu kochen, sondern auch, wie Früchte und Gewürze aussehen und wo sie herkommen. Über leicht verständliche Schritt-für-Schritt-Anleitungen wird der Nachwuchs an die Kunst des Kochens herangeführt. Dabei reicht das Spektrum von den klassischen Spaghetti Bolognese über Hühnerfrikassee, gefüllte Paprika und gebratene Gemüsespieße bis hin zum exquisiten Lachs unter Limetten-Pini-enkern-Kruste. Nicht unter den Tisch fallen gelassen werden auch zahlreiche Salate, Suppen, Kuchen und Desserts.

Die Besonderheit dieses Kochbuchs liegt jedoch weniger in den Rezepten, als vielmehr in den kindgerecht verpackten Hintergrundinformationen und kleinen Spielen. So wird Fragen wie „Was sind Proteine?“ oder „Warum klebt die Sauce an den Nudeln?“ auf den Grund gegangen und ein Abschmeck-training angeboten. Im Gemüsememory lernen die Kinder schließlich, wie Kohlrabi, Zwiebeln, Erbsen und Co angebaut werden. Damit hebt sich das kunterbunte „Schlau kochen“ angenehm von anderen Kochbüchern ab und wird seinem Anspruch gerecht: Den Kindern die Natur wieder näher zu bringen.

Russland ist bekannt für seine enorm vielfältige Landschaft: weite Ebenen, geheimnisvolle Wälder bis zum eisigen Sibirien. Diese Vielfalt spiegelt sich auch in der kulinarischen Kultur des Landes wieder, die weit weniger bekannt ist. Neben Kaviar, Wodka oder Borschtsch hat dieses Land soviel mehr zu bieten, das zu entdecken sich lohnt. Das große Buch der russischen Küche stellt eine breite Palette kulinarischer Spezialitäten mit Herkunft und Geschichte vor.

Sowohl beliebte Lebensmittel der russischen Küche als auch ihre Aufbe-wahrung und Zubereitung werden erklärt. Das Kochbuch umfasst Speziali-täten von der traditionellen bis hin zur orthodoxen Küche wie beispiels-weise Heidelbeersuppe, Kaninchen in Weißwein oder Aprikosenpudding mit Karamell.

Alle Rezepte sind mit ansprechenden Step-by-Step-Fotos unterlegt und erleichtern somit das Nachkochen. Ein sehr schön bebildertes und liebevoll gestaltetes Einstiegsbuch, welches nicht zuletzt einen spannenden Einblick in die russische Kultur offenbart.

Das große Buch der russischen KücheLeopold Stocker Verlag/Graz 2009208 Seiten, Hardcover29,90 Euro (D), 30,80 Euro (A)ISBN: 978-3-7020-1237-3

Klaus Tschira StiftungSchlau kochenUMSCHAU Buchverlag, Neustadt/Weinstr. 2009256 Seiten, Hardcover mit Stanzung24,90 Euro (D), 25,60 Euro (A)ISBN: 978-3-86528-608-6

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Wir qualifizieren Sie für Ihre Zukunft

Unser Angebot 2010 in technischen und kaufmännischen Berufen in Verbindung mit Fachenglisch

Umschulung Fluggerätmechaniker/-in FR Instandhaltung (mit CAT A Modulen)Beginn März 2010

Umschulung zum examinierten Altenpfleger/-inAusführungsort: Greifswald, Am Koppelberg 16

Beginn 15. Februar 2010 (Einstieg noch möglich bis Mitte April)

Umschulung zum Anlagenmechaniker/-inBeginn März 2010 bis Februar 2012

Anpassung Konstruktionsmechaniker/-in FR Ausrüstungstechnik (mit Schweißausbildung)und

Anpassung Anlagenmechaniker/-in FR Rohrsystemtechnik (mit Schweißausbildung)15. Februar 2009 bis 14. Februar 2011 (Einstieg bis April 2010 möglich)

Modulare Weiterbildung für kaufmännische Berufe (14 Module)Achtung Neu! Modul Englisch mit der Möglichkeit der Prüfung TOEIC

Test of English for International CommunucationAusführungsort: Greifswald, Am Koppelberg 14 (Laufender Einstieg)

Modulare Fachwerkstatt Schweißen/Modulare Fachwerkstatt Rohrvorrichter(Laufender Einstieg)

