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HERBST 2013 SIE ZEIGEN’S VOR Sechs Migranten erklären, warum sie sich engagieren UNSERE KINDER FIT FÜR VIELFALT MACHEN Musterprojekt im Burgenland stärkt Zusammenleben in Kindergärten und Schulen ÖSTERREICHISCHE POST AG/SPONSORING.POST 08Z037821S, ÖSTERREICHISCHER INTEGRATIONSFONDS, SCHLACHTHAUSGASSE 30, 1030 WIEN Vereine als Orte der Begegnung: So werden Zuwanderer zu Stützen der Gesellschaft SINNVOLL ENGAGIEREN – ZUSAMMENLEBEN MITGESTALTEN

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Das Magazin für Migration, Integration und Zusammenleben widmet sich in dieser Ausgabe dem Thema Ehrenamt: Wir sprechen mit engagierten Migrant/innen über ihre Motivation sich freiwillig bei Feuerwehr, Rettung & Co einzubringen und liefern spannende Zahlen zum Ehrenamt in Österreich.

Transcript of Zusammen:Österreich 2013/3

Herbst 2013

Sie zeigen’S vorSechs Migranten erklären, warum sie sich engagieren

UnSere Kinder fit für vielfalt machenMusterprojekt im Burgenland stärkt Zusammenleben in Kindergärten und Schulen

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Vereine als Orte der Begegnung: So werden Zuwanderer zu Stützen der Gesellschaft

Sinnvoll engagieren – zUSammenleben mitgeStalten

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editorial integration in Zahlen

Liebe Leserinnen und Leser,

hinter uns liegt ein Sommer der Extreme. Auf die Flut im Juni folgte Dürre im Juli und August. Die Wet-terkapriolen bringen freiwillige Helferinnen

und Helfer ins Zentrum der Aufmerksamkeit: Sie en- gagieren sich in ihrer Freizeit bei Hilfsorganisationen und packen an, wo sie benötigt werden. Wo Menschen zusammenkommen, um gemeinsam Gutes zu tun oder einfach die Freizeit zu verbringen, rückt in den Hintergrund, wo der Einzelne herkommt und welche Muttersprache er hat. Vereine gelten als Schule des Zu-sammenlebens: Sie bieten Migrantinnen und Migranten wertvolle Freizeitaktivitäten und die Chance, wie von selbst Kontakt zu Einheimischen zu knüpfen.

Tatsächlich bringen Zuwanderer sich jedoch seltener in Vereinen ein als Einheimische. Warum ist das so? Wie können Ehrenamts-Organisationen dieses große Mit-gliederpotenzial besser nützen? Und reicht es nicht, in Familie und Nachbarschaft zu helfen? Fragen wie diese stehen im Mittelpunkt unserer Titelgeschichte ab S. 6. Was Migrantinnen und Migranten dazu bringt, sich in ihrer Freizeit zu engagieren, erfragen wir in sechs Kurz-portraits ab S. 14.

Auf den Sommer der Extreme folgt nun der Herbst, die farbenprächtigste Jahreszeit. Passend dazu stellen wir in der Rubrik „Buntes Österreich“ eine ebenso süße wie farbenfrohe Bäckerei vor, die aus den USA stam-menden „Cake-Pops“ (S. 32). Einen kulinarischen Aus-flug machen wir auch auf den Wiener Heuberg, wo Gastronom Roger täglich indisches Curry und Wiener Hausmannskost unter einen Hut bringt (S. 34).

impressum

Medieninhaber, Herausgeber und Redaktionsadresse: Österreichischer Integrationsfonds, A-1030 Wien, Schlachthausgasse 30, Tel.: +43(0)1/710 12 03-0, Fax: +43(0)1/710 12 03-500, [email protected]. Redaktionsleiter: Mag. Roland Goiser, [email protected]. Chef vom Dienst: Mag. Valentin Schwarz, [email protected]. Redaktion: Bakk. phil. Aleksandra Klepić; Mag. Julian Unger, MA; MMag. Franziska Troger, Magdalena Deixler, BA BA. Produktion und Anzeigen: Styria Multi Media Corporate GmbH & Co KG, Geiselbergstraße 15, 1110 Wien, www.corporate.styria-multi-media.com. Geschäftsführung: Mag. Erich Schönberg, Mag. Martin Distl Artdirektion: Mag. Nina Ullrich. Projektleitung: Kristina Gavric. Grafik: Ortwin Neumayer. Fotoredaktion: Ewa Bisztyga. Anzeigenleitung: Harald Kuso. Korrektur: Birgit Forst. Produktion: m4! Mediendienstleistungs GmbH & Co KG, www.m-4.at. Druck: Astoria Druck. ISSN: 1995-6606. Die Artikel von Gastautorinnen und -autoren drücken deren persönliche Meinung aus und müssen nicht den Positionen des Österreichischen Integrationsfonds entsprechen. Seiten, die mit „Werbung“ oder „Advertorial“ gekennzeichnet sind, sind entgeltliche Einschaltungen gemäß §26 Mediengesetz. Alle Rechte vorbehalten, auch die Übernahme, vollständige oder auszugsweise Weiter- oder Wiedergabe, gem. §44 Abs. 1 und 2 Urheberrechtsgesetz.

Die ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Redaktion v. l. n. r.: Magdalena Deixler, Julian Unger, Valentin

Schwarz, Franziska Troger, Aleksandra Klepić, Roland Goiser

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Euro werden laut Weltbank pro Jahr von Österreichs Migranten in ihre Herkunftsländer überwiesen. Das ist dreimal mehr als die offizielle Entwicklungshilfe.

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Wenn die Nächte wieder länger werden, bleibt mehr Zeit zum Lesen: Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre und freuen uns auf Lob, Kritik und kostenlose Abo-Bestellungen unter [email protected].

Prozent der Fußballer im österreichischen Natio-nalteam haben Wurzeln im Ausland. Die Her-kunftsländer reichen von

Deutschland über Serbien und die Türkei bis hin zu Nigeria und den Philippinen.

Prozent der Bevölkerung oder rund 70.000 Menschen in Österreich stammen aus

Kroatien, das am 1. Juli als 28. Mitglied der EU beigetreten ist. Die Kroaten sind die sechstgrößte Migrantengruppe.

Euro mehr zahlen Migranten-Haushalte jährlich im

Schnitt in den Staatshaushalt ein, als sie durch Sozialleistungen erhalten. In einem Großteil der von der OECD untersuchten Länder sind Zuwanderer Nettozahler.

zusätz-liche Pfle-gekräfte

braucht Österreich bis 2025, hat das Rote Kreuz errechnet. Die Pflege stellt damit auch für Migranten eine Zukunftsbranche dar.

Welche Rolle spielt ehrenamt-liches Engage-ment für das Zusammenleben?

IM KOPF DIEPOLITIK, IMHERZEN DIELESER.DiePresse.com/wahlabo

Politiker und Parteien von allen Seiten betrachten. Über Versprechungen und Verflechtungen von innen und außen berichten. Das Superwahljahr ausführlich analysieren und treffend kommentieren.Das ist unser Anspruch.

Testen Sie uns jetzt:8 Wochen um 8 Euro.

RIENTIERUNG.

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IM KOPF DIEPOLITIK, IMHERZEN DIELESER.DiePresse.com/wahlabo

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RIENTIERUNG.

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WortWanderung. Begriffe mit Migrationshintergrund.

IntegratIon vor ort. damIt alle eInen Platz fInden. Das Vorzeigeprojekt dieser Ausgabe.

PortraIt. vom SItzenbleIber zum KlaSSenvorStand. Volkan Ekici unterrichtet mit Respekt und Schmäh.

rücKblIcK & auSblIcK. ÖIF-Highlights und Termine.

ProjeKt der Stunde. geSund und munter Der ÖIF fördert das Gesundheits-bewusstsein von Kindern und Familien in Graz.

PublIKatIonen. „vollStändIge IntegratIon brIngt mIllIarden“ Neue Studie über die Potenziale in Bildung und Beruf.

bunteS ÖSterreIch. der Kuchen am StIel – Cake-Pops, der neue Nasch-Trend aus den USA.

unterhaltung. rezePt und rateSPaSS Cevapcici und Kreuzworträtsel.

zuSammen:leben. „WIr SInd WIe eIne famIlIe“ Zwei Menschen. Zwei Herkunftsländer. Eine Geschichte.

FOKUS. Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

ZUSammEn:ÖStErrEich. integration fördern. chancen sichern.

Cover-Thema. Das hobby im DiensT Der guTen saChe Engagement in der Freizeit fördert das gelungene Zusammenleben. Wie können Migranten und Einheimische diese Chance noch besser nützen?

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LeitartikeL. Von mehr engagement profitieren aLLe Für Heinz Faßmann ist ehrenamt-liche Arbeit Folge und Ursache gelungener Integration.

reitans refLexionen. Vom Wert der freiWiLLigkeit – Kolumne von Claus Reitan.

kontroVerse. Wann gehört man dazu? – Streitgespräch über die Rolle von Migrantenvereinen.

migranten-portraits. heLden des aLLtags – Sechs Freiwillige erzählen über ihr Engagement.

zahLen und fakten. ehrenamt: Wer profitiert daVon? Die vielen Dimensionen freiwilliger Arbeit.

Leserbriefe inhaLt

FOKUS. Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

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FOKUS

Chancen und Möglichkeiten in Österreich

Auch in der Volksschule Handlungsbedarf

Im Artikel „Der Weg nach oben“ schreiben Sie, der Leis-tungsabstand zwischen Schü-lern mit nicht-deutscher Um-gangssprache wäre im Alter von zehn Jahren geringer als mit fünfzehn Jahren. Ich habe mich im Detail mit den zitierten Studien PIRLS, TIMSS und PISA beschäftigt und bin der Ansicht, dass die dort enthal-tenen Daten einen solchen Vergleich nicht zulassen: PIRLS und TIMSS messen Schüler-leistungen am Ende der Volks-schule und unterscheiden, ob Schüler bereits vier Jahre da-vor Deutsch als Umgangsspra-che gesprochen haben. PISA hingegen unterscheidet, ob die Schüler zum Zeitpunkt des Tests, mit fünfzehn Jahren, Deutsch als Umgangssprache sprechen. Der direkte Ver-gleich der Rückstände ist so-mit irreführend. Mir ist dieser Hinweis wichtig, um nicht den Eindruck entstehen zu lassen, es gäbe bei den Unter-Zehn-jährigen keinen großen Hand-lungsbedarf. Als Lehrer weiß ich, dass wir gerade in diesem Alter eine enorme Aufgabe

zu bewältigen haben, wenn es darum geht, Kinder mit ande-rer Muttersprache zu fördern.Gerhard Riegler, Wien

Lob aus Deutschland Als Mitglied der Social-

Media-Redaktion im deutschen Bundesamt für Migration und Flüchtlinge bin ich stets auf der Suche nach neuen Ideen, um unsere Themen Migration und Integration ansprechend aufzubereiten. Dabei bin ich auf Ihr gelungenes Magazin gestoßen: Die Texte sind inte-ressant und verständlich for-muliert, wenn nötig mit statis-tischen Daten unterfüttert und klar strukturiert. Die Illustrati-onen sind liebevoll gemacht. Besonders inspiriert mich die Rubrik „Begriffe mit Migrati-onshintergrund“. Sie zeigt ausnahmsweise nicht, was sich alles durch Zuwanderung än-dert, sondern was schon lange und ganz selbstverständlich Teil unserer Gesellschaft ge-worden ist. Wir haben die Ru-brik in ähnlicher Form als un-regelmäßige Fotostrecke auf unserem Facebook-Auftritt un-ter www.facebook.com/bamf.socialmedia übernommen. Ich wünsche Ihnen noch viel Erfolg für Ihr Magazin.Corinna Rappe, Nürnberg

Gut lesbar Die Ausgabe hat beein-

druckende Geschichten, ist gut lesbar und flott aufgemacht. Danke. Marlies Matejka, Wien

auf ZUSAMMEN:ÖSTERREICH 2/2013: Chancen nützen – Karriere machen

Leserbriefe

Leser-Reaktionen

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Schreiben Sie uns Ihre Meinung an magazin@ integrations fonds.at

Wenn den Spielern eine Entscheidung nicht passt, krieg ich das zu hören – egal, ob ich Frau oder Mann, Österreicherin

oder Kroatin bin. Ivana Budim, Schiedsrichterin der Nachwuchsliga

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An guten Tagen sind es mehr als 18.000 Menschen, die hier ge-meinsam ihre Mannschaft anfeu-

ern, Sprechchöre anstimmen und nach gelungenen Szenen applaudieren: Das Wiener Hanappi-Stadion ist die Heim-stätte von Rapid, dem größten Fußball-klub des Landes. Was den grün-weißen Fußballfans nicht bewusst ist: Während sie gebannt dem Geschehen auf dem Ra-sen folgen, halten andere hinter den Ku-lissen die Stellung – unbezahlt und nahe-zu unbemerkt. Es sind ehrenamtliche Sanitäter wie Paul Yulu, Jus-Student mit kenianischen Wurzeln. „Für uns beginnt das Match bereits eineinhalb Stunden vor dem Anpfiff mit der Vorbesprechung“, sagt er.

