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Zukunft Bauen in Europa Architektur und Technik multifunktionaler Gebäudehüllen aus Stahl Dokumentation 567

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Zukunft Bauen in EuropaArchitektur und Technikmultifunktionaler Gebäudehüllen aus StahlDokumentation 567

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Dokumentation 567

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl ist derwirtschaftspolitische Verband der Stahlindustriein Deutschland mit Sitz in Düsseldorf und Bürosin Berlin und Brüssel. Der Verband vertritt diebranchenpolitischen Interessen der in Deutsch-land ansässigen Stahlproduzenten und assoziier-ter ausländischer Mitgliedsunternehmen gegen-über Politik, Wirtschaft und Öffentlichkeit. Diewichtigsten Aufgaben sind:

Das wirtschaftspolitische Umfeld mitgestalten

Zentrales Anliegen ist es, ein wirtschafts -politisches Umfeld zu ermöglichen, das die inter-nationale Wettbewerbsfähigkeit der Stahlunter-nehmen in Deutschland auch in Zukunft sichert.

Aufmerksamkeit schaffen, Meinungen bilden

Die Wirtschaftsvereinigung Stahl vertritt dieInteressen der Mitgliedsunternehmen gegenüberpolitischen Entscheidungsträgern, Behörden,anderen wirtschaftlichen Branchen sowie derÖffentlichkeit und den Medien.

Bündelung wirtschaftlicher InteressenDie Mitgliedsunternehmen haben gemein-

same Ziele. Diese gilt es zu bündeln und mit einer Stimme an die Politik zu richten.

Expertise für die MitgliedsunternehmenAustausch fachlicher Expertise in Ausschüs-

sen und Gremien ist ein weiteres Ziel der Wirt-schaftsvereinigung Stahl.

International vernetztDurch die Mitgliedschaften im europäischen

Stahlverband EUROFER und dem Welt-Stahl -verband World Steel Association werden die In-teressen der Mitgliedsunternehmen auch inter-national vertreten.

Marketing fu� r StahlanwendungenMarkt- und anwendungsorientiert werden

firmenneutrale Informationen über Verarbei-tung und Einsatz des Werkstoffs Stahl bereit-gestellt. Publikationen bieten ein breites Spek-trum praxisnaher Hinweise für Konstrukteure,Entwickler, Planer und Verarbeiter von Stahl.Sie werden auch in Ausbildung und Lehre ein-gesetzt. Vortragsveranstaltungen schaffen einForum für Erfahrungsberichte aus der Praxis.Messen und Ausstellungen dienen der Präsenta-tion neuer Werkstoffentwicklungen und inno-vativer, zukunftsweisender Stahlanwendungen.

Dokumentation 567„Zukunft Bauen in Europa – Architektur undTechnik multifunktionaler Gebäudehüllen aus Stahl“Ausgabe 2015 ISSN 0175-2006

Herausgeber:Wirtschaftsvereinigung StahlPostfach 10 54 64 40045 Düsseldorf

Autoren:Dipl.-Ing. Arch. Florian Kohlbecker, Kohlbecker Gesamtplan GmbH, GaggenauDr.-Ing. Ralf Podleschny,IFBS – Internationaler Verband für den Metallleichtbau, KrefeldUniv.-Prof. Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne,Lehr- und Forschungsgebiet Nachhaltigkeit im Metallleichtbau, RWTH Aachen UniversityDipl.-Ing. Arch. Michael Meier, Hans Laukien GmbH, KielDr.-Ing. Ralf Möller,Pöter & Möller GmbH, SiegenProf. Dr.-Ing. Helmut Hachul,Fachbereich Architektur, FH Dortmund

Redaktion:Martina Helzel, circa drei, MünchenWirtschaftsvereinigung Stahl

Ein Nachdruck dieser Veröffentlichung ist –auch auszugsweise – nur mit schriftlicher Ge-nehmigung des Herausgebers und bei Quellen-angabe gestattet. Die zugrunde liegenden Infor-mationen wurden mit größter Sorgfalt recher-chiert und redaktionell bearbeitet. Eine Haftungist jedoch ausgeschlossen.

Titelbild: Airport Hotel Berlin (Foto: Jan Bitter)

Impressum

Wirtschaftsvereinigung Stahl Alle drei Jahre wird der Stahl-Innovationspreis(www.stahl-innovationspreis.de) ausgelobt. Erist einer der bedeutendsten Wettbewerbe seinerArt und zeichnet besonders innovative Stahlan-wendungen aus.

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Zukunft Bauen in Europa

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Einführung ................................................. 4

1 Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget – Theorie und Praxis der Industrie -architektur .......................................... 6

1.1 Vom Gusseisen- zum Stahlbau .............. 61.2 Entscheidungsprozess ........................... 71.3 Fassadensysteme im Gewerbebau ......... 81.4 Exkurs – historische Vorbilder ............. 91.5 Fassadengestaltung in der Praxis .......... 101.6 Internationale Unterschiede ................. 141.7 Fazit ....................................................... 151.8 Literatur ................................................ 151.9 Bildquellen ............................................ 15

2 Bauen im europäischen Kontext –Lösungen und Konzepte für denStahlleichtbau ..................................... 16

2.1 Einführung ............................................ 162.2 Europäische Regelungen für die

Bauelemente des Stahlleichtbaus .......... 172.3 Europäische Regelungen für die

konstruktive Ausbildung des Stahlleichtbaus ...................................... 22

2.4 Ausblick ................................................. 242.5 Literatur ................................................. 25

3 Bauphysik, Energieeffizienz undNachhaltigkeit – Maßgaben fürmoderne Gebäudehüllen .................. 26

3.1 Einleitung .............................................. 263.2 Moderne Gebäudehüllen in

Stahlleichtbauweise .............................. 263.3 Bauphysikalische Aspekte ..................... 263.4 Energieeffiziente Gebäude in

Stahlleichtbauweise ............................... 323.5 Nachhaltigkeit im Stahlleichtbau .......... 363.6 Bauen im und mit dem Bestand ............ 393.7 Zusammenfassung und Ausblick ........... 403.8 Literatur ................................................. 40

InhaltSeite

4 Integrale Planung mit Paneel-systemen – hinterlüftete Fassaden für Mehrwert in der Architektur ..... 42

4.1 Einleitung .............................................. 424.2 Die vorgehängte hinterlüftete Fassade

(VHF) ..................................................... 424.3 Stahl im hochwertigen Fassadenbau ..... 484.4 Beurteilung von Ausführungsqualität

und optischen Unregelmäßigkeiten ...... 544.5 Zusammenfassung ................................. 574.6 Literatur ................................................. 574.7 Bildquellen ............................................ 57

5 Planung, Realisierung und Nutzungvon Bausystemen aus Stahl –von der Theorie zur Praxis .............. 58

5.1 Einleitung ............................................... 585.2 Grundlagen für die Bauausführung........ 595.3 Durchführung der Baumaßnahme

(informativ) ............................................ 635.4 Werterhalt der Immobilie ...................... 635.5 Schlussbemerkungen ............................ 665.6 Literatur ................................................. 66

6 Dynamik in der Fassaden-gestaltung – Innovationen und Visionen mit Stahlblech .................... 68

6.1 Individualisierung von Fassaden für Gewerbebauten ..................................... 68

6.2 Individualisierte Stahlfassaden für den Geschossbau ................................... 72

6.3 Dreidimensional geformte VHF-Fassaden aus Stahl .......................... 78

6.4 Nachhaltige Gebäudehüllen aus Stahl ... 826.5 Zusammenfassung und Ausblick ........... 856.6 Literatur ................................................. 856.7 Bildquellen ............................................ 86

Seite

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Einführung

Dächer und Fassaden übernehmen vielfältigeFunktionen im modernen Gewerbe-, Wirtschafts-und Geschossbau. Zunächst sind das die bau-physikalischen Anforderungen an den Wärme-,Feuchte- und Schallschutz. Außerdem ist dieGebäudehülle so auszuführen, dass sie dauer-haft luftundurchlässig abgedichtet ist. Darüberhinaus spielen aber zunehmend auch gestalteri-sche Aspekte eine immer wichtigere Rolle.

Die Baustoffindustrie bietet Produktlösun-gen mit Leichtbausystemen aus Stahl an, die sichseit vielen Jahren bewährt haben, immer weiteroptimiert wurden und sowohl energetischen alsauch architektonischen Anforderungen gerechtwerden. Zudem garantieren die aufgrund ihresgeringen Gewichts schnell zu montierenden,langlebigen Bauteile ein hohes Maß an Wirt-schaftlichkeit. Trapez- und Wellprofile aus Stahl,verlegt auf Kassetten mit integrierter, wärme-brückenfreier Mineralwolledämmung, und Stahl-Sandwichelemente, die höchste Wärmedämm-werte erzielen, umhüllen heute nicht nur Pro-duktions- und Lagerhallen, sondern zunehmendauch Büro- und Verwaltungsgebäude.

Besonderer Beliebtheit bei Architekten undBauherren erfreuen sich kassettierte Fassadensys-teme, insbesondere für prestigeträchtigere Büro,Wohn- oder Hotelgebäude. Bei Stahl-Paneelen,auch Kassetten oder Sidings genannt, handelt essich um ebene, plattenförmige Bauteile aus Stahl-feinblech, die in modularer Weise horizontal odervertikal angeordnet sind. Im Gegensatz zu rollge-formten Profilen werden die kleinteiligen Paneelekonventionell über Kantungen erstellt und kön-nen als ungedämmte oder gedämmte Elementeausgeführt und auf die Unterkonstruktion ohneVerschraubung aufgesteckt werden. Variable Mo-dulgrößen und verschiedene Farbkompositionenermöglichen sehr fein strukturierte Fassaden.

Hochwertiger, auf den jeweiligen Einsatz-zweck ausgerichteter Korrosionsschutz garantiertdie Dauerhaftigkeit der Bauelemente. Das Ver-fahren der Bandbeschichtung von verzinktemStahlblech bietet langlebige Beschichtungen invielen Farbnuancen. Architekten und Bauherrenhaben so beinahe unendlich viele Gestaltungs-möglichkeiten. Stahlfassaden können am Endeihrer langen Nutzungszeit leicht demontiert undzu 100% recycelt werden – ein permanenterMaterialkreislauf. Qualitätsverluste, wie bei eini-gen anderen Werkstoffen, gibt es dabei nicht.

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Büro- und Produktionsgebäude der Gludan GmbH in Büchen mit Thermowandpaneelen (Foto: Borgel Elementbau GmbH/Detlev Neumann)

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Unter dem Titel „Zukunft Bauen in Europa“veranstalten die Wirtschaftsvereinigung Stahlund der Internationale Verband für den Metall-leichtbau (IFBS) Praxis-Seminare zum Thema„Architektur und Technik multifunktionaler Ge-bäudehüllen aus Stahl“. Diese Dokumentationfasst die Vorträge der Veranstaltungsreihe zusam-men und informiert über veränderte Normenund aktuelle bauphysikalische Vorgaben für dieAusführung von Dach- und Wandkonstruktionen.Anhand praktischer Anwendungshinweise undausgeführter Projekte wird aufgezeigt, wie mitBausystemen aus Stahl architektonisch reizvolleDächer und Fassaden wirtschaftlich realisiertwerden können. Dabei richtet sich der Blickauch auf exemplarische Bauobjekte in anderenLändern Europas.

Zukunft Bauen in Europa

Betriebsgebäude der Denios AG in Bad Oeynhausen mit einem Steckpaneel-system aus Stahlblech (Architekt: Gottfried Kasel, Foto: Peter Hübbe)

Fassade der Wohnanlage Ville Verdi in Wien mit Stahl-Wellprofilen und farbiger Zinkblumen-Beschichtung (Foto: Hoesch Bausysteme GmbH)

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Dokumentation 567

1 Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltungund Budget – Theorie und Praxis der IndustriearchitekturDipl.-Ing. Arch. Florian Kohlbecker

gehörte, hat sich bereits vor einem halben Jahr-hundert mit diesem Thema beschäftigt. Er ent-wickelte die legendären Stahlbausysteme Mini,Midi und Maxi, deren Vorteile Flexibilität undErweiterbarkeit sind und die dennoch den hohengestalterischen Ansprüchen gerecht werden.Haller sprach 1962 davon, „ein akutes Problemder Zeit zu lösen“ [3].

1.1 Vom Gusseisen- zum Stahlbau

Die Geschichte des Stahlbaus reicht aller-dings sehr viel weiter zurück, und zwar bis indas späte 18. Jahrhundert. In England, der damalsführenden Industrienation, wurde erstmals Guss -eisen für Hochbauten eingesetzt. Die 1779 er-richtete Iron Bridge im gleichnamigen Ort, eineBogenbrücke aus Gusseisen mit einer Spann-weite von 30 m, ist das früheste erhaltene Bei-spiel.

Das wohl bekannteste Frühwerk der Guss-eisen-Architektur war der Kristallpalast, der 1851von Joseph Paxton entworfen und von CharlesFox für die erste Weltausstellung in London er-baut wurde (Abb. 1.1). Das gewächshausartigeGebäude, das 1936 durch einen Brand zerstörtwurde, hatte mit ca. 650 m x 150 m gewaltigeAbmessungen. Es wurde in der extrem kurzenBauzeit von nur 17 Wochen aus vorgefertigtenBauteilen aus Eisen und Glas errichtet. Dieserrevolutionäre Systembau nimmt in gewisserWeise Hallers Stahlbausysteme in der zweitenHälfte des 20. Jahrhunderts vorweg und war nurdurch die Fortschritte bei der Verarbeitung vonEisen realisierbar. Das Tragwerk aus Eisenträgernerlaubte es den Architekten, auf tragende Wändein Massivbauweise völlig zu verzichten. Die mo-derne Skelettbauweise ermöglichte eine groß-flächige Verglasung.

Im deutlichen Kontrast zum funktionalisti-schen Tragwerk stehen der an eine gotische Ka-thedrale erinnernde Grundriss des Kristallpalas-tes (fünfschiffiges basilikales Langhaus mit drei-schiffigem Querhaus) und die Ornamentik, diedem Stil der Zeit verpflichtet bleibt. Allerdingsmuss man an dieser Stelle festhalten, dass auchdie Kathedralgotik mit ihren Kreuzrippengewöl-ben und Strebesystemen eine Skelettarchitektur

„Wenn man wirklich konsequent bauen will,muss man von Anfang an sagen, wir machen dasin Stahl [1].“ Dieses Zitat stammt vom SchweizerArchitekten Max Schlup, der zur renommierten„Schule von Solothurn“ gehört. Es verdeutlichteindrucksvoll die Bedeutung, die der Stahlbauseit dem 20. Jahrhundert hat. Vor allem in derIndustriearchitektur spielt er eine wichtige Rolle.

Hochwertige Industriearchitektur ist leiderselten, die großen Gewerbegebiete haben des-halb keine Aufenthaltsqualität. Der französischeEthnologe Marc Augé hat dieses Problem 1992eindrucksvoll beschrieben und das Schlagwortvom „Nicht-Ort“ geprägt [2]. Unter diesem Be-griff werden monofunktional genutzte Bereichein der Stadt und am Stadtrand zusammengefasst,zu denen u. a. Gewerbegebiete zählen. DieseOrte haben keine Geschichte, Relation undIdentität.

Das 1930 von Karl Kohlbecker gegründeteBüro, das heute in der dritten Generation vonseinen Enkeln geleitet wird, steht für mehr alsacht Jahrzehnte anspruchsvolle Industriearchi-tektur. Karl Kohlbecker war ein Pionier dieserGattung. Seine Vision einer „menschlichen Fa-brik“ hat bis heute Bestand.

Das ist eine Herausforderung für den Planer,denn der Industriebau steht, wie keine andereGattung der Architektur, im Spannungsfeld zwi-schen Kosten und Nutzen. In der jüngeren Ver-gangenheit ist die Forderung der Nachhaltigkeithinzugekommen. Gerade in diesem Bereich hatder Stahlbau unbestritten Vorteile. Fritz Haller,der wie Schlup zur „Schule von Solothurn“

Abb. 1.1: Kristallpalast in London

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Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget

ist, die es ermöglicht, große Wandflächen zu ver-glasen. In gewisser Weise ist sie ein Vorbild fürden Gusseisen- bzw. Stahlbau. Der große fran-zösische Architekt und Denkmalpfleger EugèneViollet-le-Duc (1814–1879) hat die gotische Ske-lettbauweise als erster Bauhistoriker beschriebenund sie als Prototyp der modernen Skelettkon-struktion gedeutet [4]. Mit dieser These hat erdie Eisenarchitektur des 19. Jahrhunderts wesent-lich beeinflusst, obwohl sich die gotische Kathe-drale selbstverständlich nicht auf die Skelettbau-weise reduzieren lässt, sondern als gebautes Ab-bild des himmlischen Jerusalems zu sehen ist.

Das spröde Gusseisen des 19. Jahrhundertshatte im Vergleich zum modernen Stahl deutli-che Nachteile, was nicht nur mit dem höherenKohlenstoffanteil, sondern auch mit dem Her-stellungsprozess zusammenhängt. Gusseisen warzwar druckbeständig, konnte aber kaum Zug-und Biegespannungen aufnehmen. Bei großerHitzeentwicklung kam es zu plötzlichem Versa-gen der spröden Bauteile. Weil es im 19. Jahr-hundert auch beim Bau von Fabriken zum Ein-satz kam, führte dies wiederholt zu Brandkata-strophen. Ohne die im Laufe der zweiten Hälftedes 19. Jahrhunderts, insbesondere durch HenryBessemer, optimierten Herstellungsprozesse, dieschließlich zum Stahl führten, würde dieser imIndustriebau kaum die heute selbstverständlicheRolle spielen.

Stahl ermöglichte im 20. Jahrhundert Kon-struktionen, die zuvor undenkbar waren. Diesverdeutlicht der Vergleich der Iron Bridge mitder Golden Gate Bridge in San Francisco, bei ihrer Fertigstellung 1937 mit einer Hauptstütz -weite von 1280 m die längste Hängebrücke derWelt. Die unter der Leitung von Joseph B. Strausserrichtete Brücke besitzt 227 m hohe Pylone ausStahl, die Fahrbahn besteht aus stählernen Fach-werkträgern.

Ein Meilenstein in der Entwicklung des Stahl-baus im Bereich der Industriearchitektur ist dasbereits erwähnte Stahlbausystem Maxi von FritzHaller (Abb. 1.2). Prototyp ist die USM-Betriebs-anlage in Münsingen (Schweiz), die 1963 voll-endet wurde. Haller entwickelte für diesen Auf-trag ein Baukastensystem, das die problemloseErweiterung des Gebäudes in fünf weiteren Bau-abschnitten bis 1997 ermöglichte. „Der wach-sende Betrieb im Gebäude, das mitwächst“, be-schreibt Hans Wichmann diese für jeden expan-dierenden Unternehmer geniale Lösung [5]. DieProduktionsstätte wird mit steigendem Umsatzetappenweise vergrößert, ohne zu verlieren,was man heute „Corporate Identity“ nennt [6].

Bei der USM-Betriebsanlage in Münsingenhandelt es sich im Unterschied zu den in Stahl-

beton errichteten Schulen in Hallers Frühwerkum einen reinen Stahlbau. Das Gebäude basiertauf einem Baukastensystem [7]. Aus modula -risierten Grundelementen sollten Fabrikhallenfür verschiedene Aufgaben entwickelt werden.Haller hat nach eigener Auskunft alle üblichenKonstruktionsformen für Fabrikhallen unter-sucht und analysiert und ist sich sicher: „DieserVersuch zum Bau einer universellen Fabrikhallekönnte der Ausgangspunkt zur industriellenHerstellung von Bauteilen für billigen, flexiblenFabrikationsraum mit kurzer Bauzeit sein“ [8].Grundelement der Halle ist ein quadratischesFeld mit einer Seitenlänge von 14,40 m.

Die Fassadengestaltung entspricht in ihrerschlichten Funktionalität hohen ästhetischenAnsprüchen. Die Außenwände bestehen aus ver-tikalen T-Eisen als Montagesprossen und Wind-versteifung und dazwischen eingesetzten ver-glasten Elementen von 2,40 m Länge und 1,20 mHöhe. Alle diese Außenwandteile können einzelnweggenommen und an einer anderen Stellewieder montiert werden [9]. Flexibilität undbaukünstlerischer Anspruch verbinden sich indieser modernen Form des Stahlbaus mit Nach-haltigkeit.

1.2 Entscheidungsprozess

Die Fassadengestaltung eines Gewerbebaushängt von verschiedenen Faktoren ab. Nebender Baukonstruktion spielen auch das Repräsen-tationsbedürfnis des Bauherrn und die Corpo-rate Identity eine wichtige Rolle. Der Marken-wert gewinnt gerade bei Großkonzernen immermehr an Bedeutung. Das Markenverständnis unddas identitätsstiftende Design des Unternehmenssind übergreifend und beziehen die Architekturein. Dennoch entscheidet meist auch das Budgetüber die Gestaltung der Fassade. Vor allem indiesen Fällen ist der Architekt gefordert, der denSpagat zwischen einer dem Repräsentationsbe-dürfnis genügenden und einer wirtschaftlichenFassadengestaltung schaffen muss.

Abb. 1.2: USM-Betriebsgebäude im Stahlbausystem Maxi

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Der Entscheidungsprozess bei der Wahl einerFassade beinhaltet drei wesentliche Punkte:• bauphysikalische Anforderungen (Schall-

schutz, Wärmeschutz, Brandschutz)• gestalterische Anforderungen (Corporate

Design, Farbgebung, Genius Loci)• wirtschaftliche Anforderungen

Die Gegenüberstellung von verschiedenenStahlfassaden und deren Vor- und Nachteilen hin-sichtlich der oben genannten Punkte hilft demBauherrn in Zusammenarbeit mit seinem Archi-tekten, eine Entscheidung zu treffen.

Im Industrie- und Gewerbebau hat sich dieStahlleichtbauweise seit den 50er Jahren durch-gesetzt. Die flexible Einsetzbarkeit und die wirt-schaftlichen Vorzüge überzeugen meist.

1.3 Fassadensysteme im Gewerbebau

Die fünf am meisten verbreiteten Fassaden-systeme, die im Gewerbe- und Industriebau ver-wendet werden, sind:• Trapezblechfassaden• Sandwichpaneele• Kassettensysteme• vorgehängte Fassaden• Mischsysteme

Das Trapezblech ist eine bewährte Fassa-denverkleidung im Gewerbe- und Industriebau

(Abb. 1.3). Bereits in der zweiten Hälfte des 19.Jahrhunderts wurden Stahlbleche zu prismati-schen Strukturen geformt, um ihre Tragkraft zuerhöhen. Der Ursprung dieser Entwicklung liegtin England, wo zwischen 1850 und 1860 be-reits Wellbleche produziert wurden. Die FirmaHein, Lehmann und Co. (Berlin) griff diese Er-findung 1875 erstmals in Deutschland auf. Vielegebräuchliche Profile entstanden in dieser Zeitbereits auf Pressen [10]. Die industrielle Ferti-gung von Well- und Trapezblechen in großemMaßstab setzte allerdings erst in der Zeit nach1945 ein [11]. Das Trapezblech überzeugt durchdie Steigerung der Tragkraft und die damit ein-hergehende Vergrößerung der Spannweite. DieTrapezprofile können in Positiv- und in Negativ-lage sowie horizontal oder vertikal verwendetwerden. Das Erscheinungsbild der Fassade än-dert sich dadurch, es entstehen unterschiedlicheLicht- und Schattenflächen.

Sandwichpaneele sind „leichte, industriellvorgefertigte Dach- und Wandbauteile, die aufder Baustelle einfach und schnell montiert wer-den können (Abb. 1.4). Sie bestehen in der Regelaus zwei dünnen Deckblechen, die durch einenKern aus Hartschaum (z.B. Polyurethan) oderMineralwolle schubfest miteinander verbundensind, sodass ein tragender Verbundquerschnittentsteht. Ihre Hauptvorteile sind hohe Tragfähig-keit bei geringem Gewicht, einfache, leichte,schnelle und kostengünstige Montage.“ Außer-dem werden Innenverkleidung, Wärmedämmungund Außenhaut in einem einzigen Arbeitsgangmontiert [12]. Sandwichpaneele werden heutefast ausschließlich in kontinuierlich arbeitendenspeziellen Anlagen hergestellt [13].

Das Kassettensystem dient als zweischali-ge hinterlüftete wärmegedämmte Wand demRaumabschluss. „Die Außenschale wird als Tra-pezprofil vertikal gespannt. Die Innenschale alsStahlkassettenprofil wird von Stütze zu Stützehorizontal gespannt und bildet eine fast ebeneInnenfläche. Zusätzliche Horizontalriegel wer-den in der Fläche nicht benötigt. Die Innenseiteder Wand ist durch Wegfall der Riegel glatt, dieKassetten sind glatt oder leicht gesickt, die Fugen zwischen den einzelnen Kassetten sindkaum sichtbar“. [14]. Das Erscheinungsbild derAußenfassade wird durch die charakteristischenSicken der Trapezbleche bestimmt. Ein Vorteilder Kassetten ist die Möglichkeit der variablenAnordnung, die eine flexible Fassadengestal-tung ermöglicht. Besonders im Kraftwerksbau,wo es auf hohe Schalldämmwerte ankommtund geringe Brandlasten gefragt sind, hat sichdie Kassettenwand durchgesetzt, konstatiertKarlheinz Schmiedel [15].

Abb. 1.3: Projektbeispiel Trapezblech: Montagehalle für Offshore-Tripoden-Fundamente, Bremerhaven

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Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget

1.4 Exkurs – historische Vorbilder

Um die riesigen Fassaden von Industriebau-ten zu gliedern, greift der Architekt häufig aufGestaltungsmittel zurück, die im Sakral- und Pro-fanbau seit Jahrhunderten verbreitet sind. Einehorizontale und vertikale Gliederung der Fassa-den durch Gesimse und Pilaster bzw. Lisenen istseit der Antike üblich.

Die vertikale Gliederung erfolgt in der Re-gel durch Gesimse. Ein Beispiel ist der Palazzo Medici Riccardi in Florenz, der erste Palastbauder Renaissance [17]. Im Auftrag von Cosimode’ Medici begann der Architekt Michelozzo 1445mit der Ausführung. Der monumentale kubischeBaukörper ist dreigeschossig. Die Geschosse dessehr hohen Gebäudes werden durch Gesimse

voneinander abgesetzt, ihre Oberfläche ist unter-schiedlich behandelt (Abb. 1.5).

Im modernen Industriebau begegnet mandiesem Gestaltungsmittel mit einer klaren hori-zontalen Gliederung der Geschosse häufig wie-der. Zu nennen ist das von Kohlbecker geplanteLogistikzentrum in Münchsmünster. Das Erdge-schoss wurde mit grauem Glattblech verkleidet,das Obergeschoss mit weißem Trapezblech.Durch die unterschiedliche Farbe und Strukturder Materialien werden die einzelnen Geschosseakzentuiert und die horizontalen Linien betont(Abb. 1.6).

Pilaster und Lisenen werden seit der Antikeim Sakral- und im Profanbau zur Rhythmisie-rung langgestreckter Fassaden eingesetzt, wiesie häufig im Industriebau vorkommen. Beidessind Wandvorlagen, die die Fassade vertikalgliedern. Pilaster sind mit dem Pfeiler verwandtund besitzen deshalb eine Basis und ein Kapi-tell. Lisenen verzichten auf Basis und Kapitellund sind damit abstraktere Elemente zur Glie-derung der Wand.

Abb. 1.4: Projektbeispiel Sandwichpaneele: Eirich Maschinenfabrik in Hardheim

Abb. 1.5, 1.6: Fassade gestern und heute: Palazzo Medici Riccardi in Florenz (1445) und Logistikzentrum in Münchsmünster

Als Sonderform der vorgehängten Fassadekönnen Stahlgewebe verwendet werden. Hier-bei werden vor die wärmedämmende EbeneGewebe in verschiedensten Formen gespannt.Diese Fassadenverkleidung bewirkt eine leichteund transparente Hülle. „Dem metallischen Glanzkann dabei eine besondere Rolle zukommen, daer eine besondere Materialität des Baustoffs her-vorhebt und Licht bewusst in die Raumtiefelenken kann“, urteilt Manfred Hegger, Professorfür Entwerfen und Energieeffizientes Bauen ander Technischen Universität Darmstadt [16].

Mischsysteme aus verschiedenen Stahl-leichtbauelementen werden hauptsächlich ausgestalterischen Gründen verwendet und bewir-ken ein abwechslungsreiches Erscheinungsbildder Fassade. Gerade im Gewerbe- und Industrie-bau, wo oftmals die Wirtschaftlichkeit im Vor-dergrund steht, ist das Zurückgreifen auf einMischsystem die beste Möglichkeit, um Reprä-sentationsbedürfnis und Wirtschaftlichkeit inder Fassadengestaltung zu vereinen.

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Dokumentation 567

Als erstes Hochhaus der Welt gilt das 1885nach Plänen von William Le Baron Jenney er-richtete Home Insurance Building in Chicagomit zehn Geschossen und einer Höhe von 42 m[18] (Abb. 1.7). Als Prototyp der neuen Gattungbesaß es eine selbsttragende Fassadenkonstruk-tion und ein Innenskelett aus Gusseisenprofilenmit Ziegelausfachung. Die Fassaden wurdenvertikal durch Pilaster gegliedert.

Im modernen Industriebau werden vertikaleWandvorlagen verwendet, die sich formal mehran Lisenen orientieren, also auf Basis und Kapi-tell verzichten. Diese schlichtere und abstraktereForm der Wandvorlage entspricht mehr der Architektursprache des 20. und 21. Jahrhunderts.Auch bei Stahlfassaden sind diese lisenenartigenWandvorlagen möglich, wie bei dem vom BüroKohlbecker geplanten Mercedes-Werk in Rastatt(Abb. 1.8). Vor allem langgestreckte Fassaden lassen sich auf diese Weise rhythmisieren. Ofthaben diese Lisenen aber auch eine statischeFunktion bzw. geben einen Hinweis auf dasTragwerk, das sich hinter diesen Wandvorlagenin Form einer Stütze verbirgt.

1.5 Fassadengestaltung in der Praxis

„Stahlbauten erlauben äußerst flexible De-taillierungsmöglichkeiten, die den architektoni-schen Entwurf in seinem kreativen Prozess be-reichern“, stellt Katrin Hanses von der UniversitätSiegen fest [19]. Die folgenden Praxisbeispieleder Kohlbecker Gesamtplan GmbH belegen dies.Nach Erfahrungen des Büros mit Hauptsitz inGaggenau erweisen sich Kassettensysteme mitgekanteten Blechen auf einer Pfosten-Riegel-Konstruktion in den allermeisten Fällen als diewertigste Variante im Industrie- und Gewerbe-bau. Allerdings stellt jeder Bauherr andere An-sprüche an sein Gebäude und die Fassade.Nicht immer entscheiden Wirtschaftlichkeit undRepräsentationsbedürfnis. Die Praxisbeispielezeigen, wie ein Entscheidungsprozess funktio-nieren kann und welche Fassadensysteme fürden Bauherrn und das Gebäude sinnvoll sind.

1.5.1 Praxisbeispiel Produktionsgebäude in Karlsruhe (2015)

Der Neubau eines Produktionsgebäudes füreinen IT-Dienstleister in Karlsruhe umfasst zweiDruckstraßen, Papierlager, Expeditions- undVerwaltungsbereich. Für die Fassadengestaltungwurden zunächst die verschiedenen oben vorge-stellten Möglichkeiten verglichen.

Trapezblech in Horizontalverlegung stellt kon-struktive Herausforderungen. Wenn vier Blecheaufeinandertreffen, sind bei der StoßüberlappungVerdickungen mit der Folge einer Verbeulungmöglich. Außerdem ist eine weitere Unterkon-struktion notwendig, um die Hinterlüftung zugewährleisten. Als Alternative wurde eine verti-kale Verlegung der Trapezbleche diskutiert, wasallerdings gestalterisch unbefriedigend ist.Abb. 1.9: Veranschaulichung von Fassadenvarianten

Sandwichpaneel Trapezblech Glattblech

Abb. 1.7, 1.8: Verwendung von Pilastern und Lisenen gestern und heute: Home Insurance Building in Chicago (1885) und Mercedes-Werk in Rastatt

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Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget

Abb. 1.10: Ansicht Druck- und Logistikgebäude mit Sandwichfassade

Abb. 1.11, 1.12: Fassade Fahrsimulator: Unterkonstruktion(oben), fertig montiertes Edelstahlgewebe (unten)

1.5.2 Praxisbeispiel Edelstahlgewebe: Mercedes-Fahrsimulator in Sindelfingen(2008)

In den meisten Fällen ist das Budget ein we-sentliches Argument für die Wahl eines Fassaden-systems. In der beruflichen Praxis von Architek-ten gibt es aber auch regelmäßig Aufträge, beidenen die Fassade eine wichtige Funktion inder Markenbildung übernehmen soll. CorporateArchitecture ist ein Teilbereich der CorporateIdentity, die immer mehr an Bedeutung ge-winnt. Ihre Anfänge liegen im frühen 20. Jahr-hundert, als Peter Behrens als Architekt undDesigner für AEG tätig war (den Begriff Corpo-rate Identity gab es damals natürlich noch nicht).Hadi Teherani sieht dies so: „Hinter der gebau-ten Markenidentität steht die Überzeugung, dass

Für eine optimale Lösung, die den Ansprü-chen des Bauherrn im Hinblick auf Repräsenta-tionsbedürfnis und Kosten gerecht wird, stell-ten die Architekten einen detaillierten Vergleichan, um die jeweiligen Vor- und Nachteile aufzu-zeigen. Papierlager und Expedition sollten einehinterlüftete Fassade erhalten, die waagerechtauf das Mauerwerk montiert wurde. Für den Ge-bäudeteil, in dem die Produktion untergebrachtist, wurde ebenfalls eine hinterlüftete Fassadevorgeschlagen, die waagerecht auf Kassetten- Innenschalen mit vorgesetzter Dämmung ange-bracht werden sollte. Die Veranschaulichung derFassadenvarianten sollte die Entscheidung er-leichtern (Abb. 1.9).

Ein wesentlicher Vorteil der Sandwichfassadeist die schnelle Bauzeit, die um ca. 60 % kürzerist als bei anderen Fassadensystemen. Allerdingsbleibt bei dieser Variante die Unterkonstruktionin der Produktionshalle sichtbar.

Das Trapezblech als günstigste Fassadenver-kleidung ist gestalterisch anspruchslos. Weil derBauherr konkrete Vorstellungen in Bezug auf dasMarkenerscheinungsbild seines Unternehmenshatte, wäre ein Glattblech eine gute Lösung ge-wesen. Allerdings ist dieses auch das teuersteFassadensystem.

Um dem Bauherrn das Auswahlverfahren zuerleichtern, nutzten die Architekten ein Punkte-Bewertungssystem, das jeweils nach Prioritätengewichtet Kosten, Konstruktion, Erscheinungs-bild/Gestaltung und Bauzeit bewertet. Dabeistellte sich eine Sandwichfassade mit mikrolinier-ter Oberflächenstruktur als geeignete Lösungheraus. Sie überzeugte hinsichtlich der kurzenBauzeit (was bei diesem Projekt vordringlichwar) und erfüllte die Erwartungen des Bauherrnim Hinblick auf die Gestaltung (Abb. 1.10).

Glanz und Stärke der Marke im Wettstreit umZielgruppen entscheidend sind. Dabei geht esnicht vordergründig um Verkaufserfolge, son-dern um die Faszination durch die Marke, umIdentifikation mit der Markenwelt, um das Etab-lieren eines tief verankerten Markenbewusst-seins.“ [20]

Eine gestalterisch hochwertige Fassade mussallerdings unter Berücksichtigung aller Aspektenicht zwangsläufig die teuerste Lösung sein. Oft lassen sich durch die Auswahl bestimmterFassadensysteme die Ausgaben für Brandschutz,Sonnenschutz, Versicherung etc. reduzieren.

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Dokumentation 567

großen Glasflächen und einer plastisch gestalte-ten Fassade mit Vor- und Rücksprüngen trans-parent gestaltet (Abb. 1.13). Er ist ein Ort derKommunikation.

Um den Kontrast zwischen der konventio-nellen Paneel-Industriefassade und dem Winter-palast aus dem Jahr 1905 zu mildern, erhielt dasBrauereigebäude eine vorgehängte Polycarbonat-fassade. Tagsüber spiegelt sich der meist wolken-lose Himmel der Mongolei in den Polycarbonat-platten und lässt den großen Kubus wenigeraufdringlich erscheinen. Die verdeckte Beleuch-tung hinter der äußeren Hülle erwacht in derNacht zum Leben und wird zur spannungsvollenKulisse für das historische Bauwerk. Für die Mon-tage der Beleuchtung wurde der Spalt zwischender vorgehängten Polycarbonatfassade und derstandardisierten Elementfassade genutzt.

Ein Problem bereiten die in Ulaanbaatar üb-lichen extremen Temperaturschwankungen vonbis zu 65 °C im Jahresverlauf. Bei stark abfallen-den Temperaturen werden Polycarbonate sprödeund es besteht Bruchgefahr. Alle Befestigungs-elemente müssen deshalb den Fassadenplattenmaximale Bewegungsfreiheit ohne Stauchunggarantieren, um die temperaturbedingte Ausdeh-nung von bis zu 5 cm in der Länge zuzulassen.