Dänisch für gewerblich-technische Berufe4. Februar 2010 bis 30. April 2010 (Einstieg noch möglich); Ausführungsort: Greifswald, Am Koppelberg 14

Anpassung Isolierer/-inApril 2010 bis Oktober 2010

Textbearbeiter/-in für digitale SpracherkennungsprogrammeMärz 2010 bis September 2010

Qualifizierung für gewerblich-technische und gärtnerische Berufe (modular)(Laufender Einstieg)

Achtung NEU !!! als autorisiertes Testzentrum bieten wir Ihnen:Abendkurse Englisch für Anfänger und Fortgeschrittene mit der Möglichkeit der Prüfung TOEIC

Test of English for International CommunucationAusführungsort: Greifswald, Am Koppelberg 14; (Laufender Einstieg)

Prüfungstermin: 5. März 2010 (8:00 -11:00 Uhr)In Vorbereitung empfehlen wir den Kurs

Weiterbildung für berufliche Tätigkeit im BüroVollzeitmaßnahme, Einstieg noch bis 11. Januar 2010 möglich oder den

TOEIC-Trainingskurs12 Unterrichtsstunden, Termine: 15. Februar 2010; 22. Februar 2010 und 1. März 2010; 18:00 – 21:15 Uhr

Ausführungsort: Greifswald, Am Koppelberg 14

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Endlich wieder Frühling. Tulpen, Osterglocken, Narzissen, Jasmin, wilde Johannisbeere und nicht zu-letzt die Obstbäume stehen in voller Blüte. Vogelgezwitscher total. Das kommt plötzlich, über Nacht und ist absolut überwältigend. Ich wette mit Ihnen, dass Sie es selbst dann mitbekämen, wenn Ihre Augen nacheiner durchzechten Nacht mit einerklinischen Überdosis Chateau d`Enfer,(auf rumänisch auch „Mädchen-traube“ genannt), derart zugequol-len wären, daß ein gotischer Wasser-speier von Notre Dame im Vergleich zu Ihnen wie Biene Maja wirken würde.

Wie bitte? Blütendüfte? Summen von Bienen und Hummeln?

Sie leben wohl in der Wallachei, Mann! Neee, Zweitakt-Auspuffgase mit einer kleinen Kopfnote von 10 W 40 und dazu sonores Maschinen-säuseln. Endlich ist es soweit: Zeit, die gesamte Nachbarschaft aus vollem Herzen und mit generöser Nonchalance über den Stand des erreichten technischen Fortschritts aufzuklären. Zeit, wieder das unge-schriebene Gesetz unter Beweis zu stellen, wonach die Größe von Hobbygärtners Maschinenpark in umgekehrt proportionalem Verhält-nis zu der zu bewirtschaftenden Gartenfläche steht.

Technischer Fortschritt tut wahrhaftNot. Wie soll man sonst bloß Ord-nung im Reihenhausgarten halten?

FrühlingserwachenMeine Nachbarin links stöhnt im-mer, dass sie nach Fitness-Center, Jazzdance und Nordic Walking mit der Freundin so fertig ist, dass sie selbst mit modernster Technologie ihren hundertsechsundzwanzig Quadratmeter großen Landschafts-park kaum bändigen kann.

Mit gutem Beispiel geht allen voran der Nachbar sechs Parzellen weiter. Stolz dirigiert er seinen neuen Rasen-mäher über das Grün. Ich habe das Maschinchen noch nicht bewundern dürfen aber ich nehme an, dass es sich um das Modell „Taigatrommel“ handelt. Natürlich nicht einfach so ordinär wie es aus dem Baumarkt kommt. Mit so etwas gibt der sich nicht ab. Seiner ist getunt. 48 PS, Druckknopf-Starter, Selbstfahrer,Breitreifen und tiefer gelegt, Halo-gen-Nebelscheinwerfer für den frühmorgendlich Kampfeinsatz. Und natürlich einen Rennauspuff. Mit dem Teil messert er die vorwitzigen Gänseblümchen mit der Präzision eines saudiarabischen Scharfrichters nieder. Nur ein klitzekleines biss-chen lauter. Und weil es so schön ist mäht er jetzt seine badehand-tuchgroße Rasenparzelle jeden drit-ten Tag, wie es die Leute von der Rasendüngefirma empfehlen.