Funkspruch statt ElFmEtErpFiFFDie beiden Halbzeiten verbringt Paul Yulu in einem kleinen Raum in einer Ecke des Stadions und wartet gespannt. Dort harrt er aber nicht auf Torschüsse und Elfme-terpfiffe, sondern auf Funksprüche seines Einsatzleiters: „Wenn wir erfahren, dass ein Zuschauer umgekippt ist, erreicht eine unserer Gruppen innerhalb von zwei Mi-nuten jeden Punkt der Tribüne.“ Warum er seine Freizeit zur Verfügung stellt, da-mit andere einen sorgenfreien Fußball-Nachmittag genießen können? „Ich arbei-te einfach gerne mit Menschen“, erklärt Yulu, „also bin ich nach meinem Zivil-dienst als Freiwilliger beim Samariter-bund geblieben.“ Er schätzt vor allem das gute Arbeitsklima: „Die Atmosphäre zwi-schen den Kollegen ist super. Ich kann

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Der aus Kenia stammende Paul Yulu und die gebürtige Israelin

Rabiaa Abu-Zeid engagieren sich als Sanitäter und Rettungsfahrerin

beim Samariterbund.

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Ob Rettung, Feuerwehr oder Sportklub: Vereine bieten Migranten ein breites Freizeitangebot und die Gelegenheit, Kontakte zu knüpfen. Warum engagieren sich Zuwanderer dennoch seltener freiwillig? Wie kann die Chance Ehrenamt besser genützt werden?

coverthema

TexT

Valentin Schwarz, Magdalena Deixler und Roland Goiser

Das Hobby im Dienst der guten Sache

Fokus

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

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ehrenamtlich aktiv. Auch Personen mit Geburtsland Türkei oder einem der „neu-en“, osteuropäischen EU-Mitgliedstaaten arbeiten seltener frei-willig. Im Detail zeigt sich, dass Migranten sich vor allem in Orga-nisationen und Verei-nen seltener beteili-gen. Im Privatbereich hingegen, etwa beim

Helfen in der Familie oder Nachbarschaft, liegen Menschen türkischer Herkunft so-gar ganz vorne (Details siehe S. 13).

… im Land der VereinsweLtmeisterLässt sich aus dem geringen Engagement von Migranten in Vereinen schließen, dass sie sich weniger um das Gemeinwohl kümmern? „Nein“, meint Kenan Güngör, Soziologe und Mitglied des Expertenrats für Integration, „es ist völlig normal, dass Migranten sich stärker untereinander un-terstützen.“ Schließlich teilen sie eine ähnliche Lebenssituation und eine ge-meinsame Sprache. Daher dominiere un-ter Zuwanderern das Engagement im Pri-vatbereich und in eigenen Vereinen, etwa mit religiöser Ausrichtung. „Außerdem darf man nicht vergessen, dass Österreich und der deutschsprachige Raum insge-samt Vereinsweltmeister sind“, ergänzt Güngör. Hierzulande wachse man von klein auf fast selbstverständlich ins Vereinsleben hinein – anders als in den Herkunftsländern vieler Zuwanderer. „Dadurch ist die Distanz zwischen Ver-einslandschaft und Migranten deutlich höher als bei der Mehrheitsbevölkerung.“

rettungsfahrerin aus BerufungEine, die die Distanz zu österreichischen Organisationen längst überwunden hat, ist

Engagement für die Gemeinschaft ist etwas Wünschenswertes, ein starkes Zeichen von Integration. Wer bereit ist, sich ohne eine finan-zielle Abgeltung zu engagieren, fühlt sich als Teil der Gemeinschaft. Dieses Engagement ist daher typi-scherweise im ländlichen Raum, wo die Stabilität der sozialen Bezie-hungen noch dominant ist, sehr viel stärker ausgeprägt als in der Stadt. Neuzuwanderer bauen erst Schritt für Schritt soziale Beziehungen mit der aufnehmenden Gemeinschaft auf. Es überrascht daher nicht, dass sie sich seltener in der formellen Freiwilligenarbeit einbringen, also in Organisationen oder Vereinen. Ihr Engagement liegt eher im infor-mellen Bereich, also in der Familie oder der eigenen ethnischen Community. Die Politik hat diesen analytischen Befund zur Kenntnis genommen und instrumentell umgedreht:

Ehrenamtliches Engagement ist nicht nur Folge, sondern Ursache gelungener Integration. Wenn sich zivilgesellschaftliche Einrichtungen der aufnehmenden Gesellschaft öffnen und verstärkt Zugewanderte in ihre Reihen aufnehmen, stärkt das die Integration in doppelter Hin-sicht: Die Migranten knüpfen neue Kontakte mit Menschen außerhalb der eigenen Community, erlangen zusätzliche und oft am Arbeitsmarkt

gefragte Qualifikationen und entwi-ckeln verstärkt ein Gefühl gesell-schaftlicher Akzeptanz und Teilhabe. Die zivilgesellschaftlichen Organisa-tionen wiederum profitieren davon, dass Zuwanderer neue Kompetenzen einbringen und sie damit ihre Aufga-be in einer auch ethnisch vielfältigen Gesellschaft leichter erfüllen können.

Diese politische Strategie ist über-zeugend. Bei einem verstärkten zivilgesellschaftlichen Engagement in Einrichtungen wie der Freiwilligen Feuerwehr, dem Roten Kreuz oder kirchlichen Organisationen profitie-ren alle: die Zugewanderten, die Organisationen und die Gesellschaft durch eine gelungene Integration. Doch bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Erst unlängst meinte der Ge-neralsekretär des Roten Kreuz: „Hier liegt noch Arbeit vor uns.“ In Anbe-tracht der empirischen Befunde sollte man wohl ein „viel“ ergänzen.

LeitartikeL

Ehrenamtliche Arbeit ist nicht nur Zeichen, dass jemand in einer Gesellschaft angekommen ist: Sie beschleunigt dieses Ankommen auch.

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Heinz Faßmann

Von mehr Engagement profitieren alle

Heinz Faßmann ist Vizerektor

der Universität Wien und Vorsitzender des Expertenrats für Integration

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Ich habe zwar einen Deutsch-kurs gemacht, aber so richtig gelernt habe ich die Sprache erst durch die Arbeit beim Samariterbund.

Rabiaa Abu-Zeid, Sanitäterin und Rettungsfahrerin

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hier etwas Sinnvolles tun und fühle mich auch noch wohl dabei.“ Diese doppelt po­sitive Wirkung bestätigt der Freiwilligen­bericht des Sozialministeriums: Ehren­amtliches Engagement sei „nicht nur für Migrantinnen und Migranten nützlich und wertvoll, sondern auch die Aufnah­megesellschaft profitiert nachhaltig da­von“, heißt es da. Einerseits leisten Zu­wanderer in Vereinen einen wertvollen Beitrag zur Lebensqualität im Land. Feu­erwehr und Rettung etwa sind weitgehend von Freiwilligen abhängig. Andererseits können Migranten so Einheimische ken­nen lernen: Den Wunsch nach neuen Kontakten und Freundschaften nennt eine Mehrzahl der zugewanderten Ehren­amtlichen als wichtige Motivation für ihr Engagement (siehe Kasten S. 10).

Gemeinsame Freizeit als ziel„Freizeit ist der wichtigste Integrations­bereich überhaupt“, bestätigt Peter Zell­

mann, Leiter des Instituts für Freizeit­ und Tourismusforschung und Mitglied des Expertenrats für Integration. Diese These kann er mit Zahlen untermauern: Lang­zeitstudien zeigen, dass der Durchschnitts­

Fokus

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

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mensch in Österreich nur rund 14 Prozent seiner Lebenszeit mit Arbeiten oder Aus­bildung verbringt, ein Drittel mit Schlafen. „Der Rest, also mehr als die Hälfte unserer Lebenszeit, entfällt auf soziale und famili­äre Tätigkeiten sowie auf Freizeit“, sagt Zellmann und folgert: „Integrationspolitik, die ein besseres Zusammenleben erreichen will, muss einen Fokus auf diesen Bereich legen.“ Die Herausforderung sieht er da­rin, dass die Freizeitgewohnheiten sich je nach Milieu stark unterscheiden. „Gelingt es aber, die Leute zusammenzubringen, ist der Effekt umso stärker“, sagt Zellmann, „denn Menschen werden am besten be­wegt, etwas zu tun, wenn sie es freiwillig und gerne tun.“ Die Politik solle sich stär­ker um ein Miteinander von Menschen mit und ohne Migrationshintergrund in der Freizeit bemühen.

miGranten seltener aktiv …Ein Blick in die Statistik zeigt jedoch: Mi­grantinnen und Migranten engagieren sich im Schnitt seltener als Einheimische (siehe Diagramm links). Vor allem Men­schen, die im ehemaligen Jugoslawien geboren wurden, sind deutlich weniger

Quelle: BMAsk/FreiwilligenBericht 2009

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Wer engagiert sich ehrenamtlich?In Österreich gebürtige Menschen arbeiten öfter freiwillig als im Ausland geborene.

stAtistik

56,5 %Alte eu-staaten vor 2004

61,4 %Österreich

46,7 %neue eu-staaten seit 2004

37,1 %ex-Jugoslawien

50,0 %türkei

Er packt gerne an, wo Hilfe gebraucht wird: sanitäter Paul Yulu blieb nach dem Zivildienst als Freiwilliger beim samariterbund.