1.5.4 Praxisbeispiel Sandwichpaneele: Produktionshalle in Hardheim (2011/12)

Der für die Gustav Eirich GmbH & Co KGin Hardheim geplante Neubau umfasst eine Pro-duktionshalle (Lackiererei und Montage) undden unmittelbar anschließenden Pförtnerbe-reich. Aufgrund der besonderen städtebaulichenSituation galt es für die Architekten, wichtigeGesichtspunkte zu berücksichtigen. Das ausge-dehnte Werksgelände mit mehreren Bestands-bauten liegt im Industriegebiet von Hardheimdirekt an der Durchgangsstraße (WalldürnerStraße) und am Zugang zur Innenstadt, diedurch kleingliedrige Bebauung geprägt ist. Außerdem befindet sich in der Nachbarschaftdes Neubaus das denkmalgeschützte Hauptver-waltungsgebäude des 1863 gegründeten Ma-schinenbau-Unternehmens.

Die Halle mit den beachtlichen Abmessun-gen von 92 m x 36 m sollte behutsam in diesesUmfeld eingefügt werden, das im Hinblick aufGebäudedimensionen, Dachformen und Fassa-dengestaltungen durch uneinheitliche Struktu-ren bestimmt wird. Neben Satteldächern gibt esShed- und Flachdächer, klassische Lochfassadenstehen neben den kaum gegliederten Fassadenvon Gewerbebauten. Der Bauherr wünschtevor diesem Hintergrund eine repräsentative Abb. 1.13: APU Brauerei und Restaurant in Ulaanbaatar (Mongolei)

1.5.3 Praxisbeispiel Mischsystem: APU Brauerei und Restaurant in Ulaanbaatar, Mongolei (2013)

Ein Beispiel, das Tradition und Moderne ver-eint, entstand in der mongolischen HauptstadtUlaanbaatar. In der unmittelbaren Nachbarschaftdes Winterpalastes des Bogd Khan (1870–1924),des religiösen und politischen Oberhauptes derMongolei, wurde im Zentrum von Ulaanbaatarein multifunktionales Gebäude errichtet, dasneben seiner Hauptnutzung als Brauerei eineexklusive Gastronomie und einen der angesag-testen Clubs der Mongolei beherbergt. Die unter-schiedlichen Aufgaben sollten sich im äußerenErscheinungsbild widerspiegeln.

Der gewaltige Kubus der Brauerei wurdemit einer standardisierten Industriefassade ver-kleidet und wirkt geschlossen. Der unmittelbaranschließende dreigeschossige Baukörper fürClub und Gastronomie, der ebenfalls flach ge-deckt, aber deutlich niedriger ist, wurde mit

Ein Praxisbeispiel: Für einen Automobil-konzern wurde ein Fahrsimulator geplant. DasGebäude sollte repräsentativ und ein „High-light“ des Werksgeländes sein, gleichzeitig hattees die Aufgabe, moderne Fahrzeugtechnik mitguter Architektur zu verbinden. Die Architektenentwarfen für den Bauherrn eine Fassade ausEdelstahlgewebe (Abb. 1.11, 1.12). Die äußereHülle sollte die Funktion des Bauwerks ablesbarmachen.

Ein schlichter Kubus an prominenter Stelledes Werksgeländes wurde für diesen Zweck ge-stalterisch aufgewertet. Seine Fassade bietet einezurückhaltende Reflexionsfläche für die Umge-bung, die sich ständig der Tageszeit und demWetter anpasst. Außerdem übernimmt das Edel-stahlgewebe die Funktion des Sonnenschutzes.

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Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget

Eingangssituation zur Fabrik mit der einzigenZufahrt für den Personen- und Lkw-Verkehr.

Die Architekten trugen den Wünschen desAuftraggebers Rechnung, indem sie den für Industriehallen üblichen geschlossenen Baukör-per auflösten (Abb. 1.14, 1.15). Die neue Hallewurde an städtebaulich markanter Stelle in Formeines langgestreckten, zum Werkseingang hinzweifach abgestuften Kubus errichtet, der sichgeschickt in die Umgebung einfügt. Die Fassadeerhielt eine Verkleidung aus Sandwichpaneelenmit Fensterelementen auf einer Pfosten-Riegel-Konstruktion. Die der Walldürner Straße zuge-wandte Schmalseite (Südostseite) ist die reprä-sentative Hauptfassade, die zum Teil in Glas auf-gelöst wurde und damit in reizvollem Kontrastzu den übrigen Fassaden des Kubus steht. Derdeutlich niedrigere Pförtnerbereich, der in ge-ringerer Breite vor diese Front tritt, ist völligverglast (Abb. 1.16). Auf diese Weise erscheintdie Produktionshalle, immerhin der größte Bau-körper des gesamten Firmengeländes, dem Be-sucher transparenter und filigraner, je mehr ersich der Haupteinfahrt nähert. Vor dem Werks-eingang wurde ein Besucherparkplatz angelegt,der in eine kleine Grünanlage integriert ist.

1.5.5 Praxisbeispiel: Mercedes-DesigncenterStuttgart (1996–1998)

Ein außergewöhnlicher Auftrag für das Bürowar das Mercedes-Designcenter in Sindelfingen.Dort werden die zukünftigen Modellreihen entworfen und Prototypen vom Tonmodell biszur ersten Karosserie erstellt. Der frühere Chef-designer Bruno Sacco, der bis 1999 die Formder Mercedes-Modelle maßgeblich bestimmte,hatte Gelegenheit, das Designcenter nach sei-nen Vorstellungen zu konzipieren, und war Initiator der Arbeitsgemeinschaft Renzo Piano/Kohlbecker.

Der Grundriss des Designcenters wird durchsieben fächerförmig angeordnete, langgestreckteHallen bestimmt. Im großflächig verglasten Kopf-bau konzentrieren sich die Büros der Direktionund der Abteilungsleiter. In den sieben Segmen-ten des Gebäudes sind bei gleicher Raumgliede-rung die Ateliers mit ihren jeweiligen Spezialis-ten untergebracht. Ein entscheidender Vorteildes Designgebäudes ist seine innere Durchläs-sigkeit über alle Etagen hinweg. Konstrukteure,Designer und Modelleure können auf Zuruf mit-einander in Kontakt treten.

Bei diesem Beispiel geht es nicht wie bei denoben vorgestellten Projekten um die Fassadender Hallen im klassischen Sinne, sondern um diefünfte Fassade bzw. Ansicht: das Dach. Das hatzwei Gründe. Die ungewöhnliche Grundrissge-stalt des Designcenters mit seiner charakteristi-schen Dachform lässt sich im Grunde nur ausder Vogelperspektive erschließen. Die verglastenFassaden der Halle erlauben einen guten Ein-blick in die Dachkonstruktion, die ein wesentli-ches Element des Entwurfs darstellt (Abb. 1.17).

Abb. 1.14, 1.15: Modell und Fassadenzeichnungen der Produktionshalle Gustav Eirich GmbH & Co KG in Hardheim

Abb. 1.16: Realisierte Produktionshalle mit Pförtnerbereich

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Dokumentation 567

Die Dächer der Hallen haben die Form vonversetzten Segmenten aus einem Torus (einemreifenartigen geometrischen Objekt) mit sehrgroßem Durchmesser (Abb. 1.18). Dadurch ent-stehen flache, zweifach gekrümmte Flächen, dieaneinandergereiht, die Grundform des Gebäu-des ergeben.

Das Tragwerk des eleganten Daches bildetein unterspannter Bogen. Durch das gezielteEinwalzen einer zusätzlichen Sicke in den Stegdes Trapezprofils kann eine Krümmung des Ble-ches mit vordefiniertem Radius erstellt werden.So können gebogene Blechtafeln in großen Län-gen hergestellt werden. Diese Profile könnennach den allgemeinen technischen Regeln alsTrapezbleche bemessen werden. Dank Bogen-form und Zugbändern werden diese selbsttra-genden Trapezblechdächer überwiegend aufDruck belastet. So können mit sehr leichtemAufbau große Spannweiten ohne traditionelleBinderkonstruktion überbrückt werden.

Die Dachhaut ist ein Sandwich. Zwei Stahl-bleche umschließen die Wärmedämmung. Dabei

1.6 Internationale Unterschiede

Alle vorgestellten Fassadensysteme sind pro-blemlos in Westeuropa verfügbar. Gut ausgebil-dete Fachkräfte zur Montage stehen zur Verfü-gung. Die Situation verändert sich zum Teil aufanderen Kontinenten dramatisch. Erfahrungsge-mäß gibt es in Asien, vor allem in der Mongolei,

werden jeweils zwei Scheiben mit Hutprofilenin exakt definierten Abständen gekoppelt. Da-durch entsteht ein leistungsstarkes Schalentrag-werk. Obwohl sich die Konstruktionshöhe ledig-lich auf ca. 450 mm vergrößert, erhöht sich dieTragkraft des Daches dank der biegeweichenSchubkopplung um ein Vielfaches. So könnenflache Dachflächen mit großen Spannweitenhergestellt werden. Die Zwischenräume nehmendie Wärmedämmung auf, mit sorgfältiger ther-mischer Trennung und entsprechender Dampf-sperre wurden die notwendigen bauphysikali-schen Eigenschaften erzeugt.

Die Tragkonstruktion erforderte im Ver-gleich zu einem herkömmlichen Zweischalen-bogendach einige spezielle Lösungen. Die Unter-schale wurde aus Akustikblech hergestellt, dieOberschale enthielt eine gesonderte Abdichtungmit einer beschichteten Glattblech-Abdeckungzur Betonung der Torusform als eigentliche Fas-sade des Gebäudes.

Infolge sehr großer einzuleitenden Normal-kräfte wurden gesonderte Klemmverbindungenentwickelt. Die räumliche Unterspannung wur-de mit speziellen Stahlgussknoten ausgebildet.Das war schon immer ein wichtiges Stilmittelvon Renzo Piano. Die Dachkonstruktion wirktausgesprochen filigran, weil die Dachkante bzw.Traufe extrem schlank ausgebildet ist.

Abb. 1.18: Mercedes-Designcenter in Stuttgart. Rechts: Torus, aus dem die Segmentflächen der Dächer entnommen wurden.

Abb. 1.17: Mercedes-Designcenter in Stuttgart

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Stahlfassaden im Spannungsfeld zwischen Gestaltung und Budget

1.8 Literatur

[1] Jürg Martin Graser: Die Schule von Solo-thurn – Diss. ETH Zürich; Zürich, 2008, S. 73

[2] Marc Augé: Non-Lieux – Introduction à uneanthropologie de la surmodernité; Le Seuil, 1992

[3] Fritz Haller: Allgemeine Lösungen in der Bau-technik. In: Bauen + Wohnen Nr. 11 (1962), S. 473. Vgl. Ulrich Coenen: Fritz Haller und USM.In: Die Ortenau, Bd. 91 (2011), S. 61–88.

[4] Eugène Viollet-le-Duc: Entretiens sur l’Archi-tecture, Bd. 1; Paris, 1863

[5] Hans Wichmann (Hrsg.): System-Design:Fritz Haller. Bauten – Möbel – Forschung; Basel,1989, S. 74

[6] Jons Messedat, Corporate Architecture – Ar-chitektur als Baustein im System der CorporateIdentity: Entwicklungslinien, Strategien, Kon-zepte; Weimar, 2004

[7] Graser, S. 266

[8] Haller, S. 437

[9] ebd

[10] Karlheinz Schmiedel: Bauen und Gestaltenmit Stahl – Entwerfen, Konstruieren, Erhalten;3. Aufl., Renningen-Malmsheim, 1993, S. 98

[11] Dach- und Wandkonstruktionen im Hallen-bau (Dokumentation 609); Düsseldorf 2000, S. 2

[12] Sandwichelemente (Stahlbau Arbeitshilfe46); Düsseldorf, 2000

[13] Zum Herstellungsprozess siehe: Schmiedel,S. 131

[14] Hallenwände mit Stahlkassetten (StahlbauArbeitshilfe 44.3); 4. Aufl., Düsseldorf, 1999

[15] Schmiedel, S. 118

[16] Manfred Hegger, Hans Drexler, MartinZeumer: Materialität; Basel, 2007, S. 61

[17] Zum Palastbau der Renaissance: HerbertAlexander Stützer: Die italienische Renaissance;Köln, 1977, S. 145–153

[18] Zur Schule von Chicago und den erstenHochhäusern: Leonardo Benevolo: Geschichteder Architektur des 19. und 20. Jahrhunderts,Bd. 1; 3. Aufl., München, 1984, S. 272–283

[19] Katrin Hanses: Stahlbau; Basel, 2015, S. 78

[20] Hadi Teherani: Corporate Architecture –Mythos Marke. In: Manager Magazin, 1.9.2004.www.manager-magazin.de/unternehmen/artikel/a-316169.html (abgerufen am 22.8.2015)

Baustoffe und Fachkräfte nicht in ausreichen-dem Maße. Außerdem sind die Anforderungenan die Fassaden aufgrund der extremen klimati-schen Bedingungen anders als in Westeuropa.Deshalb ist es wichtig, einfache baukonstruktiveLösungen zu finden. Dies gilt insbesondere fürBauteile, die nicht industriell vorgefertigt wer-den können (sogenannte Kantteile).

1.7 Fazit

Die Vorstellungen der Auftraggeber variierenvon Bauherr zu Bauherr und von Land zu Land.Der Spagat zwischen Gestaltung und Wirtschaft-lichkeit ist für den Architekten nicht immerleicht. Jedes der vorgestellten Fassadensystemehat spezifische Vor- und Nachteile. Damit dieEntscheidung nicht ausschließlich budgetabhän-gig getroffen wird, muss der Architekt in Ab-stimmung mit seinem Bauherren die Prioritätenabwägen. Dabei spielen Gestaltung, Bauzeit undKosten die wesentliche Rolle, um gemeinsamdie für das jeweilige Projekt sinnvollste Lösungzu finden. Eine Kombilösung aus verschiedenenFassadenelementen ist häufig eine gute Variante.

1.9 Bildquellen

Abb. 1.1, 1.7: WikipediaAbb. 1.2, 1.5: Ulrich CoenenAbb. 1.3, 1.4, 1.6, 1.8–1.12, 1.14–1.18: Kohlbecker Gesamtplan GmbHAbb. 1.13: wideshot design GmbH

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Dokumentation 567

2 Bauen im europäischen Kontext – Lösungen und Konzepte für den StahlleichtbauDr.-Ing. Ralf Podleschny

2.1 Einführung

Aufgrund der großen klimatischen Unter-schiede in Europa haben sich im Laufe der Zeit vielfältige Bauweisen entwickelt. Diese be-schränken sich vornehmlich auf den Wohnbauund liefern die besten Antworten auf die klima-tischen Erfordernisse unter Nutzung natürlicherRessourcen. Abhängig von den örtlichen Gege-benheiten dominieren hier die Baustoffe Holz,Stein oder Lehm (Abb. 2.1).

Der Industrie- und Gewerbebau dagegen istein junger Zweig der Baukultur, der zwar in seiner Frühphase auf die tradierten Bauweisenzurückgriff, aber schon im 19. Jahrhundert anseine technischen Grenzen stieß. Größere Flä-chen mussten überspannt werden, um Raum fürArbeit und Maschinen zu schaffen und ihnenSchutz zu bieten. Aufgrund dieser Anforderun-gen wurde sukzessive Stahl eingesetzt, zunächstim Tragwerk, später auch in der Gebäudehülle.Die Verwendung von Stahl bot erstmals dieMöglichkeit, in wirtschaftlicher wie auch gestal-terischer Hinsicht Bauwerke in neuen Dimensio-nen zu erschaffen.

Die ersten Bauelemente für die Gebäudehüllewaren Wellprofile. Diese wurden als Vorläuferder heutigen Trapezprofiltafeln bereits um 1860in England verwendet. Die heute verbreitete

charakteristische Profilform kam in den 50erJahren aus den USA auf den europäischen Markt.In den USA waren bereits 20 Jahre zuvor dieersten Trapezprofile hergestellt worden. Im Jahr1946 begann die Verwendung von Stahltrapez-profilen in Deutschland. Seit 1960 gibt es diekontinuierliche Rollformung der Profiltafeln undim gleichen Jahr wurden die ersten Sandwich-elemente stückgefertigt. Seitdem haben dieseBauelemente stetig an Bedeutung gewonnen.Kaum ein anderes Bauelement hat in den letz-ten Jahrzehnten eine solch rasante Aufwärtsent-wicklung genommen.

Mit dem Einsatz der Produkte wurden auchdie technischen Grundlagen zur statischen Be-rechnung entwickelt. 1966 gab es die erstenbauaufsichtlichen Zulassungen für Trapezprofile,1983 die erste allgemeine bauaufsichtliche Zu-lassung für Sandwichelemente und 1990 wurdedie Trapezprofilnorm DIN 18807-1-3 bauaufsicht-lich eingeführt.

Die Produkte des Stahlleichtbaus sind ausdem heutigen Industrie- und Gewerbebau nichtmehr wegzudenken. Sie zeichnen sich durcheinfache konstruktive Ausbildung und damitschnelle, fast witterungsunabhängige Montage,ansprechende Optik und vor allem eine hoheWirtschaftlichkeit aus.

Abb. 2.1: Baukultur in Europa: Wohnbau

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Bauen im europäischen Kontext

2.2 Europäische Regelungen für die Bauelemente des Stahlleichtbaus

2.2.1 Allgemein

In der jungen Geschichte der Stahlleicht-bauweise konnten sich, anders als beim tradi-tionellen Wohnbau, keine wesentlichen lokalenMerkmale entwickeln (Abb. 2.2). Das Vormate-rial – der Stahl – wird von wenigen Konzernenweltweit geliefert, die global agieren. Dement-sprechend sind die eingesetzten Stähle weitest-gehend identisch. Die Technologie, einmal inden USA erfunden, verbreitete sich über dieWelt. Einige nationale Besonderheiten, die bei

Abb. 2.3: Beispiele für erforderlichen Korrosionsschutz im Stahlleichtbau in Europa

Abb. 2.2: Baukultur in Europa: Industriebau

Land

Unbeschichtetes, bandverzinktes Stahlblech im Außeneinsatz

Bandverzinktes Stahlblech mit organischer Beschichtung im Außeneinsatz

Mindestens notwendiger metallischer Überzug

Mindestens notwendiger metallischer Überzug unter organischer Beschichtung

g/m² g/m²

Deutschland Nicht zulässig 275

Irland 450 275

Finnland 350 275

Frankreich 350 275

Großbritannien 350 275

Schweden 350 275

Spanien 275 275

Konstruktionen in den jeweiligen LändernEuropas zu berücksichtigen sind, werden imFolgenden vorgestellt.

2.2.2 Korrosionsschutz

Die Anforderungen an den Korrosionsschutzunterscheiden sich in Europa – hier haben dieklimatischen Unterschiede ihre Berücksichtigunggefunden (Abb. 2.3). Je feuchter das Klima,desto größer ist der erforderliche Korrosions-schutz. In Deutschland ist die Verwendung von unbeschichtetem, bandverzinktem Materialfür Fassaden im Außeneinsatz nicht erlaubt. Imeuropäischen Ausland ist dies vielfach möglich.

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Dokumentation 567

Abb. 2.5: Beispiele für maximale Luftwechselraten in Europa

Land Luftwechselrate

n50 [1/h] bei 50 Pa

Deutschland 1,5*/3,0

Finnland 4,0

Großbritannien 4,0

Frankreich 6,0

Nordspanien 6,0

Südspanien 11,0

* Mit mechanischer Lüftung.

In Südeuropa reicht hierfür eine Beschichtungvon 275 g/m², in Irland sind hingegen 450 g/m²erforderlich. Wird eine organische Beschichtungverwendet, sind für die Dicke des metallischenÜberzugs unter der organischen Auflage die An-forderungen in Europa hingegen identisch.

2.2.3 Wärmeschutz und Luftdichtheit

Die lokalen klimatischen Bedingungen be-einflussen den Aufbau der Dach- und Wandkon-struktionen. Dies gilt sowohl für Sandwichele-mente hinsichtlich ihrer erforderlichen Dämm-dicke als auch für den Aufbau bei ein- und zwei-schaligen Konstruktionen. Eine Übersicht überdie gesetzlich vorgeschriebenen U-Werte inEuropa macht dies deutlich (Abb. 2.4).

Die europäische Produktnorm DIN EN14509 [1] gibt für ganz Europa einheitliche Be-rechnungsverfahren vor, die für die Ermittlungkorrekter U-Werte von Sandwichelementen an-gewendet werden müssen. Diese sind unbedingtzu beachten, da hier die Einflüsse aus Deckblech-geometrie und Fugenausbildung berücksichtigtsind. Ein Vernachlässigen dieser Einflüsse kannje nach Sandwichelement einen Fehler auf derunsicheren Seite liegend von bis zu 20% bewir-ken. Die Angabe eines U-Wertes für Sandwich-elemente allein aufgrund der Dämmdicke unterVernachlässigung der Deckblechgeometrie undFugenausbildung ist nicht zulässig.

Der Wärmeschutz ist nicht ohne eine luft-dichte Gebäudehülle zu sichern. Aus diesemGrund gibt es in vielen Ländern neben einer Begrenzung der U-Werte auch Mindestanforde-rungen an die Luftwechselrate (Abb. 2.5). Auchhier sind die Einflüsse der klimatischen Beson-derheiten auf die nationale Gesetzgebung klarerkennbar.

Für die Realisierung einer luftdichten Ge-bäudehülle ist im Metallleichtbau der Einsatzvon Fugenbändern unverzichtbar. Fugenbänder

werden aus Verbundwerkstoffen auf Basis einesoffenzelligen Polyurethan-Weichschaums herge-stellt, der mit einer Tränkung von Acrylaten,Chlorparaffinen oder Neopren imprägniert wird.Diese Dichtbänder entwickeln ihre Eigenschaf-ten in Abhängigkeit von der Kompression, aufdie sie im Anwendungsfall zusammengedrücktwerden. Die für die jeweilige Anforderung not-wendige Kompression der Dichtbänder ist vonHersteller zu Hersteller unterschiedlich. Eine typische Bezeichnung lautet:Bandbreite/Fugenbreite (mm) z. B. 25/3–9In diesem Dickenbereich (3–9 mm) werden dieAnforderungen nach den Beanspruchungsgrup-pen gemäß DIN 18542 [2] hinsichtlich Fugenbe-witterung, Schlagregen, Tauwasser, Luftfeuchteund Luftdichtheit erfüllt. Nur der richtige Ein-satz der Fugenbänder erlaubt eine fachgerechtePlanung der Gebäudehülle hinsichtlich bauphy-sikalischer Aspekte. Eine detaillierte Übersichtüber fachgerechte Konstruktionen unter Einsatzvon Dichtbändern sind in den IFBS-Fachregelndes Metallleichtbaus – Planung und Ausführung[3] enthalten.

Abb. 2.4: Beispiele für Referenz-U-Werte in Europa

Land

Referenz-U-Werte/äquivalente Dämmdicke für Mineralwolle 044

Außenwand Dach

W/(m²K) cm W/(m²K) cm

Finnland 0,17 25 0,09 48

Deutschland 0,28 15 0,20 21

Rumänien 0,50 8 0,34 13

Spanien 0,66 6 0,38 11

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Bauen im europäischen Kontext

2.2.4 Statische Eigenschaften

Produkte des Metallleichtbaus werden aufeuropäischer Ebene in zwei Gruppen unterteilt:tragende Produkte und selbsttragende Produkte.Die Unterscheidung zwischen tragend und selbst-tragend ist europaweit nicht einheitlich gere-gelt. Zukünftig wird für Profiltafeln (Trapez -profile, Wellprofile, Kassettenprofile) in Europaeine Unterscheidung gemäß den Konstruktions-klassen des Eurocodes DIN EN 1993-1-3 [4] ge-troffen:• Konstruktionsklasse I: Konstruktion, bei

der kaltgeformte Bauteile und Blechkon-struktionen zur Gesamttragfähigkeit einesTragwerks beitragen.

• Konstruktionsklasse II: Konstruktion, beider kaltgeformte Bauteile und Blechkon-struktionen zur Tragfähigkeit eines einzel-nen Tragwerksteils beitragen.

• Konstruktionsklasse III: Konstruktion, beider kaltgeformte Bauteile und Blechkon-struktionen lediglich der Übertragung derLasten auf das Tragwerk dienen.

Tragende Produkte sind unter Nutzung dieser Definitionen Produkte nach Konstruk -tionsklasse I und II (geregelt in DIN EN 1090[5]), selbsttragende Produkte sind Produktenach Konstruktionsklasse III (geregelt in DINEN 14782 [6]).

2.2.4.1 SandwichelementeBei den Sandwichelementen wird voraus-

sichtlich ebenfalls die obige Definition verwen-

det, jedoch sollen hier nationale RegelungenVorrang haben. In Finnland z.B. gelten Sand-wichelemente immer als tragend und in Frank-reich fast immer als selbsttragend. Diese Unter-scheidung ist wichtig für die Anwendung derdann gültigen Normen. Insbesondere in Frank-reich ist diese Einstufung für die Berechnungvon Versicherungsprämien ausschlaggebend. InDeutschland wird streng nach oben genanntenKonstruktionsklassen eingestuft.

Für selbsttragende Sandwichelemente giltDIN EN 14509, für tragende Anwendungensind weiterhin allgemeine bauaufsichtliche Zu-lassungen (abZ) des Deutschen Instituts fürBautechnik (DIBt) erforderlich (Abb. 2.6).

Der Hersteller von Sandwichelementen hatdie Wahl, ob er Produkte nur für selbsttragendeAnwendungen oder auch für tragende auf denMarkt bringt. Mit einer abZ sind individuelleMaterialsicherheitsfaktoren (γM) verbunden, diebei der Verwendung die bislang bekannten großen Stützweiten ermöglichen. Ein Inverkehr-bringen von Sandwichelementen allein mit demCE-Zeichen zwingt den Aufsteller einer stati-schen Berechnung zur Verwendung von allge-meinen Materialsicherheitsfaktoren, die unabhän-gig vom Produkt in der Liste der TechnischenBaubestimmungen des DIBt, Teil II, 5.42 undAnlage 5/23 [7] festgeschrieben sind. Da dieseWerte auch die denkbar schlechtesten Produkteabdecken müssen, sind diese γM -Werte sehrhoch und erlauben demgemäß nur geringe Stützweiten und keinen wirtschaftlichen Ein-satz. Aus diesem Grund nutzen viele Herstellerdie weitere Möglichkeit der Beantragung einer

Abb. 2.6: Bauaufsichtliche Regelung von Sandwichelementen

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Dokumentation 567

Norm hat am 01.07.2014 die Nachfolge der DIN18807-1 angetreten. DIN 18807-1 regelte früherdie Berechnung von tragenden Profiltafeln. DieTragfähigkeitswerte von Profiltafeln könnenheute durch eine Berechnung nach Eurocodeoder durch Versuche ermittelt werden. Früherwie auch heute gilt für die versuchstechnischeBestimmung DIN 18807-2. Dieser Normenteilist weiterhin gültig, da er im Nationalen An-hang von DIN EN 1993-1-3 als Norm für die ver-suchstechnische Ermittlung der Tragfähigkeitenin Deutschland weiterhin herangezogen wird(Abb. 2.8).

Zurzeit gilt für die Herstellung und Anwen-dung von tragenden Profiltafeln somit DIN EN1090. DIN EN 1090-1 ist der harmonisierte Teil,der die CE-Kennzeichnung regelt. DIN EN 1090-2regelt die Ausführung, enthält jedoch nur sehrwenige Bestimmungen für den dünnwandigenkaltgeformten Bereich. Aus diesem Grund wurdevor einigen Jahren ein neues Normungsvorhabenbegonnen, um die in DIN 18807-3 enthaltenenErfahrungen in die europäische Normung zuüberführen. Dieser neue Normenteil, DIN EN1090-4, wird zukünftig für den dünnwandigenBereich alle Regelungen enthalten und ist etwaab Ende 2016 verfügbar.

Sowohl tragende wie auch selbsttragendeProdukte sind CE-gekennzeichnet. Die Inhalteder CE-Zeichen nach DIN EN 1090-1 bzw. nach DIN EN 14782 unterscheiden sich jedochdeutlich. 1090-Zeichen enthalten deutlich mehr Produktmerkmale. Zudem unterliegen die Pro-dukte nach DIN EN 1090 einem Überwachungs-system 2+, das eine unabhängige Überwachung

2.2.4.2 Profiltafeln und KantteileDünnwandige kaltgeformte Bauteile in Form

von Profiltafeln (Trapez-, Well-, Kassettenprofile)bzw. Kantteilen sind wie oben beschrieben intragende und selbsttragende Produkte einzu-ordnen.

Selbsttragende Produkte unterliegen denRegelungen nach DIN EN 14782. Das NationaleVorwort dieser Norm besagt: „Die Produktenach dieser Norm sind für den Lastfall ,StändigeLasten‘ nur für ständige Lasten aus Eigenge-wicht der Elemente bei Unterstützungsabstän-den bis maximal 1 m geregelt.“ Darüber hinausgilt nach Aussage des DIBts [8], dass Produkte,die nach Eurocode DIN EN 1993-1-3 bemessenwerden, immer unter den Anwendungsbereichvon DIN EN 1090 fallen. Der Einsatzbereich derProdukte nach EN 14782 in Deutschland istdemnach sehr beschränkt.

Tragende Produkte müssen nach EurocodeDIN EN 1993-1-3 berechnet werden und unter-liegen den Regelungen von DIN EN 1090. Diese

Verwendungszulassung für Sandwichelemente.Hierüber erteilt das DIBt jedem Produkt indivi-duelle γM-Werte, die dann in der Zulassung auf-gelistet sind und wieder eine wirtschaftlicheBemessung erlauben (Abb. 2.7).

Tragende Sandwichelemente sind mit Ü-Zei-chen gekennzeichnet und unterliegen einerFremdüberwachung. Selbsttragende Sandwich-elemente müssen mit einem CE-Zeichen (ohneoder mit Verwendungszulassung) gekennzeich-net sein und unterliegen keiner Fremdüber -wachung.

Abb. 2.7: Bauaufsichtliche Regelung von Sandwichelementen – Kennzeichnung und Tragfähigkeit

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Bauen im europäischen Kontext

Abb. 2.8: Bauaufsichtliche Regelung von dünnwandigen kaltgeformten Bauteilen – Kennzeichnung und Tragfähigkeit

der werkseigenen Produktionskontrolle des Her-stellers einschließt. Produkte nach DIN EN 14782unterliegen lediglich dem System 4, einer reinenHerstellererklärung ohne Beteiligung einer un-abhängigen Prüf- oder Zertifizierungsstelle.

2.2.5 Freiwillige Qualitätskontrolle – EPAQ

Nach bisherigen deutschen Regelungen un-terlagen Bauelemente des Metallleichtbaus einerständigen unabhängigen Fremdüberwachungsowohl der Produktion als auch des Bauelemen-tes (Prüfung von Proben aus dem Werk). DiesesSystem ist das höchste heute in Europa mögliche(System 1+), gilt jedoch nur noch für wenigeBauprodukte. Die Systeme 2+ und vor allem 4(siehe oben) bieten eine geringere Zuverlässig-keit. Die Übereinstimmung der deklarierten Pro-dukteigenschaften wird im System 4 von keinerunabhängigen Stelle überprüft. Der Kunde musssich ganz auf die Herstellerangaben verlassenund auf die Produkthaftung des Herstellers ver-trauen.

Da dies nicht immer ausreichend ist, habensich namhafte Hersteller in Europa zu einemSystem der freiwilligen Qualitätskontrolle zu-sammengeschlossen. Die Mitglieder mit einemEPAQ-Qualitätszeichen unterliegen weiterhin wiebei dem System 1+ einer unabhängigen Fremd-überwachung.

Bei den externen Stellen, die für das EPAQ-Qualitätszeichen zusammenarbeiten, handelt essich um Labore, Audit-Spezialisten und Sachver-ständige mit großer Erfahrung und internationa-lem Renommee im Bereich Sandwichelemente

und Profile. Alle diese Gruppen arbeiten völligunabhängig von den Herstellern, sodass objek -tive Ergebnisse und ein qualitativ hochwertigesEPAQ-Qualitätszeichen gewährleistet sind. AnProdukte in EPAQ-Qualität werden zusätzlicheAnforderungen gestellt und sie müssen höherenBelastungen standhalten. Nur so kann sicherge-stellt werden, dass sie ihre Aufgabe zuverlässigund dauerhaft erfüllen. Die Produktprüfungen,die Bewertung der Materialeigenschaften undeine zweimal pro Jahr erfolgende Fremdprüfungder Produkte gewährleisten, dass diese den Anforderungen der europäischen Normen undaußerdem den Qualitätsrichtlinien von EPAQgerecht werden.

Die Qualitätsrichtlinien (Abb. 2.9), die In-haber des Qualitätszeichens und die Produkt -eigenschaften der zertifizierten Produkte sindunter www.epaq.eu einzusehen.

Abb. 2.9: EPAQ-Qualitätsrichtlinien

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Dokumentation 567

Abb. 2.11: First-Detail

Oberstes Prinzip ist, dass feuchte, warmeInnenluft nicht in die Konstruktion eindringt.Aus diesem Grund sind Dichtbänder stets ander warmen Innenseite anzuordnen und mittelsKantteilen zu komprimieren, so dass sie ihreDichtfunktion erfüllen können. Dieses Prinzipist an den nachfolgenden Konstruktionsskizzenersichtlich (Abb. 2.11, 2.12).

Zur Vermeidung von Wärmebrücken sinddurchgehende Metallteile von außen nach innenstets zu vermeiden. Bei Gebäuden mit Innen-temperaturen über 19 °C kann es erforderlichsein, darüber hinaus auch die durchgehendeDeckschale von Sandwichelementen zu unter-brechen und einen thermischen Trennschnittvon ca. 3 mm Breite vorzusehen (Abb. 2.13).Diese Maßnahme ermöglicht wärmebrückenfreieAnschlüsse von Sandwichkonstruktionen.

Eine weitere Empfehlung zur Vermeidungvon Korrosion und Schmutzablagerungen istder in Abb. 2.14 gezeigte Rückschnitt der Dämmung bei Mineralwoll-Sandwichelementen.Dieser Rückschnitt verhindert ständiges Ablau-fen von Regenwasser an der Mineralwolle. DieMineralwolle bleibt dadurch trocken, zieht kein

2.3 Europäische Regelungen für die konstruktive Ausbildung des Stahl -leichtbaus

Für den Stahlleichtbau gibt es zurzeit aufeuropäischer Ebene noch keine Ausführungs-/Anwendungsnormen, so dass die Regelung die-ses Aspektes den nichtstaatlichen Gruppen, wiez.B. den Verbänden, vorbehalten bleibt.

In Deutschland ist der IFBS, InternationalerVerband für den Metallleichtbau, der Fachregel-setzer für diesen Bereich. Der IFBS hat in einemumfangreichen Werk die Fachregeln für die Pla-nung und Ausführung von Konstruktionen desMetallleichtbaus publiziert (Abb. 2.10). DiesesFachregelwerk basiert auf der jahrzehntelangenErfahrung der beteiligten Firmen und wissen-schaftlichen Untersuchungen. Alle Aspekte derStatik, der Bauphysik, des Brandschutzes, desKorrosionsschutzes und vor allem der fachge-rechten Konstruktion und der Montage sind hiereingeflossen. Mit den publizierten Regeldetailsist ein fachgerechtes Erstellen von Metallleicht-baukonstruktionen sichergestellt.

Im Folgenden sind aus dem IFBS-Fachregel-werk auszugsweise einige Regeldetails aufge-führt. Bei all diesen Details ist stets zu beach-ten, dass eine luftdichte Gebäudehülle erstelltwerden muss, sofern es sich um ein beheiztesGebäude handelt. Die Verwendung von Dicht-bändern ist absolut erforderlich.

Abb. 2.10: IFBS-Fachregeln des Metallleichtbaus (Auszug)

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Bauen im europäischen Kontext

Wasser, Schmutz kann sich nicht anheften unddie Deckschalen können immer wieder abtrock-nen. Bei PUR-/PIR-Sandwichelementen ist die-ser Rückschnitt nicht erforderlich (Abb. 2.15),da der Dämmstoff nicht saugfähig ist und sichaußerdem kein Schmutz einlagern kann.

Abb. 2.13: Ortgang-Detail Abb. 2.12: Attika-Anschluss

Abb. 2.14: Trauf-Detail mit MW-Sandwichelement Abb. 2.15: Trauf-Detail mit PUR-/PIR-Sandwichelement

Darüber hinaus ist ein zweiter Aspekt, derkonstruktive Korrosionsschutz, von besondererBedeutung. Fachgerecht konstruieren bedeutetauch, dass immer luftumspülte Kanten undSchnittflächen zu planen sind. In Abb. 2.15muss die Schnittfläche des unteren Deckblechs

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Dokumentation 567

Planung und Ausführung in beiden Ländern inden nächsten Jahren zunehmend angeglichenwird.

In Frankreich sind zum Ende des Jahres2014 neue Anwendungsregeln für Dach- undWand-Sandwichelemente und für zweischaligeKonstruktionen herausgegeben worden. Diese„Règles de l’Art Grenelle Environnement“ (RAGE)stellen derzeit in Frankreich die Empfehlungendar, wie der Metallleichtbau zu planen und aus-zuführen ist.

Darüber hinaus gibt es noch Anwendungs-regeln in Großbritannien über die Verbände EPICund MCRMA. Weiter gehende Empfehlungen inanderen europäischen Ländern bestehen nicht.In diesen Ländern sind vielmehr die wesentli-chen Hersteller der Produkte die Regelsetzer.Über ihre technischen Informationen beschrei-ben diese Hersteller die richtige Anwendungder Produkte.

