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Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik 1967 2017 50 Jahre 1

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Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik

1967 2017 50 Jahre

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INHALTSÜBERSICHT

Bild: Links unten, am Fuße der Nordkette im Westen Innsbrucks: Das Victor-Franz-Hess-Haus beherbergtseit 1986 das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik der Universität Innsbruck

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50 JAHRE

INSTITUT FÜR IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK

UNIVERSITÄT INNSBRUCK

1967 - 2017

1 Vorwort des Rektors 4

2 Ionenphysik und Angewandte Physik heute 6

Einleitung 6Zeitleisten 8Bilanz 2016 10

3 Arbeitsgruppen 11

Chemische Physik 12Umweltphysik 14Nano-Biophysik 16Molekulare Systeme 18Inelastische Elektronenstreuung 20Komplexe Systeme 22Computational Chemistry 24Experimentelle Plasmaphysik 26Institutswerkstätten und Administration 28

4 Institut im Kontext

Doktoratskolleg „Atome, Licht und Moleküle“ 29Institut und Wirtschaft 31Institut und Schule 33

Anhang - Literaturverzeichnis und Impressum 35

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VORWORT

50 Jahre Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik

Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Tilmann MärkRektor, Leopold-Franzens-Universität Innsbruck

Schon einmal, nämlich vor zehn Jahren, haben wir die wechselvolle Geschichte (Gründung, Auflösung, Neugründung, Zusammenlegung) des ursprünglich als Institut für Atomphysik gegründeten Instituts gefeiert. Damals waren es 40 Jahre seit der Grün-dung, und in vielen Kulturen ist 40 ein Symbol für eine sehr große Zahl. Insofern haben wir damals 40 Jahre als Anlass genommen, das Bestehen und die Leistung dieses Instituts für Ionenphysik und Angewandte Physik in einem besonderen Rahmen zu würdigen (siehe A. Bacher, T.D. Märk (Hg.): 40 Jahre Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik. innsbruck university press, 2007).

Die Entwicklung der Naturwissenschaften an der Universität Innsbruck begann aber viel früher, und zwar bereits mit der Universitätsgründung im Jahre 1669 durch Kaiser Leopold I. Bereits 1670 wurde Physik im Rahmen der aristotelischen Philosophie unterrichtet. Neben der Theorie wurde bald ein stärkeres Augenmerk auf das „Praktische und Nützliche“ gelegt: 1748 richtete der Mathematik-professor Ignaz von Weinhart ein physikalisch-mathematisches Experimentierkabinett (armarium) ein, und an Sonntagen hielt er praxisorientierten Unterricht für Maurer, Zimmergesellen und Feldmesser.

Ab 1752 gab es erste Vorlesungen mit Experimen-ten: lectiones mechanico-experimentales. Ab 1770 gibt es mit der Berufung von Franz Sales Stadler eine eigene Professur für Physik.

Nach den zwei kurzen Unterbrechungen 1782 - 1791und 1810 - 1826 wurde die Philosophische Fakultät durch einen eigenen Aufgabenbereich aufgewertet, das Doktorat der Philosophie erforderte ein mindes-tens dreijähriges Studium.

1848 folgte die Gründung der Lehrkanzel für Mathematische Physik und 1892 für Theoretische Astronomie. 1931 errichtete Prof. Victor Franz Hess auf dem Hafelekar ein Labor zur Untersuchung der kosmischen Strahlung, für deren Entdeckung er 1936 den Nobelpreis erhielt. 1967 wurden dann die bestehenden Institute für Experimentalphysik und Theoretische Physik (sowie das Institut für Astro-nomie) um das Institut für Atomphysik ergänzt.

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Inzwischen sind es 50 Jahre geworden, und das Institut ist seit der 40-Jahr-Feier wesentlich gewachsen. War nämlich nach Emeritierung von Univ.-Prof. Erwin Hochmair im Jahre 2009 zwischen-zeitlich nur mehr ein Universitätsprofessor am Institut tätig, so sind es heute inklusive zweier assoziierter Professoren immerhin sechs Univer-sitätsprofessoren.

Auch das Fächerspektrum hat noch weiter zuge-nommen. Ursprünglich wurde ja das Institut gegrün-det, um vor allem die Kernphysik in Innsbruck zu etablieren. Die Berufung des Hevesy Schülers Maximilian Pahl war daher die logische Wahl für den Gründungsvorstand, aber in der Folge haben vor allem die Assistenten von Pahl, Franz Howorka, Werner Lindinger und Tilmann Märk, neue Bereiche der Physik etabliert.

Von der Kernphysik ausgehend, wurden sowohl die Atomphysik als auch die Molekülphysik als neue Lehr- und Forschungsgebiete aufgebaut.

Insbesondere haben sich die ForscherInnen am Institut aber mit der Erzeugung, den Eigenschaften und den Reaktionen von ionisierten Atomen und Molekülen beschäftigt. In den 60er und 70er Jahren des 20. Jahrhunderts war dieser Forschungsgegen-stand Neuland, angesiedelt im Zwischenbereich zwischen Physik und Chemie.

In der Folge kamen einerseits noch kollektive Phänomene wie Gasentladungen, Plasmen und deren Anwendungen hinzu, andererseits aber auch Pionierleistungen auf dem Gebiet der Cluster, Nanoteilchen und Biomoleküle.

Eine wesentliche Erweiterung entstand durch die Zusammenlegung des Instituts für Ionenphysik mit dem Institut für Angewandte Physik, was sowohl Grundlagenforschung und Lehre in der Elektronik als auch Anwendungen im medizinischen Bereich betraf. Nach dem Ausbau der Fakultät für Technische Wissenschaften und Einführung des Mechatronikstudiums ist dieser Fachbereich durch den Wechsel von Univ.-Prof. Clemens Zierhofer an diese Fakultät gewandert.

Heute ist das Institut für Ionenphysik und Ange-wandte Physik im Bereich Atome, Moleküle, Cluster und Plasmen breit aufgestellt, und neben der Quantenphysik und der Astrophysik eines der drei Forschungszentren, die zusammen die international anerkannte Stärke des Forschungsschwerpunktes Physik der Universität Innsbruck ausmachen.

Die Physik Innsbruck ist in den letzten 50 Jahren nicht nur quantitativ gewachsen - während meines Studiums Anfang der 60er Jahre wurden wir von zwei Physikprofessoren unterrichtet, heute sind es über 20 UniversitätsprofessorInnen plus einige assoz. und ao. Univ.-ProfessorInnen - sondern hat sich auch qualitativ enorm entwickelt. Heute ist die Physik, und damit als Teil auch das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik, das Vorzeigefach und Leuchtturm der Universität Innsbruck und trägt wesentlich zu den hervorragen-den Positionierungen in den internationalen Rankings dieser Universität bei.

Ich wünsche diesem Bereich der Leopold-Franzens-Universität weiterhin eine entsprechend erfolgreicheEntwicklung.

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EINLEITUNG

Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik – heute

Univ.-Prof. Dr. Martin BeyerInstitutsleiter

Mit sechs experimentell und zwei theoretisch ausgerichteten Arbeitsgruppen ist das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik breit aufge-stellt, um aktuelle wissenschaftliche Herausfor-derungen in der Grundlagenforschung und der anwendungsnahen Forschung gleichermaßen zu meistern.

Mit der Neubesetzung der zuvor von Tilmann Märk und Erwin Hochmair bekleideten Professuren durch Roland Wester (Experimentelle Physik) und Martin Beyer (Experimentelle Nano- und Biophysik) ist eine noch stärkere Fokussierung auf die Grundlagenfor-schung im Bereich der Physik geladener Teilchen in der Gasphase verbunden. Chemisch motivierte Fragestellungen aus den Bereichen Reaktionskinetik und Reaktionsdynamik nehmen breiten Raum ein.

Aus dem Institut heraus als selbständige Arbeits-gruppen etabliert haben sich Armin Hansel, Paul Scheier und Stephan Denifl, die die Arbeitsgebiete der Instituts-Urgesteine Werner Lindinger und Til-mann Märk über Jahrzehnte weiterentwickelt und neue Gebiete erschlossen haben.

Roman Schrittwieser stellt auch im Ruhestand seine Erfahrung und Expertise auf dem Gebiet der Plasma-sonden in den Dienst der Fusionsforschung.

Aus der Angewandten Physik sind Emeritus Erwin Hochmair und Otto Peter weiterhin am Institut tätig.

Armin Wisthaler betreut von Oslo aus weiterhin einekleine Arbeitsgruppe in Innsbruck.

Diese Mischung aus Kontinuität und Impulsen von außen ist ein wichtiger Garant für den Erfolg des Instituts und seine internationale Sichtbarkeit.

Ein weiterer Erfolgsgarant ist die enge Verzahnung von Theorie und Experiment, die am Institut durch die enge Zusammenarbeit der Experimentatoren mit der Gruppe von Michael Probst in der Quanten-chemie und Alexander Kendl in der theoretischen Plasmaphysik gegeben ist. Komplettiert wird die Expertise in der Quantenchemie durch Senior Research Professor Franco Gianturco, die Nach-wuchsgruppen der Selbstantragsteller Andreas Mauracher und Alexander Kaiser, sowie die in experimentellen Gruppen verankerten Lise-Meitner-Postdoktoranden Fabio Carelli und Milan Ončák.

Ausgezeichnet durch seine zentrale Lage in Europa, die wissenschaftliche Exzellenz, und vielleicht auch die Attraktivität der Tiroler Bergwelt, zieht das Insti-tut regelmäßig eine Reihe internationaler Gäste an, die neue Ideen mitbringen und den internationalen Austausch befördern. Lokale, nationale und inter-nationale Stipendien- und Förderprogramme wer-den rege genutzt, und über die COST Actions der Europäischen Union werden auch viele Auslands-aufenthalte unserer MitarbeiterInnen gefördert.