Aus dem Gewirr des Maschinen-Kon-zertes heben sich deutlich die dumpfmahlenden, schruppenden Kauge-räusche der neu erworbenen Garten-häcksler ab. Tja, tut uns leid für die Jungs von der freiwilligen Feuer-wehr, aber der Christbaum bleibt ab sofort hier: wir machen unseren Mulch selber. Den häufeln wir dann schön auf, damit unsere gärtneri-sche Kompetenz auch deutlich sichtbar wird. Aber auf die Beete kommt uns so ein Zeug nicht, wie sieht das denn aus?

Kompost? Machen wir natürlich auch, schließlich sind wir ökolo-gisch bewusst. Auf`s Beet? Diesen Gammelkram? Nee, da holen wir Uns doch lieber ein paar Sack

Düngetorf, Torfwerke wollen ja auch leben. Torf kommt aus dem Moor? Na und, haben Sie schon mal ein or-dentlich mit Rasen angelegtes Moor gesehen? Alles nass und pappig da,also weg mit dem Zeug. Kann man nicht dieses ganze widerwärtige Herbstlaub einfach ins Moor kippen?

Frau Mennekamp, die nette alte Dame mit der Gehbehinderung, hat von Ihrem Lieblingsenkel einenneuen Rasenkantentrimmer bekom-men. Umdrehungszahl auf das Dreifache gesteigert, neueste Turbi-nentechnik. Ein Instrument von chirurgischer Präzision und super-genial im Bezug auf die Geräusch-entwicklung: dieser Ton lässt selbst Ohropax alt aussehen. Der hochfre-quente Pfeifton nach der Art „Tinni-tus mit Nachbrenner“ verfolgt mich bis in die hinterste Ecke des Vorrats-kellers. Nie hätte ich geglaubt, dass ich mich noch einmal nach meiner Migräne zurück sehnen würde!

Otto von gegenüber probiert sei-nen neuen Hochdruckreiniger aus. Unglaubliche Wasserkaskaden hül-len unter kreischendem Getöse die gerade gestern im Schweiße des Angesichts auf Hochglanz polier-ten Karossen der Nachbarschaft in gleißende, schäumende Gischt. Der Nachbar von schräg gegenüber wird nur durch eine weise eingerichtete, glückliche Fügung der Evolution, der so genannten Beißhemmung, nicht auf der Stelle zum Mörder. Ich glaube, mit Ottos wasserspeiendem

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Furioso könnte man sogar einen brennenden Jumbo-Jet in nullkom-manix löschen. Mal abgesehen von dem zischenden, fauchenden und durch Mark und Bein gehenden Geräusch: ich finde es beeindru-ckend, wie der Strahl dieses prak-tischen Maschinchens auch die

letzten Insekten nebst heimeligem Moosbewuchs aus den Ritzen der Terrassenplatten prügelt, bis ihnen jeder Gedanke an ungehemmtes, unsittliches Kopulieren und Ver-mehrung aus dem Chitinpanzer ge-schwemmt ist.

Natürlich hat Otto auch eine Portion feinen, sterilen Sand parat. Den bläst er dann mit dem Spezialvor-satz seines Laubsaugers wieder in die leeren Ritzen rein. Hier herrscht Ordnung! Und die den vertriebenen Insekten in die gereinigten Platten-ritzen nachfolgenden Ameisen ha-ben auch Anspruch auf ein warmes, trockenes Heim.

Tragisch dagegen endete der Ver-such von Frau Kemper, ihrem Wer-ner endlich den so lang ersehnten Aufsitzmäher zu schenken. Das Teil auf `s Grundstück zu bekommen, war mit einem Autokran schnell erledigt. Werner hat das Ding natür-lich gleich stolz wie ein König aus-probiert. Zwei Meter vor, erste Bahn, zwei Meter zurück, zweite Bahn und Rasen fertig gemäht. Spitze! Zum Wenden musste er dann eine Schleife über die neue Erdbeer-

rabatte von Frau Zielinski drehen.Wir besuchen ihn jetzt abwechselnd im Krankenhaus. Der Mann von Frau Zielinski darf reihum bei uns mit essen, wir sind ja schließlich gute Nachbarn. Und Herr Dr. Kampmann, der Rechtsanwalt, der zwei Strassen weiter wohnt, ist guter Dinge. Er meint, dass er Frau Zielinski wenigs-tens vorläufig wieder auf freiem Fuß hat, wenn es an der Zeit ist, die Erdbeerreste mit Nematodenöl und Sulfurlösung zu behandeln.