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Schüler zum mitmachen motivierenWie Vereine dieses Potenzial stärker nüt­zen können? „Sie sollten vor allem auf die Schulen zurückgreifen“, sagt Freizeitfor­scher Peter Zellmann, „Vereine könnten sich vorstellen kommen und die Schüler so zum Mitmachen motivieren.“ So wären auch jene Jugendlichen mit Migrations­hintergrund erreichbar, in deren Familien ehrenamtliches Engagement bislang we­nig üblich sei. Auch Soziologe Kenan Güngör sieht die Schule als idealen Ort, um Hemmschwellen abzubauen. Jugend­liche Migranten seien die am besten er­reichbare Zielgruppe: „In der zweiten und dritten Generation haben schon deutlich mehr Leute das Gefühl, dass die etablier­ten Vereine auch ‚ihre‘ Vereine sind.“

„ich habe hier viel gelernt“Sanitäter Paul Yulu ist längst in „seinem“ Verein, dem Samariterbund, verwurzelt. „Ich habe hier viel gelernt“, erzählt er nach Spielende, während die Zuschauer wieder aus dem Stadion strömen, „ich weiß jetzt, wie man mit Menschen in einer Notlage spricht, sie in einer Schocksituati­on beruhigt.“ Der freiwillige Arbeitstag ist

für ihn auch nach dem Abpfiff noch nicht zu Ende: „Unser Job ist erst erledigt, wenn alle Fans weg sind – denn passieren kann bis zum letzten Moment etwas. Danach gibt es noch eine Nachbesprechung.“ Ins­gesamt sei er bei einem größeren Spiel vier bis fünf Stunden im Einsatz.

engagement alS WertWas zeichnet diese Menschen, die ihre Sonntagnachmittage für unbezahlte Ar­beit opfern, aus? „Eine gewisse Selbstdis­ziplin ist natürlich nötig“, antwortet Yulu und lächelt, „aber wenn man gerne hilft, braucht’s dafür keine Überwindung.“ Im Moment habe er weniger Zeit als früher, da er gerade sein Studium abschließe. „Engagement ist auch von den Lebens­umständen abhängig“, sagt der ange­hende Jurist. Dem schließen sich die Ex­perten an: „Die Menschen müssen sich wohlfühlen und ihre Grundbedürfnisse müssen gedeckt sein, damit sie sich in die Gesellschaft einbringen können und wol­len“, meint Kenan Güngör. „Wenn ich gerne in einem Land lebe, bin ich auch bereit, mich zu engagieren“, er­gänzt Peter Zell­mann. Ehrenamt­liche Arbeit stelle einen Wert an sich dar: Schließlich trage sie dazu bei, dem eigenen Leben ei­nen Sinn zu ge­ben. Ob Paul Yulu das ebenfalls so sieht? „Klar“, sagt der ehrenamtliche Sanitäter, „ich fühle mich ja selber auch gut, wenn ich je­mandem geholfen habe.“

reitanS reflexionen

Vom Wert der Freiwilligkeit

Von Claus Reitan, Journalist

Kennen Sie das, wenn ein Handwerker einem Professor eine Anweisung erteilt? Haben Sie schon einmal gehört, wenn ein Arbeiter zu einem Arzt sagt, er soll die C-Schlauch-Spritze holen? Wer das kennt, gehört zu jenen mehr als vierzig Prozent der Bevölke-rung, die als Freiwillige tätig sind. In Kultur- wie in Sportvereinen, in kirchlichen oder religiösen Organisationen wie in einem der Hilfsdienste, die bei Katastrophen bereitstehen. Der Wert freiwilligen Engagements für die Integration kann nicht hoch genug eingeschätzt werden. Warum? Weil die Mitglie-der in den tausenden Vereinen tätig sind, um Freunde zu treffen, um Menschen zu helfen, um Erfah-rungen zu teilen und um Nutzen zu stiften. Das bestätigen Unter- suchungen, wie das Sozialministe-rium zum Europäischen Freiwilligen-jahr 2011 berichtete.

Wesentlich dabei ist: Freiwillige erleben mit anderen Menschen die gemeinsam gestalteten Werte. Ihre gemeinsame Tätigkeit fördert ver-trauensvolle Beziehungen. Genau darum geht es: um Kontakt, Bezie-hung, Vertrauen. Und darum, mög-liche Unterschiede der Herkunft, der Religion oder des sozialen Status für eine gemeinsame Sache aufzuheben. Daher führen in man-chen Musikvereinen die Handwerker den Taktstock. Daher kann ein Ar-beiter als Feuerwehr-Hauptmann einem sonst als Mediziner tätigen Feuerwehrmann sagen, was er zu tun hat. Wir Menschen sind nicht gleichartig, aber jedenfalls gleich-wertig. Das zeigt sich im freiwilligen Engagement. Und es fördert die Integration.

Selbstdisziplin ist natürlich nötig. Aber

wenn man gerne hilft, braucht’s

dafür keine Überwindung.

Paul Yulu, Sanitäter

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„Viele etablierte österreichische Vereine müssen sich umorientieren“, sagt Güngör, „sie brauchen diversitätsorientierte Stra-tegien, um sich zu öffnen.“ Als Anreiz schlägt er Extra-Förderungen für jene Or-ganisationen und Projekte vor, die sich darum bemühen, der neuen Vielfalt in der Gesellschaft gerecht zu werden.

Besondere Kompetenz: sprachKenntnisseDie meisten einheimischen Vereine be-schäftigen sich erst seit kurzem mit der Frage, wie sie die große Gruppe der Zu-wanderer ansprechen können. Das bestä-tigt Elia Meier, Integrationsbeauftragte des Samariterbunds: „Das Thema spielt bei uns seit drei oder vier Jahren verstärkt eine Rolle. Das Bewusstsein ist gestiegen.“ Dabei brächten Ehrenamtliche mit Migra-tionshintergrund zahlreiche sprachliche und kulturelle Kompetenzen mit: „Wir haben schließlich auch unter unseren Klienten viele mit Migrationshintergrund. Gerade die Älteren tun sich oft schwer da-mit, Deutsch zu sprechen. Sie freuen sich darüber, wenn sie mit der Sanitäterin in der Muttersprache sprechen können.“

Rabiaa Abu-Zeid, Sanitäterin und Fah-rerin beim Samariterbund. Wie Paul Yulu ist auch die gebürtige Israelin bei Fußball-matches im Stadion vor Ort. „Wenn wir einen Notfall haben, klären wir zuerst, ob wir die Situation selber lösen können oder eine Notärztin brauchen“, erklärt Abu-Zeid, „in dem Fall versorgen wir die Per-son, bis die Notärztin eintrifft.“ Verletzten zu helfen ist ihr ein persönliches Anliegen: „Ich bin auf den Golanhöhen aufgewach-sen. Als ich elf Jahre alt war, ist mein Vater an einem Herzinfarkt gestorben – weil es auf dem Golan keine Rettung gab“, erin-nert sie sich, „ich wollte deshalb unbe-dingt Rettungsfahrerin werden und habe auch die Ausbildung zur Arzt-Assistentin gemacht.“

JoBchance ehrenamtAls Abu-Zeid schließlich der Liebe wegen nach Österreich kam, engagierte sie sich beim Samariterbund. Zugleich nützte sie die ehrenamtliche Tätigkeit als Integra-tions-Sprungbrett: „Am Anfang hatte ich Angst davor, Deutsch zu sprechen. Ich habe zwar einen Kurs gemacht, aber so richtig gelernt habe ich die Sprache erst durch die Arbeit beim Samariterbund.“ Schließlich gelang es ihr, aus dem Hobby einen Beruf zu machen: Seit vier Jahren ist Abu-Zeid hauptamtlich als Rettungsfah-rerin tätig – was sie nicht davon abhält, an Wochenenden weiterhin freiwillige Diens-te zu machen.

auch Vereine müssen sich öffnenStatistisch gesehen stellt die engagierte Helferin Rabiaa Abu-Zeid jedoch eine Ausnahme dar – und dafür sind auch die Organisationen selbst verantwortlich, kri-tisiert Experte Kenan Güngör: „Sie spre-chen seit Generationen die immer glei-chen Schichten und Milieus an, reproduzieren sich also stark selbst.“ Die Folge sei ein starker Mitgliederschwund:

Immer im Einsatz: Unter der Woche ist Rabiaa Abu- Zeid hauptberufliche Rettungs-fahrerin, am Wochenende ehrenamtliche Sanitäterin.

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FokUS

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

Helfen tut gut: Das gilt laut Freiwilligenbericht (siehe S. 20) für alle Menschen unabhängig von der Herkunft. So gut wie alle Freiwilligen, ob mit österreichi-schen oder ausländischen Wur-zeln, nennen als ein Hauptmotiv für ihr Engagement das Bedürfnis, andere zu unterstützen. Vor allem unter Migranten stark ausgeprägt ist hingegen der Wunsch, neue Kontakte und Freundschaften zu gewinnen: 96 Prozent der tür-kischstämmigen und 82 Prozent der in Ex-Jugoslawien geborenen Freiwilligen nennen dieses Motiv. Auch das Streben nach gesell-schaftlicher Anerkennung treibt vier Fünftel der Migranten mit türkischer und zwei Drittel jener mit ex-jugoslawischer Herkunft an. Umgekehrt nennen Zuwande-rer seltener als Einheimische den Antrieb, als Ehrenamtliche Lebenserfahrung sammeln oder schlicht Spaß haben zu wollen.

Warum migranten sich engagieren

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mir immer wichtig, Jugendliche mit Migra-tionshintergrund zu unterstützen und ih-nen Mut zu machen. So bin ich beim Roten Kreuz gelandet. Als Lernbuddy helfe ich Kindern aus benachteiligten Familien beim Deutschlernen und mache als Mediatorin Workshops in Klassen zu Themen wie Inte-gration, Rassismus und Vorurteile.

Was würden Sie Jugendlichen ra-ten, die sich engagieren wollen?Kaltak: Sei neugierig und vielseitig, bring dich und deine individuellen Fähigkeiten ein. Jeder Verein lebt von Vielfalt!Stijaković (lacht): Komm bei uns vorbei!

aufgewachsen. Bis vor einigen Jahren hatte ich kaum Kontakt mit Austro-Serben und wusste nichts über serbische Traditionen. Mein Engagement in der Österreichisch-Serbischen Gesellschaft hat mir dabei ge-holfen, diesen Teil meiner Identität kennen zu lernen.

Frau Kaltak, Sie engagieren sich beim Roten Kreuz für Kinder aus benach-teiligten Familien. Wie sind Sie dazu ge-kommen und worin besteht Ihre Arbeit?Kaltak: Ich bin als Flüchtlingskind ohne Deutschkenntnisse nach Österreich ge-kommen. Wegen dieser Erfahrung war es

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Aida Kaltak (21) hat serbische Wurzeln und ist beim Roten Kreuz ehrenamtlich als Lernbuddy sowie als Mediatorin tätig.

Nach einer Eingewöhnungszeit in Österreich wäre es sinnvoll, sich in einem einheimi- schen Verein zu engagieren.

Wer engagiert sich in welchem Bereich? Einheimische engagieren sich eher in Organisationen, Migranten eher im Privatbereich: Das zeigen die Zahlen des Freiwilligenberichts. Im Bereich der Nach-barschaftshilfe sind Menschen mit tür-kischem Geburtsland sogar die aktivsten. Umgekehrt sind Zuwanderer deutlich sel-tener in Organisationen aktiv – und wenn, dann meist in eigenen Vereinen. Die große Zahl von Islam-Vereinen ist laut Experte Kenan Güngör ein Grund, warum Türken mit 25 Prozent einen höheren Organisati-onsgrad aufweisen als Ex-Jugoslawen: Letztere seien in der Mehrheit Christen und könnten daher an bestehende einhei-mische Vereinigungen andocken. Die über-wiegend muslimischen Türken müssten hingegen neue Vereine gründen.

in Organisationen, z. B. Vereinen im Privatbereich, z. B. Nachbarschaft

Quelle: BMASK/FreiWilligeNBericht 2009

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ZAhleN & FAKteN

Wer engagiert sich in Welchem Bereich?Freiwillige Arbeit nach Geburtsland

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Manche loben sie als wichtige Ein­stiegshilfe für Neuzuwanderer, an­dere sehen in ihnen Zeichen der

Abschottung: Die Rolle von Migranten­vereinen für die Integration ist umstritten. Wir haben zwei Insider um ihre Meinung gefragt.

Viele Migranten engagieren sich – allerdings nicht in traditionell österrei-chischen Organisationen, sondern in Migrantenvereinen. Warum ist das so?Stijaković: Vielen Migranten haben keine Anknüpfungspunkte zu traditionellen Ver­einen wie der Feuerwehr. Ihnen fehlen die Informationen darüber, wie man sich enga­gieren kann. Für andere ist es schlicht eine zu große Überwindung, sich in einem für

sie völlig unbekannten Bereich einzubrin­gen. Einige Migranten schaffen es trotz­dem: Kinder eines Bekannten von mir sind zum Beispiel bei den Wiener Sängerknaben.Kaltak: Gerade in letzter Zeit explodiert au­ßerdem die Berichterstattung zum Thema Freiwilligenarbeit. Langfristig werden sich hoffentlich mehr Migranten in österreichi­schen Vereinen engagieren.