2.4 Ausblick

Unterschiedliche gesetzliche Regelungen inEuropa bedingen verschiedenste Konstruktions-tiefen im Metallleichtbau. In einigen Ländernwird die Anwendung der Produkte über Fach -regeln der nationalen Verbände geregelt. Da esdiese Fachregelsetzer zurzeit im EU-Raum nurin wenigen Ländern gibt (Deutschland, Frank-reich, Großbritannien, Niederlande, Polen), wer-

des Sandwichelementes frei luftumspült sein,um eine Abtrocknung zu ermöglichen. BeiTropfleisten müssen aus dem gleichen GrundAbstände zu den aufgehenden Bauteilen vonmindestens 6 mm (Abb. 2.16, 2.17) eingehaltenwerden. Dieser Mindestabstand gewährleistetein Abtrocknen der Schnittflächen und vermin-dert Schmutzablagerungen.

Bei jeder Planung sollte jedoch hinterfragtwerden, ob eine Tropfleiste wirklich erforder-lich ist. Gerade im Sockelbereich ist sie oft un-nötig, da dort das Wasser ungehindert und ohneVerschmutzungen am Sockel zu verursachen, inden Boden bzw. das Kiesbett abtropfen kann.

Durch diese einfachen konstruktiven Festle-gungen können Gebäudehüllen erstellt werden,die ihre Funktionen in technischer wie in ästhe-tischer Hinsicht über viele Jahrzehnte erfüllen.

In anderen Ländern werden die lokalen Anforderungen an die Gebäudehülle zum Teilabweichend von den oben genannten Details ge-löst. Dies ist meist auf die jeweiligen gesetz-lichen Anforderungen zurückzuführen. In Län-dern, in denen der Wärmeschutz eine geringereBedeutung hat als in den mittel- und nordeuro-päischen Ländern, kann vielfach auf eine sehrdichte Gebäudehülle verzichtet werden, um dieSchutzziele zu erreichen.

In Polen sind ebenfalls die IFBS-Fachregelngültig. Diese werden über den polnischen Ver-band DAFA ins Polnische übersetzt und ver-öffentlicht, sodass der technische Stand der

Abb. 2.16: Detail – Sockelanschluss mit Perimeterdämmung Abb. 2.17: Detail – Sockelanschluss mit Sandwichsockel

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Bauen im europäischen Kontext

[3] IFBS-Fachregeln des Metallleichtbaus – Pla-nung und Ausführung; IFBS 2014

[4] DIN EN 1993-1-3, Bemessung und Kon-struktion von Stahlbauten – Teil 1–3: AllgemeineRegeln – Ergänzende Regeln für kaltgeformteBauteile und Bleche; Beuth-Verlag 2010/12

[5] DIN EN 1090, Ausführung von Stahltrag-werken und Aluminiumtragwerken; Beuth-Verlag,2012

[6] DIN EN 14782, Selbsttragende Dachde-ckungs- und Wandbekleidungselemente für dieInnen- und Außenanwendung aus Metallblech –Produktspezifikation und Anforderungen; Beuth-Verlag 2006/03

[7] DIBt-Mitteilungen, Teil II der Liste der Tech-nischen Baubestimmungen; Ausgabe 2, 28. Juli2014

[8] Dr.-Ing. Karsten Kathage: Verlängerung derKoexistenzperiode von EN 1090-1 und den be-troffenen nationalen technischen Regeln biszum 01.07.2014; DIBt-Newsletter 3/2012

den die Ausführungsstandards in den anderenLändern vornehmlich von den lokalen Markt-führern definiert.

Aus diesem Grund haben es sich die Ver-bände IFBS und PPA-Europe zur Aufgabe ge-macht, europäische Empfehlungen für die kon-struktive Ausbildung von Dach und Wand imMetallleichtbau zu erarbeiten. Diese Empfeh-lungen sollen zukünftig eine Richtschnur fürfachgerechtes Konstruieren bieten und den international tätigen Firmen eine Hilfestellunggeben, in jedem Land eine optimale Lösung an-zubieten.

2.5 Literatur

[1] DIN EN 14509, Selbsttragende Sandwich-Elemente mit beidseitigen Metalldeckschichten –Werkmäßig hergestellte Produkte – Spezifikatio-nen; Beuth-Verlag 2013/12

[2] DIN 18542, Abdichten von Außenwand-fugen mit imprägnierten Fugendichtungsbändernaus Schaumkunststoff – Imprägnierte Fugen-dichtungsbänder – Anforderungen und Prüfung;Beuth-Verlag 2009/07

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Dokumentation 567

3 Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit – Maßgaben für moderne GebäudehüllenUniv.-Prof. Dr.-Ing. Markus Kuhnhenne

3.1 Einleitung

In den vergangenen Jahren haben die The-menbereiche Bauphysik, Energieeffizienz undNachhaltigkeit bei der Konzeption, Planung undAusführung von Gebäudehüllen stark an Bedeu-tung gewonnen. Diese Aspekte sind Maßgabenfür die Neu- und Weiterentwicklung von Dach-und Außenwandkonstruktionen des Stahlleicht-baus. Dabei muss der gesamte Lebenszyklus derBauprodukte im Gebäudekontext berücksichtigtwerden, siehe Abb. 3.1.

3.2 Moderne Gebäudehüllen in Stahlleicht-bauweise

Bei Industrie- und Gewerbegebäuden werdenüberwiegend industriell hergestellte Produkteund Konstruktionen des Stahlleichtbaus verwen-det, siehe Abb. 3.2.

In zunehmendem Maße werden diese Pro-dukte und Konstruktionen auch bei Büro- undVerwaltungsbauten sowie weiteren Nutzungs -arten verwendet. Beim Zusammenfügen derEinzelelemente entstehen Bauteilanschlüsse, dieu.a. die Anforderungen an die bauphysikalische

und energetische Qualität erfüllen müssen. Ne-ben den wichtigen Aspekten der mechanischenBeanspruchbarkeit, der Wirtschaftlichkeit undder Verarbeitbarkeit sind die in Abb. 3.3 aufge-führten Maßgaben zu beachten.

3.3 Bauphysikalische Aspekte

3.3.1 Allgemeines

Bauphysikalische Eigenschaften von Bau-stoffen, Bauteilen und Baukonstruktionen wer-den verschiedenen Themenbereichen der Bau-physik zugeordnet, dazu gehören u. a. Schall-schutz, Brandschutz, Wärmeschutz, Feuchte-schutz und Luftdichtheit. Die Bereiche Wärme-schutz, Feuchteschutz und Luftdichtheit sindeng miteinander verknüpft und können auchunter dem Begriff „hygrothermische Bauphysik“zusammengefasst werden.

In den nachfolgenden Abschnitten werdendiese Bereiche aufgegriffen und anhand der ent-sprechenden normativen Regeln diskutiert undbeschrieben. In diesem Zusammenhang kommtder Luftdichtheit eine besondere Bedeutung zu.

Abb. 3.1: Lebenszyklus im Gebäudekontext

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Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

Die Luftdichtheit von Gebäudehüllen ist eineGrundvoraussetzung für die Energieeffizienz undNachhaltigkeit von modernen Gebäuden. Sie istnicht nur erforderlich, um den Lüftungswärme-transfer zu minimieren, sondern auch, um dieDurchströmung und somit den Feuchteeintraginfolge Konvektion durch bzw. in Bauteile zuverhindern. Anforderungen an die Luftdichtheitergeben sich außerdem aus den BereichenSchall- und Brandschutz. Zum einen soll u. a. die Schallübertragung („Luftschall“) reduziertwerden, zum anderen wird beispielsweise dieAusbreitung von Bränden durch luftundichteGebäudehüllen begünstigt.

Abb. 3.2: Beispiele für Bauprodukte und Konstruktionen des Stahlleichtbaus

Abb. 3.3: Maßgaben für moderne Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise

Die Energieeinsparverordnung von 2014(EnEV 2014) [1] fordert, dass „zu errichtendeGebäude so auszuführen sind, dass die wärme-übertragende Umfassungsfläche einschließlichder Fugen dauerhaft luftundurchlässig entspre-chend den anerkannten Regeln der Technik ab-gedichtet ist.“ In DIN 4108-3 [2] sind darüberhinaus Ausführungen zur Luftdichtheit zu fin-den, wonach „Wände und Dächer luftdicht seinmüssen, um eine Durchströmung und Mitfüh-rung von Raumluftfeuchte, die zu Tauwasser -bildung in der Konstruktion führen kann, zuunterbinden“.

Profil

Sandwichelement

Konstruktion

Trapez Welle

Polyurethan

Sandwich

Mineralfaser

Kassette

Bauphysik Energieeffizienz Nachhaltigkeit

Schallschutz Transmissionswärmetransfer Ökologische Qualität

Brandschutz Lüftungswärmetransfer Kosten im Lebenszyklus

Wärmeschutz Passive Nutzung Solarenergie Behaglichkeit und Komfort

Feuchteschutz Aktive Nutzung Solarenergie Lebenswegqualitäten

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Dokumentation 567

3.3.2 Schallschutz

Grundsätzlich ist bei der Planung und Aus-führung von Schallschutzmaßnahmen zu unter-scheiden, ob vorrangig die Schalldämmung (d.h.die Minderung der Lärmweiterleitung aus demGebäude von innen nach außen) oder dieSchalldämpfung bzw. Schallabsorption (d.h. dieDämpfung des Schalls innerhalb des Gebäudesselbst) erreicht werden soll.

Für die Nutzung eines Gebäudes ist es uner-lässlich, eine akustische Mindestqualität der Ge-bäudehülle sicherzustellen. Durch die schalltech-nische Qualität eines Raumes werden im Wesent-lichen die akustische Behaglichkeit und das Zufriedenheitsgefühl des Nutzers bestimmt. DIN4109 [3] regelt hierbei die Mindestanforderungenan den baulichen Schallschutz, deren Unter-schreitung für Neubauten und Modernisierun-gen mit Eingriff in die Bausubstanz unzulässig ist.Unzumutbare Belästigungen für den Nutzer wer-den hierdurch ausgeschlossen. Darüber hinaus istder Schallschutz eines Gebäudes so zu planen,dass die Konzentrationsfähigkeit der Menschenermöglicht wird, der Vertraulichkeitsschutz ge-wahrt wird und Personen mit eingeschränktemHörvermögen nicht benachteiligt werden.

Eine sehr gute Luftschalldämmung kann imStahlleichtbau beispielsweise durch einen mehr-schichtigen Aufbau erreicht werden. Die IFBS-Schrift 4.06 „Schallschutz im Stahlleichtbau“ [4]bietet eine Zusammenstellung geeigneter Dach-und Außenwandaufbauten und der dazugehöri-gen bewerteten Schalldämmmaße.

Erhöhten Anforderungen an den Schallschutzim Stahlleichtbau kann durch den Einsatz alter-nativer Materialien begegnet werden, wie z.B.Mineralfaserplatten höherer Rohdichte, Schall-schluck- und Gipsfaserplatten im Wandaufbauoder eine Bekiesung des Dachaufbaus. Zudemkann es erforderlich sein, Dach- und Wandab-schnitte durch Fugen zu trennen, um die Weiter-leitung des Schalls über den Baukörper (Körper-schall) zu vermindern.

3.3.3 Brandschutz

Unter dem Überbegriff Brandschutz werdenalle Maßnahmen zusammengefasst, die der Ent-stehung eines Brandes (vorbeugender Brand-schutz) und der Ausbreitung von Feuer undRauch vorbeugen sowie im Falle eines Brandesdie Rettung von Mensch und Tier ermöglichen(abwehrender Brandschutz). Beim vorbeugendenBrandschutz kann zwischen dem baulichen, demanlagentechnischen und dem organisatorischenBrandschutz unterschieden werden.

Maßnahmen des baulichen Brandschutzessind sehr vielfältig und reichen von den ver-wendeten Baustoffen und Bauteilen (DIN 4102[5]) über den bautechnischen Brandschutz inIndustriebauten (DIN 18230 [6]) und die Flucht-wegplanung bis zu Löschanlagen in Gebäuden.Hier sind insbesondere folgende Aspekte zu be-rücksichtigen:• Brandverhalten von Baustoffen• Feuerwiderstand der Bauteile• Aufteilung der Gebäude in Brandabschnitte

und Brandbekämpfungsabschnitte• Fluchtwegplanung• aktive Brandbekämpfung durch automatische

Brandmelde- und Löschanlagen

Der anlagentechnische Brandschutz beschäf-tigt sich in erster Linie mit Brandmelde- und automatischen Feuerlöschanlagen, aber auch mitden Anlagen zur Bevorratung und Versorgungmit Löschwasser.

Die Bestellung von Brandschutzbeauftragten,die Erstellung von Brandschutzplänen, Alarm-organisation sowie die Schulung des Verhaltensim Brandfall und im Umgang mit brennbarenStoffen oder Zündquellen zählen zum organisa-torischen Brandschutz.

Der abwehrende Brandschutz umfasst alleTätigkeiten der Feuerwehr. Hier liegt heutzutageder Fokus auf der Reduktion der Begleitschäden,da diese oft ein Vielfaches des Primärschadensausmachen.

Aus baurechtlicher Sicht werden aufgrunddes gesetzlichen Auftrags zur Sicherstellung derErfüllung der Schutzziele Mindestanforderungenan Bauteile formuliert, die in den jeweiligenLandesbauordnungen sowie den zugehörigenVerordnungen, Richtlinien und Ausführungsvor-schriften beschrieben sind. Der Bezug dieserverbal beschriebenen Anforderungen zu klassi-fizierten Bauteilen wird durch Prüfnormen her-gestellt, die von Fachgremien unter der Beteili-gung gesetzgebender Kreise, den Feuerwehren,der produzierenden Industrie, dem Handwerkund Prüfinstituten sowie der Versicherungswirt-schaft erarbeitet werden. Diese dienen somit derRealdefinition von Anforderungen an das Brand-verhalten. Aus versicherungstechnischer Sichtwerden unter der Zielsetzung verbesserter Scha-densverhütung Empfehlungen gegeben, die überdie Mindestanforderungen hinausgehen.

Bei der Betrachtung des Brandschutzes imStahlleichtbau stehen insbesondere Dächer desIndustrie- und Gewerbebaus im Fokus. Hierreicht eine alleinige Bewertung des Brandver-haltens und des Brandbeitrags großflächiger Dächer nach DIN 4102-2 und DIN 4102-7 nicht

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Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

aus. Vielmehr wird das Zusammenwirken derunterschiedlichen eingesetzten Baustoffe erstdurch weitere Systemprüfungen im Brandfall be-wertbar. Der bauliche Brandschutz großflächigerDächer bei Brandbeanspruchung von unten wirddurch die DIN 18234 [7] umfänglich geregelt.Die IFBS-Schriften 6.02 „Brandschutz – Grund-lagen des Brandschutzes im Metallleichtbau“ [8]und 6.01 „Brandschutz – Baulicher Brandschutzbei großflächigen Dächern nach DIN 18234“[9] enthalten weiterführende Informationen zudiesen Themen.

3.3.4 Wärmeschutz

Um einen ausreichenden Wärmeschutz nach-zuweisen, kann die thermische Qualität von Bau-teilen im thermisch homogenen Bereich nachDIN EN ISO 6946 [10] bestimmt werden. Darüberhinaus sind in DIN EN ISO 10211 [11] numeri-sche Verfahren und Methoden für die Beurteilungvon thermisch inhomogenen Bauteilen gegeben.Ausgehend von diesen Berechnungsansätzenkönnen die verschiedenen Wärmedurchgangs-koeffizienten von Konstruktionen im Element-und Bauteilanschlussbereich (U in W/(m2·K); Ψ in W/(m·K); χ in W/K) bestimmt werden.

Für Nichtwohngebäude stellt die EnEV 2014sowohl für Neubauten als auch für Sanierungs-maßnahmen Anforderungen an Höchst- bzw. Referenzwerte der Wärmedurchgangskoeffizien-ten. Hinsichtlich des Innenraumklimas wird da-bei zwischen normaltemperierten (≥ 19 °C) undniedrigtemperierten (12 bis 19 °C) Gebäudenunterschieden.

Die gemittelten Höchstwerte sind in die-sem Zusammenhang in jedem Fall einzuhalten,während sich die Referenzwerte auf die Aus-führung eines im Rahmen der EnEV 2014 defi-nierten Referenzgebäudes beziehen. Bindend istallerdings der Jahres-Primärenergiebedarf diesesReferenzgebäudes. Abweichungen von einzel-nen Referenzwerten sind daher möglich, solangedie Anforderungen an den Jahres-Primärenergie-bedarf erfüllt werden. Beispielsweise kann eineÜberschreitung des Referenzwertes des Wärme-durchgangskoeffizienten im Dachbereich durcheine ausreichend große Unterschreitung im Außenwandbereich kompensiert werden.

Für niedrigtemperierte Neubauten ist füropake Außenbauteile ein gemittelter Höchstwertvon 0,5 W/(m2·K) einzuhalten; der Referenz-wert für Dach- und Außenwandkonstruktionenbeträgt jeweils 0,35 W/(m2·K). Bei normal -temperierten Neubauten müssen opake Außen-bauteile den gemittelten Höchstwert von 0,35W/(m2·K) erfüllen. In Bezug auf die zugehörigen

Referenzwerte wird zwischen Dach- und Außen-wandbauteilen unterschieden. Für Dächer ist0,20 W/(m2·K), für Außenwände 0,28 W/(m2·K)maßgebend.

Sanierungsmaßnahmen an Dach- und Au-ßenwandkonstruktionen von niedrigtemperier-ten Gebäuden müssen beim Bauteilnachweiszur Unterschreitung des Höchstwerts von 0,35W/(m2·K) führen, bei normaltemperierten Ge-bäuden beträgt der zulässige Höchstwert fürDachflächen mit Abdichtung 0,20 W/(m2·K),für Außenwände und sonstige Dachkonstruktio-nen 0,24 W/(m2·K).

Im Bereich von linienförmigen Bauteilan-schlüssen im Stahlleichtbau ist grundsätzlichein pauschaler Wärmebrückenzuschlag von 0,1 W/(m2·K) bei der Bestimmung des Jahres-Primärenergiebedarfs zu berücksichtigen. Da-von abweichend dürfen – sofern sie für diekonkrete Anschlusssituation bekannt sind – dielängenbezogenen Wärmedurchgangskoeffizien-ten angesetzt werden, siehe IFBS-Schrift 4.03„Wärmebrückenatlas der Metallsandwichbau-weise“ [12].

Anforderungen, die über die der EnEV 2014hinausgehen, werden beispielsweise an Gebäudegestellt, die den Passivhausstandard [13] er -füllen sollen. Zur Erreichung dieses Standardswird u.a. gefordert, dass der Wärmedurchgangs-koeffizient von opaken Außenbauteilen unter0,15 W/(m2·K) liegt und die Wärmebrücken anallen Anschlüssen, Kanten, Ecken und Durch-dringungen so weit wie möglich reduziert bzw.vermieden werden.

3.3.5 Feuchteschutz

Der klimabedingte Feuchteschutz von nichtklimatisierten Gebäuden mit wohn- oder wohn-ähnlicher Nutzung wird normativ in DIN 4108-3geregelt. Hinsichtlich der Anforderungen wirddabei unterschieden zwischen• der Vermeidung kritischer Luftfeuchten an

Oberflächen,• der Vermeidung von Tauwasserbildung im

Inneren von Bauteilen,• dem Schlagregenschutz von Wänden und• der Luftdichtheit.

Die Vermeidung kritischer Luftfeuchten anOberflächen wird nach EnEV 2014 bauaufsicht-lich gefordert und wird i.A. mit dem Begriff„Mindestwärmeschutz“ bezeichnet. Der Mindest-wärmeschutz ist Gegenstand von normativenRegelungen in DIN 4108-2 [14]. Die Vermeidungvon Tauwasserbildung im Inneren von Bautei-len wird in DIN 4108-3 sowie in material- bzw.

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Dokumentation 567

zur Sicherstellung der Verdunstungsmöglich kei -ten kann durch konstruktive Maßnahmen oderBeschichtungen erzielt werden.

Im weiteren Verlauf werden die Anforderun-gen zur Einhaltung des Mindestwärmeschutzeskonkretisiert und anhand eines Praxisbeispielserläutert. Die Methoden und Kriterien zur Beur-teilung der Vermeidung von Tauwasser im Bau-teilinneren werden anschließend ebenfalls kurzumrissen.

Der Mindestwärmeschutz nach DIN 4108-2fordert für homogene, „leichte“ Bauteile mit ei-ner flächenbezogenen Masse von weniger als100 kg/m2 – womit Bausysteme des Stahlleicht-baus im Wesentlichen erfasst werden – einenWärmedurchgangswiderstand von mehr als1,75 m2·K/W. Daraus ergeben sich für Dach-bzw. Außenwandkonstruktionen maximal zu-lässige Wärmedurchgangskoeffizienten von0,52 W/(m2·K).

Zusätzlich wird im Bereich von Wärme-brücken eine maximale relative Luftfeuchte ander Bauteiloberfläche von 80 % gefordert. UnterBerücksichtigung der in DIN 4108-2 und DIN4108-3 zu findenden Klimarandbedingungen er-gibt sich daraus ein Temperaturfaktor von min-destens 0,7 bzw. eine Bauteilinnenoberflächen-temperatur von mindestens 12,6 °C.

Da Tauwasserbildung erst ab 100 % relativerLuftfeuchte möglich ist, ist die Unterschreitungdieses Grenzwertes für die Vermeidung von Tau-wasser maßgebend. Die Forderung nach maximal80 % relativer Luftfeuchte für kapillar saugfähigeOberflächen ergibt sich aus gesundheitlichenAnforderungen. Tritt über einen längeren Zeit-raum eine Luftfeuchte von mehr als 80 % auf, sokann es zur Bildung von Schimmelpilzen an sol-chen Bauteiloberflächen kommen (Abb. 3.5).

Anhand eines Praxisbeispiels sollen zum ei-nen die Einflüsse von materialbedingten Wärme-brücken und zum anderen die Auswirkungenunterschiedlicher klimatischer Randbedingun-gen aufgezeigt werden. Für eine Kassettenwandmit d = 60 mm und 3 mm Trennstreifen wurdennumerische Berechnungen auf Grundlage desNormklimas nach DIN 4108-2 und auf Basis eines nutzungsspezifischen Realklimas durchge-führt.

konstruktionsspezifischen Normen gefordert(z.B. DIN 68800-2 [15] bei Verwendung vonHolz und Holzwerkstoffen). Die dauerhafteLuftundurchlässigkeit der Gebäudehülle wirdnach EnEV 2014 aus Energiespargründen undnach DIN 4108-3 aus Feuchteschutzgründen ge-fordert. Damit sollen nicht nur energetischeVerluste (d.h. Lüftungswärmeverluste) reduziert,sondern es soll auch eine Durchströmung desBauteils (d.h. konvektiver Feuchteeintrag in dasBauteil) verhindert werden. Die beschriebenenZusammenhänge können anhand des hygrother-mischen Dreiecks verdeutlicht werden (Abb.3.4).

Hinweise zu Planung und Ausführung einerluftdichten Gebäudehülle in Stahlleichtbauweisefinden sich u. a. in DIN 4108-7 [16], DIN 18542[17] und in der IFBS-Schrift 4.02 „Fugendicht-heit im Stahlleichtbau“ [18].

Der Schlagregenschutz ist normativ eben-falls u.a. in DIN 4108-3 und DIN 18542 geregelt.Der Schlagregenschutz einer Außenwand zur Begrenzung der kapillaren Wasseraufnahme und

Abb. 3.5: Nachweiskriterien: relative Luftfeuchte, Temperatur und Temperaturfaktor

Abb. 3.4: Hygrothermisches Dreieck zur Verdeutlichung bauphysikalischer Zusammenhänge

Relative Luftfeuchte Temperatur Temperaturfaktor

Tauwasser φ < 100 % θ > 9,3 °C fRsi > 0,57

Schimmelpilz φ < 80 % θ > 12,6 °C fRsi > 0,70

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Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

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Realklima3 mm Trennstreifen

Normklima3 mm TrennstreifenRealklima40 mm Zusatzdämmung

Abb. 3.6: Mindestwärmeschutz 160-mm-Kassettenelement – PraxisbeispielTauwasserbildung rechnerisch

Abb. 3.7: Praxisbeispiel Tauwasserbildung real

Die Norm setzt raumseitig 20 °C mit 50 %relativer Feuchte an, wohingegen das Realklimainnen 15° C mit 80 % relativer Feuchte beträgt.Auf der Außenseite wird für beiden Varianten -5° C angesetzt.

Das Kassettenprofil hat eine Baubreite von600 mm, wobei der Kassettensteg in der Mittedes Diagramms bei „0,30 m“ zu finden ist, sieheAbb. 3.6. Zusätzlich zu den beiden Verläufen derrelativen Luftfeuchte an der Innenoberfläche inGrau ist der Grenzwert für Tauwasser in Blaubei 100 % dargestellt. Da das Kassettenprofil einenicht kapillar saugfähige Oberfläche besitzt, istdie Untersuchung im Hinblick auf Schimmel-bildung wenig zweckmäßig.

Es ist zu erkennen, dass der Kassettenstegeine enorme Wärmebrückenwirkung erzeugt.Die Temperatur im Stegbereich sinkt stark ab.Da Luft mit abnehmender Temperatur immerweniger Feuchtigkeit aufnehmen kann, steigtbei konstanter absoluter Feuchtigkeit die relativeLuftfeuchtigkeit an.

Für die Berechnung mit Normklima liegt dierelative Luftfeuchte auf der Bauteiloberflächeüberall unterhalb von 100 %, sodass keine Tau-wasserbildung zu erwarten ist. Berücksichtigtman in der Untersuchung allerdings die real vor-handenen Klimabedingungen, so kommt es imStegbereich rechnerisch (Abb. 3.6) und in derRealität (Abb. 3.7) zu Tauwasserbildung.

Als mögliche Sanierungsmaßnahme wirdder Einfluss einer anstelle des Trennstreifens an-geordneten Zusatzdämmung von 40 mm Dickeuntersucht. Wie die grüne Kurve in Abb. 3.6zeigt, kann so die Tauwasserbildung im Stegbe-reich auch unter Realklimabedingungen ver-mieden werden.

Zur Bewertung des feuchteschutztechnischenVerhaltens von eindimensionalen, homogenenBauteilen wird in der Regel das stationäre Hand-rechenverfahren nach Glaser verwendet, das inDIN 4108-3 beschrieben ist.

Dabei wird zur Beurteilung des Kondensat -risikos die vorhandene Wasserdampfkonzentra-tion in der im Bauteil eingeschlossenen Luftmit der temperaturabhängigen Wasseraufnahme-kapazität der Luft verglichen. Als Ergebnis lässtsich die Wahrscheinlichkeit der Tauwasserbil-dung im Bauteil abschätzen.

Der Feuchteschutz des betrachteten Bau-teils gilt nach DIN 4108-3 als gewährleistet, sofern innerhalb des Bauteils kein Tauwasserauftritt. Kommt es zur Tauwasserbildung imBauteil, ist ein ausreichender Feuchteschutz ge-geben, wenn das Bauteil nicht durch das Tau-wasser geschädigt wird und die anfallende Tau-wassermasse in einem bestimmten Zeitraum

wieder aus dem Bauteil an die Umgebung abge-geben werden kann. Außerdem sind bauteil-bzw. baustoffabhängige Grenzwerte der Tau-wassermasse einzuhalten und die Vorgaben ent-sprechender materialspezifischer Normen zubeachten.

Für zwei- oder dreidimensionale Fragestel-lungen existieren numerische Verfahren, mitdenen Effekte infolge instationärer Klimarand-bedingungen und veränderlicher Materialeigen-schaften berücksichtigt werden können. Da-durch lässt sich der Feuchteschutz von Bauteilenrealitätsnäher und wirtschaftlicher bewerten(vgl. DIN EN ISO 15026 [19]).

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Dokumentation 567

3.4.2 Transmissionswärmetransfer

Im Industrie- und Gewerbebau werden viel-fach Stahl-Kassettenprofile und Stahl-Sandwich-elemente bei der Herstellung von Gebäudehüllenverwendet.

Stahl-Kassettenkonstruktionen bestehen ausraumseitig angeordneten Profilen mit 0,75 mmbis 1,50 mm Materialstärke, in die Wärmedäm-mung eingelegt wird. Die Dicke der Wärme-dämmung entspricht dabei der Steghöhe desKassettenprofils. Von außen werden Trapez-profile mittels (Distanz-)Schrauben am Flanschdieser Profile befestigt. Durch die Verwendungeines 3 mm dünnen Trennstreifens zwischendem warmen Kassettenprofil (innen) und demkalten Trapezprofil (außen) können die auftre-tenden Wärmebrückeneffekte nur sehr unzu-reichend verringert werden (Abb. 3.9, links).Die Wärmedämmeigenschaft der Stahl-Kassetten-konstruktion kann allerdings durch die Anord-nung einer vollflächigen Wärmedämmschichtzwischen Kassetten- und Trapezprofil deutlichverbessert werden (Abb. 3.9, rechts).

Auf Basis dieser geometrischen und kon-struktiven Rahmenbedingungen werden numeri-sche Untersuchungen verschiedener Kassetten-

Abb. 3.9: Konventionelle (links) und thermisch optimierte (rechts) Stahl-Kassettenwand

3.4 Energieeffiziente Gebäude in Stahlleicht-bauweise

3.4.1 Allgemeines

Bereits seit Jahrzehnten ist die Energieein-sparung Gegenstand von Gesetzgebung undNormung. In der Wärmeschutzverordnung 1995wurde erstmals ein Verfahren eingeführt, dasWärmegewinne (solare und interne Wärme-quellen) und Wärmeverluste (Transmission, Lüf-tung) während der Heizperiode bilanziert.

Abb. 3.8: Steigerung der energetischen Qualität und Einfluss auf den Heiz -wärmebedarf

Mit Steigerung der energetischen Qualitätvon Gebäudehüllen durch Realisierung eineshöheren Dämmstandards, Vermeidung von Wär-mebrückeneffekten und luftdichte Ausführungder Gebäudehülle lässt sich der Transmissions-und Lüftungswärmetransfer der Gebäudehüllewährend der Heizperiode deutlich reduzieren,siehe Abb. 3.8.

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konstruktionsvarianten durchgeführt. Die Ergeb-nisse sind in Abb. 3.10 dargestellt. Für das vor -gestellte Diagramm werden Kassettenprofilemit einer Materialstärke von 0,75 mm und Wär-medämmung der WLS 035 verwendet. Anhanddes in Abb. 3.11 dargestellten schematischenQuerschnitts werden die Variationsparametererläutert.

Die Dämmstoffdicke dc in der Kassette er-gibt sich aus der Steghöhe der Kassettenprofile,die zwischen 100 und 240 mm liegt. Eine even-tuell vorhandene zusätzliche Dämmschicht (40oder 80 mm) wird durch den Parameter Δdcberücksichtigt. Die gesamte DämmstoffdickeDc entspricht der Abszisse des Diagramms inAbb. 3.10.

Die minimale Dämmstoffdicke ergibt sichfür ein 100 mm Kassettenprofil mit einem 3 mmTrennstreifen (dTr x bTr = 3 x 60 mm), der un-mittelbar im Stegbereich angeordnet ist, wäh-rend für ein 240 mm Kassettenprofil mit einerzusätzlichen Dämmschicht von 80 mm die ge-samte Dämmstoffdicke 320 mm beträgt.

Abb. 3.11: Schematischer Quer-schnitt einer Stahl-Kassetten -konstruktion

tNi2·tNitNe

2·tNi

bFlbTr

b

dTr

dcΔdc

ddΔdd

Dd

Dc

Abb. 3.10: Wärmedurchgangskoeffizienten und Anforderungen bei Kassettenelementen

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1.0

100 120 140 160 180 200 220 240 260 280 300 320

U-W

ert [

W/(m

²·K

)]

Dämmstoffdicke [mm]

KAS+ 3 mm

KAS+ 40 mm

KAS+ 80 mm

DIN 4108-2

EnEV Ref.,12 - 19 °C

EnEV San.,12 - 19 °C

EnEV Ref.,≥ 19 °C

EnEV San.,≥ 19 °C

Passivhaus

Neben den beschriebenen Variationsgrößenwird die Baubreite der Kassette mit b = 600 mmund der Flansch des Stahl-Kassettenprofils miteiner Breite bFl = 40 mm angesetzt. Die Wärme-leitfähigkeiten der eingesetzten Materialien wer-den gemäß DIN EN ISO 10456 [20], DIN 4108-4[21] und der IFBS-Schrift 4.02 gewählt.

Die grüne Kurve in Abb. 3.10 zeigt den Wärmedurchgangskoeffizienten von Kassetten-wänden mit 3 mm Trennstreifen in Abhängig-keit von der Dämmstoffdicke. Die beiden blauen

Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

Kurven stellen die Wärmedurchgangskoeffizien-ten von Kassettenwänden mit 40 bzw. 80 mmzusätzlicher Dämmschicht dar. Außerdem sinddie in Abschnitt 3.3.4 und 3.3.5 beschriebenenAnforderungen an den Wärmedurchgangsko-effizienten nach DIN 4108-2, EnEV 2014 undPassivhausstandard in Grau abgebildet.

Die Ergebnisse zeigen, dass grundsätzlicheine durchgehende Dämmschicht von mindes-tens 40 mm zwischen Kassette und außenseiti-gem Profil angeordnet werden sollte. Dies giltunabhängig davon, ob es sich um einen Neubauoder um eine Sanierungsmaßnahme handelt, so-wie unabhängig davon, ob ein niedrig- odernormaltemperiertes Gebäude betrachtet wird.

Stahl-Sandwichkonstruktionen werden auseinzelnen industriell hergestellten Sandwichele-menten zusammengesetzt. Diese Elemente be-stehen in der Regel aus zwei dünnen Stahldeck-schichten, die über einen Dämmstoffkern ausPolyurethan-Hartschaum (PU) oder aus Mineral-faser (MF) schubfest miteinander verbundensind. Die Stahloberflächen sind mit Linierung,Trapez- oder Wellprofilierungen erhältlich. InAbb 3.12 sind beispielhaft Sandwichkonstruk-tionen für Dach und Außenwand dargestellt.

Bei der Bestimmung des Bemessungswertesdes Wärmedurchgangskoeffizienten nach DINEN 14509 [22] müssen die Profilgeometrie desElementes und die Wärmebrückenwirkung derLängsfuge berücksichtigt werden. Die Berech-nung erfolgt entweder mit Hilfe des vereinfach-ten Verfahrens nach DIN EN 14509 oder mittelsnumerischer Verfahren nach DIN EN ISO 10211.

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Dokumentation 567

Abb. 3.13: Fugentyp 1 (oben) und Fugentyp 3 (unten)

3.4.3 Lüftungswärmetransfer

Der Lüftungswärmetransfer eines Gebäudeshängt in unterschiedlicher Weise von der Wind-geschwindigkeit, der Windrichtung, der Tem-peraturdifferenz zwischen innen und außen,der Gebäudeform, der Dichtheit des Gebäudes,

Abb. 3.12: Stahl-Sandwichwand (links) und Stahl-Sandwichdach (rechts)

Für die nachfolgende Untersuchung werdenzwei Sandwichelemente mit zwei unterschiedli-chen Fugentypen (1 und 3, Abb. 3.13) sowieverschiedenen Dämmmaterialien (MineralfaserWLS 044 und Polyurethan WLS 024) betrachtet.

Die folgende Abb. 3.14 zeigt Ergebnisse vonbeispielhaften Berechnungen des Wärmedurch-gangskoeffizienten mit dem vereinfachten Verfah-ren nach DIN EN 14509 für die beiden beschrie-benen Konstruktionen sowie die in Abschnitt3.3.4 und 3.3.5 beschriebenen Anforderungen anden Wärmedurchgangskoeffizienten nach DIN4108-2, EnEV 2014 und Passivhausstandard.

Die auf der Abszisse des Diagramms in Abb.3.14 dargestellte Dämmstoffdicke entspricht derDicke des Sandwichelements. Berücksichtigtwerden für die Untersuchung Sandwichelementemit Dicken zwischen 60 und 200 mm.

Wie Abb. 3.14 zeigt, erfüllt das PU-Sandwich-element ab einer Dicke von 60 mm und das MF-Sandwichelement ab einer Dicke von 100 mmdie Anforderung des Mindestwärmeschutzes anden Wärmedurchgangskoeffizienten. Die innen-raumtemperaturabhängigen Forderungen derEnEV 2014 werden je nach Dämmstoff bei ver-schiedenen Elementdicken eingehalten. Um denfür Passivhäuser vorgeschriebenen Standard zuerreichen, ist ein 180 mm dickes Sandwichele-ment mit Polyurethan-Dämmung notwendig.

Abb. 3.14: Wärmedurchgangskoeffizienten und Anforderungen bei Sandwichelementen

0.0

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1.0

60 80 100 120 140 160 180 200

U-W

ert [

W/(m

²·K

)]

Dämmstoffdicke [mm]

EnEV San.,12 - 19 °C

EnEV Ref.,≥ 19 °C

EnEV San.,≥ 19 °C

Passivhaus

EnEV Ref.,12 - 19 °C

DIN 4108-2

SE Typ 1MF 044

SE Typ 3PU 024

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den Lüftungsgewohnheiten der Nutzer und ge-gebenenfalls vom Lüftungssystem ab.

Die EnEV 2014 fordert, „dass zu errichtendeGebäude so auszuführen sind, dass die wärme-übertragende Umfassungsfläche einschließlichder Fugen dauerhaft luftundurchlässig entspre-chend den anerkannten Regeln der Technik ab-gedichtet ist“. Ziel ist es, den Lüftungswärme-transfer über Infiltration zu minimieren, um un-gewollte Wärmeverluste in der Heizperiode zuvermeiden.