Auch Wotan der Säger ist wieder aktiv. Der Saisonauftakt kündet sich bei ihm durch das Bullern eines Traktors vom Bauernhof aus der Vorstadt an. Der schleppt einen mit frisch geschlagenem Stammholz hoch beladenen Anhänger hinter sich her. Das poltert wenig später in die Garageneinfahrt.

Wotans Vorbild ist der alte Kaiser Wilhelm, der im holländischen Exil ja auch immer Holz gehackt habenSoll, wenn ihm der Kittel mal zu engwurde. Wotan ist natürlich fortschritt-licher. Er hat eine kräftige Ketten-säge und zu Weihnachten eine neue Flasche Sägekettenöl bekommen. Nun kann er wieder nach Herzens-lust wirken. Kaminofen? Nee, hat der, glaube ich, nicht. Die fein säuberlich abgelängten Scheite türmen sich kunstvoll geschichtet an der Garagenseite unterm Dach. So was kann man doch nicht einfach verheizen. Das wäre ja so, als ob Sie eine Beuyssche Fettecke mit dem Schwammtuch traktieren. Und der Anblick ist wirklich beeindruckend: Wotan hat inzwischen so viele völlig astfreie und präzise gekürzte Holz-scheite aufgetürmt, dass er damit einen ganzen Eskimostamm durch den tiefsten arktischen Winter brin-gen könnte und die Jungs könnten jeden zweiten Tag problemlos einen Warmbadetag einlegen. Bin mal gespannt, was seine Erben damit eines Tages machen. Als ich gestern von der Arbeit zurück kam, wurde gerade Herr Petersen an mir vorbei

geführt, sorgsam eingeschnürt in eine dieser unkaputtbaren, hellgrau-en Zwangsjacken. Zwei Polizisten beobachteten das Geschehen auf-merksam und fuhren erst mit ihrem Streifenwagen los, als er sicher auf der Trage des Krankenwagens fixiert war. In seinen Augen irrlichterte es seltsam, mir lief ein kalter Schauer über den Rücken. Frau Petersen erzählte später mit tränenerstickter Stimme, dass ihr Mann nach mehr-facher, gründlicher Bearbeitung aller verfügbaren Freiflächen damit begonnen habe, mit der neuen Mo-torhacke den teuren Perserteppich im Wohnzimmer für die Rasenein-saat vorzubereiten.

Tja, so ist das mit dem Frühling, dem Sommer und dem Herbst. Wunder-volle Maschinen in allen Tonlagen, die Luft ist erfüllt von den akusti-schen Zeugnissen menschlichen Erfindungsgeistes, die unablässigen, unaufhaltsamen Fortschritt verkün-den. Aber ich lasse mich nicht irre machen, lehne mich zurück und freue mich auf die schönste Zeit des Gartenjahres.

Wenn plötzlich aus heiterem Him-mel über Nacht der erste Tempera-tursturz kommt, gefolgt von einem Regenguss, der Matsch und Pampe entstehen lässt. Wenn dann der erste Frost kommt, wenn die letzten Spinnweben aus dem Herbst in der nebligen trüben Luft wie feine, leuchtende Kristallfäden sichtbar werden; wenn braunes Laub skur-rile Formen annimmt und sich mit einem weißen Pelz von Eiskristallen überzieht, dann ist die schönste Zeit des Gartenjahres. Wundervolle Stille kehrt ein. Und das unendlich leise Geräusch der Schlagbohrmaschinen und Stichsägen, das nur noch total gedämpft aus den Hobbykellern dringt, ist nichts weiter als eine kleine mahnende Erinnerung daran, die schönste Gartenzeit zu nutzen. Denn bald wird es wieder Frühling!

Text u. Fotos: ces

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Schietwetterfreie Zone

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Südsee-Feeling Im Greifswalder FreizeitbadWer dem Winter ein Schnippchen schlagen will und Lust auf sommer-liche Badefreuden hat, der sollte den Weg zum Greifswalder Freizeit-bad suchen. Während draußen der Schnee unter den Schritten knirscht, herrscht drinnen echte Ferien-Atmos-phäre bei angenehmen Tempera-turen. Ganz entspannt kann man im warmen Wasser schon mal vom Sommer träumen.