Muss man denn in einem österrei-chischen Verein engagiert sein, um da-zuzugehören?Kaltak: Es gibt viele Möglichkeiten, sich in unsere Gesellschaft zu integrieren, aber na­türlich ist das freiwillige Engagement ein erster, wichtiger Schritt. So lernt man das Land und die Leute schneller kennen und kann auch zum Brückenbauer zwischen den Kulturen werden.Stijaković: Sicher hilft es bei der Integration, wenn man Kontakt mit Österreichern hat. Aber ich denke, dass das Engagement auch mit den eigenen Interessen übereinstimmen sollte. Leute zu zwingen, zu einem Verein zu gehen, nur um dabei zu sein – das hat doch nichts mit gelungener Integration zu tun.

Herr Stijaković, Sie sind in der Österreichisch-Serbischen Gesellschaft

aktiv. Solche ethnisch geprägten Mi-grantenvereine werden oft als integrati-onshemmend kritisiert. Stijaković: Das sehe ich nicht so. Man muss verstehen: Viele dieser Vereine richten sich speziell an ältere Personen. Die fühlen sich unter Landsleuten zu Hause. Die Vereine bieten ihnen eine Nostalgiewelt, die außer­halb gar nicht mehr existiert. Meine Orga­nisation ist im Gegensatz dazu offen gegen­über Neuem und bemüht sich, beide Traditionen – die österreichische und die serbische – zu leben und zu pflegen. Bei un­serem traditionellen Ball in Wien wird zum Beispiel Wiener Walzer und serbische Folk­lore getanzt. Wir laden auch Menschen aus allen Communitys ein, bei unseren Veran­staltungen vorbeizuschauen.Kaltak: Ich kann schon verstehen, dass Mi­grantenvereine vor allem für Menschen wichtig sind, die erst kurz in Österreich sind. Doch nach einer gewissen Eingewöh­nungszeit wäre es sinnvoll, neue Wege ein­zuschlagen und sich in einem einheimi­schen Verein zu engagieren. Ein wichtiger Schritt könnte es sein, den Austausch zwi­schen einheimischen und Migrantenver­einen zu intensivieren.Stijaković: Also für mich war das umge­kehrt: Ich bin in Österreich geboren und

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Kontroverse

Migranten gründen oft eigene Vereine, statt sich in öster-reichischen zu engagieren. Warum das so ist und ob Migranten- vereine die Integration hemmen, hat ZUSAMMEN:ÖSTERREICH zwei Ehrenamtliche gefragt.

INTERVIEW

Franziska Troger

Wann gehörtman dazu?

Alexander Stijaković (24) engagiert sich in der

Österreich-Serbischen Gesellschaft im Bereich

Jugend.

Migrantenvereine richten sich oft an

ältere Personen, die sich unter Landsleuten

zu Hause fühlen.

FoKuS

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

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Zusammen:Österreich 015

Ich fühle mich

nicht als Heldin.

Ehrenamt ist

für mich eine

Selbstverständ-

lichkeit. Mitra Swirak,

Lernbetreuerin

Die paar Stunden fürs Ehrenamt kann jeder abzweigen, der das auch möchte.

Daniela Megyesi, Familienpatin

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W ie es ist, als Kind ohne Deutsch-kenntnisse nach Österreich zu kom-

men, weiß Mitra Swirak aus eigener Erfah-rung. Als Sechsjährige kam die Iranerin in eine Wiener Volksschule. „Ich habe kein Wort verstanden und mich geschämt“, er-innert sie sich, „bei Leseübungen tat ich so, als würde ich mitlesen.“ Eine Nachhilfeleh-rerin führte sie schließlich ins lateinische Alphabet ein. „Plötzlich haben die Buch-staben Sinn ergeben. Mir hat sich eine neue Welt eröffnet!“ Erfahrungen wie die-se ermöglicht Swirak heute ihrerseits jun-gen Menschen: Die pensionierte Büro-kauffrau ist freiwillige Lernbetreuerin im Caritas-Lerncafé in Korneuburg. „Manch-mal braucht’s nur etwas Schwung, um Po-tenzial zu entfalten“, weiß sie. Als Heldin fühlt sich Swirak nicht: „Ehrenamt ist für mich eine Selbstverständlichkeit.“

Mitra Swirak, 62 Die Lernbetreuerin gibt

jene Unterstützung weiter, die ihr als Kind weiterhalf

Ob Gedichte lernen, Hausaufgaben machen oder im Garten spielen: Da-

niela Megyesi macht all diese Dinge regel-mäßig, aber nicht mit ihren eigenen Kin-dern. Als Patin betreut sie für das Hilfswerk eine tschetschenische Familie in St. Pölten. „Ich besuche sie alle vierzehn Tage und greife den Eltern etwas unter die Arme“, sagt die hauptberufliche Prokuristin unga-rischer Herkunft. „Mein Vater ist früh ver-storben, meine Mutter musste als Allein-erzieherin viel arbeiten. Ich hätte mir als Kind oft gewünscht, dass jemand meine Mutter entlastet und Zeit mit mir ver-bringt“, erklärt Megyesi die Motivation für ihr Engagement. Wie sie Beruf und Ehren-amt verbindet? „Ich habe zwar immer ei-nen vollen Kalender, aber die Treffen sind ja am Wochenende. Die paar Stunden kann jeder abzweigen, der das auch möchte.“

Daniela Megyesi, 30 Die Familienpatin unter-

stützt Zuwanderer bei den Herausforderungen des Alltags

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014 Zusammen:Österreich

Fokus

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

D ie Liebe führte Jamal Alsantali aus Syrien nach Österreich: Der Hotel-

manager aus Aleppo heiratete letztes Jahr eine Wienerin. Um hier seine Qualifikati-on einbringen zu können, lässt er seinen Abschluss anerkennen – doch das dauert. Die Wartezeit verkürzt sich Alsantali, in-dem er ehrenamtlich bei der „Wiener Tafel“ mitarbeitet. „Ich fahre zwei- bis dreimal pro Woche gespendete Lebensmittel aus“, sagt er. Die „Wiener Tafel“ rettet täglich bis zu drei Tonnen genießbarer Nahrung vor dem Müll und verteilt sie an Sozial-einrichtungen wie die Gruft oder Frauen-häuser. Und wenn Alsantalis Ausbildung einmal offiziell anerkannt ist und er einen Job hat? „Dann werde ich mich trotzdem weiter engagieren“, sagt er, „wir arbeiten schließlich genau dort, wo Hilfe gebraucht wird. Das ist ein gutes Gefühl.“

Jamal Alsantali, 30 Während er seine Ausbildung

anerkennen lässt, engagiert sich der Hotelfachmann für Bedürftige

Sie engagieren sich in ihrer Freizeit für Kinder, Tiere oder im Sozialbereich: Sechs ehrenamtliche Migranten im Portrait.

Migranten-Portraits

TexT

Aleksandra Klepic

Helden des Alltags

Ich fahre zwei-

bis dreimal pro

Woche gespendete

Lebensmittel aus.

Jamal Alsantali,

Ehrenamtlicher bei der „Wiener Tafel“

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Zusammen:Österreich 017

In ihrer Freizeit pfeift Ivana Budim Fouls, gibt Einwürfe und zückt manchmal die

Gelbe Karte: Die gebürtige Kroatin enga-giert sich als Schieds- und Linienrichterin in der Wiener Fußball-Nachwuchsliga. „Ich liebe Fußball und die Arbeit mit Kin-dern. Daher bin ich gerne mit den Kleins-ten auf dem Platz“, sagt die hauptberuf-liche Kindergartenpädagogin. Wie es ihr als Frau in der männlich dominierten Fußballwelt ergeht? „Wenn den Spielern – oder ihren Eltern – eine Entscheidung nicht passt, krieg ich das zu hören. Da ist es egal, ob ich Frau oder Mann, Österrei-cherin oder Kroatin bin.“ Einen Unter-schied machen hingegen ihre Sprach-kenntnisse: „Immer mehr Spieler haben einen Migrationshintergrund. Da hilft es oft, wenn ich verstehe, ob sie sich nur auf-ziehen oder gleich explodieren.“

Ivana Budim, 24 Dank ihrer Sprachkenntnisse

bekommt die Schiedsrichterin am Platz mehr mit

Wenn den Spielern eine Entscheidung nicht passt, krieg ich das zu hören – egal, ob ich Frau oder Mann, Österreicherin

oder Kroatin bin. Ivana Budim, Schiedsrichterin der Nachwuchsliga

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016 Zusammen:Österreich

Fokus

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben Gutes passiert nur,

wenn man es tut.

Özgür Catikkas, Gründer

der „Futterbox Österreich“

Vor gut einem Jahr habe ich einen Ar-tikel über eine Familie gelesen, die

ihren Hund weggeben musste, weil sie sich das Futter nicht mehr leisten konn-te“, erzählt Özgür Catikkas, „da wusste ich: So etwas will ich verhindern.“ Der türkischstämmige Lehramtsstudent grün-dete den Verein „Futterbox Austria“, der Futterspenden und Tierzubehör sammelt und diese an bedürftige Tierhalter weiter-gibt. „Wir sind wie die Wiener Tafel für Tiere“, sagt Catikkas. Zur bisherigen Aus-gabestelle in St. Pölten kommen im Herbst zwei weitere in Wien. Möglich macht der Tierfreund, dessen ständiger Begleiter sein Hund Milo ist (siehe Foto), all das ausschließlich mit freiwilligen Hel-fern. „Wir suchen immer neue Spender und Mitarbeiter“, meint Catikkas, „denn Gutes passiert nur, wenn man es tut.“

Özgür Catikkas, 28 Der Student vereint

in seiner Freizeit soziales Engagement und Tierliebe

Ihre Freizeit verbringt Anna Jentzsch mit stundenlangen Telefonaten. Doch die ge-

bürtige Polin plaudert nicht mit Freunden, sondern unterstützt verzweifelte Unbe-kannte: Die Telefonseelsorgerin steht allen zur Verfügung, die sonst mit niemandem sprechen können oder wollen. „Anfangs habe ich gezweifelt, ob ich das kann“, denkt Jentzsch zurück. Doch die einjährige Ausbildung und Übung in der Fremdspra-che Deutsch gaben ihr Sicherheit. „Meine Arbeit besteht darin, zuzuhören“, erklärt sie, „das löst die Probleme der Anrufer zwar nur selten, erleichtert ihnen aber die Last.“ Warum die Frau eines Deutschen, mit dem sie in Österreich einen Verlag führt, sich unbezahlt der Sorgen anderer Leute annimmt? „Für mich ist es wichtig, anderen Menschen zu helfen. Vielen nützt es, sich jemandem anvertrauen zu können.“

Anna Jentzsch, 45 Verzweifelten zuzuhören

ist ihr Beitrag für ein besseres Zusammenleben

Für mich ist

es wichtig,

anderen

Menschen

zu helfen. Anna Jentzsch,

Telefonseelsorgerin

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Ehrenamt: Wer profitiert davon? 02 Die

Volkswirtschaft

Die Freiwilligen in Österreich leisten 720.000.000 freiwillige Arbeitsstun-den pro Jahr. Das entspricht rund 425.000 Vollzeit-Jobs.4.700.000.000 Euro pro Jahr ersparen sich die Österreicher dank der Ehrenamtlichen in Organisationen, etwa der Feuerwehr oder im Kultur- und Sportbereich. So viel würde die freiwillige Arbeit kosten, wenn sie mit dem Durchschnittslohn bezahlt würde.