Über die mit Förderung durch das Bundesministe-rium für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft im Jahr 2017 gegründete Innsbruck Laser Core Facility haben alle Arbeitsgruppen des Instituts Zugriff auf durchstimmbare Lasersysteme, die Wellenlängen vom Ultravioletten bis ins mittlere Infrarot abde-cken. Zusammen mit den in der Arbeitsgruppe von Roland Wester betriebenen Terahertz-Strahlungs-

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quellen besteht damit Zugriff auf praktisch alle che-misch relevanten Anregungen von Molekülen und Clustern. Diese zusätzlichen Möglichkeiten stellen eine beträchtliche Erweiterung des Methoden-arsenals dar und bieten Raum für vielfältige Innova-tionen. Die neuen spektroskopischen Methoden werden in kürzester Zeit nicht mehr aus der Arbeit des Instituts wegzudenken sein.

Der Erfolg vieler Experimente hängt von eigenen Entwicklungen ab, wie dem Bau von Heliumcluster-quellen oder Hochfrequenz-Ionenfallen, die auf tiefste Temperaturen gekühlt werden. Diese Geräte werden in der Feinmechanikwerkstatt des Instituts gefertigt und mit von der Elektronikabteilung entwi-ckelten Komponenten angesteuert.

Die strukturierte DoktorandInnenausbildung hat einen hohen Stellenwert am Institut. Flaggschiff ist dabei das vom FWF eingerichtete Doktoratskolleg Atome, Licht und Moleküle mit dem Sprecher RolandWester. Aber auch die von der Universität eingerich-teten Doktoratskollegs sind wichtige Bausteine erfolgreicher Nachwuchsförderung, und mehrere Arbeitsgruppen des Instituts beteiligen sich am Doktoratskolleg Reaktivität und Katalyse.

Um SchülerInnen für Physik zu begeistern, beteiligt sich das Institut am Tag der Physik und nimmt Prak-tikanten im FFG-finanzierten Talente-Programm auf. Mit dem zweiten Sparkling Science-Projekt in Folge entwickelt die Arbeitsgruppe von Armin Hansel For-schungsprojekte, in denen SchülerInnen direkt mit-arbeiten. Ältere Semester werden über populärwis-senschaftliche Vorträge, etwa im Rahmen von Pint ofScience oder Skeptics in the Pub angesprochen.

Neben seinem Bildungsauftrag ist das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik ein nicht zu unterschätzender Wirtschaftsfaktor. Mit über 70 Mit-arbeiterInnen und einem Drittmittelumsatz von fast drei Millionen Euro schafft das Institut direkt Kauf-

kraft und Arbeitsplätze. Die indirekten Effekte sind aber um ein Vielfaches höher, sie reichen von der Innovationsleistung unserer Absolventen bei ihren späteren Arbeitgebern über Servicedienstleistungen für Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft bis zur Unternehmensgründung auf der Grundlage von Entwicklungen am Institut.

Der Erfolg des Instituts ist zuallererst unseren exzel-lenten und hoch motivierten Studierenden und Mit-arbeiterInnen zu verdanken. Aber auch die beste Motivation richtet nichts aus, wenn die nötigen finanziellen Mittel fehlen. Durch kontinuierlich erfolgreiche Einwerbung von Drittmitteln auf allen Ebenen, der EU mit Horizon 2020 und dem Europäi-schen Forschungsrat, national mit dem Wissen-schaftsfonds FWF, der Österreichischen Forschungs-förderungsgesellschaft FFG, der OeAD-GmbH, der Österreichischen Akademie der Wissenschaften, privaten Stiftungen, EUROfusion und KKKÖ, sowie den wertvollen Förderinstrumenten des Landes Tirol, sind wir in der Lage, die dringendsten wissen-schaftlichen Projekte umzusetzen. Allen Förderorga-nisationen und den hinter ihnen stehenden Steuer-zahlerInnen ein herzliches Vergelt’s Gott!

Um weiterhin wissenschaftlich erfolgreich zu sein sowie exzellent ausgebildete AbsolventInnen und innovative Impulse in die Tiroler Wirtschaft senden zu können, braucht es zeitgemäße Arbeitsbedingun-gen. Die Renovierung der Büros im 3. Stock des Vic-tor-Franz-Hess-Hauses wird Ende 2018 abgeschlos-sen sein. Von den Laborflächen ist ein Teil im Zuge der Neuberufungen modernisiert worden, gut die Hälfte ist aber noch auf dem Stand von 1986, so dass parallel zur Bürorenovierung auch die Moderni-sierung der Laborflächen fortzusetzen ist.

Mit diesen Maßnahmen bleibt das Institut arbeits- und leistungsfähig, bis das dringend benötigte Haus der Physik bezugsfertig ist.

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ZEITLEISTEN INSTITUTE UND PROFESSOREN

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1967 1977 1987 1997 2007 2017

Experimentalphysik

Atomphysik Ionenphysik

Angewandte Physik

Ionenphysik undAngewandte Physik

Astronomie

Astro- undTeilchenphysik

Experimentalphysik

Theoretische Physik

Maximilian PahlPahl

Howorka

Werner LindingerLindinger

Tilmann MärkMärk

Erwin HochmairHochmair

Scheier

Hansel

Wester

Kendl

Denifl

Beyer

Pulker

Zierhofer

Probst

Astro physik

Theoretische Physik

Physikinstitute an der Universität Innsbruck

Professoren am Institut

o. Univ.-Prof. / Univ.-Prof.ao. Univ.-Prof. / assoz. Prof.Emeritius / im RuhestandWechsel zu / von anderer FakultätFunktion als InstitutsleiterFunktion als Vizerektor für ForschungFunktion als RektorFunktion als StudiendekanFunktion als Dekan

Schrittwieser

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ZEITLEISTEN MEILENSTEINE DER INSTITUTSGESCHICHTE

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2005 – 2012Christian-Doppler-Labor „Aktive Implan-tierbare Systeme“(Clemens Zierhofer)

2008 – 2012 FP7-IAPP „Applicationof innovative PTR-TOFmass spectrometry ...“(Leitung: Armin Hansel)

1996 – ... ÖAW Euratom/Eurofusion Projekte(u.a. mit Tilmann Märk, Michael Probst, Paul Scheier, Roman Schrittwieser, Alexander Kendl)

1968Einzug des Instituts in das Gebäude der „Alten Chemie“ Peter-Mayr-Straße 1

1976 Habilitation Tilmann Märk

1979Tilmann Märk:Forschungspreis der Stadt Innsbruck

1985Umzug des Instituts in das neue Gebäude„Victor-Franz-Hess Haus“ Technikerstraße 25

1990Paul Scheier:Fritz-Kohlrausch Preis (ÖPG)

1991Spin-off Firma „LUKOtronic“(Wilfried Lutz, Robert Kovacs)

1993Spin-off Firma „Nessler Medizintechnik“(Norbert Nessler)

2010 – 2014FWF Doktoratskolleg„Computational Inter-disciplinary Modelling“ (u.a. mit Alexander Kendl und Michael Probst)

2013Armin Hansel:Houska-Preis 1. Platz

1967 1977 1987 1997 2007 2017

1973 - 1983FONDS (FWF) / RektorenkonferenzSchwerpunktprogramm„Plasmaphysik“(Leitung: Maximilian Pahl)

19781. SASP-Konferenz„Symposium on Atomic,Cluster and Surface Physics“

1998Spin-off Firma „Ionicon Analytik“(Werner Lindinger, Armin Hansel, Tilmann Märk, u.a.)

2009 – 2017FWF START-Projekt„Turbulence in the Edge of Magnetised Plasmas“(Alexander Kendl)

20031. Int. PTR-MS Conference(Proton Transfer Reaction Mass Spectrometry)

2004Spin-off Firma „Ionimed Analytik“(Armin Hansel, Tilmann Märk, u.a.)

2012 – 2016ERC Starting Grant„Molecular Networks with precision TerahertzSpectroscopy“(Roland Wester)

2015 - ...FWF Doktoratskolleg „Atoms, Light and Matter“ (Leitung: Roland Wester; u.a. mit Martin Beyer und Paul Scheier)

1990 Habilitation Roman Schrittwieser

2017 Habilitation Andreas Mauracher

1976Werner Lindinger:Fritz-Kohlrausch Preis (ÖPG)

1994Tilmann Märk:Erwin-Schrödinger-Preis (ÖAW)

1997Werner Lindinger:Erwin-Schrödinger-Preis (ÖAW)

2003Erwin Hochmair:Erwin-Schrödinger-Preis (ÖAW)

2005Clemens Zierhofer:Karl-Heinz-Beckurts Preis

1977 Habilitation Werner Lindinger

1978 Habilitation Hanspeter Helm

1978 Habilitation Franz Howorka

1994 Habilitation Clemens Zierhofer

1994 Habilitation Paul Scheier

1999 Habilitation Matthias Lezius

1999 Habilitation Herwig Paretzke

2002 Habilitation Armin Hansel

2011 Habilitation Sylwia Ptasinska

2011 Habilitation Stephan Denifl

2004 Habilitation Sara Matt-Leubner

1989Spin-off Firma„Med-El“ (Erwin Hochmair)

1994„Bestes Institut Österreichs“(Ranking der Zeitschrift „profil“)

MaximilanPahl

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - BILANZ

Bilanz des Instituts 2016

MitarbeiterInnen ................................................................................................................................................. 75

davon über Drittmittel finanziert ..................................................................................................................... 52

Drittmittelumsatz .............................................................................................................................. 2.849.597 €

Abschlüsse im akademischen Jahr 2015/16

Bachelor ............................................................................................................................................................... 15

Master .................................................................................................................................................................. 11

Lehramtsdiplomarbeiten ..................................................................................................................................... 2

Dissertationen ....................................................................................................................................................... 8

Publikationen in internationalen Fachzeitschriften ....................................................................................... 99

Vorträge ............................................................................................................................................................... 69

Posterbeiträge ..................................................................................................................................................... 60

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Professoren / Arbeitsgruppen (2017)

Martin Beyer Univ.-Prof. Dr. Chemische PhysikArmin Hansel Univ.-Prof. Dr. Umweltphysik / IMRPaul Scheier Univ.-Prof. Dr. Nano-BiophysikRoland Wester Univ.-Prof. Dr. Molekulare SystemeStephan Denifl assoz. Prof. Dr. Inelastische ElektronenstreuungAlexander Kendl assoz. Prof. Dr. Komplexe SystemeMichael Probst ao. Univ.-Prof. Dr. Numerische Chemie

M. Beyer A. Hansel P. Scheier R. Wester S. Denifl A. Kendl M. Probst

Assoziierte Arbeitsgruppen

Andreas Mauracher Priv.-Doz. Dr. Nachwuchsgruppe MolekülphysikArmin Wisthaler Prof. (Univ. Oslo) Dr. Atmosphären- und Innenluftchemie

Emeriti

Tilmann Märk em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. mult. RektorErwin Hochmair em. Univ.-Prof. Dr. Dr. h.c. Angewandte PhysikRoman Schrittwieser ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Dr. h.c. Experimentelle Plasmaphysik

A. Mauracher A. Wisthaler E. Hochmair T. Märk R. Schrittwieser

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Chemische Physik

Univ.-Prof. Dr. Martin Beyer

Chemische Reaktionen mit physikalischen Methodenanalysieren, einzelne Reaktionsschritte isolieren undcharakterisieren und mit quantenchemischen Rech-nungen im Computer nachbilden und verstehen – das ist unsere Auffassung von chemischer Physik.