Dazu muss besonders auf die Luftdichtheitgeachtet werden, indem ein Luftdichtheitskon-zept aufgestellt und umgesetzt wird sowie dieQualität der Bauausführung messtechnisch über-prüft wird. Die messtechnische Überprüfungkann für gesamte Gebäude vor Ort mit dem Differenzdruckverfahren nach DIN EN 13829[23] und für einzelne Bauteile im Labor nachDIN EN 12114 [24] erfolgen.

3.4.4 Passive Nutzung der solaren Energie-einstrahlung

Die Gebäudehülle ist für den Energietrans-fer zwischen innen und außen verantwortlich.Dies geschieht durch Transmission, aber auchder Lüftungswärmetransfer durch Leckagen inder Gebäudehülle ist hier zu berücksichtigen.Dieser Wärmetransfer stellt zumeist einen Ener-gieverlust dar, der durch entsprechende Behei-zung ausgeglichen werden muss.

Daneben wird über die Hülle dem Gebäudeaber auch Energie zugeführt, wobei zwei Aspek-te von Bedeutung sind: Die solare Einstrahlungstellt einen Wärmegewinn dar, der positiv ist,solange er nicht zu einer Überhitzung des Ge-bäudes führt. Weiterhin kann durch transparenteoder transluzente Bereiche in der GebäudehülleTageslicht in das Gebäude gelangen, wodurchEnergie für die künstliche Beleuchtung einge-spart wird.

Die solaren Gewinne werden in der DIN V 18599 [25] bei der Berechnung des Energiebe-darfs berücksichtigt. Abhängig von der Qualitätder Verglasung (Gesamtenergiedurchlassgrad g)sowie von Größe und Orientierung der Fenster-flächen werden die solaren Wärmegewinne er-mittelt; unter Verwendung des Ausnutzungs-grads η sorgen diese solaren Gewinne für eineReduktion des Heizwärmebedarfs, sodass manhier von einer passiven Nutzung der solarenEinstrahlung sprechen kann. Im Vergleich dazusind die solaren Gewinne über opake Flächenvernachlässigbar klein.

Der Aspekt der Tageslichtnutzung über trans-parente Bauteile ist offensichtlich – durch Fenster

Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

Abb. 3.15: Photovoltaik im Stahlleichtbau

und andere Fassadenöffnungen kommt Tages -licht in ein Gebäude, der Bedarf an künstlicherBeleuchtung sinkt. Auch dieses wird in der aktu-ellen DIN V 18599 in die Berechnung miteinbe-zogen. Ein wesentlicher Indikator für die Tages-lichtnutzung in einem Raum ist der Tageslicht-faktor, dieser gibt das Verhältnis von Beleuch-tungsstärke im Raum zur Beleuchtungsstärke au-ßen an und wird in Prozent ausgedrückt. Dabeiist jedoch eine sehr starke Erhöhung des Tages-lichtfaktors nicht erforderlich: Ein Tageslicht-faktor von beispielsweise 4 bis 6 % bringt eineerhebliche Einsparung für die elektrische Be-leuchtung, darüber hinaus ist die weitere Ver-besserung jedoch gering. Hier nehmen danneher negative Aspekte durch einen sehr großenGlasanteil in der Gebäudehülle zu (Überhitzung,Kaltluftabfall).

3.4.5 Aktive Nutzung von Solarenergie

Neben der passiven Nutzung der Solarener-gie bieten sich auch bestimmte Techniken zuderen aktiver Nutzung am Gebäude an, d.h., eswerden technische Komponenten an der Außen-wand oder auf dem Dach installiert, um Stromoder Wärme zu erzeugen (Abb. 3.15).

Die Integration in die Gebäudehülle ist vonbesonderer Wichtigkeit, da dadurch der Ver-brauch zusätzlicher Ressourcen (Fläche, Unter-konstruktion) für die Energiegewinnung mini-miert wird. Bei der Formulierung der Energieein-sparverordnung sowie des Erneuerbare-Energien-Wärme-Gesetzes hat der Gesetzgeber diesenUmstand besonders gewürdigt.

Für die Montage am Gebäude ist insbeson-dere die Photovoltaik zu nennen (d.h. Um-wandlung von Solarstrahlung in elektrischenStrom) sowie Kollektoranlagen, die Solarstrah-lung in Wärme umwandeln. Bei den Kollektorenist zwischen Warmwasserkollektoren und Luft-kollektoren zu unterscheiden.

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Dokumentation 567

Abb. 3.16: Solare Einstrahlung in Abhängigkeit von Orientierung und Neigung derPV-Module (Quelle http://www.viessmann.de/)

Die Photovoltaik (PV) hat sich in den letztenJahren zu einer ernstzunehmenden Energie-quelle entwickelt, etwa 7 % des Stromverbrauchswurden 2014 durch PV-Anlagen gedeckt. Mitte2015 ist eine PV-Leistung von fast 40 Mio. kWinstalliert.

Gerade große Hallen bieten häufig günstigeMöglichkeiten, PV-Anlagen zu integrieren (Dachund Fassade), daher sollte dieser Aspekt schonin der Planung berücksichtigt werden.

Die solare Einstrahlung variiert in den unter-schiedlichen Regionen Deutschlands nur um etwa ± 10 %, sodass sich aus dem Standort desGebäudes kein Ausschlusskriterium für die An-wendung ergibt. Interessant ist darüber hinausauch der Einfluss von unterschiedlichen Nei-gungen und Orientierungen. Abb. 3.16 zeigt,dass nicht nur Süddächer geeignet sind, auchOst- bzw. Westorientierungen weisen bei einerNeigung von 30° immerhin noch etwa 85 % derEinstrahlung einer optimal ausgerichteten Flächeauf.

Solarkollektoren zur Warmwasserbereitungsind bereits seit vielen Jahren auf dem Markt.Aktuelle Tendenzen gehen dahin, den Kollektorals Element der Gebäudehülle zu verwenden(Bautyp Absorber oder Flachkollektor), sodassman insbesondere bei großformatigen Elemen-ten zu rationellen Lösungen mit hohem Vorfer-tigungsgrad kommen kann.

Beim Luftkollektor wird die Solarstrahlungdirekt zur Aufheizung von Luft verwendet, die dann über eine raumlufttechnische Anlageim Gebäude genutzt oder auch für Prozesse(z.B. Trocknung) verwendet werden kann. Der

Einsatz von Luftkollektoren verlangt eine hier-für geeignete Anlagentechnik, sei es für dieRaumlufttechnik (RLT) oder auch für die Ver-wendung in Prozessen. Dieses muss frühzeitigbei Überlegungen zum Einsatz von Luftkollek -toren berücksichtigt werden.

Ein vorgehängtes Stahl-Trapezblech oderauch ein perforiertes Blech als Vorhangfassadekann als Luftkollektor dienen, wenn es mit einerentsprechenden Luftführung kombiniert ist. Die-se Konstruktion erlaubt nur geringe Tempera-turdifferenzen, dafür ist sie mit geringen zusätz-lichen Investitionen verbunden. Gerade dieseeinfache Kollektorbauart kann kostengünstighergestellt werden; bei einer Planung ist jedochzu beachten, inwieweit die erzeugte Warmlufthinsichtlich Quantität und Temperaturniveauim Gebäude verwendet werden kann.

3.5 Nachhaltigkeit im Stahlleichtbau

3.5.1 Allgemeines

Der Bausektor trägt aufgrund seines Anteilsan Energie- und Stoffströmen eine große Ver-antwortung und ist dringend gefordert, sich mitden Zielen einer nachhaltigen Entwicklung aus-einanderzusetzen. Auch Industrie- und Gewerbe-bauten tragen einen erheblichen Teil zum Res-sourcenverbrauch während der Erstellung und –sofern sie beheizt sind – auch zum Energiever-brauch während des Betriebs bei. Vor dem Hin-tergrund der Bedeutung dieser Bauwerke liegenhier große Potenziale zur Verbesserung derNachhaltigkeit der gebauten Umwelt.

Ein wichtiger Aspekt des nachhaltigen Bau-ens ist die Betrachtung des gesamten Lebens-weges eines Gebäudes. So kommt neben derNutzungsphase auch dem Lebensende von Ge-bäuden eine besondere Bedeutung zu. So sindz.B der Einsatz von recyclingfähigen Baupro-dukten und die gute Rückbau- und Wiederver-wendbarkeit zentrale Aspekte des ökologischenBauens. Eigenschaften wie Schadstofffreiheit,großes Recyclingpotenzial, lange Lebensdauer,leichte Demontierbarkeit und hohe Materialeffi-zienz sind in dieser Hinsicht Pluspunkte desStahl- und Stahlleichtbaus.

Stahl ist einer der wichtigsten Baustoffe derGegenwart. Viele Produkte, Bauteile und Kon-struktionen basieren auf der Verwendung vonStahl, um die gewünschte Leistungsfähigkeit zuerreichen. Elemente aus und mit Stahl könnenbei richtiger Anwendung dazu beitragen, ener-gieeffiziente und nachhaltige Gebäude herzu-stellen.

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Aufgrund der enormen Bandbreite des The-menbereiches „Nachhaltiges Bauen“ existiert eineimmense Anzahl an verschiedensten Normen, diebei der Planung und Erstellung eines nachhaltigenBauwerks zu beachten sind. Um das „NachhaltigeBauen“ in Normen fassbar zu machen, existierenmomentan sowohl national als auch internationalverschiedene Normungsaktivitäten.

Auf europäischer Ebene werden die Normenzum Thema „Nachhaltiges Bauen“ vom CEN/TC350 „Sustainability of Construction Works“ bear-beitet, Abb. 3.17 gibt eine Übersicht über dieverschiedenen Arbeitsgruppen (Working Group,WG).

In Deutschland existiert zurzeit die dritteVersion des „Leitfadens Nachhaltiges Bauen“ vomBundesministerium für Umwelt, Naturschutz,Bau und Reaktorsicherheit aus dem Jahr 2013[26], der als Arbeitshilfe für Planung, Erstellung,Unterhalt und Betrieb von Liegenschaften undGebäuden des Bundes dienen soll.

Abb. 3.17: Übersicht über die europäischen Normungsgremien zum nachhaltigen Bauen

Abb. 3.18: Einfluss der Gebäudehülle auf das Bewertungssystem nach DGNB

Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

CEN/TC 350 Nachhaltigkeit von Gebäuden

CEN/TC 350/WG 1 Beschreibung der Umweltqualität von Gebäuden, Nutzung von Umweltdeklarationen für Bauprodukte

CEN/TC 350/WG 3 Beschreibung, Kommunikation und Datengrundlage der Umweltqualität von Bauprodukten

CEN/TC 350/WG 4 Beschreibung der ökonomischen Qualität von Gebäuden

CEN/TC 350/WG 5 Rahmen für die Beschreibung der sozialen Qualität von Gebäuden

CEN/TC 350/WG 6 Rahmendokument für die Beschreibung der Nachhaltigkeit von Ingenieursbauwerken

Zudem stehen in Deutschland mit dem „Be-wertungssystem Nachhaltiges Bauen für Bun-desgebäude des Bundesbauministeriums“ (BNB-System) und dem System der „Deutschen Gesell-schaft für Nachhaltiges Bauen“ (DGNB-System)zwei zum „Leitfaden Nachhaltiges Bauen“ ergän-zende ganzheitliche quantitative Bewertungsver-fahren für Büro- und Verwaltungsbauten zurVerfügung. Das DGNB-System bietet darüber hinaus die Möglichkeit der Zertifizierung inmehr als 20 verschiedenen Nutzungsprofilenauf nationaler und internationaler Ebene, z.B.Industriebauten, Handelsbauten und Wohnge-bäude bis hin zu Bestandsgebäuden.

Die Planung der Gebäudehülle hat durch ih-ren Einfluss auf viele Einzelkriterien eine direkteAuswirkung auf die Gesamtbewertung eines Ge-bäudes im DGNB-System (Abb. 3.18). Eine Aus-wahl dieser Aspekte wird im Folgenden nähererläutert.

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Dokumentation 567

3.5.2 Ökologische Qualität – EPDs

Zur Bewertung der ökologischen Qualitäteines Bauprodukts stehen für viele Bauproduktesogenannte Umweltproduktdeklarationen gemäßDIN EN ISO 14025 [27] und DIN EN 15804 [28]zur Verfügung. Sie beschreiben die ökologischeLeistungsfähigkeit von Baustoffen und Baupro-dukten und werden mit Hilfe des Verfahrensder Ökobilanzierung erstellt. Durch EPDs wirdversucht, die Umweltleistung eines Produktsquantitativ darzustellen. Sie beinhalten einen de-finierten Grunddatensatz, der auf Ökobilanzennach DIN EN ISO 14040 [29] und DIN EN ISO14044 [30] aufbaut und den potenziellen Bei-trag der Baustoffherstellung zu wichtigen Um-weltwirkungen wie dem Primärenergiebedarfoder dem Treibhauseffekt darstellt. Umweltpro-duktdeklarationen bilden somit eine wichtigeGrundlage für die ökologische Bewertung vonGebäuden und Bauwerken. Es findet keine iso-lierte Bewertung einzelner Umweltwirkungendes Bauprodukts statt, sondern es werden auchAnwendungs- und Verarbeitungshinweise, Infor-mationen zum Gesundheitsschutz, zur Recyc-lingfähigkeit und Angaben für den Fall außer -gewöhnlicher Einwirkungen wie den Brandfall bereitgestellt. Diese wichtigen umweltrelevan-ten Themen, die über die Daten der Ökobilanzhinausgehen, tragen zu einer Beurteilung desgesamten Bauwerks bei.

Seit 2013 stehen mit den Umweltprodukt-deklarationen für Profiltafeln und Sandwich -elemente Verbands-EPDs für die Produkte desStahlleichtbaus zur Verfügung, die gemeinsamdurch IFBS-Mitgliedsunternehmen und Expertenfür die Ökobilanzierung erstellt, von einem unabhängigen Sachverständigen verifiziert unddurch den Sachverständigenausschuss des IBUzertifiziert wurden. In den EPDs für Trapez-,Kassetten-, Well- und Falzprofiltafeln aus Stahlsowie für Sandwichelemente mit einem Kernaus Mineralfaser oder Polyurethan werden alle

notwendigen Angaben zum Lebenszyklus dieserProdukte beschrieben, sodass dem Anwenderumfassende Informationen zur Ökobilanzierungund Nachhaltigkeitsbewertung von Gebäudenzur Verfügung stehen (Abb. 3.19).

3.5.3 Kosten im Lebenszyklus

Die ökonomischen Aspekte der Nachhaltig-keit zielen auf die Optimierung der Kosten überden gesamten Lebenszyklus und auf die Erhö-hung der Wirtschaftlichkeit und Wertstabilität.Für eine Bewertung der wirtschaftlichen Dimen-sion der Nachhaltigkeit steht die Lebenszyklus-kostenrechnung (LCC – Life Cycle Costing) alsMittel zur Verfügung. Dieses Verfahren ist einKonzept zur Optimierung von Systemen mit demZiel, alle während des gesamten Lebenszykluseines Gebäudes anfallenden Kosten und damitverbundenen Prozessen abzubilden, zu analysie-ren und zu optimieren. Die gebäudebezogenenLebenszykluskosten umfassen neben den Errich-tungskosten für die Planung und Herstellung desGebäudes auch die Baufolgekosten für die Nut-zung, die bauliche Änderung, den Abbruch unddie Entsorgung. Die Erfassung und Beurteilungder anfallenden Kosten über die Lebensdauereines Bauwerks dient im engeren Sinne zur Über-prüfung und Verbesserung der Wirtschaftlich-keit eines Bauwerks. Im weiteren Sinne werdenErfolgsvariablen (z.B. Erlöse) in die Betrachtungeinbezogen, wodurch Aussagen über die Renta-bilität des Gebäudes getroffen werden können.

Gebäudehüllen in Stahlleichtbauweise kön-nen mit ihren vielfältigen Funktionen die Lebens-zykluskosten positiv beeinflussen, z.B. könnendurch eine energieeffiziente Konstruktion beigleichzeitiger Optimierung des Materialeinsatzessowohl die Nutzungs- als auch die Herstellungs-kosten minimiert werden.

3.5.4 Behaglichkeit und Komfort

Das wesentliche Kriterium für die thermischeBehaglichkeit ist die Raumtemperatur. In unter-schiedlichen Normen und Verordnungen werdenWerte für Raumtemperaturen genannt; herausge-griffen werden soll hier die DIN EN 15251 [31],die eine Reihe von modernen Ansätzen für dieFestlegung von Raumtemperaturen beinhaltet:• Festlegung von Komfortkategorien: Es wer-

den drei Komfortkategorien festgelegt: diehöchste Kategorie (I) für den Aufenthalt emp-findlicher Personen oder auch besondershochwertige Nutzungen bis hin zur Katego-rie (III), die allgemein als „annehmbar“ be-schrieben werden kannAbb. 3.19: Umweltproduktdeklarationen des IFBS

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• Berücksichtigung der Nutzung (Wohnge-bäude, Büro, Kaufhaus, etc.)

• Erweiterung des Kriteriums Raumtemperaturhin zum sogenannten PMV-Wert, der auchAspekte wie Luftfeuchtigkeit, Luftgeschwin-digkeit und ihren Beitrag zum Temperatur-empfinden mit berücksichtigt

• Berücksichtigung der Adaption, d.h., nacheinigen warmen Tagen hintereinander ver-schiebt sich die „Wohlfühltemperatur“ hinzu höheren WertenHinzu kommen lokale Effekte, die den Kom-

fort beeinträchtigen können. Zu nennen sind hiererhöhte Luftgeschwindigkeiten (Zugerscheinun-gen) und unterschiedliche Oberflächentempera-turen (Strahlungsasymmetrie).

Bezüglich der Konstruktion von Gebäude-hüllen lassen sich daraus folgende Empfehlun-gen ableiten:• niedriger Wärmedurchgangskoeffizient U,

um möglichst geringe Differenzen der Ober-flächentemperaturen zu erhalten

• luftdichte Ausführung der Gebäudehülle, umZugerscheinungen im Bereich von Leckage-stellen zu vermeidenEine wichtige Voraussetzung für die Leis-

tungsfähigkeit und Behaglichkeit von Menschenin Innenräumen sind gute akustische Bedingun-gen, die u. a. durch die Begrenzung der Nach-hallzeiten gesichert werden. Die Nachhallzeit Tist das Zeitintervall, innerhalb dessen der Schall-druckpegel in einem Raum nach Abschaltender Schallerzeugung um 60 dB abgesunken ist.Um die Nachhallzeit zu begrenzen, stehen imStahlleichtbau verschiedene Lösungen zur Ver-fügung, z.B. kann durch die Perforierung vonTrapez- bzw. Kassettenprofilen der Schall in dendahinterliegenden Hohlraum eindringen unddort durch mineralische Faserabsorber oderAkustikvliese absorbiert werden.

3.5.5 Lebenswegqualitäten

Die Reinigungs- und Instandhaltungsfreund-lichkeit innerhalb der Nutzungsphase hat einenhohen Einfluss auf die Kosten und Umweltein-wirkungen eines Gebäudes. Positiv wirken sicheine leichte Zugänglichkeit der zu reinigendenFlächen, geringe Betriebsaufwendungen und ei-ne lange Lebensdauer der eingesetzten Materia-lien aus.

Eine hohe Rückbau- und Recyclingfreund-lichkeit kann durch die Verminderung und Ver-meidung von Abfällen, eine grundlegende Homo-genität in der Stoffauswahl sowie eine stofflicheTrennbarkeit von Materialverbindungen sicher-gestellt werden. Die Verwendung rezyklierfähiger

Baustoffe und Bauteile sowie demontagefreund-licher Konstruktionen trägt zu einem hohen Recyclinganteil der Konstruktion und einer sor-tenreinen Rückbaubarkeit des Gebäudes bei. DieMöglichkeit des Rückbaus oder der Demontagehängt im Wesentlichen von der verwendetenBauweise ab. Durch den Einsatz von Fertigbau-teilen, sowie lösbaren Anschlüssen und Schrau-benverbindungen erlaubt die Stahlleichtbauwei-se eine fast sortenreine Trennbarkeit einzelnerBauteile. Am Ende des Gebäudezyklus sind einenahezu zerstörungsfreie Demontage und einMaterialrecycling möglich, wodurch Deponie-raum, Rohstoffe und Produktionsenergie ein-gespart werden können. Das Tragwerk einesGebäudes kann theoretisch über mehrere Nut-zungszyklen der Gebäudehülle hinweg verwen-det werden.

Die Anpassungsfähigkeit des Gebäudes ansich wandelnde Rahmenbedingungen wird zu-künftig an Bedeutung gewinnen. Als Beispielekönnen der Umbau eines Großraumbüros in einKombibüro (nutzungsinterne Änderung) oderdie Umwandlung eines Industriebaus in ein Bürogebäude (Umnutzung) genannt werden.Die Flexibilität und Umnutzungsfähigkeit ver-mindert das Risiko eines Leerstandes und trägtzur Senkung der Lebenszykluskosten bei.

Die Anforderungen an eine nachhaltige Ent-wicklung im Bauwesen sind langfristig gesehenmit der Vermeidung von Baureststoffen und derKreislaufführung verbauter Materialien verbun-den. Die Begrenztheit natürlicher Ressourcen so-wie die Verknappung von Deponieraum machendie Notwendigkeit der Wiederverwertung und -verwendung von Baustoffen, Bauteilen oder so-gar kompletten Gebäuden dringend erforderlich.

Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

3.6 Bauen im und mit dem Bestand

Die energetische Sanierung und das nach-haltige Bauen im Bestand gewinnen im Rahmender Energie- und Klimaschutzpolitik zunehmendan Bedeutung. Verschiedene Studien belegen,dass eine deutliche Reduktion der Emissionenund des Energieverbrauchs im Gebäudebereichnur durch energetische Sanierungen im Bestanderzielt werden kann.

Nicht nur in den typischen Anwendungsbe-reichen des Stahlleichtbaus (Industrie- und Ge-werbebau) existiert ein großer Gebäudebestand,der die aktuellen und zukünftigen Normen so-wie gesetzlichen Vorgaben hinsichtlich bauphy-sikalischer und energetischer Anforderungenvielfach nicht erfüllen kann. Eine Vielzahl vonGebäuden zeigt auch bauphysikalische Defizite

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im Hinblick auf Wärmeschutz, Feuchteschutzund Luftdichtheit. Sanierungsmaßnahmen beiWohnungsbauten sind ein weiteres Einsatzge-biet für Lösungen in Stahlleichtbauweise. Hierlassen sich neue Entwicklungskorridore undMarktbereiche erschließen, die weitere Anwen-dungsmöglichkeiten eröffnen. Dabei sind u. a.bauphysikalische Aspekte (siehe Abschnitt 3.3)bei der Planung und Ausführung besonders zubeachten.

3.7 Zusammenfassung und Ausblick

In den vergangenen Jahren haben die The-menbereiche Bauphysik, Energieeffizienz undNachhaltigkeit bei der Konzeption, Planung undAusführung von Gebäudehüllen stark an Bedeu-tung gewonnen. Diese Aspekte sind Maßgabenfür die Neu- und Weiterentwicklung von Dach-und Außenwandkonstruktionen des Stahlleicht-baus.

In zunehmendem Maße werden diese Pro-dukte und Konstruktionen auch bei Büro- undVerwaltungsbauten sowie weiteren Nutzungs-arten verwendet. Beim Zusammenfügen der Ein-zelelemente entstehen Bauteilanschlüsse, welchedie Anforderungen an die bauphysikalische undenergetische Qualität erfüllen müssen.

Ein wichtiger Aspekt des nachhaltigen Bau-ens ist die Betrachtung des gesamten Lebens-weges eines Gebäudes. So lautet der Grundge-danke des nachhaltigen Bauens, dass in allenPhasen des Lebenszyklus von Gebäuden – vonder Planung und Erstellung über die Nutzungund Erneuerung bis zum Rückbau – eine Mini-mierung des Verbrauches von Energie und Res-sourcen angestrebt wird.

Bauelemente aus und mit Stahl können beiBeachtung der beschriebenen Anforderungenund Maßgaben hinsichtlich Bauphysik, Energie-effizienz und Nachhaltigkeit dazu beitragen, zu-kunftsfeste und ressourcenschonende Gebäudeherzustellen. Dabei sollten Vorteile wie dassehr große Recyclingpotenzial des Werkstoffes,die leichte Rückbaubarkeit und Wiederverwend-barkeit von Komponenten sowie die hoheLanglebigkeit und Werthaltigkeit der Bauteile ingeeigneter Weise bei der Bewertung des nach-haltigen Bauens berücksichtigt werden. Durchmodulare Systeme aus Stahl mit hoher Material -effizienz lassen sich die Konstruktionen zudemleicht an die geplante Nutzungsdauer anpassen.

3.8 Literatur

[1] Bundesministerium für Wirtschaft undEnergie (BMWi) – Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom18. November 2013

[2] DIN 4108-3 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: KlimabedingterFeuchteschutz – Anforderungen, Berechnungs-verfahren und Hinweise für Planung und Aus-führung; Beuth Verlag 2014/11

[3] DIN 4109 – Schallschutz im Hochbau –Anforderungen und Nachweise; Beuth Verlag1989/11

[4] IFBS 4.06 – Schallschutz im Stahlleichtbau;2003/08

[5] DIN 4102-1 bis 23 – Brandverhalten vonBaustoffen und Bauteilen; Beuth Verlag

[6] DIN 18230-1 bis 3 – Baulicher Brandschutz;Beuth Verlag

[7] DIN 18234-1 bis 4 – Baulicher Brandschutzgroßflächiger Dächer – Brandbeanspruchung vonunten; Beuth Verlag 2003/09

[8] IFBS 6.02 – Brandschutz – Grundlagen desBrandschutzes im Metallleichtbau; 2010/01

[9] IFBS 6.01 – Brandschutz – Baulicher Brand-schutz bei großflächigen Dächern nach DIN18234; 2005/02

[10] DIN EN ISO 6946 – Bauteile – Wärme-durchlasswiderstand und Wärmedurchgangsko-effizient – Berechnungsverfahren; Beuth Verlag2008/04

[11] DIN EN ISO 10211 – Wärmebrücken imHochbau – Wärmeströme und Oberflächentem-peraturen – Detaillierte Berechnungen; BeuthVerlag 2008/04

[12] IFBS 4.03 – Wärmebrückenatlas der Metall-sandwichbauweise; 2010/02

[13] Passivhaus Institut, www.passivhaus-insti-tut.de

[14] DIN 4108-2 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 2: Mindestanfor-derungen an den Wärmeschutz; Beuth Verlag2013/02

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[15] DIN 68800-2 – Holzschutz – Teil 2: Vor-beugende bauliche Maßnahmen im Hochbau;Beuth Verlag 2012/02

[16] DIN 4108-7 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 7: Luftdichtheitvon Gebäuden – Anforderungen, Planungs- undAusführungsempfehlungen sowie -beispiele;Beuth Verlag 2011/01

[17] DIN 18542 – Abdichten von Außenwand-fugen mit imprägnierten Fugendichtungsbändernaus Schaumkunststoff – Imprägnierte Fugendich-tungsbänder – Anforderungen und Prüfung;Beuth Verlag 2009/07

[18] IFBS 4.02 – Fugendichtheit im Stahlleicht-bau; 2004/11

[19] DIN EN 15026 – Wärme- und feuchtetech-nisches Verhalten von Bauteilen und Bauelemen-ten – Bewertung der Feuchteübertragung durchnumerische Simulation; Beuth Verlag 2007/07

[20] DIN EN ISO 10456 – Baustoffe und Bau-produkte – Wärme- und feuchtetechnische Eigen-schaften – Tabellierte Bemessungswerte undVerfahren zur Bestimmung der wärmeschutz-technischen Nenn- und Bemessungswerte;Beuth Verlag 2010/05

[21] DIN 4108-4 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 4: Wärme- undfeuchteschutztechnische Bemessungswerte; BeuthVerlag 2013/02

[22] DIN EN 14509 – Selbsttragende Sandwich-Elemente mit beidseitigen Metalldeckschichten –Werkmäßig hergestellte Produkte – Spezifika-tionen; Beuth Verlag 2013/12

[23] DIN EN 13829 – Wärmetechnisches Ver-halten von Gebäuden – Bestimmung der Luft-durchlässigkeit von Gebäuden – Differenzdruck-verfahren; Beuth Verlag 2001/02

[24] DIN EN 12114 – Wärmetechnisches Ver-halten von Gebäuden – Luftdurchlässigkeit vonBauteilen – Laborprüfverfahren; Beuth Verlag2000/04

[25] DIN V 18599-1 bis 11 – Energetische Be-wertung von Gebäuden – Berechnung des Nutz-,End- und Primärenergiebedarfs für Heizung,Kühlung, Lüftung, Trinkwarmwasser und Be-leuchtung; Beuth Verlag 2011/12

Bauphysik, Energieeffizienz und Nachhaltigkeit

[26] Bundesministerium für Umwelt, Natur-schutz, Bau und Reaktorsicherheit (BMUB) –Leitfaden Nachhaltiges Bauen vom September2014

[27] DIN EN ISO 14025 – Umweltkennzeich-nungen und -deklarationen – Typ III Umwelt -deklarationen – Grundsätze und Verfahren;Beuth Verlag 2011/10

[28] DIN EN 15804 – Nachhaltigkeit von Bau-werken – Umweltproduktdeklarationen – Grund-regeln für die Produktkategorie Bauprodukte;Beuth Verlag 2014/07

[29] DIN EN ISO 14040 – Umweltmanagement –Ökobilanz – Grundsätze und Rahmenbedingun-gen; Beuth Verlag 2009/11

[30] DIN EN ISO 14044 – Umweltmanagement –Ökobilanz – Anforderungen und Anleitungen;Beuth Verlag 2006/10

[31] DIN EN 15251 – Eingangsparameter fürdas Raumklima zur Auslegung und Bewertungder Energieeffizienz von Gebäuden – Raum -luftqualität, Temperatur, Licht und Akustik;Beuth Verlag 2012/12

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Dokumentation 567

4 Integrale Planung mit Paneelsystemen – hinterlüftete Fassaden für Mehrwert in der ArchitekturDipl.-Ing. Arch. Michael Meier

4.1 Einleitung

Bauelemente aus oberflächenveredelten Stahl-blechen werden im Industrie- und Gewerbebauschon seit vielen Jahren erfolgreich eingesetzt.Das Material sowie die angewandten Konstruk-tionen sind hinreichend erprobt und haben sichüber lange Zeiträume in verschiedensten Gebäu-dehüllen bewährt. Neben wirtschaftlichen As-pekten, wie z.B. der kostengünstigen Montage,zählen die verhältnismäßig einfache Handha-bung der Materialien sowie die aus dem hohenindustriellen Vorfertigungsgrad resultierendenkurzen Bauzeiten zu den entscheidenden Vor-teilen.

Diese von Architekten und Planern geschätz-ten Eigenschaften sowie höhere ästhetische An-sprüche der Bauherren führten u. a. dazu, dass

Stahl zunehmend auch in hochwertigen Fas-saden von repräsentativen Wohn-, Geschäfts- und Bürogebäuden Verwendung findet. Die ge-wünschte individuelle Formensprache sowie eine der Nutzung entsprechende hohe Gestal-tungsqualität lassen sich mit objektbezogenen,individuell hergestellten Bekleidungen aus Stahl-blech hervorragend realisieren.

Allerdings werden Tragstruktur und Fassa-denkonstruktion derartiger Gebäude, bei denenes sich in der Regel um monolithische Geschoss-bauten handelt, anders geplant und ausgeführtals bei solchen mit rein gewerblicher oder indus-trieller Nutzung. Im Gegensatz zu raumabschlie-ßenden Metallleichtbaukonstruktionen sind hierandere technische Parameter gegeben und an-ders gelagerte konstruktive Abhängigkeiten zuberücksichtigen. Folglich ergeben sich aus dieserBauweise andere Fassadenkonstruktionen alsim Industrie- und Hallenbau. Fassaden für Ge-bäude mit höheren Nutzungsansprüchen wer-den daher häufig als vorgehängte hinterlüfteteFassaden realisiert (Abb. 4.1).

4.2 Die vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF)

Als vorgehängte hinterlüftete Fassade (VHF)bezeichnet man Fassaden, bei deren Konstruk-tionsweise die Wärmedämmung durch eine zir-kulierende Luftschicht von der davor montier-ten Wetterschutzschicht getrennt ist. Somit isteine räumliche und konstruktive Trennung derfunktionalen Ebenen „Wetterschutz“ und „Wär-meschutz“ gegeben. Da die Schadensanfälligkeitbei diesem Konstruktionsprinzip gering ist, ge-währt es Bauherren und Planern ein hohes Maßan funktionaler Sicherheit.

Vorgehängte hinterlüftete Fassaden gehörenheute zu den technisch hochwertigsten Fassaden-systemen. Zudem bieten sie eine große Band-breite individueller Gestaltungsmöglichkeiten –ein weiterer maßgeblicher Faktor für den Erfolgdieser Konstruktionsweise.

Abb. 4.1: Beispiel für eine Fassade mit objektspezifisch hergestellten Fassaden-paneelen aus Stahlblech

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

Die Planung vorgehängter hinterlüfteter Fassaden erfolgt nach DIN 18516 -1 [1]. DieseNorm gilt für alle hinterlüfteten Außenwand -bekleidungen, deren Unterkonstruktionen sowiedie zur Erstellung dieses Fassadentyps benötigtenVerankerungs-, Verbindungs- und Befestigungs-mittel. Sie legt die notwendigen Planungs- undKonstruktionsgrundsätze fest.

4.2.1 Bauphysikalische Grundlagen und Anforderungen

Zwischen dem Bekleidungsmaterial und derDämmstoffebene ist ein Hinterlüftungsraum an-zuordnen. Dieser muss mindestens einen Quer-schnitt von 200 cm²/m aufweisen und eine ver-tikale Hinterlüftung der Fassade gewährleisten.Innerhalb dieser mindestens 20 mm breiten Hin-terlüftungsebene kann dann durch eventuelleFugenanteile in der Fassade eindringender Nie-derschlag oder auftretendes Tauwasser ablüftenbzw. abgeleitet werden. Dieser Mindesthinter-lüftungsquerschnitt darf durch Unebenheitender Wandoberfläche oder durch Bauteile der Unterkonstruktion partiell von 20 mm auf 5 mmeingeschränkt werden.

Um eine ausreichende Zu- und Abluft zu ge-währleisten, sind mindestens am Fassadenfuß-punkt (Abb. 4.2) und am oberen Fassadenab-schlusspunkt (Abb. 4.3) Be- und Entlüftungsöff-nungen auszubilden. Diese müssen mindestens50 cm²/lfm Fassade betragen. Je nach Fenster-und Türenanteil in der Fassade ist anzuraten,unterhalb der Fensterbänke und im Sturzbereichvon Fenstern und Türen (Abb. 4.4) ebenfallsZu- und Abluftöffnungen vorzusehen. Vor allemlange, horizontal angeordnete Fensterbänder,wie sie häufig bei Bürogebäuden vorzufinden

sind, stellen eine Unterbrechung des vertikalenHinterlüftungsstroms dar. Für derartige Situatio-nen wäre eine Anordnung von Lüftungsöffnun-gen am Fuß- und Kopfpunkt sicherlich nichtausreichend. Der obere Fassadenabschluss bzw.die Abluftöffnung kann auch innerhalb einerFassadenfläche liegen. Als mögliches Beispiel isthier eine Kombination von verschiedenen Fassa-dentypen oder Baustoffen zu nennen, wodurchdie VHF auch weit unterhalb des Gebäudekopf-punktes enden kann. Zuluftöffnungen im Be-reich von Tür- und Fensterstürzen können direktin das detail- bzw. objektspezifische Formteil ein-gebracht werden. Dies gewährleistet aus techni-scher Sicht, aber vor allem auch unter gestalteri-schen Aspekten, eine hohe Ausführungsqualitätder Detaillösung und sorgt für eine hochwertigeAnmutung der gesamten Fassade. UnerwünschteFarbwechsel zwischen Bekleidungsbauteil undFormteil können dadurch vermieden werden.

Abb. 4.2: Konstruktionsbeispiel Fassadenfußpunkt mitLochblechwinkel. Diese Ausführungsvariante verhindertdas Eindringen von Nagetieren in den Fassadenaufbau.

Abb. 4.3: Konstruktionsvariante eines Fassadenabschlusses.Die Abluftöffnung liegt unter der Mauerabdeckung.

Abb. 4.4: Konstruktionsbeispiel einer möglichen Zuluft -öffnung im Bereich Fenster-/Türsturz

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Dokumentation 567

Durch die Bauart der vorgehängten hinter-lüfteten Fassade kann diese nach DIN 4108-3[2] der Beanspruchungsgruppe 3 zugeordnetwerden und bietet daher eine größtmögliche Sicherheit gegen Schlagregen. Möglicher, durchsystembedingte Fugen eindringender Regen er-reicht je nach Dicke des Belüftungsspalts nurzu einem geringfügigen Anteil den Dämmstoff.Der weitaus größere Anteil wird im Hinterlüf-tungsspalt abgeführt.

Leider wird immer wieder versucht, kon-struktionstypische Fugenanteile in Anschluss-situationen innerhalb der Fassade möglichst„wasserdicht“ abzudichten, was nicht nur alswenig zielführend, sondern als kontraproduktivund teilweise schadensverursachend bemängeltwerden muss.