03 JeDe unD JeDer einzelne

Ein großes Freizeitangebot bieten die 117.000 österreichischen Vereine, von Sport über Musik hin zu Tierschutz. Heu-te gibt es knapp dreimal so viele Vereine wie noch vor 50 Jahren.Auch die Freiwilligen selbst profitieren: Als Grund für ihr Engagement geben je 90 Prozent an, dass sie anderen helfen möchten und dass die Arbeit Spaß mache. Ehrenamtliche mit Migrationshintergrund nennen neben dem Bedürfnis zu helfen be-sonders häufig den Wunsch, neue Freunde und Kontakte zu finden. Vereinzelt hoffen sie auch darauf, auf diese Art einen Job zu finden.

Zusammen:Österreich 019

02 Ein Hochwasser wie im Juni käme für die

Österreicher ohne freiwillige Helfer noch viel teurer.

Quellen: BMASK/Freiwilligenbericht 2009, BMASK/Freiwilliges Engagement in Österreich 2012, FH Salzburg, Caritas Österreich, Rotes Kreuz, Bundesfeuerwehrverband, NPO-Kompetenz-zentrum der WU Wien

0303 Sportvereine sind zugleich Orte der Freizeit und der Begegnung.

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Zahlen und Fakten

Fast jeder Zweite in Österreich engagiert sich in der Freizeit. Wer tut was – und wer hat etwas davon?

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Valentin Schwarz

Ehrenamt: Wer profitiert davon?

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01 die GesellschaFt

Österreich ist ein Land des ehrenamts: 46 Prozent der über 15-Jährigen engagieren sich freiwillig. Damit liegt Österreich doppelt so hoch wie der eU-Schnitt (23 Prozent) und auf Platz 1 in europa.58 Prozent geben in Wien an, freiwillig zu arbeiten. Die Hauptstadt liegt damit im Bundesländervergleich ganz vorne. Das ist auf den hohen Anteil an informellem engagement zurückzuführen, etwa bei der Pflege von Angehörigen, Reparaturen oder privater, unbezahlter Nachhilfe.Platz 1 in der formellen Freiwilligenarbeit geht an Salzburg. 39 Prozent sind dort in Organisationen und Vereinen aktiv. Auf Platz 2 folgt tirol mit 33 Prozent, Schluss-licht ist Niederösterreich mit 17 Prozent.256.000 aktive Mitglieder hat die Feuer-wehr als größte Freiwilligenorganisation. Die Caritas kann auf 27.000 und das Rote Kreuz auf 56.000 ehrenamtliche zurück-greifen. Sie und die zahlreichen engagier-ten in anderen Sozial- und Rettungsorga-nisationen sorgen für eine hochwertige und dichte Versorgung der Bevölkerung.

Fokus

Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

018 Zusammen:Österreich

01 ob bei Waldbränden oder Notfällen am

Berg: Ehrenamtliche sind in Österreich

rasch zur stelle.

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Begriffe, die in den deutschen Sprachraum ein- oder aus diesem ausgewandert sind.

Begriffe mit migrationshintergrund

Wortwanderung

Kennen Sie weitere Begriffe mit Migrations-hintergrund? Schreiben Sie uns an:magazin@ integrationsfonds.at!

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Österreichischer Integrationsfonds Redaktion ZUSAMMEN:ÖSTERREICH Schlachthausgasse 30 1030 Wien

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Die Schule kam übers Lateinische in unsere Sprache, stammt aber ursprünglich vom griechischen scholé oder ab. Was Schüler überraschen könnte: Das griechische Original heißt übersetzt Ruhe oder Muße.

Der Rucksack wanderte bereits im 19. Jahrhundert über den Ärmelkanal und existiert seither als rucksack im Eng-lischen. Umgekehrt erweitert der backpacker oder Ruck-sacktourist neuerdings den deutschen Wortschatz.

Der Streber ist als štreber auch in bosnischen, kroatischen und serbischen Schulklassen nicht allzu beliebt. Als Erwach-sener wird er hoffentlich nicht zum besservisseri, der in Finnland keinen guten Ruf hat.

Zum Glück wandern jedoch nicht nur negative Begriffe aus dem Deutschen aus: Als wunderkind wird auf Englisch ein künstlerisch hochbegabter junger Mensch bezeichnet.

Die Brille sorgt auf Tschechisch und Slowakisch als brýle für einen scharfen Blick.

Die Schlafmütze hat im Polnischen als szlafmyca die-selbe Doppelbedeutung wie im Deutschen: Sie bezeichnet sowohl den Morgenmuffel als auch das etwas aus der Mode geratene Kleidungsstück.

Das Handy ist nur schein-bar ein englischer Zuwanderer: handy bedeutet dort nicht Mobiltelefon, sondern prak-tisch oder handlich. Eine mög-

liche Erklärung führt diese Sprachverwirrung auf Zeiten zurück, als Telefone noch Kabel hatten: Damals bezeich-nete Handy unter deutsch-sprachigen Amateurfunkern bestimmte Hand-Funkgeräte.

Zettel flattern wohl durch Schulklassen in aller Welt. In Ungarn tun sie das als cetli.

Herbst 2013

Sie zeigen’S vorSechs Migranten erklären, warum sie sich engagierenUnSere Kinder fit

für vielfalt machenMusterprojekt im Burgenland

stärkt Zusammenleben in

Kindergärten und Schulen

Vereine als Orte der Begegnung:

So werden Zuwanderer zu

Stützen der Gesellschaft

Sinnvoll engagieren – zUSammenleben mitgeStaltenÖ

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Stipendium für engagierte Schüler Das START-Stipen-dium fördert Schülerinnen und Schüler mit Migrati-onshintergrund aus wenig privilegierten Familien mit Zu-schüssen zu Bil-dungsausgaben so-wie Seminaren und Coachings. www.start-stipendium.at

preiS für erfolgreiche migrantinnen

Auch 2014 wird in mehreren Katego-rien der MiA-Award für erfolgreiche Frauen mit Migrati-onshintergrund ver-geben. Nominie-rungen sind bis 30. November möglich. www.mia-award.at

WiSSenSportal zu migration und integration Die „Medien-Ser-vicestelle Neue Österreicher/innen“ bietet frei zugäng-liche Dossiers zu vielfältigen As-pekten wie Arbeit, Bildung oder Ge-sundheit sowie eine umfangreiche Sammlung von Stu-dien. www.medien servicestelle.at

020 Zusammen:Österreich

zum thema freizeit im Allgemei-nen und ihrer großen Rolle für Gesell-schaft und Integration im Besonderen arbeitet das Institut für Freizeit- und Tourismusforschung. Mehr Infos unter www.freizeitforschung.at

mit Vereinen und organisationen, also dem formellen Bereich der Freiwilli-genarbeit, beschäftigt sich das NPO (Non-Profit-Organisationen)-Kompetenz-zentrum der Wirtschaftsuni Wien. Zum Angebot zählen Forschung, Workshops und Seminare. Mehr Infos unter www.wu.ac.at/npo

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Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben

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ehrenamtliche telefonberater in ober- österreich mit Bosnisch/Kroatisch/Serbisch- oder Türkischkenntnissen suchen die Telefon-seelsorge und das IZ Oberösterreich. Eine unverbindliche Infoveranstaltung findet am 9. Oktober in Linz statt. Mehr unter www.integrationsfonds.at/oberoesterreich

erste-hilfe-trainer für migrantenvereine bildet das Wiener Rote Kreuz im Projekt PRO-TECT aus. Die Freiwilligen werden kostenlos zu „Hilfe im Notfall“-Trainern ausgebildet und hal-ten danach selbstständig Workshops. Infos und Anmeldung unter blog.roteskreuz.at/protect

Sie wollen mehr wiSSen?Weitere Hintergründe, Fakten und Lesetipps zum Thema Engagement, Ehrenamt und Zusammenleben haben wir Ihnen hier zusammengestellt.

service & Diverses

aktuelle zahlen und fakten zum Thema Ehrenamt finden Sie in der Studie „Freiwilliges Engagement in Österreich“ des Sozialministeriums von 2012. Dieses hat auch den gut 200 Seiten starken Freiwilligenbe-richt 2009 veröffentlicht. Beide Publikationen finden Sie online unter www.bmask.gv.at

Soziales Freiwilliges Engagement Freiwilliges Engagement in Österreich

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sagt Birgit Prochazka. Sie ist Leiterin des Projekts „Miteinanders – Vielfalt erleben“, das vom Europäischen Flüchtlingsfonds, dem Land Burgenland und dem Bundes-ministerium für Inneres kofinanziert wird.

Workshops für jedes AlterProchazka bietet Workshops in Kinder-gärten und Schulen an, die Themen wie Migration, Flucht, Vorurteile, und Men-schenrechte aufbereiten – stets maßge-schneidert auf Alter und Situation in der Klasse oder Gruppe: „In Volksschulen spielen wir beispielsweise häufig das Spiel ‚Reise nach Jerusalem‘ – jedoch mit eige-nen Regeln“, erzählt die Projektleiterin, „wir nehmen zwar in jeder Runde einen Sessel weg, aber trotzdem müssen alle einen Platz finden.“ So müssen die Kin-der zusammenrücken und aufeinander achtgeben. Was im Workshop spielerisch erarbeitet wird, soll im wirklichen Leben ganz natürlich funktionieren. „Je früher wir damit beginnen, Kinder zu sensibili-sieren, desto größer sind die Chancen auf ein erfolgreiches Zusammenleben.“

plAtz für eigene geschichtenAb der fünften Schulstufe stehen Dis-kussionen im Zentrum. In Mattersburg etwa, wo 15 Prozent der Einwohner aus-ländischer Herkunft sind (siehe Interview rechts), nützt Prochazka die Popularität des lokalen Bundesligaklubs SV Matters-burg: „Viele Kinder sind Fans. Um sie an-zuregen, über das Thema nationale Identi-

intervieW

„Grundprinzip: Menschenrechte und Offenheit“

Im Interview: Ingrid Salamon, Bürgermeisterin

Welche Integrationsherausforde-rungen gibt es in Mattersburg?

Unter unseren 7.750 Ein-wohnern sind 48 Nationalitäten vertreten. Alleine diese Zahlen zeigen, dass Integration auch in Mattersburg eine Herausforderung darstellt.

Welche Maßnahmen setzen Sie, um das Zusammenleben zu verbessern?

Zum einen haben wir einen eigenen Integrationsausschuss im Gemeinderat, der sich mit diesen Themen befasst. So haben wir bei-spielsweise in einer Wohnhausan-lage, in der es angeblich Konflikte zwischen Inländern und Migranten gab, Streetworker eingesetzt, um die Bewohner zu befragen. Dabei hat sich herausgestellt, dass diese die Lage als deutlich besser wahr-nehmen als von den Medien darge-stellt. Es gibt kaum Sprachbarrieren und die Konflikte, die vorkommen, haben vor allem mit Kindern zu tun, die für manche zu laut im Hof spie-len. So etwas kann überall vorkom-men und hat nichts mit der Frage Migrant oder Inländer zu tun. Sehr gut finde ich auch das Projekt „Mit-einanders – Vielfalt erleben“, das die Caritas in einigen unserer Schu-len durchführt. Es ist wichtig, schon bei Kindern Toleranz zu schaffen.

Was empfehlen Sie Amtskollegen, die das Zusammenleben in ihren Gemeinden verbessern wollen?

Die Situation ist von Gemeinde zu Gemeinde verschieden. Mein Grundprinzip ist: Menschenrechte wahren und offen sein.

ServIce & unterStütZunG

Das Projekt „Miteinanders – Vielfalt erleben“ wird durch den Europäischen Flüchtlingsfonds, das Land Burgen-land und das Bundesministerium für Inneres kofinan-ziert. Im Bundes- ministerium für Inneres sind das Referat III/5/a – „Förderungen, Asyl und Rückkehr“ sowie die Abteilung V/3 – „Förderungen Integration“ für die Abwicklung des Europäischen Integrations- und Flüchtlingsfonds in Österreich ver-antwortlich.