Wer Lust auf mehr körperliche Akti-vität hat, kann sich für einen der Aquacycling-Kurse anmelden, die aus jeweils zehn Trainingseinheiten bestehen, die einmal wöchentlich stattfinden. Zu uns gekommen ist diese Sportart aus Italien. Spezielle Aquarider, die vom Grundaufbau einem Fahrrad ähneln, werden dazu ins warme Wasser gestellt. Dann heißt es strampeln. Das ist durchaus anspruchsvoller, als es sich im ersten Moment anhört. „Aquacycling ist eine Fitness-Sportart, die den gan-zen Körper fordert.“, so Mirko Hering, Kursleiter und seines Zeichens geprüfter Meister für Bäderbetriebe. „Es werden alle Muskelgruppen im Körper aktiviert und gelockert, gleichzeitig wird der Kreislauf ange-regt!“

Durch den Auftrieb des Wassers wer-den Gelenke und die Wirbelsäule

weniger belastet, ihre Muskulatur aber intensiver trainiert und gekräf-tigt. Mit Spaß und Freude genießt man so ein abwechslungsreiches Training für Kraft, Ausdauer und Beweglichkeit, das unter Umstän-den auch von Krankenkassen im Rahmen des Aquafit-Programms finanziell unterstützt wird. Ganz nebenbei strafft man Bauch, Beine und Po.

Das Freizeitbad bietet aber auch jede Menge anderer Angebote. Egal ob Saunagang oder Aquajogging –für jeden ist etwas dabei. Junge Gäs-te haben ganz besonderen Spaß auf der Wasserschaukel, dem Kletter-berg oder der Rutsche. Dazu gibt es Tauchspiele, Staffelrennen und Tauziehen. Einmal Rutschenkönig

sein oder in den Ferien von Neptun begrüßt und getauft zu werden, immer ist etwas los.

Besonderes Highlight ist eine Geburtstagsparty im Freizeitbad. Natürlich mit Schatzsuche und einem tollen Animationsprogramm. Das macht nicht nur Spaß sondern ist obendrein auch noch gesund. Ganz gleich, für was man sich ent-scheidet – ein Besuch im Freizeitbad ist einfach Urlaub. Dafür, dass auch leibliche Genüsse nicht zu kurz kommen, sorgt das Restaurant. Und zum Schluss geben wir noch einen Tipp von Betriebsleiterin Kathrin Michaelis weiter: vor allem morgens und am frühen Nachmittag gibt es besonders viel Platz, um sich zu entspannen und zu erholen!

TÄGLICH GEÖFFNET!Freizeitbad GreifswaldPappelallee 3-5Tel. 03834 – 532711Fax. 03834-532740www.freizeitbad-greifswald.de

Text: ces, Fotos: Freizeitbad, jhe

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POCZTA ZE SZCZECINA !Post aus Stettin In dieser ab sofort regelmäßig erscheinenden Rubrik möchten wir Sie über Veranstaltungen und Ereignisse in unserem Nachbar-land informieren.

Motoshow Stettin – deutsche Aussteller

gesucht!

Am 10 und 11. April wird auf dem Stettiner Messegelände die Moto-show stattfinden. Eine Ausstellung, bei der sich alles rund um Autos und Motorräder dreht. Deutsche Aussteller sind nicht nur herzlich eingeladen, sondern erhalten zur Unterstützung ihrer Teilnahme traumhafte Konditionen.

Egal wie groß die benötigte Ausstel-lungsfläche ist – berechnet werden dafür pauschal nur 100 Euro. Nicht in diesem Preis inbegriffen sind notwendige Standmöblierungen, Displays oder ähnliches.

Gesucht werden Aussteller aus den Bereichen Kfz-Handel (neu und ge-braucht), Anbieter von Ersatzteilen, Tuning-Anbieter, Car-Audio Ausrüs-ter und Firmen, die Werkzeuge und Werkstattausrüstungen anbieten.

