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– Change Management in KMU – mit einer Studie am Beispiel von Gartenbauunternehmen in Deutschland und einem praxisorientierten Vorgehensmodell Stephan G.H. Meyerding Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V.

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– Change Management in KMU –

mit einer Studie am Beispiel von Gartenbauunternehmen in Deutschland

und einem praxisorientierten Vorgehensmodell

Stephan G.H. Meyerding

Zentrum für Betriebswirtschaft im Gartenbau e.V.

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I

Vorwort

Im Zuge von Globalisierung, demographischem Wandel, Konzentration, gesellschaftlichen Ver-

änderungen, schneller werdendem technologischem Fortschritt und immer kürzer werdender Pro-

duktlebenszyklen wird es für Unternehmen immer wichtiger schnell und flexibel auf veränderte

Umweltbedingungen reagieren zu können. Die Fähigkeit sich zu verändern wird deshalb von

92 % der Führungskräfte als ausschlaggebend für den künftigen Unternehmenserfolg erkannt

(Claßen und Kyaw, 2007, S. 10 ff.). Change Management hat das Ziel die Stabilisierung der im-

merwährenden Veränderung zu erreichen (Klaffke, 2005, S. 54). Der Wandlungsprozess vollzieht

sich in Veränderungsprojekten. Dieses Buch betrachtet das Veränderungsprojekt aus einer pro-

zess- und mitarbeiterorientierten Perspektive, indem ein allgemeingültiges Vorgehensmodell be-

schrieben und Werkszeuge für spezifische Fragestellungen aufzeigt werden. Theoretische Über-

legungen bilden die Grundlage für ein praxisnahes Modell bzw. Methoden, welche durch konkre-

te Anwendungsbeispiele untermauert werden. Gleichzeitig werden der Mensch und seine Psyche,

als schwer quantifizierbarer, aber entscheidender Erfolgsfaktor erkannt. Aus diesem Grund wid-

men sich Teile dieses Buches, diesem Themengebiet. Das Buch schafft, durch ein ganzheitliches

Verständnis, eine Brücke zwischen strukturiertem Vorgehen und der Organisationspsychologie.

Es bietet Unternehmen eine Grundlage Veränderungsinitiativen erfolgreich durchzuführen, soll

aber in erster Linie auf Problemfelder hinweisen, für die unternehmensspezifische Lösungsansät-

ze entwickelt werden müssen. Das Buch richtet sich in erster Linie an Entscheidungsträger in

kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) und beinhaltet eine empirische Studie unter KMUs

der Gartenbaubranche. Die Studie verifiziert die Aussagen und Empfehlungen dieses Buches und

veranschaulicht die Bedeutung eines strukturierten Vorgehens bei Veränderungsinitiativen.

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II

Inhaltsverzeichnis

Vorwort I

Inhaltsverzeichnis II

Abbildungsverzeichnis V

Tabellenverzeichnis VIII

1 Einleitung 1

2 Unternehmensentwicklung durch Change Management 3

2.1 Historie des Change Managements 3

2.2 Change Management als Aufgabe der Unternehmensführung 5

2.2.1 Terminologie: Change Management 5

2.2.2 Entwicklungsmodelle von Unternehmen 6

2.2.3 Evolutionärer und revolutionärer Wandel 10

2.3 Zusammenfassung 11

3 Handlungsfelder des Change Managements 13

3.1 Strategie 14

3.1.1 Optionen des strategischen Wandels 14

3.1.2 Ursachen des strategischen Wandels 17

3.1.3 Zusammenfassung 19

3.2 Kultur 20

3.2.1 Analyse und Wirkung von Unternehmenskultur 20

3.2.2 Gestaltung der Unternehmenskultur 21

3.2.3 Zusammenfassung 23

3.3 Organisation 23

3.4 Technologie 31

3.4.1 Die Rolle der Technologie in der Unternehmensentwicklung 31

3.4.2 Beispiel: IT basiertes Prozessmanagement 33

3.4.3 Zusammenfassung 36

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III

4 Ausgestaltung des Change Management Prozesses 37

4.1 Konzeptionelle Ansätze 37

4.1.1 Konzepte im Überblick 37

4.1.2 Organisationsgestaltung 38

4.1.3 Organisationsentwicklung 39

4.1.4 Evolutionärer und revolutionärer Wandel 41

4.1.5 Zusammenfassung 43

4.2 Widerstände als besonderes Problemfeld 43

4.2.1 Definition und Arten von Widerständen 44

4.2.2 Ursachen von Widerständen 44

4.2.3 Auftretungsformen von Widerständen 45

4.2.4 Umgang mit Widerständen 47

4.2.5 Integrativer Ansatz bei Veränderungsinitiativen 55

4.2.6 Zusammenfassung 55

4.3 Erfolgsfaktoren 56

4.3.1 Integrativer Ansatz zum Veränderungsmanagement 56

4.3.2 Erkenntnisse zu den Erfolgsfaktoren tiefgreifender Veränderungsprozesse aus

den Studien von Vahs und Picot 57

4.3.3 Ableitung allgemeiner „Stellschrauben“ 59

4.3.4 Abgleich: Erfolgsfaktoren der Change Management Studie 2008 65

4.3.5 Zusammenfassung 67

4.4 Change Management Studie Gartenbau 2015 – Veränderungsprozesse erfolgreich

gestalten 68

4.4.1 Einleitung 69

4.4.2 Material und Methoden 71

4.4.2.1 Struktur der Unternehmen in der Stichprobe 73

4.4.2.2 Struktur der befragten Personen in der Stichprobe 76

4.4.3 Ergebnisse und Diskussion 78

4.4.3.1 Anlässe und Hintergründe von Change Management 78

4.4.3.2 Anlässe von Veränderungen in Gartenbauunternehmen 80

4.4.3.3 Hauptziel der Veränderungsinitiativen im deutschen Produktionsgartenbau 82

4.4.3.4 „Megatrends“ hinter den Veränderungsinitiativen 83

4.4.3.5 Einstellung der Entscheidungsträger gegenüber Change Management 88

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IV

4.4.3.6 Eigenschaften des „idealen“ Veränderungs(managers) –Unterstützers 91

4.4.3.7 Lernfähigkeit und Lernmöglichkeiten von Change Management Kompetenzen94

4.4.3.8 Instrumente des Change Managements 95

4.4.3.9 Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen 98

4.4.3.10 Bedeutung von inhaltlicher (sachlicher) und prozessualen (psychologischer)

Dimension bei Veränderungsprozessen 111

4.4.3.11 Zeitpunkt und Ausstattung mit Ressourcen 112

4.4.3.12 Strukturvariablen: wirtschaftlicher Erfolg, „Schwierigkeitsgrad“ der

Veränderung und Veränderungstempo 113

4.4.3.13 Auswirkungen von unzureichendem Change Management 118

4.4.4 Wandlungsfähigkeit als Indikator ökonomischer Nachhaltigkeit von

Gartenbauunternehmen 125

4.4.4.1 Bedeutung des Indikators für Stakeholder und Unternehmung 125

4.4.4.2 Erläuterung der Erhebungsmethodik 126

4.4.4.3 Auswertungen der Daten 130

4.4.4.4 Bewertung des Indikators 131

4.4.5 Zusammenfassung 134

4.5 Phasen des Veränderungsprozesses 137

4.5.1 Zieldefinition und Analyse 137

4.5.1.1 Phase 1: Strategische Zieldefinition 138

4.5.1.2 Phase 2: Analyse 141

4.5.1.3 Zusammenfassung 147

4.5.2 Planung und Realisierung 147

4.5.2.1 Phase 3: Planung 147

4.5.2.2 Phase 4: Realisierung 154

4.5.2.3 Zusammenfassung 155

4.5.3 Phase 5: Evaluierung und Controlling 156

4.6 Modell der Zukunft: Die lernende Organisation 167

5 Fazit 179

Anhang 181

Literatur 185

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V

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Bedeutung von Change Management .................................................................... 6

Abbildung 2: Wachstumsmodell von Greiner ............................................................................. 7

Abbildung 3: Phasenmodell von Bleicher ................................................................................... 8

Abbildung 4: Learning-and-Performance-Modell von Hurst .................................................... 10

Abbildung 5: Handlungsfelder des Change Managements ........................................................ 13

Abbildung 6: Felder der strategischen Erneuerung.................................................................... 15

Abbildung 7: Optionen strategischen Wandels .......................................................................... 16

Abbildung 8: Veränderungsbedarf ............................................................................................. 18

Abbildung 9: Potentielle Ursachen für zukünftigen Wandel ..................................................... 19

Abbildung 10: Beziehungseisberg ............................................................................................. 21

Abbildung 11: Entwicklungsphasen unterschiedlicher Branchen.............................................. 32

Abbildung 12: Meilensteine des Informationszeitalters ............................................................ 32

Abbildung 13: Prozessgestaltung ............................................................................................... 35

Abbildung 14: Vorgehensweise Organisationsgestaltung ......................................................... 38

Abbildung 15: Organisationsentwicklung nach Lewin .............................................................. 41

Abbildung 16:Empirische Erkenntnisse zu Ursachen von Widerständen.................................. 45

Abbildung 17: Verlauf eines Veränderungsprozesses aus Sicht der betroffenen Personen ....... 48

Abbildung 18: Reaktionsmuster bei fundamentalen Veränderungen ........................................ 50

Abbildung 19: Emotionen im Wandlungsprozess ..................................................................... 53

Abbildung 20: Methodisches Vorgehen zur Vermeidung der Realitätslücke ............................ 57

Abbildung 21: Kausalmodell der Vahs Studie ........................................................................... 58

Abbildung 22: Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene ............... 60

Abbildung 23: Organisationsstruktur ......................................................................................... 60

Abbildung 24: Partizipationsstrategien ...................................................................................... 63

Abbildung 25: Change Management Studie 2008 – zehn Erfolgsfaktoren................................ 66

Abbildung 24: Herkunft der befragten Unternehmen ................................................................ 73

Abbildung 27: Aufteilung der Befragten auf die Sparten des Produktionsgartenbaus .............. 74

Abbildung 28: Anzahl der Mitarbeiter (oben) und der Saisonarbeitskräfte (unten) .................. 75

Abbildung 29: Untersuchte Einflussfaktoren auf Themenbereiche des Change Managements 76

Abbildung 30: Funktion der Studienteilnehmer im Unternehmen ............................................. 77

Abbildung 31: Dauer der Unternehmenszugehörigkeit der Studienteilnehmer ......................... 77

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VI

Abbildung 32: Derzeitige Bedeutung von Change Management .............................................. 78

Abbildung 33: Zukünftige Bedeutung von Change Management ............................................. 79

Abbildung 34: Ursachen für Veränderungen in den nächsten drei Jahren ................................. 80

Abbildung 35: Hauptziele von Veränderungsprojekten ............................................................. 82

Abbildung 36: „Megatrends“ im deutschen Produktionsgartenbau ........................................... 85

Abbildung 37: Leidensdruck erhöhen oder Betroffene zu Beteiligten machen ......................... 89

Abbildung 38: Führungsprofile im Wandlungsprozess ............................................................. 91

Abbildung 39: Kompetenzprofil des „idealen“ Change Managers ............................................ 92

Abbildung 40: Erlernbarkeit von Schlüsselkompetenzen eines Change Managers ................... 94

Abbildung 41: Change Management als Bestandteil des Fortbildungsprogrammes ................. 95

Abbildung 42: Unbekanntheit von Change Management-Instrumenten ................................... 97

Abbildung 43: Probleme bei Veränderungsprozessen ............................................................. 100

Abbildung 44: Bekannte Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen ................................... 103

Abbildung 45: Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene ............. 106

Abbildung 46: Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen im eigenen Unternehmen .......... 109

Abbildung 47: Was ist wichtiger: Inhalt oder Prozess (Ablauf)? ............................................ 112

Abbildung 48: Zeitpunkt des Beginns von Change Management- Aktivitäten ....................... 112

Abbildung 49: Ressourcen für Change Management .............................................................. 113

Abbildung 51: Empfundene Veränderungsgeschwindigkeit im Unternehmen ....................... 115

Abbildung 52: Zielerreichungsgrad von Veränderungsinitiativen in den letzten zwei Jahren 116

Abbildung 53: Subjektiver wirtschaftlicher Erfolg der Unternehmen ..................................... 117

Abbildung 54: Existenz von Change Management-Budgets ................................................... 118

Abbildung 55: Entwicklung des Change Management-Budgets ............................................. 119

Abbildung 56: Statements zum Business Case für Change Management ............................... 121

Abbildung 57: Negative Effekte durch unzureichendes Change Management ....................... 122

Abbildung 58: Produktivitätsverlust durch unzureichendes Change Management ................. 124

Abbildung 59: Steigerung der Mitarbeiterfluktuation durch unzureichendes Change

Management ....................................................................................................... 124

Abbildung 60: Methodisches Vorgehen zur Vermeidung der Realitätslücke .......................... 126

Abbildung 62: Zuordnung der Frage zu den Stellschrauben ................................................... 132

Abbildung 63: Bewertungsfunktion des Indikators Wandlungsfähigkeit ................................ 133

Abbildung 64: Beispiel Aufgabenanalyse Einführung Prozessmanagement ........................... 142

Abbildung 65: Machtpolitische Stabilisierung ........................................................................ 145

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VII

Abbildung 66: 4-C Mobilisierungsansatz ................................................................................ 149

Abbildung 67: Change Management Plan ............................................................................... 150

Abbildung 68: Fokus des strategischen Veränderungscontrollings ......................................... 158

Abbildung 69: DuPont-Kennzahlensystem .............................................................................. 159

Abbildung 70: Balanced Scorecard für das Change Management........................................... 161

Abbildung 71: Der Wissenswürfel ........................................................................................... 170

Abbildung 72: Lernebenen ...................................................................................................... 171

Abbildung 73: Die Bausteine des Wissensmanagements nach Probst u.a. .............................. 173

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VIII

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Rolle des Change Agent‘s ......................................................................................... 40

Tabelle 2: Klassifizierung der Symptome Einzelner und kleiner Gruppen ............................... 46

Tabelle 3: Strategische Zieldefinition ...................................................................................... 138

Tabelle 4: Analyse ................................................................................................................... 142

Tabelle 5: Kontextanalyse ........................................................................................................ 143

Tabelle 6: Stakeholderanalyse ................................................................................................. 144

Tabelle 7: Planung ................................................................................................................... 148

Tabelle 8: Realisierung ............................................................................................................ 154

Tabelle 9: Evaluierung ............................................................................................................. 156

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1

1 Einleitung

Der Umgang mit Veränderungen ist für den nachhaltigen Unternehmenserfolg in einer vom

Wandel geprägten Zeit entscheidend. Veränderungsprozesse zum Erfolg zu führen ist die Aufga-

be des Change Managements. Als Managementkonzept hat es zum Ziel die Stabilisierung der

immerwährenden Veränderung zu erreichen. Diese Stabilisierung wird durch eine interdisziplinä-

re Betrachtung aus den Blickwinkeln des Projektmanagements, der Organisationslehre und der

Organisationspsychologie erreicht.

Change Management ist zusammen mit dem Innovationsmanagement und anderen Disziplinen

Bestandteil der Unternehmensentwicklung. Das zweite Kapitel schafft die Grundlagen für die

weitere Betrachtung, indem Historie und Terminologie des Change Managements dargestellt und

Entwicklungsmodelle von Unternehmen erklärt und einer kritischen Würdigung unterzogen wer-

den.

Das dritte Kapitel behandelt die Handlungsfelder des Change Managements: die Strategie, die

Kultur, die Organisation und die Technologie. Es werden die möglichen Ausprägungen der Hand-

lungsfelder aufgezeigt, beschrieben wie eine Analyse der Organisation durchzuführen und die

Handlungsfelder gestaltet werden können.

Das vierte Kapitel behandelt die Ausgestaltung des Change Management Prozesses. Hierzu wer-

den die konzeptionellen Ansätze der Organisationsentwicklung und der Organisationsgestaltung

sowie dem evolutionären und revolutionären Wandel vorgestellt. Grundsätzlich ist der Wandel

und somit auch das Change Management ein immerwährender Prozess, welcher sich allerdings in

endlichen Projekten vollzieht.

Weiche Faktoren sind für den Erfolg einer Veränderungsinitiative von besonderer Bedeutung.

Aus diesem Grund wird auf das Thema Widerstände detailliert eingegangen.

Weiterhin gilt es die Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Change Management zu identifizieren.

Hierzu werden insgesamt drei Studien zu den Erfolgsfaktoren tiefgreifender Veränderungsprozes-

se untersucht und allgemeingültige „Stellschrauben“ abgeleitet.

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Eine eigene empirische Studie im deutschen Gartenbau zeigt am Beispiel dieser Branche, was die

Ursachen von Veränderungsprozessen in den Unternehmen sind und überprüft die Allgemeingül-

tigkeit der Erfolgsfaktoren (Stellschrauben) des Veränderungserfolgs.

Im Zuge eines integrativen Ansatzes zum Veränderungsmanagement werden eine Sach- und eine

psychologische Ebene unterschieden. Es gilt beide Ebenen zu synchronisieren um eine „Realitäts-

lücke“ zu vermeiden. Die Stellschrauben dienen hierbei dazu auf die psychologische Ebene, d. h.

den Mitarbeiter einzuwirken.

Die Veränderungsinitiative wird in einem Projekt durchgeführt. Die einzelnen Phasen werden

beschrieben und Analyseinstrumente sowie entsprechende Handlungsoptionen für die jeweiligen

Fragestellungen aufgezeigt.

In jeder Phase wird auf die Aufgaben der Sachebene, als auch auf die Stellschrauben der psycho-

logischen Ebene eingegangen. Eine Behandlung des Veränderungscontrollings findet sich in der

letzten Phase: der Evaluierung und Controlling.

Abschließend wird ein Modell für die Zukunft: die lernende Organisation dargestellt und rundet

so die ganzheitliche Betrachtung des Themas Change Management sowohl als Konzept der Or-

ganisationsgestaltung als auch der Organisationsentwicklung ab.

Ziel des vorliegenden Buches ist eine ganzheitliche Betrachtung des Change Managements und

besonders der Vorgehensweise innerhalb eines Veränderungsprojektes. Theoretische Überlegun-

gen bilden die Grundlage für ein strukturiertes Vorgehen, welches sowohl harte als auch weiche

Faktoren berücksichtigt.

Die Herausforderung bestand darin, aufgrund theoretischer und empirischer Erkenntnisse ein all-

gemeingültiges Vorgehen abzuleiten ohne dabei den Praxisbezug zu verlieren. Zwar bietet die

Literatur Vorgehensmodelle, doch betrachten diese das Veränderungsprojekt aus einer bestimm-

ten Perspektive meist technologie- oder psychologieorientiert. Aus diesem Grund wird in dem

vorliegenden Buch ein idealtypischer Projektablauf gewählt, um eine ganzheitliche Betrach-

tungsweise zu ermöglichen.

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2 Unternehmensentwicklung durch Change Management

Unter dem Begriff der Unternehmensentwicklung verstehen Pümpin und Prange ganz allgemein

die „in einem Unternehmen im Zeitablauf erfolgenden Veränderungsprozesse“ (Pümpin und

Prange, 1991, S. 15). Dieser Begriff umfasst sowohl Elemente des Unternehmens als auch Bezie-

hungen zwischen den Elementen (Hutzschenreuter, 2006, S. 93) und die resultierende Modifika-

tion des Unternehmensverhaltens (Perich, 1992, S. 305). In der Literatur ist die Abgrenzung zwi-

schen den Begrifflichkeiten Change Management, Unternehmensentwicklung und dem engli-

schen Business Development nicht einheitlich. In dem vorliegenden Buch soll der Begriff der

Unternehmensentwicklung übergeordnet für seine Teilbereiche das Innovationsmanagement und

das Change Management stehen.

Das Change Management wird im Abschnitt: „Change Management als Aufgabe der Unterneh-

mensführung“ definiert. Innovationsmanagement lässt sich definieren als Organisation und Füh-

rung sowie systematische Planung, Steuerung und Kontrolle der Entwicklung und Realisierung

von Innovationen in einer Unternehmung (Bruhn, 2004, S. 6; Meffert und Bruhn, 2006, S. 386ff.;

Blümm, 2002, S. 4). Eine Teilaufgabe des Change Managements besteht in diesem Zusammen-

hang in der Integration der Innovationen in das Unternehmen.

2.1 Historie des Change Managements

Die Ursprünge des Change Management gehen auf die Organisationsentwicklung bzw. die Hu-

man-Relationship-Bewegung in den USA der 30er Jahre des 20. Jahrhunderts zurück. Roethlis-

berger und Mayo hatten im Zuge von Experimenten zur Leistungssteigerung in den Hawthorne-

Werken der Western Electric herausgefunden, dass die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiter weni-

ger durch die Arbeitsbedingungen als vielmehr durch die Aufmerksamkeit, welche den Mitarbei-

tern entgegengebracht, gesteigert wird (Kostka und Mönch, 2009, S. 7).

Kurt Lewin führte in den 40er Jahren weiter gehende Untersuchungen durch. Im National Trai-

ning Laboratory erforschte er das Gruppenverhalten sowie Vorteile und Nutzen von Gruppenar-

beit. Unter Realbedingungen wurde Gruppenarbeit allerdings erst in den 50ern in Organisationen

wie z. B. bei Union Carbide, Volvo und Esso Standard Oil umgesetzt. Dazu wurden umfangrei-

che Programme erstellt, welche aus Gruppentrainings, Teamentwicklung und anderen Interventi-

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onsmaßnahmen bestanden. Dabei zeigte sich, dass die bisherigen individualpsychologischen An-

sätze zu wenig über Interaktionen in Gesamtsystemen aussagten (Kostka und Mönch, 2009, S. 7).

Die Ansätze Lewins prägten Ende der 40er Jahre die „Datenerhebungs- und Rückkopplungsme-

thode“ (survey-guided feedback method) des Institute for Social Research an der Universität von

Michigan, dabei wurden Mitarbeiter befragt und die Ergebnisse anschließend an die betroffenen

Manager und Mitarbeiter „rückgekoppelt“. Durch die Diagnosemöglichkeiten konnten auf allen

Unternehmensebenen gezielt Verbesserungen der Zusammenarbeit vorgenommen werden (Kost-

ka und Mönch, 2009, S. 7ff.).

Nahezu zeitgleich entstand das Konzept der teilautonomen Arbeitsgruppen des Tavistock-

Institute of Human Relations in London. Ziel war es, die Leistungsfähigkeit und Zufriedenheit zu

erhöhen, indem in nahezu selbst gesteuerten Kleingruppen der Handlungsspielraum der Beschäf-

tigten erweitert wurde (Kostka und Mönch, 2009, S. 8).

Der Begriff „Organisation“ wurde durch die Organisationsentwicklung Mitte der 50er Jahre revo-

lutioniert. Das bis dahin gängige Menschenbild im Unternehmen hatte bei Veränderungen der

Organisation den Menschen mit seinen individuellen Zielen und sozialen Beziehungen weitge-

hend ausgeblendet. Die Organisationsentwicklung betrachtet die Organisation und ihre Mitglieder

nicht mehr isoliert voneinander, sondern versteht sie als Einheit, welche mit ihrer Umwelt in Be-

ziehung steht und nur als System sinnvoll verändert werden kann (Kostka und Mönch, 2009,

S. 8).

Da sich das Konzept der Organisationsentwicklung mehr nach innen auf die Humanisierung der

Arbeit richtet und kaum strategische Aspekte berücksichtigte, konnte sich dieses Konzept bis En-

de der 80er Jahre nicht vollkommen durchsetzen (Kostka und Mönch, 2009, S. 8).

Change Management nutzt die Ansätze der Organisationsentwicklung und erweitert diese um

strategische und strukturelle Aspekte. Seit Anfang der 90er Jahre hält Change Management in

großem Maßstab Einzug in Unternehmen (Kostka und Mönch, 2009, S. 8).

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2.2 Change Management als Aufgabe der Unternehmensführung

Im folgenden Kapitel soll die Bedeutung des Umgangs mit Umbrüchen im Rahmen der Unter-

nehmensentwicklung verdeutlicht werden. Hierzu werden verschiedene Modelle zur Unterneh-

mensentwicklung dargestellt und evaluiert.

2.2.1 Terminologie: Change Management

Für das Verständnis des Begriffes des Change Managements sollen die Definitionen von Gatter-

meyer und Vahs herangezogen werden. Gattermeyer und Al-Ani verstehen das Change Manage-

ment wie folgt: „Unter Change Management werden alle Maßnahmen subsumiert, die zur Initiie-

rung und Umsetzung von neuen Strategien, Strukturen, Systemen und Verhaltensweisen notwen-

dig sind.“ (Gattermeyer, 2001, S. 14). Vahs nimmt Bezug auf die Ganzheitlichkeit indem er

Change Management definiert als: „Change Management ist die zielgerichtete Analyse, Planung,

Realisierung, Evaluierung und laufende Weiterentwicklung von ganzheitlichen Veränderungs-

maßnahmen in Unternehmen“ (Vahs und Leiser, 2003, S. 32). Die Definition von Vahs lässt sich

mit der Zielsetzung des Change Managements nach Klaffke verknüpfen: „Das ultimative Ziel des

Change-Managements liegt darin, die Stabilisierung der immerwährenden Veränderung zu errei-

chen“ (Klaffke, 2005, S. 54). Die Synthese der Definition von Vahs und der Zielsetzung von

Klaffke bilden das Grundverständnis des Change Managements in diesem Buch. Somit ist Chan-

ge Management die zielgerichtete Analyse, Planung, Realisierung, Evaluierung und laufende

Weiterentwicklung einer institutionalisierten immerwährenden Veränderung.

Abbildung 1 zeigt die empfundene Bedeutung des Change Managements in der Change Ma-

nagement Studie 2008 von Capgemini Consulting unter deutschen Managern unterschiedlichster

Branchen auf. Es wird deutlich, dass das Management der meisten Unternehmen Wandlungs-

kompetenz als kritischen Erfolgsfaktor für die Zukunft sehen.

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Abbildung 1: Bedeutung von Change Management (Claßen und Kyaw, 2007, S. 10ff.)

Change Management hat im Verständnis des vorliegen Buches vier Handlungsfelder: die Strate-

gie, die Organisation, die Kultur und die Technologie. Ziel eines gelungenen Change Manage-

ment muss es sein, zwischen den Handlungsfeldern einen „optimalen Fit“, d.h. ein ausgewogenes

Verhältnis zur Zielerreichung herzustellen. Hierauf wird im Kapitel: Handlungsfelder des Change

Managements noch genauer eingegangen.