Als charakteristisches Beispiel für solchefehlgeleiteten „Abdichtungsmaßnahmen“ lässtsich die Anschlussfuge zwischen dem Blendrah-men des Fensters und dem Laibungsformteil benennen (Abb. 4.5). Werden an dieser StelleDichtungsmassen auf Silikonbasis eingebaut, soist mit einer starken Verschmutzung der Fassa-de unterhalb dieser Fensterlaibung zu rechnen.Die in der Dichtmasse enthaltenen Silikonölewerden durch UV-Einstrahlung und natürlicheBewitterung gelöst, laufen an der vertikalen An-schlussfuge bis auf die Fensterbank ab und vondort weiter auf die darunter befindliche Fassa-de. Die Silikonöle verbleiben auf der Fassadeund binden – lokal begrenzt – Schmutz aus derUmgebungsluft. Diese Schmutzschleier lassensich erfahrungsgemäß nicht wieder vollständigbeseitigen, was zu einer dauerhaften optischenBeeinträchtigung führt. Der Einsatz derartigerDichtmassen ist meist der erste augenschein-

liche optische Indikator für weitere eventuellauftretende Ausführungsfehler.

Abb. 4.6 zeigt ein Beispiel für eine fachge-rechte Ausführung dieses Details, bei dem dasLaibungsformteil mittels eines sogenannten F-Pro-fils an den Blendrahmen angeschlossen wird.Selbst bei örtlichem Anpassen des Laibungsform-teils auf der Baustelle wird so der Schnitt amFormteil abgedeckt und bedarf weder aus opti-schen noch aus technischen Gründen einer zu-sätzlichen Abdichtung.

Abb. 4.6: Fachlich richtig ausgeführte Anschlussfuge zwischen Blendrahmen und Laibungsformteil

Abb. 4.5: „Rettungsversuch“ durch den Einsatz von Dicht-masse an einem falsch ausgeführten Anschlussdetail. DieseLösungsvariante könnte umgangssprachlich als „Kaugummi-lösung“ bezeichnet werden.

4.2.2 Konstruktive Grundlagen und Anforderungen

4.2.2.1 Zwängungsfreie Montage der Fassaden -bauteile

Um eine dauerhaft einwandfreie technischeund optische Qualität der Fassade gewährleistenzu können, ist es wichtig, schon während derPlanungsphase die thermische Ausdehnung derverschiedenen Bekleidungsbauteile, deren geo-metrisch bedingte Hauptausdehnungsrichtungsowie deren materialspezifischen Ausdehnungs-koeffizienten zu berücksichtigen. Die Wahl desBekleidungs- und Unterkonstruktionsmaterialssowie die einzelnen Bauteilgrößen haben z.B.unmittelbaren Einfluss auf die Fugenbreiten unddas Fugenbild. Hier sind die jeweils zu erwar-tenden extremalen Längenänderungen zu ermit-teln und in der Planung zu beachten.

Während der Montagearbeiten ist darauf zuachten, dass die einzelnen Bauteile zwängungs-frei montiert werden. Dies erfolgt über die Aus-bildung von sogenannten Gleit- und Festpunk-ten, die sowohl in der Unterkonstruktion als

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

auch in der Bekleidungsebene auszuführensind. Eine mögliche Ausbildung von Gleitpunk-ten ist das Einbringen von Langlöchern in dasBekleidungsbauteil (Abb. 4.7). Das Stanzen derLanglöcher kann direkt auf der Baustelle in Ab-hängigkeit von Positionierung und Achsabstandder Unterkonstruktion erfolgen (Abb. 4.8). Ge-eignete Langlochzangen verfügen in der Regelüber einen verstellbaren Tiefenanschlag undaustauschbare Werkzeugeinsätze für bauteil-bzw. befestigerspezifische Einstellungen. Damitsich das Material in beide Richtungen ausdeh-nen kann, ist der Festpunkt möglichst mittig inder Paneellängsachse anzuordnen.

Des Weiteren ist bei der Montage das fach-gerechte Setzen der Befestiger zu beachten.Werden z.B. Schrauben so stark angezogen,dass sie das Bauteil durch Pressung einzwän-gen, ist ein Gleiten im Bereich des Langlochsnicht gewährleistet.

Bei der Befestigung mittels Niet ist eine so-genannte Nietsetzlehre zu verwenden (Abb.4.9). Die Nietsetzlehre verhindert das vollstän-dige Anpressen des Nietkopfs auf das zu befesti-gende Bauteil und gewährleistet dadurch einendefinierten Zwischenraum zwischen Nietkopfund Bauteil. Dieser Zwischenraum ermöglichtein einwandfreies Gleiten der Bauteile. Somitist das Risiko möglicher Montagefehler bei derErstellung einer Gleitpunktbefestigung mittelsNietsetzlehre automatisch reduziert.

Die durch thermische Ausdehnung auftre-tenden maßlichen Veränderungen der einzelnen

Abb. 4.7: Ausbildung von Gleit- und Festpunkten überLanglöcher im Befestigungsschenkel eines rollgeformtenSteckpaneel-PLUS-Paneels

Abb. 4.8: Einbringen der Langlöcher am Bekleidungsbauteil mit einer Langlochzange

Abb. 4.9: Beispiel einer Nietsetzlehre

Abb. 4.10: Beispiel einer Ausführung ohne Gleitpunkte

Fassadenbauteile können je nach Bauteilgrößeeinige Millimeter bis zu Zentimeter betragen undsollten dementsprechend nicht unterschätztwerden. Kann eine Ausdehnung des Bauteilsdurch fehlende oder fehlerhafte Ausbildung derGleitpunkte oder mangelhafte Befestigung nichterfolgen, können Beulen im Paneelspiegel oderkonkave und konvexe Verwerfungen im Feld-bereich der verlegten Paneele entstehen (Abb.4.10). Zudem besteht die Gefahr, dass sich dieim Bauteil aufgebauten Spannungen schlagartigentladen, was zu störenden Knack- und Knarz-geräuschen für den Gebäude nutzer führt.

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Abb. 4.11: Schematische Dar-stellung der Montagesituation

Abb. 4.13, 4.14: Beispiel eines Gerüstankers für horizontale Fugen (links) und vertikale Fugen (rechts)

Abb. 4.12: Funktionsprinzip eines Gerüstankers

4.2.2.3 Brandschutz in der VHFBei der Planung und Erstellung baulicher An-

lagen sind hinsichtlich des Brandschutzes vieleDinge zu berücksichtigen. Unter anderem werdenaus dem Bauordnungsrecht heraus bestimmteAnforderungen an den baulichen Brandschutzgestellt, aber auch Normen und Richtlinien bishin zu Sonderverordnungen und Verwaltungs-vorschriften sind zu beachten. Dieses komplexe,oft nicht leicht zu durchschauende Thema be-trifft auch die Planung und Ausführung vorge-hängter hinterlüfteter Fassaden.

DIN 18516-1 als maßgebliche konstruktiveNorm für diesen Bereich verweist unter „4.4 –Anforderungen an den Brandschutz“ bezüglichder zu treffenden Brandschutzmaßnahmen inder VHF auf die Muster-Liste der TechnischenBaubestimmungen (MLTB) [3].

In der MLTB findet sich in der Anlage 2.6/4ein Abschnitt zur DIN 18516. Dieser gibt Aus-kunft über den Anwendungsbereich und defi-niert Begrifflichkeiten sowie qualitative Anfor-derungen an die zu treffenden Brandschutz-maßnahmen in der VHF. Die Regeln der MLTBsind Bestandteil der Musterbauordnung undwerden dementsprechend auch in die jeweiligen

4.2.2.2 Reversierbarkeit der VHFFassaden müssen, wie andere Gebäudeteile

auch, in regelmäßigen Abständen gewartet wer-den. Diese Wartungsarbeiten können teilweisenur von Standgerüsten erfolgen. Um ein Rückver-ankern dieser Gerüste ohne Demontage einzelnerFassadenbauteile gewährleisten zu können, wirdin DIN 18516-1 eine entsprechende Anordnungder Verankerungsmittel gefordert.

Je nach Fassadenaufbau und -system ist diesmit temporären Gerüstankern technisch nurschwer umsetzbar. Viele am Markt befindlicheFassadenprodukte lassen gemäß ihrem Verwen-dungszweck ausschließlich die Verlegung in eineRichtung zu. Dies kann für später anfallende Ar-beiten am Gebäude die fast vollständige Demon-tage gesamter Fassadenfelder bzw. den nichtschadenfreien Ausbau einzelner Bekleidungsbau-teile bedeuten.

Eine mögliche Lösung ist das Anbringen vondauerhaften, im Fassadenaufbau verbleibendenVerankerungsmitteln während der Fassadenmon-tage (Abb. 4.11). Das Funktionsprinzip dieser ausmehreren Bauteilen bestehenden Gerüstankerist relativ einfach (Abb. 4.12). An der Konsolebefindet sich eine Einschubtasche, in die einesvon zwei reversiblen Bauteilen eingeführt undauf einen in der Tasche befindlichen Dorn ge-steckt wird. Zur Lagesicherung dieses Bauteilsauf dem Dorn wird das zweite reversible Bauteil

in die Tasche geschoben und sichert so das ersteBauteil über Formschluss. Diese Anker gibt es so-wohl in der Ausführung für horizontale als auchfür vertikale Fugen (Abb. 4.13, 4.14).

Während der Fassadenmontage können dietemporären Anker sukzessive gegen die vorge-nannten Gerüstanker ausgetauscht werden. DieKonsolen bzw. Unterteile dieser Anker werdendann in Abhängigkeit vom Fugenraster der Fas-sade montiert. Es empfiehlt sich, die Positionie-rung planerisch zu dokumentieren und dieseDokumentation nach Abschluss der Bauarbeitendem Bauherrn zu übergeben.

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

Landesbauordnungen übernommen. Die techni-sche Regel wird dadurch zu einer technischenBaubestimmung und ändert somit ihren Rechts-charakter. Der in der DIN 18516 getroffeneVerweis auf die MLTB und die dort beschriebe-nen Maßnahmen sind daher für Planung undAusführung bindend.

In hinterlüfteten Vorhangfassaden müssenbei geschossübergreifenden Hohlräumen und/oder wenn diese über Brandwände geführt wer-den, besondere Vorkehrungen gegen eine mög-liche Brandausbreitung getroffen werden. Sosind z.B. in jedem zweiten Geschoss horizontaleBrandsperren einzubauen. „Brandsperren die-nen der Begrenzung der Brandausbreitung imHinterlüftungsspalt über eine ausreichend langeZeit durch Unterbrechung oder partielle Redu-zierung des freien Querschnitts des Hinterlüf-tungsspalts“ (MLTB). Neben den qualitativenGrundanforderungen an Materialqualität und

Abb. 4.15: Isometrische Darstellung einer Brandsperre

konstruktive Ausbildung dieser Brandsperrenwerden hier auch Anforderungen bezüglich Ver-ankerung, Dämmstoffqualität und Ausbildungdes Hinterlüftungsspalts definiert.

Am Markt sind verschiedene Brandsperrenunterschiedlicher Hersteller erhältlich (Abb.4.15, 4.16). Die Konstruktion dieser Produktebasiert größtenteils auf den Grundanforderun-gen aus der MLTB.

Des Weiteren gibt es eine sogenannte reak-tive Brandsperre, die nach §28 (4) MBO auf ihrebrandschutztechnische Wirksamkeit geprüft ist.Sie reagiert im auftretenden Brandfall und ver-schließt den Hinterlüftungsspalt durch „Auf-schäumen“ einer auf einem Aluminium-Streck-gitter aufgebrachten Beschichtung. Der Hinter-lüftungsspalt der VHF wird mit dem nicht-brennbaren, luftundurchlässigen Schaum ver-schlossen. Diese Reaktion erfolgt ab einer Tem-peratur von ca. 150 °C (Abb. 4.17, 4.18).

Abb. 4.17: Darstellung einer reaktiven Brandsperre im eingebauten Zustand in der VHF

Abb. 4.18: Darstellung einer reaktiven Brandsperre bei Reaktion im Brandversuch

Abb. 4.16: Einbauprinzip einer Brandsperre

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Dokumentation 567

4.3 Stahl im hochwertigen Fassadenbau

Für die planerische Entscheidung, eine Fas-sade in Stahl zu realisieren, lassen sich vielfältigeGründe benennen. Sowohl gestalterische Ideendes Planers als auch technische Aspekte und An-forderungen des jeweiligen Bauvorhabens lassensich mit Stahl hervorragend umsetzen.

Für den Architekten ist die gestalterischeFreiheit, die der Werkstoff Stahl bei Formen-sprache und Geometrie offeriert, von entscheiden-der Bedeutung. Die Verbindung aus Entwurfs-idee und dem Werkstoff Stahl verleiht Gebäudenhäufig einen besonderen Ausdruck und Charak-ter (Abb. 4.19). Dünnwandige kaltverformte

Fassadenbauteile aus Stahlblech eignen sichdurch ihren hohen industriellen Vorfertigungs-grad besonders für hochwertige Fassadenbau-maßnahmen.

4.3.1 Fassaden aus oberflächenveredeltemStahlfeinblech

Fassadenbauteile aus Stahl lassen sich in beliebigen Farben und verschiedensten Ober -flächendekoren bis hin zu changierenden Farb-effekten herstellen (Abb. 4.20). Je nach Verwen-dungszweck und Standort sind qualitativ unter-schiedliche Beschichtungssysteme gemäß denzu erwartenden lokalen Anforderungen reali-sierbar. Es empfiehlt sich allerdings, bereits inder Planungsphase bei den Herstellern Informa-tionen über produktspezifische Lieferzeiten ein-zuholen. Bei besonderen Beschichtungen oderspeziellen Farbwünschen können längere Liefer-zeiten entstehen, die für die jeweilige Baumaß-nahme zu beachten sind.

In Abhängigkeit vom Gebäudegrundriss,der Anordnung von Fenster- und Türöffnungenoder Geländeversprüngen am Fassadenfuß-punkt ergeben sich bei jedem Bauvorhaben un-ter formalästhetischen Aspekten geometrischeZwangspunkte. Um eine gestalterisch anspre-chende Fassadenqualität zu erzielen, müssensolche Zwangspunkte bereits in der Entwurfs-phase berücksichtigt werden (Abb. 4.21).

Abb. 4.19: Architektenentwurf eines neuen Auslieferungslagers mit individuellauf Kundenwunsch gefertigten Profiltafeln

Abb. 4.20: Umsetzung eines individuellen Farbkonzeptes am Beispiel einer kassettierten Fassade

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

Nicht nur das Material und die Farbe derFassade, sondern auch die maßliche Aufteilungder Bekleidungsbauteile sowie das dadurch be-einflusste Fugenbild müssen planerisch durch-dacht werden. Es ist daher zu empfehlen, sichfrühzeitig von möglichen Anbietern beraten zulassen. Hinsichtlich der Realisierbarkeit vonProfilgeometrien, speziell aber vor dem Hinter-grund wirtschaftlicher Aspekte, können dieseBeratungen für den Planer sehr aufschlussreichsein.

Grundsätzlich ist in Bezug auf Form, Farbeund Oberfläche von Bekleidungsbauteilen ausStahlfeinblechen fast jede Ausführung realisier-bar (Abb. 4.22, 4.23). Einige Hersteller sind soflexibel aufgestellt, dass sie, unabhängig vonder Auftragsgröße, individuelle Wünsche undAnforderungen des Kunden problemlos umset-zen können. Allerdings können bei jedem Fassa-denbauvorhaben gestalterische, technische undwirtschaftliche Parameter für das weitere Be-schreiten angedachter Lösungswege ausschlag-gebend sein.

So lässt sich unter Umständen bereits in einer frühen Planungsphase erkennen, ob eineFassade unter wirtschaftlichen Aspekten sauberdurchdacht ist oder durch nicht berücksichtigtefertigungstechnische Parameter unwissentlichzu „teuer“ geplant wird. Möglicherweise kann

unter Beibehaltung der Gestaltung und unterBerücksichtigung aller geometrischen Zwangs-punkte durch kleine, augenscheinlich nicht er-kennbare Änderungen am geplanten Beklei-dungsbauteil oder der Fassadenaufteilung dieKostensituation nach oben oder unten beein-flusst werden.

Abb. 4.22: Fassadengestaltung mit abgesetzten Profilgeometrien

Abb. 4.21: Geometrische Zwangspunkte durch vorgegebene Fenster- und Brüstungsbänder

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Beim Lieferanten der Bekleidungsbauteilekönnte z.B. die Möglichkeit bestehen, die Kos-ten durch gewisse produktionsspezifische „Stell-schrauben“ zu reduzieren. Im Speziellen ist hierim Sinne der Verschnittoptimierung die mög-lichst vollständige Ausnutzung von Coilbreitenund Tafelformaten zu benennen. Aber auchkleine geometrische Veränderungen des Bau-

teils können ohne optische Einbußen die reinenMaterialkosten reduzieren.

Zudem kann eine frühzeitige Abstimmungzwischen dem Planer und dem in Frage kom-menden Hersteller der Fassadenbauteile einengestalterischen Mehrwert generieren. Dies lässtsich am Beispiel der in Abb. 4.24 gezeigten Fassade erläutern. Auf Basis der vom Architek-

Abb. 4.24: Realisiertes Bauvorhaben mit individuell auf den Architektenentwurf abgestimmten gepressten Profiltafeln

Abb. 4.23: Beispielhafter Auszug von Paneelgeometrien

DeltapaneelKastenpaneel Klemmpaneel TT-Paneel Stülppaneel

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

ten geplanten Geometrieabfolge konnten fünfGrundformate abgeleitet werden. Diese Grund-formate ließen sich mit minimalem Materialver-schnitt und folglich für den Bauherrn sehr wirt-schaftlich umsetzen. Durch einzelne Bearbei-tungsschritte über sogenanntes Pressen wurdedem Bekleidungsmaterial an der gewünschtenStelle die abgestimmte Geometrie verliehen. So-mit entstand durch vorgegebene, partiell engangeordnete oder in größerem Abstand aufei-nander folgende Wellen der optische Effekt vonStauchung und Streckung. Die Fassade wurdedadurch aufgelockert und erhielt trotz derstrengen Gebäudekubatur ein individuelles Er-scheinungsbild (Abb. 4.25).

Hinsichtlich der zu erwartenden Bau-, Ferti-gungs- und Verlegetoleranzen wurden währendder Montage an vorbestimmten Positionen inder Fassadenfläche Profiltafeln ausgespart. Diesewurden vor Beendigung der Montagearbeiteneinzeln aufgemessen, im Werk gefertigt und op-tisch nahtlos gemäß dem Fassadenrapport einge-passt. Die Stoßfugen der einzelnen Tafelformatesind kaum zu erkennen, die Fassade erscheintwie aus einem Guss.

Abb. 4.25: Die zum Toleranzausgleich individuell gefertigtenProfiltafeln fügen sich nahtlos in den Rapport ein

Abb. 4.26: Passgenaue einteilige Eckkassette mit Fenster -laibung und Ausstanzung für die Einbindung der Fensterbank

Abb. 4.27: Motivlochung in einer Schulfassade

Basierend auf den Entwürfen der Planerund dem jeweils gewählten Bekleidungssystemkönnen von den Herstellern passgenaue, auf dasBauvorhaben abgestimmte Formteile und An-schlussprofile hergestellt werden. Auf Kunden-wunsch gefertigte Ausstanzungen in Bekleidungs-bauteilen für An- und Abschlussdetails sind einBeispiel dafür (Abb. 4.26). Die optische Inte-gration solcher aufwändig auszuführenden De-taillösungen sowie deren technisch richtigeUmsetzung bedürfen einer fundierten Werk-und Montageplanung. Eine Nachbearbeitung derBauteile auf der Baustelle ist nur schwerlich oh-ne qualitative Einbußen möglich. Umso wichti-ger ist ein fundiertes Aufmaß vor Ort nach Fer-tigstellung der Unterkonstruktion.

Über CNC gesteuerte Bearbeitungsmaschi-nen sind Hersteller heute in der Lage, individu-elle Loch-, Präge- oder Schliffbilder in die Ma-terialoberfläche einzubringen. FotorealistischeDarstellungen von Landschaften, Gebäuden, Per-sonen oder Gegenständen sind über das Lochenvon Fassadenbauteilen möglich (Abb. 4.27).Derartige Bilder lassen sich durch die Verdich-tung von Lochungen unterschiedlicher Durch-messer auf einem freien Raster erzeugen.

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Dokumentation 567

4.3.2 Fassaden aus wetterfestem Baustahl

Neben den häufig verwendeten Fassaden-bauteilen aus oberflächenveredeltem Stahlblechkann auch sogenannter wetterfester Baustahl fürdie Fassade verwendet werden.

Wetterfester Baustahl erfreut sich bei Archi-tekten und Planern wachsender Beliebtheit. Spe-ziell in puristischen Entwürfen „glänzt“ diesesMaterial mit einer ganz eigenen Ästhetik (Abb.4.28). Die im Vergleich zu beschichteten Blechensehr lebendige Oberfläche wirkt durch eine ur-eigenste Eigenschaft von Stahl – er rostet!

Allerdings ist das Abrostungsverhalten vonwetterfestem Baustahl anders als bei normalenBaustählen. Durch die Legierungs zusätze Kupfer,Chrom sowie teilweise auch Phosphor kommtdie natürliche Korrosion des wetterfesten Bau-stahls nach etwa ein bis drei Jahren fast voll-ständig zum Erliegen. Zwischen der oberflächli-chen Rostschicht und dem unveränderten Stahlbildet sich eine feste „Schutzschicht“ aus Sulfa-ten oder Phosphaten (Abb. 4.29). Diese Schutz-schicht verlangsamt unter normalen Standort-bedingungen und fachgerechter Detailausbil-dung der Fassade eine weitere Oxidation desMaterials.

In seinen mechanischen Eigenschaften istwetterfester Baustahl dem unlegierten Baustahlsehr ähnlich. Eine Bearbeitung des Werkstoffs istgenauso möglich wie bei normalen Baustählen.Die mit Phosphor legierten Sorten weisen zwareine noch höhere Korrosionsbeständigkeit aufals die ausschließlich mit Kupfer und Chrom le-gierten wetterfesten Baustähle, allerdings wirktsich der Phosphoranteil nachteilig auf Umform-und Schweißbarkeit aus.

Die dauerhafte Funktionsfähigkeit von Fas-sadenbauteilen aus wetterfestem Baustahl istabhängig von einer materialgerechten Planungund Ausführung. Eine permanente Feuchtebe-netzung der Bauteile ist zu vermeiden, da zurBildung einer dauerhaften Sperrschicht ein häu-figer Wechsel zwischen feuchter und trockenerAtmosphäre wichtig ist.

Konstruktiver Grundsatz ist, eine vollstän-dige Luftumspülung der einzelnen Fassadenbau-teile zu gewährleisten (Abb. 4.30). Fassadenaus wetterfestem Baustahl sollten daher nichtnäher als 3 m an fließenden Gewässern gebautwerden. Wetterfester Baustahl ist für Standort-bedingungen wie unmittelbare Seewassernähe(< 1.000 m) oder aggressive Industrieatmosphä-ren ungeeignet. Unter derartigen Bedingungen

Abb. 4.28: Einfamilienhaus in Ulm. Strenger, puristischer Kubus mit lebendiger Stahloberfläche.

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

Abb. 4.29: Abrostungsverhalten unlegierten und wetterfesten Baustahls

Unlegierter Baustahl Wetterfester Baustahl

Sperrschicht

O2

FeSO4 FeSO4

O2 SO2SO2SO2 H2OH2O

kann nicht ausgeschlossen werden, dass wetter-fester Baustahl vergleichbar schnell wie unlegier-ter Baustahl korrodiert. Auch Pflanzenbewuchsder Fassade oder „konstruktive Wassersäcke“sind zu vermeiden, da dadurch eine zeitnahe Ab-trocknung der Fassadenbauteile verhindert wird.

Durch eine materialgerechte Detailplanunghat der Architekt somit unmittelbaren Einflussauf die Dauerhaftigkeit bzw. auf den Korrosions-widerstand der einzelnen Fassadenbauteile auswetterfestem Baustahl. Weitere Hinweise undObjektbeispiele sind in der Dokumentation 585„Fassaden aus wetterfestem Baustahl“ [4] zufinden.

Abb. 4.30: Weingut Abril in Bischoffingen. Vorgehängte hinterlüftete Fassade aus wetterfesten Baustahlkassetten.

4.3.3 Lebenszykluskosten von Fassaden aus Stahl

Neben den bereits genannten gestalterischenund wirtschaftlichen Aspekten dürfen unter einergesamtheitlichen Betrachtung der Stahlfassadedie Lebenszyklus- und Rückbaukosten nicht un-erwähnt bleiben.

Die Lebenszykluskosten von VHF aus Stahlsind als verhältnismäßig gering einzustufen. Differenziert man zwischen Instandhaltungs-und Reinigungskosten, so lässt sich festhalten,dass die Reinigungskosten im Vergleich zu de-nen für andere Fassadentypen gering sind. Bei

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Dokumentation 567

4.4 Beurteilung von Ausführungsqualität und optischen Unregelmäßigkeiten

In der baulichen Praxis kommt es leider immer wieder zu Diskussionen zwischen Bau-herren und den am Bauvorhaben beteiligten Planern und Handwerkern hinsichtlich vermeint-licher Mängel an der ausgeführten Metallfassade.Der Anlass ist häufig die Wahrnehmung von optischen Unregelmäßigkeiten in der Oberflächeder Bekleidungsbauteile. Ursachen dafür könnenunter Umständen Planungs-, Herstellungs- oderVerarbeitungsfehler, aber auch eine falsche Er-wartungshaltung des Bauherrn sein.

Grundsätzlich sind vorgehängte hinterlüfteteFassaden aus dünnwandigen Stahlfeinblechenbei normgerechter Herstellung der Bekleidungs-bauteile sowie fachgerechter Montage technischund gestalterisch eine hervorragende Möglich-keit, ein Gebäude attraktiv und funktional zuver-lässig vor natürlichen Witterungseinflüssen zuschützen. Aber auch hier sind bauartbedingteEigenheiten zu berücksichtigen.

Schon während der Planung muss der Bau-herr über Vor- und Nachteile möglicher Fassa-densysteme und Produkte informiert und beratenwerden. Wenn die Entscheidung des Bauherrnin Abstimmung mit seinem Planer für ein Fas-sadenprodukt oder System gefallen ist, muss im

Rahmen der Ausschreibung die zu erbringendeLeistung genau beschrieben werden. Toleranzenund zulässige Abweichungen sind genau zu de-finieren und bei der Auftragsvergabe schriftlichzu vereinbaren. Zwischen den Fertigungstoleran-zen des Herstellers und den Montagetoleranzendes Handwerkers ist zu differenzieren. Die Qua-lität der Ausschreibung ist hier von erheblicherBedeutung. Es reicht nicht aus, sich bezüglichder gewünschten Oberflächenqualität der Metall-fassade bzw. zur Eingrenzung von Fertigungs-und Montagetoleranzen auf die DIN 18202 [5]zu beziehen. Hinsichtlich der Anforderungen andie optische Qualität der Oberfläche der Metall-fassade wäre dies ein Fehler.

Die DIN 18202 bezieht sich in ihren Aus -sagen auf Bauwerke bzw. Bauwerksteile, diedem allgemeinen Hochbau zuzuordnen sind.Metallfassaden weichen, bedingt durch die Ver-wendung dünnwandiger Metallprofile und diedamit verbundene Materialbeschaffenheit sowiedie daraus resultierenden Montage- und Verar-beitungstechniken, von den im Hochbau übli-chen und regelmäßig angewendeten Ausfüh-rungsweisen und Baustoffen ab.

Außerdem hat „diese Norm lediglich denZweck, Grundlagen für Toleranzen und für ihrePrüfung festzulegen. Werte für zeit- und lastab-hängige Verformungen, auch aus Temperatur,sind nicht Gegenstand dieser Norm.“ Wenn mansich verdeutlicht, in welchem Maße die Bauteileeiner Metallfassade einer immer wiederkehren-den maßlichen Veränderung durch natürlichethermische Einflüsse unterworfen sind, wirdklar, dass die DIN 18202 nicht zur Definitionvon zulässigen Maßabweichungen von Fassaden-oberflächen herangezogen werden kann. DieDIN ist lediglich zur Bewertung der Toleranzendes Untergrundes von Bedeutung, auf den dievorgehängte hinterlüftete Fassade aufgebrachtwird.

An dieser Stelle sei auf das umfangreicheRegelwerk des IFBS verwiesen. Wird eine Fas-sade mit einer Paneelbekleidung geplant undausgeschrieben, kann sich der Planer in seinerAusschreibung z.B. auf die IFBS-Richtlinie 1.05„Leitfaden zur Beurteilung von Abweichungenbei Bauelementen aus Stahlblech“ [6] beziehenund die dort genannten Toleranzen vertraglichvereinbaren.

Zu den vorgenannten Problematiken gibt eszudem einen empfehlenswerten Fachberichtdes ö.b.u. v. Sachverständigen Dipl.-Ing. FranzLubinski [7]. Dieser greift die Problematik aufund benennt Vorschläge für zulässige Maßab-weichungen von Metallpaneelen.

regelmäßiger Reinigung entstehen fast keineKosten für weitere Instandhaltungsmaßnahmen.Voraussetzung dafür ist natürlich eine konstruk-tiv richtige Planung und Ausführung.

Die Qualität der heutigen Beschichtungssys-teme ist enorm hoch. Somit sind bei richtigerHerstellung der Bauteile sowie der sachgerech-ten Handhabung des Materials auf der Baustellekaum Folgekosten für die Instandhaltung zu er-warten. Ausgenommen sind natürlich Kosten zurBehebung unbeabsichtigter oder beabsichtigtermechanisch herbeigeführter Beschädigungen.

Betrachtet man Gebäudehüllen aus Stahlunter dem Aspekt Nachhaltigkeit, so lassen sichhinsichtlich der Recyclingfähigkeit viele posi-tive Eigenschaften attestieren. Vorgehängte hin-terlüftete Fassaden aus Stahl sind nach Ablaufihrer Lebensdauer hervorragend rückbaubar.Konstruktionen dieser Art zeichnen sich durcheine hohe Demontagefreundlichkeit aus. Dieeinzelnen Materialien lassen sich bereits auf derBaustelle mit geringem Aufwand sortenreintrennen und können nach kontrolliertem Rück-bau zeitnah und ohne weitere aufwändige Maß-nahmen recycelt werden.

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

Bezüglich der Untergrundtoleranzen ist dierichtige Wahl der Unterkonstruktionsbauteilebzw. des Unterkonstruktionssystems zu erwäh-nen. Eine Unterkonstruktion soll neben der Ableitung von Eigen- und Windlasten auch dennotwendigen Ausgleich der Untergrundtole-ranzen gewährleisten. Sie muss grundsätzlichflucht- und lotrecht ausgeführt werden. Dazueignen sich insbesondere mehrteilige Systeme.Wird die Fassade auf Mauerwerk oder Betonausgeführt, so sind einteilige Unterkonstruktions-varianten wie z.B. Z- oder Hutprofile denkbarungeeignet.

Bei dünnwandigen Bauteilen aus Stahlfein-blech ist nicht davon auszugehen, dass diese„selbstständig“ die Unebenheiten der Unterkon-struktion bzw. des Untergrundes ausgleichen.Vielmehr ist zu erwarten, dass sich jede Un-ebenheit als Verwerfung oder Beule in der Bau-teiloberfläche abzeichnen wird. Eine saubere,flucht- und lotrechte Unterkonstruktion ist da-her eine der wichtigsten Grundlagen für die optische Gesamtanmutung der fertigen Fassade.An dieser Stelle sei nochmals auf die Grund-anforderung der sogenannten zwängungsfreienMontage aus DIN 18516 verwiesen (siehe auch4.2.2.1 Zwängungsfreie Montage der Fassaden-bauteile).

Können vorgenannte Sachverhalte nach aus-reichender Prüfung als Ursache einer Beanstan-dung ausgeschlossen werden, ist zu berücksich-tigen, dass selbst bei fachgerechter Montage undnormgerechter Herstellung von dünnwandigenBauteilen aus Stahlfeinblechen sichtbare Unre-gelmäßigkeiten in der Fassadenoberfläche auf-treten können. Die Oberfläche einer herkömm-lichen Metallfassade kann niemals vollkommeneben, sozusagen spiegelglatt sein. Je nach Be-lichtung und Betrachtungswinkel können –teils nur temporäre – Unregelmäßigkeiten in der

Fassadenoberfläche auftreten. Auf diese bauart-bedingten Eigenheiten ist der Bauherr frühest-möglich hinzuweisen. Hier ist eine fachlich fun-dierte Beratung des Bauherrn durch den Planer,den Fassadenbauer oder den Materialherstellerunabdingbar. Durch eine falsche Erwartungs-haltung des Bauherrn, im Normalfall ein bau-technischer Laie, steigt das Risiko von nachge-lagerten Beanstandungen bis hin zu Rechtsstrei-tigkeiten erheblich.

Problematisch ist, dass es bisher keine all-gemeingültigen und verbindlichen Bestimmun-gen hinsichtlich maßlicher Abweichungen fürdünnwandige Bekleidungselemente, wie z.B.Kassetten und Paneele, gibt. Durch das Fehlendieser Regelwerke besteht auch kein definierterBewertungsmaßstab für eventuell auftretendeUnregelmäßigkeiten in der Fassaden- bzw. Bau-teiloberfläche. Unter diesen Umständen kannalso eine rein technische Betrachtung der vor-genannten Sachverhalte nicht ausreichend sein.Zurzeit besteht nur die Möglichkeit, sich aufEmpfehlungen von Sachverständigen zu bezie-hen und diese Empfehlungen bei vermeintli-chen Reklamationen heranzuziehen.

In diesem Zusammenhang wird von einersogenannten gebrauchsüblichen Betrachtungs-weise ausgegangen. Diese kann gemäß einemVorschlag des ö.b.u. v. Sachverständigen Karl-friedrich Fick in eine allgemeine und eine spe-zielle Betrachtungsweise differenziert werden[8]. Im Folgenden wird lediglich die allgemeineBetrachtungsweise erläutert (Abb. 4.31). Diesekann beispielsweise genutzt werden, wenn keinegesonderten Anforderungen definiert und ver-traglich vereinbart wurden.

Der Betrachtungsabstand von der Fassadesollte 10 m betragen und der Betrachter ortho-gonal vor der Fassade stehen. Bei einem Blick-winkel von ca. 30° zu beiden Seiten und von

Abb. 4.31: Allgemeine Betrachtungsweise gem. Empfehlung des ö.b.u. v. Sachverständigen Dipl.-Ing. Karlfriedrich Fick

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Dokumentation 567

Abb. 4.34: Farbkonzept mit sehr matten Oberflächen: „bauhausstil naturmatt“

Kopfhöhe des Betrachters ca. 10 m in die Höheergibt sich ein Betrachtungsfeld von ca. 12 m x12 m.

Diese Betrachtung darf nicht bei Streiflichtoder direkter Sonneneinstrahlung durchgeführtwerden. Häufig sind Verwerfungen in der Ober-fläche von Bekleidungsbauteilen nur durch einseitliches Betrachten und bei Streiflicht zu er-kennen (Abb. 4.32). Betrachtet man denselbenFassadenbereich orthogonal, sind keine Unre-gelmäßigkeiten in den Bauteiloberflächen wahr-zunehmen (Abb. 4.33). Dem Bauherrn kann

dadurch verdeutlicht werden, dass eine ver-meintliche Beanstandung nicht immer begrün-det ist. Eine ungünstige Betrachtungspositionoder ungünstige Belichtungsverhältnisse, in denen Unregelmäßigkeiten in der Oberflächewahrgenommen werden können, rechtfertigennicht unbedingt eine Reklamation.

Um das Risiko solcher Beanstandungen vonvornherein zu minimieren, lassen sich zweigrundlegende Ansätze definieren. Zum einensollte die Materialdicke der Bekleidungsbauteileneben den spezifischen statischen Anforderun-gen so dimensioniert sein, dass diese auch dieoptischen Ansprüche erfüllen können. Ein inAbhängigkeit von der Bauteilgröße zu dünnesMaterial führt unter Umständen zu einer deut-lichen Beulenbildung. Das bedeutet, dass diefür ein Bauvorhaben bzw. ein Bauteil gewählteMaterialdicke unter Umständen dicker gewähltsein sollte, als in der Statik gefordert.

Zum anderen kann die Farb- und Oberflä-chenwahl Auswirkungen auf die Wahrnehmungvon eventuell auftretenden optischen Unregel-mäßigkeiten haben. Insbesondere bei Metallic-farbtönen und glänzenden Oberflächen könnenVerwerfungen deutlicher sichtbar werden. Hierist zu empfehlen, eher matte Beschichtungssys-teme zu wählen. Diese „verzeihen“ durch ihreweniger reflektierende Oberfläche mehr, sodasseventuell auftretende Unregelmäßigkeiten nichtoder nur gemindert wahrgenommen werden.Da der Einsatz von matten Oberflächen injüngster Zeit einer erhöhten Nachfrage unter-liegt, haben einige Hersteller Farbkollektionenmit speziellen matten Farbtönen aufgelegt(Abb. 4.34).

Abb. 4.33: Bei orthogonaler Betrachtung des in 2.32 gezeigten Fassaden-abschnitts sind Verwerfungen in der Bauteiloberfläche nicht zu erkennen

Abb. 4.32: Seitliche Betrachtung eines Fassadenabschnitts bei Streiflicht

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Integrale Planung mit Paneelsystemen

4.5 Zusammenfassung

Stahl empfiehlt sich durch seine besonderenmaterialspezifischen Eigenschaften als hervorra-gender Baustoff für Gebäudehüllen. Wegen deshohen industriellen Vorfertigungsgrads auch in-dividueller Bekleidungsbauteile und der darausfür den Baustellenbetrieb resultierenden schnel-len und wirtschaftlichen Montageabläufe eignetsich Stahl im Besonderen für die hochwertigeFassade.

Das hohe Maß an Gestaltungsmöglichkeitenin Formensprache, Farbe und Oberflächendekoreröffnet Architekten und Planern eine breite Palette an Möglichkeiten zur Gestaltung undStrukturierung von Gebäudefassaden.