Anmeldeschluss und gleichzeitig letzter Termin zur Einzahlung der Standgebühr in Höhe von 100 Euro ist der 15. März 2010. Wer sich für die Teilnahme an der Motoshow interessiert, erhält nähere Informationen bei :

Adam Grendziak, Dom Gospodarski (Haus der Wirtschaft):Tel. 0048-91-4860773Fax. 0048-91-48744bei der Industrie-und Handelskam-mer in Neubrandenburg, oder im Internet unter:www.motshow.szczecin.pl

Text: ces, Fotos: m. nähter

Herzlich zur Teilnahme eingeladen sind auch Motorsportclubs und Oldtimerfreunde. Für sie gibt es einen besonderen Wettbewerb, bei dem die drei besten Stände bzw. Präsentationen mit Geldpreisen belohnt werden. Eine ideale Mög-lichkeit also, nicht nur die eigenen Fahrzeuge zu präsentieren, sondern auch um sich mit Motorsportfreun-den aus der ganzen Region und dem Nachbarland zu treffen, zu fachsimpeln und Freundschaften zu schließen! In diesem Zusammen-hang interessant: auch das Technik Museum hat seine Teilnahme ver-bindlich zugesagt.

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Schottische Küstenhöhle im

Stralsunder Ozeaneum

Das Ozeaneum Stralsund freut sich über eine neue Attraktion. In einem 50.000 Liter fassenden Becken wurde die „Schottische Küstenhöhle“ eingerichtet. Mit dem Einzug der letzten von insgesamt acht Europäischen Langusten sind die Bewohner der Höhle zunächst vollständig. Die in Nordatlantik und Nordsee heimischen Wittlinge wurden in derQuarantäne aufgezogen und bereits vorher schritt-weise eingesetzt. Zusätzlich bemüht sich das Oze-aneum nach Angaben von Aquarienleiterin Dr. Nicole Kube um ein Exemplar des seltenen Heringskönigs. Ein gesamtes Großaquarium als Höhle zu gestalten, ist nach Aussage von Dr. Kube ungewöhnlich. Die technisch und gestalterisch nur aufwändig umsetzbare Idee kam Forschungs-tauchern des Deutschen Meeresmuseums auf

einer Expedition im letzten Jahr. Bei Tauchgängen rund um die Orkney Inseln um „Old Man of Hoy“ in Schottland wurden die geheimnisvollen Lebens-räume studiert und das Becken konzipiert. Die Kulissenbauer bildeten die von der Brandung unterhöhlten Felsen naturgetreu nach. So können die Besucher des Ozeaneums zukünftig durch eine 12 cm dicke Scheibe Einblicke in die Unterwasser-welt der Felsenküsten Schottlands gewinnen.

Text: Ozeaneum/ces, Foto: Ozeaneum

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gbis 13.03.10Ausstellung – grafische Arbeitenvon Otto BeckmannNeue Greifengalerie, Greifswald

gbis 11.04.2010Pitti & Co. – Spielzeugwelt der DDRKulturhistorisches Museum, Stralsund

g24.02.10 • 20.00 UhrFOCUS – Spirit of 66Neuendorf Bg25.02.10 • 19.30 UhrNorwegen – Das Land der Trolle durch die 3D-Brille betrachtetKulturzentrum, Greifswald

g26.02.10 • 19.30 Uhr–21.30 Uhrjede halbe StundePerformance im Ozeaneum – Mit Fisch, Schwarm und Zitrone Ozeaneum Stralsund

g26.02.10 • 16.00 UhrKinderfaschingSport- und Mehrzweckhalle, Grevesmühlen

g26.02.10 • 19.30 UhrDer Gott des GemetzelsTheater Greifswald, Großes Haus

gTäglichSonderausstellung – Ein Meer für KinderOzeaneum Stralsund

g27.02.10 • 10.00 UhrOh, wie schön ist PanamaGustav-Adolf-Saal, Stralsund

g27.02.10 • 19.30 UhrOffenbach Kann KannTheater Putbus

g27.02.10 • 19.30 UhrDer GeldgottTheater Anklam

g27.02.10 • 19.30 UhrDie acht FrauenTheater Zinnowitz

g28.02.10 • 16.00 UhrHautnah – Frank Schöbel & BandTheater Greifswald, Kaisersaal

g28.02.10 • 17.00 Uhr u. 19.30 UhrIsland – Das Land der Elfen ...InterCity Hotel, Stralsund