Außerdem soll zwischen ungeplantem und geplantem Wandel unterschieden werden. Ungeplan-

ter Wandel ist passiv und eher evolutionär, ein Wandel in kleinen oft unbewussten Schritten, be-

dingt durch die stetige Veränderung der Umwelt: „Strom des Entstehen und Vergehens“. Geplan-

ter Wandel hingegen ist eine aktive Entwicklung der Organisation als Höher- und Weiterentwick-

lung mit dem Ziel der Effektivitäts- und Effizienzsteigerung. Das Change Management, wie es in

diesem Buch verstanden wird, fokussiert den geplanten Wandel. Auf diese Problematik wird im

Abschnitt: „Evolutionärer und revolutionärer Wandel“ noch genauer eingegangen.

2.2.2 Entwicklungsmodelle von Unternehmen

Die betriebswirtschaftliche Literatur hat viele Ansätze zur Erklärung der Organisationsdynamik

entwickelt, welche unterschiedliche Sichtweisen auf die Unternehmung implizieren. Das Ver-

ständnis unterschiedlicher Phasen und Entwicklungsprozesse im Lebenszyklus eines Unterneh-

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mens stellt einen wichtigen Anhaltspunkt für das Change Management dar. Im Folgenden werden

drei Unternehmenswachstums- und Entwicklungsmodelle von Unternehmen betrachtet: das

Wachstumsmodell von Greiner, das Phasenmodell von Bleicher und das Learning & Performance

Modell von Hurst.

Abbildung 2 stellt das Wachstumsmodell von Greiner mit seinen fünf Phasen dar.

Abbildung 2: Wachstumsmodell von Greiner (Greiner, 1983 und Vahs, 2009, S. 322)

Greiner unterscheidet in seinem Modell fünf evolutionäre Wachstumsphasen, welche sequentiell

durchlaufen werden und jeweils durch typische Managementkonzepte gekennzeichnet sind. Auf

diese Wachstumsphasen folgen jeweils revolutionäre Krisenperioden, welche durch spezifische

Managementprobleme ausgelöst werden und gleichzeitig zu hohem organisationalem Verände-

rungsdruck führen. Dabei ist jede Evolutionsphase Ergebnis vom vorausgegangenen und gleich-

zeitig Ursache für den nachfolgenden Wachstumsabschnitt. In seinem Modell ergeben sich dabei

folgende Konstellationen: Wachstum durch Kreativität – Krise durch Führungsstil, Wachstum

durch straffe Führung – Krise durch fehlende Autonomie, Wachstum durch Delegation – Krise

durch fehlende Kontrolle, Wachstum durch Koordination – Krise durch zunehmende Bürokratie

sowie Wachstum durch mehr Teamgeist, wobei die anschließende Krise bzw. Weiterentwicklung

offen ist (Vahs, 2009, S. 252ff. und Seichter, 2007, S. 5). Prinzipiell sollten alle Phasen nachei-

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nander durchlaufen werden, da mit ihnen wichtige Lernprozesse und Entwicklungsschübe ver-

bunden sind.

Kritisch im Bezug auf das Wachstumsmodell von Greiner anzumerken ist, dass das Modell rein

führungsorientiert ist. Es betrachtet weder den Markt noch andere Umweltfaktoren, welche auf

die Unternehmung einwirken, sondern sieht das Unternehmen als abgeschlossenes System.

Die Krise bzw. der Umbruch in der fünften Phase wird bei Greiner offen gelassen. Vorstellbar

sind eine psychologische Überforderung und eine Projektmüdigkeit resultierend aus der wach-

senden Projektarbeit. Auf diese Krise könnte dann mit einem ausgeglichenen Modell einer Mat-

rixorganisation reagiert werden, in der Linien- und Projektarbeit in einem ausgewogenen Maß

koordiniert werden.

Abbildung 3 zeigt das Phasenmodell von Bleicher mit den sechs Phasen der inneren und äußeren

Unternehmensentwicklung.

Abbildung 3: Phasenmodell von Bleicher (1991, S. 269)

Bleicher entwickelte ein sechsphasiges Modell, welches sowohl eine interne als auch eine externe

Unternehmensentwicklung integriert. Als Phasen der inneren Unternehmensentwicklung gelten

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bei Bleicher die Pionier-, Markterschließungs- sowie Diversifikationsphase, welche von einer

unternehmerischen Idee geprägt sind, die sich erfolgreich am Markt umsetzen lässt und durch den

schrittweisen Aufbau von strategischen Erfolgspositionen zu einem Wachstum des Unternehmens

führt (Vahs, 2009, S. 257). Nach Durchlaufen dieser Abschnitte ist das Unternehmen bzw. die

Organisation meist an den Grenzen seiner eigenen Entwicklungsmöglichkeiten, weshalb in der

äußeren Unternehmensentwicklung auf externer Seite durch Akquisition und Kooperation neue

Wachstumswege gesucht werden. Nach dieser gesamten Entwicklung steht das Unternehmen je-

doch oft an einer überlebenskritischen Schwelle, welche nur durch eine tiefgreifende Umstruktu-

rierung begegnet werden kann. Dabei ist anzumerken, dass die einzelnen Entwicklungs- bzw.

Lebensabschnitte jedoch nicht zwingend und in dieser Reihenfolge durchlaufen werden müssen

(Vahs, 2009, S. 257 und Seichter, 2007, S. 6).

Wo Greiner nur Wachstum, ja im Modell sogar ein Unternehmenswachstum ohne Betrachtung

des Marktes sieht, geht Bleicher weiter, indem er eine Umsatz- und Marktsicht mit einbaut. Das

Greiner- Modell ist bei Bleicher schon in der Pionierphase enthalten. Bleicher schafft hier eine

höhere Flexibilität indem er auch die Stagnation als Bestandteil eines normalen Verlaufs erkennt.

Zusammen bilden die Modelle von Greiner und Bleicher eine Basis für das Verständnis, zu wel-

chem Zeitpunkt – dem Zeitpunkt der Krise – das Change Management, im Verlauf des Unter-

nehmens- Lebenszykluses von Nöten ist.

Abbildung 4 illustriert das Learning & Performance Modell von Hurst.

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Abbildung 4: Learning-and-Performance-Modell von Hurst (2002, S. 32)

Der Vollständigkeit halber soll an dieser Stelle auch das Learning-and-Performance-Modell von

Hurst aufgeführt werden. Allerdings ist das Hurst Modell für die Erklärung der Notwendigkeit

des Change Managements ungeeignet. Hurst kennt keine Krise und keine Dynamik. Die Vorstel-

lung eines abgeschlossenen Prozesses in drei Phasen, an dessen Ende ein Unternehmen „als Hüter

nur noch ernten muss“, ist realitätsfremd. Der dargestellte Prozess des Lernens, der Installation

von Routinen und dessen Optimierung und Verinnerlichung, wird sich in der Praxis eher iterativ

im Unternehmenslebenszyklus wiederholen.

2.2.3 Evolutionärer und revolutionärer Wandel

Im Kontext des Change Managements wird zwischen mehreren Arten des Wandels unterschie-

den. Von Bedeutung sind in diesem Zusammenhang drei Begriffspaare.

Erstens: intendierter und emergenter Wandel. Unter dem intendierten wird ein ungeplanter, unter

dem emergenten ein geplanter Wandel verstanden.

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Zweitens: proaktiver und reaktiver Wandel. Eine weitere Betrachtung fokussiert den Grund des

Wandels, hier ist von einem reaktiven – durch Anpassung an veränderte Umweltsituationen – und

einem proaktiven – der wahrscheinlichen Umweltsituation zuvorkommenden - Wandel die Rede.

Drittens: evolutionärer und revolutionärer Wandel. Dieses Begriffspaar wird im Zuge dieses Bu-

ches das bedeutendste sein. An dieser Stelle soll eine Kurzdefinition genügen, in der evolutionä-

rer Wandel als eher langsam, von unten (Bottom-up) initiierter und revolutionärer Wandel als

eher schnell, von oben (Top-down) initiierter Wandel erklärt werden soll. Eine differenziertere

Definition erfolgt im weiteren Verlauf.

Vahs unterteilt den Wandel in den Wandel erster Ordnung (Gradual/ Evolutionary Change) und

den Wandel zweiter Ordnung (Radical/ Revolutionary Change), wobei Komplexität, Intensität

und die Angst der Betroffenen beim revolutionären Wandel höher sind als beim evolutionären

Wandel (Vahs, 2007, S. 277).

In der Unternehmensimplikation führt revolutionärer Wandel zu Veränderungsprogrammen und

geschieht evolutionärer Wandel durch den Aufbau einer lernenden Organisation. Das vorliegende

Buch fokussiert die Veränderungsprogramme des revolutionären Wandels.

2.3 Zusammenfassung

Ein Unternehmen durchläuft abhängig von seinem Alter und Wachstum unterschiedliche Ent-

wicklungsphasen, die durch Krisen und Umbrüche initiiert bzw. gekennzeichnet werden. Die

Modelle von Greiner und Bleicher beschreiben die Entwicklungsphasen als Ausgangspunkt für

das Change Management. Damit verbunden sind evolutionäre und revolutionäre Entwicklungs-

stufen, die wegen ihrer unterschiedlichen Komplexität und Intensität anders gesteuert werden

müssen. Für Quantensprünge in der Unternehmensentwicklung stellt der Umgang mit revolutio-

närem Wandel eine große Herausforderung für das Management dar und wird deshalb in diesem

Buch als Schwerpunkt behandelt. In der Praxis zeigt sich allerdings, dass sich die Modellreihen-

folge der Entwicklungsstufen nicht beobachtet werden kann. Beispiele hierfür sind die Fusion

von DaimlerBenz zu DaimlerChrysler und die anschließende Abspaltung von Chrysler. Auch die

Landgard, als Beispiel aus dem Gartenbau, musste sich nach Unternehmenszukäufen wieder „ge-

sundschrumpfen“ um ihre Gewinnziele zu erreichen.

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3 Handlungsfelder des Change Managements

Vahs identifiziert vier Handlungsfelder des Change Managements: die Strategie, die Kultur, die

Organisation und die Technologie. Eine Herausforderung des Change Managements ist es diese

Handlungsfelder in einem optimalen Fit zu vereinen.

Die folgenden Kapitel betrachten die vier von Vahs identifizierten Handlungsfelder (Abbildung

5).

Abbildung 5: Handlungsfelder des Change Managements (Vahs und Burmester, 2002, S. 3)

Praxisbeispiele wie die Unternehmensentwicklung von Daimler, Sanofi- Aventis und Siemens

machen deutlich, dass grundlegende und umfassende Aufbau- und Ablaufrestrukturierungsmaß-

nahmen immer mit einer Neuausrichtung der Unternehmensstrategie, einer Anpassung der Tech-

nologie und einer Veränderung der Kultur einhergehen. Bei den Beispielen handelt es sich um

transformativen Wandel mit einer großen Reichweite und Tiefe der Veränderung.

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3.1 Strategie

Der im vorherigen Kapitel aufgeführte geplante Wandel, also die aktive Entwicklung des Unter-

nehmens als Höher- und Weiterentwicklung, basiert auf der strategischen Ausrichtung der Unter-

nehmung. Strategisch bedeutet in diesem Zusammenhang „nachhaltig erfolgskritisch“ und ist in-

sofern für die Existenzsicherung und Zukunftsfähigkeit der Unternehmung bedeutsam (Krüger

und Bach, 2015, S. 48). Anders ausgedrückt: „als strategisch werden alle Fragen angesehen, die

nachhaltig die Erfolgsposition und die Erfolgspotentiale des Unternehmens berühren“ (Krüger

und Bach, 2015, S. 48).

3.1.1 Optionen des strategischen Wandels

Für den revolutionären Wandel lassen sich zwei unterschiedliche Arten von strategischen Frage-

stellungen aufwerfen.

Strategische Fragestellungen zur Erfolgsposition (z. B. Marktanteile):

► Wer sind wir / wollen wir sein? (Aktionsfelder)

► Wofür stehen wir? (Wettbewerbsvorteil)

► Was wollen wir erreichen? (Ziel)

Strategische Fragestellung zum Erfolgspotential (z. B. Struktur oder Kultur):

► Wovon hängt unser Erfolg ab?

Krüger identifiziert in diesem Zusammenhang vier Felder der strategischen Erneuerung (Abbil-

dung 6).

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Abbildung 6: Felder der strategischen Erneuerung (Krüger und Bach, 2015, S. 49)

Beim ersten Feld verändert das Unternehmen weder gezielt sein Erfolgspotential noch seine Er-

folgsposition, ein evolutionärer Wandel findet allerdings trotzdem statt.

Im zweiten Feld findet eine Veränderungsinitiative statt, welche die Erfolgsposition verändert,

das Erfolgspotential aber unberührt lässt. Hier handelt es sich beispielsweise um die Erschließung

eines neuen Marktes.

Das dritte Feld ist gekennzeichnet durch eine Markt- und Prozessveränderung. Im Gegensatz zum

zweiten Feld werden im vierten die Prozesse verändert um beispielsweise eine Kostenreduktion

herbeizuführen. Es findet eine Veränderung des Erfolgspotentials statt, wohingegen die Erfolgs-

position unverändert bleibt.

Eine Strategie lässt sich in vier Schritten ableiten. Am Anfang steht eine Vision, also eine Idee,

wohin sich das Unternehmen entwickeln soll. Die Vision bildet die Grundlage für die Mission des

Unternehmens (sein Auftrag und Zweck). Aus der Mission können in einem weiteren Schritt Zie-

le abgeleitet werden. Für das Controlling sind diese Ziele quantifizierbare betriebswirtschaftliche

Zustände, die innerhalb eines bestimmten Zeitraums erreicht werden sollen. Die Prozessplanung

zur Zielerreichung lässt sich als Strategie bezeichnen.

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Steinmann und Schreyögg unterscheiden drei strategische Planungsebenen. Die Gesamtunter-

nehmensstrategie (Corporate Strategy) mit den Fragestellungen zur Diversifizierung (horizontal

und vertikal), Portfolio, Internationalisierung und Kernkompetenzen des Gesamtunternehmens.

Sowie die Geschäftsfeld- und Wettbewerbsstrategie (Business Strategy) mit den Fragestellungen

nach Kostenführerschaft, Differenzierung und Nischenanbieterschaft. Eine Funktionsbereichs-

strategie (Functional Area Strategy) bricht dann die Ergebnisse aus den ersten beiden Ebenen auf

die Funktionsbereiche Einkauf, Produktion, Vertrieb usw. herunter (Steinmann und Schreyögg,

2000, S. 12ff.).

Die strategischen Planungsebenen werden in einem strategischen Planungsprozess entwickelt.

Grundlage für die strategischen Optionen bildet eine SWOT- Analyse in die Umwelt (Chancen

und Risiken) und Unternehmen (Stärken und Schwächen) eingehen. Nachdem eine strategische

Option ausgewählt wurde, werden strategische Programme entwickelt und schließlich realisiert.

Eine strategische Kontrolle sichert dabei den nachhaltigen Erfolg.

Zusammenfassend stellt Abbildung 7 die Optionen des strategischen Wandels von der Ausgangs-

lage bis hin zu den operativen Projektzielen dar. Die dargestellten Möglichkeiten sind hier bei-

spielhaft und keineswegs vollständig.

Abbildung 7: Optionen strategischen Wandels (Krüger und Bach, 2015, S. 117ff.)

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3.1.2 Ursachen des strategischen Wandels

Im Kapitel: „Optionen des strategischen Wandels“ wurde zwischen einer Anpassungsstrategie

(eher evolutionär), welche zu einer Anpassung des Unternehmens an bestehende Rahmenbedin-

gungen führt, und einer Innovationsstrategie (eher revolutionär), welche zu einer Anpassung an

zukünftige Rahmenbedingungen führt, unterschieden. Auch die Ursachen für den strategischen

Wandel lassen sich kategorisieren. Externe Ursachen wirken von außen auf das Unternehmen ein.

Diese Ursachen können Marktveränderungen, ein Wertewandel in der Gesellschaft (beispielswei-

se der momentan anhaltende Bio- und Umwelttrend) oder eine „turbulente“ Umwelt sein. Im Fal-

le von externen Ursachen kommt es zu einer „Zeitschere“, d. h. die Veränderung in der Unter-

nehmensumwelt tritt ein und das Unternehmen braucht eine gewisse Zeit um sich anzupassen.

Verändert sich das Unternehmen aus sich heraus, so sind oft interne Ursachen vorhanden, es kön-

nen veränderte Wissenspotentiale, Fehlentscheidungen in der Vergangenheit, neue Management-

konzepte oder Organisationsmitglieder sein.

Bei beiden Ursachenkategorien ist das Management als kritischer Erfolgsfaktor zu betrachten, da

es auf die Ursachen, also den entstandenen Wandlungsbedarf entsprechend reagieren muss.

Abbildung 8 stellt die Ergebnisse einer Studie von 120 Unternehmen vom Mittelstand bis zu mul-

tinationalen Konzernen in Bezug auf den Veränderungsbedarf dar. Bei der ersten Frage waren

drei Nennungen möglich.

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Abbildung 8: Veränderungsbedarf (Claßen und Kyaw, 2007, S. 14 und 16ff.)

In der gleichen Studie wurde auch nach potentiellen Ursachen für zukünftigen Wandel gefragt.

Abbildung 9 stellt die Ergebnisse dar. Hier waren bis zu fünf Nennungen möglich. Die prognosti-

zierten Ursachen können als Grundlage für eine Innovationsstrategie dienen.

49%38%

33%32%32%

21%17%17%

16%15%

10%9%

Restrukturierung / ReorganisationWachstumsinitiativen

veränderte UnternehmensstrategieKostensenkungsprogramme

veränderte Marktstrategie / KundenanspracheMergers & Acquisitions

externe VeränderungIT- Innovationen

KVP / sonstige VerbesserungsinitiativenInternationalisierung

Technik- Innovationenveränderte Personalkonzepte

Welche werden in den kommenden Jahren die häufigsten Ursachen für Veränderungen in Ihrem Unternehmen sein?

44%

29%

14%

6%

4%

3%

Wachstum erhöhen

Kosten senken

Qualität verbessern

Integration stärken

Globalität erreichen

etwas ganz anderes

Wenn Sie die Ursachen auf ein einziges Hauptziel der Business Transformation reduzieren würden welches wäre dies für Ihr Unternehmen?

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Abbildung 9: Potentielle Ursachen für zukünftigen Wandel (Claßen und Kyaw, 2007, S. 17)

Die wichtigsten Ursachen für den strategischen Wandel wurden aufgeführt. Auf jede Ursache

einzugehen würde den Rahmen dieses Buches sprengen. In der Praxis sind diese Ursachen Aus-

gangspunkt für das Change Management. Wie muss sich beispielsweise ein Unternehmen verän-

dern um für die zukünftige Demografie, sowohl im Hinblick auf den Kunden als auch auf den

Mitarbeiter, gewappnet zu sein?

3.1.3 Zusammenfassung

Die Strategie nimmt als Handlungsfeld des Change Managements eine Primärfunktion ein und

kann nur unter Einbezug der Handlungsfelder Kultur, Technologie und Organisation bzw. Struk-

tur umgesetzt werden. Der Strategiewandel adressiert die Erfolgsposition oder das Erfolgspoten-

tial und führt zu unterschiedlichen Veränderungsinitiativen (siehe Abbildung 7).

48%39%

37%34%

33%30%

27%25%

23%21%21%

20%16%

12%11%

9%7%

5%2%

Demografie, z.B. AlterspyramideKomplexität, z.B. Ende der Eindeutigkeit

Umwelt, z.B. Klimawandel, Auflagen, KostenArbeitsmarkt, z.B. "War for Talents"

Beschleunigung, z.B. "Time to Market"Asien, z.B. China, Indien

IT- Flexibilisierung, z.B. SOARessourcenengpässe /-preise, z.B. Rohstoffe

Corporate Governance, z.B. Shareholder- FokusInternet, z.B. Web 2.0, konvergenz Medien

Arbeitsformen, z.B. virtuelle OrganisationGlobal Sourcing, z.B. weltweite Beschaffung

Neue Technologien, z.B. Nano-, Bio-, GentechnikArbeitsteilung, z.B. fokusierte Wertschöpfung

Arbeitseinstellung, z.B. "Work-Life-Balance"Finanzmärkte, z.B. regionale Allianzen

Ende der Nationalstaaten, z.B. regionale AllianzenUrbanisierung, z.B. Metropolen

Frauen, z.B. Anteile in Führungspositionen

Welche "Megatrends" werden im kommenden Jahrzehnt die Ursachen für fundamentale Transformationsprozesse in Ihrem Unternehmen sein?

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3.2 Kultur

Unternehmenskultur als Konzept hat sich in den frühen 80er Jahren des letzten Jahrhunderts etab-

liert. Das Werk von Peter und Watermans „The Search of Excellence“ von 1982 führte den Be-

griff Unternehmenskultur zu wirklicher Popularität, wodurch die Anzahl der diesbezüglichen

Publikationen rapide stieg und Ende der 80er Jahre einen Höhepunkt erlangte (Mattes, 1997,

S. 127). Seit dieser Zeit ist das wissenschaftliche Interesse im Bereich Unternehmenskultur rück-

läufig. Unternehmenskulturelle Modelle der 80er Jahre (z. B. Schein (1987), Sackmann (1991)

etc.) tauchen auch heute noch als wichtige Ausgangspunkte in der Literatur auf.

Im Zuge des Change Managements bekommt die Unternehmenskultur wieder die ihr gebührende

Aufmerksamkeit. So wird sie von Penzel, Leiter des Zentralen Merger Offices der HypoVereins-

bank München, als einer von sechs Erfolgsfaktoren bei Mergern angesehen, er sieht die Zusam-

menführung von Kulturen als eine „besondere Herausforderung“ (Schwanke, 2009, S. 25ff.).

3.2.1 Analyse und Wirkung von Unternehmenskultur

Unternehmenskultur sind „spezifische Überzeugungen, Werte und Symbole, die sich in einer Or-

ganisation im Laufe der Zeit entwickelt haben und das Handeln der Organisationsmitglieder in-

formell prägen“ (Schein, 2010, S. 25). „Die Kultur einer Gruppe ist ein Muster gemeinsamer

Grundprämissen, das die Gruppe bei der Bewältigung ihrer Probleme externer Anpassung und

interner Integration erlernt hat, das sich bewährt hat und somit als bindend gilt…“ (Schein, 2010,

S. 25).

Die Kultur ist in Unternehmen unterschiedlich stark ausgeprägt, ein Orientierungsmuster bilden

die drei Dimensionen zur Differenzierung zwischen starken und schwachen Kulturen.

Die Prägnanz beschreibt, wie klar die Orientierungsmuster vermittelt sind, der Verbreitungsgrad,

wie viele Mitarbeiter die Kultur leben und die Verankerungstiefe, wie selbstverständlich die Mus-

ter im täglichen Leben verankert sind (Schreyögg und Conrad, 2000, S. 63).

Weiterhin drückt sich die Unternehmenskultur in verschiedenen Ebenen und deren Beziehungen

zueinander aus. Unsichtbar und meist unbewusst sind Basisannahmen über: Umweltbezug,

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Wahrheit, Zeit, Mensch, menschliches Handeln und soziale Beziehungen. Teils sichtbar, teils un-

bewusst werden Normen und Standards wie Maximen, Richtlinien und Verbote festgelegt. Basis-

annahmen, Normen und Standards drücken sich sichtbar aber interpretationsbedürftig in einem

Symbolsystem bestehend aus Sprache, Ritualen, Kleidung und Umgangsformen aus (Schein,

2010, S. 110).

Die Unternehmenskultur lässt sich durch Beobachtung und Stakeholderbefragungen analysieren.

Das Ziel der Analyse ist es die Stärke und Ausprägung der Kultur mit ihren Basisannahmen,

Normen und Standards und ihrem Symbolsystem zu erfassen und das Beziehungsgeflecht der

Organisation zu verstehen. Der Beziehungseisberg, in Anlehnung an Schein, kann hierfür die

Grundlage bilden (Abbildung 10).

Abbildung 10: Beziehungseisberg (Schein, 2010, S. 114)

3.2.2 Gestaltung der Unternehmenskultur

Eine Remodellierung der Kultur kann notwendig werden, wenn beispielsweise ein gesellschaftli-

cher Wertewandel stattfindet, das Unternehmen reorganisiert wird, ein Wandel von spezifischen

Unternehmenswerten nötig wird (z. B. durch Gesetzesänderungen bezüglich der Gleichberechti-

gung oder Umweltauflagen) oder eine Kulturmigration (z. B. durch eine Fusion) stattfindet bei

der zwei unterschiedliche Unternehmenskulturen aufeinander treffen und zu einer Neuen ver-

schmelzen.

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Bei der Gestaltung der Unternehmenskultur lässt sich wieder zwischen evolutionärem und revolu-

tionärem Wandel unterscheiden. Beim evolutionären Kulturwandel führen herkömmliche Inter-

pretations- und Handlungsmuster in eine Krise oder Unstimmigkeit. Diese Krise verunsichert, so

dass Symbole und Riten an Glaubwürdigkeit verlieren bzw. kritisiert werden. Dadurch treten

„Schattenkulturen“ hervor, welche versuchen neue Orientierungsmuster aufzubauen. Oft kommen

nun die alte und neue Kultur in Konflikt. Im Falle einer Krisenbewältigung durch die neue Kultur

werden ihre Merkmale akzeptiert. Eine neue Kultur mit neuen Symbolen, Riten usw. entfaltet

sich (Schreyögg und Conrad, 2000, S. 75). Dieser Kreislauf verläuft ungeplant und wird von je-

der Organisation ständig und iterativ durchlaufen.

Ein revolutionärer Kulturwandel geschieht geplant basierend auf einer Anforderungs- und Kul-

turanalyse, welche dann zu einem Maßnahmenkatalog führt.

In der Anforderungsanalyse werden sowohl interne als auch externe Anforderungen betrachtet

und die resultierenden Unternehmensanforderungen determiniert. Hieraus werden unterstützende

und / oder notwendige Kulturmerkmale abgeleitet (Soll-Kultur). Die Kulturanalyse ermittelt die

bestehenden Ausprägungen dieser Merkmale (Ist-Kultur). Ein Vergleich von Soll- und Ist-Kultur

zeigt den Veränderungsbedarf auf.