Bei richtiger Planung und Ausführung –unter Berücksichtigung der in den vorgenann-ten Abschnitten erläuterten technischen Sach-verhalte – ist Stahl eine gute Möglichkeit, vorge-hängte hinterlüftete Fassaden optisch anspre-chend, individuell und kostengünstig zu reali-sieren. Diese Fassaden zeichnen sich, über ihretechnisch zuverlässige Funktionalität hinaus,durch eine hohe Werthaltigkeit und Langlebig-keit aus.

Stahl, als einer der wichtigsten Baustoffeder Gegenwart, wird uns daher im hochwerti-gen Fassadenbau auch in Zukunft begleiten.

4.6 Literatur

[1] DIN 18516-1 – Außenwandbekleidungenhinterlüftet – Teil 1: Anforderungen Prüfgrund-sätze; Beuth Verlag 2010/06

[2] DIN 4108-3 – Wärmeschutz und Energie-Einsparung in Gebäuden – Teil 3: KlimabedingterFeuchteschutz – Anforderungen, Berechnungs-verfahren und Hinweise für Planung und Aus-führung; Beuth Verlag 2014/11

4.7 Bildquellen

Abb. 4.1–4.10, 4.22, 4.23, 4.25–4.27, 4.31–4.34:Hans Laukien GmbHAbb. 4.11–4.14: Josef Stuhldreier Metallwaren-fabrikAbb. 4.15: BWM Dübel + Montagetechnik GmbHAbb. 4.16–4.18: IRRGEHER Dichtungstechnik &Brandschutz GmbHAbb. 4.19: pape architekten, HerfordAbb. 4.20, 4.21: Wirtschaftsvereinigung Stahl/Goldbeck GmbH Abb. 4.24: pape architekten/Foto Peter HübbeAbb. 4.28: Architekten Mühlich, Fink & Partner,Ulm/Foto Martin DuckekAbb. 4.29: Wirtschaftsvereinigung StahlAbb. 4.30: Architekt Wolfgang Münzing /FotoSusanne Sommerfeld

[3] Muster-Liste der Technischen Baubestim-mungen März 2014 – Anlagen; Deutsches Institutfür Bautechnik DIBt 2014

[4] Dokumentation 585 „Fassaden aus wetter-festem Baustahl“; Wirtschaftsvereinigung Stahl,2014

[5] DIN 18202 – Toleranzen im Hochbau –Bauwerke; Beuth Verlag 2013/04

[6] IFBS 1.05 – Leitfaden zur Beurteilung vonAbweichungen bei Bauelementen aus Stahl-blech; 2003-11

[7] Dipl.-Ing. Franz Lubinski: „Metallpaneele –Klarheit ist die beste Grundlage“; Fassadentech-nik 7/2008, Cubus Medienverlag

[8] Dipl.-Ing. Karlfriedrich Fick: Leitfaden zurBeurteilung von Wandbekleidungen; Höhr-Grenzhausen, 2012

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Dokumentation 567

5 Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemenaus Stahl – von der Theorie zur Praxis

Dr.-Ing. Ralf Möller

5.1 Einleitung

Bauen ist Teamarbeit. Diese bereits sehr alteMaxime gilt heute mehr denn je: zunehmendeAnforderungen an die Funktionalität und das op-tische Erscheinungsbild der Fassadenkonstruk-tionen des Stahlleichtbaus machen detailliertePlanungsarbeiten im Rahmen der erweiterten

Gebrauchstauglichkeit nötig (Abb. 5.1). DieMontagearbeiten müssen vorab ausführlichdurchdacht werden, nicht zuletzt um unnötigeWartezeiten und teure Improvisationsarbeitenauf der Baustelle zu vermeiden. Bereits bei derPlanung sind Fehlerquellen zu erkennen undauszuschalten. Die Anwendung europäischerNormen und die auf europäische Ebene verla-gerte Qualitätssicherung für die Bauelementesollen das Bauen im europäischen Wirtschafts-raum künftig einfacher gestalten.

Vorausetzung für Planung und Ausführungist die Kenntnis dessen, was dem Bauherrn tatsächlich vorschwebt. Allgemeine technischeVorbedingungen und selbst umfangreiche Leis-tungsverzeichnisse geben nicht immer im not-wendigen Maße darüber Auskunft. Es ist für diebauausführende Firma ratsam, einen betriebs -internen Fragebogen zu erstellen, der alle techni-schen Randbedingungen enthält, die für die Er-stellung der Fassade erforderlich sind (Abb.5.2). Der Architekt wirkt bei der detailliertenBeantwortung dieses Fragebogens an entschei-dender Stelle mit.

Abb. 5.2: Hausinterner Fragebogen für die Abwicklung

Abb. 5.1: Anforderungen an die raumabschließenden Bau-elemente im Wandel der Zeit

Themenkreise Grobstruktur Nutzung

Baurechtliche Auflagen

Optik Umwelteinflüsse Abmessungen Besondere Anforderungen

Detailfrage

Art der Nutzung Wärmeschutz Formgestaltung Standort Gebäudeform Fugendichtigkeit

Innenklima Schallschutz Farbtöne Lage des Gebäudesim Gelände

Gebäude -abmessungen

Wärmebrücken, Verhinderung vonKondensat und

Schimmelpilzbildung

Frei werdende Stoffe Brandschutz Kantteile Außenklima Dachaufbau Belüftung

Innentemperaturen Baustil Zubehör Belastungen Elementspannweiten Dämmdicken

Korrosions -fördernde Stoffe

Umweltschutz Kosten der Detaillierung

Korrosions -gefährdung

Profiltyp für Dachund Wand

Heizung

Hygienische Anforderungen

Abmessungen derEntwässerungsein-

richtungen

Bes. Vertragsverbin-dungen, Beschaffen-heitsvereinbarungen

Nutzungsdauer Unterkonstruktion/Bodenplatte

Besondere technische Details

Nutzungswechsel Löcher in der Verlegefläche

Folgegewerke undTerminplanung

Steigende Anforderungen an die Dokumentation

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Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemen aus Stahl

Für nahezu alle Bauteile, die der Witterungausgesetzt sind, ist eine regelmäßige Inspektionund ggf. eine Wartung erforderlich. Der Bau-herr muss im Rahmen einer „Gebrauchsanlei-tung“ für sein Bauwerk darauf aufmerksam ge-macht werden, dass die Fassade zu pflegen ist.Die Lebensdauer der Fassade wird dadurch er-heblich verlängert und Instandhaltungsarbeitenwerden minimiert.

Prinzipiell unterscheidet sich die Planungvon Metallfassaden nicht von der Planung ande-rer Gewerke. Es sind jedoch Besonderheiten zubeachten.

5.2 Grundlagen für die Bauausführung

5.2.1 Der Bauherrenwunsch

Bauherren sind mehrheitlich bautechnischeLaien. Daher werden ihre Wünsche üblicher-weise durch den Architekten in Wort und Bild(Zeichnung) umgesetzt. Dabei kommt dem Ar-chitekten die Aufgabe zu, die Bauherrenwünscheeindeutig zu formulieren und so im Bauvertrags-werk zu fixieren, dass sich sowohl der Bauherrals auch die späteren Ersteller des Bauvorhabensan diese Ausführungen gebunden sehen. Im Ideal-fall kann der Architekt die relevanten Themenbereits vollständig bearbeiten. Andernfalls ob-liegt es der bauausführenden Firma, im Rahmender technischen Bearbeitung die richtigen Fragenzu stellen.

Grauzonen in den Bauherrenwünschen füh-ren auch zu Grauzonen in den folgenden Bauver-trägen. Was will der Bauherr wirklich? Die An-sprüche des Bauherrn ergeben sich primär ausdem Bauvertrag (subjektive Bezugsebene). Daes – insbesondere bei umfangreichen Bauvor -haben – schlichtweg nicht möglich ist, alle Leis-tungen vollständig in ein Leistungsverzeichniszu pressen, sind die stillschweigenden Besteller-

erwartungen des Bauherrn zu klären (entspringt§633 BGB) und ggf. anzubieten. Auch die art-übliche Beschaffenheit des bestellten Gewerksist notwendigerweise durch die bauausführen-de Firma vor Beginn der Bautätigkeit zu klären.

Der Wunsch nach verdeckten Befestigungen,speziellen Eckausbildungen (Abb. 5.3) oder besonderen Farbtönen, z.B. bei der Bestellungvon Sandwichkonstruktionen, signalisiert derausführenden Firma, dass auch hinsichtlich derhandwerklichen Bauausführung erhöhte Anfor-derungen bestehen.

Die Bauausführung nach den allgemein an-erkannten Regeln der Technik darf der Bauherrstillschweigend voraussetzen (objektive Bezugs-ebene). Erweist es sich im Verlaufe der techni-schen Bearbeitung, dass die Bauherrenwünscheden allgemein anerkannten Regeln der Technikzuwiderlaufen, hat die bauausführende Firma Be-denken gegen die Art der Ausführung einzulegenund ist berechtigt, einen Alternativvorschlag miteinem Angebot vorzulegen (entspringt VOB,Teil 2).

5.2.2 Das Angebot an den Bauherrn

Der Architekt liefert üblicherweise Über-sichtszeichnungen mit der verbindlichen Angabedes nutzbaren Raums des Bauvorhabens – Maßefür die Außenkante des Stahlbaus. Weiterhinlegt er die Art der raumabschließenden Kon-struktion fest und beschreibt diese in Form vonLeistungsverzeichnissen.

Anregungen für diese Arbeiten erhält derArchitekt aus der Fachliteratur, den technischenInformationen der Herstellerfirmen sowie denPlanungs- und Ausführungsunterlagen des IFBS[1]. Für die Interpretation dieser Unterlagen istein Mindestmaß an Fachkenntnis im Metall-leichtbau erforderlich. Ist diese nicht vorhan-den, ist die Zusammenarbeit mit einem Fachpla-ner zu empfehlen. Architekt, Bauherr und bau-ausführende Firma müssen sich darüber im Klaren sein, dass folgende Besonderheiten derBauweise planerisch besonders berücksichtigtwerden müssen. Leichte Bauelemente aus dün-nem Stahlblech haben• geringe thermische Kapazitäten (Wärme-

speicher),• keine nennenswerten Feuchtepuffer,• ein relativ geringes Schalldämmvermögen

sowie• eine Tendenz zu großen Verformungen.

Ungeachtet dieser Besonderheiten hat sichdie Stahlleichtbauweise für Dach und Fassadeim Industrie-, Gewerbe- und öffentlichen Baudurchgesetzt.

Abb. 5.3: Eckausbildung mit Sandwichelementen für Bauwerke mit gehobenen Ansprüchen

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Dokumentation 567

Aufgrund der Tatsache, dass der BereichMetallleichtbau in der Ausbildung von Architek-ten, Bauingenieuren und Technikern im Allge-meinen eher vernachlässigt wird, werden Detail-planungsaufgaben gern an die bauausführendenFirmen vergeben. Diese umfassen die Erstellungvon Statik-, Verlege- und Detailplänen und sindzu vergüten.

Intern prüft die Montagefirma anhand derAbb. 5.2 ihren Kenntnisstand zum Bauvorha-ben. Im Zweifelsfall werden Zusatzinformatio-nen vom Architekten/Bauherrn eingeholt. Auferforderliche ergänzende Arbeiten wird hinge-wiesen und Angebote zur Durchführung dieserArbeiten werden abgegeben. Dabei nutzt sie ihre Kenntnisse zur Bauweise, indem sie in ein-fachster Form die Möglichkeiten der einzelnenKonstruktionen hinsichtlich folgender Themenzusammenstellt (Abb. 5.4):• Schutz gegen Emissionen/Immissionen • Verhalten bei Wärme, Feuchte von innen • Brandschutzanforderungen• optisches Erscheinungsbild • Verhalten bei Klimabelastung von außen • Belastung der Unterkonstruktion• Schwierigkeiten bei der Anordnung von

Durchbrüchen Für den vorliegenden Auftrag wird diese Tabelleausgewertet. Ziel für die bauausführende Firmaist es, eine Einflussnahme auf die Detailplanungund auf den Bauablauf zu gewinnen, um maß-gebliche Eckdaten der Bauweise berücksichtigtzu wissen. Diese sind z.B. die Belange des Korro-

sionsschutzes, die Randbedingungen aus der sta-tischen Berechnung oder die Bauelementeraster(Abb. 5.5). Liegen die Öffnungen in der Verlege-fläche im Raster der Bauelemente? Muss ggf. mitdem Architekten die Lage diskutiert und verän-dert werden?

Das Angebot an den Bauherrn umfasst dann:• hohe, überwachte Qualität von oberflächen-

veredeltem Stahlblech • große Maßhaltigkeit der daraus hergestell-

ten Bauelemente, Stahlprofiltafeln und Sand-wichelemente

• Verwendung von dauerhaften Werkstoffenmit großer Wärmedämmung

• nahezu witterungsunabhängige Montage, re-lativ kurze Bauzeiten

• Montage der Stahlprofiltafeln nach den Fach-regeln des IFBS

• Lösungen für nahezu alle Problemfälle

Abb. 5.5: Schaufenster liegt im Bauelementeraster

Abb. 5.4: Eignung der unterschiedlichen Bauweisen

Prädikate: ++ sehr gut geeignet, + gut geeignet, O befriedigend, – nicht befriedigend, –– problematisch/nicht geeignet

Bauweise Schutz g.Emission/Immission

Wärme,Feuchte von innen

Brand -schutz

Optik Außen-klima

Belastung der Unter-konstr.

Durch-brüche

Einschaliges Dach aus Metallprofilen –– –– –– O –– ++ ++Unbelüftetes wärmegedämmtes Dach mit Bitumenabdichtung O O O O O O OUnbelüftetes wärmegedämmtes Dach mit Bekiesung ++ O ++ ++ ++ –– OUnbelüftetes wärmegedämmtes Dach mit Folienabdichtung O O O + O O OZweischaliges wärmegedämmtes unbelüftetes Dach ++ O ++ + + O –Sandwichdach mit PUR-Kern – ++ O ++ ++ ++ OSandwichdach mit Mineralfaserkern O –– + ++ ++ + OEinschalige Wand aus Metallprofilen –– –– –– O –– ++ ++Kassettenwand mit belüfteter Außenschale ++ – + + – O OSandwichwand mit PUR-Kern – ++ O + O ++ OSandwichwand mit Mineralfaserkern + – + O + O –

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Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemen aus Stahl

5.2.3 Erkundung der Baustellenbedingungen

Die Unterkonstruktion muss auf Maßhaltig-keit geprüft werden. Erfahrungen zeigen, dass esauch bei Einhaltung der Toleranzen nach DIN18202 [2]/18203-3 [3] aus montagetechnischenGründen nicht immer möglich ist, Profiltafelnan Bauwerken zu verlegen, ohne dass – meistoptische – Beeinträchtigungen auftreten. Dochauch statische Belange werden tangiert: Wer-den die erlaubten Maßabweichungen nach DIN18202 ausgenutzt, können z.B. bei statisch un-bestimmten Sandwichkonstruktionen je nachDicke der Sandwichelemente bis zu 20 % derBemessungsgrenzwerte durch Zwängungsbean-spruchungen verlorengehen (Abb. 5.6). Einekorrekte Montage erfordert ggf. die Vereinba-rung kleinerer Stichmaße bzw. Ausgleichskon-struktionen [1].

Vor Ort muss ein geeigneter Lagerplatz fürdie Bauelemente vorhanden sein. Die Lagerungder Profiltafeln muss so erfolgen, dass eine Tau-wasserbildung innerhalb des Stapels vermiedenwird. Eine kurzzeitige Lagerung im Freien istmöglich, wenn die Profiltafeln vor Niederschlagund Spritzwasser geschützt werden. Die Profil-tafeln dürfen nicht mit Schmutz, feuchtem Mörtel, Beton, Kalk oder Zement in Berührungkommen. Den Lieferbedingungen der Herstellerentsprechend sollen die Stapel für den Regen-wasser- oder Kondensatablauf schräg gelagertwerden. Dauert die Lagerung längere Zeit an,müssen die Stapel aufgelöst und die Bauelementevereinzelt gelagert werden. Je nach Witterungs-bedingungen ist möglicherweise sogar eine vo-rübergehende Einlagerung unter einem Schutz-dach erforderlich.

5.2.4 Erstellung der Ausführungspläne

Um kostentreibenden Zeitaufwand auf derBaustelle zu vermeiden, werden die Ausführungs-pläne in detaillierter Form angefertigt:• Verlegepläne mit Angabe der vollständigen

Bezeichnung der Bauelemente und derFormteile, der Befestigungselemente nachNamen und Stückzahl in Relation zu denWindlastbereichen der Fassade nach DINEN 1991-1-4 + NA [4]. Dabei sind die Kom-mentare des IFBS und des GDA [5] zur Neu-fassung der Belastungsnormen zu beachten.

• Angaben zu den Bereichen, in denen eineDoppelverlegung in der Dachtragschale in-folge der Schneeanhäufungen nach DIN EN1991-1-3 + NA [6] erforderlich ist.

• Angaben zu den Auswirkungen der Last-kombination „Norddeutsche Tiefebene“ [5],z.B. ebenfalls in Form von Doppelverlegun-gen in der Dachtragschale.

• Stücklisten zu den Verlegeplänen mit Skizzender verwendeten Formteile. Die für die Aus-führung nicht relevanten Abmessungen vonStandardformteilen werden zahlenmäßignicht an den Architekten weitergegeben.

• Detailpläne mit Angaben zur Gebrauchs-tauglichkeit im Sinne der Luftdichtheit [7],der Regendichtheit, des Korrosionsschutzes(Dauerhaftigkeit) [8], [9], (soweit erforder-lich: Brandschutz und Schallschutz [10],Blitzschutz [11]).

• Detailpläne mit genauer Lage von Befesti-gungselementen.

• deutliche Hinweise auf erwartete Leistun-gen benachbarter Gewerke oder von Vorge-werken. Wenn diese betroffenen Gewerkeauf dem kritischen Pfad liegen, sind schrift-liche Vereinbarungen erforderlich.Es sind Freigabemodalitäten für die vom

Verleger bzw. Planer erstellten Planunterlagenverbindlich zu vereinbaren. Kostentreibende Ab-weichungen vom Leistungsverzeichnis müssenvom Bauherrn freigegeben werden – es ist imEinzelfall zu prüfen, ob eine (wenn auch schrift-liche) Einwilligung des Architekten in diesemspeziellen Fall ausreicht.

Optimierungen der Montagefirma nach Ver-tragsunterzeichnung mit Abweichungen vomLeistungsverzeichnis sind ohne Beteiligung desBauherrn nicht mehr möglich.

Abb. 5.6: Maßabweichungen

Ideale Struktur Erlaubte Maßabweichungen nach DIN 18202

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Dokumentation 567

5.2.5 Lieferbedingungen der Lieferanten vonBauelementen aus Metall

Bauelemente werden beim Hersteller mit denAbmessungen gemäß Stückliste bestellt sowieauftrags- und losbezogen gefertigt. Die Liefe-rung kann entweder aus dem eingelagertenStahl-Standardmaterial erstellt werden oder essind Vormaterialbestellungen erforderlich. Da-her sind je nach Typ und Ausführung der be-stellten Bauelemente Lieferzeiten einzuplanen(Abb. 5.7).

Im Fassadenbereich sind wegen der gefor-derten „Farbtongleichheit“ in der Regel in sichgeschlossene Bauabschnitte zusammenzufassen,für die der Bauelementehersteller einheitlicheChargen an Vormaterial bestellt. Diese Vorge-hensweise ist zwischen Besteller und Lieferan-ten vertraglich zu vereinbaren. Zu beachten istauch, dass die Bauelementelieferanten in derRegel den gewünschten RAL- oder NCS-Farbtonnur näherungsweise („ähnlich“ RAL …) anbie-ten. Die Kombination dieses Farbtons mit Farb-tönen eines Nachbargewerks ist daher nicht immer ohne Farbtonabweichungen möglich. Ge-gebenenfalls müssen auftragsbezogen Farbtöneangepasst werden. Besondere Komplikationenkönnen sich bei der Anwendung der „Metallic-Farben“ RAL 9006 und RAL 9007 ergeben. Alszusätzlicher Parameter, der den optischen Farb -eindruck mitbestimmt, kommt in diesen Fällennoch die Orientierung der Metallpartikel in derFarbmatrix hinzu.

Im Sinne der Farbtongleichheit ganzer Bau-abschnitte ist die Vorhaltung einer begrenztenAnzahl von Reserve-Elementen angeraten. Auf-grund der rauen Verhältnisse vor Ort, unter denen auch bei sorgfältiger Behandlung der

5.2.6 Kontrolle der Bauelemente nach der Anlieferung vor Ort

Die Bauelemente müssen in baurechtlicherHinsicht nach der Bauproduktenverordnung(BauPVO) [12] gekennzeichnet sein. Es dürfennur die Bauelemente verwendet werden, fürdie Eignungsnachweise für die vorgesehene An-wendung vorliegen. Die Nachweise sind vomHändler oder Hersteller zur Verfügung zu stel-len.

Die künftige Kennzeichnung von Baupro-dukten erfolgt in allen Fällen, in denen es durcheine harmonisierte Norm oder eine harmoni-sierte Bewertung geregelt wird, durch ein CE-Zeichen, verbunden mit einer gesonderten Leistungserklärung. CE-Kennzeichnung und Leis-tungserklärung sind mit einer Referenznummereindeutig miteinander verknüpft. Die jeweiligenAngaben für das CE-Zeichen und die Leistungs-erklärung sind in den Normen/Zulassungsbe-scheiden festgelegt, z.B.:• DIN EN 1090-1 für tragende Bauteile aus

Stahlblech [13]• DIN EN 14782 für selbsttragende Bauteile

aus Stahlprofiltafeln [14]• DIN EN 14783 für vollflächig unterstützte

Bauteile aus Stahlprofiltafeln [15]

Bauelemente kleine Oberflächenfehler nichtimmer zu vermeiden sind, sollte der Architektein offenes Ohr für deren Mehrkosten haben.

Der Bauelementehersteller haftet für seineProdukte in der Regel nicht nach dem im BGBvorgegebenen Zeitraum. Der zugesicherte Ge-währleistungszeitraum ist wesentlich kleiner.Weiter gehende Gewährleistungszusagen sindschriftlich zu vereinbaren.

Abb. 5.7: Bauablauf

Zu beachten:Abweichungen vomStandard bedeutenVerlängerung der Lieferzeiten

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Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemen aus Stahl

5.3 Durchführung der Baumaßnahme (informativ)

Vor Beginn der Montage sind idealerweisefolgende Voraussetzungen erfüllt:• Alle Planunterlagen wurden vom Bauherrn

bzw. dessen Vertreter verbindlich abge-zeichnet.

• Die baurechtlichen Regelungen für die ein-zelnen Bauelemente liegen auf der Baustellevor.

• (Kopien der) Lieferscheine für die Bauele-mente sind im Bautagebuch abgelegt.

• Eine Eingangsprüfung der Bauelemente nachMaßgabe des Stands der Prüftechnik hatstattgefunden.

• Die Bauelemente sind vorschriftsmäßig ge-lagert.

• Das Vorgewerk ist auf Maßabweichungenüberprüft worden.

• DIN EN 14509 + Ab Z-10.49-xxx für selbst -tragende Sandwichelemente [16], [17]

• Ab Z-10.4-xxx für tragende Sandwichele-mente [18]Die Leistungserklärungen sollen einen direk-

ten Vergleich der Leistungsfähigkeit der kon-kurrierenden Bauelemente ermöglichen. Fürkonstruktiv angewendete Bauelemente (Eckkant-teile, Attikakappen, Stützwinkel, Tor- und Tür-einfassungen), die nicht nach einer harmoni-sierten Norm oder einem Zulassungsbescheidgeregelt werden, sind Leistungserklärungen nichterforderlich.

Die Lieferungen sind gemäß §377 (f) Han-delsgesetzbuch (HGB) direkt nach der Anliefe-rung vor Ort zu prüfen. Angaben zur Durchfüh-rung der Prüfungen sind in DIN EN 14509 [16]und in den EPAQ-Richtlinien [19] zu finden.Der Empfänger der Bauelemente sollte die Prü-fung ernst nehmen, um bei Fehllieferungen denerforderlichen Zeitbedarf für die Neufertigungder Ersatzlieferung zu gewinnen.

Die Mindestprüfung der Bauelemente er-streckt sich auf die Maßhaltigkeit der Bauele-mente, deren Oberflächenbeschaffenheit (Eben-heit und Kratzer) und die Passgenauigkeit derFugenkonstruktion (Thema Fugendichtheit nachEnEV [20]). In jedem Einzelfall muss über eineAusweitung der Prüfung nachgedacht werden.Als Bewertungsmaßstab dienen die Angaben inden einschlägigen Normen (DIN EN 1090-2 [21],DIN EN 508-1 [22], DIN EN 505 [23], DIN EN14509 [16]), Zulassungsbescheide (Z-10.4-xxx[18], Z-10.49-xxx [17]) bzw. die Angaben in denEPAQ-Qualitätsrichtlinien [19].

• Für wesentliche Nachtragsangebote liegenKostenübernahmeerklärungen/Freigaben vor.

• Die erforderlichen Sicherheitseinrichtungen/-maßnahmen nach UVV sind auf der Bau-stelle installiert/durchgeführt worden.

• Eine Abstimmung mit Nachbargewerken hatstattgefunden (über den Bauherrn/Architek-ten).Die Montage hat nach den freigegebenen

Plänen (als Vertragsbestandteil) zu erfolgen.Auch kleine Änderungen sind ohne Mitsprachedes Bauherrn nicht mehr möglich, anderenfallsdrohen Auseinandersetzungen bei der Abnahmeund der Vergütung.

Die Montage erfolgt nach den Fachregeln desIFBS – auf Basis der einschlägigen begleitendenFachliteratur und von Normen, z.B.:• DIN 18807 [24], Teil 3 für Trapez-, Well- und

Kassettenprofiltafelkonstruktionen des Metall-leichtbaus

• DIN 18516-1 [25] für Wandbekleidungen• Z-10.49-xxx [17] + DIN EN 14509 [16] für

selbsttragende Sandwichkonstruktionen• Z-10.4-xxx [18] für tragende Sandwichkon-

struktionen• DIN 55634 [8] und IFBS-Info 1.04 [9] für

korrosionsschutzgerechte Konstruktionenschlechthin

5.4 Werterhalt der Immobilie

5.4.1 Allgemeines

Dem Bauherrn sollte ein Pflichtenheft aus-gehändigt werden – die Erinnerung an seineVerantwortung für sein Bauwerk und dessen Er-halt. In Kurzform sollte hier aufgezeigt werden,welche Maßnahmen erforderlich sind, um dieGebrauchstauglichkeit über lange Zeit hinwegzu erhalten. Insbesondere der Korrosionsschutzder raumabschließenden Bauelemente ist vonInteresse, denn er bestimmt die Lebensdauer derdünnwandigen Bauelemente. Auch Maßnahmenzur Instandhaltung bzw. Ertüchtigung des Kor-rosionsschutzes nach Ablauf der Schutzdauernach DIN EN ISO 12944-1, 3.5 [26] (siehe auch[9]) sollten erwähnt werden.

Im Abschnitt Inspektion und Wartung desPflichtenheftes wird erläutert, welche Inspek-tionstätigkeiten im Detail durchzuführen sindund welche Wartungsarbeiten (z.B. Reinigungder Dach- oder Rinnenabläufe, Abwaschen verschmutzter Stellen) turnusmäßig anfallen.Inspiziert werden der Zustand der Oberflächeim Allgemeinen, Schnittkanten, Tropfkanten,Zwischenraum bei Überdeckungen, Kanten der

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Dokumentation 567

Schraubenlöcher, Zustand und Sitz der Befesti-gungselemente, betriebsbedingte Beschädigun-gen des Korrosionsschutzes etc.). Für geschä-digte Bereiche der Oberfläche muss ein Aus -besserungsplan erstellt werden, dessen Durch-führung sich streng nach den Vorgaben der Beschichtungsfirmen bzw. den Empfehlungendes IFBS richtet.

Es wird in Übereinstimmung mit den Montagerichtlinien des IFBS vorgeschlagen, fürdie Inspektion und Wartung einen Vertrag miteiner Fachfirma abzuschließen.

5.4.2 Inspektion und Wartung

Das Verhalten der üblichen Korrosions-schutzsysteme hat sich im Verlaufe der Zeit alsrelativ gutmütig erwiesen. Dazu zählt sowohldas Verhalten der ungestörten Oberfläche alsauch das von Verletzungen und Schnittkanten(Schutz durch die kathodische Schutzwirkung).Trotzdem haben sich Erfahrungswerte gebildet,die unbedingt beachtet werden müssen. Vorbe-dingungen für eine lange Lebensdauer sind:• Ausbessern von Montagebeschädigungen• Inspektion und Wartung während des Be-

triebs• regelmäßige Bestimmung des Zustandes der

Beschichtung• Ausbessern von geschädigten Oberflächen

5.4.2.1 MontagebeschädigungenGeringfügige Montagebeschädigungen an

nicht wasserführenden Wandelementen, welchedie Verzinkung nicht durchdringen, könnenwegen der kathodischen Schutzwirkung unbe-handelt (aber nicht unbeobachtet) bleiben. Diegleichen „Kratzer“ im Dachbereich müssen aus-gebessert werden. Dabei darf die Korrektur mitlufttrocknenden Lacken – auf Empfehlung desBauelementelieferanten – erfolgen.

Durchdringen die Montagebeschädigungenden gesamten Korrosionsschutz, so ist dieservon Grund auf (inkl. Verzinkung) aufzubauen.Die korrigierten Bereiche sind möglichst kleinzu halten, der Farbauftrag mit dem lufttrocknen-den Lack sollte den eingebrannten Lack nur ge-ringfügig überdecken.

5.4.2.2 Inspektions- und WartungsarbeitenAuch Inspektions- und Wartungsarbeiten

müssen geplant werden. Ein wesentlicher Para-meter sind die Umgebungsbedingungen desBauwerks.

Wandflächen, die nicht der natürlichen Be-witterung ausgesetzt sind, sollten jährlich ge-reinigt werden. Dabei handelt es sich z.B. um

Bereiche unter Vordächern und Dachüberstän-den oder an seitlich eng begrenzten Durchfahr-ten. Es gilt, die Entstehung aggressiver Elektro-lyten zu verhindern, die sich oft unter Schmutz-ansammlungen und Tauwasser bilden. Auch Ele-mente unter großflächigen Abdeckungen durchPV-Module sind unter diesem Aspekt im Augezu behalten [27].

Bei glatten Wänden ohne Dachüberständekann überlegt werden, ein zweijähriges War-tungsintervall festzulegen. Dächer mit metalli-schen Oberflächen sollten jährlich inspiziertwerden.

Ländlicher Umgebung billigt man üblicher-weise eine geringe Korrosionsbelastung zu. Esist allerdings zu beachten, dass die Übergänge zueiner höheren Korrosionskategorie stets fließendsind. Vorsicht ist z.B. geboten, wenn durchlandwirtschaftliche Betriebe während der Be-stellung der Äcker viel Staub aufgewirbelt wird,der sich an kondensatnassen Oberflächen vonBauelementen festsetzen kann.

Das Ergebnis einer Inspektionstätigkeit istdie Festlegung eines Termins, an dem der Korro-sionsschutz der Dach- oder Wandoberfläche ge-reinigt oder ausgebessert werden muss.

Zumindest jährlich sollten Dachrinnen undDacheinläufe gereinigt werden. Je nach Be-wuchs in der näheren Umgebung des Gebäudeskönnen sich die Wartungsintervalle auch hal-bieren.

5.4.2.3 Reinigen und AusbessernReinigen bedeutet zunächst Abschwemmen

oder vorsichtiges Abwischen von Schmutzpar-tikeln, ohne durch übermäßigen Druck blei-bende Veränderungen der Oberfläche – wieGlanzverlust oder Druckstellen – zu erzeugen.In diesem Sinne sind Scheuermittel, Verdün-nungen und Lösungsmittel, welcher Art auchimmer, ausdrücklich nicht erlaubt. Auch derEinsatz von Industriekaltreinigern sollte vorabmit der Lieferfirma der Bauelemente abge-stimmt werden.

Liegen Beschädigungen des Korrosions-schutzes vor und bleibt der Reinigungsversucherfolglos, ist eine Instandsetzungsprozedur durch-zuführen. Diese besteht aus einer Entfettung (üblicherweise mit Heißdampf oder unter Druckmit einem scheuernden Reinigungsmittel) und/oder einer mechanischen Reinigung durch Ab-tragen der Oberflächenverschmutzung oder desRostes durch Schaben, Bürsten, Schleifen, demEntfernen der gelösten Stoffe und dem Ab-trocknen der Oberfläche. In diesem Falle mussder komplette Beschichtungsaufbau konsistentneu aufgebaut werden.

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Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemen aus Stahl

5.4.3 Beispiele

Beispiel 1 betrifft eine LKW-Instandhaltungs-werkstatt mit rundum großem Dachüberstand.Sie liegt in einer ländlichen Umgebung inmittendes Marschenlandes (Abb. 5.8). In unmittelbarerNähe befinden sich eine Autobahn (ca. 450 mEntfernung), eine Raffinerie (ca. 500 m Entfer-nung), eine vielbefahrene Bundesstraße (ca. 50 mEntfernung) sowie ein kleiner Rangierbahnhof(ca. 200 m Entfernung). Vorwiegende Wind-richtung: Nordwest.

Die raumabschließenden Bauelemente be-stehen aus horizontal verlegten Wellprofilen ausverzinktem und organisch beschichtetem Stahl-blech. Die Einordnung nach DIN EN ISO 12944-2[26] würde nach Augenschein in die Korrosivi-tätskategorie C2-gering (ländliche Bereiche) er-folgen.

Während des Ortstermins (gegen 11:00 Uhr)waren die Wellprofile noch mit Tau benetzt. Esist davon auszugehen, dass der Tau den ganzenTag über nicht abtrocknet.

Auf dem Wellprofil haben sich unter derDachkonstruktion kleine Bläschen gebildet,welche die organische Beschichtung abgehobenhaben (Abb. 5.9). Die Verzinkung darunterweist kleine Narben auf. Verzinkte dickwandi-gere Bauteile mit einer größeren Zinkschicht-dicke, die aus der Konstruktion ins Freie ge-führt wurden, weisen einen weißlichen Belagauf (Abb. 5.10). In den übrigen Bereichen inder unteren Hälfte der Wand zeigt der Korro-sionsschutz keine Reaktion.

Es liegt ein typischer Fall eines abgeschatte-ten Bereiches vor, der nicht ausreichend durchNiederschlag abgewaschen wird. So kann sich

Abb. 5.8: Lage der Instandhaltungshalle

Als Begleiterscheinung lässt sich kaum ver-meiden, dass sich allein aufgrund der unter-schiedlichen Alterung der verschiedenen Lack-sorten abweichende Glanzgrade der Beschich-tung sowie Farbveränderungen einstellen –wenn nicht sofort, so doch im Laufe der Zeit.

Abb. 5.9: Abgeschatteter Bereich mitBläschenbildung

Abb. 5.10: Zinkkorrosion an der Unterkonstruktion

in relativ kurzer Zeit auf der organischen Be-schichtung die Grundlage für einen aggressivenElektrolyten bilden. Da die organischen Be-schichtungen nicht dampfdicht sind, diffun-diert örtlich Wasserdampf durch die organischeBeschichtung und regt die Verzinkung zumWeißrosten an.

In derartigen Fällen ist eine jährliche Reini-gung des abgeschatteten Bereiches mittels Was-serstrahl und weicher Bürste erforderlich.

Beispiel 2 betrifft eine Lagerhalle ohneDachüberstand. Sie liegt in einer ländlichenUmgebung inmitten einer Binnenlandschaft. Ander Nordseite des Gebäudes führt in 25 m Ent-fernung eine Eisenbahnlinie vorbei (Abb.5.11). Vorwiegende Windrichtung: Südwest,gelegentlich Nordwest.

Die raumabschließenden Bauelemente be-stehen aus horizontal verlegten Wellprofilenaus verzinktem und organisch beschichtetemStahlblech. Die Einordnung nach DIN EN ISO12944-2 [26] würde nach Augenschein in dieKorrosivitätskategorie C2-gering (ländliche Be-reiche) erfolgen.

Während des Ortstermins (gegen Mittag)fällt leichter Niederschlag. An der Nordseite desGebäudes ist eine starke Verschmutzung derWellprofile zu beobachten, die offensichtlichdurch den Zugverkehr hervorgerufen wurde(Abb. 5.12). Niederschlag trifft diese Seitenicht.

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Dokumentation 567

Auch hier liegt ein typischer Fall eines abge-schatteten Bereiches vor, der nicht ausreichenddurch Niederschlag abgewaschen wird und zu-dem schlecht abtrocknet. So kann sich in relativkurzer Zeit auf der organischen Beschichtungeine Schmutzschicht als Grundlage für einenaggressiven Elektrolyten bilden.

In derartigen Fällen ist eine jährliche Reini-gung des abgeschatteten Bereiches mittels Was-serstrahl und weicher Bürste erforderlich.

Beispiel 3 betrifft eine Fertigungshalle fürMaschinenbau ohne Dachüberstand. Sie liegt ineiner städtischen Bebauung inmitten eines emis-sionsarmen Industriegebietes am Rande desRuhrgebietes. An der Nordseite des Gebäudesbefindet sich in ca. 250 m Entfernung eine klei-ner Bahnhof. Auf der Westseite führt eine Stadt-autobahn vorbei. Örtlich sind Wohnbebauungen

zu finden. Vorwiegende Windrichtungen: Süd-west bis Nordwest.