g28.02.10 • 20.00 Uhr Analogik IKuWo Greifswald

g28.02.10 • 19.30 UhrSoul Pictures Theater Greifswald, Großes Haus

gDauerausstellung zurSchwaaner KünstlerkolonieMit Werken von Franz Bunke, Rudolf Bartels, Alfred Heinsohn, Peter Paul Draewing, Erich Venzmer und ande-ren, Kunstmühle Schwaan

g28.02.10 • 19.30 UhrDe Nackte WahnsinnTheater Stralsund, Großes Haus

g28.02.10 • 18.00 Uhr Das beste am Klavier – KonzertTheater Putbus

g28.02.2010 • 11.00 Uhr„Young academy Rostock“Musikschule, Stralsund

gab FebruarPersonalausstellung der Kunst-wissenschaftlerin Lisa JürßKunstmühle Schwaan

gTäglichDeutschlands einziges Erdbeer-MuseumKarls Erlebnis-Dorf, Rövershagen

Februar/März

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gbis 16.05.10Aus dem Dunkel – Naturschaumit der Camera obscuraGalerie Villa Ruh, Zingst

gbis 16.05.10NationalparkchronikLandschafts- und Tieraufnahmender Naturfotografen Jürgen Reichund Thomas Grundner,Nationalpark Zingst

g28.02.10 • 19.30 UhrDer Nackte WahnsinnTheater Stralsund, Großes Haus

gjeden 2. DonnerstagDinner & Dance – Die neue Art, auszugehenTango, Salsa, Merengue ...Jakobi-Lounge, Stralsund

gTäglichAusstellung – „Wege zur Backsteingotik“Besichtigung der Kirche St. Georgen, Freier Eintritt; es wird um Spenden für den Erhalt des Kulturerbes gebe-ten. Aktion: Ein Spendenstein fürSt. Marien mit handschriftlicher Signierung – mindestens 10 Euro.St. Marien, Wismar

g08.03.10 • 19.30 Uhr DANCE MASTERS! Best Of Irish Dance Theater Greifswald, Großes HausTickethotline: 01805/570000

g09.03.10 • 19.30 Uhr DANCE MASTERS! Best Of Irish Dance Theater Stralsund, Großes HausTickethotline: 01805/570000

g12. 03.10 • 20.00 UhrKonzert – „Gemeinsame Sache“ – Purple Schulz, Heinz Rudolf Kunze mit Josef Piek und Wolfgang StuteOzeaneum Stralsund

g14.03.10 • 17.00 UhrKammerkonzerteMuseumswerft Greifswald

g17.03.10 • 12.00 UhrGeschichten am Mittag –„Der Montmartre“Pommersches Landesmuseum, Greifswald

g24.03.10 • 19.00 UhrDie Oder. Fluss der Fluss(t)räumeAn der Seebrücke, Bansin

g25.03.10 •19.00 UhrLandnahmeFoyer im Maritim Hotel Kaiserhof,Heringsdorf

g26.03.10 • 10.00–16.00 UhrLiterarische InselrundfahrtVilla Irmgard, Seebad Heringsdorf

g26.03.10 • 19.00 UhrKaiser trifft Karasek. Erinnerungen an die Gruppe 47.Kaiser Spa Hotel, Seebad Bansin

g27.03.10 • 13.00 UhrBilder wachsen aus Rauch und Traum und FlammeAtelier Otto Niemeyer-Holstein, Ostseebad Koserow

g27.03.10 • 19.00 UhrEs geschah in Breslau. Literarischer Krimi-Abend.Wasserschloss Mellenthin

gTäglichSonderausstellung – SeAmoreOzeaneum Stralsund

g30.04.10 • 19.30 UhrBjörn Casapietra – Celtic PrayerTheater Putbus

Vorschau

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impressum

Verlag Land & LeuteInh.: Heike RadtkeBrandteichstrasse 2017489 GreifswaldTel.: 03834 - 550610Fax.: 03834 - 550222mail: [email protected] und V.i.S.d.P.:Claus E. Schwarz

Land & Leute, Büro Stralsundc/o Hansedruck Medien GmbHHeilgeiststraße 2-318439 Stralsund

Redaktion: Christian Anders (can),Manuel Opitz (mo), Claus E. Schwarz (ces),freie Mitarbeiter: Claudia Haiplick (ch)Schlussredaktion: Henri Dörre

Repräsentanz Greifswald:Jana Heidenreich (jhe)Tel.: 0179 - 6103560

Artwork und Layout:Manuela Storch (mst)