Eine Unternehmenskultur zu verändern ist ein langwieriger Prozess. Die Kulturgestaltung ge-

schieht durch die Führungskraft und das Management. Im Folgenden werden Möglichkeiten auf-

gezeigt, die Unternehmenskultur zu verändern. Zwischen den genannten Gegensätzen existieren

natürlich weitere Abstufungen und Grade.

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► Der Führungsstil: wertgetrieben und vertrauensbasiert; oder formalistisch und kontrollba-

siert.

► Die Entscheidungsfindung: dezentral und kompetenzgetrieben, erkennt den Mitarbeiter als

Mitdenker; oder zentral und statusgetrieben, erkennt den Mitarbeiter als Weisungsempfän-

ger.

► Der Umgang mit Problemen, Fehlern, das Geben von Feedback: konstruktiv und offen und

direkt; oder formell.

► Die Informations- und Wissensweitergabe: offen oder restriktiv.

► Die Innovationsförderung: individuelle Kreativität als iterativer Prozess; oder organisierter

Ansatz.

► Der Organisationsaufbau, flach team- und aufgabenbezogen; oder hierarchisch.

► Die Zusammenarbeit mit Kunden und Partnern: integrativ oder formalistisch.

3.2.3 Zusammenfassung

Die Unternehmenskultur ist das Ergebnis eines Entwicklungsprozesses einer Gruppe, der gestalt-

bar ist; damit wird die Kultur beeinflussbar. Ein revolutionärer Kulturwandel ist somit ein lang-

fristiger Prozess, der für eine strategische Neuausrichtung von Unternehmen häufig unabdingbar

ist. Die Langfristigkeit der Gestaltung erschwert den revolutionären also geplanten Kulturwandel

in einer dynamischen, sich ändernden Umwelt.

3.3 Organisation

Die Organisation „umfasst sämtliche Maßnahmen, die auf eine zielorientierte ganzheitliche Ge-

staltung der Aufbau- und Ablaufbeziehungen eines Unternehmens gerichtet sind“ (Vahs und

Burmester, 2002, S. 56). Drucker sieht als Zweck und Ziel der Organisation, die Stärken der

Menschen produktiv und ihre Schwächen unwesentlich werden zu lassen. Er lässt mit seiner Ziel-

setzung jedoch die Verbesserung der Schwächen außer Acht. Eine erfolgreiche Organisation ent-

wickelt auch immer ihre Mitglieder und sollte Stärken und Schwächen der Mitarbeiter nicht als

statisch betrachten.

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Die Organisation ist abhängig von vier Einflussgrößen, welche im Folgenden gesondert betrach-

tet werden sollen. Zu nennen sind hier der Lebenszyklus der Organisation, der Mensch, die Um-

welt und die Technologie.

Die Einflussgröße des Lebenszykluses ist die erforderliche Anpassung der Organisationsstruktur

je nach Phase der Unternehmensentwicklung und wurde mit dem Wachstumsmodell von Greiner

und dem Phasenmodell von Bleicher dargestellt (siehe hierzu das Kapitel: Entwicklungsmodelle

von Unternehmen).

Die Einflussgröße Mensch ist geprägt durch die Motivation und Arbeitsgestaltung. Diese The-

menbereiche sind komplex und umfangreich, im Rahmen dieses Buches kann ihre Darstellung

daher nur grob erfolgen.

Der Autor geht vereinfachend davon aus, dass eine Vergrößerung des Handlungsspielraumes des

Mitarbeiters mit einer höheren Motivation einhergeht. Der Handlungsspielraum ist abhängig vom

Entscheidungs- und Kontrollspielraum (Entscheidungsfreiheit, Arbeitsanreicherung) und dem

Tätigkeitsspielraum (Arbeitsvarietät) des einzelnen Mitarbeiters. Grundlage ist das aktuelle Men-

schenbild in der Betriebswirtschaftslehre: des durch Entfaltung motivierten Menschen. Die be-

triebswirtschaftliche Literatur geht von einer Entwicklung der Menschenbilder aus. Diese Ent-

wicklung umfasst den unmündigen Mitarbeiter bis ca. 1900, den ökonomisch motivierten Men-

schen ca. 1900-1930, den sozial motivierten Menschen ca. 1930-1950 und ab ca. 1950 den durch

Entfaltung motivierten Menschen. In der Praxis wird eine Synthese der Menschenbilder und ein

Mix der daraus resultierenden Maßnahmen zur intrinsischen und extrinsischen Motivation not-

wendig sein.

Für die Organisationsstruktur entstehen als Ableitung motivationstheoretischer Erkenntnisse fol-

gende arbeitsorganisatorische Modelle. Die Ausdehnung des Handlungsspielraums wird zum ei-

nen durch die Erweiterung der Arbeitsvarietät (Tätigkeitsspielraum) durch einen systematischen

Arbeitsplatzwechsel (Job Rotation) oder eine Arbeitsvergrößerung (Job Enlargement) erreicht.

Zum anderen durch eine Arbeitsanreicherung (Entscheidungs- und Kontrollspielraum als auch

Tätigkeitsspielraum) durch Job Enrichment auf Individualebene oder durch selbststeuernde

Gruppen bzw. Job Enrichment auf Gruppenebene herbeigeführt.

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Um individuelle Barrieren zu überwinden sind zwei Phasen der Motivation nötig. Die erste Phase

versucht die Entscheidungsträger zu motivieren, wohingegen die zweite Phase die Motivation der

Mitarbeiter in den Mittelpunkt stellt.

Eine Studie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, zeigt, dass der wesentliche

Faktor für den erfolgreichen Wandel die Motivation der Entscheidungsträger ist. Vor dem Verän-

derungsprojekt sollten daher Entscheidungsträger ausfindig gemacht werden, welche schon aus

der Erfahrung heraus zu besonders kritischen Meinungen neigen bzw. grundsätzlich am „Altbe-

werten“ festhalten wollen. Diese Entscheidungsträger sind nach ihrer Identifizierung intensiv zu

motivieren.

Planspiele mit geringem Zeitaufwand (Ein- bis Zwei-Tagesworkshops), können an dieser Stelle

besonders hilfreich sein. Die Entscheidungsträger nehmen in dem Planspiel mehrere Rollen ein

und können somit die Sichtweise der anderen Parteien besser nachvollziehen. Ziel dieser Phase

ist die Etablierung einer Unternehmenskultur unter den Entscheidungsträgern, die dem Change

Management gegenüber positiv eingestellt ist.

In der zweiten Phase „lernen“ die Mitarbeiter Wissen zu teilen und eine Neugierde zu entwickeln.

Dieses Verhalten ist für sie oft ungewohnt. Ist die erste Phase geglückt so können die Entschei-

dungsträger in dieser Phase als Multiplikatoren dienen.

Die Mitarbeiter müssen von der Sache überzeugt werden. Hier ist eine Art von Verkaufsveran-

staltung für den Veränderungsprozess denkbar. Dem Mitarbeiter muss der Wandel „verkauft“

werden. Zusätzlich sollte der Mitarbeiter sowohl intrinsisch (Heckhausen und Heckhausen, 2010,

S. 131ff.) als auch extrinsisch (Heckhausen und Heckhausen, 2010, S. 131ff. und Tewes und Sto-

ckinger, S. 100ff.) motiviert werden (siehe auch Meyerding, 2015 und Meyerding, 2016c).

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Intrinsische Motivation kommt von innen, ein interner Anreiz etwas zu tun. Faktoren der intrinsi-

schen Motivation können sein (Kowalzik, 2005, S. 132ff.):

► Umgang mit Menschen haben

► Probleme lösen können

► Eigenständiges Arbeiten

► Einbringen der eigenen Fähigkeiten

► Anderen Menschen helfen wollen

► Einfluss ausüben und etwas bewegen wollen

► Persönlich lernen und sich weiterentwickeln

► Den Arbeitsbereich mitgestalten und Ideen umsetzen

Neben den klassischen Möglichkeiten wie Arbeitsinhalt, Arbeitsverantwortung, usw. ist es im

Rahmen einer Veränderungsinitiative wichtig, dass die Mitarbeiter an der Planung und Durchfüh-

rung der Veränderung beteiligt werden, damit das Projekt auch zu ihrem „Baby“ wird und sie

sich mit ihm identifizieren und das Ergebnis akzeptieren. Wenn den Mitarbeitern ein größtmögli-

ches Maß an Handlungs- und Entscheidungsspielraum gewährt wird, so steigt die Wahrschein-

lichkeit, dass sie intrinsisch motiviert werden. Diese Tatsache ist ein weiteres Argument dafür die

Mitarbeiter eng in das Change Management einzubinden. Diese Einbindung sollte schon zu Be-

ginn des Einführungsprojektes geschehen.

In vielen Unternehmen wird größtenteils auf extrinsische Motivation gesetzt (Heckhausen und

Heckhausen, 2010, S. 331). Dieses geschieht zumeist in Form von Anreizsystemen, die bei-

spielsweise Punkte vergeben, welche am Ende der Abrechnungsperiode in Sach- oder monetäre

Prämien umgewandelt werden. Externe Anreizsysteme erhöhen die Quantität der Leistung. Sie

können aber auch dazu dienen die Qualität dieser zu erhöhen. Denkbar für eine qualitative Ver-

besserung des Inputs wäre beispielsweise ein Bewertungssystem, in welchem andere Mitarbeiter

die Leistungen prüfen und bewerten.

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Neben monetären Anreizen gibt es auch andere Maßnahmen einen Mitarbeiter extrinsisch zu mo-

tivieren (Kowalzik, 2005, S. 133):

► Lob und Anerkennung geben

► Möglichkeiten zur Weiterentwicklung geben

► Chancen zur Verwirklichung von Gestaltungsideen schaffen

► Sicherheit geben hinsichtlich des Arbeitsplatzes und der Kontinuität der Arbeit

► Einräumen von Einflussbefugnis

► Interessante Arbeitsinhalte schaffen oder zur Verfügung stellen

sind Beispiele hierfür.

Innerhalb eines Projektes können die Beiträge eines Einzelnen nur schwer bewertet werden. In

den meisten Projekten ist die Gruppendynamik (ein Teamplay) entscheidender als die Beiträge

von Einzelpersonen. Hier erreicht die extrinsische Motivation ihre Grenzen. In Fällen in denen es

auf Teamarbeit ankommt können Prämien kontraproduktiv sein, da es leicht dazu kommen kann,

dass sich Projektmitglieder zu Recht ungerecht behandelt fühlen. Ein extrinsisches Anreizsystem,

belohnt nur einige wenige Verhaltensweisen, was gerade bei komplexen und / oder kreativen Pro-

jekten zu Problemen führt.

Externe Eingriffe verdrängen die innere, intrinsische Motivation, wenn der Mitarbeiter und die

Mitarbeiterin sie als kontrollierend wahrnimmt. Die externen Anreize können jedoch auch die

innere Motivation verstärken, nämlich dann, wenn sie als unterstützend wahrgenommen werden.

Für Mitarbeiter des deutschen Gartenbaus existieren aussagekräftige Studien von Meyerding

(Meyerding, 2015 und Meyerding, 2016c) in denen sowohl die Präferenzen der Mitarbeiter be-

züglich bestimmte Arbeitsmerkmale als auch die entscheidenden Einflussfaktoren auf die Mitar-

beiterzufriedenheit aufgezeigt werden.

Die Einflussgröße Umwelt auf die Organisationsstruktur soll im Kontext des Change Manage-

ments systemtheoretisch betrachtet werden. Somit wird das System Unternehmung mit seinen

Subsystemen als interagierend mit seiner Umwelt begriffen. Ziel der Organisationsgestaltung ist

in diesem Zusammenhang eine Komplexitätsreduktion; der Komplexität als Differenz zwischen

Umwelt und System.

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Für die Einflussgröße der Technologie auf die Organisationsstruktur gilt ein wechselseitiges Ein-

flussverhältnis. So stellt die Organisationsstruktur Anforderungen an die Technologie um Kom-

munikation und Ablauf zu gewährleisten. Gleichzeitig können Technologieneuerungen, wie bei-

spielsweise neue Produktionsverfahren, welche Mitarbeiter an bestimmten Stellen der Wert-

schöpfungskette überflüssig machen, zu einer neuen Organisationsstruktur führen.

Die Aufbauorganisation gliedert ein Unternehmen in Teileinheiten (Stellenbildung), ordnet die-

sen Aufgaben und Kompetenzen zu und ermöglicht somit die Koordination der verschiedenen

Organisationseinheiten. Die Aufbauorganisation wird nicht ganz überschneidungsfrei nach drei

Dimensionen unterteilt:

1. Zunächst in Bezug auf die Zuweisung von verteilungsfähigen Aufgaben an Aufgabenträ-

ger; dies führt zu funktions- oder objektorientiertem Aufbau, Letzterer je nach Objekt als

Produktorganisation, Kundenorganisation oder Gebietsorganisation.

2. Dann hinsichtlich der Beziehungszusammenhänge zwischen Organisationseinheiten: dies

führt zu dauerhaften Formen der Aufbauorganisation als Einlinienorganisation, Mehrlini-

enorganisation, Stablinienorganisation oder Matrixorganisation.

3. Schließlich nach der Abstimmung der Aufgabenträger im Hinblick auf die Aufgabenerfül-

lung: dies führt zu sekundären Organisationsformen als Teamorganisation, Projektorgani-

sation, Gremiumsorganisation oder Zentralabteilungsorganisation.

Aufbauorganisation ist die Gliederung des Unternehmens in Kostenstellen und der Zusammen-

hang zwischen den betrieblichen Teilbereichen. Die Aufgabe der Aufbauorganisation ist es, unter

Beachtung des erwerbswirtschaftlichen Prinzips als Zielsetzung der Unternehmung eine Aufspal-

tung der Gesamtaufgabe in so viele Teilaufgaben vorzunehmen, dass durch die anschließende

Kombination dieser Teilaufgaben zu Stellen eine optimale Gliederung und Ordnung des Aufbaus

der Unternehmung entsteht. Bei der Aufbauorganisation hat ähnlich wie bei der Ablauforganisa-

tion zunächst eine Aufgabenanalyse und danach eine Aufgabensynthese zu erfolgen. Dabei be-

steht die Hauptaufgabe der Aufbauorganisation in der Strukturierung und in der Integrierung der

verschiedenen Elemente und Subsysteme des Gesamtsystems Unternehmung. Das Ergebnis der

Aufbauorganisation ist das Aufgabengefüge, das Leitungssystem, das Kommunikationssystem

und das Arbeitssystem.

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Die Aufbauorganisation bildet das Stellensystem (Stellenbildung) einer Organisation ab. Sie ist

von der Ablauforganisation zu unterscheiden, die sich auf die Gestaltung von Aufgabenerfül-

lungsprozessen bezieht. Aufbauorganisatorische Regelungen schaffen einen statischen Bezie-

hungszusammenhang zwischen Stellen, welche in Leitungs- und Ausführungsstellen differenziert

werden können. Leitungsstellen berechtigen ihre Inhaber gegenüber nachgeordneten Stellen zu

vollzugsverbindlichen Weisungen. Ausführungsstellen besitzen keine Weisungsbefugnis; sie er-

füllen entweder primär Realisationsaufgaben oder als Stabsstellen entscheidungsvorbereitende

Aufgaben zur Entlastung von Instanzen. Der Beziehungszusammenhang zwischen Stellen wird

durch weisungsgebundene und ungebundene Kommunikation gesichert. Weisungsgebundene

Kommunikation verläuft gemäß der Stellenhierarchie von oben nach unten und begründet das

Leitungssystem. Weisungsungebundene Kommunikation kann sich demgegenüber unabhängig

von der Hierarchie prinzipiell zwischen allen Stellen vollziehen, wenn auch häufig die Einhaltung

bestimmter Verkehrs oder Dienstwege vorgegeben ist.

Die Ablauforganisation ist die räumliche und zeitliche Gestaltung von Arbeits- und Bewegungs-

vorgängen. Sie beschäftigt sich mit der räumlichen und zeitlichen Ordnung (Strukturierung) von

Prozessen zur Erledigung von Aufgaben im Betrieb, die als Ergebnis der Aufgabenanalyse und -

synthese erkannt und zusammengefasst wurden. Die Ablauforganisation bietet Hilfestellungen an

zur Beurteilung, wann wo welche Arbeiten erledigt werden sollen.

Im Gegensatz zu diesen Prozessüberlegungen wird im Rahmen der Aufbauorganisation eine Ord-

nung der organisatorischen Einheiten, nicht in räumlich-zeitlicher, sondern in hierarchischer Hin-

sicht erstellt.

Die Ablauforganisation regelt die inhaltliche, räumliche und zeitliche Folge der Arbeitsprozesse

im betrieblichen Geschehen bei wiederkehrenden Aufgaben. Dabei geht es im Einzelnen um die

Erfassung der Arbeitsabläufe, die Feststellung deren Häufigkeiten, die Bearbeitungs- und Durch-

laufzeiten sowie eingesetzte Arbeitsmittel und erforderliche Kosten mit dem Ziel der effizienten

Gestaltung. Insbesondere sind die Informationsaustauschbeziehungen (Computerkommunikation,

Telefonate, Belegfluss, etc.) zwischen den beteiligten Abteilungen und Unternehmensbereichen

zu regeln.

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Die Ablauforganisation ist auf die raumzeitliche Strukturierung der Arbeitsprozesse gerichtet.

Diese Aufgabe der Prozessstrukturierung verlangt zunächst eine Aufgabenanalyse, an die sich

dann die Aufgabensynthese anschließt. Das Ergebnis ist die Ordnung der Arbeitsvorgänge, die

von Arbeitssubjekten an Arbeitsobjekten unter Verwendung von Arbeitsmitteln in Raum und Zeit

vollzogen werden.

Ablauforganisation und Aufbauorganisation sind zwei verschiedene Aspekte der organisatori-

schen Gestaltung. Während bei der Aufbauorganisation die Bildung von Aufgabenkomplexen als

statische Gebilde und ihre aufgabenbezogene Koordination im Vordergrund stehen, betrachtet die

Ablauforganisation die Organisation primär unter zeitlichen und räumlichen Aspekten als Kom-

plex von Aufgabenerfüllungsvorgängen im Sinne von Arbeitsprozessen (Arbeit). Die Ablaufor-

ganisation bildet den Bereich der organisatorischen Gestaltung, der in hohem Maße auf eine de-

taillierte Abbildung der jeweiligen Aufgabenerfüllungssituation (Aufgabe) angewiesen ist. Ab-

lauforganisatorische Regelungen sind deshalb nur in Bereichen möglich, deren Aufgabenzusam-

mensetzung ein hohes Maß an Stabilität und Routine aufweist (Aufgabenanalyse). Wie deutlich

wird, hängen vom Aufgabenträger und vom Sachmittel Art, Ort, Zeit, Intensität und Rhythmus

der Verrichtungen, von der Art der Aufgabeninterdependenz die zeitliche und räumliche Verfüg-

barkeit der Ausgangsobjekte ab. Bei gegebenen Aufgabenträgern und Sachmitteln lassen sich

ablauforganisatorische Strukturierungsmaßnahmen auf drei Kernprobleme zurückführen: sequen-

tielle Anordnung von Arbeitsvorgängen, d. h. Festlegung der zeitlichen Reihenfolge der einzel-

nen Arbeitsschritte innerhalb eines Aufgabenerfüllungsvorganges, parallele Anordnung mehrerer

Aufgabenerfüllungsvorgänge, räumliche Anordnung, d. h. Festlegung der Arbeitsorte und der

Transportabläufe. Eines der schwierigsten Probleme der Ablauforganisation besteht darin, die

Interdependenz zwischen den verschiedenen Aufgabenerfüllungsvorgängen zu berücksichtigen.

Die Einflussgröße Mensch scheint in der Zukunft die entscheidende Rolle zu spielen. So zeigt

eine Studie, dass weiche Themen wie People, Kooperation und Transformation von einer Mehr-

heit der befragten 1.000 Führungskräfte und Organisationsexperten im deutschsprachigen Raum

als erfolgskritisch für die Zukunft angesehen werden. Das Change Management wird sich also

eher mit diesen weichen Themen auseinander setzen müssen. Bei den harten Themen wie Struk-

tur, Steuerung und Prozesse fühlen sich die Führungskräfte sicher, zwar besteht dort Verände-

rungsbedarf, doch glaubt man über die nötigen Kompetenzen und Erfahrungen zu verfügen (Ro-

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ghé et al., 2009). Eine weitere Studie unter Gartenbauunternehmen kommt zu vergleichbaren Er-

gebnissen (Meyerding, 2016b).

3.4 Technologie

Unter der Technologie im Sinne des Change Managements wird die Gesamtheit der Verfahren

zur Produktion von Gütern und Dienstleistungen, die einer Gesellschaft zur Verfügung steht ver-

standen (Vahs und Burmester, 2002, S. 1). Technologie beinhaltet die Komponenten der Technik

(Werkzeuge, Geräte, Apparate), die materiellen und organisatorischen Voraussetzungen und de-

ren Anwendungen. Beispiele hierfür sind die Energie-, Produktions-, Werksstoff-, IT- und Trans-

porttechnik. Davon abzugrenzen sind Schlüsseltechnologien: „… Technologien, die für den aktu-

ellen Wettbewerb die größte Bedeutung besitzen und damit über die Technologie- und Marktpo-

sition der einzelnen Unternehmen entscheiden“ (Vahs und Burmester, 2002, S. 9).

3.4.1 Die Rolle der Technologie in der Unternehmensentwicklung

Für das Change Management sind, für die Ausrichtung des Unternehmens, im Zuge einer er-

folgsversprechenden Unternehmensentwicklung, sowohl die aktuellen als auch zukünftigen

Schlüsseltechnologien interessant. Aktuell sind die Informations- und Kommunikationstechnolo-

gie und deren erfolgreicher Einsatz, für die meisten Unternehmen, von entscheidender Bedeu-

tung. Für die Zukunft wird als nächste Basisinnovation, dem sechsten Kondratieff, die Biotechno-

logie sowie die psychosoziale Gesundheit erwartet (Nefiodow, 2006). Erste Anzeichen für diese

Entwicklung lassen sich besonders in der Branche der Life-Science beobachten.

Abbildung 11 zeigt die Entwicklungsphase unterschiedlicher Branchen. Gerade für Unternehmen,

welche sich in der Sättigungsphase befinden, ist es entscheidend ihr Produktportfolio mit Produk-

ten in der Wachstumsphase bzw. durch neue Innovationen zu ergänzen oder sich wie die TUI als

ehemaliger Stahlproduzent aus der Schwerindustrie radikal umzuorientieren. Die TUI ist heute

als weltgrößter Tourismuskonzern ein positives Beispiel für gelungenes Change Management.

Auch der deutsche Gartenbau befindet sich eher in der Sättigungsphase mit einem schwachen

oder gar rückläufigen Marktwachstum.

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Abbildung 11: Entwicklungsphasen unterschiedlicher Branchen

Zurzeit befinden wir uns im fünften Kontratieff, dem Zeitalter der Informations- und Kommuni-

kationstechnologie, deshalb soll auf diese detaillierter eingegangen werden.

Informationstechnik wird definiert als: „Zur Realisierung der betrieblichen Informationsstruktur

benötigen Plattformen (Hardware, Software, Netze) und personellen Ressourcen einschließlich

des dazu erforderlichen Managements“ (Stahlknecht und Hasenkamp, 2005, S. 5).

Abbildung 12 stellt die Meilensteine des Informationszeitalters dar.

Abbildung 12: Meilensteine des Informationszeitalters

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Die Informationstechnologie hat einen direkten Einfluss auf die Unternehmensentwicklung, so

kann der Kunde ohne großen Aufwand schnell Informationen über Unternehmen, Produkte und

Preise auffinden. Dies führt zu einer Verschärfung des Wettbewerbs, auch dadurch dass die ver-

fügbare Anzahl der Anbieter wächst (da regionale Informations- und Distributionswege an Be-

deutung verlieren). Durch die Vergleichbarkeit wird der Kundennutzen zum bestimmenden Fak-

tor für den Markterfolg. Neue Formen der arbeitsteiligen Leistungserstellung entstehen, so macht

die IuK- Technologie, beispielsweise das Home-Office erst möglich. Teilweise ist auch eine glo-

bale Beschaffung praktikabel (Picot et al., 2003, S. 5). Die wachsende Vernetzung und der einfa-

chere Informationsaustausch führen außerdem zu einer Steigerung der Innovationsdynamik im

Bereich der Produkt- und Prozessinnovation (Picot et al., 2003, S. 5).

Die IT bildet die Voraussetzung für die sogenannte „Extended Company“ in der Organisationen,

Kundengruppen, Unternehmen und Unternehmensteile an gemeinsamen Projekten zusammenar-

beiten. Die IT führt somit zur Überwindbarkeit von regionalen oder nationalen Grenzen, zu einer

Aufweichung von Unternehmensgrenzen, zu einer Flexibilisierung von Kapazitätsgrenzen und zu

einer Verflüchtigung von Grenzen der Spezialisierung und Qualifizierung von Menschen (Picot et

al., 2003, S. 6).

Die Technologie kann in der Unternehmensentwicklung sowohl die Erfolgsposition (durch neue

Geschäftsmodelle) als auch das Erfolgspotential (durch Produktivitätssteigerungen) verändern

(siehe hierzu Abbildung 7: „Optionen strategischen Wandels“ im Kapitel: „Optionen des strategi-

schen Wandels“).

3.4.2 Beispiel: IT basiertes Prozessmanagement

Ein Trend in der Organisationsgestaltung ist es die Organisation als ständigen Prozess zu verste-

hen. Diese Betrachtungsweise führt zu einem Konflikt zwischen Differenzierung und Integration.

Das IT basierte Prozessmanagement bietet hier einen Lösungsansatz.

„Unter einem Prozess wird die zielgerichtete Erstellung einer Leistung durch die Folge von lo-

gisch zusammenhängenden Aktivitäten verstanden, die innerhalb einer Zeitspanne nach bestimm-

ten Regeln durchgeführt wird.“ (Vahs, 2007, S. 226) „Unter dem Prozessmanagement sind alle

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planerischen und kontrollierenden Maßnahmen zur zielgerichteten Steuerung der Wertschöp-

fungskette eines Unternehmens im Hinblick auf die Zielsetzung, Kosten, Zeit, Qualität, Innovati-

onsfähigkeit und Kundenzufriedenheit zu verstehen.“ (Vahs, 2007, S. 221).