Die Einordnung nach DIN EN ISO 12944-2[26] würde nach Augenschein in die Korrosivi-tätskategorie C3-mäßig (Stadt- und Industrie -atmosphäre) erfolgen.

Die raumabschließenden Bauelemente be-stehen aus vertikal verlegten Sandwichelementenmit verzinktem und organisch beschichtetemStahlblech auf der Außenseite (Abb. 5.13).

Aufgrund der vertikalen Orientierung derLinierung und des hindernisfreien Ablaufs desNiederschlagswassers ist die Korrosionsgefahrals relativ gering einzuschätzen. In derartigenFällen ist die Inspektion des Korrosionsschutzesim Abstand von zwei bis drei Jahren vertretbar.

5.5 Schlussbemerkungen

Obwohl das Bauen mit leichten Bauelemen-ten aus oberflächenveredeltem Stahlblech erstin den letzten 50 Jahren entwickelt wurde, hatinzwischen nahezu der gesamte Industrie- undGewerbebau deren Vorteile entdeckt und fürsich nutzbar gemacht. Das Bauen mit derartigenBauelementen unterscheidet sich nicht grund-legend vom Bauen mit konkurrierenden Pro-dukten. Es empfiehlt sich in allen Fällen, derBauausführung eine gründliche Planung vor -auszuschicken. Einige Besonderheiten der Bau-weise wurden aufgezeigt.

Abb. 5.11: Nordseite an der nahegelegenenBahnstrecke

Abb. 5.12: Nordseite mit ört-lich starker Verschmutzung

Abb. 5.13: Montagehalle mit vertikal verlegten Sandwich-elementen im Stadtgebiet

5.6 Literatur

[1] IFBS – Fachregeln des Metallleichtbaus,Planung und Ausführung.IFBS

[2] DIN 18202 – Toleranzen im Hochbau –Bauwerke; Beuth Verlag 2013/04

[3] DIN 18203-3 – Toleranzen im Hochbau –Teil 3: Bauteile aus Holz und Holzwerkstoffen;Beuth Verlag 2008/08

[4] DIN EN 1991-1-4 + NA – Einwirkungenauf Tagwerke – Teil 1–4: Allgemeine Einwir-kungen – Windlasten; Beuth Verlag 2010/12

[5] GDA/IFBS – Kommentar zur Anwendungvon DIN 1055; 2001–2006 (ersetzt durch DINEN 1991-1-4 und DIN EN 1991-1-3)

[6] DIN EN 1991-1-3 + NA – Einwirkungenauf Tagwerke – Teil 1–3: Allgemeine Einwir-kungen – Schneelasten; Beuth Verlag 2010/12

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Planung, Realisierung und Nutzung von Bausystemen aus Stahl

[7] IFBS 4.02 – Fugendichtheit im Metallleicht-bau; 2004/11

[8] DIN 55634 – Beschichtungsstoffe und Über-züge – Korrosionsschutz von tragenden dünnwan-digen Bauteilen aus Stahl; Beuth Verlag 2010/04

[9] IFBS 1.04 – Empfehlungen für die Auswahlvon Korrosionsschutzsystemen für Bauelementeaus dünnwandigem Stahl; 2003/03

[10] IFBS 4.06 – Schallschutz im Stahlleichtbau;2003/08

[11] IFBS 6.07 – Blitzschutz mit Metalldächern2007/06

[12] Bauproduktenverordnung (BauPVO), Ver-ordnung (EU) Nr. 305/2011 des EuropäischenParlaments und des Rates vom 9. März 2011 zurFestlegung harmonisierter Bedingungen für dieVermarktung von Bauprodukten und zur Auf -hebung der Richtlinie 89/106/EWG (Baupro-duktenrichtlinie)

[13] DIN EN 1090-1 – Ausführung von Stahl-tragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 1:Konformitätsnachweise für tragende Bauteile;Beuth Verlag 2012/02

[14] DIN 14782 – Selbsttragende Dachdeckungs-und Wandbekleidungselemente für die Innen-und Außenanwendung aus Metallblech – Pro-duktspezifikation und Anforderungen; BeuthVerlag 2015/09

[15] DIN 14783 – Vollflächig unterstützte Dach-deckungs- und Wandbekleidungselemente fürdie Innen- und Außenanwendung aus Metall-blech – Produktspezifikation und Anforderun-gen; Beuth Verlag 2013/07

[16] DIN EN 14509 – Selbsttragende Sandwich-Elemente mit beidseitigen Metalldeckschichten –Werkmäßig hergestellte Produkte – Spezifika-tionen; Beuth Verlag 2013/12

[17] Z-10.49–xxx, allgemeine bauaufsichtlicheZulassungsbescheide der Reihe 10.49 des DIBtfür selbsttragende Sandwichelemente

[18] Z-10.4–xxx, allgemeine bauaufsichtlicheZulassungsbescheide der Reihe 10.4 des DIBtfür tragende Sandwichelemente

[19] Qualitätsrichtlinien für Sandwichelementeund Profile; Hrsg.: European Association for Panels and Profiles (EPAQ), 2014

[20] Bundesministerium für Wirtschaft undEnergie (BMWi) – Zweite Verordnung zur Änderung der Energieeinsparverordnung vom18. November 2013

[21] DIN EN 1090-2 – Ausführung von Stahl-tragwerken und Aluminiumtragwerken – Teil 2:Technische Regeln für die Ausführung vonStahltragwerken; Beuth Verlag 2012/02

[22] DIN EN 508-1 – Dachdeckungs- und Wand-bekleidungsprodukte aus Metallblech – Spezifi-kation für selbsttragende Dachdeckungsprodukteaus Stahlblech, Aluminiumblech oder nichtros-tendem Stahlblech – Teil 1: Stahl; Beuth Verlag2014/08

[23] DIN EN 505 – Dachdeckungsprodukte ausMetallblech – Spezifikation für vollflächig unter-stützte Dachdeckungsprodukte aus Stahlblech;Beuth Verlag 2013/06

[24] DIN 18807-3 – Trapezprofile im Hochbau –Stahltrapezprofile – Festigkeitsnachweis undkonstruktive Ausbildung; Beuth Verlag 1987/06;mit Änderung 3/A1 für Kassettenprofile; BeuthVerlag 2001/05

[25] DIN 18516-1 – Außenwandbekleidungen,hinterlüftet – Teil 1: Anforderungen, Prüfgrund-sätze; Beuth Verlag 2010/06

[26] DIN EN ISO 12944-1-2 – Beschichtungs-stoffe – Korrosionsschutz von Stahlbautendurch Beschichtungssysteme – Teil 1: Allgemei-ne Einleitungen und Teil 2: Einteilung der Um-gebungsbedingungen; Beuth Verlag 1998/07

[27] IFBS – Qualitätsmerkblatt – Solartechnik imMetallleichtbau – Hinweise für die Planung undAusführung; 2012/08

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Dokumentation 567

6 Dynamik in der Fassadengestaltung –Innovationen und Visionen mit Stahlblech

Prof. Dr.-Ing. Helmut Hachul

6.1 Individualisierung von Fassaden für Gewerbebauten

In der vorangegangenen Vortragsreihe desStahl-Informations-Zentrums und des IFBS (2010–2014) wurde das Gestaltungspotenzial von gän-gigen Bausystemen aus Stahl für Dach und Fas-sade für den Industrie- und Gewerbebau aufge-zeigt. Es konnte deutlich gemacht werden, dasssich über eine geschickte farbige Gestaltungvon typischen Leichtbausystemen aus Stahl,beispielsweise einschaligen Sandwichelementenund mehrschaligen Konstruktionen wie Stahl-kassettenwänden, die Gebäudehülle einfach undwirksam aufwerten lässt (Abb. 6.1, 6.2). Die mitStahlprodukten errichteten Fassaden sind nichtnur wirtschaftlich, es lässt sich auch eine ästhe-tische Nachhaltigkeit umsetzen. Zahlreiche injüngerer Zeit errichtete Industrie- und Gewerbe-bauten belegen diese positive Tendenz und denMehrwert einer guten Farbgestaltung der Ge-bäudehülle. Beispiele und Handlungsempfehlun-gen für Planer sind in der Dokumentation 568

„Leichtbausysteme aus Stahl für Dach und Fas-sade – Energie- und kosteneffiziente Lösungenfür Neu- und Bestandsbau“ [1] niedergelegt. Da-rin ist auch der Aspekt der nachhaltigen Farb -gestaltung vertieft dargestellt.

Ergänzend zu den oben genannten Gestal-tungsmöglichkeiten über Farbe werden in die-sem Beitrag gängige Beschichtungssysteme so-wie weitere Optionen zur Individualisierungvon Fassaden im Industrie- und Gewerbebauvorgestellt.

6.1.1 Beschichtungssysteme

Für Gebäudehüllen aus Stahlleichtbauele-menten haben sich sogenannte Duplexsystemedurchgesetzt, bei denen bandverzinktes Vor -material mit einem ebenfalls bandbeschichtetenDecklack versehen wird. Die Bandverzinkung er-folgt im industriellen Maßstab unter peniblerEinhaltung der maßgeblichen Randbedingungenund gewährleistet eine gleichbleibend hoheQualität. Sie erfüllt nicht nur die hohen Anfor-derungen an Karosseriebleche für den gehobe-nen PKW-Bau, sondern auch die an industriellhergestellte Bauprodukte. Ein wesentlicher Vor-teil des dem Feuerverzinken zugeordneten Ver-fahrens [2] liegt darin, dass der Zink nicht nureinen Überzug auf dem Stahl bildet, sondern in die obere Stahlschicht eindiffundiert. Damitsind die Verbindung und der Korrosionsschutzbesonders stabil und dauerhaft. Zu den bewähr-ten Überzugsmaterialien von Stahlleichtbautei-len zählen klassische Zinksysteme (z.B. Z 275:275 g Zink pro m², entspricht einer beidseiti-gen Zinkauflage von ca. 20 μm Schichtdickepro Seite [3]). Relativ neu im Bauwesen ist dieVerwendung von Zink-Magnesium-Legierungen,die eine nochmals erhöhte Dauerhaftigkeit undStabilität bei gleichzeitiger Verringerung derZinkschichtdicke bieten [4]. Ein Aspekt, der hin-sichtlich Ressourcenschonung bedeutsam ist.

Der Trend bei den Lackbeschichtungen gehtin Richtung hochwertiger Polyvinylidenfluorid-Systeme (PVDF), die werkseitig einfach auf dasbandverzinkte Vormaterial aufgerollt werden.Diese Lacksysteme sind u. a. stabiler gegen UV-Einstrahlung, die Hersteller sprechen je nachLackaufbau Garantien bis zu 30 Jahren [5] auf

Abb. 6.1: Farbgestaltung im Bestand: Gebäudehülle in zu heller und einfarbigerLieblosigkeit

Abb. 6.2: Vorschlag für eine polychrome Variante: positive Präsenz und Einpassung in die Nachbarschaft

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Dynamik in der Fassadengestaltung

6.1.1.1 Strukturierte LackierungenBei den genannten Duplexsystemen ist der

Planer bezüglich Farbigkeit an die Mindestab-nahmemenge der Hersteller gebunden. Je nachKombination von Blechdicke und Güte, Korro-sionsschutzsystem und Decklack liegen dieMindestflächen bei etwa 300 m². Unabhängigdavon bieten einige Hersteller standardmäßigauch strukturierte Lacke an. Hierbei sorgt eingeschichteter Lackaufbau dafür, dass sich ver-schiedene Muster und Farbigkeiten überlagernkönnen. Wie in der Dokumentation 568 ausge-führt, können diese Lackstrukturen eine wich-tige Rolle bei der Belebung der Gebäudehüllespielen. Ihr Facettenreichtum ist gut geeignet,das monochrome Erscheinungsbild der Fassadezu brechen. Zu beachten ist, dass je nach Be-trachtungsabstand eine entsprechende Körnig-keit gewählt werden sollte, in der Regel solltedie Strukturgröße mit dem tatsächlichen Be-trachtungsabstand einhergehen (Abb. 6.3).

6.1.1.2 IndividualbeschichtungenBei Unterschreitung der Mindestabnahme-

menge bleiben als Alternativen zur industriellenBandbeschichtung die Stückbeschichtung (z.B.durch Nasslackierung oder Pulverbeschichtung)oder die Folierung der Bauteile. Die Qualität undDauerhaftigkeit von Nasslackierung oder Pulver-beschichtung erreichen nicht immer den ho-hen Standard einer industriellen Beschichtung,auch sollte vor dem Verfahren die Machbarkeit

Abb. 6.3: Eine gute Alternative zu monochromen Flächen bieten strukturierteLacke. Sie lassen die Gebäudefassaden lebendig erscheinen und geben ihnenTiefe. Gut sichtbar sind die verschiedenen Schattierungen und die zufällige Anordnung der Muster.

Abb. 6.4: Kiemenartig aufgestellte Metallfassade eines Supermarktes in Kärnten. Über eine Stücklackierung wärediese Gestaltung nur sehr unwirtschaftlich realisierbar gewesen.

Abb. 6.5: Nahansicht eines der Metallpaneele. Die Foliewurde nicht um die (scharfkantige) Ecke gezogen, was eineUnterwanderung von Wasser und ein Ablösen zur Folge hat.Glück oder Planung: Das Paneel besitzt die gleiche Grund-farbe wie die Folie, was die Fehlstelle gut kaschiert.

hinsichtlich Bauteilgröße oder Temperaturemp-findlichkeit (z.B. PU-Stahlsandwichelemente)geprüft werden. Auch der Glanzgrad und dieAlterungseigenschaften müssen ins Gesamt -system passen. Unter Umständen können hierKlebesysteme eine Alternative bieten. Die nurwenige hundertstel Millimeter dicken Folienwerden über die lackierten Bauteiloberflächengezogen und ermöglichen feldweise oder ge-bäudeumgreifende Fassadengestaltungen (Abb.6.4, 6.5). Von einigen Herstellern werden dieseauch für komplexe Bauteile wie Stahlsandwich-elemente werkseitig angeboten. Dies gewährleis-tet ein ebenes, verzerrungsfreies Fassadenmotiv,

PVDF-Duplexsysteme aus. Die Beschichtungensind in allen gängigen RAL- und NCS-Tönenmöglich; Informationen hierzu sind den Katalo-gen der jeweiligen Anbieter zu entnehmen.

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Dokumentation 567

Abb. 6.7: Je nach Einbaulage variiert die Haltbarkeit derFolierung – horizontal 5 Jahre, vertikal 12 Jahre. Problem beider Varianten: Durch die Folierung reduziertsich in diesem Beispiel die Brandschutzklassifizierung von A2 auf B1.

6.1.2 Additive Bausysteme aus Stahl

Seit einiger Zeit werden additive Ergänzungs-systeme (Vorsatzschalen) angeboten, die aufStahlkassetten oder Sandwichfassaden verbautwerden. Jenseits von bekannten Well- und Tra-pezprofilen sollen zusätzliche Außenschalen dasBild der Gewerbefassaden weiter verfeinern undindividualisieren (Abb. 6.8, 6.9). Der Gestal-tungsspielraum für den Planer wird mit unter-schiedlichen Formaten, Profilierungen und Far-ben erneut erweitert. Hierbei ist zwischen denSystemen zu differenzieren. Stahlkassettenwändelassen sich gestalterisch prinzipiell gut mit Paneelsystemen etc. ertüchtigen. Bauartbedingt

Abb. 6.8: Das große Volumen einer Lagerhalle in Niedern-berg wird mittels Vorsatzschale durch eine bildhafte Sta-pelung von Paketen aufgelockert, hier im Spektrum vonWeiß bis Grau (Netzwerkarchitekten, Darmstadt. 2012)

bei dem auch die Bauteilkanten eingebundenwerden (Abb. 6.6). Beachtet werden sollte,dass die Haltbarkeit der Folie begrenzt ist.Nicht nur sorgt die UV-Strahlung für ein Ver-bleichen des Motivs, auch kann an den Kanteneine Unterwanderung durch Wasser erfolgen.Um ein Ablösen vom Deckblech zu vermeiden,sollten die Folien bei Sandwichelementen bis indie Fuge gezogen werden. Auch kann die Ein-baulage die Haltbarkeit beeinflussen [6], generellverlängert die vertikale Lage die Lebensdauerdes Systems. Hingewiesen werden sollte auchdarauf, dass die zusätzliche Folie die Brand-schutzeigenschaften negativ beeinflussen kannkann (Abb. 6.7).

Neu auf dem Markt ist die Technologie, indi-viduelle Motive per Tintenstrahldrucker digitalauf das Stahlblech zu drucken [7]. Je nach An-bieter und Druckhardware ist die Paneelgrößebeschränkt. Allerdings sollten gängige Druck-bereiche von etwa 1,8 m x 6,4 m [8] für diemeisten Anwendungen ausreichen, zumal auchhier bei großen Motiven eine Unterteilung inkleinere Fassadenfelder obligatorisch ist. Nachdem Druckvorgang auf dem Flachbettdrucker(ebene Bauteiloberfläche erforderlich) kann dieOberfläche mit einem Klarlacksystem versiegeltwerden, was die Lebensdauer des Beschichtungs-systems erhöht. Da die verwendbaren Druck-farben nicht den Standard von PVDF-Lacken er-reichen, ist auch hier die Herstellergarantie fürdie Anwendung im Außenbereich geringer. Ge-genüber den Folien kommt es systembedingtnicht zu Ablösungen oder einer Reduktion desBrandschutzes.

Abb. 6.6: Ersatzunterkunft einer Schule in Finnland mitStahlsandwichelementen, das Gestaltungsmotiv war eineSichtbarmachung des „ABC“. Die Klebefolie (hier Vinyl,0,05 mm) wurde komplett um die Deckschale aufgezogen,die Längsfugen sind geschützt.

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Dynamik in der Fassadengestaltung

sind sie gut zum Abführen vertikaler und hori-zontaler Lasten geeignet. Zug- und Druckkräftewerden über die Verbinder in die Kassettengur-te übertragen, lediglich größere Exzentrizitätender Außenschale sind über statisch und bau -physikalisch geeignete Konsolen abzufangen.Der große Vorteil liegt in der Hinterlüftung desmehrschaligen Systems, das eventuell eindrin-gende Feuchte durch den Luftraum gut abfüh-ren kann.

Eine zusätzliche Applikation weiterer Deck-schalen bei Stahlsandwichbauteilen muss hin -gegen kritischer betrachtet werden. Bei einigen der Systeme erfolgt die Fixierung der Tragleisten in der äußeren Deckschale der Stahlsandwich -elemente. Diese neue statische Anforderung inForm von erhöhten exzentrischen Lasten mussnachgewiesen werden, was in der Regel durcheine Zustimmung im Einzelfall erfolgt. Darüberhinaus muss beachtet werden, welche Dicke undProfilierungsart das Blech der äußeren Deck-schale aufweist. Wird beispielsweise die Trag-leiste der äußeren Vorsatzschale mittels Spreiz-niet fixiert, kann an dieser Stelle dauerhaft Was-ser in den Spalt eindringen (Abb. 6.10, 6.11).Selbst bei geschlossenzelligen Schäumen derSandwichelemente ist hier durch Frostwechseleine Schädigung, d.h. Vergrößerung des Hohl-raumes, zu erwarten. Angesichts der überwie-gend aus Aluminium bestehenden Tragleistenist ferner auf eine durchgängig zwängungsfreieAusbildung zu achten. Unterbleibt dies, werdendie unterschiedlichen Ausdehnungskoeffizientender beiden Werkstoffe ebenfalls eine Reduktionder Festigkeit herbeiführen. Zum Vergleich: Bei

3 m Bauteillänge beträgt die Längenausdehnungeines Aluminiumprofils bei 100 Kelvin Tempe-raturdifferenz etwa 7 mm, eines Stahlprofils etwa 3,5 mm (Abb. 6.12). Die Ausbildung vonLanglöchern abseits der Fixpunkte ist angesichtsder Asynchronität der Längenausdehnung obli-gatorisch.

Vorzuziehen sind daher jene Konstruktionen,bei denen der Lastabtrag über separate Profileerfolgt, die unabhängig von der Deckschale desStahlsandwichelementes agieren. In jedem Fallsind die genauen Verarbeitungshinweise undGarantien der Hersteller zu beachten.

Abb. 6.9: Nahansicht der Fassade in Niedernberg, hier imBild 0,6 mm Edelstahlpaneele. Die äußeren Paneele sindmittels vertikaler Tragleiste auf die innere, wasserführendeStahlsandwichwand aufgesetzt.

Abb. 6.12: Nahansicht eines Fassadenpaneels. Obwohl die Elemente durch einvertikales Profil getrennt sind, ist die Längenausdehnung noch beträchtlich.Durch die andauernde Bewegung dreht sich die linke Schraube aus dem Trag-profil. Ein anschauliches Argument für die Ausbildung von Langlöchern.

Abb. 6.10: Aufbaubeispiel eines mit Zu-stimmung im Einzelfall zugelassenenSystems: Paneele sitzen in vertikalerAluminiumtragschiene, diese ist alle 20 cm mittels Spreizniet in der liniertenDeckschale des Stahlsandwichelemen-tes (PU-Kern) fixiert. Probleme: unter-schiedliche Wärmeausdehnungen, Hohl-raum und Wasserzutritt durch Spreizniet.

Abb. 6.11: Eine bessere Variante: Das Tragprofil der Paneele wirddurch die Deck- und Innenschalemit der Tragkonstruktion ver-schraubt. Diese Variante ist auf-wändiger, die zusätzlichen Wärme-brücken durch die Verschraubun-gen sind zu berücksichtigen.

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6.1.3 Neue Oberflächenstrukturen

Übliche Fassadenoberflächen im Industrie-und Gewerbebau sind meist prismatisch (z.B.Well- und Trapezprofile) oder planeben (z.B.Stahlsandwichelemente). Eine Neuerung in die-sem Bereich ist die Bearbeitung der planebenenSandwichelemente durch die sogenannte in -krementelle Blechumformung (IBU, vgl. 6.3.3).Durch einen CNC-gesteuerten Werkzeugroboterwird eine punktuelle Last in die obere Deck-schale des Mineralwollesandwichs eingebracht,die auf der Oberfläche feine Linien oder relief-artige Vertiefungen generieren kann. In der Addition der Linien entsteht so in der Reihungder meist 1 m breiten Elemente ein individuellgezeichnetes Fassadenbild über die gesamte Ge-bäudefront (Abb. 6.13). Vom einfachen Logobis zu abstrakten Motiven lässt sich die Gebäu-defassade so um feine Nuancen und Reliefs er-weitern, welche die Fläche deutlich beleben.Neben der eingebrachten Tiefe der Kannelie-rungen spielen auch der Glanzgrad der Be-schichtung und die Helligkeit des Farbtons eineRolle. Nachteilig ist die derzeitige Beschrän-kung auf das Produkt Stahlsandwichelementmit Mineralwollefüllung, da nur diese demWerkzeug den erforderlichen Umformwider-stand entgegensetzen kann.

Abb. 6.13: Freie Linien oder Reliefs, möglich durch inkre-mentelle Blechumformung auf Stahlsandwichelementenmit Mineralwollefüllung. Der Phantasie sind theoretischkeine Grenzen gesetzt.

6.2 Individualisierte Stahlfassaden für denGeschossbau

6.2.1 Stahlfassaden nach DIN 18516-1

Im Büro- und Verwaltungsbau sind Sichtfas-saden mit Stahltrapez- oder Wellprofilen eherdie Ausnahme. Trapezprofile scheinen dem Ge-werbebau zu nah verwandt, eher schon findenWellprofile Anwendung in diesem Sektor. ImUnterschied zum Industrie- und Gewerbebausind auch die Primärstrukturen in der Regel nichtals Stahlbau, sondern als Massivbau ausgeführt.Klassischerweise handelt es sich um Mauer-werks- oder Stahlbetonwände mit außenliegen-der Wärmedämmung und einer vorgehängtenhinterlüfteten Fassade (VHF-Fassade). Der Vor-teil dieses Aufbaus liegt u. a. in den positivenbauphysikalischen Eigenschaften und der leich-ten Anpassbarkeit an komplexere Fassaden-bilder (Öffnungen, Brüstungen) oder Gebäude-formen. Ebenso spielt die Vielzahl möglicherFassadenausbildungen eine große Rolle bei derAnwendung dieses Systems – von kleinteiligenStahlschindeln über Paneel- und Einhangkasset-ten lassen sich die Stahlfassaden in Form und

Farbe beliebig ausbilden. Grundlage der Planun-gen bildet die DIN 18516-1 [9]. In ihr sind nichtnur die Bezeichnungen und die zugelassenenBaustoffe geregelt, sie erteilt auch Auskunftüber den normgerechten Aufbau der Konstruk-tionen (Abb. 6.14).

In der DIN wird zwischen handwerklich hergestellten Fassaden (Bauteilgröße ≤ 0,4 m²)und industriell hergestellten Fassaden (≥ 0,4 m²)unterschieden. Ferner informiert sie über dieanwendbaren Metalle und deren Unterkonstruk-tion, über den notwendigen Hinterlüftungsraumsowie den erforderlichen Korrosions- und Brand-schutz. Durch den konstruktiven Aufbau lassensich anfallende Fassadenlasten und auch auf-tretende Durchfeuchtungen gut bewältigen, dieKonstruktionen verhalten sich gutmütig undsind durch den mehrlagigen Aufbau relativ

Abb. 6.14: Beispielhafter Fassadenaufbau und Bestand-teile nach DIN 18516-1. Neben rostfreien Edelstählen waren bislang auch beschichtete Stähle zugelassen. Neuist die Anwendbarkeit stückverzinkter Stähle für die Teile 1 bis 6.

1 Bekleidungselement

2 Tragprofil der Unterkonstruktion

3 Wandhalter

4 Verbindungselement (Festpunkt)

6 Verbindungselement (Gleitpunkt)

5 Befestigungselement

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Dynamik in der Fassadengestaltung

6.2.1.1 Stückverzinkte StahlfassadenGegenüber der seit langem etablierten Band-

verzinkung von Feinblechen im industriellenVerfahren werden Stückverzinkungen taktweiseüber große Bäder und Wannen durchgeführt.Die hohen Temperaturen der Zinkschmelze vonetwa 450 °C [10] orientieren sich eher an denErfordernissen des schweren Stahlbaus und eig-nen sich nur bedingt für dünne Fassadenbleche.Einfacher Grund: Durch die rasche Erwärmungwerden vor allem bei großflächigen, unverform-ten Blechtafeln innere Eigenspannungen frei,was zu einem Verzug der Bauteile führen kann.Je glatter also die Fassadentafel ausgebildet wer-den soll, desto dicker muss das Blech sein. Um-gekehrt gilt: Eingebrachte Kantungen oder Profi-lierungen wirken sich positiv auf den Formerhaltaus. Vor der Stückverzinkung ist daher unbedingtdie Verzinkerei zu konsultieren, gegebenenfallshelfen Vorversuche bei der Abstimmung. Durchdie größeren Bauteildicken kommt es an derFassade gleichzeitig zu einer massiven Gewichts-erhöhung, die Unterkonstruktion ist hierauf ab-zustimmen (Abb. 6.15). Sie muss eine ausrei-chende Auflagerbreite für die Fügeelemente be-reitstellen, gleichzeitig Vertikal- und Horizontal-lasten gut abtragen können.

Bei der Werner von Siemens Schule in Bo-chum wurden erstmals die Fassadenbekleidungund auch die Unterkonstruktion nach der neuenDIN 18516 -1 ausgeführt [11], eine baurechtliche

Zustimmung im Einzelfall war nicht mehr erfor-derlich. Den Anforderungen des mitunter rauenSchulalltags begegnet die kubische Mensa miteiner glattflächigen Hülle aus robusten, 3 mmdicken Stahltafeln (Abb. 6.16, 6.17). Angesichtsder erfolgten Feuerverzinkung war diese Mate-rialdicke für ebene Bleche gleichzeitig die Un-tergrenze. Bei der Mensa belebt eine deutlichsichtbare Zinkblume die Oberfläche der Fassa-de. Die Ausbildung der Zinkblume ist von derLegierung der Stahlbleche abhängig und mussvorher geplant werden. Angesichts der erziel-ten Dicke des Zinküberzuges von etwa 70 μmkonnte auf weitere Beschichtungen der Tafelnverzichtet werden. Die Fixierung der VHF-Fas-sade erfolgt auf vertikal angeordneten feuerver-zinkten L-Profilen, was hinsichtlich des gleichenAusdehnungskoeffizienten zu begrüßen ist.

Abb. 6.15: Montageskizze eines Grobblechs auf einer ver -tikalen Unterkonstruktion. Nicht im Bild: Auch die Wand-halter bedürfen einer entsprechenden Dimensionierungder meist höheren Vertikallasten. Nachteil bei der Lastab-tragung: Das Blech ist zwar dick, weist aber wegen man-gelnder Profilierungen oder Kantungen nur eine geringeBiegesteifigkeit auf.

Abb. 6.16: Erweiterungsbau als gedämmter Massivbau mit feuerverzinkter Stahlfassade von Reiser und PartnerArchitekten, 2010. Die Fassadentafeln messen etwa 1,5 m x 2,7 m und sind als VHF-Fassade ausgeführt.

Abb. 6.17: Nahansicht der Stahltafeln. Öffnungen oder Lochungen im Blech stellen kein Problem dar, sollten abervor der Stückverzinkung eingebracht werden. Die Fixierungder Außenbleche erfolgt sichtbar über Edelstahlschrauben.

schadensunempfindlich. Da die DIN 18516-1schon in Kapitel 4 näher beschrieben wurde,wird hier auf eine vertiefende Darstellung ver-zichtet. Die Neuregelung für stückverzinkteBauteile wird am Beispiel feuerverzinkter Fassa-denelemente und Unterkonstruktionen genaueraufgezeigt.

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Auch die 2012 von L3P errichteten Einfami-lienhäuser in der Schweiz weisen einen ähnlichenFassadenaufbau auf. Interessanterweise entstehtbeim ersten Blick auf die blockhafte, sauber ge-zeichnete Architektur der Eindruck, es handele

Abb. 6.18: Die Neubauten der Einfamilienhäuser in Oberwenningen nehmen mitihrer Form die Schroffheit der Alpen auf. Vor dem gedämmten Stahlbetonkörpersind die stückverzinkten Stahltafeln als VHF-Konstruktion montiert.

Abb. 6.19: Die blockhafte Erscheinung der Tafeln unter-streicht zum einen den monolithischen Charakter des Ge-bäudes, zum anderen wirkt die Fassade patiniert und lebendig

Abb. 6.20: Anbau von Erweiterungsräumen an die Jahr -hunderthalle Bochum, 2003. Die Architektur nimmt mit derKubatur Bezug zum Bestand, die Stahlhülle ist nur verzinkt.

Abb. 6.21: Nahansicht der Paneele. Die Schuppung erfolgtsowohl über- als auch ineinander, was eine Schiefwinklig-keit und auch ein interessantes Lichtspiel ergibt. Die er-folgte Ausbildung ist sehr wirtschaftlich.

sich bei der Außenhülle um Bronze oder gefärb-ten Beton. Stattdessen wurden abermals Stahl-bleche von 3 mm stückverzinkt und anschlie-ßend von dem Künstler Thomas Sondereggereinem Ätzvorgang unterzogen [12]. Als Resultatbekommt die Fassade einen warmen, erdigenund changierenden Charakter (Abb. 6.18, 6.19).Jedes Element ist ein Unikat, das sich, wie beider Mensa in Bochum, in Addition dennoch zueinem stimmigen Gesamtbild fügt. In Anbetrachtder üppigen Zinkschichtdicke spielt die Reduk-tion von 5 μm durch den Ätzvorgang keine großeRolle.

Spielt die Transparenz der Fassade eine Rolle,lassen sich über Lochbleche oder Streckmetalleweitere Gestaltungsspielräume eröffnen. Ein gu-tes Beispiel für einen bestechend leicht ausge-führten „Vorhang“ ist der Anbau an die Jahr-hunderthalle von Petzinka Pink Architekten.Zur Überblendung eines notwendigen Anbausan den Bestand wurde der gedämmte Massiv-bau von einer leichten Streckmetallfassade ein-gefasst (Abb. 6.20). Die feuerverzinkten Blechenehmen sich dabei mit ihrer Farbigkeit bewusstzurück, gleichzeitig sorgen ein Durchscheinender Lochfassade und der geschuppte Aufbau füreine Belebung des Fassadenbildes, das je nachLichtstimmung unterschiedliche Atmosphärenbietet. Durch die doppelte räumliche Drehungund die Notwendigkeit der Fixierung auf den lot-recht zur Fassade montierten Edelstahlhalternmussten die Führungshülsen der Paneele vorherin die 1,7 mm dicken Streckmetallbleche einge-schweißt werden (Abb. 6.21). Mit dem Grund-werkstoff Stahl stellte dies kein Problem dar.Durch die Eigenstabilität der Streckmetallgeo-metrie kam es bei der Feuerverzinkung zu kei-nem Verzug, gleichzeitig wurde auch hier eindauerhafter Korrosionsschutz geschaffen.

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Dynamik in der Fassadengestaltung

6.2.1.2 Paneelfassaden aus StahlfeinblechPaneelfassaden aus bandverzinktem, band-

beschichtetem Stahlfeinblech ähneln im Zink-und Lackaufbau, aber auch in der Herstellungden bekannten Produkten der Well- und Trapez-profile. Wie diese zeichnen sie sich durch hoheQualität und Fertigungsgüte aus. Ihre Produk-tion erfolgt meist einfach und wirtschaftlichüber Rollumformanlagen. In der Regel weisensie einen prismatischen Querschnitt und großeLängen auf. Dennoch unterscheiden sich dieStahlfeinblechpaneele in der Erscheinung deut-lich von den üblichen Industriehüllen: Sie be -sitzen eine geringere Profilierung und werdenmeist in deutlich geringeren Bauteilbreiten an-geboten. Neben der Möglichkeit einer feinerenFassadengliederung bieten diese Systeme außer-dem den Vorteil einer besseren Anpassung anÖffnungsmaße oder Gebäudekonturen – einMuss im Büro- und Geschosswohnungsbau. Dieoberen und unteren Randausbildungen derPaneelsysteme greifen ineinander und lassenzum Teil Verschiebungen zwecks Höhenaus-gleichs zu. Vor allem die mit Schattenfugen ver-legbaren Stülppaneele lassen sich sowohl überdie unterschiedlichen Bauteilbreiten als auchüber den Toleranzausgleich innerhalb der Schat-tenfuge gut auf das Fassadenbild einstellen. ImAnsichtsbereich kommt es durch die Überlage-rung zu einer Abdeckung der Dämmung, überdie offenen Enden kann diese jedoch nochsichtbar sein. Die Paneele selbst weisen häufigeine geringe Bauhöhe auf und benötigen regel-mäßige Unterstützung durch das rechtwinkligdazu angeordnete Tragprofil der Unterkonstruk-tion. Die erforderliche Auflagerfläche kann ent-weder von einem L-Profil oder einem stabilenHutprofil bereitgestellt werden (Abb. 6.22). Da Paneelfassaden meist in größeren Längen

verbaut werden, ist in jedem Fall die Wärme-ausdehnung zu beachten. Obligatorisch sind einFestpunkt sowie die Ausgestaltung der anderenFixierungen als Lospunkt. Auf die Beulproble-matik wurde bereits unter 6.1.2 hingewiesen.

Wie unter 6.1.1.2 beschrieben, eignen sichglatte Paneele auch für Individualisierungenüber Drucktechnik oder Folierungen. Ein weite-rer Parameter zur Gestaltung besteht in derneuen Option zur Einbringung paralleler Linie-rungen. Hierbei wird das Paneel in der Längs-richtung mit unterschiedlichen Farbschichtenversehen, was eine weitere Verfeinerung bzw.Unterteilung der Fläche bewirkt (Abb. 6.23,6.24). Je nach Hersteller stehen hier unter-schiedliche Paneelbreiten mit unterschiedlichenFarbsystemen zur Verfügung. Damit bieten sieauch im Gewerbebau oder bei großflächigenSanierungen eine gute Alternative zur mono-chromen Wandausbildung.

Abb. 6.22: Fixierung des horizontalen Stahlpaneels auf einem vertikalen Hutprofil, hier von unten nach oben. DieFixierung kann über Niete oder Bohrschrauben an jederStelle des Hutprofils erfolgen, eine werkseitige Vorberei-tung ist nicht erforderlich.

Abb. 6.23: Energetische Sanierung einer Produktionshalle, Schloss Holte-Stutenbrock, 2011. Fassadenpaneele ausStahlblech in Schwarz und Anthrazit, ausgeführt als VHF-Fassade.

Abb. 6.24: Nahansicht der Fassade. Der simple Farbkontrasterzeugt eine dreidimensionale Wirkung, tatsächlich sinddie Paneele eben. Blechdicke 0,75 mm, Zink-Magnesium-Bandverzinkung und gestreifter Decklack.

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Auch im anspruchsvolleren Gebäudekontextkönnen Paneelfassaden hervorragend eingesetztwerden. Wie beim Anbau an den Kieler Yacht-club sichtbar, stehen die verbauten Stahlpaneelein Farbigkeit, Ebenheit und Qualität der Stahl-Glas-Fassade in nichts nach (Abb. 6.25, 6.26).Die individuell ans Fassadenraster angegliche-nen Bauteile konnten vom Fassadenbauer mit-tels Gesenkbiegemaschine passgenau in Attikaund Sockel ausgebildet werden. Die Kopfkan-tung an den Paneelenden stabilisiert die Blech-flächen zusätzlich und sorgt für einen sauberenBauteilabschluss.

Abb. 6.25: Yachtclub Kiel, Nagel Architekten, 2009. Pfosten-Riegel-Konstruktion und Paneelfassade sind sauber auf -einander abgestimmt. Unterschiedliche Paneelbreiten be-leben die glatten Flächen.