Der Österreichische Integrationsfonds, Team Europäische Fonds, unterstützt das BM.I bei der Fondsabwicklung und ist als Anlauf- und Servicestelle mit der Bereitstel-lung von Informa-tion für Projekt-interessierte sowie Verwaltung und Kontrolle der aus-gewählten Projekte beauftragt. Mehr In-formationen zu den Europäischen Fonds und zur Antragstel-lung finden Sie auf: www.bmi.gv.at/cms/BMI_Fonds und www.integra tionsfonds.at/euro paeische_fonds.

„Wir wollen dazu beitragen, dass kulturelle Vielfalt einen fixen Platz im Schulalltag bekommt“, sagt Projektleiterin Birgit Prochazka.

Zusammen:Österreich 023

tät nachzudenken, stellen wir Fragen wie: Wenn ihr für ein Land spielen würdet, das nicht euer Herkunftsland ist, würdet ihr die Landeshymne singen? Auch für per-sönliche Migrationsgeschichten ist Platz. „Einmal hat eine Schülerin erzählt, dass sie im Bauch ihrer Mutter, die schwanger vor dem Jugoslawienkrieg flüchtete, nach Österreich gekommen ist“, erinnert sich Prochazka, „obwohl die Schüler bereits vier Jahre lang in eine Klasse gegangen waren, hatte niemand die Geschichte ge-kannt.“ Berührende Momente wie die-se seien es, die eine Klasse zusammen-schweißen, sagt Prochazka, „und genau das ist unser Ziel.“

ziel: im schulAlltAg verAnkernDie Workshops dienen zudem der Un-terstützung der Lehrerinnen und Lehrer. „Aus Angst, etwas falsch zu machen, wird kulturelle Vielfalt im Schulalltag häufig ignoriert“, meint Prochazka, „wir wollen dazu beitragen, dass sie einen fixen Platz im Bildungssystem bekommt. Vielfalt ist ein Kennzeichen des menschlichen Zusam-menlebens, kein Zustand, der sich wieder ändern wird. So kann es gelingen, dass wir das Thema als Chance begreifen lernen.“

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Auf Platz 1 liegen die Ungarn, es folgen Deutsche und Rumänen: Im Burgenland dominieren ande-

re Migrantengruppen als in Rest-Öster-reich, wo Menschen aus Ex-Jugoslawien und der Türkei stark vertreten sind. Damit aus dieser ganz eigenen Vielfalt keine Konflikte entstehen, hat die Caritas Ei-senstadt das Projekt „Miteinanders –Viel-falt erleben“ ins Leben gerufen. „Ziel ist es, Kindern und Jugendlichen zu zeigen, dass unterschiedliche Sprachen und Kul-turen in ihrem Umfeld eine Chance sind“,

022 Zusammen:Österreich

Das Spiel „Reise nach Jerusalem“ mit neuen Regeln: Niemand scheidet aus, jedes Kind soll immer einen Platz finden.

Spielen mit den Kleinen, diskutieren mit den Älteren: Ein Caritas-Projekt fördert in burgenländischen Kindergärten und Schulen den Umgang mit kultureller Vielfalt.

Damit alle einen Platz finden

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Magdalena Deixler

IntegratIon vor ort

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

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Nach der Hauptschule wollte Ekici in die Han-delsschule gehen. Bei der Aufnahmeprüfung er-reichte er sogar genug Punkte für die ma-turaführende Handelsakademie. „Doch ich wurde abgelehnt – Platzmangel, sagten sie mir“, erinnert er sich. Doch Ekici ließ sich nicht entmutigen, besuchte die Han-delsschule mit Aufbaulehrgang und ma-turierte schließlich 2003. Der Wunsch, selbst Lehrer zu werden, entstand früh: „In der Hauptschule hat ein Lehrer ein-mal gefragt, wer sich vorstellen könnte, eines Tages selber zu unterrichten. Ich war der Einzige, der aufgezeigt hat.“ Folglich entschloss sich Ekici, nach der Matura Geschichte und Sport auf Lehramt zu stu-dieren – scheiterte aber am rhythmischen Teil der Aufnahmeprüfung zum Sportstu-dium. Also erfüllte er stattdessen einen Traum seiner Mutter: Als Reinigungskraft in einer Bank hatte sie sich immer ge-wünscht, dass auch ihr Sohn eines Tages einer der elegant gekleideten Herren sein würde, deren Tische sie täglich putzte. „Ich wurde also Banker“, sagt er, „aber ich habe mir nie den Tisch putzen lassen – aus Prinzip.

Herr ekici und „Volki“Nach zwei Jahren erzählte ihm ein be-freundeter Lehrer, dass an seiner Berufs-schule Lehrer gesucht würden – und dass Berufspraxis ausreiche, um beginnen zu können: „Also hab ich’s einfach versucht und wurde genommen.“ Seit vier Jahren steht Ekici nun in der Klasse und studiert

daneben Berufsschulpä-dagogik. Seine Bachelor-arbeit über Integration durch Sport möchte er

nächsten Sommer einreichen. „Mir per-sönlich hat Fußball sehr bei meiner In-tegration geholfen“, erinnert sich Ekici, „ich habe mir immer Vereine ausgesucht, in denen Deutsch die ,Amtssprache‘ war.“ Heute ist der Lehrer für Rechnungswesen, Schriftverkehr und politische Bildung auch Sportreferent seiner Schule. Jeden Mittwochmorgen spielt er Fußball mit seinen Schülern. „In der Klasse bin ich Herr Ekici, die Respektsperson. Am Fuß-ballplatz ist das anders: Da dürfen mich die Schüler auch ‚Volki‘ nennen.“

erfolgsrezept: respekt und scHmäHSeinen Schülern, von denen 80 Pro- zent Migrationshintergrund haben, möch-te Ekici ein Vorbild sein und zeigen, dass sie vieles schaffen können. Sein Erfolgsre-zept? „Mein Motto im Unterricht ist gegen-seitiger Respekt – und eine Prise Schmäh.“ Seine positive Einstellung vermittelt er seit kurzem als ZUSAMMEN:ÖSTERREICH-Integrationsbotschafter (siehe Kasten) auch in anderen Schulen: „Mein Weg zum Leh-rer war lang und nicht immer einfach, aber ich hab’s geschafft. Jetzt will ich an-dere auf ihrem Weg unterstützen!“

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Die integrations-botschafter

„Zusammen:Österreich“ ist nicht nur der name dieses magazins, sondern auch eines Projekts von staats-sekretär sebastian Kurz und dem Österreichischen integrationsfonds. mehr als 300 gut integrierte migran-ten besuchen als in-tegrationsbotschaf-ter schulen in ganz Österreich, um ihre persönliche erfolgs-geschichte zu er-zählen und mit den Kindern und Jugendlichen zu diskutieren. Über 15.000 schüler profitierten bisher davon.

Das Projekt setzt heuer unter dem motto „Deine chance!“ einen schwerpunkt auf das thema Berufs-ausbildung. Ziel ist es, junge mi-granten, die bislang an Berufsschulen unterrepräsentiert sind, auf ihre Kar-rierechancen in Österreich aufmerk-sam zu machen. www.zusammen-oesterreich.at

WISSEN

Volkan Ekici lebt seit 1990 in Wien. Der heute 33-jährige sohn türkischer einwanderer ist Berufsschullehrer und seit seiner Kindheit leidenschaftlicher Fußballer.

in der Klasse bin ich herr ekici, am Fußballplatz dürfen mich die schüler auch „Volki“ nennen.

Volkan ekici, Lehrer und integrationsbotschafter

einst verstand er „nix Deutsch“, heute

unterrichtet Volkan Ekici an einer Berufsschule.

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M eine ersten Worte auf Deutsch waren ‚Nix Deutsch!‘“, erinnert sich Volkan Ekici lachend. Auch

das Datum des Tages, an dem er als Zehn-jähriger nach Österreich kam, weiß der heute 33-jährige Berufsschullehrer noch genau: Am 21. September 1990 folgten Ekici und seine Schwester ihren Eltern nach Wien. Diese waren gut eineinhalb Jahre zuvor als Gastarbeiter nach Öster-reich gezogen, um ihren Kindern eine bes-sere Zukunft bieten zu können.

Deutsch lernen am Fussballplatz„Die vierte Klasse Volksschule habe ich dreimal gemacht“, erzählt Ekici, „einmal in der Türkei und zweimal in Österreich.“ Der Grund für die Extra-Runden war die Sprache. Während zu Beginn noch tür-kische Klassenkollegen für ihn übersetzen mussten, übernahm Ekici bald selbst die Rolle des Dolmetschers zwischen Lehre-rin und neuen Mitschülern. Eine große Hilfe beim Deutschlernen war sein größ-tes Hobby: „Ich habe den Großteil meiner Kindheit auf dem Fußballplatz verbracht. Meine Freunde waren Serben, Kroaten, Österreicher und Türken. Die Sprache, die wir alle konnten, war Deutsch.“

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Auf Umwegen hat Volkan Ekici es zu seinem Traumberuf Lehrer geschafft. Heute motiviert er seine Schüler in der Klasse wie am Fußballplatz, ihre Ziele hartnäckig zu verfolgen.

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Magdalena Deixler

024 Zusammen:Österreich

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

Vom Sitzenbleiber zum Klassenvorstand

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Ausblick

ÖIF-Termine

Salzburg: Was bedeutet für dich Zuhause? Die-se Frage stellt der ÖIF im Rahmen des

Kreativwettbewerbs „Dahoam in Soizburg?!“ Jugendlichen mit und ohne Migrationshinter-

grund. Bis 20. Dezember können sie ihre Beiträge in den Kategorien Text, Video und Bild einreichen und tolle Preise gewinnen. Pro Kategorie werden fünf Sieger gekürt. Mehr Infos unter www.integrationsfonds.at/ dahoam_in_salzburg

ÖSterreich: Sport verbindet – daher vergeben der ÖIF und das Sportministerium

insgesamt 15.000 Euro an Pro-jekte, die das Miteinander von Menschen mit und ohne Migrati-

onshintergrund fördern. Bewerbungen sind noch bis 6. Oktober möglich. Mehr Infos unter www.integrationsfonds.at/sport

Salzburg: Zum zweiten Mal findet am 4. Okto-ber die Messe „Arbeit – Bildung –

Migration“ in Salzburg statt, auf der das Integrationszentrum Salzburg vertreten sein wird.

Interessierte erhalten dort Tipps für ihren Erfolgsweg in der österreichischen Arbeitswelt. Mehr Infos unter www.integrationsfonds.at/messe_arbeit_bildung_ migration

OktOber

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ÖSterreich: In zahlreichen Bun-desländern starten im Herbst neue Durchgänge von

„Mentoring für MigrantInnen“. Mentoren unterstützen dabei Zuwanderer beim Einstieg in

den Arbeitsmarkt. Die Bewerbungsfrist für Mentees läuft in Oberösterreich, Salzburg, der Steiermark und Wien bis 23. September, in Tirol bis 27. September und in Kärnten bis 4. November. Mehr Infos unter www.integrationsfonds.at/mentoring

Sept. – NOv.

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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

TIROL: Am 12. Juli startete im Integrations-zentrum Tirol die Workshop-Reihe JOBPROJECT. Migranten erhalten dabei Infos über die öster-reichische Arbeitswelt, Berufsberatung und Bewerbungstrainings.OBERÖSTERREICH/STEIERMARK/TIROL/WIEN:

Wie Österreich langsam zur Heimat für sie wurde, erzählen 15 Zuwanderer im Buch „Mit einem Koffer voll Hoffnung“. Aus ihren span-nenden Lebensgeschichten las Autorin Andrea Heigl bei Präsentationen in vier ÖIF-Integrations-zentren Anfang Juli.

OBERÖSTERREICH/SALZBURG/STEIERMARK/ TIROL/WIEN: Neuzuwanderer willkommen heißen, mit allen wichtigen Infos versorgen und sie so dabei unterstützen, sich rasch zu integrie-ren: All das geschieht ab sofort österreichweit an den Welcome Desks, die der ÖIF im Juli und August an all seinen Standorten eröffnet hat.