Ein Prozess ist eine Arbeitsaufgabe bestehend aus mehreren Tätigkeiten. Am Anfang eines Pro-

zesses stehen Inputfaktoren; der Prozess stellt Anforderungen an die internen oder externen Lie-

feranten dieser Inputfaktoren. Jeder Prozess generiert einen Output; der externe oder interne

Kunde hat bestimmte Anforderungen an diesen Output. Die Aufgabe des Prozessmanagements ist

es nun den Prozess zu gestalten und zu optimieren. Diese Gestaltung und Optimierung kann auf

Basis einer Informationstechnologie geschehen, und ist in vielen Fällen erst durch den Einsatz

von Softwareprodukten wie SAP R/3 möglich.

Die Prozessabwicklung geschieht funktionsübergreifend über mehrere Abteilungen bzw. Linien

hinweg (Materialwirtschaft, Produktion, Vertrieb usw.) (Vahs, 2007, S. 229). Traditionelle Orga-

nisationskonzepte wie die Linienorganisation haben im Vergleich zur Prozessorganisation mehre-

re Mängel, so kommt es zu Funktionsbarrieren (funktionale Abschottung), Hierarchiebarrieren

(Informationsfilterung) und zu operativen Inseln (Koordinations- und Steuerungsprobleme).

Allerdings ist eine reine Prozessorganisation in den meisten Fällen auf Grund der Art der Leis-

tungserstellung nicht möglich. Abhilfe bietet hier die Möglichkeit das Geschäftsprozessmanage-

ment als eine Art Sekundärorganisation in Form einer Matrixorganisation zu etablieren. Somit

können im Idealfall die Vorteile beider Organisationstypen genutzt werden um die Innovationsfä-

higkeit und Qualität zu erhöhen und die Kosten und Durchlaufzeit zu verringern.

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Die Zielsetzungen des Prozessmanagements lauten wie folgt (Steinmann und Schreyögg, 2000,

S. 99ff.):

► Antwort auf die Mängel der Systemdifferenzierung

Abbau der Differenzierung an sich

Reduktion der Binnenkomplexität

► Zusammenfassung von Spezialfunktionen, ganzheitliche Verantwortung für Prozessergeb-

nisse („Empowerment“)

► Kundenorientierung und Vereinfachung der Kundenschnittstelle

► IT als „Enabler“: Bereitstellung aller Informationen für ganzheitliche Prozessbearbeitung

und -controlling

Das Ergebnis, die Erhöhung von Innovationsfähigkeit und Qualität und die Verringerung von

Kosten und Durchlaufzeit wird zum einen durch die Ausrichtung auf relevante Unternehmens-

prozesse und die Übertragung von Verantwortung und Kompetenzen für den gesamten Prozess,

zum anderen durch eine interne und externe Kundenorientierung erreicht.

Der Ablauf der Prozessgestaltung wird in Abbildung 13 dargestellt.

Abbildung 13: Prozessgestaltung (Steinmann und Schreyögg, 2000, S. 246)

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Die Darstellung des Prozessmanagements kann im Rahmen dieses Buches nur oberflächlich ge-

schehen. An dieser Stelle soll auf weiterführende Literatur verwiesen werden (Allweyer, 2005

und Seidlmeier, 2006). Ein Beispiel für ein IT- basiertes Prozessmanagement sind Workflow-

Management- Systeme. Workflow- Management- Systeme (WfMS) bilden die ursprünglich pa-

pierbasierte Vorgangsbearbeitung elektronisch nach. Die Mitarbeiter verfügen auf ihren Arbeits-

platzrechnern über elektronische Postkörbe. Sie entnehmen elektronische Vorgangsmappen aus

dem Eingangsbriefkorb zur Bearbeitung. Hierauf öffnet sich das passende Anwendungssystem,

dem zugleich Daten aus der elektronischen Vorgangsmappe übergeben werden. Im Anschluss an

die Bearbeitung leitet das WfMS die Vorgangsmappe automatisch an die Person weiter, die im

Geschäftsprozess die nächste Aufgabe durchführt (Allweyer, 2005, S. 222ff.).

WfMS dienen dazu, die Bearbeitung von Geschäftsprozessen über mehrere Mitarbeiter und meh-

rere Software- Anwendungen hinweg zu unterstützen, indem sie die zu bearbeitenden elektroni-

schen Dokumente nach der Bearbeitung einer Funktion automatisch an den nächsten Mitarbeiter

weiterleiten (Seidlmeier, 2006, S. 140ff.). Das Prinzip wird deutlich, wenn man einen Blick da-

rauf wirft, wie manche Geschäftsprozesse herkömmlich mit Hilfe von Papierdokumenten und -

formularen abgewickelt werden. Prozesse, die von mehreren Mitarbeitern nacheinander bearbeitet

werden, wie z. B. die Bearbeitung von Anträgen in einer Versicherung, werden mit Hilfe von

Vorgangsmappen organisiert. Eine Vorgangsmappe enthält alle Dokumente, die mit dem jeweili-

gen Vorgang (Ablauf) in Verbindung stehen. Hierzu gehören etwa das ausgefüllte Antragsformu-

lar sowie Beurteilungen, Stellungnahmen und Entscheidungen der Sachbearbeiter, die den Antrag

bisher bearbeitet haben (Allweyer, 2005, S. 323). Wird sich die Komplexität dieser Abläufe vor

Augen führt, werden die möglichen Effizienzsteigerungen durch ein WfMS schnell deutlich.

3.4.3 Zusammenfassung

Die Organisationsgestaltung als Handlungsfeld des Change Managements ist insbesondere für die

Anpassung der Aufbau- und Ablauforganisation an Strategieänderungen und für eine Verbesse-

rung des Erfolgspotentials erforderlich. Dies kann durch den Einsatz von Technologien wie der

Informationstechnologie optimiert werden. Die Technologie als Handlungsfeld des Change Ma-

nagements bringt gleichzeitig die Chance zur Verbesserung der Erfolgs- und Marktposition.

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4 Ausgestaltung des Change Management Prozesses

Im Hauptteil dieses Buches wird die Gestaltung des Change Management Prozesses d. h. einer

Veränderungsinitiative dargestellt. Zuerst werden die beiden konzeptionellen Ansätze beschrie-

ben und die Erfolgsfaktoren für ein gelungenes Change Management identifiziert. Die Erfolgs-

faktoren und Ursachen von Veränderungsprozessen werden am Beispiel von KMU der Garten-

baubranche empirisch belegt bzw. aufgezeigt. Anschließend wird ein typischer Verlauf einer

Veränderungsinitiative mit seinen Phasen: der Zieldefinition und Analyse, der Planung bis hin zur

Realisierung und dem Controlling detailliert behandelt. Anschließend wird ein Ausblick in die

Zukunft unter der Überschrift: „Die Lernende Organisation“ gewagt.

4.1 Konzeptionelle Ansätze

Im folgenden Kapitel werden die wesentlichen theoretischen Konzepte zum Verständnis von Un-

ternehmenswandel dargestellt, reflektiert und ihr Nutzen als Anhaltspunkt für die Veränderungs-

gestaltung diskutiert.

4.1.1 Konzepte im Überblick

Grundsätzlich gibt es zwei Konzepte des organisatorischen Wandels, die Organisationsgestaltung

und die Organisationsentwicklung. Die Organisationsgestaltung als technologieorientierter An-

satz verfolgt das Ziel, Strukturen und Prozesse zu optimieren. Im Mittelpunkt der Organisations-

gestaltung stehen die Strategie, die Struktur und die Systeme. Sie bedient sich Methoden wie bei-

spielsweise dem Systems Engineering und betrachtet mit ihrem revolutionären Vorgehen, den

Wandel als Ausnahmezustand (Vahs, 2007, S. 359). Die Organisationsentwicklung als verhal-

tensorientierter Ansatz verfolgt das Ziel, ein positives Organisationsklima zu schaffen. Im Mittel-

punkt der Organisationsentwicklung steht die Unternehmenskultur. Sie bedient sich Methoden

wie beispielsweise dem Drei-Phasen-Ansatz und schafft mit ihrem evolutionären Vorgehen eine

Kontinuität mit der Vergangenheit (Vahs, 2007, S. 359).

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4.1.2 Organisationsgestaltung

Im Rahmen der Organisationsgestaltung sollen Lösungen für die identifizierten strategischen und

operativen Strukturprobleme gefunden werden, d. h. die Identifikation und Realisierung optimaler

Organisationsalternativen.

Abbildung 14 zeigt die Vorgehensweise bei der Organisationsgestaltung.

Abbildung 14: Vorgehensweise Organisationsgestaltung (Vahs, 2007, S. 364)

Bei der Organisationsgestaltung sollte systematisch vorgegangen werden (Abbildung 14). Der

Anstoß bildet die Ausgangslage; hier handelt es sich um eine Krise (Burningplattform). In der

Phase der Planung werden eine Vorstudie, eine Hauptstudie und mehrere Teilstudien erstellt. Der

Organisationszyklus der Studien ist hierbei immer gleich, der Unterschied liegt im Detailierungs-

grad der Studien. Bei KMU können die „Studien“ aus dokumentierten Workshops bestehen. Die

Vokabel Studie sollte keine überhöhte Komplexität suggerieren.

In der Vorstudie wird die Krise analysiert. Dies geschieht um nicht durch zu schnelles Handeln

einen falschen Weg einzuschlagen. Es wird untersucht welche Kundensegmente und / oder

Marktanteile, in welcher Höhe weggebrochen sind um in der Hauptstudie das „richtige“ Problem

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zu adressieren. Die Hauptstudie untersucht im Anschluss Ursache- Wirkungszusammenhänge um

beispielsweise zu beantworten, warum sich bestimmte Kundengruppen abgewendet haben.

Die Ursache- Wirkungsanalyse wird in Teilstudien auf Detail- und Teilprobleme herunter gebro-

chen. Hier wird untersucht in wie weit Rollen neudefiniert und Teilbereiche verändert werden

müssen. Nach der Zielformulierung werden mögliche Lösungen gesucht und daraufhin evaluiert

und selektiert.

In der nächsten Phase werden die Lösungsansätze realisiert (vorerst in nur einem Teilbereich),

dann auf allen Ebenen und Bereichen implementiert und anschließend kontrolliert und weiterent-

wickelt.

Die Phase der Planung nimmt bei der Vorgehensweise der Organisationsgestaltung eine entschei-

dende Rolle ein. Auf diesen Umstand wird im Kapitel: „Erfolgsfaktoren“ noch genauer eingegan-

gen.

4.1.3 Organisationsentwicklung

Im Rahmen der Organisationsentwicklung wird ein organisationsweiter, partizipativer und prob-

lembezogener Veränderungsprozess begonnen, der sich in erster Linie auf die Eistellung und

Verhaltensweisen der Mitarbeiter und deren soziale Beziehungen, d.h. die Unternehmenskultur

richtet.

In organisatorischen, Gruppenentwicklungsprozessen gibt es ein Rollenspektrum. Die Rollen:

Lernender, Lehrender, Zuhörer, Moderator, Berater, Coach, Vermittler, Trouble- Shooter, Trei-

ber, Motivator, Steuermann, usw. besitzen einen positiven Einfluss auf den Entwicklungsprozess

(Vahs, 2007, S. 370ff.). In der Organisationsentwicklung werden viele dieser Rollen in der Stelle

des Change Agents vereinigt um ihre Wahrnehmung nicht dem Zufall zu überlassen. Der Change

Agent ist ein Veränderungstreiber und Katalysator, die personifizierte Veränderung. Er hat eine

Vermittlerrolle zwischen dem Top Management auf strategischer Ebene und dem Lower Ma-

nagement bzw. den Mitarbeitern auf operativer Ebene. Durch diese Vermittlerrolle besteht so-

wohl die Gefahr des Abhebens als auch der Verzettelung. Um diesen Gefahren zu begegnen sollte

ein Change Agent über folgende Kenntnisse und Fähigkeiten verfügen (Tabelle 1).

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Tabelle 1: Rolle des Change Agent‘s

Kenntnisse Fähigkeiten

► Wissen wie das Top Management

und die operative Ebene „tickt“

(Ängste, Beziehungen, usw. ken-

nen)

► Informationen über einzelne Un-

ternehmensbereiche (Prioritäten,

strategische / ganzheitlich)

► Branchenspezifische Abläufe ken-

nen.

► Einfühlungsvermögen

► Durchsetzungsvermögen

► Führungsfähigkeiten

► Kommunikation

► Charisma

► Akzeptanz

► diplomatisches Vorgehen

► belastbar, flexibel

► gefestigte Persönlichkeit

Für die Rolle des Change Agents ist es auch vorstellbar, diese durch ein Team aus internen

Coachs (z. B. graue Eminenzen) und externen Beratern wahrzunehmen zu lassen. Um sowohl die

Akzeptanz der Basis zu erreichen aber gleichzeitig auch die „Sprache“ der Unternehmensführung

zu sprechen.

Die Merkmale der Organisationsentwicklung sind der geplante Wandel, eine umfassende Verän-

derung, ein Wandel von Gruppen durch die Veränderung des menschlichen Verhaltens, erreicht

durch partizipative Prozesse und erfahrungsgeleitetes Lernen in einem langfristigen Wandlungs-

prozess.

Lewin zeigt, dass in dem Prozess der Veränderung, bevor ein erneuter Gleichgewichtszustand

erreicht wird, die Leistungsfähigkeit der Organisation sinkt, da Ressourcen für den Verände-

rungsprozess benötigt werden und nicht für die Leistungserstellung zur Verfügung stehen (Abbil-

dung 15).

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Abbildung 15: Organisationsentwicklung nach Lewin (1953) und Lewin et al. (1944)

Der Vollständigkeit halber, soll an dieser Stelle, darauf hingewiesen werden, dass bei der Einfüh-

rung von Veränderungen, die treibende Kraft, für den Start des Veränderungsprozesses auf ver-

schiedenen Ebenen liegen kann. Sie kann vom Top Management (Top- down) als auch von der

Basis (Bottom- up) ausgehen. Auch Mischformen wie Bipolar (Top- down- Bottom- up), Center

–out (Middle Management) oder Multiple- Nucleus (Top Management, Middle Management,

Lower Management) sind möglich (Vahs, 2007, S. 377).

4.1.4 Evolutionärer und revolutionärer Wandel

Die Begriffe des evolutionären und revolutionären Wandels wurden in vorherigen Kapiteln schon

erwähnt. Sie sollen an dieser Stelle noch einmal detaillierter betrachtet werden. Diese Ausprä-

gungen des Wandels stehen in keiner direkten Verbindung zu den Konzepten der Organisations-

gestaltung und der Organisationsentwicklung, auch wenn Überschneidungen in Selbstverständnis

und Zielsetzung erkennbar sind. Sie sind daher gesondert zu betrachten.

Die Grundidee des revolutionären Wandels ist die Notwendigkeit eines hohen Problemdrucks,

welcher zu einer charakteristischen fundamentalen Neugestaltung durch ein zeitlich begrenztes

Vorgehen führt. Die Veränderung wird als ein Prozess der kreativen Zerstörung mit dem Ziel ei-

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ner erhöhten Wirtschaftlichkeit betrachtet. Die Transformationsphilosophie ist ein rational ge-

plantes Vorgehen als Reaktion auf die Veränderung des internen und externen Umfelds. Das

Selbstverständnis der Führung ist die des rationalen Planers und autoritären Machers, wobei der

Mitarbeiter die Rolle einer „Manövriermasse“ übernimmt.

Die Grundidee des evolutionären Wandels ist, dass nur schrittweise Änderungen von den Mitar-

beitern akzeptiert werden. Charakteristisch ist eine behutsame Weiterentwicklung durch mehrere

Lernschritte über einen längeren Zeitraum hinweg, mit dem Verständnis des Wandels als kontinu-

ierlichen Prozess. Das Ziel des evolutionären Wandels ist sowohl eine erhöhte Wirtschaftlichkeit

als auch Humanität. Die Transformationsphilosophie ist ein inkrementelles Vorgehen zur Aus-

schöpfung der aktuellen und der zukünftigen Erfolgspotentiale. Das Selbstverständnis der Füh-

rung ist die eines Prozessmoderators und Coachs wobei der Mitarbeiter die Rolle eines Mitgestal-

ters übernimmt.

Die hier dargestellten Gegensätze treten in der Praxis nebeneinander auf. So sollte sich ein Unter-

nehmen durch evolutionären Wandel kontinuierlich verbessern aber auch in der Lage sein, mit

revolutionärem Wandel auf Krisen zeitnah reagieren zu können.

Wie schon erwähnt gibt es Überschneidungen beim revolutionärem Wandel und der Organisati-

onsgestaltung als auch beim evolutionärem Wandel und der Organisationsentwicklung. Ein Bei-

spiel für die Organisationsgestaltung (als revolutionärer Wandel) ist das Business Process Reein-

gineering als fundamentale, strukturübergreifende Umgestaltung, durch die kompromisslose Ver-

folgung der Verbesserung organisatorischer Effizienz, zur Optimierung der Leistungsgrößen Kos-

ten, Qualität, Service und Zeit (Macharzina und Wolf, 2008, S. 518ff. und Wolters und Kaschny,

2010, S. 31ff.).

Dem hohen Aufwand des Busniess Process Reeinineerings steht in der Unternehmenspraxis nur

mäßiger Erfolg gegenüber. So führt es in nur 17 % zu sehr guten Resultaten, in 42 % zu kleinen

Fortschritten und in 25 % der Fälle zu keinen Verbesserungen oder sogar zu einer Verschlechte-

rung des Unternehmensergebnisses (Vahs, 2007, S. 386).

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Die Gründe für das Scheitern liegen mit 15 % am mangelnden Einsatz der Führungskräfte, mit

16,3 % am falschen Führungs- und Kommunikationsverhalten der Vorgesetzten und mit 21,9 %

am Widerstand des mittleren Managements (Vahs, 2007, S. 386).

Diese Zahlen weisen darauf hin, dass eine revolutionäre Organisationsgestaltung alleine nach

dem Top-down Prinzip in den meisten Fällen zum Scheitern verurteilt ist (die Erfolgsfaktoren

werden im gleichnamigen Kapitel behandelt).

Ein Beispiel für eine Organisationsentwicklung, welche gleichzeitig einen evolutionären Wandel

darstellt, wäre eine Anpassung der organisatorischen Eingriffe an das Ausmaß, in dem die Orga-

nisation Veränderungen verkraften kann. Die Voraussetzung hierfür ist, dass kein akuter Zeit-

und Problemdruck vorherrscht, sowie ein stabiles Management mit langfristiger Zielorientierung.

Die organisatorischen Eingriffe erfolgen als sukzessive Optimierung von Teilfunktionen und –

prozessen in partizipativen Initiativen, d. h. unter Einbezug der Mitarbeiter.

4.1.5 Zusammenfassung

Die Konzepte des organisatorischen Wandels tragen zum besseren Verständnis der Verhaltens-

weisen in Situationen des Wandels, evolutorischen Entwicklungsprozessen und den Grenzen der

Gestaltbarkeit von sozialen Systemen bei. Allerdings geben sie wenig an die Hand, um in realen

Situationen konkrete Veränderungen von Strukturen und Abläufen vornehmen zu können. Die

elementare Herausforderung besteht nun daraus, theoriegeleitete empirische Untersuchungen her-

anzuziehen um Empfehlungen für das erfolgsorientierte Management im Wandel abzuleiten.

4.2 Widerstände als besonderes Problemfeld

Im letzen Kapitel wurde festgestellt, dass die Herausforderung darin besteht Empfehlungen für

das erfolgversprechende Management im Wandel zu geben. Bevor die Erfolgsfaktoren identifi-

ziert werden, soll dieses Kapitel allgemein auf das Thema Widerstände eingehen, mit denen bei

jeder Veränderungsinitiative umgegangen werden muss. Es werden die Arten und Ursachen von

Widerständen aufgezeigt, sowie die grundlegenden, konzeptionellen Ansätze zum Umgang mit

Widerständen in Veränderungsprozessen vorgestellt. Widerstände und der Umgang mit ihnen

sind oft erfolgsentscheidend.

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4.2.1 Definition und Arten von Widerständen

„Unter Widerstand sind emotionale Barrieren zu verstehen, die sich in einer aktiven oder passi-

ven Ablehnung von Veränderungen zeigen“ (Vahs und Burmester, 2002, S. 59). Es lassen sich

drei Arten von Widerständen unterscheiden, welche alle zu emotionalen Barrieren führen. Die

Arten können auch in einer Person vereinigt sein. Der emotionale Widerstand ist rational nicht

erklärbar. Hier handelt es sich um Ängste die aus der Veränderung resultieren. Die zweite Art ist

der politische Widerstand. Hier befürchtet die Person einen Machtverlust, so dass sie als Indivi-

duum nach der Veränderung schlechter dasteht als vorher. Ist die Person sachlich nicht einver-

standen mit der Situation oder Veränderung, so wird von einem rationalen Widerstand gespro-

chen. Das Verständnis der Widerstandsarten ist bedeutend, da auf jede von ihnen unterschiedlich

reagiert werden muss.

4.2.2 Ursachen von Widerständen

Auch bei den Ursachen für Widerstände lassen sich drei Kategorien identifizieren, welche dann

zu emotionalen Barrieren führen.

1. Die Betroffenen haben die Ziele, Hintergründe oder Motive einer Maßnahme nicht ver-

standen (Doppler und Lauterburg, 2002, S. 143). Die Kommunikationsinhalte und die

Probleme, welche zur Veränderung führen werden nicht verstanden. In diesem Fall handelt

es sich um einen rationalen Widerstand, da der Betroffene zu wissen glaubt, warum er die

Veränderungsinitiative nicht unterstützt.

2. Die Betroffenen haben verstanden, worum es geht, aber sie glauben nicht, was ihnen ge-

sagt wird (Doppler und Lauterburg, 2002, S. 143). In diesem Fall handelt es sich um emo-

tionalen Widerstand. Der Betroffene vertraut dem Sender der Botschaft nicht oder die

Kommunikationsform (der Kanal) ist unglaubwürdig.

3. Die Betroffenen haben verstanden, und sie glauben auch, was gesagt wird, aber sie wollen

oder können nicht mitgehen, weil sie sich von den vorgesehenen Maßnahmen keine positi-

ven Konsequenzen versprechen (Doppler und Lauterburg, 2002, S. 143). In diesem Fall

handelt es sich um politischen Widerstand, wobei die Motivation fehlt, es persönliche

Vorbehalte gibt oder die Maßnahme gegen die eigene Überzeugung ist. Oft wird auch ein

erhöhtes Arbeitsvolumen erwartet und die Maßnahme aus diesem Grund abgelehnt.

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Abbildung 16 zeigt empirische Erkenntnisse zu den Ursachen von Widerständen.

Abbildung 16:Empirische Erkenntnisse zu Ursachen von Widerständen (Vahs und Leiser,

2003, S. 25)

Die Studie von Vahs und Leiser (2003, S. 25) zeigt, dass nicht fehlende Motivation sondern Be-

denken, Ängste und Befürchtungen die Hauptursache von Widerständen sind. Für ein erfolgrei-

ches Change Management ist somit der Umgang mit Emotionen entscheidend. Die Unterneh-

menskultur sollte im Idealfall auch einen offenen Umgang mit Emotionen beinhalten (Meyerding,

2015, 2016c), dies ist im Besonderen in Deutschland eine Herausforderung, da es hierzulande als

professionell gilt Emotionen nicht zu zeigen.

4.2.3 Auftretungsformen von Widerständen

Typische Merkmale von Widerständen sind neben offenkundigen Wutentladungen, allgemeine

Rat- und Lustlosigkeit, unklaren Antworten auf klare Fragen auch die Intrigen- und Gerüchtebil-

dung. Oft entstehen Kommunikationsprobleme, welche sich beispielsweise in endlosen Diskussi-

onen niederschlagen. Andere Merkmale sind ein allgemein sinkendes Leistungsniveau bis hin zur

inneren Kündigung.

Doppler und Lauterburg (2002, S. 150) haben die Symptome Einzelner und kleiner Gruppen klas-

sifiziert und unterscheiden in der folgenden Matrix; verbalen- non verbalen Widerständen und

aktiven- passiven Widerständen (Tabelle 2).

35%

32%

23%

9%

persönliche Vorbehalte

mangelnde Kommunikation

fehlendes Vertrauen

fehlende Motivation

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Tabelle 2: Klassifizierung der Symptome Einzelner und kleiner Gruppen (Doppler und

Lauterburg, 2002, S. 150)

Die Klassifizierung ist sinnvoll um die Symptome und Widerstände als solche zu erkennen.

Vahs nimmt eine Typisierung von Personen hinsichtlich ihrer Reaktionen auf Veränderungen vor

und sieht die Masse der Menschen als Abwartende und Gleichgültige. Ziel der Kommunikations-

politik im Rahmen des Change Managements ist es diese Gruppe zu aktiven Gläubigen zu ma-

chen, welche der Veränderungsinitiative positiv gegenüberstehen. Die Gruppe der Opportunisten

halten sich gewissermaßen „ein Türchen offen“; auch sie sollten möglichst zu aktiven Gläubigen

werden. Visionäre und Missionare bilden von den Gruppen der Veränderungsbejahenden die ak-

tivste Gruppe. Sie treiben die Veränderung aktiv voran und reißen andere mit. Sie sind als Multi-

plikatoren besonders wichtig und sollten möglichst mit zusätzlichen Kompetenzen ausgestattet

werden (Vahs und Leiser, 2003, S. 345).

Es gibt naturgemäß auch Gruppen, welche der Veränderung negativ gegenüberstehen. Zu nennen

sind an dieser Stelle die Untergrundkämpfer als Stimmungsmacher im Negativen. Sie vertreten

ihre Meinung nicht offen und sind daher besonders gefährlich. Ziel des Change Managements ist

es sie zu offenen Gegnern werden zu lassen, indem sie ermutigt werden ihren Widerstand aktiv

zu kommunizieren. Die Offenen Gegner sind, wie im ersten Moment anzunehmen wäre, nicht

unerwünscht. Sie können durchaus konstruktiv sein und zur Verbesserung von Lösungsansätzen

beitragen. Eine offene und intensive Diskussion mit der Gruppe der offenen Gegner ist wün-

schenswert und anzuraten. Die extremste Gruppe der dem Veränderungsprojekt negativ einge-

stellten bilden die Emigranten: sie haben innerlich schon gekündigt und sind für das Unterneh-

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men verloren. Ziel des Change Managements ist es die Gruppe der Emigranten möglichst klein zu

halten, da mit ihnen oft wichtiges Wissen aus dem Unternehmen abwandert. Die konstruktive und

intensive Diskussion mit den offenen Gegnern ist umso wichtiger um sie nicht zu Emigranten

werden zu lassen (Vahs und Leiser, 2003, S. 345).