Von den vielfältigen Methoden, die der modernen chemischen Physik zur Verfügung stehen, werden bei uns vorrangig Massenspektrometrie und Raster-kraftmikroskopie in Verbindung mit Laserspektro-skopie eingesetzt. Mit diesen flexiblen Werkzeugen wird eine Reihe von Problemen mit hoher Praxis-relevanz im Labor bearbeitet.

Radikalchemie in wässriger Lösung

Im Reagenzglas höchst kurzlebig, lassen sich einzel-ne Elektronen in einem nur einen Nanometer großen Wassertröpfchen, einem Cluster aus etwa 50Wassermolekülen, für mehrere Minuten stabil halten. Bei tiefen Temperaturen im Ultrahochva-kuum werden diese Cluster in einer Falle im Zentrum eines supraleitenden Magneten gespei-chert. Durch Messung ihrer Zyklotronfrequenz wird die Masse hochgenau bestimmt. Dadurch lassen sich chemische Reaktionen, bei denen sich die Masse ändert, über die Zeit verfolgen. Durch Laser-beschuss lassen sich außerdem weitere Informati-onen über elektronisch angeregte Zustände gewin-nen. Ersetzt man das Elektron durch ein Metallion wie z.B. einfach positiv geladenes Magnesium, kann

man photochemisch durch Lichteinstrahlung Wasserstoff produzieren. In Verbindung mit quan-tenmechanischen Rechnungen wird der genaue Verlauf dieser photochemischen Reaktion aufge-klärt. Die idealisierten Systeme in unserem Expe-riment lassen sich theoretisch weitgehend beschrei-ben, während praxistaugliche Systeme sehr komplexsind, wodurch es schwierig wird, ihr Verhalten zu erklären oder vorherzusagen.

Atmosphärenchemie im Labor

Während die Chemie neutraler Moleküle und Radi-kale in der Troposphäre sehr gut verstanden ist, liegtdie Rolle von Molekülionen, insbesondere der negativ geladenen, noch weitgehend im Dunkeln. Klar ist, dass das CO3

- Radikal, das durch ionisie-rende Strahlung oder Entladungen, d.h. Blitze, entsteht, eine zentrale Rolle einnimmt. In unserem Experiment konnten wir zeigen, dass dieses Molekül-ion mit Chlorwasserstoffgas reagiert, wobei noch reaktivere Molekülionen entstehen, die in der Lage sind, Kohlenwasserstoffe anzugreifen. Dies weist darauf hin, dass das CO3

- Radikal in die Oxidationschemie der Troposphäre eingreift.

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Höchstauflösendes Massenspektrometer mit Lasereinkopplung.

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In einem anderen Experiment stellen wir kleinste Modelle von Seesalzaerosolen her, d.h. Natriumchlo-ridcluster, die mit organischen Molekülen dotiert werden. Durch Infrarotspektroskopie klären wir die Einbaulage der Dotierung auf, mit UV-Anregung simulieren wir die photochemische Alterung in der Troposphäre.

Katalyse

Molybdänsulfid wird als Ersatz von Platin bei der Elektrolyse von Wasser diskutiert, dem zentralen Schritt bei der Gewinnung von Wasserstoff aus erneuerbaren Energien wie Wind oder Sonne.

In einem vom Klima- und Energiefonds geförderten Projekt untersuchen wir Cluster von Molybdänsulfid in unterschiedlicher Zusammensetzung, ihre Bildungaus Molybdän und Schwefelverbindungen sowie ihrechemischen Eigenschaften. Ziel dieser Arbeiten ist ein Verständnis wichtiger Elementarschritte bei der elektrochemischen Wasserspaltung mit Molybdän-sulfid, sowie Einblicke in die faszinierende struktu-relle Flexibilität dieses Stoffs, die vermutlich mit der hohen katalytischen Aktivität von Molybdänsulfid zusammenhängt.

Mechanochemie

Ein einzelnes Molekül nehmen und zerreißen, dabei die Kraft messen, die man braucht, um eine chemi-sche Bindung zu spalten – ein faszinierendes Gedan-kenexperiment, das mit modernster Technik Realitätwird: Mit dem Rasterkraftmikroskop, kurz AFM für Atomic Force Microscope, werden lange Polymer-ketten aus einer Reaktionslösung herausgefischt.

Durch speziell präparierte Oberflächen erreicht maneine mechanisch starke chemische Verankerung des Polymers zwischen einem Glasobjektträger und der Spitze des Cantilevers, ein mit Mikrotechnologie gefertigter Federbalken, der sich bei Kräften im Nanonewton-Bereich verbiegt. Diese Verbiegung dient der Kraftmessung, analog zum Federkraft-messer im Schulversuch.

Mit diesen Experimenten entwickeln wir das noch junge Gebiet der Mechanochemie weiter. Auf der Anwendungsseite stehen hier Phänomene wie Reibung oder Materialermüdung, aber auch die Entwicklung neuer Funktionsmaterialien, die auf mechanische Belastung gezielt reagieren.

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Stabilität von Molybdänsulfidclustern im Massenspektrometer.

Computersimulation eines mechanisch aktivierbaren Katalysators.

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PTR Drift Tube TOF-MS

Pulser Detector

InletTime of Flight

Sig

na

l

Aquisition

Timing

IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Umweltphysik

Univ.-Prof. Dr. Armin Hansel

Vor mehr als 20 Jahren wurde am Institut für Ionen-physik und Angewandte Physik ein weltweit einzig-artiges Gasanalyseverfahren entwickelt, das Unter-suchungen von organischen Spurengasen (VOC) in Echtzeit und mit hoher Empfindlichkeit erlaubt.

Ausgehend von reiner Grundlagenforschung über die Eigenschaften von Ionen-Molekül-Reaktionen wurde das PTR-MS Verfahren entwickelt, das Protonentausch Reaktionen als sanfte Ionisations-methode verwendet, um dann intakte Produktionen massenspektrometrisch zu quantifizieren.

Im Jahr 1998 wurde das erste PTR-MS Gerät in einemFlugzeug eingebaut und die VOC-Zusammensetzung der Luft über dem Amazonas in Surinam mit Kolleg-Innen des MPI Mainz untersucht.

Die Ergebnisse dieser innovativen und mobil einsetz-baren Technologie waren so überzeugend, dass eineReihe von KollegInnen diese Geräte kaufen wollten. Daraufhin wurde 1998 die Spin-off Firma Ionicon Analytik GmbH mit Sitz in Innsbruck gegründet. Im Jahr 2004 folgte die Ausgründung der Firma Ionimed Analytik GmbH für medizinische und biotechnologische Anwendungen.

Bis heute wurden mehr als 300 Geräte verkauft und ForscherInnen und Unternehmen auf der ganzen Welt verwenden die PTR-MS Technologie zur Spurenanalyse von VOC im sub-pptv (parts per trillion) Bereich.

Das Team am Institut für Ionenphysik und Ange-wandte Physik wird heute von Armin Hansel geleitet und ist international Vorreiter bei der Untersuchung von organischen Verbindungen in der Umwelt-physik. In den vergangenen 20 Jahren wurde das PTR-MS Verfahren ständig weiterentwickelt und in einer Reihe von Projekten sehr erfolgreich ein- gesetzt.

Die neueste technische Entwicklung, das PTR3-TOF, kann neben VOC auch deren hochoxidierte Um-wandlungsprodukte in der Atmosphäre messen. Diese Umwandlungsprodukte können auch kurz-lebige Radikale sein, die berührungslos in das PTR3 gelangen und dann quantitativ detektiert werden. Mit dieser Technologie können wir auf molekularer Ebene die ersten Schritte bei der Bildung von Aero-solpartikel verstehen.

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PTR-MS:Protonen-Transfer-Reaktions-Massen-Spektrometer

Neuentwicklung:PTR3-TOF

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Das Großexperiment „Cosmics Leaving Outdoor Droplets“ (CLOUD) am CERN läuft seit 2009. Die Aerosolkammer ist mit einem hochreinen Gaseinlasssystem, einem speziellen Beleuchtungs-system sowie einer ganzen Palette an Spezial-instrumenten ausgestattet, darunter auch ein PTR3-TOF der Universität Innsbruck.

Der Einfluss der kosmischen Strahlung bei der Nukleation von Aerosolen kann mithilfe eines zuschaltbaren Pionen-Strahls vom Teilchenbeschleu-niger des CERN simuliert werden.

Um die Bedingungen in der Atmosphäre nachzu-stellen, können die Temperatur, die Zusammen-setzung der Luft und der Einfluss der kosmischen Strahlung in der Kammer unabhängig voneinander verändert werden.

Laut aktuellen Schätzungen entsteht die Hälfte aller Wolken um Partikel, die in der Atmosphäre neu gebildet werden. Den ersten Schritt dabei bezeichnet die Wissenschaft als Nukleation oder Neubildung von Partikeln.

Sehr vereinfachend erklärt, beginnt die Biografie einer Wolke dann, wenn sich Gasmoleküle in der Atmosphäre zu einem Cluster zusammenklumpen. Was dabei auf molekularer Ebene genau passiert, war bisher nicht genau bekannt und konnte erst vor kurzem beim Großexperiment CLOUD entschlüsselt werden.

Wir beteiligen uns auch an „Citizen Science“ Projekten, die an der Schnittstelle zwischen Schulen und der Universität angesiedelt sind.