STEIERMARK/KÄRNTEN: Gemeinsam lernen macht Spaß: Daher organisierte das Integrations-zentrum Steiermark im vergangenen Schuljahr re-gelmäßige Lerntreffs für steirische und Kärntner Schüler mit Migrationshintergrund. Über 30 Kinder nahmen Ende Juni an den Abschlusstreffen teil.

026 Zusammen:Österreich

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ÖIF-Highlights

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Rückblick

WIEN: Unter dem Motto „Deine Chance!“ motiviert ZUSAMMEN:ÖSTERREICH Jugendliche mit Migrations-

hintergrund dazu, eine Ausbildung zu machen. Am 19. Juni präsentierten Staatssekretär Sebas-tian Kurz und ÖIF-Geschäftsführer Franz Wolf-Maier die neue Ausbaustufe des ÖIF-Projekts, in dessen Rahmen erfolgreiche Migranten als Integrationsbotschafter Schulen besuchen.

DEUTSCHLAND: Der ÖIF zu Gast in Berlin: Auf Einladung von Staatsministerin Maria Böhmer präsentierten ÖIF-Vertreter am 14. August dem deutschen Integrati-onsbeirat das Projekt ZUSAMMEN:ÖSTERREICH (siehe Seite 25 Infobox). Mit dabei: Kanzlerin Angela Merkel.

ÖSTERREICH: Am 23. Juli konnte der ÖIF seinen 1.000. Facebook-Fan begrüßen. Unter www.facebook.com/integrationsfonds halten wir Sie über unsere Aktivitäten auf dem Laufenden und freuen uns über Ihre Postings und Likes.

Mehr Infos zu den ÖIF-Aktivitäten finden Sie auf

www.integrationsfonds.at

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tun“, sagt Schüßleder, „und diese möch­ten auch gerne Vorbilder sein. Wir vermit­teln ihnen die nötigen Tricks, um den Kindern beispielsweise Gemüse leichter schmackhaft zu machen. Auch raten wir zu mehr regionaler und saisonaler Nah­rung.“ Zudem erhalten die Teilnehmer kostengünstige Freizeittipps: „Graz ist eine wunderbar grüne Stadt“, meint Schüßleder, „spielen im Park, ein Spazier­gang entlang der Mur oder ein Lauf auf den Schlossberg kosten nichts, halten fit und helfen beim Kennenlernen der Stadt.“

Unterrichtstipps für LehrerJedes Semester gibt es ein gemeinsames Fest, bei dem die gesamte Familie eingela­den ist, an der Schule zu kochen, Sport­arten auszuprobieren und Kontakt zu lo­kalen Vereinen zu knüpfen. Die Lehrer erhalten in Workshops in Zusammenarbeit mit der Pädagogischen Hochschule Tipps, wie sie Gesundheit und Ernährung im Unterricht behandeln können.

Wie das SOHA­Angebot angenommen wird? „Sehr gut“, freut sich Schüßleder. Viele Eltern besuchten zugleich Deutsch­

Zusammen:Österreich 029

weitere Angebote

Umfassende Infos über Gesundheits-system und Prävention bietet die Broschü-re „Gesund bleiben und mit Krankheiten umgehen“ vom Roten Kreuz und Gesund-heitsministerium. Die zweisprachige Bro-schüre ist auf Deutsch plus Türkisch, Bos-nisch/Kroatisch/Serbisch, Englisch sowie Russisch erhältlich. www.roteskreuz.at Migration & Suchdienst Migration-Ange-bote Gesundheit

Bewegung hält fit: Im Projekt „SIQ!“ der Caritas Steiermark können Asylbe-rechtigte und subsidiär Schutzberechtigte an Sportveranstaltungen teilnehmen, Kon-takte zu Vereinen knüpfen und Qualifikati-onen im Sportbereich erwerben, etwa als Trainer. www.caritas-steiermark.at

Ein Sportangebot für Frauen mit Migrationshintergrund ist das Projekt „in motu“ der Sportunion Tirol und Vorarl-berg. Workshops zu Schwimmen, Nordic Walking und Gymnastik helfen Frauen mit Migrationshintergrund, Hemmschwellen abzubauen und das Selbstbewusstsein zu stärken. www.sportunion-tirol.at und www.sportunion-vorarlberg.at

Wissen über das Gesundheitssystem fördert das Projekt „MiMi“ der Volkshilfe Wien und des Staatssekretariats für Inte-gration. Freiwillige Migranten informieren als Gesundheitslotsen innerhalb ihrer Community über Krankenschein & Co. www.volkshilfe-wien.at/mimi_ gesundheitslotsinnen

Kostenlose medizinische Versorgung, soziale Beratung und Medikamentenhilfe für Menschen ohne Versicherungsschutz bietet „Amber Med“, eine Ambulanz von Diakonie und Rotem Kreuz in Wien. www.amber-med.at

kurse, Eltern­Kind­Abende und Famili­enworkshops. „Das Vorurteil, dass Mi­granten sich nicht für den Schulalltag ihrer Kinder interessieren, trifft bei uns nicht zu.“

Das Projekt SOHA wird vom Fonds Gesundes Österreich und dem Land Steiermark gefördert.

Lust auf Obst und Gemüse: Das Projekt SoHA stärkt ernährungs-bewusstsein von Kindern

und Familien.

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M igrantinnen und Migranten füh-len sich häufiger krank als Ein-heimische. Besonders Menschen

mit Wurzeln in der Türkei oder Ex- Jugoslawien nehmen sich im Schnitt als weniger gesund wahr, wie die Österrei-chische Gesundheitsbefragung zeigt. „Öko-nomisch schlechter gestellte Menschen haben ein erhöhtes Risiko, krank zu wer-den – und viele Migranten zählen zu dieser Gruppe“, sagt Christa Schüßleder vom Integrationszentrum Steiermark. Sie ist Mitarbeiterin des Projekts SOHA, das der ÖIF gemeinsam mit dem Sprachinstitut deutsch_und_mehr ins Leben gerufen hat.

InformIerte eltern, gesunde KInderZiel von SOHA – arabisch für „Gesund-heit“ – ist es, an vier Grazer Volksschulen das langfristige Wohlbefinden von Fami-lien mit und ohne Migrationshintergrund zu stärken. Neben einer gesunden Le-bensweise mit ausgewogener Ernährung und genug Bewegung sei vor allem ein Faktor wichtig, erklärt Schüßleder: „Da-mit die Kinder ein gesundes Leben führen können, müssen wir ihr soziales Umfeld stärken.“ Das Angebot richtet sich daher primär an Eltern und Lehrer: Erstere ler-nen in kostenlosen Deutschkursen die zentralen Vokabeln und Phrasen rund um

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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

Kinder ernähren sich nur gesund, wenn die Eltern das auch tun.

Projektmitarbeiterin Christa Schüßleder

das Thema Gesundheit und Ernährung. „Beim Arzt muss man erklären können, was wehtut – sprachliche Barrieren dürfen da nicht behindern“, meint Schüßleder.

gemüse schmacKhaft machenIn weiterführenden Eltern-Kind-Abenden bekommen die Erwachsenen Infos zu Themen wie Gesundheitssystem und Pa-tientenrechte sowie Ernährungstipps, während die Kleinen dieselben Inhalte spielerisch erarbeiten. „Kinder ernähren sich nur gesund, wenn die Eltern das auch

ProjeKt der stunde

Wie man in der Schule für ein gesundes Leben lernen kann, zeigt ein Grazer ÖIF-Projekt.

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Magdalena Deixler

Gesund und munter

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Vielfalt richtig managen: Der richtige Umgang mit kul-tureller Vielfalt ist Thema des aktuellen ÖIF-Dossiers N°28, das die unterschiedlichen Zu-

gänge zu Diversity Management analysiert. Durch die Internationalisierung der Wirtschaft wird das Thema in Betrieben immer wichtiger.

Das ÖIF-Dossier N°28 ist auf www.integrationsfonds.at Publikationen kostenlos verfügbar.

Fokus IntegratIonDer ÖIF empfiehlt: Termine und Aktuelles rund um Integration und Migration

Forschung aktuell

Kroaten in Österreich: Seit 1. Juli ist Kroatien Mit-glied der Europäischen Union. Das ÖIF-Dossier N°23 bietet alle relevanten Infos und

Daten zur kroatischen Community in Österreich. Bemerkenswert ist etwa, dass sich ganze 84 Prozent sehr oder eher integriert fühlen.

Das ÖIF-Dossier N°23 ist auf www.integrationsfonds.at Publikationen kostenlos verfügbar.

mit dem Öif in alpbach: Vom 12. bis 31. August disku-tierten beim European Forum Alpbach internationale Exper-ten Herausforderungen und

Lösungsansätze zum Thema „Erfahrungen und Werte“. Mit dabei waren als ÖIF-Stipendiaten 15 Studierende mit familiären Wurzeln in Ländern wie Afghanistan, Serbien, Ukraine oder Brasilien.

Umfassende Infos zum Forum finden Sie unter www.alpbach.org.

integration im Jahr 2030: In welche Richtung

kann sich das Zusammen-leben in Österreich in den nächsten Jahrzehnten ent-wickeln? Ein ÖIF-Forschungs-

bericht entwirft drei Szenarien: gesellschaftliche Kohäsion, Fragmentierung oder Populismus. Die Entwicklungen auf österreichischer und europäischer Ebene werden dabei konsequent zusammengedacht.

Der Forschungsbericht ist auf www.integrationsfonds.at Publikationen kostenlos verfügbar.

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ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

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Publikationen

Wirtschaft und Gesellschaft würden stark profitieren, wenn Migranten in Bildung und Beruf ihr Potenzial so gut nützen könnten wie Einheimische.

interview

Valentin Schwarz

Kostenlos bestellen Der ÖIF-Forschungsbericht „Potenziale durch die Integration von Migrant/innen in Arbeitsmarkt und Bildung“ wurde vom Institut für Höhere Studien erstellt. Er ist online unter www.integrations fonds.at/publikationen verfügbar.

Interessierte können den Bericht zudem per Mail an [email protected] in gedruckter Form kostenlos bestellen.

Das Potenzial verbesserter integration

WISSEN W ie groß wäre der nutzen, wenn Migrantinnen und Migranten vollständig im Bildungssystem

und am Arbeitsmarkt integriert wären? Die Antwort auf diese Frage gibt das in-stitut für Höhere Studien (iHS) in einer im Auftrag des ÖiF durchgeführten Stu-die. wissensmanagerin Lisa Fellhofer fasst die ergebnisse zusammen.

Wie gut sind Migranten aktuell im bildungssystem und am Arbeitsmarkt integriert?Lisa Fellhofer: Die iHS-Auswertung zeigt, dass Schüler mit Migrationshintergrund deutlich seltener eine höhere Ausbildung abschließen. in Berufs- und höheren Schulen sind sie unter-, in Sonderschulen hingegen überrepräsentiert. Das erklärt auch das schwache Abschneiden beim PiSA-test. So kommt es, dass Migranten drei- bis viermal häufiger vorzeitig ihre Ausbildung abbrechen als einheimische Altersgenossen. Diese Probleme setzen sich am Arbeitsmarkt fort: Migranten sind häufiger in Hilfsarbeiter-Jobs und seltener in Führungspositionen tätig. wir haben daher vom iHS berechnen lassen, welche Potenziale eine verbesserte integration bieten würde.

Was bedeutet in diesem Zusam-menhang „verbesserte Integration“?Fellhofer: Darunter verstehen wir in der Studie eine Angleichung in Bildung und Beruf. Aktuell erwirtschaften Migranten selbst bei gleichem Alter, Ausbildung und Berufserfahrung weniger als einheimi-sche. Die Studie simuliert, was passieren würde, wenn diese Produktivitätslücke ge-schlossen und die Bildungsstruktur von Zuwanderern generell der der Österrei-cher angeglichen würde.