4.2.4 Umgang mit Widerständen

Der Schlüssel für den Umgang mit Widerständen heißt Kommunikation. Den Betroffenen muss

zugehört werden und Fragen gestellt werden. Die Betroffenen werden sich typischer Weise die

Fragen stellen: Warum und wozu das Ganze? Will ich das? Kann ich das? (Doppler und Lauter-

burg, 2002, S. 327) Diese Fragen positiv beantworten zu können ist die Zielsetzung die durch

Trainings-. Motivations- und Informationsmaßnahmen unterstützt werden muss. Die Maßnahmen

werden in späteren Kapiteln aufgegriffen und detailliert beschrieben.

Das Change Management sollte auch Fragen an die Betroffenen stellen, um ihre Reaktion verste-

hen zu können. Drei Fragestellungen sind an dieser Stelle wichtig (Doppler und Lauterburg,

2002, S. 327):

1. Was ist für die Betroffenen besonders wichtig? (Interessen, Anliegen, Bedürfnisse)

2. Was könnte passieren, wenn wie vorgesehen vorgegangen würde? Was sollte verhindert

werden? (Wissen einbeziehen)

3. Was für Alternativen sehen die Betroffenen selbst? Wie müsste vorgegangen werden, um

das Problem zur Zufriedenheit aller zu lösen?

Auch wenn Emotionen etwas Privates und Individuelles sind und daher auf Individualebene ge-

arbeitet werden müsste, wird dies in der Unternehmenspraxis häufig nicht möglich sein. Die Par-

tizipation sollte daher ihren Fokus auf Führungskräfte und Stimmungsmacher legen.

In der betriebswirtschaftlichen Literatur wurde versucht Reaktionsmuster bei fundamentalen Ver-

änderungen festzustellen. Der Autor konzentriert sich auf die Darstellung nach Streich (Vahs und

Burmester, 2002, S. 350) (Abbildung 17), da sie zwar im Gegensatz zu der von Krüger nur einen

positiven Verlauf kennt, dies aber eine Zuordnung von konkreten Maßnahmen in den einzelnen

Phasen zulässt (Krüger, 2012).

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Abbildung 17: Verlauf eines Veränderungsprozesses aus Sicht der betroffenen Personen

(Vahs und Burmester, 2002, S. 350)

Vor und nach dem Veränderungsereignis bis zum Stadium der Verneinung ist besonders die In-

formation wichtig um der betroffenen Person einen Überblick über die Maßnahmen zu geben und

offene Fragen zu klären. Der mit dem Stern gekennzeichnete Kurvenverlauf ist der Zeitpunkt, an

dem der Mitarbeiter ab-/aufgefangen werden muss um die Initiative zum Erfolg zu bringen. An

dieser Stelle entscheidet sich ob die Verarbeitung der Information zu einer Neugier, Freude und

Begeisterung oder zu Enttäuschung, Ärger und Frustration führt (Krüger, op. 2012). Ab diesem

Zeitpunkt liegt der Fokus auf der Kommunikation, welche zur Einsicht und schließlich zur Ak-

zeptanz führt. Nachdem der Mitarbeiter die Veränderung akzeptiert hat gilt es, durch ein ange-

messenes Training und Coaching, ihm die nötigen Fähigkeiten und Kompetenzen zu vermitteln

und über Ausprobieren und Erkenntnis Erfolgsergebnisse zu generieren. Durch ein anhaltendes

Mentoring wird die Veränderung verstätigt und somit von der betroffenen Person als selbstver-

ständlich wahrgenommen.

Fundamentale Veränderungen im Sinne eines „Gestalt- Switch“ (Rorty, 1999, S. 11) als dem

Wechsel von einer idealtypischen Organisationform laufen immer in einem Prozess ab, d. h. bil-

den ein Wechselspiel im Zeitablauf zwischen den Protagonisten und sonstigen Stakeholdern, der

sich in Ereignis-, Beziehungs- und Kommunikationsnetzen ausdrückt. Jeder Veränderungsprozess

erfolgt entlang einer Kurve mit Höhen und Tiefen in Aktivität, Produktivität und Motivation

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(Gattermeyer, 2001, S. 64). Basis jeder Messung des Veränderungsprozesses ist die Ausformulie-

rung von Hypothesen über den Veränderungsverlauf („Akzeptanzkurve“ aus Mitarbeitersicht)

und die für den Projekterfolg relevanten Veränderungsdimensionen. Jede wesentliche Restruktu-

rierung ist inszeniert, hat einen oder mehrere Regisseure, die nicht notwendigerweise die gleiche

Interpretation der Wirklichkeit (Strategie als Drehbuch) teilen und verfolgen, Spieler auf der Un-

ternehmensbühne, die in unterschiedlichem Maße in ihren Rollen aufgehen (von Internalisierung

bis „interner Kündigung“, von „Personifizierung mit dem Unternehmen“ bis zu „Dienst nach

Vorschrift“), Requisiteure und Mitwirkende hinter der „Bühne“, die zwar nicht zu sehen sind, die

aber durch ihre Ressourcen (z. B. effiziente Software-Architektur) oder / und ihren persönlichen

oder fachlichen Input den Erfolg der Inszenierung entscheidend gestalten, Kritiker und bestellte

oder selbsternannte Berater und Experten, die als „Gatekeeper“, die Beziehung zwischen den zu-

vor genannten bzw. zum Auditorium (Kunden, Konkurrenten, Aufsichtsorgane etc.) und das

„Timing“ der Ereignisse wesentlich (mit- oder gegen-) gestalten können.

Jede Intervention im Veränderungsprozess hat eine faktische und eine symbolische Bedeutung,

egal, um welche Form von Intervention es sich handelt, d. h. unabhängig davon, ob eine Struk-

turänderung (wie z. B. Informationstechnologie, Standortwahl, eine Änderung der Spielregeln

(wie z. B. das Abgehen vom Rekrutieren von Führungskräften von innen) oder eine semantische

und thematische Änderung (wie z. B. die Verwendung von Schlagwörtern wie Cost-income Ra-

tio, Earnings per Share, Divisionalisierung) ansteht. Als Kristallationskeime des Wandels ziehen

wesentliche Interventionen wie z. B. die Ankündigung großflächiger Restrukturierungen oder die

Diagnose von deren Notwendigkeit Aufmerksamkeit auf sich, erzwingen Reflexion und Interpre-

tation. „Change Agents“, meist externe Berater, und die Leiter des Veränderungsprozesses kön-

nen diesem Prozess eine wesentliche Funktion als Motoren des Wandels einnehmen und helfen,

die organisatorische Interpretation von Interventionen als Sub-Regisseure zu steuern – sofern sie

über ein geeignetes Meßsensorium über den jeweiligen Stand des Veränderungsprozesses verfü-

gen und somit entsprechend (gegen-)steuern können.

Abbildung 18 veranschaulicht den Akzeptanzprozess.

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Abbildung 18: Reaktionsmuster bei fundamentalen Veränderungen (Meister, 2007, S. 99)

Wahrnehmung: Führungskräfte und Mitarbeiter erkennen, dass eine Veränderung unmittelbar

bevorsteht und können das Projekt und die Rolle der einzelnen Stakeholder nennen. In der Phase

der Planung und Abstimmung gibt das Management die neue Richtung vor, plant Etappenziele

und kommuniziert Visionen. Bei Mitarbeitern, insbesondere bei Multiplikatoren (organisationsin-

terne Anführer und Meinungsbildner), wird das „Veränderungsangebot“ unterbreitet und um Zu-

stimmung geworben. Die im Zeitverlauf erste Reaktion der Rezipienten ist meist eine Immobili-

sierung, eine „kreative Unruhe“, die das Unternehmen als System aus seiner starren Ruhe und

Selbstgewissheit herausbringt. Durch das Anstoßen eines Veränderungsprozesses können Füh-

rungsprobleme deutlich zutage treten, die in der operativen Routine des Alltagsgeschäftes gut

überspielt werden konnten (Heby, 2007, S. 13). Angst vor Neuem, vor Zerschlagung der mühsam

gebildeten Machtbasis oder (was nicht unbedingt begründet sein muss) vor Aufdeckung der eige-

nen Inkompetenz; Verunsicherung, Überforderung, kognitive Dissonanzen und hohe Passivität

können die Folge sein. Als „Kopf in den Sand“-Taktik wird in der Interpretation durch den Rezi-

pienten und seiner Routinegemeinschaft das Bekannte häufig bestätigt und verstärkt. Danach

steigt die Aktivität der Rezipienten wieder, die Ablehnung der Intervention kann in Verweigerung

der unakzeptablen neuen Realität umschlagen. Das, was immer schon so gemacht wurde, wird

verstärkt weitergemacht (mehr, nicht notwendigerweise besser). In der dritten Phase (Wut) steigt

das Aktivitätsniveau der Rezipienten stark; aggressiv oder schleichend wird versucht, die Kon-

trolle über die „Normalität“ zurückzugewinnen. Durch eine aggressive Beschleunigung des Wan-

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dels verlagert sich die Aufmerksamkeit der Akteure im Zeitverlauf vom ursprünglichen „Regel-

betrieb“ vor der Intervention, d. h. der Erfüllung der eigentlichen Aufgabe (Ertrags- und Kun-

denorientierung), auf die Initiierung und den Vollzug eigener Interventionen sowie auf die Ab-

wehr von Interventionen anderer während der Transformation: Nun beginnt auf ebenfalls hohem

Aktivitätsniveau das Feilschen, durch das die Rezipienten die Intervention und deren Auswirkung

minimieren wollen. Positionen werden konfrontiert und abgetestet, das Muster von Verhandlun-

gen schwankt zwischen distributivem Verteilungskampf (Nullsummenspiel, d. h. ein Partner ge-

winnt, was der andere verliert) bis zu integrativen Verhandlungen (erweiterter Spielraum, in dem

Tauschgewinne möglich sind und somit beide Partner gewinnen) (Saner, 2008, S. 83ff.). In der

Vorbereitung der Organisation werden Trainingsmaßnahmen durchgeführt, um das „Können“ zu

fördern, und Kommunikationsmaßnahmen, um das „Wollen“ anzuregen – beides ist entsprechend

zu messen. Der großen Chance zur Veränderung steht insbesondere in dieser Phase ein erhebli-

ches Risiko des Scheiterns gegenüber. Das Weiterreichen von Ideen von den Regisseuren als

Konzeptentwickler zu den mit der Umsetzung beauftragten, aber nicht notwendigerweise hinter

der Idee stehenden Rezipienten (z. B. Führungskräfte der mittleren Ebene) kann Reibungsverluste

auslösen und zu einer stückweisen Demontage des „großen Würfels“ führen, sodass die Idee so-

gar von den ursprünglichen Initiatoren nicht mehr wiedererkannt und fallengelassen wird (Gat-

termeyer, 2001, S. 66). „Ändern sich die Inhalte der Maßnahmen im Verlauf der Transformati-

onsphase, wird dies als Zeichen gewertet, dass ursprünglich kommunizierte Ziele falsch waren

(was als Schwäche des Managements ausgelegt werden kann).“ (Gattermeyer, 2001, S. 66) Jede

Veränderung, die in der Symbolik steckenbleibt oder sonst scheitert, wird von den Rezipienten

als nutzlos und besiegbar verinnerlicht (d. h. gelernt) – und ist damit eine Hypothek für den

nächsten geplanten Veränderungsprozess.

Verständnis: in der folgenden Depressionsphase verhalten sich Rezipienten höchst passiv, leben

sich in der Frustration, Leere und Verliererposition aus, die dem Change Agent die Möglichkeit

bietet, unterstützend zu agieren und den Rezipienten die Courage zur Mitwirkung zu vermitteln.

Sofern nicht anpassungswillige bzw. nicht anpassungswillige Rezipienten durch die Regisseure

ausgetauscht werden können, wird die Auslese spätestens in dieser Phase erfolgen, was die Dra-

maturgie des Ablaufs auf einer nunmehr erhöhten Volatilitätsebene wieder von vorne beginnen

lässt. In der Auseinandersetzung mit der Veränderung verstehen Führungskräfte und Mitarbeiter

folglich, dass eine Veränderung definitiv kommen wird, sowie deren Ziele und Notwendigkeit

(Gattermeyer, 2001, S. 63ff.).

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Kotter, einer der führenden amerikanischen Wandlungstheoretiker, äußert, Wandel sei nicht

durch die Sequenz „think - change“ erreichbar, sondern durch „see – feel - change“ (Kotter und

Cohen, 2002, S. 8). Bei der Ausübung der Managementaufgaben ist daher auch die emotionale

Wirkung zu beachten; im Sinne eines „Emotionenmagamenets“. So kann versucht werden, nega-

tive Emotionen (z. B. Angst, Furcht, Sorge, Ärger) zu reduzieren und positive Emotionen zu er-

zeugen bzw. zu verstärken (z. B. Neugierde, Freude, Stolz). Kurz: es geht um die emotionale Sei-

te der Wandlungsbereitschaft. Das Ziel lässt sich vielleicht am besten als emotionale Absicherung

des Wandels kennzeichnen. Managern, die an dieser Stelle auf die mangelnde Greifbarkeit von

„soft facts“ verweisen, sei eine alte Erkenntnis entgegengehalten: „Emotions are the hardest facts

in politics“ (Krüger und Bach, 2015, S. 167ff.).

Die emotionale Seite des Wandlungsprozesses illustriert idealtypisch Abbildung 19. Die Be-

troffenen durchleben eine Zeit der emotionalen Wechselbäder. Spätestens während der Konzipie-

rung der Änderungen entstehen Gerüchte und Vorahnungen. Die verbinden sich mit Unsicherheit,

Sorgen und Ängsten, aber auch positiven Erwartungen und Hoffnungen. Wenn die Betroffenen in

der Mobilisierungsphase mit den Plänen konfrontiert werden, herrschen zunächst Überraschung,

Schreck oder Schockzustände. Allerdings kristallisiert sich bereits in der Mobilisierung heraus,

wer zu den „Gewinnern (G)“ bzw. den „Verlierern (V)“ gehören wird. Dementsprechend verläuft

die Fieberkurve der Emotionen im weiteren Verlauf der Mobilisierung und vor allem der an-

schließenden Umsetzung sehr unterschiedlich. Die Verarbeitung der persönlichen Konsequenzen

kann so divergierende Ereignisse umfassen wie unerwartete neue Karrieremöglichkeiten, das Be-

graben derartiger Hoffnungen oder den Verlust des Arbeitsplatzes. Die notwendige Umorientie-

rung der Personen wird von einer professionell vorgehenden Unternehmung in allen Fällen ge-

zielt unterstützt, im Negativfall, z. B. durch monetäre Ausgleichszahlungen, durch Umschulungen

oder Outplacement- Beratung; im Positivfall durch Mentorenkonzepte oder Führungskräftetrai-

nings. Ziel muss es sein, dass die Betroffenen die für sie neue Situation bewältigen. Dazu gehört

in emotionaler Hinsicht ein, „Ende des Wechselbads“; ein Zustand relativer Ausgeglichenheit,

hier als Balancierung bezeichnet (Krüger und Bach, 2015, S. 167ff.).

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Abbildung 19: Emotionen im Wandlungsprozess (Krüger und Bach, 2015, S. 151)

Da Wandel zukünftig in kleineren Schritten kontinuierlich erfolgen wird (Verstetigung), bedeutet

Balancierung auch die permanente Aufgabe, die eigenen Möglichkeiten und die gestellten Anfor-

derungen einander anzupassen. „Balance“ kann allerdings Unterschiedliches bedeuten: z. B. akti-

ve Zufriedenheit der „Gewinner“ einerseits, eine eher resignative Hinnahme der Verhältnisse sei-

tens der „Verlierer“ andererseits (Krüger und Bach, 2015, S. 167ff.).

Aus den angeführten Modellen lassen sich folgende Grundsätze zum Umgang mit Widerständen

ableiten:

Es gibt keine Veränderung ohne Widerstand, nicht das Auftreten sondern das Ausbleiben ist An-

lass zur Beunruhigung. Widerstände enthalten immer eine „verschlüsselte Botschaft“; die Ursa-

chen für den Widerstand liegen im emotionalen Bereich. Nichtbeachtung von Widerständen führt

zu Blockaden (z. B. der innerlichen Kündigung), d. h. verstärkter Druck führt zu verstärktem Ge-

gendruck. Es muss mit dem Widerstand, nicht gegen ihn gearbeitet werden. Er muss ernst ge-

nommen und sinnvoll kanalisiert werden. Am Beispiel der Emigranten bedeutet das, es muss ein-

geschätzt werden wie wichtig die Person für die Abwicklung des Kerngeschäfts ist. Aus dieser

Einschätzung ergeben sich zwei Möglichkeiten. Erstens den Mitarbeiter gehen zu lassen oder

freizustellen und diesen Umstand als Chance zu betrachten oder ihn bei der Gestaltung des Ver-

änderungsprozesses zu beteiligen und dadurch Kompromisse eingehen zu müssen.

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Bei der Integration von Mikro- und Makroebene der mentalen Veränderung ist zwischen Indivi-

duum, Gruppe und Unternehmen zu unterscheiden und ihre Abhängigkeit von einander zu be-

rücksichtigen. So können sich Individuen nicht ändern, wenn es die Gruppe nicht zulässt. Grup-

pen können sich nicht ändern, wenn es das Unternehmen nicht zulässt und Unternehmen können

sich nicht ändern, wenn sich die einzelnen Menschen nicht ändern (Vahs und Burmester, 2002,

S. 363).

Im späteren Verlauf dieses Buches wird es noch von Bedeutung sein, einen weiteren Bezugsrah-

men des Unternehmenswandels zu betrachten. Sowohl Vahs und Burmester (2002, S. 390ff.) als

auch Krüger und Bach (2015, S. 29ff.) unterscheiden im Bezug auf das Change Management die

Begriffe Wandlungsbedarf, Wandlungsfähigkeit und Wandlungsbereitschaft. „Unter Wandlungs-

bereitschaft sind die sachlich notwendigen Veränderungen der Unternehmung, ihrer Teilbereiche

und Mitglieder sowie ihrer externen Kopplung mit marktlichen und außermarktlichen An-

spruchsgruppen zu verstehen.“ (Krüger, 2012, S. 109) „Die Wandlungsfähigkeit bezeichnet die

auf geeignetem Wissen und Können beruhende Möglichkeit eines Einzelnen bzw. einer Organisa-

tionseinheit oder der Unternehmung, insgesamt Wandlungsprozesse erfolgreich durchzuführen“

(Krüger, 2012, S. 109) „Eine objektiv notwendige Veränderung und die subjektive Bereitschaft

zur Veränderung gehen keineswegs immer Hand in Hand. Dieser Tatbestand führt zur Kategorie

der Wandlungsbereitschaft. Darunter sind die Einstellungen und das Verhalten der am Wand-

lungsprozess beteiligten bzw. von ihm betroffenen Personen und Organisationseinheiten gegen-

über den Zielen und Maßnahmen des Wandels zu verstehen.“ (Krüger, 2012, S. 109)

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4.2.5 Integrativer Ansatz bei Veränderungsinitiativen

Wird Change Management als integrativer Ansatz verstanden, so betrachtet es sowohl eine

Sachebene mit den typischen Projektphasen der Analyse, Planung, Umsetzung und Kontrolle so-

wie Weiterentwicklung als auch eine psychologische Ebene mit den Stadien des Unfreezings,

Changings und Refreezings (siehe hierzu auch Abbildung 15: „Organisationsentwicklung nach

Lewin“).

Beide Ebenen sind unterschiedliche Prozesse, welche aufeinander abgestimmt werden müssen,

damit es nicht zu einer „Realitätslücke“ kommt. Nach dem revolutionären Akt des Prozessstarts

führt der Lernprozess auf der psychologischen Ebene zu einer Verhaltensänderung der Mitarbei-

ter und ein Veränderungsprozess auf der sachlichen Ebene zu einer Organisationsänderung. Das

Veränderungsergebnis ist abhängig von der Verhaltens- und von der Organisationsänderung. In

der Praxis verändert sich die Organisation oft schneller als das Verhalten der Mitarbeiter bzw. die

Unternehmenskultur, sodass es zu einer „Realitätslücke“ und somit zu einem suboptimalen Ver-

änderungsergebnis kommt.

Um ein optimales Veränderungsergebnis zu gewährleisten muss das Change Management einen

integrativen Ansatz verfolgen und psychologische und sachliche Ebene aufeinander abstimmen.

Die Problematik der „Realitätslücke“ soll an dieser Stelle nur aufgeführt werden, sie wird bei der

Umsetzung des Change Managements in späteren Kapiteln eine entscheidende Rolle spielen.

4.2.6 Zusammenfassung

Organisatorischer Wandel findet durch eine Kombination von weichen (psychologische Ebene)

und harten (sachliche Ebene) Faktoren statt. Ein Ziel des Change Managements ist es, die indivi-

duelle Unterstützung der Organisationsmitglieder für die Umsetzung einer optimierten, sachli-

chen Lösung zu erhalten. Hierbei sollte Widerstand als potentielle Quelle für positiv umwandel-

bare Energie betrachtet und adressiert werden.

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4.3 Erfolgsfaktoren

Das Ziel dieses Kapitels ist es, die aus der Empirie abgeleiteten Erfolgsfaktoren für die Gestal-

tung von Veränderungsinitiativen darzustellen. Hierzu werden exemplarisch Studien über die Er-

folgsfaktoren bei Veränderungsprozessen herangezogen um allgemeingültige Aussagen treffen zu

können. Es wird auf eine ganzheitliche Sichtweise geachtet um nicht eine der Change Manage-

ment Dimensionen zu fokussieren.

4.3.1 Integrativer Ansatz zum Veränderungsmanagement

Wie schon beschrieben bedeutet ein integrativer Ansatz für das Change Management die Betrach-

tung der Sachebene mit ihren Phasen der Analyse, der Planung, der Umsetzung und der Kontrolle

und Weiterentwicklung; und der psychologischen Ebene mit ihren Stadien des Unfreezings, des

Changings und des Reefreezings. Die beiden Ebenen müssen parallel geplant und in einem syn-

chronen Prozess abgearbeitet werden. Ausgangslage für die Veränderungsinitiative ist eine stra-

tegische Zieldefinition als Inputvariable. Die Zielgrößen ergeben sich aus den Optionen des stra-

tegischen Wandels in Form der Art der Veränderungsinitiative (z. B. die strategische Neuausrich-

tung des Unternehmens, Produktinnovation, Zusammenführung von Unternehmen, usw.) und der

Zieldimension des Veränderungserfolgs (z. B. Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit, Erhöhung

des Marktanteils, stärkere Markt- und Kundenorientierung usw.). Nach der strategischen Zielde-

finition folgt der eigentliche Veränderungsprozess mit seinen Stadien der Analyse, Planung, Rea-

lisierung und Evaluation. Der Veränderungsprozess beinhaltet sowohl die Sach- als auch die psy-

chologische Ebene, um eine „Realitätslücke“ zu vermeiden. Abbildung 20 fasst das methodische

Vorgehen und die „Realitätslücke“ zusammen.

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Abbildung 20: Methodisches Vorgehen zur Vermeidung der Realitätslücke (Vahs, 2007,

S. 392)

4.3.2 Erkenntnisse zu den Erfolgsfaktoren tiefgreifender Veränderungsprozesse aus

den Studien von Vahs und Picot

Es sollen zwei Studien zu den Erfolgsvariablen untersucht werden. Die Studie von Picot, Freu-

denberg und Grassner von 1999 untersucht Großunternehmen mit mehr als 2.000 Mitarbeitern

und über 320 Mio. € Umsatz verschiedener Branchen. Es wurden insgesamt 672 schriftliche Fra-

gebögen, adressiert an verschiedene Organisationsebenen, ausgewertet (Picot et al., 1999, S. 15).

Die Studie von Vahs und Leiser von 2004 untersucht Klein- und mittelständische Unternehmen

mit mehr als 100 Mitarbeitern; hierbei handelt es sich um Mitgliedsunternehmen der IHK Region

Stuttgart aus verschiedenen Branchen. Es wurden 213 schriftliche Fragebögen aus der ersten Füh-

rungsebene ausgewertet (Vahs und Leiser, 2003, S. 81).

Bei Vahs ist der Veränderungserfolg von harten Faktoren (Strategie, Organisation, Technologie)

und weichen Faktoren (Mensch, Unternehmenskultur) abhängig (Vahs, 2007, S. 431). Die Fakto-

ren haben in der Studie von Vahs und Leiser drei Dimensionen mit mehreren Variablen, welche

auf eine Dimension wirken. Als erste Dimension gilt die Prozessqualität mit ihren Variablen:

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Zielausrichtung, Systematik, Flexibilität, Timing, Ressourcen und Training. Die zweite Dimensi-

on bildet die Managementqualität und ihre Variablen: Individualität, Integration, Partizipation,

Kommunikation, Führung und die verwendeten Managementinstrumente. Als dritte und letzte

Dimension wird die Unternehmenspolitik gesehen welche die Merkmale (Variablen): Machtver-

teilung, Commitment und Personalpolitik beinhaltet (Vahs und Leiser, 2003, S. 16).

Als Ergebnis der Studie von Vahs und Leiser lässt sich folgendes Kausalmodell beschreiben (Ab-

bildung 21).

Abbildung 21: Kausalmodell der Vahs Studie (Vahs und Leiser, 2003, S. 197ff.)

Als Kernaussage der Studie lässt sich feststellen, dass die Bereitschaft die Veränderung zu unter-

stützen die wichtigste Voraussetzung für den Veränderungserfolg bzw. die Zielerreichung ist.

Diese Bereitschaft lässt sich durch Training und Partizipation sowie eine angemessene und offene

Informations- und Kommunikationspolitik positiv beeinflussen. Das Auftreten von Gegnern wird

als negative Einflussgröße identifiziert.

Picot et al. (1999, S. 15) erkennen als Ergebnis ihrer Studie sieben Stellschrauben der Reorgani-

sation: die Zuordnung von Entscheidungs- und Handlungsrechten, Anreize, Controlling, Kom-

munikation, Aktivierung von Normen (Führungsverhalten), Training und Timing. Im Gegensatz

zu dem Kausalmodell von Vahs werden bei den Stellschrauben der Reorganisation von Picot zu-

sätzlich die Erfolgsfaktoren Controlling und Timing aufgeführt.