In zwei Sparkling Science Projekten wird ein inten-siver Austausch zwischen Universität und Schüler-Innen bzw. LehrerInnen praktiziert. Sparkling Science ist ein Forschungsprogramm des Bundes-ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirt-schaft, das einen unkonventionellen und in Europa einzigartigen Weg der wissenschaftlichen Nach-wuchsförderung beschreitet. Die Besonderheit des Programms: In geförderten Projekten arbeiten WissenschafterInnen Seite an Seite mit Jugendlichen an aktuellen Forschungsfragen.

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Das CLOUD (Cosmics Leaving Outdoor Droplets) Experiment am CERN: ausgestattet mit einem PTR3-TOF der Universität Innsbruck

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Nano-Biophysik

Univ.-Prof. Dr. Paul Scheier

Die Erforschung von Clustern und Nanoteilchen ist seit vielen Jahren ein zentrales Thema dieser Arbeits-gruppe. Dabei reichen die Untersuchungen von schwach gebundenen van der Waals Clustern über Fullerene, wie das Fußballmolekül C60, bis hin zu Nanoteilchen aus Metallen und Halbleitern.

Diese Nanometer großen Objekte können in Gas-phase mittels Massenspektrometrie und Laserspek-troskopie und auf Oberflächen mittels Tunnelmikro-skopie erforscht werden. Seit etwa zehn Jahren wer-den Atome und Moleküle im Inneren von Helium-tröpfchen zu Cluster kondensiert, was Untersuchun-gen an exotischen Komplexen bei Temperaturen nahe am absoluten Nullpunkt ermöglicht.

In kalten interstellaren Wolken werden Atome und Moleküle zu ganz ähnlichen Clustern an kalten Staubteilchen zusammengefroren, sodass die Labor-messungen für das Verständnis dieser Komplexe in astronomischen Objekten von Bedeutung sind.

Ionen, die noch einige Heliumatome angelagert haben, eignen sich hervorragend zur Bestimmung der Absorptionslinien der isolierten Ionen. Im Fall von C60

+ konnten so die ersten fünf von 600 Linien der seit fast hundert Jahren bekannten diffusen in-terstellaren Banden diesem Ion zugeordnet werden.

Abbildung 1 zeigt schematisch ein positiv geladenes Fulleren, welches mit 60 Heliumatomen umhüllt ist: 20 Heliumatome sitzen stark gebunden über den Zentren der Sechsecke und bilden ein festes Adsor-bat, während die anderen 40 Atome sich fluktu-ierend über den 60 Kohlenstoffatomen befinden und somit eine flüssige Schicht bilden.

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Abb. 1: Struktur von He60C60+

Links: spektroskopische Unter-suchungen und eine frühere kombinierte experimentelle und theoretische Studie deuten auf die Koexistenz einer festen und flüssigen Adsorbatschicht aus Helium auf diesem Ion hin. Die Absorption von Infrarotpho-tonen einer speziellen Energie führt zum Abdampfen aller ange-lagerter Heliumatome (rechts), woraus sich die Absorptionslinien des reinen C60

+ bestimmen lassen.

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Neben astrophysikalisch relevanten Fragestellungen und reiner Grundlagenforschung auf dem Gebiet der Clusterphysik (Stabilität, Reaktivität und Struktur von geladenen Clustern) entwickelt die Arbeits-gruppe Nano-Biophysik ein Verfahren zur Abschei-dung von massenselektierten Nanopartikeln und deren Anwendungen in der Medizintechnik.

Ionen-Oberflächen-Stöße werden in zwei Projekten erforscht. Einerseits werden reaktive Prozesse, wie sie beim Eintritt von Asteroiden in die Ionosphäre von Planeten und Monden vorkommen, erforscht.

Andererseits stehen technische Fragestellungen, wiedie Plasma-Wand-Wechselwirkung von Fusionsplas-

men bzw. elementare Prozesse bei technischen Plas-maprozessen im Vordergrund.

Intensive Zusammenarbeit gibt es hier seit vielen Jahren mit Prof. Olof Echt (USA), Prof. Diethard Böhme (Kanada), Prof. Andrew Ellis (UK).

Darüber hinaus hat die Arbeitsgruppe Nano-Bio-physik in den letzten fünf Jahren mit sieben Arbeits-gruppen der Universität Innsbruck und mit weiteren elf Gruppen weltweit gemeinsame Forschungs-ergebnisse veröffentlicht.

Industrielle Zusammenarbeiten gibt es derzeit mit den Firmen Plansee SE, MedEl und PhysTech.

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Abb. 2: Bild des Saturnmonds Titan und einem in seiner Atmosphäre nachgewiesenen präbiotischen Molekül (links). Diese chemische Verbindung wurde aus Stickstoff und Methan im Inneren von Heliumtröpfchen im Labor synthetisiert. Nanopartikel lassen sich durch sequen-tiellen Pickup von Atomen im Inneren eines Heliumtröpfchens herstellen. Das in hellblau dargestellte Helium wirkt beim Deponieren auf eine Oberfläche als „Kissen“ und bewirkt ein sanftes Landen.

Abb. 3: Ein Goldatom (gelb) bindet zwei Fullerene zu einer besonders stabilen Hantelform. Diese Reaktion wurde sowohl bei positiv als auch negativ geladenen Ionen beobachtet. Falls der Prozess auch mit anderen Metallatomen ähnlich intensiv abläuft, ist das für den Nachweis von Fullerenen in interstellaren Wolken von immenser Bedeutung.

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Molekulare Systeme

Univ.-Prof. Dr. Roland Wester

Die Forschungsgruppe „Molekulare Systeme“ unter-sucht Eigenschaften und Wechselwirkungen von Molekülen. Unser wesentliches Ziel ist das Verständ-nis der Dynamik von Ionen und Molekülen, die untereinander und mit Lichtfeldern wechselwirken.

Unter Leitung von Roland Wester besteht die Grup-pe derzeit aus vier Postdocs, acht Doktorandinnen und Doktoranden, und mehreren Studierenden im Rahmen ihrer Master-Arbeit. Francesco A. Gianturco ist als Senior Research Professor Teil der Forschungsgruppe.

In unserer Forschungsgruppe arbeiten wir daran, den Ablauf von Ionen-Molekül Reaktionen, sowie reaktive und inelastische Wechselwirkungen zwischen Ionen und Atomen oder Molekülen bei niedrigen Temperaturen zu verstehen. Außerdem arbeiten wir an Photodetachment und Photofrag-mentation molekularer Ionen, und entwickeln Tera-hertz-Absorptions Spektroskopie für molekulare Ionen.

Die von uns untersuchten Prozesse sind auf dem Gebiet der kalten und kontrollierten Reaktionen von Molekülen von Bedeutung. Des weiteren tragen sie zum Verständnis grundlegender Prozesse der orga-nischen Synthese bei und helfen die Astrochemie kalter interstellarer Molekülwolken zu verstehen.

Einige offene Fragen sind besonderes interessant:

• Können wir alle Wechselwirkungen in komplexen Molekülsystemen grundlegend verstehen?

• Welche Rolle spielt die Quantenphysik für chemi-sche Reaktionen?

• Was lernen wir daraus über molekulare Abläufe unter natürlichen Bedingungen?

Die Aktivitäten unserer Gruppe sind über das Forschungszentrum Ionen- und Plasmaphysik / Angewandte Physik in den Schwerpunkt Physik der Universität Innsbruck eingebettet, und tragen zur Forschungsplattform Material- und Nanowissen-schaften bei. Auf internationaler Ebene kooperiert die Gruppe aktiv mit Experimentatoren und Theoretikern rund um die Welt.

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Radiofrequenzfalle mit gespeicherten Ionen; ein Laserstrahl neutralisiert Ionen im angeregten Zustand

Ionische Wassercluster, deren Reaktionen mit CH3I Molekülen untersucht wurde

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In den letzten Jahren war die Gruppe an mehreren wissenschaftlichen Projekten zur Verbesserung unseres Verständnisses molekularer Eigenschaften beteiligt. Eines der Projekte untersucht die Eigen-schaften von interstellaren molekularen Anionen, wie sie vor rund einem Jahrzehnt von Radioastro-nomen entdeckt wurden. Die Vorgänge um deren Entstehung und Zerstörung sind bei den tiefen Temperaturen und niedrigen Dichten, wie sie im interstellaren Raum herrschen, kaum bekannt.

In einem weiteren aktuellen Projekt entwirren wir die Reaktionsmechanismen von grundlegenden Reaktionen in der organischen Chemie, die nukleo-phile Substitution und Eliminierung.

Wir untersuchen auch quantenmechanische Effekte, die bei niedrigen Temperaturen wichtig werden. Hierliegt der Schwerpunkt auf elementaren inelastischenStößen, die ein einziges Quantum an molekularer Anregung austauschen. Die Werkzeuge, welche zur Untersuchung dieser Vorgänge entwickelt wurden,

haben sich auch für die Rotationsspektroskopie von Molekülionen im Terahertz-Bereich des elektroma-gnetischen Spektrums als sehr nützlich erwiesen.

Forschung an Molekülen, die aus lediglich einer Hand voll Atomen bestehen, stößt bereits an die Grenzen der Molekülphysik und Chemischen Physik. Dadurch werden unser Verständnis und unsere experimentellen und theoretischen Methoden, die für kleinere Systeme entwickelt wurden, ständig aufs Neue herausgefordert.

Viele unerwartete Entdeckungen der letzten Jahre geben dafür ein Beispiel, und viele molekulare Eigenschaften, die wichtig sind um Moleküle in unserer Umwelt und deren chemische Wechselwirkungen zu verstehen, warten noch darauf, enthüllt zu werden.

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Interstellare negative Molekülionen, die in unserer Ionenfalle untersucht wurden, vor einer Aufnahme des Pferdekopfnebels

Energieschema und Streubild einer stark exothermen nukleophilen Substitutionsreaktion

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Inelastische Elektronenstreuung

assoz. Prof. Dr. Stephan Denif

Die Arbeitsgruppe (AG) „Inelastische Elektronen-streuung“ wurde 2015 von Stephan Denifl gegrün-det. Schwerpunkt ist die Untersuchung der Wechsel-wirkung von niederenergetischen Elektronen mit Atomen, Molekülen und Clustern.