Mindestauflage: 17.500 ExemplareVerteilung: Lesezirkel, Hausverteilung in aus-gewählten, wechselnden Gebieten, Tourist-Informationen, Kurverwaltungen, Hotels, Gastro-nomie, Firmen und GeschäftenErscheinungsweise: 12 mal jährlich

Anzeigenpreise: Preisliste 1, gültig ab 1.11.2009Anzeigen: Heike Radtke / [email protected]

Druck: rügendruck gmbh, circus 1318581 Putbus / Insel Rügen

Mit Namen oder Kürzel gekennzeichnete Artikel geben die Meinung des Autors wieder. Alle Inhalte unterliegen dem Urheberrecht der jeweiligen Autoren oder des Verlages. Nach-druck, Vervielfältigung oder Wiedergabe in elektronischen Medien ohne Genehmigung des Verlages ist untersagt. Für unverlangt einge-sandte Manuskripte wird keine Haftung übernommen.

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Politik geht sie schon lange nichts mehr an, stattdessen lümmeln Studie-rende geistesabwesend in Hörsälen und Seminarräumen herum, bis sie nach vierzehn Semestern ihren Abschluss in der Tasche wissen, das Geld von Mama und Papa ausgegeben haben und die Elite Deutschlands werden wollen.

„Jetzt lasst uns was Sinnvolles starten, lasst uns die Uni von ihrem Nazi-Namenspatron befreien!“, muss eines Tages ein ganz besonders unterfordertes Exemplar eines Greifswalder Studierenden in einer verqualmten Bar voller gelangweilter Kommilitonen ausgerufen haben. Und zwar anno 1993. Seitdem wird alle paar Jahre heftig gezankt und gestritten- soll die Uni tatsächlich den Namen eines judenfeindlichen, franzosenhassenden Lyrikers aus dem 19. Jahrhundert tragen?

Im vergangenen Jahr flammte die Diskussion wieder auf. Obwohl selbst Geschichts- und Germanistik-Studenten beim Namen Arndt nur die Achseln zuckten, sich fragten, wer der gute Mann denn sei, und beschlossen, Wikipedia zu konsultieren, votierten 95 Prozent der Studierenden auf der Vollversammlung im Juni für eine Umbenennung. Den Initiatoren der Anti-Arndt-Kampagne gab das Ergebnis mächtig Auftrieb. Deshalb fragten sie im Januar bei der Urabstimmung: „Soll die ‚Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald’ in ‚Universität Greifswald’ umbenannt werden?“

Damit auch der letzte Depp mitbekommt, was für ein Schuft der böse Arndt war, wurden die Studierenden im Vorfeld der Wahl mit Anti-Arndt-Broschüren zugeschüttet und zahlreiche „Experten-Runden“ malträtiert. Eigentlich haben nur noch Anti-Arndt-Fähnchen und Anti-Arndt-Blink-lichter gefehlt. Jedenfalls konnte bei dem 24-Stunden-Dauereinsatz der Arndt-Gegner eigentlich gar nichts mehr schief gehen.

Pustekuchen. Nur 43 Prozent der Studierenden stimmten gegen Arndt, 49 Prozent möchten den Namen erhalten. Beim selbsternannten Befrei-ungskomitee löste das Ergebnis Verwirrung aus. Entweder müssen die 49 Prozent alle heimlicheNazis sein oder aber die in der Tat schwerver-ständliche Frage hat ihren Horizont überstiegen. Resignation kommt für die Anti-Arndt-Fraktion freilich nicht in Betracht – was sollten deren Köpfe während ihres Studiums auch sonst mit sich anfangen? Irgendwie muss die Zeit ja totgeschlagen werden ...

Ernst Moritz und kein EndeEin nicht bierernstgemeinter Kommentar zur Arndt-Debatte

Von Manuel Opitz

Jana Heidenreich, gelernte Fotografin, betreut für L&L die Region Greifswald. Ein-mal im Jahr zieht es sie mit Macht auf die Skipisten, um wieder neue Kraft zu tanken.

Neu im Team von L&LManuela Storch, Schriftsetzerin, sorgt für das Layout von L&L. Sie ist leidenschaft-licher Punk-Rock Fan, steht auf Tattoos und selbstgemachten Piercings.

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