Mit welchem ergebnis?Fellhofer: Die Folgen wären sehr positiv. Laut den Studienergebnissen würde die jährliche wirtschaftsleistung um 3,8 Milli-arden euro steigen, der Staat um gut eine Milliarde mehr einnehmen. Die Arbeits-losigkeit würde leicht fallen, die Durch-schnittslöhne steigen. neben dem volks-wirtschaftlichen gäbe es auch einen gesamt-gesellschaftlichen nutzen: So können wir verhindern, dass Migranten überproporti-onal zur sozioökonomisch schwächeren Schicht gehören, was die wahrscheinlich-keit sozialer Konflikte senkt. eine bessere integration in Bildung und Beruf stärkt also den gesellschaftlichen Zusammenhalt insgesamt.

Die Arbeitslosigkeit würde leicht fallen, die Durchschnitts-löhne steigen.

Lisa Fellhofer, Leiterin des Teams Wissens-management im ÖIF

lisa Fellhofer kennt das wirtschaftliche

und gesellschaftliche Potenzial einer ver-

besserten Integration.

„Verbesserte Integration bringt Milliarden“

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„Wenn der Wille auf das Gute gerichtet ist, gibt es nichts Böses.“

Konfuzius

Dass Cevapcici vom Balkan stammen, ist bekannt. Doch aus welchem Land genau? „Das kann keiner genau sagen“, meint Dragan Danilovic schmunzelnd, „ob Kroaten, Bosnier oder Serben: Alle behaup-

ten, sie hätten die Cevapcici erfunden.“ Regionale Unterschiede gibt es trotzdem: In Bosnien etwa ist Schweinefleisch tabu. Danilovic, der in einer kroatischen Familie in Bosnien aufgewachsen ist, empfiehlt grundsätzlich Rindfleisch: „Das schmeckt einfach am besten.“ Zum Faschieren kann man jeden Teil verwenden – je nach Ge-schmack fette oder magere Stücke.

Das Geheimnis guter Cevapcici ist überall gleich: „Richtig würzig werden sie, wenn sie Zeit haben, das Aroma der Gewürze auf-

zunehmen“, erklärt Danilovic. Er schneidet daher das Fleisch vorerst in kleine Stücke und würzt mit Knoblauch, Senf, Salz und Pfeffer. Nach einer Nacht im Kühlschrank wird die Masse faschiert und geformt. Dann landen die Cevapcici ohne weitere Beigabe von Öl auf dem Grill oder in der Pfanne, bis sie schön braun und „durch“ sind. Serviert werden sie mit Zwiebeln, Salat und Weiß-brot. Saucen oder Beilagen wie Pommes frites sind am Balkan nicht üblich, erklärt Danilovic lachend: „Zumindest da sind sich alle einig.“

Lösen sie das Rätsel und gewin-nen Sie das

Buch „Mit einem Koffer voll Hoffnung“ mit 15 Zuwanderer-Portraits von Andrea Heigl! Alle Teilnahme-Infos finden Sie auf www.integrationsfonds.at/gewinnspiel

Zusammen:Österreich 033

Cevapcici selbst gemacht: einfacher, als man denkt

Mitmachen

und

gewinnen!

Welches Wort suchen wir?

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Der Grill-Klassiker vom BalkanGastfreundschaft

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Sie garantieren leuchtende Augen bei Groß und Klein: Cake-Pops sind ein neuer Trend aus den USA und Großbritannien. Der Begriff ist eine Zusammen-setzung aus cake für Kuchen und lollipop für Lutscher – und genau darum geht es: um Ku-chen am Stiel.

Spektakuläre Kreationen. „Ich habe Cake-Pops zum ersten Mal in einem Kaffeehaus gese-hen und war gleich begeistert“, erinnert sich Kathleen Knaus, „also habe ich mir ein Rezept besorgt und es seither weiter verfeinert.“ Heute zaubert die in Wien lebende US-Amerikanerin kunstvolle Muster, Blüten und Gesichter auf ihre Cake-Pops. „Meine spektakulärste Kreation waren Babyköpfe mit Schnullern im Mund für eine Babyparty. Gerade weil sie gelungen sind, hatten die Gäste leider Hem-mungen, hineinzubeißen.“ Spe-zielle Pressformen ermöglichen vielfältige Formen wie Herzen oder Schneemänner.

Kunstvoll dekorieren. Einzigartig werden Cake-Pops durch die kunstvolle Verzierung – eine Dis-ziplin, die in Österreich noch in den Kinderschuhen steckt. „De-korieren hat hierzulande nur bei Hochzeitstorten Tradition“, sagt Knaus, „wird aber immer mehr zum Trend. Mittlerweile gibt es sogar Spezialgeschäfte und Kur-se für Experimentierfreudige.“

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

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Eine kleine Nascherei mit großer Liebe zum Detail: Die aus dem englischen Sprachraum stammenden Cake-Pops begeistern Alt und Jung.

Buntes Österreich

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Valentin Schwarz

Der Kuchen am Stiel

Bräuche und Traditionen mit Migrations-

hintergrund

Kathleen Knaus kam als Au-pair-Mädchen aus dem

US-Bundesstaat New York nach Österreich. Sie lebt mit ihrem Mann, einem Tiroler, in Wien.

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Ab Ende September startet das Berufsförderungsinstitut (BFI) kostenlose Vorbereitungskurse für die lebenden Fremdsprachen Bosnisch / Kroatisch / Serbisch (BKS)

und Türkisch im Rahmen der Berufsreifeprüfung. Es handelt sich dabei um das Projekt „Berufsreife 2020“, das neue bildungsför-dernde Angebote für Personen mit Migrationshintergrund bietet. Die Berufsreifeprüfung setzt sich aus vier Fächern zusammen: Deutsch, Mathematik, der gewählten lebenden Fremdsprache und einem Fachbereich. Im Rahmen des Projekts wird als lebende Fremdsprache neben Englisch auch Bosnisch / Kroatisch / Ser-bisch und Türkisch in Wien und Wels (OÖ) angeboten.

„Mit diesen Lehrgängen bieten wir die Möglichkeit zur Perfekti-onierung der Erstsprache an, und gleichzeitig wollen wir darauf hinweisen, dass jede Sprachkenntnis zählt und anerkannt werden sollte. Unsere Aufgabe ist es, kostenlos und individuell über die Bildungs- sowie Lernunterstützungsmöglichkeiten zu informie-ren und diese Zielgruppe zu höherer Ausbildung zu motivieren“, so Barka Emini, die als Beraterin für die B/K/S-Zielgruppe am BFI Wien im Rahmen dieses Projekts tätig ist. „Unsere Jugend ist wegen Sprachbarrieren oder Informationsmangel sehr oft demotiviert und gehemmt sich weiterzubilden, obwohl sich da-

Matura nachholen Jetzt anmelden für lebende Fremdsprache Bosnisch / Kroatisch / Serbisch und Türkisch

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„Unser Anliegen ist aufzuzeigen, dass

die Erstsprache bzw. Muttersprache ein Vorteil sein kann.“

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Gefördert aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und aus Mitteln des Bundesministeriums für Unterricht, Kunst und Kultur

durch für viele bessere Jobmöglichkeiten und Karrierechancen ergeben. Unser Anliegen ist einerseits aufzuzeigen, dass die Erst-sprache bzw. Muttersprache ein Vorteil sein kann. Andererseits möchten wir in individuellen Gesprächen entsprechende Bil-dungsmöglichkeiten erörtern, sowie selbst im Lernprozess auf den individuellen Förderbedarf eingehen“, erklärt Yavuz Ceri, türkischsprachiger Berater am BFI Wien.Im Rahmen der Beratung werden neben klassischer Bildungs-beratung auch wichtige Informationen über Förderungs- und Finanzierungsmöglichkeiten weitergegeben.„Die Kosten sind einer der Gründe, warum sich viele Migran-tInnen nicht für den zweiten Bildungsweg entscheiden. Viele wis-sen aber nicht, dass es diese Förderungsmöglichkeiten gibt“, sind sich Emini und Ceri einig. Nicht nur die BeraterInnen des BFI Wien, sondern auch die mehrsprachige Beraterin Nurcan Öz-gener vom BFI Oberösterreich kümmert sich darum, Migran-tInnen für den zweiten Bildungsweg zu gewinnen.Außerdem werden auch kostenlose Lernwerkstätten organi-siert, für die Personen, die ihre Deutsch- und Mathematik-kenntnisse vorbereitend auf die Berufsreifeprüfung oder die

Lehrabschlussprüfung auffrischen bzw. aufbessern wollen. Die Anmeldungen für die Vorberei-tungskurse lebende Fremdsprache Bosnisch / Kroatisch / Serbisch und Türkisch laufen. Weitere Informationen bekommen Sie unter den Telefonnummern: 01-81178-10128 oder DW 10130 (Wien) und 07242-2055-3233 (Wels).

Kursstart: BFI Wien: 01.10.2013BFI Oberösterreich : 17.09.2013

Weiterbildung ist angesagt, zögern Sie nicht uns zu kontaktieren. Nutzen Sie Ihre Chance, auch wenn es schon die zweite ist.www.bfi-wien.at oder www.bfi-ooe.at.

NUrCAN ÖzgENEr„Mit diesen Lehrgängen bieten wir die Möglich-keit zur Perfektionierung der Erstsprache an, und gleichzeitig wollen wir darauf hinweisen, dass jede Sprachkenntnis zählt und anerkannt werden sollte.“

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034 Zusammen:Österreich

Z u Mittag gibt es faschierte Laib-chen, am Abend Lammcurry: Das Schutzhaus am Heuberg am Rand

des Wienerwalds bietet eine ungewöhn-liche Speisekarte. Zu verdanken ist die ku-linarische Vielfalt Roger, der das Schutz-haus seit vierzehn Jahren führt und das Angebot um Spezialitäten aus seiner Hei-mat bereichert hat. „Köstlich!“, findet Vor-besitzerin Arlette, die das Schutzhaus an Roger übergeben hat und seither Stamm-

gast ist. „Die gute Wiener Küche habe ich aber von dir übernommen“, gibt der das Kompliment zurück.

„Die gute Laune in Person“Begonnen hat Roger als Kellner. „Am An-fang haben manche Gäste komisch rea-giert“, erinnert sich Arlette, „aber Roger hat sie schnell für sich gewonnen. Er ist einfach die gute Laune in Person.“ Auch privat verbindet die beiden eine Freund-

schaft: „Wichtige Feste feiere ich mit Ro-ger, seiner Frau und ihren Kindern“, sagt Arlette, „wir sind wie eine Familie.“ Wo-rauf Roger lachend ergänzt: „Und du bist das Familienoberhaupt!“

Sie kennen zwei Menschen unterschiedlicher Herkunft, deren Geschichte erzählt werden sollte? Schreiben Sie an [email protected]!

Vom Kellner zum Chef: Einst hat die Schutzhaus-Wirtin Arlette aus Wien Roger aus Indien angestellt, jetzt ist er ihr Nachfolger.

Zusammen:Leben

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Aleksandra Klepic

„Wir sind wie eine Familie“

ZUSAMMEN:ÖSTERREICH

Integration fördern. Chancen sichern.

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Zwei Menschen. Zwei Herkunfts-länder. Eine Geschichte.

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Gemeinsam sorgen wir dafür,dass Österreichs Talentenicht gestoppt werden.

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Senden Sie ganz einfach eine beliebige SMS an die angeführte Nummer und folgen Sie den Anweisungen. Ihr Förderbeitrag von maximal €100,– kommt jungen, talentierten Sportlern mit und ohne Behinderung zugute.Die Sporthilfe fördert ohne staatliche Mittel. Vielen Dank! Infos unter: www.sporthilfe.at

Eine Initiative der Österreichischen Sporthilfe

0664 660 19710664 660 1971Unterstützen Sie mit Ihrer Förder-SMS an die Talente der Österreichischen Sporthilfe.Mit freundlicher Unterstützung von

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