Die untersuchten Cluster, die kleine Ansammlungen von Atomen und Molekülen darstellen, haben typi-scherweise eine maximale Ausdehnung im Bereich von Nanometern, was etwa einem Hunderttausend-stel der Dicke eines menschlichen Haares entspricht.

In Natur und Technik entstehen niederenergetische Elektronen, sobald hochenergetische Strahlung (bei-spielsweise von radioaktiven Zerfällen) mit Materie wechselwirkt. Heute weiß man, dass im Material stattfindende chemische Prozesse diesen nieder-energetischen Elektronen zugeschrieben werden können. An diesem Punkt hakt die AG ein und unter-sucht elementare Reaktionen von einzelnen Elektro-nen unter Hochvakuumbedingungen.

Der Elektronenstrahl wird mit einem Glühdraht er-zeugt und durch Elektroden (Bild 1) in der Form opti-miert (ähnlich wie Lichtstrahlen durch Glaslinsen). Die geladenen Reaktionsprodukte werden mittels Massenspektrometrie detektiert.

Ein wesentlicher Fokus unserer AG liegt auf der Un-tersuchung der Wechselwirkung von Elektronen mit Biomolekülen. DNA ist ein besonders kritisches Ziel

für Strahlenschäden, da nicht reparierte Strangbrü-che in der DNA zu Zellmutationen und schließlich zur Entstehung von Krebs führen können.

In der Strahlenbiologie herrschte bis zum Anfang dieses Jahrhunderts die gängige Meinung, dass dieseStrangbrüche nur durch Hydroxyl (OH)-Radikale verursacht werden. Diese Radikale entstehen durch die Wechselwirkung von hochenergetischer Strah-lung mit den Wassermolekülen in einer Zelle.

Allerdings zeigten kanadische Forscher im Jahr 2000,dass auch ein einzelnes Elektron Strangbrüche er-zeugen kann. Als Mechanismus wurde dabei der Ein-fang des Elektrons identifiziert.

Die Frage, wie ein einzelnes Elektron einen Doppel-strangbruch bewirken kann, blieb damals offen und schaffte Raum für Hypothesen. Diese Fragestellung wurde von uns im Rahmen einer Studie mit hydrati-sierten DNA-Bausteinen näher untersucht.

Dabei konnten in der Tat die bisher experimentell unbewiesenen Reaktionsschritte zum Doppelstrang-bruch durch ein einzelnes Elektron gezeigt werden (Bild 2).

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Bild 1: Elektronen quelle mit Metall-elektroden zur Lenkung des Elektronenstrahls.

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Freie niederenergetische Elektronen können auch schwache in wesentlich stärkere chemische Bindun-gen umwandeln. Dazu untersuchte die AG die Wech-selwirkung von Elektronen mit organo-metallischen Molekülen: Wolframhexacarbonyl ist von Interesse, um in der Miniaturisierung elektronischer Schaltun-gen Strukturen auf kleinstem Raum zu platzieren. Eine vielversprechende Methode basiert auf Be-strahlung eines organo-metallischen Films mit fokus-sierten hochenergetischen Elektronen oder Ionen, wonach die organischen Reste verdampfen und einerein metallische Struktur übrigbleiben sollte.

Im Experiment wurden zwei Wolframhexacarbonyl-moleküle zu einem schwach gebundenen Dimer kondensiert und mit Elektronen von 70 Elektronen-volt bestrahlt. Die Energie genügt, um ein Elektron vom Dimer zu entfernen, dieses zu ionisieren, sowie chemische Bindungen im Dimer aufzubrechen.

Überraschend zeigt das Massenspektrum der Reakti-onsprodukte (Bild 3) auch die Bildung eines Wolf-ram-Dimerkomplexes. Quantenchemische Rechnun-gen erklären, warum das rein metallische Ion er-zeugt wird: bei der Ionisation wird die schwache Bin-dung zwischen den Molekülen rasch in eine wesent-lich stärkere chemische Bindung umgewandelt. Das erhöht die Stabilität des Metalldimers und führt zumgewünschten rein metallischen Reaktionsprodukt.

Trotz der in den letzten Jahrzehnten umfangreichen Forschungsergebnisse zur Wechselwirkung von Elek-tronen mit Molekülen bleiben viele Fragen noch of-fen, die wir in Zukunft angehen möchten.

Dabei wird der Arbeitsgruppe eine neu entwickelte Elektrosprayionisationsquelle (Bild 4) den Transfer von komplexeren Molekülen in die Gasphase erlau-ben. Beispielsweise werden zur besseren Behand-lung von Tumoren in der Strahlentherapie bestimm-te Moleküle verwendet, um Gewebe für Strahlung zusensibilisieren. Hierfür ist Grundlagenforschung not-wendig, um die elementare Wechselwirkung von Elektronen mit diesen Molekülen besser zu verste-hen. In Zusammenarbeit mit OnkologInnen könnten so neue Moleküle gefunden werden, die für den Ein-satz in der Strahlentherapie in Frage kommen.

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Bild 4: Schnitt durch den neu entwickelten Aufbau für Elektrosprayionisation

Bild 2: Ein langsames Elektron kann einen Doppelstrangbruch der DNA erzeugen

Bild 3: Massen-spektrumder Bildung eines stabilen diatomaren Metallions W2

+

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Komplexe Systeme

assoz. Prof. Dr. Alexander Kendl

Die Forschungsgruppe "Komplexe Systeme" unter-sucht die Physik komplexer dynamischer Systeme.

Im Mittelpunkt der Forschung stehen die theore-tische und numerische Untersuchung von nicht-linearer Dynamik, Turbulenz und Strukturbildung in komplexen Fluiden und ionisierten Vielteilchen-systemen, mit aktuellem Schwerpunkt auf Turbulenzund Transport am Rand von Fusionsplasmen.

Die Gruppe wurde 2008 in Folge des FWF START-Projekts „Turbulenz am Rand von magnetisierten Plasmen: emergente Strukturen und Transport“ unter Leitung von Alexander Kendl begründet.

Ein universelles Phänomen in magnetisierten Plasmen (heißen ionisierten Gasen) sind Driftwellen und Instabilitäten, die turbulente Strömungen und erhöhten Transport erzeugen.

In diesem Projekt haben wir theoretisch und nume-risch derartige Turbulenzen untersucht, wie sie in Weltraum- und Labor-Plasmen auftreten können, aber besonders in Experimenten zur Fusions-forschung mit magnetischem Einschluss in Toka-maks oder Stellaratoren relevant sind.

Die Beschreibung von Instabilitäten, selbstorgani-sierten Strömungen und Turbulenz in magneti-sierten Plasmen kann auf verschiedenen Modell-ebenen erfolgen: makroskopische Flüssigkeits-modelle wie die Magnetohydrodynamik sind dafür zu stark vereinfacht und können wichtige Effekte nicht erklären, wogegen kinetische Modelle im 5- oder 6-dimensionalen Phasenraum mit hohem rech-nerischen Aufwand verbunden sind.

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Fluktuationen der Plasmadichte: Simulation vonDriftwellen-Turbulenz in magnetisierten Plasmen

Simulation der Ausbreitung eines Dichte-Filaments in einem Magnetfeldgradienten

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In diesem Projekt haben wir als Mittelweg so genannte Gyrofluid-Modelle wesentlich weiterent-wickelt und auf aktuelle Probleme in der Plasma-physik und Fusionsforschung angewendet: dieselassen sich mit akzeptablem Aufwand numerischsimulieren und erlauben dennoch die konsistenteModellierung einiger relevanter kinetischer Effekte(wie Gyrations-Radien, Landau-Dämpfung oderstoßarme Wechselwirkungen).

Mit einem elektromagnetischen 6-MomenteGyrofluid-Modell konnten wir dabei erstmals denÜbergang von großskaligen Eruptionen („ELMs“) am Rand von Fusionsplasmen in kleinskalige Turbu-lenz und den daraus entstehenden Transport unterverschiedenen Bedingungen durch numerischeSimulationen untersuchen.

Dies ist relevant für das Verständnis und die Mini-mierung des Teilchen- und Wärmeflusses aus demPlasma auf umgebende Wände. Auch der Einflussverschiedener Wasserstoff-Isotope auf Turbulenz und zonale Strömungen am Rand von Fusions-plasmen wurde damit erstmals charakterisiert.

Eine wesentliche neue Entwicklung unserer Arbeits-gruppe sind sogenannte „full-F“ Gyrofluid-Simula-tionen, welche im Gegensatz zu bisherigen Modellendie konsistente Behandlung von endlicher Ionen-temperatur und hohen Fluktuationsamplituden erlauben, wie sie besonders in der äußeren Schicht von Fusionsplasmen auftreten.

Damit wurden Skalierungsgesetze zur Vorhersage des äußeren Plasmatransports verbessert, und ein verlässlicherer Vergleich der Simulationen mit experimentellen Messungen ermöglicht.

Die neuen Modelle sollen im Weiteren auf die Simu-lation der Entstehung von Transportbarrieren in Fusionsplasmen angewendet werden.

Die Forschungsgruppe ist über die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auch in EURO-fusion eingebunden, welche die europäische Zusammenarbeit zur Fusionsforschung koordiniert.

Neben den grundlagenorientierten Arbeiten zur Fusionsforschung beschäftigen wir uns auch mit fundamentalen nichtlinearen Prozessen in Labor- und Weltraumplasmen, wie z.B. in Elektron-Positron Plasmen, staubigen oder ultrakalten Plasmen.

Ein wichtiger Aspekt ist auch die (Weiter-) Entwick-lung von numerischen Methoden zur Simulation vonFluid- und Vielteilchenmodellen auf Hochleistungs-rechnern. Einer der von uns neu entwickelten Simulations-Codes wurde dabei besonders zur Verwendung auf Grafikkarten (GPUs) optimiert und ist als Open-Source Software verfügbar.

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Simulation des Ausbruchs einer ELM-Instabilität am Rand eines Fusionsplasmas

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Computational Chemistry

ao. Univ.-Prof. Dr. Michael Probst

Die Arbeitsgruppe "Computational Chemistry" untersucht das Verhalten von Feststoffen, Clustern und Molekülen mittels Modellierung am Computer.