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4.3.3 Ableitung allgemeiner „Stellschrauben“

Auffällig ist, dass die Ergebnisse beider Studien eher auf die psychologische Ebene abzielen. Da-

raus lässt sich ableiten, dass eben diese besonders entscheidend für den Veränderungserfolg ist.

Aus dem Kausalmodell von Vahs und den Stellschrauben der Reorganisation von Picot lässt sich

eine Synthese bilden.

Eine allgemeingültige Stellschraube Führungsverhalten(S) enthält die Zuordnung von Entschei-

dungs- und Handlungsrechten(P) und die Führung mit Zielvorgaben und Vorbildern(V). Informa-

tion und Kommunikation(S) spielen bei beiden Studien eine Rolle. Partizipation und Training(S)

werden bei Vahs zusammen genannt, bei Picot steht das Training gesondert, die Partizipation ist

dort in der Stellschraube Zuordnung von Entscheidungs- und Handlungsrechten zu finden. Die

allgemeingültige Stellschraube Anreize(S) findet sich bei Picot direkt und wird bei Vahs intrinsi-

sche und extrinsische Motivation(V) genannt. Das Controlling sowie das Timing als koordinie-

rende Elemente kommen nur bei Picot vor, können aber als allgemeingültig bezeichnet werden.

Gerade das Timing(P)(S) spielt eine entscheidende Rolle um eine „Realitätslücke“ zu vermeiden.

Auf die einzelnen Stellschrauben und deren zeitlichen Einsatz (Timing) wird im Folgenden de-

tailliert eingegangen.1

Abbildung 22 stellt die allgemeingültigen Stellschrauben als Synthese aus den Ergebnissen der

Studien von Vahs und Picot zusammenfassend dar.

1 (S)= Synthese, (V)= Vahs, (P)= Picot.

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60

Abbildung 22: Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene

Zu der Organisationsstruktur als übergeordnetes Element soll an dieser Stelle nur ein Überblick

gegeben werden. Die einzelnen Rollen werden in späteren Kapiteln genau definiert. Die Organi-

sationsstruktur der Veränderungsinitiative besteht aus dem Lenkungsausschuss, dem Kernteam,

den einzelnen Projektteams und nicht zuletzt dem Gesamtunternehmen. Als ersten Überblick

stellt Abbildung 23 eine typische Organisationsstruktur einer Veränderungsinitiative dar.

Abbildung 23: Organisationsstruktur

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61

Das Führungsverhalten ist abhängig vom vorherrschenden Menschenbild. Wie schon erwähnt,

geht die betriebswirtschaftliche Literatur von einem durch Entfaltung motivieren Menschen aus.

In der Praxis wird wohl eher ein ganzheitlicher Ansatz eines vielschichtig motivieren Menschen

benötigt, welcher auch die Menschenbilder vergangener Zeiten (unmündiger Mitarbeiter, ökono-

misch motivierter Mensch und sozial motivierter Mensch) beinhaltet.

Im Rahmen des Führungsverhaltens lassen sich zwei Extreme von Führungsausrichtungen ge-

genüberstellen: die kooperative und die autoritäre Führung. Bei der kooperativen Führung geht es

um Motivation, um eine Ausrichtung des Führungsverhaltens an den Bedürfnissen der Mitarbei-

ter. Es wird ein Einklang zwischen Mitarbeiter- und Unternehmenszielen erstrebt. Bei der autori-

tären Führung geht es um Macht, darum den eigenen Willen gegen ein Widerstreben durchzuset-

zen. Es erfolgt eine Ausrichtung der Personalführung an der Positionsmacht der Führungskraft.

Es lässt sich auch eine Unterscheidung bezüglich verschiedener Führungsgrundlagen vollziehen.

Zu nennen sind hier die transaktionale Führung und die transformationale Führung. Aufgabe der

transaktionalen Führung ist es als Gegenleistung für die Arbeitskraft Anreize zu bieten. Die Mo-

tivation und Verpflichtung der Mitarbeiter wird durch die Gestaltung des Arbeitsumfeldes und

durch Anreizsysteme erreicht (Macharzina und Wolf, 2008, S. 559). Hier wird oft auf ein Ma-

nagement by Objectives, d. h. eine extrinsische Motivation durch Ziele und Provisionen gesetzt.

Die transformationale Führung basiert nicht ausschließlich auf einer Austauschbeziehung. Die

Beeinflussung des Verhaltens der Mitarbeiter wird durch eine Ziel- und Werteänderung erreicht.

Es soll eine Begeisterung durch Sinnstiftung und das Charisma der Führungspersönlichkeit erfol-

gen, d. h. eine Leistungssteigerung durch eine gezielte „kulturelle“ Steuerung (Macharzina und

Wolf, 2008, S. 559). Hier wird durch den Inhalt der Aufgabe, eine Sinnstiftung, d. h. eine intrin-

sische Motivation überzeugt.

Die Stellschraube der Kommunikation stellt die Frage nach dem Verhältnis von Bottom- up und

Top- down Kommunikation und der Art wie diese Kommunikationsströme organisiert werden

sollen.

Bei der Top- down Kommunikation muss auf den Zeitpunkt der Kommunikation, den Kommuni-

kationskanal, den Inhalt der Kommunikation, den Kommunikator und die Form der Kommunika-

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tion geachtet werden. In welcher Phase eine Top- down Kommunikation in welcher Art und Wei-

se sinnvoll ist, wird in den Kapiteln zu den Phasen der Veränderungsinitiative festgelegt.

Die Bottom- up Kommunikation dient der Offenlegung explizitem Wissens und behandelt auch

die Organisation der Wissensverbreitung und –weiterleitung. In diesem Zusammenhang gibt es

zwei Möglichkeiten, die der direkten Kommunikation durch Partizipation oder die einer indirek-

ten Kommunikation beispielweise durch eine Mitarbeiterbefragung.

Die Partizipation bietet sich besonders im Umgang mit Wissensträgern an. Hierbei handelt es sich

um eine Bewegung von Change Management Rechten zum Change Management Wissen. Dies

wird durch die Einbindung der Träger taziten Wissens (Erfahrungswissen) in den Change Ma-

nagement Prozess sowie eine Übertragung von Entscheidungs- und Handlungsrechten auf Wis-

sensträger (insbesondere an betroffene Mitarbeiter und externe Berater) erreicht (Picot et al.,

1999, S. 135). Eine andere Möglichkeit ist die Bewegung des Change Management Wissens zu

den Change Management Verantwortlichen durch eine Wissensoffenlegung in Form einer Bot-

tom- up Kommunikation.

Im Rahmen der Partizipation können unterschiedliche Veränderungsstrategien verfolgt werden,

welche jeweils einen anderen zeitlichen Aufwand und veränderte Tiefe der Partizipation bedin-

gen. Je nach Veränderungsstrategie werden die Arbeitsschritte ((1) Problemdefiniti-

on/Zielsetzung, (2) Lösungsausarbeitung, (3) Entscheidung, (4) Umsetzung, (5) Kontrol-

le/Beurteilung, (6) Nutzen im Alltag) von anderen Hierarchieebenen der Organisationsstruktur

übernommen.

Abbildung 24 zeigt die verschiedenen Partizipationsstrategien nach Picot.

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63

Abbildung 24: Partizipationsstrategien (Picot et al., 1999, S. 138)

Bei der Strategie des Blitzkriegs werden die Arbeitsschritte von der (1) Problemdefiniti-

on/Zieldefinition bis hin zur (5) Kontrolle/Beurteilung von einer übergeordneten Instanz, z. B.

dem Kernteam, ausgeführt. Die Träger taziten Reorganisationswissens werden nicht einbezogen

und die direkt betroffenen Mitarbeiter sind nur für die (6) Nutzung im Alltag zuständig (Picot et

al., 1999, S. 138). Diese Strategie bietet sich beispielsweise bei der Abstoßung einer Sparte an, da

in diesem Fall meist schnell und „rücksichtslos“ gehandelt werden kann.

Die Strategie der Mitwirkung ist dadurch gekennzeichnet, dass die übergeordnete Instanz zwar

die (1) Problemdefinition/Zieldefinition, (3) Entscheidung und (5) Kontrolle/Beurteilung durch-

führt, die (2) Lösungsausarbeitung und (4) Umsetzung aber durch die Träger taziten Reorganisa-

tionswissens erfolgt. Auch hier ist die Partizipation der direkt betroffenen Mitarbeiter auf die (6)

Nutzung im Alltag beschränkt (Picot et al., 1999, S. 138ff.). Die Mitwirkung bietet sich bei-

spielsweise bei einer Fusion an, bei der Lern- und Synergieeffekte (z. B. in der F&E oder Pro-

duktentwicklung) erzielt werden sollen.

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64

Eine tiefergreifende Partizipation der unteren Hierarchieebenen findet bei der Strategie der Dele-

gation statt. Die übergeordnete Instanz ist nur noch für die (1) Problemdefinition/Zielsetzung und

die (5) Kontrolle/Beurteilung zuständig. Die (2) Lösungsausarbeitung, (3) Entscheidung und (4)

Umsetzung wird von Trägern taziten Reorganisationswissens wie Fachkräften und Beratern voll-

zogen. Die direkt betroffenen Mitarbeiter nutzen die Lösung nicht nur im Alltag (6) sondern sind

auch an der (2) Lösungsausarbeitung sowie der (4) Umsetzung beteiligt (Picot et al., 1999,

S. 138ff.). Die Delegation bietet sich beispielsweise bei der Einführung eines ERP- Systems wie

SAP R/3 oder eines Warenwirtschaftssystems an, da es in diesem Fall sinnvoll ist Spezialisten

aus der IT- Abteilung sowie auch Anwender, am Veränderungsprozess mitwirken zu lassen.

Eine Selbstorganisation, in der alle Aufgaben bis auf die (1) Problemdefinition/Zielsetzung und

die (5) Kontrolle/Beurteilung (übergeordnete Instanz), also auch die (3) Entscheidung von den

direkt betroffenen Mitarbeitern unter Ausschluss der Träger taziten Reorganisationswissens aus-

geführt werden, findet sich beispielsweise bei der Einführung eines Prozessmanagements oder

einer Kulturänderung (Picot et al., 1999, S. 138ff.). Da bei diesen Veränderungen eine Partizipa-

tion aller betroffenen Mitarbeiter zwingend notwendig ist.

Die Funktionen der Stellschraube des Trainings sind der Aufbau und Ausbau des Könnens der

Mitarbeiter, sowie eine daraus resultierende Steigerung der Motivation und eine Erhöhung der

Glaubwürdigkeit von strategischen Plänen. Das Training kann aus drei verschiedenen Bausteinen

bestehen. Dem des Fachlichen Wissens, beispielsweise über ein neues IT-System oder der Kun-

denorientierung und des Methodischen Wissens, wie beispielsweise die Kundenorientierung er-

reicht werden soll. Der dritte Baustein ist der des Zwischenmenschlichen Wissens, um veränder-

ten Anforderungen im Umgang miteinander gerecht werden zu können.

Die Stellschraube der Anreize dient dazu eine Präferenzkompatibilität zwischen Mitarbeiter- und

Unternehmenszielen herbeizuführen. Vier unterschiedliche Arten lassen sich unterscheiden. Ma-

terielle Anreize wie Provisionen dienen der extrinsischen Motivation. Anreize aus der Aufgabe

selbst, z. B. diese vielseitiger zu gestalten, und Soziale Anreize (Dazugehörigkeit, Visibility für

die Führung) sowie Anreize aus organisatorischen Rahmenbedingungen (z. B. Beförderung nur

mit entsprechender Schulung) zielen auf eine intrinsische Motivation ab. Auffällig ist, dass drei

der vier Arten – im Zuge des aktuellen Menschenbildes – auf die intrinsische Motivation der Mit-

arbeiter einwirken.

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Das Controlling als letzte Stellschraube hat die Aufgabe der „… Koordination der Informations-,

Planungs-, Kontroll-, Organisations- und Personalführungssysteme zur Sicherstellung einer ziel-

gerichteten Lenkung der Veränderungsinitiative“ (Picot et al., 1999, S. 150). Und übernimmt da-

mit eine Zielausrichtungsfunktion, eine Servicefunktion (Abweichung zwischen Ist und Soll

kommunizieren) und eine Anpassungs- und Innovationsfunktion (z. B. durch Benchmarkings und

dem Aufzeigen von Best Practices) (Picot et al., 1999, S. 150).

4.3.4 Abgleich: Erfolgsfaktoren der Change Management Studie 2008

Initiator der Change Management Studie 2008 ist das Beratungsunternehmen Capgemini Consul-

ting. Die Studie beinhaltet 122 verwertbare Fragebögen aus dem großen Mittelstand bis zu multi-

nationalen Konzernen aus Deutschland, Österreich und der Schweiz, welche in 12 Branchen be-

heimatet sind. Zur Trendanalyse wurde eine Folgeuntersuchung in den Jahren 2003, 2005 und

2008 durchgeführt. Befragt wurden Entscheidungsträger von Change Management Prozessen mit

überwiegend mehrjähriger Unternehmenszugehörigkeit. Die Erfolgsfaktoren wurden erstmals im

Jahr 2008 erhoben (Claßen und Kyaw, 2007, S. 10ff.).

„Die breite Streuung der Erfolgsfaktoren zeigt, dass es nicht ein, zwei oder drei Stellhebel gibt,

sondern erst die Kombination der Erfolgsfaktoren das Resultat von Veränderungsprozessen posi-

tiv beeinflusst.“ (Claßen und Kyaw, 2007, S. 40) Dieses Ergebnis aus der Change Management

Studie 2008 weist auf die Bedeutung der Stellschraube des Timings hin. „Timing“ insbesondere

als Kombination von Commitment und Glaubwürdigkeit des Führungsverhaltens (75 % der Nen-

nungen, 2005) (Claßen und Kyaw, 2007, S. 35) und der realistischen und klaren Vision sowie

Zielsetzung und deren Kommunikation (55 % der Nennungen, 2005) (Claßen und Kyaw, 2007,

S. 38).

Die Change Management Studie 2008 hat insgesamt zehn Erfolgsfaktoren identifiziert; diese

werden in Abbildung 25 aufgeführt und der Sach- bzw. psychologischen Ebene zugeordnet.

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Abbildung 25: Change Management Studie 2008 – zehn Erfolgsfaktoren (Claßen und

Kyaw, 2007, S. 51)

Auf jede dieser zehn Erfolgsfaktoren an dieser Stelle einzugehen würde den Rahmen dieser Ar-

beit sprengen. Sie sollen aufgeführt worden sein, um sie im späteren Verlauf aufgreifen zu kön-

nen.

Die nächsten Kapitel werden die Phasen des Veränderungsprozesses betrachten. Interessant ist es

im Vorhinein die acht Schritte zum Veränderungserfolg nach Kotter (2011, S. 8ff.) zu betrachten.

Sie sollen nicht in Konkurrenz zur Change Management Studie 2008 stehen, sondern diese durch

eine Reihenfolge ergänzen.

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1. Bewusstsein für Dringlichkeit schaffen.

2. Die Zukunftsvision ausformulieren und eine Strategie entwickeln, wie diese erreicht wer-

den kann.

3. Handeln im Sinne der neuen Vision und der Ziele ermöglichen.

4. Erreichte Verbesserungen systematisch weiter ausbauen.

5. Verantwortliche mit Veränderungsbereitschaft gewinnen und zusammen bringen.

6. Die Zukunftsvision bekannt machen.

7. Kurzfristige Erfolge planen und gezielt herbeiführen.

8. Das Neue fest verankern.

Der Abgleich mit der Change Management Studie 2008 bestätigt die allgemeingültigen Stell-

schrauben aus den Ergebnissen der Studien von Vahs und Picot. Jede der zehn Erfolgsfaktoren

der Studie lässt sich auf eine oder mehrere Stellschrauben übertragen. Ein Vergleich mit der Ab-

bildung 22: „Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene“ und der Abbil-

dung 25: „Change Management Studie 2008 – zehn Erfolgsfaktoren“ lässt dieses offensichtlich

werden. So lassen sich beispielsweise die Erfolgsfaktoren: „Führung fördern“, „Konflikte und

Widerstände reduzieren und vermeiden“ und „Kulturentwicklung“, klar den Stellschrauben Füh-

rungsverhalten, Information/Kommunikation, Partizipation/Training und Anreize (in Kombinati-

on) zuordnen.

Die acht Schritte zum Veränderungserfolg nach Kotter bieten einen Ausgangspunkt für die an-

schließenden Kapitel.

4.3.5 Zusammenfassung

Aus den repräsentativen Studien zum Veränderungserfolg von Picot und Vahs lassen sich wesent-

liche Gemeinsamkeiten bezüglich der Stellschrauben des Veränderungserfolgs ableiten. Jede die-

ser Stellschrauben muss abhängig von der Art des Veränderungsvorhabens und der Unterneh-

menssituation bei der Planung und Durchführung des Veränderungsprozesses einbezogen wer-

den. Im folgenden Kapitel werden die Erfolgsfaktoren und Anlässe für Veränderungsinitiativen in

KMU am Beispiel der Gartenbaubranche untersucht.

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4.4 Change Management Studie Gartenbau 2015 – Veränderungsprozesse erfolg-

reich gestalten

Das Wachstum der Organisationsgröße, im Zuge des Strukturwandels, führt zu Krisen in Unter-

nehmen des deutschen Produktionsgartenbaus. Des Weiteren ist die Unternehmensumwelt einem

immer schneller werdenden Wandel ausgesetzt. Wirtschaftlich erfolgreiche Unternehmen des

deutschen Produktionsgartenbaus erkennen auch die zukünftige Bedeutung des Umgangs mit

Wandlungsprozessen für ihr eigenes Unternehmen. Die vorliegende Studie untersucht daher die

Ursachen von fundamentalen Veränderungsprozessen in Gartenbauunternehmen, zeigt überge-

ordnete Trends auf und identifiziert Erfolgsfaktoren von Veränderungsinitiativen. Hierzu wurden

von Mai bis Dezember 2014 über 150 Entscheidungsträger mit über zehn Jahren Erfahrung in der

jeweiligen Organisation befragt. Diese wurden mit einem persönlichen Schreiben aufgefordert,

einen Online-Fragebogen auszufüllen. Die Befragten stammen aus dem gesamten Bundesgebiet

und allen Sparten des Produktionsgartenbaus.

Die Studie zeigt ein aufschlussreiches Bild der Ursachen von Veränderungen in den Unterneh-

men. Die Megatrends sind Umweltthemen, verändertes Konsumentenverhalten, Ressourceneng-

pässe und der Arbeitsmarkt. Aktuell liegen die Ursachen für Veränderungen in einer veränderten

Marktstrategie / Kundenansprache, der Unternehmensnachfolge und –übergabe und externen

Veränderungen bei gesetzlichen Bedingungen. Zu den schwierigsten Problemen bei der Umset-

zung und Implementierung von Veränderungsprozessen gehören zu geringe Verantwortungsbe-

reitschaft, Interessens-/Zielkonflikte der Beteiligten und die Opferung von langfristigen Maß-

nahmen für kurzfristige Ergebnisverbesserungen. Zu den wichtigsten Erfolgsfaktoren von Verän-

derungsprozessen gehören eine realistische, klare Vision/Zielsetzung und ihre Kommunikation,

Teamgeist und Motivation und ein abgestimmtes zeitliches Vorgehen.

Es werden sechs Stellschrauben des Veränderungserfolges auf der psychologischen Ebene vorge-

stellt. Bei den befragten Unternehmen hatten insbesondere die Stellschrauben Partizipation und

Training sowie das Führungsverhalten die größte Relevanz. Zusätzlich wurde der Einfluss der

Strukturvariablen: Mitarbeiteranzahl, Anzahl der Saisonarbeitskräfte, wirtschaftlicher Erfolg,

Schwierigkeitsgrad der Veränderung und Veränderungstempo auf die unterschiedlichen Frage-

stellungen, beispielsweise nach den Erfolgsfaktoren, untersucht. Gartenbauunternehmen, welche

sich im Vergleich zu ihrer direkten Konkurrenz als wirtschaftlich besonders erfolgreich ansehen,

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69

messen dem professionellen Projektmanagement häufiger einen wesentlichen Einfluss auf das

Gelingen von Veränderungsprozessen bei, als weniger erfolgreiche. In Unternehmen, welche vie-

le Mitarbeiter (ohne Saisonarbeitskräfte) beschäftigen, wird das richtige Führungsverhalten und

das Projekt-/Prozesscontrolling signifikant häufiger als Erfolgsfaktor im eigenen Unternehmen

genannt, als bei Unternehmen mit weniger Mitarbeitern. Aus den Ergebnissen der Studie lassen

sich Empfehlungen für die Gestaltung von Veränderungsprozessen in deutschen Unternehmen

des Produktionsgartenbaus ableiten. Des Weiteren wird auf Grundlage der Ergebnisse ein Indika-

tor für die Wandlungsfähigkeit des entsprechenden Unternehmens, für die Bewertung der öko-

nomischen Dimension der Nachhaltigkeit entwickelt. Die Studie wurde im Journal of Organisati-

onal Transformation & Social Change veröffentlicht (Meyerding, 2016a) und zeigt die Situation

für KMU am Beispiel des deutschen Gartenbaus auf.

4.4.1 Einleitung

Trotz der Relevanz des Themas Change Management für die betriebliche Praxis in Gartenbauun-

ternehmen sind im deutschsprachigen Raum und darüber hinaus keine Vergleichsstudien zu fin-

den. Die bisherigen Analysen aus Theorie und Praxis beschränken sich entweder auf ausgewählte

Teilaspekte (Alpmann und Bitsch, 2013) wie die Restrukturierung, die Wirksamkeit einzelner

Methoden oder sozio-emotionale Effekte auf die Mitarbeiter in anderen Branchen (Klarner et al.,

2011). Change Management ist auch für kleine Organisationseinheiten, wie sie im Gartenbau üb-

lich sind, von Bedeutung. Auch kleine Organisationen durchlaufen Krisen als Auslöser von Ver-

änderungsprozessen. So stellt beispielsweise die Unternehmensnachfolge eine wesentliche Krise

bei kleinen Unternehmen dar. Durch die Übernahme der Unternehmensführung wird in vielen

Fällen ein Wandel in der Unternehmenskultur ausgelöst. Verhaltensweisen, welche beim Senior

als wünschenswert galten, können u. U. von der neuen Führung nicht gewollt sein. So treffen die

alte und neue Kultur aufeinander und es entstehen Reibungsprozesse.

Mit dieser Studie soll die aktuelle Situation bei Veränderungsprozessen im deutschen Produkti-

onsgartenbau ermittelt werden. Die Studie ist eine Aktualisierung und Weiterentwicklung einer

Serie von umfangreichen Analysen von Capgemini Consulting aus den Jahren 2003 (Claßen et

al., 2003), 2005 (Claßen et al., 2005) und 2008 (Claßen und Kyaw, 2007; siehe hierzu auch Kyaw

und Claßen, 2010 und Keicher et al., 2012). Mehrere Aspekte wurden, im Vergleich zu den auf-

geführten Studien, vertieft und erweitert (beispielsweise die Analyse von statistischen Zusam-

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menhängen). Andere Themen – bei denen keine sinnvollen Ergebnisse zu erwarten waren – wur-

den nicht betrachtet. Einige Fragestellungen und Antwortkategorien der wesentlichen Dimensio-

nen des Change Managements (siehe hierzu Meyerding, 2014a, 2014b) wurden übernommen, um

einen Vergleich des Gartenbaus zu größeren Organisationseinheiten in Deutschland vornehmen

zu können. Allerdings mussten die Fragen umformuliert werden, um für die Gartenbauunterneh-

mer verständlich zu sein. Insbesondere betriebswirtschaftliche Fachbegriffe, welche zudem häu-

fig in englischer Sprache sind, mussten umschrieben und anhand von Beispielen erläutert werden.

Im Fokus der Change Management Studie Gartenbau 2015 stehen folgende Themen:

► Verständnis und Einstellung der Gartenbauunternehmer zum Change Management

► Anlässe und Instrumente des Change Managements

► Organisation und Rahmenbedingungen von Change Management

► Kosten und Nutzen von Change Management für deutsche Unternehmen des Produktions-

gartenbaus

► Erfolgsfaktoren von Change Management im Gartenbau

► Wandlungsfähigkeit als Indikator ökonomischer Nachhaltigkeit von Gartenbauunterneh-

men

Die zentrale Zielsetzung der Change Management Studie ist die Entwicklung eines Verständnis-

ses darüber, welche Erfolgsfaktoren bei Veränderungsinitiativen, in Unternehmen des deutschen

Produktionsgartenbaus, von besonderer Relevanz sind. Auf Grundlage dieses Verständnisses

kann ein Indikator für die Wandlungsfähigkeit von Gartenbauunternehmen als Indikator der öko-

nomischen Dimension der Nachhaltigkeit vorgeschlagen werden.

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4.4.2 Material und Methoden

Die Studie basiert auf einer Befragung von Führungskräften aus deutschen Unternehmen des

Produktionsgartenbaus von Mai bis Dezember 2014. Es wurden Gartenbauunternehmer mit ei-

nem personalisierten Schreiben postalisch und per Email kontaktiert. Die Antworten konnten

über einen Onlinefragebogen gegeben werden. Hierzu wurde ein Fragebogen mit dem Onlinetool

LimeSurvey erstellt und der entsprechende Link mit dem Brief oder der Email verschickt.

Mit insgesamt 159 komplett verwertbaren Fragebögen betrug die Abbruchquote etwa 29 %. Dies

ist mit Blick auf den anspruchsvollen und zeitintensiven Fragebogen ein positiv zu bewertender

Anteil. Die ökonomische Nachhaltigkeit von Gartenbauunternehmen zeichnet sich nicht nur

durch eine positive Bewertung von Indikatoren für die klassischen Bereiche Rentabilität, Liquidi-

tät und Stabilität aus. Ökonomisch nachhaltige Unternehmen sind insbesondere in der Lage auf

sich verändernde Umweltbedingungen reagieren zu können bzw. sich proaktiv weiterzuentwi-

ckeln. Indikatoren zur Bewertung der Wandlungsbereitschaft und –fähigkeit von Gartenbauunter-

nehmen helfen somit, die ökonomische Nachhaltigkeit adäquat zu bewerten. Die vorliegende

Studie versucht, hierzu einen Beitrag zu leisten.