Abb. 6.26: Deutlich sichtbar sind die Kopfkantung der Bauteile und die Fugengestaltung. Das 1,25 mm verzinkteStahlfeinblech sorgt für die hohe Ebenheit der Paneele.Beschichtung: PVDF-Lack.

Abb. 6.27: Einhangvariante mit querliegendem Bolzen imTragprofil der Unterkonstruktion: Die Ausstanzung ist inder seitlichen Kantung des Bekleidungselementes einge-bracht, der Bolzen bleibt teilweise sichtbar.

Abb. 6.28: Einhangvariante mit Agraffenstanzung im Tragprofil: Durch den innenliegenden Bolzen in der Rand-kantung des Bekleidungselementes ist die Ansicht desTragprofiles unverdeckt.

6.2.1.3 Einhangfassaden aus StahlfeinblechEinhangfassaden zählen zu den aufwändige-

ren Hüllsystemen. Die in der Regel rechteckigen

Elemente sind oft mit umlaufenden, teils ineinan-dergreifenden Randkantungen versehen, die z.B.mittels Gesenkbiegen eingebracht werden. Durchdiese Kantung wird das Fassadenelement stabi-lisiert, ebenso kann über die Außenkanten dieFixierung an der Unterkonstruktion erfolgen.Zu den ausgeklügelten Systemen zählen solchemit Agraffenhalterungen, wobei die Agraffenstan-zungen entweder im Bekleidungselement oderim Tragprofil der Unterkonstruktion eingebrachtwerden (Abb. 6.27, 6.28). Im ersten Fall sind dietragenden Bolzen im Profil der Unterkonstruktionsichtbar, im zweiten Fall können seitliche Bolzenim Bekleidungselement für eine fast unsichtbareBefestigung sorgen. Ein gängiges Tragprofil fürdie Unterkonstruktion weist einen U-förmigenQuerschnitt auf und kann mit zur Entwässerung

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Dynamik in der Fassadengestaltung

Abb. 6.29: Einhangfassade beim ThyssenKrupp-Quartierin Essen, ARGE JSWD Architekten und Chaix & Morel et Associés, 2010. Bekleidungselemente der ersten Bauphase:3,8 m x 0,675 m. Das 1,25 mm Stahlfeinblech bekam einenZink-Magnesium-Überzug und eine PVDF-Lackierung.

Abb. 6.30: Zweite Bauphase, gleiche Lackierung, andereLichtstimmung. Deutlich sichtbar ist die gute Integration derÖffnungen in das System der vorgehängten hinterlüftetenFassade. Die breiten Felder weisen eine hohe Ebenheit auf.

Abb. 6.31: Detailansicht der Vertikalfuge. Nur beim nahenHerantreten wird der Einhangbolzen sichtbar, was auch ander eingesenkten Bauart liegt.

Abb. 6.32: Auch für bandverzinkte und bandbeschichteteBleche eine Option: Ausstanzungen zur Belichtung und Belüftung, Durchmesser bis 2 mm sind möglich

herangezogen werden. Durch die ineinander-greifenden Kantungen bleibt die darunterliegen-de Wärmedämmung verdeckt. Wie bei allen an-deren Fassadenbekleidungen ist auch hier aufdie Ausbildung eines Festpunktes und weitererLospunkte zu achten. Durch die geringere Grö-ße sind die Wärmeausdehnungen der Elementegeringer als bei den Stahlpaneelen.

Ein gutes Anwendungsbeispiel für Einhang-elemente aus Stahlfeinblech sind die Segment-gebäude des ThyssenKrupp-Quartiers in Essen(Abb. 6.29, 6.30). In der ersten Bauphase kamenlediglich 1,25 mm dicke Stahlfeinbleche zumEinsatz, die Fassaden selbst erhielten eine verti-kale Aufteilung mit unterschiedlichen Ansichts-breiten der Vertikalfugen. Wie die Stahlkassettender Bekleidungselemente wurden die Tragpro-file in einem warmen Metallic-Goldton lackiert,

was zusammen mit dem Fugenbild eine ange-nehme Belebung erzeugt. Da die Einhangbolzenwerkseitig in die Bekleidungselemente einge-bracht wurden, bleibt das Fugenbild der vertika-len Tragleisten ungestört (Abb. 6.31). Bedingtdurch den aufgebrachten Zink-Magnesium-Über-zug konnten sogar Lochungen in die Kassetteneingebracht werden, ohne dass der Korrosions-schutz negativ beeinflusst wurde (Abb. 6.32).Um die Biegesteifigkeit der Stahlkassetten fürdie zweite Bauphase zu erhöhen, wurde die Ma-terialdicke auf 1,5 mm angehoben. Gleichzeitigwurden auf der Rückseite der nunmehr 1,35 mbreiten Stahlkassetten Ertüchtigungen in Formbandverzinkter C-Profile eingeklebt. Damit blei-ben auch die doppelt so breiten Felder frei vonBeulen und Verwerfungen.

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genommen. Nicht immer bleiben diese frei vonBeulen. Von hinten betrachtet offenbart sichdas ganze Ausmaß der Primär-, Sekundär undTertiärkonstruktionen, die nur zum Teil derfreien Auskragung geschuldet sind. Das Haupt-problem besteht nach wie vor darin, dass klassi-sche Unterkonstruktionssysteme für ebene Flä-chen entwickelt werden und sich nur mühsamund lagenweise an komplexe Geometrien an-passen lassen.

Eine Möglichkeit, die Ansichtsflächen oderdie Unterkonstruktion selbst wesentlich einfa-cher und wirtschaftlicher auszubilden, bietetdie sogenannte „Facettierung“ komplexer Flä-chen. Die 2006 in der Dissertation des Verfas-sers [13] entwickelte Methode basiert im We-sentlichen darauf, komplexe Flächen in einfa-che Drei- oder Vierecksnetze aufzuteilen unddiese dann in ein- oder zweilagige „Raumfalt-werke“ aus Stahlblech aufzuteilen (Abb. 6.34,6.35). Der Vorteil besteht u. a. darin, dass sich

Abb. 6.33: Jay Pritzker Pavillion, Chicago, 2004. Doppelt diskontinuierlich gekrümmte Fassade, u. a. aus Edelstahl, komplexe, windschiefe Flächen.

Abb. 6.34: Einfaches Prinzip der Facettierung: Die kom -plexe Fläche wird vernetzt, die windschiefen Teilflächenwerden in ebene Dreiecksflächen zerlegt. Die Tiefe derräumlichen Faltungen bestimmt u. a. bei der zweilagigenBauweise die Steifigkeit der Fläche.

Abb. 6.35: Grundbaustein aller ein- und zweilagigen Flächen: Abwicklung der Blechraute mit Angaben zu seit -lichen Lochungen und Kantwinkeln. Die Herstellung istStandard im Metallbau.

6.3 Dreidimensional geformte VHF-Fassadenaus Stahl

Die bisher dargestellten Bausysteme ausStahlblech eignen sich hervorragend für kubi-sche Gebäudevolumen. Paneelfassaden und Ein-hangsysteme aus Stahl bieten exzellente Ergän-zungen im Bereich der vorgehängten hinterlüf-teten Fassaden. Sie lassen sich mühelos im Ein-klang mit Loch- oder Pfosten-Riegel-Fassadenumsetzen. Bedingt durch den Einzug neuerCAD-Planungswerkzeuge wurde in jüngererVergangenheit immer öfter der Ruf nach ge-wölbten Gebäudeflächen laut. Ob nun durchden Aspekt der Bauteilertüchtigung oder einfachaus einem Gestaltungswunsch heraus: In derfolgenden Beschreibung soll die Umsetzbarkeitdreidimensional geformter Gebäudefassaden ausStahl skizzenhaft angerissen werden.

6.3.1 Facettierung von Freiformflächen

Ein schönes Beispiel für die Formenvielfalt,aber auch die Umsetzung komplexer Freiform-flächen bietet der Architekt Frank O. Gehry mitseinen Bauten, wie hier am Jay Pritzker Pavillionin Chicago (Abb. 6.33). Während sich die Ge-bäudehülle wie ein wildes Blätterwerk im en-gen Hochhauswald präsentiert, zeigt ein Blickauf die Rückseite die Komplexität der Konstruk-tion. Die Abbildung der nicht linear doppelt ge-krümmten Flächen wird mit der für Gehry typi-schen Aufteilung in kleinteilige, windschiefe Me-tallschindeln (hier Edelstahl Rostfrei) in Angriff

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Dynamik in der Fassadengestaltung

einfache Abwicklungen (Blechrauten) ergeben,die sich ebenso einfach ausschneiden und kan-ten lassen. Alle Blechflächen bleiben eben undtragfähig, die Fügung erfolgt sehr einfach übereine seitliche Verschraubung der Rauten.

Zahlreiche Projekte und Umsetzungen habendie Baubarkeit und die Tragfähigkeit der facet-tierten Bauweise eindrucksvoll untermauert, sobeispielsweise der „Colourdome“ (Abb. 6.36)als einlagige Stahlblechkonstruktion [14] oderder „Blobmaster“ (Abb. 6.37) als zweilagigesRaumfaltwerk aus Stahlfeinstblech [15]. Wiedie Beispiele belegen, sind mit dem einfachenKonstruktionsprinzip sogar tragfähige Strukturengenerierbar, die sich u. a. über die ParameterBlechdicke und Konstruktionshöhe auf den je-weiligen Kraftverlauf einstellen lassen. Obwohlmit dem Ausstellungspavillon Colourdome aucheine Regendichtigkeit der Konstruktion herge-stellt wurde, sollte bei der Fassadenkonzeptionprinzipiell von einer reduzierten Wasserdichtig-keit ausgegangen werden, da durch Nähte oderSpitzen eindringende Feuchtigkeit nicht auszu-schließen ist. Generell ist dies aber keine nega-tive Eigenschaft der VHF-Fassadenelemente, dadie Feuchtigkeit über die rückseitige Belüftungabgeführt werden kann.

Während die oben gezeigten Beispiele vor-wiegend unter dem Fokus der Leistungsfähig-keit der Konstruktionen als Tragsystem stehen,sind die Prinzipien auch auf Fassadenflächenübertragbar. Über Facettierungen sind beispiels-weise komplexere Flächenaufteilungen ebenerFlächen (Abb. 6.38) ebenso möglich wie diedreidimensionale komplexe Ausbildung vonFassadenflächen (Abb. 6.39). Selbstverständlich

Abb. 6.36: Colourdome, Aachen, 2002. Material: bandver-zinktes Stahlfeinblech, 1,25 mm, Beschichtung PVDF-Lack.Die unterschiedlichen Farben dienten als Bauplan, innen istdie 5 m hohe Kuppel silberfarben. Eine ausführliche Dar-stellung der selbsttragenden Kuppel kann der Dokumenta -tion 089 des S-I-Z entnommen werden.

Abb. 6.37: Blobmaster, Dortmund, 2008. Weltweit erste ausStahlfeinstblech errichtete Freiformfläche, Ausbildung alszweilagiges Raumfaltwerk. Die Blechdicke betrug lediglich0,285 mm. Wie der Colourdome wurde auch dieses Projektgemeinsam mit Studierenden und Industriepartnern um -gesetzt.

Abb. 6.38: Ebene Fassadenfläche mit freier Linierung. DieHauptlinien lassen sich ebenfalls über einfache Kantungenund rautenförmige Stahlbleche auflösen. Eine Fixierungder Stahlfassade an der Unterkonstruktion wird durchnach außen zeigende Erhöhungen (Pyramiden) begünstigt.

Abb. 6.39: Beispiel eines Beulfeldes auf der ebenen Wand.Auch hier kann über eine Facettierung die komplexe Formabgebildet und gebaut werden.

sind die Schnittpunkte und Fixierungen an derUnterkonstruktion für den jeweiligen Anwen-dungsfall auszuarbeiten.

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6.3.2 Hydrogeformte Stahlfassaden

Die Geometrisierung von Fassaden über dieFacettierung beinhaltet immer eine Blechkantungund führt meist zu einem kristallinen, kantenrei-chen Bild. Die Flächen selbst bleiben eben. AusGründen der statischen Ertüchtigung oder derGestaltung können Blechfelder auch komplexmoduliert werden. Bislang allerdings waren dieVerfahren dazu relativ aufwändig, Technologienwie das Tiefziehen blieben der Großserienpro-duktion wie dem Automobilbau vorbehalten.

Abb. 6.42: Werkzeugeinsparung: Auflösung des komplexen3D-Modells in Feinblechstreifen, anschließend Fixierungim Maschinenbett

Da in der Architekturanwendung kleinere Serienüblich sind, kommen hier neue Verfahren zumEinsatz. State of the Art ist im Moment die Ver-fahrenskombination aus lamellierten Matrizenund hydromechanischem Streckumformen [16],im Folgenden Hydroforming genannt. Idee undUmsetzung des vereinfachten Formenbaus be-ruhen darauf, die komplex geformte Geometrieder Matrize in schmale Blechstreifen zu zerle-gen, die mittels Laser aus Stahlfeinblechtafelnherausgeschnitten werden. Auf einem Spann-bett fixiert, ergeben die einfach und schnellherstellbaren Blechfelder in der Summe das ur-sprüngliche Relief (Abb. 6.42). Beim anschlie-ßenden Umformvorgang können die kleinenTreppungen zwischen den Blechen über Zwi-schenlagen ausgeglichen werden. Je nach Dickeund Güte der Blechlamellen können ansehn-liche Standzeiten erreicht werden. Die zweitewesentliche Vereinfachung besteht im Fortfalldes oberen Werkzeugs (Patrize), das durch einDruckmedium ersetzt wird (Abb. 6.43). Nebeneiner weiteren Zeit- und Kostenersparnis hatdies den Vorteil, dass die mit einem hohen

Abb. 6.40: Edelstahlverbundblech, hier mit geprägtem 0,4 mm Edelstahldeckblech und 0,4 mm Edelstahlrückblech(glatt). Mit Polyethylenkern ergibt sich eine Gesamtdickevon 4 mm.

Abb. 6.41: Rückwärtige Fräsungen sind möglich, erfordernaber Werkzeuge mit höherer Standzeit

Weiteres Potenzial zur Facettierung vonStahlfassaden bietet das sogenannte Edelstahl-verbundblech. Bei diesem relativ neuen Pro-dukt werden zwei Edelstahlbleche beidseitigauf einem Kunststoffträgerkern verklebt (Abb.6.40). Zum einen ist bemerkenswert, dass derneue Verbund große Steifigkeiten bei gleichzei-tig gesunkenem Bauteilgewicht generiert. Ge-genüber einem vergleichbaren 4 mm Massiv-blech wiegt das gleich dicke Verbundblech nurein Drittel, was Ressourcen schont und die Las-ten an der Unterkonstruktion reduziert. Zumanderen kann das Produkt wie andere markt-gängige Verbundbleche rückwärtig über die so-genannte Fräskanttechnik bearbeitet werden(Abb. 6.41). Ziel der Bearbeitung ist eine vor-gegebene Biegekante, die werkseitig einge-bracht wird. Damit können die Bauteile flachangeliefert und erst bauseits in die 3D-Form ge-kantet werden, was den Bauablauf wirtschaft-licher und schneller gestaltet. Auch der in Abb.6.39 dargestellte dreidimensionale Fassadenauf-bau lässt sich damit einfacher gestalten. Je nachstatischen und brandschutztechnischen Anfor-derungen sollte der notwendige Kunststoffkernausgewählt werden. Genauere Angaben lieferndie Anbieter.

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Dynamik in der Fassadengestaltung

Abb. 6.43: Prinzipdarstellung Hydroforming: Substitutiondes Stempels durch ein Wirkmedium (Wasser-Öl-Emulsion,bis 3000 bar Druckaufschlag)

Abb. 6.44: Kindertagesstätte in Essen, 2012. VHF-Fassade mit vorgehängtem,dreidimensional geformtem Lochblech.

Abb. 6.45: Einhangfassade aus gewellten und gelochtenEdelstahlplatten, die Plattenstöße bleiben scharfkantig. Dieunterschiedliche Verlegung erzeugt Lebendigkeit.

Druck aufschlagende Flüssigkeit einen Streck-ziehvorgang auslöst. Homogene Blechdicken-verteilungen und eine geringere Rückfederungsind die Folge [17].

Als Anwendungsbeispiel jüngeren Datumskann hier die Gebäudehülle einer Kindertages-stätte in Essen aufgeführt werden. Das kubischstrenge Gebäude wird von einer perforiertenEdelstahlhülle umgeben, die wie ein weicherVorhang um das Gebäude fällt (Abb. 6.44). Neben den Perforationen ist an diesem Effektvor allem die durch Hydroforming erstellte Ober-flächengeometrie der Bekleidungselemente ver-antwortlich. Statt einer strengen, wellblecharti-gen Parallelität kommt hier ein weicher Verzugder Wellen zum Tragen. Die Variation der Fas-sadengeometrien und der rapporthafte Versatzder Einhangfassade erzeugen ein lebendiges undabwechslungsreiches Bild (Abb. 6.45). Bedingtdurch den leichten Schliff der Edelstahlprofilewird die jeweilige Lichtstimmung des Himmelsin die Gebäudehülle integriert. Neben den ästhe-tischen Qualitäten sorgt die Geometrisierungder Stahlkassetten zudem für eine statische Er-tüchtigung der Bekleidung. Die Arbeitsgemein-schaft JSWD Architekten und Chaix & Morel etAssociés wurde für ihre Entwicklung mit demStahl-Innovationspreis 2015 ausgezeichnet.

Neben Edelstahlblechen können auch band-verzinkte, bandbeschichtete Stahlfeinbleche um-geformt werden (Abb. 6.46). Selbst perforierteBleche sind, wie oben beschrieben, formbar.Prinzipiell lassen sich vielfältige Geometrien undMuster in die Bauteile einbringen [18], hinsicht-lich Vormaterial, Plattengröße und Stückzahlsollten die Anbieter kontaktiert werden. Einepositive Synergie kann sich dann einstellen,wenn zur ästhetischen Gestaltung eine bewussteSteigerung des Tragvermögens kommt – hier ist eine Materialreduzierung möglich, was sich

positiv auf die Ressourcen auswirkt. Vorausset-zung ist die Integration eines Tragwerksplanersschon in der Gestaltungsphase. Insgesamt eignetsich das Verfahren gut zur wirtschaftlichen Her-stellung individueller Kleinserien.

Abb. 6.46: Das Hydroforming in Kombination mit dem la-mellierten Matrizenbau erlaubt komplexe Fassadenverläufeals vorgehängte hinterlüftete Fassade. Eine Umsetzung istauch mit Stahlfeinblech möglich (hier ein Produkt von derBAU 2015).

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forming. Interessant ist das Verfahren also fürKleinstserien, bei denen Wirtschaftlichkeit nichtim Vordergrund steht.

6.4 Nachhaltige Gebäudehüllen aus Stahl

Angesichts knapper werdender Material-und Energieressourcen spielt die Nachhaltigkeitvon Gebäudehüllen eine zunehmend wichtigereRolle. Hier sind vor allem passive und aktiveMaßnahmen zur Energieeinsparung zu nennen.Die Thematik steht derzeit im Fokus der For-schung. Erste Produkte sind auf dem Markt, an-dere noch nicht Stand der Technik. Dennochsollen einige interessante Tendenzen kurz ange-rissen und zukünftige Handlungsfelder aufge-zeigt werden.

6.4.1 Passive Maßnahmen: Kassettenwand

Die Stahlkassettenwand ist ein erprobtes,hoch belastbares Wandbauteil, dass im Zusam-menhang mit der davorgehängten hinterlüfte-ten Fassade eine Vielzahl von Gestaltungsmög-lichkeiten offeriert. Bauphysikalisch kommt diejetzige Ausführung an ihre Grenzen, da es einenzu hohen Wärmeabfluss im Bereich der Stegegibt. Als Konsequenz daraus wurden die Stegebislang mit 40 mm Mineralwolle überdämmt,ein neu entwickelter Distanzverbinder sorgtefür die Kraftübertragung von der äußeren Schalein die Stahlfeinblechkassette. Um den auch imSektor des Industrie- und Gewerbebaus steigen-den Anforderungen Genüge zu leisten, kann an dieser Stelle ein Verweis auf bereits im Aus-land gängige Konstruktionen gebracht werden.Hier sorgen Stegverbinder mit einer Distanz von80 mm (Abb. 6.49) und einer entsprechendenStegüberdämmung für eine weitere Systemopti-mierung, je nach Land werden die Anforde-rungen sogar mit stückverzinkten Verbindernerfüllt.

Abb. 6.47: Start: Der Roboterarm fährt mit permanentemDruck die Kontur nach, eine untere Holzform hält dagegen

Abb. 6.48: Spannrahmen und Druckwerkzeug fahren schritt-weise nach unten. Für eine Fassadenanwendung müsstedas Stahlfeinblech noch gekantet und beschichtet werden.

Abb. 6.49: Stegüberdämmung mittels Befestiger: Verbindermit einer Stegüberdämmung von 80 mm werden in denbenachbarten Ländern bereits verbaut, zum Teil sogar instückverzinkter Ausführung. Das bewährte Bauteil kann in der neuen Ausführung den Wärmeverlust nochmals ver-ringern.

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6.3.3 Inkrementelle Umformung von Stahl -blechen

Werden kleinste Serien mit sehr unter-schiedlicher Oberflächenausbildung gefordert,kann die inkrementelle Blechumformung (IBU)interessant werden [19]. Bei dem schon unter6.1.3 beschriebenen Verfahren wird die Umfor-mung der Platine komplett von CNC-gesteuertenAnlagen geleistet. Im gezeigten Beispiel fährt einmehrachsig beweglicher Roboter von oben miteinem Druckstift in eine Stahlblechplatine, diein einem seitlichen Spannrahmen fixiert ist. Vonunten wirkt eine Holzform mit der finalen End-geometrie als Gegenhalter. Durch schrittweiseslineares Umfahren der Form und eine plasti-sche Verformung von der Oberseite entsteht inmehreren Schritten das gewünschte Abbild(Abb. 6.47, 6.48). Die Verfahren weisen einigeUnterschiede auf. So kann auf eine Gegenformverzichtet und stattdessen mit einem bewegli-chen Gegenhalter auf der Rückseite gearbeitetwerden, z.B. in Form eines weiteren Roboter-arms. Durchweg positiv ist die individuelleHerstellbarkeit komplexester Formen zu wer-ten, der Aufwand zur Umsetzung ist allerdingserheblich höher als beispielsweise beim Hydro-

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Dynamik in der Fassadengestaltung

6.4.2 Unterkonstruktionen aus verzinkten Stählen

Wie in der DIN 18516-1 dargestellt, erfolgtdie Fixierung der Fassade über ein Tragprofil,das mittels Wandhalter an der tragenden Wandfixiert wird. Die Dimensionierung der Bestand-teile muss sowohl den statischen als auch denbauphysikalischen Anforderungen genügen. Inder Praxis werden die genannten Bauteile meistaus Aluminium gefertigt, was bauphysikalischesOptimierungspotenzial bietet (Abb. 6.50). Alleindurch die Substitution des Tragprofils durch eingleich dickes Profil aus Stahl lässt sich die An-zahl der Wandhalter reduzieren (Abb. 6.51).Der Grund liegt im besseren E-Modul des Stahlsbegründet, was zu einer höheren Biegesteifig-keit führt. Neben dem wirtschaftlichen Vorteildurch die Einsparung von Haltern kann sich einweiterer Vorteil einstellen, wenn auch das Mate-rial der Wandhalter gegen stückverzinkte Stähleausgetauscht wird: Auch hier lassen sich Opti-mierungen erzielen, da der Wärmedurchgangs-koeffizient von Stahl beträchtlich unter dem von

Aluminium liegt. Der Anteil der Wandhalter amGesamtwärmeverlust der Wand muss mit einemeigenen Verlustkoeffizienten berücksichtigt wer-den. Der legierungsabhängige Faktor beziffertsich etwa auf 4 (Aluminium ca. 200 W/m·K,Stahl ca. 50 W/m·K). Die Machbarkeit von Unter-konstruktionen aus stückverzinkten Stählen, diein der DIN 18516-1 explizit geregelt sind, ist Inhalt eines aktuellen Forschungsvorhabens.Neben energetischen/bauphysikalischen Opti-mierungen werden hier auch die Punkte Ferti-gung und Handhabung auf der Baustelle unter-sucht.

6.4.3 Aktive Maßnahmen: Solarthermie

Die solarthermische Nutzung von Stahlfas-saden bleibt weiterhin ein zukunftsweisendesThema. Bislang konnte in einigen Forschungs-vorhaben nachgewiesen werden, dass auch mit unverglasten Gebäudehüllen aus Stahl einwichtiger Beitrag zur CO2-Einsparung geleistetwerden kann. So wurde u. a. aufgezeigt, dassvor allem im Winter an Südfassaden beträchtli-che Strahlungserträge anfallen [20], die je nachFarbigkeit der Fassade zu einer Temperatursprei-zung der Blechoberfläche zur Außentemperaturvon bis zu 45 Kelvin führen können (Abb.6.52). In anderen Vorhaben konnte beispielhaftdargelegt werden, dass auch die Integration

Abb. 6.50: Klassische Ausbildung des Unterkonstruktions-systems: Tragprofil und Wandhalter aus Aluminium, einethermische Trennlage soll den Wärmeverlust reduzieren

Abb. 6.51: Zwei typische Tragprofile im direkten Vergleich:links das stranggepresste Aluminiumprofil (E-Modul Alu-minium: 70 KN/mm²); rechts das rollgeformte Stahlprofil(E-Modul Stahl: 210 KN/mm²). Der Faktor 3 bewirkt einedeutlich geringere Verformung, bei gleicher Dimension istdie Spannweite des Stahlprofils deutlich größer.

Abb. 6.52: Aufzeichnung des Temperaturverlaufes an einem kalten Januartag mit Sonnenschein. Durch die tiefstehende Wintersonne erhalten Südfassaden einen hohenStrahlungsanteil. Sogar die unverglasten Feinbleche er-wärmen sich schnell auf über 40 °C. Die größte Differenzerreichte das dunkelbraune Blech (45,5 °C).

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Da sie den Energieeintrag auch bei diffuserLichteinstrahlung umsetzen, eignen sie sich gutfür mitteleuropäische Lichtverhältnisse. Haupt-defizit photoaktiver Lacke ist die zurzeit be-grenzte Lebensdauer. Wie auch die solarthermi-schen Systeme befinden sich die Farbstoffsolar-zellen noch in der Erprobungsphase. Auch hierwürde die Serienreife einen wichtigen undsinnvollen Beitrag zur CO2-Reduktion leisten.

6.4.5 Luftreinigende Lacke

Eine interessante Erweiterung des bekann-ten Beschichtungsspektrums stellen auch luft-und fassadenreinigende Lacke, sogenannte photokatalytisch aktive Oberflächen dar [25].Der meist auf einer Titandioxid-Suspension be-ruhende Aufbau sorgt dafür, dass die Ober-flächenreinigung der Gebäudehüllen optimiertwird [26], gleichzeitig kann das in der Luft ent-haltene Stickoxid in Nitrat zerlegt werden. Unter Einfluss des Tageslichts katalysiert Titan-dioxid die Stickoxide, die u. a. in Autoabgasenentstehen. Ein weiterer Positivaspekt der Be-schichtungen ist ihr Beitrag zur Reduktion mi-krobiologischen Bewuchses an den Oberflä-chen. Die schon von anderen Gebäudeapplika-tionen bekannte Technologie könnte auch inder industriellen Fertigung mittels Bandbe-schichtung auf die Stahlbleche appliziert wer-den (Abb. 6.55), was einen weiteren Beitragzur nachhaltigen Effizienz von Gebäudehüllenaus Stahlfeinblech leisten würde.

Abb. 6.54: Für bandbeschichtete Feinbleche noch Vision:Energieerzeugung über den Decklack. Vorteil gegenüberkonventionallen Lösungen wäre eine stimmige Integrationder Photovoltaik in die Gebäudegestaltung. Vor allem derIndustrie- und Gewerbebau mit seinen großen Fassaden -flächen bietet sich hier an.

solarthermischer Elemente in Stahlsandwichele-mente machbar erscheint, vor allem im Kon-text der kontinuierlichen Fertigung [21]. Auchden Aspekten der Befestigung am Tragwerk so-wie der innenseitigen Medienentnahme wurdedabei Rechnung getragen. Einzelne Beispieleunverglaster Gebäudehüllen für den Industrie-und Gewerbebau befinden sich zurzeit in derFelderprobung [22] (Abb. 6.53).

6.4.4 Gebäudeintegrierte Photovoltaik

Beispiele zur mehr oder weniger gelunge-nen Applikation photovoltaischer Elemente fin-den sich in der aktuellen Baupraxis zahlreich.Hierbei handelt es sich um den Aufsatz starrerSolarpaneele auf Dächer oder Fassaden, teilwei-se auch um aufgeklebte Solarfolien auf Blech-oberflächen. In beiden Fällen bleibt die photo-voltaische Schicht gut sichtbar. Dies könnte sichin Zukunft deutlich ändern. Sogenannte photo-aktive Lacke [23] könnten sich dabei wie kon-ventionelle Lackbeschichtungen (vgl. 6.1.1)einfach werkseitig in der gewünschten Farbeauf das Stahlblech auftragen lassen. Der Unter-schied zu konventionellen organischen Beschich-tungen liegt darin, dass es sich bei den neuenSystemen um organische Solarzellen bzw. Farb-stoffsolarzellen handelt, die einen Wirkungsgradvon bis zu 11 % erzielen (Abb. 6.54). Außer derhohen Effizienz bieten diese Produkte den Vor-teil, dass sie sich preiswert herstellen lassen undkeine schädlichen Substanzen aufweisen [24].

Abb. 6.53: Logistikhalle und Büro in Lübeck, 2012: Die Wandaufbauten bestehenaus horizontal verlegten Stahlsandwichelementen, in die solarthermische Leitungen integriert wurden. Die Gesamtfläche beträgt 220 m², die dunkle Be-schichtung soll den Ertrag erhöhen. Die gewonnene Energie wird als Vorlauf zur Wärmepumpe genutzt.

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Dynamik in der Fassadengestaltung

Abb. 6.55: Auch hier ließen sich innovative Lacksystemeüber Bandbeschichtung auftragen. Da die Problematik derVerschmutzung auch im innerstädtischen Bereich eineRolle spielt, sind Anwendungen im Wohnungs- und Büro-bau gut denkbar. Bonus: Die Technologie ist unsichtbar inder Beschichtung integriert und ist integraler Bestandteilder Gebäudegestaltung.

6.5 Zusammenfassung und Ausblick

Gebäudefassaden aus Stahlfeinblech sind integraler Bestandteil der zeitgenössischen Ar-chitektur. Ihr Anwendungsspektrum reicht vonetablierten und wirtschaftlichen Bausystemenim Industrie- und Gewerbebau bis zu aufwän -digen Vorhangfassaden für den Büro- undWohnungsbau. Zahlreiche neue Verzinkungs-und Beschichtungssysteme erweitern wichtigePunkte wie Nachhaltigkeit und Dauerhaftigkeit,gleichzeitig können Ressourcen geschont wer-den. Auch die neuen Möglichkeiten zum Ein-satz feuerverzinkter Fassadenbekleidungen undBauteile vergrößern eindrucksvoll das Produkt-spektrum, dem Planer bieten sich weitere Mög-lichkeiten zur Fassadengestaltung mit Stahlele-menten. Auch neuen Anforderungen komplexerGebäudegeometrien oder Bauteiloberflächenstehen eine Reihe von adaptiven Technologiengegenüber, mit denen sich vielfältige Stahlpro-dukte komplex umformen lassen. Darüber hi-naus passen sich alle Leichtbausysteme densteigenden bauphysikalischen Anforderungenleicht an, ohne dabei ihre gewohnten Vorteileaufzugeben. Mehr noch: Mit den am Ende desBeitrags gezeigten neuen Möglichkeiten zurEnergiegewinnung, Energieeinsparung und Luft-reinigung wird ein weiteres zukunftsweisendesKapitel aufgeschlagen. Lassen sich diese Tech-nologien wirtschaftlich für die Großserienferti-gung nutzen, wäre dies ein weiterer Beweis fürdie Zukunftsfähigkeit von Leichtbauelementenaus Stahl.

6.6 Literatur

[1] Stahl-Informations-Zentrum: Dokumentation568 „Leichtbausysteme aus Stahl für Dach undFassade – Energie- und kosteneffiziente Lösungenfür Neu- und Bestandsbau“, Düsseldorf; 2010, S. 72 ff.

[2] DIN EN 10143 – Kontinuierlich schmelz-tauchveredeltes Blech und Band aus Stahl –Grenzabmaße und Formtoleranzen; Beuth Ver-lag 2006/09

[3] Stahl-Informations-Zentrum: Charakteristi-sche Merkmale 095 „SchmelztauchveredeltesBand und Blech“; Düsseldorf 2005, S. 19

[4] ThyssenKrupp Steel Europe AG: ZM EcoProtect – Firmeninformationsschrift 05/2014

[5] Benchmark Façade Systems – Firmeninfor-mation 06/2013/ThyssenKrupp Steel Europe AG:Hoesch isowand integral – Firmeninformations-schrift 12/2010

[6] Paroc Fire Proof Panels – Firmeninforma-tionsschrift Paroc GmbH; Hamburg 2012

[7] www.facade-lab.com: MaterialdatenblattEuramax-Laukien, Berlin 05/2014

[8] Produktinformation ArcelorMittal: Farbenund Beschichtungen – Muralys, 05/2015

[9] DIN 18516-1 – Außenwandbekleidungen,hinterlüftet – Teil 1: Anforderungen Prüfgrund-sätze, Beuth Verlag 2010/06

[10] Institut Feuerverzinken: ArbeitsblätterFeuerverzinken; Düsseldorf, 03/2014, S. 9

[11] Industrieverband Feuerverzinken: Feuer-verzinken Special – Fassaden; Düsseldorf, 2012,S. 6 ff.

[12] Feuerverzinken Special: Feuerverzinkte Fas-saden; www.feuerverzinken.com (20.01.2015)

[13] Hachul, H.: Neue Strukturformen undTechnologien für Tragkonstruktionen aus Fein-blech; Aachen 2006

[14] Hachul, H.: Dokumentation 089 „Colour -dome“, Stahl-Informations-Zentrum, Düsseldorf2004

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[22] Glass, R.; Litzkow, A.; Pfeiffer, L.; Werner,B.: Solabs®2 – Regenerative Energiegewinnungdurch solaraktives Fassadenmodul für den In-dustrie- und Gewerbebau, ThyssenKrupp: techforum 01/2012, S. 22 ff.

[23] Hintz, H.; Peisert, H.; et al.: ElectronicStructure and Interface Properties of a ModelMolecule for Organic Solar Cells

[24] Menn, A.: Fotovoltaik: Löst Strom erzeu-gender Lack bald Solarmodule ab?; WiWo Green,http://green.wiwo.de/fotovoltaik-lost-strom-er-zeugender-lack-bald-solarmodule-ab/, 05/2013

[25] Trick, I.: Bewertung photokatalytisch aktiver Oberflächen; Fraunhofer-Institut fürGrenzflächen- und Bioverfahrenstechnik IGB,www.igb.fraunhofer.de/de/kompetenzen/um-weltbiotechnologie/grenzflaechenbiologie/ober-flaechenbewertung.html (20.11.2014)

[26] Vormoor, M.; Dillert, R.; Bahnemann, D.:Nanotechnologie zum Anfassen: LichtinduzierteSuperhydrophobie – Leibnitz Universität Hanno-ver, nanoworld, 01/2008

6.7 Bildquellen

Abb. 6.1, 6.2, 6.4, 6.5, 6.8–6.22, 6.25–6.52, 6.54: Helmut HachulAbb. 6.3, 6.23, 6.24, 6.55: ThyssenKrupp SteelEurope AGAbb. 6.6, 6.7: Paroc GmbHAbb. 6.44, 6.45: Thomas LewandovskiAbb. 6.47, 6.48: Beauvary GmbHAbb. 6.53: Martin Vorschulze

[15] Hachul, H.: Blobmaster – Freie Formen ausStahlblech; Stahlbau 11/2008, Ernst und Sohn,S. 822 ff.

[16] Langhammer, T., et al.: Einsatz der Hydro-blechumformung zur Herstellung komplexerKraftstoffbehälter; Industriekolloquium TU Claus-thal, 2002, S. 2 ff.

[17] Schweitzer, K.-H.: Hydrostatisch umge-formte Fassadenpaneele für das Architektur -design; Informationsstelle Edelstahl Rostfrei, Tagungsband Berlin, 2000, S. 11 ff.

[18] Fielitz GmbH: 3D-Platten aus Aluminium,Kupfer und Edelstahl Rostfrei, Ingolstadt 07/2009

[19] Zhang, J.: Roboterbasiertes inkrementellesBlechumformen; Shaker Verlag, Aachen, 2007,S. 10 ff.

[20] Hachul, H.; Rogall, A.: Entwicklung einesGroßflächenkollektors für Fassaden- und Dach-flächen im Industrie- und Gewerbebau zur Nutz-barmachung thermischer Energie aus solarerStrahlung für Warmwasserbereitung, Prozess-wärme und sommerliche Kühlung; AIF For-schungsvorhaben, 2012, S. 62 ff.

[21] Feldmann, M.; Hachul, H.; Rexroth, S.; Morana, R.; Ummenhofer, T.: Mehrdimensionalenergieoptimierte Gebäudehüllen in Stahlleicht-bauweise für den Industrie- und Gewerbebau,AIF Forschungsvorhaben, 2013, S. 189 ff.

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