Das beinhaltet die Berechnung physikalischer und chemischer Eigenschaften und die Vorhersage dynamischer Vorgänge, wie sie in chemischen Reaktionen ablaufen.

Beispiele von Systemen, die wir untersuchen, sind:

• Materialoberflächen in Kontakt mit Plasma• nanoporöse Materialien wie Zeolite • Flüssigkeiten und Elektrolyte• Elektrochemisch relevante Systeme• Geladene Systeme und negative Ionen

Die Gruppe ist seit 1995 am Institut für Ionenphysik tätig.

Die Modellierung von physikochemischen Systemen ist ein Gebiet, das sich in fast explosionsartiger Entwicklung befindet. Die Möglichkeit, von der Welt der Atome und letztlich der Quantenphysik ausgehend, zu berechnen, wie sich makroskopische Objekte – vom Autokatalysator bis hin zur chemi-schen Fabrik – verhalten, ist real geworden. Man beginnt, zu verstehen, wie verschiedene Methoden, die jeweils ihre eigenen Zeit- und Ortsskalen haben, miteinander gekoppelt werden können.

Weltweit wird daran gearbeitet, dies zu systemati-sieren, aber derzeit muss muss noch für jedes Einzelproblem eine spezielle Methodenkombination gefunden werden. Wir bemühen uns, in diesem großen Feld einzelne Beiträge zu liefern, um den ‚Methodenbaukasten‘ zu optimieren. _________________________________

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Analyse einer Computersimulation zur Bestimmung der Lebensdauer von Wasserstoffbrückenbindungen in Glykol.

Abb. links: Simulation von C60 - Molekülen auf einer Aluminum-Oberfläche: C60 verändert die Ladungsverteilung an der Oberfläche. So können Nanostrukturen erzeugt werden.

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Die Methoden der Computerchemie und des Model-lierens, mit denen wir arbeiten, sind Quantenche-mie, Molekulardynamik, Monte-Carlo Methoden, und hierarchische Methoden.

Für alle diese Methoden unabdingbar ist Kenntnis des wissenschaftlichen Hochleistungsrechnens in Theorie und Praxis. Der Aufschwung in der Modellie-rung realer physikochemischer Systemen ist ohne die Fortschritte der Computertechnologie und der numerischen Mathematik nicht denkbar.

Im Folgenden werden zwei anwendungsorientierte Forschungsvorhaben aus der theoretischen Material-wissenschaft mit Anwendung auf die Fusionsfor-schung exemplarisch vorgestellt. Das erste betrifft das Verhalten von Metalloberflächen in einem Fusi-onsreaktor. Derartige Reaktoren werden tatsächlich gerade gebaut und ihre dem Plasma ausgesetzten Oberflächen müssen hohe Temperaturen aushalten.

Wolfram (vor allem wegen des hohen Schmelz-punkts) und Beryllium (vor allem, weil es leicht ist und nicht radioaktiv wird) sind als Wandmaterialien vorgesehen. Wir haben die Stabilität verschiedener Oberflächen dieser Metalle und ihrer Legierungen (‘Gemische’) mit Computersimulationen untersucht und herausgefunden, dass die Legierungen sich ‘gut-mütig’ verhalten, dass also ihre Stabilität im Wesent-lichen dem Mischverhältnis entspricht.

Allerdings konnten wir zeigen, dass einige Formeln, die oft zur Simulation von derartigen Oberflächen verwendet werden, nicht korrekt sind. Diese For-meln werden als ‘Bindungsordnungs-Potentialfunk-tionen’ bezeichnet und machen in der Praxis Com-putersimulationen, die sonst zu langwierig oder wegen des Zeitaufwands sogar unmöglich wären, erst durchführbar. Wir suchen nun in einem neuen Projekt unter der Leitung von Alexander Kaiser im Rahmen eines FWF-Projekts nach Möglichkeiten,

diese Formeln und die damit zusammenhängende Technik zu verbessern. Konkret wollen wir die er-wähnten Potentialfunktionen durch neuronale Netz-werke ersetzen. Wenn das gelingt, wäre dies univer-sell und auch auf andere Probleme anwendbar.

Das zweite Forschungsvorhaben betrifft das heißePlasma in der Nähe der vorher erwähnten Oberflä-chen. Hauptsächlich besteht es aus Deuterium-Kati-onen und Elektronen, jedoch sind Verunreinigungenunvermeidbar, die die Energiebilanz des Plasmas stö-ren. Es ist deshalb notwendig, zu wissen, wie seineElektronen mit den Verunreinigungen reagieren.

Ein Projekt, dies zu quantifizieren, wurde schon vorvielen Jahren von Tilmann Märk und Mitarbeiterndurchgeführt. Vor kurzem ist auf Grund der Verwen-dung neuer Materialien und Experimente das Inter-esse der Scientific community an dem Thema wie-dererwacht, und Stefan Huber und andere Mitarbei-ter konnten mit verbesserten Berechnungsmetho-den im Rahmen eines EUROfusion-Projekts eine Viel-zahl von neuen, sehr begehrten ‚Elektronenimpakt-Wirkungsquerschnitten‘ berechnen.

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Struktur einer Neural-Netzwerk-Potentialfunktion(nach: Nongnuch et al., Phys. Rev. B 85, 2012)

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE - ARBEITSGRUPPEN

Experimentelle Plasmaphysik

ao. Univ.-Prof. i.R. Dr. Roman Schrittwieser

Die Innsbrucker Experimentelle Plasmaphysik-gruppe (IEPPG) beschäftigt sich mit dem vierten Aggregatzustand der Materie, in dem aufgrund der hohen Temperatur oder infolge einer elektrischen Entladung die meisten Atome ionisiert sind.

Ein Plasma besteht meistens aus einem gasförmigenGemisch aus positiven Ionen und freien Elektronen. Plasma finden wir in Energiesparlampen und in unzähligen plasmatechnischen Anwendungen, besonders in der Beschichtungs-, Ätz- und Verede-lungstechnik für Oberflächen verschiedenster Art, und bei der Herstellung von integrierten Schaltkrei-sen. Eine neue Anwendungsform ist die Behandlung von Biomaterialien (z.B. Prothesen) mit Hilfe von Plasmen zur Erhöhung der Biokompatibilität sowie die Behandlung von Wunden und Narben.

Plasma wird in Fusionskraftwerken auch ein Ener-gieträger der Zukunft sein, wenn aus Kernfusion vonDeuterium und Tritium verwertbare Wärmeenergie gewonnen werden kann. Die Kernfusion könnte in Zukunft eine praktisch unerschöpfliche, sichere und CO2-freie Energiequelle zur Verfügung stellen.

99 Prozent der sichtbaren Materie des Universums befindet sich im Plasmazustand, darunter alle aktiven Sterne sowie die Ionosphäre und Magneto-sphäre der Erde. Plasma erfüllt mehr oder weniger fein verteilt fast den gesamten interplanetaren, interstellaren und intergalaktischen Raum. Auch Blitze sind nichts anderes als atmosphärische Plasmaentladungen.

Das Innsbrucker Plasmalabor bzw. die IEPPG wurde im Jahre 1968 vom damaligen Vorstand des Instituts für Theoretische Physik, Prof. Ferdinand Cap (1924 – 2016) begründet. Die erste Plasma-Apparatur, die Q-Maschine, lieferte im Jahre 1970 erste Resultate. Der Name kommt vom Englischen "Quiescent plasma machine". Darin wird ein ruhiges Plasma erzeugt und magnetisch eingeschlossen. Im Jahr 1981 wurdedas Labor durch eine DP-Maschine erweitert, in der das Plasma durch eine Heißkathodengasentladung erzeugt wird.

Prof. Maximilian Pahl, der erste Vorstand des Instituts für Atomphysik, war der experimentelle Leiter, und Prof. Ferdinand Cap der theoretische Leiter des Innsbrucker Plasmalabors.

Bis 1990 wurde das Innsbrucker Plasmalabor, obwohl räumlich zum Institut für Atomphysik gehörend, de facto jedoch von Mitarbeitern des Institutes für Theoretische Physik betrieben. Erst nach der Habilitation von Roman Schrittwieser im Jahre 1990 und dessen Übertritt zum Institut für Ionenphysik (wie es seit 1987 hieß) wurde die IEPPG vollständig in die Struktur des Instituts für Ionen-physik integriert.

Von Anfang an pflegte die IEPPG intensive inter-nationale Beziehungen. In den 1970er Jahren begannen Beziehungen mit der Tohoku-Universität in Sendai (Japan) und der Alexandru-Ioan-Cuza-Universität in Iasi (Rumänien), sowie dem dänischen Forschungsinstitut Risø bei Roskilde.

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Bis Ende der 1980-er Jahre waren die Forschungs-anstrengungen der IEPPG vor allem niederfrequen-ten, stromgetriebenen Instabilitäten in stark magnetisierten Plasmen gewidmet. Die IEPPG leistete Pionierarbeit insbesondere in der Aufklärung der Potentialrelaxationsinstabilität und der elektrostatischen Ionenzyklotroninstabilität.

Anfang der 1990er Jahre verlagerten sich die For-schungsthemen der IEPPG vor allem auf Raumla-dungsdoppelschichten, die sich an Grenzflächen ausbilden. Zu deren besserem Verständnis konnte die IEPPG wichtige Beiträge leisten.

Zur Erfassung und Messung der Vorgänge in diesen Plasmen wurden vor allem Plasmasonden verwen-det, so dass die IEPPG auch auf dem Gebiet der Sondenplasmadiagnostik große Erfahrung gewann und neue Typen von Sonden entwickelte. Besonders auf dem Gebiet der direkten Bestimmungdes Plasmapotentials mithilfe von neuartigen Sonden konnte die IEPPG Pionierarbeit leisten.

Anfang der 2000er Jahre begannen im Innsbrucker Plasmalabor auch Forschungen mit direkten tech-nischen Anwendungsmöglichkeiten, speziell in der Beschichtungstechnik, als einfache und effektive Formen der Hohlkathode entwickelt wurden. Auch dielektrische Barriere-Entladungen bei Atmosphärendruck wurden auf ihre Anwendungs-möglichkeiten zur Herstellung von kombinierten porösen Polymerschichten untersucht.