Change Management und die damit verbundenen Themenstellungen sind für Gartenbauunter-

nehmer, schon aufgrund ihrer Ausbildung, nicht einfach zu erfassen. Aus diesem Grund wurde

der Fragebogen in mehreren Durchläufen durch Pretests mit Führungskräften und angehenden

Führungskräften des Gartenbaus optimiert. Viele betriebswirtschaftliche Fachbegriffe mussten

durch Synonyme und Erläuterungen mit Beispielen greifbarer dargestellt werden. Das Ergebnis

war ein für eine schriftliche Befragung ambitionierter, durch die Hinweise aus den Pretests je-

doch verständlicher Fragebogen, mit insgesamt fünf Themenbereichen, 34 Fragestellungen und

häufig vielfältigen Antwortkategorien. Es erschien nicht zielführend, die unterschiedlichen Aus-

prägungsformen und Einstellungsmuster in wenige Kategorien einzuzwängen und somit die

komplexe Wirklichkeit von Veränderungsprozessen auf diese beschränkten Antwortmöglichkei-

ten zu begrenzen. Bei vielen Fragen gab es daher die Möglichkeit auch freie Antworten zu geben.

Viele Fragen wurden durch Mehrfachantworten realisiert, wobei die Reihenfolge bei jedem Be-

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fragten randomisiert wurde, um einen möglichen Primacy oder Recency Effekt2 zu vermeiden.

Trotz aller Bemühungen konnte nicht verhindert werden, dass die Teilnahmequote bei den hinte-

ren Fragen abgenommen hat. Zusätzlich zu den einzelnen Auswertungen der Fragenkomplexe

wurden auch Zusammenhänge mit bestimmten Strukturvariablen, wie beispielsweise der Mitar-

beiteranzahl und dem subjektiven wirtschaftlichen Erfolg im Vergleich zur direkten Konkurrenz,

untersucht. Bei Mehrfachantworten liegen dichotome Daten vor, daher wurde Kendall‘s Tau-b

(b) für die Berechnung der meisten Korrelationen verwendet (Field, 2009, S. 181f.). Für ordinale

oder metrische Daten wurde Spearman’s Korrelationskoeffizient (rs) verwendet, da eine Normal-

verteilung bei den entsprechenden Daten nicht vorliegt (Field, 2009, S. 179ff.). Die Wirkrichtung

der Zusammenhänge ist nicht immer im Vorhinein eindeutig, daher wurden ausschließlich zwei-

seitige Analysen durchgeführt. Im Text werden die Zusammenhänge (Korrelationen) stets wie

folgt dargestellt: (1. Typ des Korrelationskoeffizienten; 2. das Signifikanzniveau; 3. Wirkrich-

tung; 4. die Anzahl der in der Berechnung berücksichtigten Datensätze) beispielsweise (b= ,26;

p<0,01; zweiseitig; n=106).

2 Bezeichnet, dass die Befragten entweder dem Erstgenannten oder dem Letztgenannten eine höhere Be-

deutung zuweisen. Durch eine Randomisierung der Reihenfolge kann dieser Effekt ausgeschlossen wer-den. Siehe hierzu beispielsweise Murphy et al. (2006).

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4.4.2.1 Struktur der Unternehmen in der Stichprobe

Wie Abbildung 26 zeigt, stammen die befragten Gartenbauunternehmen aus dem ganzen Bun-

desgebiet.

Abbildung 24: Herkunft der befragten Unternehmen (Meyerding, 2016a)

Die analysierten Unternehmen repräsentieren die gesamte Bandbreite des deutschen Produktions-

gartenbaus (Abbildung 27). Ein Drittel der Befragten ordnet sich der Sparte Zierpflanzenbau zu

(33 %), der Gemüsebau ist mit 28 % vertreten. Baumschulen sind mit einem knappen Drittel

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(31 %) überrepräsentiert. Wohingegen Obstbaubetriebe mit 8 % der Befragten (N=169) im Ver-

gleich zur Grundgesamtheit3 unterrepräsentiert sind.

Abbildung 27: Aufteilung der Befragten auf die Sparten des Produktionsgartenbaus (Mey-erding, 2016a)

Im Fokus stehen kleine und mittlere Unternehmen. So haben 75 % der befragten Unternehmen

unter zehn Mitarbeiter (ohne Saisonarbeitskräfte) nur 3 % haben mehr als 50 Mitarbeiter (Abbil-

dung 28, oben, N=166). 62 % aller in der Studie vertretenen Unternehmen beschäftigen im Jahr

durchschnittlich unter fünf Saisonarbeitskräfte (Abbildung 28, unten, N=138).

3 Grundgesamtheit: Obstbau 31,9 %, Zierpflanzenbau 25,5 %, Gemüsebau 17,6 %, Baumschulen 9,8 %

und Sonstige 15,1 %. Vgl.: Gurrath (2006).

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Abbildung 28: Anzahl der Mitarbeiter (oben) und der Saisonarbeitskräfte (unten) (Meyer-ding, 2016a)

Alle Themenstellungen der Studie wurden auf die Strukturparameter Mitarbeiterzahl, Anzahl Sai-

sonarbeitskräfte, wahrgenommener wirtschaftlicher Erfolg im Vergleich zur direkten Konkur-

renz, wahrgenommener „Schwierigkeitsgrad“ der im Unternehmen stattfindenden Veränderungen

und wahrgenommenes Veränderungstempo hin untersucht (Abbildung 29). Es gilt daher die Ar-

beitshypothese, dass alle diese Strukturparameter einen Einfluss auf die Fragestellungen (bei-

spielsweise nach den Erfolgsfaktoren) aufweisen.

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Abbildung 29: Untersuchte Einflussfaktoren auf Themenbereiche des Change Manage-ments (Meyerding, 2016a)

Die Fülle der Ergebnisse würde in der Darstellung den Rahmen einer Zusammenfassung spren-

gen. In einigen Fällen sind sie bei mehrdimensionalen Betrachtungen (z. B. Sparte und mehr als

50 Mitarbeiter) aufgrund geringer Fallzahlen zudem statistisch nicht signifikant.

4.4.2.2 Struktur der befragten Personen in der Stichprobe

Im Grunde ist jede verantwortliche Führungskraft in Gartenbauunternehmen sowohl Produzent

als auch Konsument von Veränderungsprozessen. Wichtig für die Qualität der Ergebnisse ist die

Beantwortung durch erfahrene Entscheidungsträger im Unternehmen.

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Abbildung 30: Funktion der Studienteilnehmer im Unternehmen (Meyerding, 2016a)

Neun von zehn Befragten agieren als Inhaber, Vorstand, Geschäftsführer oder Betriebsleiter. Die

verbleibenden 10 % setzen sich aus Direktoren bzw. Hauptabteilungsleitern (1 %), Projektmana-

gern oder Projektleitern (1 %) und Abteilungsleitern (8 %, N=119, Abbildung 30) zusammen. Die

ebenfalls erhobene Dauer der Tätigkeit im Unternehmen weist nur wenige Teilnehmer (3 %) mit

kurzer Verweildauer auf. Die meisten Antworten basieren auf einer langjährigen Kenntnis der

eigenen Organisation. Fast 90 % der Befragten weisen eine Unternehmenserfahrung von zehn

Jahren und mehr auf (Abbildung 31, N=128).

Abbildung 31: Dauer der Unternehmenszugehörigkeit der Studienteilnehmer (Meyerding,

2016a)

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Die Teilnehmer der Studie sind demnach mit fast 90 % Topentscheidungsträger mit langjähriger

Erfahrung, d. h. Profis im Rahmen von Veränderungsprozessen im eigenen Unternehmen.

4.4.3 Ergebnisse und Diskussion

Im Folgenden werden die Ergebnisse der Change Management Studie Gartenbau 2015 (Meyer-

ding, 2016a) dargestellt und teilweise diskutiert. Zu Beginn sollen die Anlässe und Hintergründe

von Change Management im deutschen Produktionsgartenbau untersucht werden. Im Anschluss

daran wird die Einstellung der Entscheidungsträger gegenüber dem Change Management analy-

siert. Im Hauptteil der Ergebnisse werden dann die Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen in

Gartenbauunternehmen ermittelt.

4.4.3.1 Anlässe und Hintergründe von Change Management

In Vergleichsstudien über alle Branchen in Deutschland hinweg (Claßen und Kyaw, 2007,

S. 29ff.) hat Change Management bei bedeutenden Personalthemen der Gegenwart und Zukunft

einen Spitzenplatz belegt. Auch in der vorliegenden Studie wird die Bedeutung von Change Ma-

nagement im Gartenbau deutlich. Gegenwärtig ist Change Management in 35 % der Gartenbau-

unternehmen ein sehr wichtiges Thema, 30 % ein wichtiges und 19 % sogar überaus wichtiges

Thema. Für weniger wichtig (13 %) oder unbedeutend (3 %) halten nur 16 % der befragten Un-

ternehmen den Umgang (das Managen) von Veränderungsprozessen (Abbildung 32, N=114).

Abbildung 32: Derzeitige Bedeutung von Change Management

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79

Viele Teilnehmer der Studie erhöhen beim Blick in die Zukunft (im Jahr 2020) ihre Einschätzung

um eine Stufe (z. B. von wichtig auf sehr wichtig); kaum ein Befragter sieht einen Bedeutungs-

rückgang. Für die Zukunft erwarten 87 % der Befragten eine wichtige Rolle von Change Ma-

nagement und nur 13 % einen weniger wichtigen oder unbedeutenden Stellenwert (Abbildung 33,

N=106). Somit wird deutlich, dass Change Management heute und auch zukünftig eine zentrale

Managementaufgabe im deutschen Produktionsgartenbau ist und bleibt.

Abbildung 33: Zukünftige Bedeutung von Change Management

Das hohe Relevanzniveau von Change Management darf nicht dazu verleiten, das Thema an die

Spitze der betrieblichen Aufgabenstellungen zu stellen. Führungskräfte und Inhaber von Garten-

bauunternehmen sind heute mit zahlreichen Herausforderungen konfrontiert, welche alle gleich-

zeitig zu bewältigen sind, ohne dass einzelne Themen dabei extrem herausragen, auch nicht die

Gestaltung von Wandlungsprozessen.4 Zudem ist Change Management kein Selbstzweck, son-

dern immer in enger Verbindung mit dem Anlass der Veränderungsinitiative zu betrachten. Eine

Überhöhung des Themas ist aus diesen Gründen nicht angemessen. Change Management bietet

allerdings zwei Fähigkeitserweiterungsmöglichkeiten für Führungskräfte in Gartenbauunterneh-

men: Zum einen als Ergänzung und Abrundung des bisher anders ausgerichteten Management-

profils zur Erlangung einer kompletten, da inhaltlichen, und prozessualen Transformationskom-

petenz. Zum anderen die bewusste Fokussierung und Spezialisierung als Gestalter von Verände-

4 Zur Bedeutung von Organisationsthemen im deutschen Gartenbau gibt die Studie Organisation 2020

des Zentrums für Betriebswirtschaft im Gartenbau Aufschluss. Meyerding (2016b).

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80

rungen, sei es als Transformationsarchitekt oder als Transformationsmanager (Classen und Kern,

2010, S. 37ff.).

4.4.3.2 Anlässe von Veränderungen in Gartenbauunternehmen

Warum finden Veränderungsprozesse und –initiativen in Gartenbauunternehmen überhaupt statt?

Die Grundannahme ist, dass eine bessere Zukunft – im Vergleich mit der als unzureichend gel-

tenden Gegenwart – geschaffen werden soll. Change Management ist kein Selbstzweck, sondern

die Antwort auf einen Veränderungsbedarf im Unternehmen. Um die Burning Plattform (die

Wandlungsursache und den Wandlungsbedarf) zu erkennen und mit einem passenden Change

Management darauf reagieren zu können, muss die Ursache, dem Anlass der Veränderung, ge-

sucht werden. Diese bestimmt wesentlich die entsprechende Transformationsarchitektur.

Die Teilnehmer der Studie wurden aufgefordert, aus einer Auswahl von 15 unterschiedlichen An-

lässen die häufigsten Ursachen für Veränderungen in ihrem Unternehmen in den kommenden drei

Jahren anzugeben.

Abbildung 34: Ursachen für Veränderungen in den nächsten drei Jahren (Meyerding,

2016a)

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81

Wie in Abbildung 34 ersichtlich wird, lassen sich fünf Hauptgründe für Veränderungen in Gar-

tenbauunternehmen identifizieren.

► Veränderte Marktstrategie / Kundenansprache (42 %) – Der Kunde als dynamisches We-

sen erfordert eine kontinuierliche Aufmerksamkeit der Unternehmen. Anpassungen an

veränderte Bedürfnisstrukturen und Verhaltensweisen sind der Schlüssel zum Überleben

und für die Renditeerwartung der Eigentümer.

► Unternehmensnachfolge / Unternehmensübergabe (40 %) – Wie in Abbildung 31 gezeigt

gehören fast 90 % der Befragten seit über zehn Jahren dem Unternehmen an. Bei vielen

Gartenbauunternehmen ist die Nachfolge ungeklärt. Des Weiteren ist sie gerade bei fami-

liengeführten Unternehmen ein fundamentaler Veränderungsprozess, welcher mit einer

großen Anzahl von, vor allem persönlichen, Herausforderungen verbunden ist.

► Externe Veränderungen, Gesetze etc. (36 %) – Gartenbauunternehmen unterliegen einer

strengen Reglementierung und Überwachung, insbesondere im Umweltbereich. Die Ab-

lauforganisation sowie die Produktionsmethoden und –technologien sind daher stark von

der Gesetzgebung abhängig. Veränderungen in politischen Forderungen und Strömungen

können daher schnell direkte Auswirkungen auf die Unternehmenspraxis haben.

► Veränderte Personalkonzepte (32 %) – Der Demografische Wandel, die Urbanisierung und

die veränderte Arbeitseinstellung der Mitarbeiter erfordert die Reaktion der Unternehmen,

um zukünftig Personal gewinnen und halten zu können. Auch Gartenbauunternehmen sind

von diesen sich verändernden Umweltbedingungen betroffen.

► Kostensenkungsprogramme (32 %) – Solange es Unternehmen in marktwirtschaftlich or-

ganisierten Volkswirtschaften gibt, bleibt die Suche nach weiterer Effizienzsteigerung ein

maßgeblicher Treiber von Veränderungsinitiativen, ob reaktiv „in schwierigen Zeiten“ o-

der, was als zielführender gilt, proaktiv „in besseren Zeiten“.

In der Vergleichsstudie (Claßen und Kyaw, 2007, S. 15) liegen die Hauptgründe für Veränderun-

gen deutschlandweit bei Restrukturierung / Reorganisation (49 %), Wachstumsinitiativen (38 %),

Veränderter Unternehmensstrategie (33 %), Kostensenkungsprogrammen / „Rightsizing“ (32 %),

Veränderten Marktstrategie / Kundenansprache (32 %) und Mergers & Acquisitions (21 %,

N=122). Hier wird deren im Vergleich zu deutschen Gartenbauunternehmen größere Organisati-

onsgröße deutlich.

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Weitere Anlässe für Veränderungen in Gartenbauunternehmen sind eine veränderte Unterneh-

mensstrategie (23 %), ein Kontinuierlicher Verbesserungsprozess und sonstige Verbesserungsini-

tiativen (20 %), Umweltinnovationen (17 %) und Nachhaltigkeitsinitiativen inkl. Labeling, Um-

stellung auf Bioproduktion usw. (14 %, N=108). Weniger häufig werden Restrukturierung / Re-

organisation (14 %), Technikinnovationen (13 %), Wachstumsinitiativen (13 %), IT-Innovationen

(9 %), Internationalisierung (7 %) und Mergers & Acquisitions (Fusionen, Unternehmenskäufe

usw., 1 %) genannt (N=108). Diese Herausforderungen gehören seltener zu den Anlässen in Un-

ternehmen des Produktionsgartenbaus für ein Change Management.

4.4.3.3 Hauptziel der Veränderungsinitiativen im deutschen Produktionsgartenbau

In den Anlässen für Veränderungsprozesse kommt häufig ein Bündel von Hintergrundursachen

zum Tragen. Dies können Ursachen wie das Wachstum erhöhen, Kosten senken, Qualität verbes-

sern, Integration stärken, Internationalität erreichen, Nachhaltigkeit leben oder etwas ganz ande-

res sein. Aus diesem Grund wurde die Frage gestellt: „Wenn Sie die Ursachen auf ein einziges

Hauptziel der Unternehmensveränderung (Business Transformation) reduzieren würden, welches

wäre dies für Ihr Unternehmen?“ Es war, um den Fokus zu erhöhen, lediglich eine Nennung mög-

lich (Abbildung 35, N=104).

Abbildung 35: Hauptziele von Veränderungsprojekten

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Jedem zehnten Unternehmen geht es gegenwärtig um die Erhöhung des Wachstums (13 %). In

der Vergleichsstudie über alle Branchen in Deutschland war dies mit 44 % das Hauptziel von

Veränderungsinitiativen. Kosten senken wird von 16 % der Befragten als Hauptziel genannt. In

der Vergleichsstudie waren es 29 %. Die Verbesserung der Qualität liegt für deutsche Gartenbau-

unternehmen mit 30 % an erster Stelle (14 % in der Vergleichsstudie). In der Projektrealität steht

dieses Ziel, trotz häufig angestrebter Zielparallelität mit dem Kostensenkungsziel, im Wider-

spruch zu diesem. Die in der Öffentlichkeit diskutierten Ursachencluster „Integration stärken“

(1 %) und Internationalität erreichen (2 %) sind in der vorliegenden Studie von untergeordneter

Bedeutung. Dieses Ergebnis entspricht dem der Vergleichsstudie (6 % und 4 %). Letztlich lassen

sich diese beiden Ambitionen auch unter den beiden Hauptzielen „Wachstum erhöhen“ und

„Kosten senken“ einsortieren. Für den deutschen Produktionsgartenbau ist das Thema Nachhal-

tigkeit von wesentlicher Bedeutung, 24 % geben „Nachhaltigkeit leben“ als Hauptziel der Unter-

nehmensveränderungen an. Dieser Punkt wurde in der Vergleichsstudie nicht erhoben. Das die

verwendete Liste von sechs Hauptzielen ausreichend ist, zeigt sich daran, dass lediglich 14 %

„etwas ganz anderes“ angekreuzt haben.

4.4.3.4 „Megatrends“ hinter den Veränderungsinitiativen

Die Unternehmensumwelt unterliegt einem immerwährenden Wandel. Weitgreifende Verände-

rungen in Gesellschaft, Wirtschaft und Technologie geraten immer mehr in den Blickwinkel.

Diese Herausforderungen bilden den Hintergrund für Veränderungsprozesse in Gartenbauunter-

nehmen. Große Herausforderungen für deutsche Unternehmen des Produktionsgartenbaus sind

heute schon eingetreten oder zeichnen sich am Horizont ab. Diese „Megatrends“ werden zur Ra-

tionale für künftige Veränderungsprogramme und in diese eingebettete Change Management-

Maßnahmen. Das Gartenbauunternehmen, welches heute bereits weiß, was künftig auf es zu-

kommen wird, kann sich besser auf diese Entwicklungen einstellen.

Aus der Literatur (Aronoff, 1998, Maas, 2015 und Rump und Walter, 2013), Vergleichsstudien

(Claßen et al., 2003, 2005; Claßen und Kyaw, 2007; Kyaw und Claßen, 2010 und Keicher et al.,

2012) und der Fachpresse wurden 22 „Megatrends“ identifiziert. Diese Liste ist nicht komplett.

Die von den Studienteilnehmern in der Kategorie „Sonstiges“ angegebenen Trends bzw. Ent-

wicklungen entsprechen jedoch nur zwei weiteren Aspekten: Verändertes Konsumentenverhalten

z. B. durch steigendes Gesundheitsbewusstsein und fortschreitende Marktliberalisierung bei

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gleichzeitigen Konzentrationsprozessen. Daher kann die Auswahl die wichtigsten der kommen-

den Entwicklungen abbilden. Basierend auf der Fragestellung: „Welche 5 „Megatrends“ werden

im kommenden Jahrzehnt die Ursachen für fundamentale Veränderungsprozesse in Ihrem Unter-

nehmen sein?“ konnten bis zu fünf Aspekte ausgewählt werden (Abbildung 36).

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Als wichtigster Megatrend wird mit Abstand das Oberthema Umwelt (64 %) betrachtet. Hierzu

zählen sowohl die Auswirkungen des Klimawandels als auch die für den Gartenbau besonders

relevanten Themen von Umweltauflagen und -kosten. Der Themenbereich Demografie (z. B. Al-

terspyramide) ist mit 32 % der fünftwichtigste Megatrend im deutschen Produktionsgartenbau. In

der Vergleichsstudie über alle Branchen im deutschsprachigen Raum hinweg, war die Demogra-

fie mit 48 % der Nennungen der bedeutsamste Megatrend. Die seit den 80iger Jahren des letzten

Jahrhunderts prognostizierten Veränderungen in der Struktur westlicher Gesellschaften mit ihren

Effekten auf Absatz- und Arbeitsmärkte haben in den Medien und Unternehmen eine starke

Aufmerksamkeit erhalten. In diesem Rahmen ist in jüngerer Zeit eine Abkehr vom „Jugendwahn“

hin zu einer zunehmenden Wertschätzung von Erfahrung zu konstatieren. An zweiter Stelle findet

sich mit 48 % der Megatrend Verändertes Konsumentenverhalten (z. B. steigendes Gesundheits-

bewusstsein) im deutschen Produktionsgartenbau, gefolgt von Ressourcenengpässen /-preisen

(z. B. bei Rohstoffen) mit 40 % und den Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt („War for Ta-

lents“ und Fachkräftemangel). Der Personalbereich ist bei den Megatrends besonders häufig zu

finden. Er betrifft Megatrends wie den Arbeitsmarkt (40 %), die Demografie (32 %), die Arbeits-

einstellung (20 %), die Urbanisierung (15 %), die Diversität (8 %), die Arbeitsteilung (5 %), die

Arbeitsformen (3 %) und das Thema Frauen, z. B. deren Anteil in Führungspositionen (2 %,

N=124). Weitere typische Nachhaltigkeitsthemen gehören zu den Megatrends im deutschen Gar-

tenbau und führen die Liste eindeutig an: Umwelt (64 %), Verändertes Konsumentenverhalten

(48 %) und Ressourcenengpässe / -preise (40 %). Somit sind Nachhaltigkeitsthemen die Me-

gatrends des kommenden Jahrzehnts und werden die Ursache für fundamentale Veränderungs-

prozesse in Unternehmen des deutschen Produktionsgartenbaus sein. Besonders auch die wach-

sende Bedeutung des Personalbereichs wird in den Ergebnissen deutlich. Die fortschreitende

Marktliberalisierung bei gleichzeitigen Konzentrationsprozessen zählt bei 22 % der 124 Garten-

bauunternehmen, welche diese Frage beantwortet haben, zu den wichtigsten Veränderungsursa-

chen. Auch die Beschleunigung (z. B. „Time to Market“, immer kürzere Produktlebenszyklen) ist

für 16 % der Befragten deutlich spürbar.

Die weiteren Megatrends mit einer gewissen Bedeutung (≥ 10 %) sind wenig überraschend. Jedes

dieser Themen als Ausgangspunkt von Transformationsprozessen ließe sich weiter vertiefen: Das

Internet z. B. Web 2.0 (Facebook und Co) und zunehmend Konvergenzmedien (Smart-TV, -

Phone) mit 23 %, die Urbanisierung (z. B. Metropolen, Landflucht) mit 15 %, Neue Technolo-

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gien (z.B. Nano-, Bio-, Gentechnik) mit 11 % und die Globale Beschaffung (z. B. die Möglich-

keit Rohstoffe, Waren und Dienstleistungen inzwischen weltweit zu beschaffen) mit noch 10 %

der Nennungen.

Sechs der Megatrends spielen für Gartenbauunternehmen eine vernachlässigbare Rolle, dies sind

das Ende der Nationalstaaten, Finanzmärkte, Frauen, Corporate Governance und die IT-

Flexibilisierung mit jeweils nur 2 % aber auch neue Arbeitsformen wie das Home-Office und

Virtuelle Organisationen sind mit 3 % eher weniger bedeutsam.

Wie in Abbildung 29 dargestellt, wurden auch die Einflussfaktoren: Mitarbeiterzahl, Anzahl der

Saisonarbeitskräfte, der wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens im Vergleich zum direkten

Konkurrenten aber auch der „Schwierigkeitsgrad“ der aktuellen Veränderungen im Unternehmen,

sowie das subjektive Veränderungstempo und deren Einfluss auf die jeweilige Fragestellung, in

diesem Fall den Megatrends, untersucht. Hierbei zeigt sich ein signifikanter negativer Zusam-

menhang mit der Anzahl von Saisonarbeitskräften und der Bedeutung des Megatrends Demogra-

fie (b=-,25; p<0,01; zweiseitig; n=138) und ein positiver mit der Bedeutung der Finanzmärkte

(b=,20; p<0,05; zweiseitig; n=138) und dem Ende der Nationalstaaten (b=,18; p<0,05; zweisei-

tig; n=138).

Die Einschätzung des befragten Entscheidungsträgers, in Bezug auf den wirtschaftlichen Erfolg

des eigenen Unternehmens im Vergleich zur direkten Konkurrenz, steht in einem negativen Zu-

sammenhang mit der Bedeutung des Themas Komplexität (z. B. Ende der Eindeutigkeit, b=-,20;

p<0,05; zweiseitig; n=114) und ein positiver Zusammenhang mit der Bedeutung des Themas Ar-

beitsmarkt (z. B. „War for Talents“, Fachkräftemangel; b=,20; p<0,05; zweiseitig; n=114). Für

Gartenbauunternehmen, für die der Umgang mit Veränderungsprozessen (das Change Manage-

ment) in Zukunft (2020) besonders wichtig ist, ist auch die Bedeutung der Megatrends Ressour-

cenengpässe /-preise (b=,18; p<0,05; zweiseitig; n=106) und die fortschreitende Marktliberalisie-

rung bei gleichzeitigen Konzentrationsprozessen (b=,25; p<0,01; zweiseitig; n=106) besonders

hoch. Ein signifikant negativer Zusammenhang zeigt sich bei der subjektiven Höhe des „Schwie-

rigkeitsgrades“ hinsichtlich der im Unternehmen stattfindenden Veränderung und der Bedeutung

des Trends IT-Flexibilisierung (b=-,21; p<0,05; zweiseitig; n=97) und ein positiver mit der Be-

deutung von Ressourcenengpässen /-preisen (b=,21; p<0,05; zweiseitig; n=97). Unternehmen,

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88

welche im Durchschnitt der beiden vergangenen Jahre ihre Ziele bezogen auf quantifizierbare

Kennzahlen erreicht haben, sehen die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt (b=,28; p<0,01; zwei-

seitig; n=72) als besonders relevant an.