Seit 1996 ist die IEPPG über die Österreichische Akademie der Wissenschaften (ÖAW) auch in die österreichische Fusionsforschung eingebunden und ein Mitglied der österreichischen EUROfusion Research Unit. EUROfusion koordiniert die euro-päische Zusammenarbeit in der Fusionsforschung.

Aufgrund ihrer großen Expertise auf dem Gebiet derPlasmadiagnostik mit Sonden konnte die IEPPG auchin der Erforschung der Plasmaverluste in den Rand-schichten von Fusionsexperimenten wesentliche Beiträge leisten. Mit Hilfe von selbst entwickelten Sondenanordnungen konnten Transportvorgänge inden Randschichten von Tokamak-Fusionsexperimen-ten untersucht werden. Die IEPPG verwendete zu diesem Zweck auch zum ersten Mal elektronen-emissive Sonden.

Diese Untersuchungen wurden und werden in den Tokamaks am Institut für Plasmaphysik in Prag, demInstituto Superior Técnico in Lissabon, dem Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching bei München und seit neuestem auch am Swiss Plasma Center in Lausanne durchgeführt.

Derzeit ist die IEPPG mit der Entwicklung eines mehrfachen Sondenkopfes beschäftigt (Abbildung unten), mit dem mehrere wesentliche Plasma-parameter gleichzeitig bestimmt werden können.

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Mehrfache Anoden-doppel-schicht in Argon.

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK HEUTE

Institutswerkstätten und Administration

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Die Entwicklung neuer wissenschaftlicher Apparaturen erfordert höchste Präzision in der Prototypenfertigung und wäre ohne die exzellen-ten Werkstätten des Instituts nicht denkbar.

Die Anforderungen an die beiden Feinmechaniker Simon Mayregger-Kasseroler und Florian Zweiker sind vielfältig, vom vakuumdichten Schweißen bis zum computergesteuerten Fräsen dreidimensio-nal er Bauteile.

Ebenso wichtig ist die Elektronik. Martin Ruetz und Werner Kollnig entwickeln und bauen Hoch-span nungs- und Hochfrequenzelektronik für die Massen spektrometer und Ionenfallen, die am Institut ent wickelt werden. Deren Leistungsfähig -keit hängt an der Qualität der eingesetzten Elektronik.

In beiden Bereichen ist neben der eigentlichen Fertigung vor allem auch der fachkundige Rat bei Projektplanung und Entwicklung nicht hoch genug zu schätzen, denn die wissenschaftlichen Auftrag-geber, meist Masterstudierende und Doktorand- Innen, sammeln noch Erfahrung.

Damit sich die WissenschaftlerInnen voll auf For schung und Lehre konzentrieren können, kümmern sich Christina Bailey, Sandra Nasch-berger, Chitra Perotti und Irmgard Staud mit viel Engagement um die administrativen Belange des Instituts. Bei knapp drei Millionen Euro Drittmittel-umsatz pro Jahr und über 70 MitarbeiterInnen ist das eine anspruchsvolle und vielseitige Tätigkeit, da jede einzelne Referentin das ganze Aufgaben-spektrum vom Einkauf über die Drittmittelverwal-tung bis zur Vorbereitung der Einstellung von Dritt-mittelperso nal, Urlaubs anträge, Freistellungen und Krankmel dungen abdecken muss.

Oben: Feinmechaniker an der 5-Achs-CNC-Fräse.

Rechts: Computer-gesteuertes Hochspannungs-netzteil aus der institutseigenen Elektronik-Entwicklung.

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK – DOKTORATSKOLLEG

DK Atome, Licht und Moleküle

Das Doktoratskolleg Atome, Licht und Moleküle (DK-ALM) nahm 2016 unter der Leitung des Sprechers Roland Wester vom Institut für Ionenphysik und Angewandter Physik Fahrt auf.

Es ist ein gemeinsames Programm der vier Physik-institute der Universität Innsbruck und zielt auf exzellente Ausbildung von PhD-Studierenden im Rahmen von Spitzenforschung ab.

„Der Schwerpunkt liegt zusammen mit der Stärkung der Spitzenforschung auf der Zusammenarbeit zwischen den Studierenden und den Gruppen der vier Physikinstitute“, betont die stellvertretende Sprecherin, Francesca Ferlaino vom Institut für Experimentalphysik.

Das Programm wird vom Österreichischen Wissen-schaftsfonds (FWF) gefördert mit Unterstützung vom Land Tirol und von der Universität Innsbruck. Es bietet 26 PhD-Studierenden optimale Rahmen-bedingungen für herausragende wissenschaftliche Leistungen und persönliche Weiterentwicklung im Hinblick auf eine Karriere in der Wissenschaft oder der Industrie.

Das vereinende Thema der Forschung im DK-ALM Programm sind Atome, Licht und Moleküle und de-ren Wechselwirkungen, wobei die teilnehmenden Gruppen vielseitig aufgestellt sind und die Gruppen-leiterInnen ein hohes Maß an Erfahrung in der Aus-bildung exzellenter DissertantInnen durch die Ein-bindung in wissenschaftliche Fragestellungen an der Front der Forschung aufweisen können.

Die Themen reichen von Quanteninformation, Quantenoptik, ultrakalten Atomen, Quantenvielteil-chentheorie, über Dynamik chemischer Reaktionen und Photochemie, Nano- und Biophysik, bis hin zur Astrochemie und quantitativer Spektroskopie.

Mit diesem breiten Spektrum aus der theoretischen und experimentellen Physik ergeben sich interessan-te Synergien zwischen den Gruppen.

Ein reger Austausch unter den PhD-Studierenden wird durch gezielte DK-ALM Veranstaltungen er-reicht. In der ersten gemeinsamen Sommerschule 2017 trafen sich Studierende, GruppenleiterInnen, und internationale SprecherInnen für drei Tage am Achensee in Tirol. Neben den Vorlesungen durch GastprofessorInnen gab es ausreichend Zeit zum ge-genseitigen Kennenlernen im Rahmen der Poster-präsentationen, und natürlich auch für angeregte Diskussionen und Fragestellungen.

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Das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik ist mit sieben PhD-Studierenden und drei Gruppen im DK-ALM vertreten. Monisha Rastogi aus Indien und Lorenz Ballauf aus Deutschland arbeiten in der Gruppe von Paul Scheier. Monisha Rastogi forscht an neuen Methoden zur Herstellung von größen-selektierten Helium-Nanotröpfchen. Lorenz Ballauf untersucht Streuprodukte bei Kollisionen von Ionen mit Oberflächen, die zum Beispiel im Fusionsexperi-ment ITER vorkommen werden.

Nina Bersenkowitsch und Jakob Heller, beide aus Österreich, aus der Gruppe von Martin Beyer arbeiten an photochemischen Reaktionen und Spektroskopie von Aerosolen und Biomolekülen am Ionen-Zyklotronresonanz-Massenspektrometer und studieren unter anderem die quantenmechanischenProzesse, die bei der Zerstörung von Molekülen durch Licht vorgehen.

Katharina Geistlinger aus Österreich, Alice Schmidt-May aus Deutschland und Malcolm Simpson aus Schottland arbeiten in der Gruppe von Roland Wester. Malcolm Simpson charakterisiert gefangene molekulare Ionen, die auch im Weltall vorkommen können, und geht damit der Frage der Entstehung komplexer Moleküle im interstellaren Raum nach. Alice Schmidt-May untersucht quantenmechanische Resonanzen bei der Streuung kalter Ionen mit Molekülen. Katharina Geistlinger charakterisiert biologische Moleküle mit Spektroskopie.

Neben den drei Forschungsgruppen ist auch die Verwaltung des DK-ALM am Institut beherbergt. Heide Streicher und Alexander Kaiser kümmern sich um die Abwicklung der Forschungsförderung und um die Anliegen aller 26 Studierenden.

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Bild links:

Mitglieder des DK-ALM bei der ersten Sommerschule am Achensee.

Weitere Informationen unter https://www.uibk.ac.at/dk-alm/

Heide Streicher, Alexander Kaiser

DK-ALM-Office,

Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik,

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK – INSTITUT UND WIRTSCHAFT

Institut und Wirtschaft

Mit knapp 70 MitarbeiterInnen und einem Dritt-mittelumsatz von 2,8 Millionen Euro im Jahr 2016 ist das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik vergleichbar mit einem kleinen Unternehmen.

Und ohne unternehmerisches Denken ist die dritt-mittelfinanzierte Forschung kaum mehr möglich: Betriebswirtschaftliches Planen und Budgetieren ist die Voraussetzung dafür, dass notwendige Geräte und Verbrauchsmaterialien gekauft und die Gehälterfür die Mitarbeiter bezahlt werden können.

Dass sich die eingesetzten Steuergelder bezahlt machen, zeigt die Statistik der European Physical Society für Unternehmen, die von der Physik abhängen: Typischerweise verlassen 10 Mitarbeiter-Innen im Jahr unser Institut mit abgeschlossenem Masterstudium oder Promotion.

Wenn man annimmt, dass von der Innovationsleis-tung einer unserer AbsolventInnen der Umsatz von vier weiteren MitarbeiterInnen abhängt, erwirt-schaftet ein Absolventenjahrgang des Instituts in den folgenden 35 Berufsjahren einen Umsatz von insgesamt 425 Millionen EUR.

Neben unserem wichtigsten Produkt, den Absol-venten, gibt es vielfältige Verbindungen zwischen den Forschungsaktivitäten am Institut und der gewerblichen Wirtschaft.

Aus der Grundlagenforschung in die Wirtschaft

Mit den Proof of Concept-Grants hat der Europäische Forschungsrat (ERC) ein Förderinstrument aufgelegt,um Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung wirt-schaftlich verwertbar zu machen. Mit einem dieser begehrten Grants wird derzeit in der Arbeitsgruppe von Roland Wester eine neue Technologie für die Analyse von Spurengasen entwickelt, die auf Tera-hertz-Spektroskopie basiert. Die Grundlagen für diese Entwicklungsarbeit wurden von Roland Westerüber einen erfolgreich abgeschlossenen Starting Grant des ERC gelegt.

Einen ähnlichen Ansatz verfolgen die Kooperativen Projekte der Orientierten Grundlagenforschung, die von der Österreichischen Forschungsförderungs-gesellschaft (FFG) finanziert bzw. verwaltet werden. Um sich als Projekt der Orientierten Grundlagen-forschung zu qualifizieren, muss ein Unternehmen aus Österreich schriftlich sein Interesse an den zu erwartenden Forschungsergebnissen bekunden. Derzeit wird in der Arbeitsgruppe von Martin Beyer an Molybdänsulfid geforscht, das als vielseitig einsetzbarer Katalysator in der Elektrochemie, vor allem zur Herstellung von Wasserstoff, gehandelt wird. Dieses Projekt wird ausMitteln des Klima- und Ener-giefonds gefördert und imRahmen des Programms„ENERGIE DER ZUKUNFT“ durchgeführt.

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Unternehmensgründungen

An die 30 Firmen sind von derzeitigen oder ehema-ligen Mitgliedern des Instituts (mit-) gegründet worden, zwei davon sind bereits zu Weltmarkt-führern aufgestiegen.

Der Innsbrucker Pionier für Cochlea-Implantate Med-El ist unangefochten die größte dieser Firmen, gegründet von Ingeborg und Erwin Hochmair.

Auf Platz Zwei positioniert sich die Ionicon Analytik GmbH, weltweit führender Anbieter von Massen-spektrometern für die Spurengasanalytik. Die zugrundeliegende PTRMS-Methode wurde am Institut von Werner Lindinger, Armin Hansel und Mitarbeitern entwickelt.

Auftragsforschung und Auftragsmessungen

Darüber hinaus gibt es Zusammenarbeit mit Firmen in Form gemeinsamer Projekte oder als Auftrags-forschung bzw. Auftragsmessungen.

So werden am Institut Massenspektrometer der Superlative, ein Rasterkraftmikroskop mit atomarer Auflösung und Lasersysteme mit unterschied-lichsten Leistungsmerkmalen eingesetzt.

Auch die heimische Wirtschaft hat die Möglichkeit, diese Geräte für Forschung und Entwicklung zu nutzen. Ein einfaches Instrument dafür ist der Inno-vationsscheck der FFG, mit dem Klein- und Mittel-unternehmen für 5.000 EUR oder 12.500 EUR Forschungsleistung einkaufen können (Stand 2017).

Ein Unternehmen kann damit beispielsweise Messungen mit wissenschaftlicher Begleitung und Dateninterpretation am FT-ICR-Massenspektrometerder Arbeitsgruppe Chemische Physik finanzieren, dem Gerät mit der wahrscheinlich höchsten Massen-auflösung und Massengenauigkeit, das in Österreichverfügbar ist.

Aber auch komplexere Forschungsaufträge, wie die Entwicklung neuer Messmethoden oder Machbar-keitsstudien, werden gerne bearbeitet, wenn sie zum wissenschaftlichen Portfolio des Instituts passen. Ergibt sich daraus eine langfristige Koopera-tion zur Entwicklung eines Verfahrens oder Produkts, liegt das im Interesse aller Beteiligten.

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Bild oben: Massenspektrum von Angiotensin I, C62H92N17O14

3+, ionisiert mit Elektrospray. Durch die extrem hohe Auflösung werden die Beiträge verschiedener Isotope klar sichtbar.

Bild unten: AFM-Bild einer Mottenschuppe.

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IONENPHYSIK UND ANGEWANDTE PHYSIK – INSTITUT UND SCHULE

Institut und Schule

Naturwissenschaftliches Interesse kann man nicht früh genug wecken: Wenn es auf die Matura zugeht, ist für die allermeisten Schülerinnen und Schüler schon klar, ob ein Studium im MINT-Bereich in Fragekommt. Der Physik kommt dabei eine Schlüsselrolle zu, repräsentiert sie doch als Schulfach Naturwissen-schaft und Technik insgesamt.

Das Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik beteiligt sich auf verschiedenen Ebenen daran, MINT-Fächer im Allgemeinen und die Physik im Besonderen für Schülerinnen und Schüler attraktiv und interessant zu machen.

Tag der Physik

Jedes Jahr im Februar lädt der Schwerpunkt Physik mehrere hundert Schülerinnen und Schüler auf den Campus Technik ein. Ein buntes Programm aus Vor-trägen, Experimentierstationen und Laborführungenzeigt, dass Physik nicht nur Spaß macht, sondern auch spannende und wichtige Fragestellungen bereit hält, die von der Entstehung kleiner Moleküle im interstellaren Raum bis zur großtechnischen Katalyse reichen. Auch am Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik öffnen wir gerne unsere Labortüren, um unsere coolen Experimente zu zeigen.

Talente-Praktika der FFG

Hier haben Schülerinnen und Schüler ab 15 Jahren Gelegenheit, vier Wochen im Forschungslabor mitzu-arbeiten. Das Institut nimmt seit Jahren jeden Som-mer mehrere PraktikantInnen auf.

Im Jahr 2017 gab es erstmals parallel dazu das Som-mertechnikum MINT auf Initiative des Vizerektors fürLehre und Studierende Bernhard Fügenschuh.

Eine Schülerin ist extra aus Oberösterreich ange-reist, um am einwöchigen Einführungskurs des Sommertechnikums teilzunehmen. Darauf folgten drei Wochen Mitarbeit in der Arbeitsgruppe Chemi-sche Physik von Martin Beyer bei der Erforschung der photochemischen Entstehung von Wasserstoff.

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Damit der Funke überspringt: das Institut beteiligt sich an Public Outreach Aktivitäten wie Junge Uni, Lange Nacht der Forschung und Tag der Physik, und führt verschiedene Aktivitäten mit Schulen durch.

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Sparkling Science

An diesem Programm des Bundesministeriums für Wissenschaft, Forschung und Wirtschaft, bei dem Wissenschaftler eng mit SchülerInnen als Jungwis-senschaftlerInnen zusammenarbeiten, beteiligt sich am Institut die Arbeitsgruppe Umweltphysik von Armin Hansel. Das gerade angelaufene Sparkling-Science-Projekt CHAMPIONS beschäftigt sich mit derUntersuchung von Chemischen Abwehrmecha-nismen von Pflanzen in oxidativen Stresssituationen.Beteiligte Projektpartner sind das Helmholtz Zentrum München, sowie das Amt der Salzburger Landesregierung - Abteilung: Umweltschutz und Gewerbe.

Für die Ernährung der wachsenden Weltbevölkerungbraucht es ertragreiche Pflanzen, die zugleich robustgegen zunehmende Umweltbelastungen sind. Im Projekt CHAMPIONS werden die chemischen Abwehrmechanismen von Pflanzen gegenüber Luft-schadstoffen, insbesondere durch Ozon im Detail untersucht. SchülerInnen und LehrerInnen des BORG Mittersill und des BG/BRG Zell am See leisten zur Erforschung dieser Prozesse einen direkten

Beitrag im Projekt CHAMPIONS: Zunächst wird die räumliche Verteilung der Ozon-konzentration im Oberpinzgau gemessen und die Aufnahme von Ozon in Versuchspflanzen abge-schätzt. Gemeinsam mit den WissenschaftlerInnen bauen und programmieren die SchülerInnen mobile Forschungsstationen mit „low-cost“ Sensoren für Ozon, NOx, Temperatur, Feuchte und Strahlung. Zudem werden die Forschungsstationen mit ozon-sensitiven Pflanzen als Bioindikatoren für Ozonbe-lastung ausgestattet. Die Stationen werden in den Heimatgemeinden der Jugendlichen verteilt und von ihnen vor Ort betreut. Mit den Messergebnissen soll erstmals die räumliche Verteilung der effektiven Ozondosis für Pflanzen im Oberpinzgau bestimmt werden.

Im Labor wird untersucht, weshalb manche Pflanzenextrem sensitiv auf Ozon reagieren, andere dagegensehr robust sind. Dazu werden Pflanzen in einem Glasbehälter eingeschlossen und mit Ozon oder anderen Oxidantien behandelt und die Reaktion der Pflanzen darauf erforscht.

Ausbildung von Lehrerinnen und Lehrern

Neben der Pflicht – den Grundvorlesungen in Mechanik, Optik, Elektromagnetismus und Quanten-mechanik – gibt es für angehende Lehrerinnen und Lehrer auch die Kür: Spannende Themen aus der Geschichte der Physik sowie der Physik im Alltag, gesammelt und präsentiert jedes Sommersemester von Paul Scheier, lockern den eigenen Studienalltag auf und geben Impulse für den eigenen Unterricht.

Weiters beteiligt sich das Institut auch an Fortbildun-gen für praktizierende Lehrkräfte. In Zusammenar-beit mit der Pädagogischen Hochschule Tirol hielt Alexander Kendl 2016 ein berufsbegleitdendes Semi-nar zum Thema „Plasma – der vierte Zustand der Materie“ für 31 LehrerInnen aus ganz Tirol ab.

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Schülerinnen bei Labor- und Feldversuchen im Rahmen des Projekts CHAMPIONS

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ANHANG - Literaturverzeichnis und Impressum

Weitere Literatur zur Geschichte des Instituts und der Physik in Innsbruck:

A. Bacher, T.D. Märk (Hg.):40 Jahre Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik.innsbruck university press, 2007.

A. Kendl (Hg.):50 Jahre Plasmaphysik und Fusionsforschung an der Universität Innsbruck.innsbruck university press, 2008.

F. Huter (Hg.):Die Fächer Mathematik, Physik und Chemie an der Philosophischen Fakultät zu Innsbruck bis 1945. Forschungen zur Innsbrucker Universitätsgeschichte, Band X. Kommissionsverlag der Österreichischen Kommissionsbuchhandlung Innsbruck, 1971.

Webseiten des Instituts:https://www.uibk.ac.at/ionen-angewandte-physik/

Diese Festschrift als pdf-Datei:

https://www.uibk.ac.at/ionen-angewandte-physik/ionenphysik50er.pdf

IMPRESSUM

Verantwortlich: Univ.-Prof. Dr. Martin Beyer (Instititutsleiter) Institut für Ionenphysik und Angewandte Physik Technikerstrasse 25, A-6020 Innsbruck, Österreich

Bildnachweis: Institut / Universität Innsbruck / Flowing Frames / CERN / Privat.

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