4.4.3.5 Einstellung der Entscheidungsträger gegenüber Change Management

Führung und Leadership sind wesentliche Organisationsthemen in Gartenbauunternehmen (Mey-

erding, 2016b). Es stellt sich aber die Frage, wie die Führung zu gestallten ist. In der Manage-

mentliteratur werden üblicherweise zwei überzeichnete Führungstypen aufgeführt (Krüger,

2012). Wobei bei Veränderungsinitiativen grundsätzlich keines dieser beiden Extreme richtig

oder falsch ist. Es sollte daher ein situativer Führungsstil gewählt werden. Denn keiner der beiden

Idealtypen ist für jede Veränderungssituation geeignet. Manche Konstellationen verlangen nach

einem klaren, mitunter auch gegenüber berechtigten Mitarbeiterinteressen ignoranten Führungs-

stil.

Der überwiegende Anteil erfordert jedoch ein partizipatives Vorgehen mit humanistischer und

moralisch-ethischer Basis und damit „(…) schon fast ein – für die Wirtschaft noch wunderliches

Verständnis mit viel Entgegenkommen und bereits einem Hauch von Basisdemokratie.“ (Claßen

und Kyaw, 2007, S. 19) Übertragen auf Führungsstile resultieren daraus zwei Managertypen. Der

transaktionale Typ (eher „harter Hund“) bei denen die Mitarbeiterdimension eine nachgeordnete,

meist sekundäre Bedeutung besitzt, solange der Erfolg sich zeigt, und welche selbst in ihrer me-

dialen Präsenz dieses Image pflegen. Demgegenüber steht der transformationale mitarbeiterorien-

tierte Manager, welcher alle Entscheidungen vor dem Hintergrund der Auswirkungen auf den

Stakeholder Mitarbeiter reflektiert.

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Neben der normativen, im Zuge der sozialen Dimension der Nachhaltigkeit wesentlichen Grund-

satzfrage, was „richtig“ sei, ist von Interesse, wie die beiden Typen in der Unternehmenspraxis

auftreten bzw. von ihrer Umwelt wahrgenommen werden. Aus diesem Grunde wurde in der

Change Management Studie Gartenbau 2015 nach der Verteilung folgender Sichtweisen unter

den Führungskräften und Unternehmern gefragt:

► „Wenn der Leidensdruck für die Mitarbeiter nur groß genug ist, werden die sich schon an

die erforderlichen Veränderungen anpassen.“

► „Wir müssen die Betroffenen zu Beteiligten machen und den Veränderungsprozess aktiv

unterstützen.“

Als Antwortkategorien wurden jeweils zehn Intervalle (zehn Prozentstufen) vorgegeben. Die

Häufungen in den Verteilungen geben die Tendenz in den Auffassungen („Leidensdruck erhö-

hen“ gegenüber „Betroffene zu Beteiligten machen“) wieder. Die Gegensätzlichkeit der beiden

Glaubenssätze wurde von den Teilnehmern der Studie auch so wahrgenommen.

Abbildung 37: Leidensdruck erhöhen oder Betroffene zu Beteiligten machen

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Die Abbildung 37 zeigt die Ergebnisse der beiden Fragen. Es wird deutlich, dass die meisten Gar-

tenbauunternehmer und Führungskräfte der Aussage „Leidensdruck erhöhen“ nicht zustimmen.

So geben über 30 % der Befragten an, mit der Aussage zu 0 % übereinzustimmen (N=100). Ein

anderes Bild zeigt sich bei der Aussage „Betroffene zu Beteiligten machen“. Die meisten Befrag-

ten stimmen dieser Aussage zu über 50 % zu. Allerdings geben nur etwa 20 % der Befragten an,

der Aussage zu 100 % zuzustimmen (N=108). Das Ergebnis könnte darauf hindeuten, dass eine

Mitarbeiterorientierung zwar stark ausgeprägt ist, die Bereitschaft der Entscheidungsträger, die

Mitarbeiter am Entscheidungsprozess partizipieren zu lassen, aber nicht im gleichen Maße vor-

handen ist.

Krüger (2012) sieht die unterschiedlichen Managertypen in unterschiedlichen Phasen des Verän-

derungsprozesses gefragt. So ist zu Beginn besonders eine transformative Führung erforderlich,

um die Mitarbeiter mitzunehmen. Während des Veränderungsprozesses müssen dann auch For-

men der transaktionalen Führung zum Tragen kommen, um die Veränderung auf der Sachebene

durchzuführen (Abbildung 38). Wie in der Abbildung 38 dargestellt, sollte eine Transformationa-

le Führung den Wandlungsbedarf erkennen und die Wandlungsbereitschaft und –fähigkeit der

Organisationsmitglieder durch visionäres, motivierendes Führungsverhalten erhöhen. Dies ist,

wie beschrieben, besonders in den frühen Projektphasen von Bedeutung. Ist, im Idealfall die

Wandlungsbereitschaft und –fähigkeit der Beteiligten auf relativ hohem Niveau, kann eine Trans-

aktionale Führung durch strukturiertes Vorgehen die Realisation und Evaluation / Verstetigung

unterstützen.

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Abbildung 38: Führungsprofile im Wandlungsprozess (Krüger, 2012, S. 113)

4.4.3.6 Eigenschaften des „idealen“ Veränderungs(managers) –Unterstützers

Der ideale Prototyp des Change Managers, wie er von Classen und Kern (2010, S. 51ff.) be-

schrieben wird, ist eine Wunschvorstellung. Trotzdem ist die Frage berechtigt, welche Kompe-

tenzen von den Gartenbauunternehmen verlangt werden, damit sich die betriebswirtschaftliche

Beratung daran ausrichten kann. Aus einem Set aus 22 Kompetenzen, welche aus der Literatur

(Doppler und Voigt, 2012; Doppler, 2003; Kotter, 2011) zusammengestellt wurden, konnten vom

Befragten maximal fünf ausgewählt werden. Die Häufigkeiten der Nennungen sind in Abbildung

39 dargestellt.

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Abbildung 39: Kompetenzprofil des „idealen“ Change Managers

An der Spitze der wünschenswerten Eigenschaften steht die Branchen-/Marktkenntnis mit 52 %

der Nennungen gefolgt von den Kernkompetenzen Organisationsvermögen (46 %) und Vertrau-

enswürdigkeit (39 %). Im Unterschied zu der Vergleichsstudie wird deutlich, dass im Gartenbau

harte Themen wie Branchen- /Marktkenntnisse und Organisationsvermögen an den ersten beiden

Stellen stehen, wohingegen im Durchschnitt über alle Branchen in Deutschland weiche Themen

wie die Kommunikationsfähigkeit (70 % in der Vergleichsstudie (Claßen und Kyaw, 2007,

S. 23)) und Motivationsfähigkeit (61 % in der Vergleichsstudie) die Liste anführen. Im deutschen

Produktionsgartenbau liegen diese Kompetenzen auf Platz vier und fünf mit jeweils 33 % der

Nennungen. Auch die Durchsetzungsfähigkeit wird von den Gartenbauunternehmern und Füh-

rungskräften mit 30 % zu den sechs wichtigsten Kompetenzen für Change Manager gezählt.

Nicht weniger wichtig sind Aspekte wie Belastbarkeit (27 %), Teamfähigkeit (27 %), Konfliktfä-

higkeit (27 %) und Zielorientierung (27 %). Leicht weniger häufig werden Kompetenzen wie die

Lernfähigkeit / Flexibilität (24 %), authentisches Auftreten / Selbstvertrauen (24 %) und Stressre-

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sistenz (18 %) genannt. Kompetenzen wie Moderation (15 %) und Einfühlungsvermögen (12 %),

d. h. klassische Anforderungen an einen Veränderungsmanager, werden weniger häufig genannt.

Bemerkenswert ist, dass Kenntnisse im Projektmanagement für nur 9 % der Befragten zu den

wichtigsten Kompetenzen eines Change Managers gehören. In der Vergleichsstudie wird das Pro-

jektmanagement dreimal so häufig genannt (29 % in der Vergleichsstudie) und das, obwohl im

Gartenbau eher harte Kompetenzen die beiden ersten Plätze auf der Liste belegen. Auch die De-

legationsfähigkeit (9 %) und die Ambiguitätstoleranz (6 %, Ungewissheitstoleranz) spielt bei den

Teilnehmern der vorliegenden Studie keine wesentliche Rolle. Die eher geringe Bedeutung von

Einfühlungsvermögen, Teamfähigkeit, Lernfähigkeit / Flexibilität, sowie der Ambiguitätstoleranz

könnte daran liegen, dass ein Zuviel dieser Kompetenzen den Change Manager in seinem Han-

deln bremsen und den Eigenschaften wie Zielorientierung und Konfliktfähigkeit entgegenstehen

kann.

Die Bedeutung der Kompetenz Branchen- / Marktkenntnisse ist bei Unternehmen mit zunehmen-

der Mitarbeiterzahl weniger stark ausgeprägt (b=-,16; p<0,05; zweiseitig; n=166). Dieses Ergeb-

nis weist auf ein anderes Verständnis eines Change Managers, je nach Organisationsgröße hin. So

soll der Change Manager bei kleinen Unternehmen auch bei der Veränderungsstrategie helfen

(was soll geändert werden?, Inhaltsperspektive), wohingegen bei größeren Unternehmen eher die

Durchführung der Veränderung im Vordergrund steht, also das „wie“ (Prozessperspektive). Für

Unternehmen, welche sich im Vergleich zu ihren direkten Konkurrenten als wirtschaftlich erfolg-

reich betrachten, ist die Bedeutung der Belastbarkeit des Change Managers geringer (b=-,18;

p<0,05; zweiseitig; n=114). Auch die derzeitige Wichtigkeit des Umgangs (des Managens) von

Veränderungsprozessen im eigenen Unternehmen zeigt einen signifikanten Einfluss auf die Be-

deutung einzelner Kompetenzen eines Change Managers: Motivationsfähigkeit (b=,22; p<0,05;

zweiseitig; n=114), Konfliktfähigkeit (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=114), Durchsetzungsfähig-

keit (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=114) und Belastbarkeit (b= ,17; p<0,05; zweiseitig; n=114).

Ähnliches gilt für die zukünftige Bedeutung des Umgangs mit Veränderungsprozessen, so steigt

auch hier die Bedeutung der Kompetenzen Motivationsfähigkeit (b= ,20; p<0,05; zweiseitig;

n=106) und der Durchsetzungsfähigkeit (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=106). Gartenbauunter-

nehmer, welche den Schwierigkeitsgrad der derzeitigen Veränderung in ihrem Unternehmen als

höher einschätzen, ordnen auch der Kompetenz Belastbarkeit eine signifikant höhere Bedeutung

zu (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=97). Wohingegen Unternehmen, in denen im Durchschnitt der

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vergangenen beiden Jahre die Ziele bezogen auf quantifizierbare Kennzahlen gut erreicht wurden,

die Belastbarkeit des Change Managers weniger häufig zu dessen idealem Kompetenzprofil zäh-

len (b=-,28; p<0,01; zweiseitig; n=72).

4.4.3.7 Lernfähigkeit und Lernmöglichkeiten von Change Management Kompeten-

zen

Die Frage nach der Erlernbarkeit grundlegender Persönlichkeits- und Verhaltensparameter stellt

sich auch für den Change Manager. Auf die dichotome Frage, ob sich die Eigenschaften eines

„idealen“ Veränderungsmanagers trainieren lassen, oder aber, ob sie ganz wesentlich in der Per-

sönlichkeit verankert sind, ist eine klare Auffassung der befragten Entscheidungsträger im deut-

schen Produktionsgartenbau zu erkennen (Abbildung 40). Etwa drei von vier Befragten glauben

an den geborenen oder frühsozialisierten Veränderungsmanager. Etwas mehr als ein Viertel der

Studienteilnehmer gehen von einer möglichen Erlernbarkeit der Kompetenzen eines „idealen“

Veränderungsmanagers aus (N=33).

Abbildung 40: Erlernbarkeit von Schlüsselkompetenzen eines Change Managers

Vor dem Hintergrund dieses Ergebnisses ist von Interesse, ob das Thema Change Management

zum festen Bestandteil im internen Weiterbildungs- und Schulungssystem der Unternehmen ge-

hört. In fast 60 % der Unternehmen stehen keine Change Management-Inhalte im Weiterbil-

dungsangebot (siehe Abbildung 41, N=26). Es ist allerdings festzustellen, dass diese Frage nur

sehr wenige Studienteilnehmer beantwortet haben. Sodass zu vermuten ist, dass der Anteil, wel-

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cher in seinem Weiterbildungsprogramm keine Change Management-Inhalte vorsieht, insgesamt

wesentlich höher ist. Des Weiteren ist die Frage für Gartenbauunternehmen durchschnittlicher

Größe sehr schwierig zu beantworten.

Abbildung 41: Change Management als Bestandteil des Fortbildungsprogrammes

In der Vergleichsstudie zeigt sich, dass bei den Befragten der Glaube an den geborenen Change

Manager mit einem gleichzeitigen Angebot des Themas Veränderungsmanagement im Trainings-

katalog des eigenen Unternehmens einhergeht. Die Zielgruppe des Change Management Trai-

nings scheint sich von den Spezialisten zu einem breiten Auditorium, den an der Gestaltung des

Wandels interessierten Führungskräften, verlagert zu haben.

4.4.3.8 Instrumente des Change Managements

Die Gleichsetzung von Change Management mit den jeweils verwendeten Change-Instrumenten

ist die pragmatische Antwort auf das Fehlen einer allgemeingültigen Definition. Das Arrange-

ment von Veränderungsprozessen definiert sich in der Praxis darüber, was unter dem Begriff

Change Management, sofern er in der Gartenbaubranche überhaupt bekannt ist, veranstaltet wird.

Doch Change Management ist mehr als ein Buzzword, unter dem „Alles und Nichts“ zu verste-

hen ist. Es bedarf einer Transformationsarchitektur. Hierzu müssen die richtigen Instrumente zum

jeweils passenden Zeitpunkt identifiziert und implementiert werden. Die Gestaltung des Verände-

rungsprojektes muss bei jeder Veränderung neu definiert werden. Change Management kann da-

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her als eine Komposition einer sinnvollen Melodie, die Orchestrierung mit entsprechenden In-

strumenten und der geeigneten Musiker verstanden werden (Claßen und Kyaw, 2007).

Dennoch ist es wichtig, den Bekanntheitsgrad von Change-Instrumenten für Transformationssitu-

ationen in Gartenbauunternehmen zu untersuchen. Eine Übersicht der Change-Instrumente findet

sich bei von Ameln und Kramer (2007). In der vorliegenden Studie wurde die Bekanntheit von

insgesamt 54 typischen Change-Instrumenten abgefragt. Anglizismen wurden auch hier nur dort

eingesetzt, wo sie gängige Praxis (z. B. Workshop) sind. Exotische oder von speziellen Anbietern

„gebrandete“ Instrumente wurden nicht berücksichtigt. Unter wenig prägnanten Begriffen wie

etwa Projektmanagement können unterschiedliche Aktivitäten verstanden werden. Zudem bewe-

gen sich die Aktivitäten auf unterschiedlichen Konkretisierungsebenen, wie beim Kulturma-

nagement einerseits und der Balanced Scorecard andererseits. Des Weiteren reichen einige In-

strumente weit über die Grenzen des Change Managements hinaus und lassen Ideen aus anderen

Bereichen nutzbar werden.

Die Studienteilnehmer wurden danach gefragt, ob ihnen das jeweilige Instrument unbekannt ist.

Diese aufwendigen Fragen haben nur relativ wenige der Befragten vollständig beantwortet. Die

Antwortmöglichkeiten wurden für jede Befragung randomisiert. Trotz der geringen Stichproben-

größe (N=28) lässt sich ein Trend abzeichnen. So sind allgemeinere Instrumente bekannter als

spezialisierte Change Management-Instrumente. Hier zeigt sich, dass die meisten Gartenbauun-

ternehmer bisher wenig Kontakt zu Managementinstrumenten gehabt zu haben scheinen.

Wie in Abbildung 42 deutlich wird, sind Instrumente wie Projektmanagement, Befragung, Füh-

rungsgrundsätze, Veranstaltungen, Anreizsysteme, Rollen-/Auftragsklärung, Lernende Organisa-

tion, Konsequenzen Management (Sanktionen für nichtregelkonformes Verhalten), Kulturforen,

Kommunikation Intranet (als Buttom- up und Top- down Kommunikationskanal), Mitarbeiter-

Mobilisierung, Umfeld-/Statusanalyse, Kreativitätstechniken und Zukunftskonferenzen den meis-

ten Gartenbauunternehmern, welche die Frage beantwortet haben, bekannt. Somit sind die Ent-

scheidungsträger im deutschen Produktionsgartenbau zumindest mit einigen grundlegenden Be-

grifflichkeiten vertraut.

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Abbildung 42: Unbekanntheit von Change Management-Instrumenten

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Unbekannt sind demgegenüber eine ganze Reihe von wirkungsvollen, aber eher spezifischen In-

strumenten, so wie das Resistance Radar (54 %), das Change Readiness Assessment (50 %), die

Balanced Scorecard (46 %) und das Stakeholder Management, Open Space, Change Story, Re-

tention Management, World Café, Change Impact Analyse und die Analoge Intervention mit je-

weils 39 % der Befragten, welche dieses Instrument nicht kennen. Somit sind Instrumente, wel-

che mit englischen Begriffen beschrieben werden, eher unbekannt.

Besonders häufig konnte ein Zusammenhang zwischen der derzeitigen Wichtigkeit des Umgangs

mit Veränderungsprozessen (Change Management) im Unternehmen und der Kenntnis von

Change Management-Instrumenten beobachtet werden (22 signifikante Korrelationen). Auch die

zukünftige Bedeutung von Change Management stand häufig in einem Zusammenhang mit der

Kenntnis bestimmter Change Management-Instrumente (zehn signifikante Korrelationen). Ge-

folgt von der durchschnittlichen Erreichung quantifizierbarer Kennzahlen in den letzten zwei Jah-

ren (sieben signifikante Korrelationen), dem subjektiven wirtschaftlichen Erfolg des eigenen Un-

ternehmens im Vergleich zur direkten Konkurrenz (sechs signifikante Korrelationen) und der An-

zahl der Mitarbeiter (sechs signifikante Korrelationen). Weniger häufig konnten Zusammenhänge

zwischen der Anzahl der Saisonarbeitskräfte (drei signifikante Korrelationen), dem „Schwierig-

keitsgrad“ der derzeitigen Veränderung im Unternehmen (drei signifikante Korrelationen) und

dem wahrgenommenen Veränderungstempo (eine signifikante Korrelation) aufgezeigt werden.

4.4.3.9 Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen

Einer der wesentlichen Beiträge dieser Studie ist die Identifikation bzw. die Analyse der Bedeu-

tung von Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen im deutschen Produktionsgartenbau. Auf

der Basis von Senge (1990), Kotter (2011) aber vor allem auf den Studien von Vahs und Leiser

(2003) und Picot et al. (1999) hat Schnitzler (unveröffentlicht) allgemeine Stellschrauben des

Veränderungserfolgs (Abbildung 22) der psychologischen Ebene abgeleitet, welche von Meyer-

ding (2014a) erweitert wurden. Diese allgemeinen Stellschrauben des Veränderungserfolgs und

ihre Umsetzung in einem praxisnahen Vorgehensmodell bilden die Basis für die Analyse der Er-

folgsfaktoren. Die abgeleiteten Stellschrauben des Veränderungserfolgs werden u. a. durch die

Studien von Claßen et al. (2005) und Claßen und Kyaw (2007) und Kyaw und Claßen (2010) be-

stätigt.

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Als erster Anhaltspunkt kann die Frage nach den Hindernissen bei der Realisierung von Unter-

nehmensstrategien und Veränderungsprozessen einen Hinweis auf die Erfolgsfaktoren geben. Im

Wesentlichen werden strategische Verwirrungen, politische Konflikte und handwerkliche Fehler

zur Begründung von Schwierigkeiten bei der Implementierung angeführt (Abbildung 43). Eine zu

geringe Verantwortungsbereitschaft sowie Interessen-/Zielkonflikte der Beteiligten werden mit

jeweils 34 % als die schwierigsten Probleme bei der Umsetzung und Implementierung von Ver-

änderungsprozessen wahrgenommen. Als strategisches Problem sehen die befragten Entschei-

dungsträger im deutschen Produktionsgartenbau, dass langfristige Maßnahmen für kurzfristige

Ergebnisverbesserungen geopfert werden (29 %). An vierter Stelle stehen mit 25 % der Nennun-

gen mangelnde Fähigkeiten / Qualifikationen / Know-How. Hier zeigt sich eine selbstkritische

Sicht der Gartenbauunternehmer. Herausforderungen, welche insgesamt unter dem Oberbegriff

Projektmanagement und somit der Sachebene des Veränderungsprozesses zugeordnet werden

können, liegen im Mittelfeld der schwierigsten Herausforderungen bei der Umsetzung von Ver-

änderungsinitiativen. Dies sind: Kein echtes nachhaltiges Monitoring / Erfolgskontrolle der Akti-

vitäten (23 %), keine klare Zielsetzung (22 %), zu viele Aktivitäten ohne Priorisierung (18 %)

und schwaches Projektmanagement (10 %). Eine Veränderungsmüdigkeit wird bei 12 % der Be-

fragten in dem Punkt: Lähmung der Organisation durch andauernde Reorganisation deutlich.

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Weitere Herausforderungen werden mit jeweils 8 % in der fehlenden internationalen / globalen

Perspektive und der fehlenden Verknüpfung von „Top- down“ und „Bottom- up“ Kommunikati-

on gesehen. Der Verzicht auf Change Management wird nur von 7 % der Gartenbauunternehmer

als problematisch angesehen. Von geringer Bedeutung ist mit 5 % der Nennungen das fehlende

Commitment des Eigentümers. Dieses Ergebnis ist allerdings wenig überraschend, da die meisten

Studienteilnehmer auch die Eigentümer des Gartenbauunternehmens sind. Auch die Herausforde-

rungen, welche sich durch eine fehlende Konkretisierung der Veränderung durch einen Business

Case und fehlende oder mangelnde Unterstützung aus dem Linienmanagement ergibt, sind mit

jeweils 3 % der Nennungen relativ unwesentlich (N=77).

In Gartenbauunternehmen, welche viele Saisonarbeitskräfte beschäftigen, wird die Herausforde-

rung einer nicht vorhandenen klaren Zielsetzung als weniger problematisch empfunden (b= -,16;

p<0,05; zweiseitig; n=138). Für Unternehmen, welche sich im Vergleich zu ihrer direkten Kon-

kurrenz als wirtschaftlich erfolgreich betrachten, stellt zu wenig Change Management (b= -,20;

p<0,05; zweiseitig; n=114) ein geringeres Problem dar. Dies weist darauf hin, dass wirtschaftlich

erfolgreiche Unternehmen die Bedeutung von Change Management erkannt haben und es auch

umsetzen. Weitere statistisch signifikante Zusammenhänge lassen sich zwischen der derzeitigen

Bedeutung von Change Management und dem Fehlen von Unterstützung des Linienmanagements

(b= -,18; p<0,05; zweiseitig; n=114), der Lähmung der Organisation durch andauernde Reorga-

nisation (b= ,21; p<0,05; zweiseitig; n=114) und dem Opfern von langfristigen Maßnahmen für

kurzfristige Ergebnisverbesserungen (b= ,19; p<0,05; zweiseitig; n=114) beobachten. Ähnliches

gilt für die zukünftige Bedeutung von Change Management im Unternehmen. So für die Läh-

mung der Organisation durch andauernde Reorganisation (b= ,20; p<0,05; zweiseitig; n=106),

kein echtes nachhaltiges Monitoring / Erfolgskontrolle der Aktivitäten (b= ,19; p<0,05; zweisei-

tig; n=106) und der Opferung von langfristigen Maßnahmen für kurzfristige Ergebnisverbesse-

rungen (b= ,27; p<0,01; zweiseitig; n=106). Auch der empfundene Schwierigkeitsgrad des der-

zeitigen Veränderungsprozesses im eigenen Unternehmen weist statistisch signifikante Zusam-

menhänge mit einigen Problemfeldern bei der Umsetzung und Implementierung von Verände-

rungsprozessen auf (zu viele Aktivitäten ohne Priorisierung (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=97),

die Lähmung der Organisation durch andauernde Reorganisation (b= ,20; p<0,05; zweiseitig;

n=97), Verzicht auf Change Management (b= -,25; p<0,01; zweiseitig; n=97) und dem fehlenden

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Commitment des Vorstandes / Eigentümers (b= -,20; p<0,05; zweiseitig; n=97)). In Unterneh-

men, welche im Durchschnitt der vergangenen zwei Jahre ihre Ziele bezogen auf quantifizierbare

Kennzahlen besonders gut erreicht haben, war das Problem, keine klare Zielsetzung im Rahmen

von Veränderungsprojekten zu haben, weniger häufig vorhanden (b= -,22; p<0,05; zweiseitig;

n=72). Bei Unternehmen mit vielen Mitarbeitern trat das Problem der fehlenden Verknüpfung

von „Top- down“ und „Bottom- up“ Kommunikation besonders häufig auf (b= ,26; p<0,01;

zweiseitig; n=166).

Neben der „negativen“ Analyse – der Frage nach den Umsetzungsbarrieren – wurden die Befrag-

ten auch um eine „positive“ Betrachtung – der Frage nach den Erfolgsfaktoren – gebeten. Die

Liste der Erfolgsfaktoren demonstriert eine hohe Bedeutung weicher Faktoren bei Veränderungen

im deutschen Produktionsgartenbau. Eine Erkenntnis, welche sich langsam allgemein durchsetzt

(Todnem By, 2005). Die breite Streuung der Erfolgsfaktoren zeigt, dass es nicht ein oder zwei

Stellschrauben des Veränderungserfolgs gibt, sondern erst die sinnvolle Kombination der Erfolgs-

faktoren das Ergebnis von Veränderungsinitiativen positiv beeinflusst (Abbildung 44).

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An der Spitze der Erfolgsfaktoren, welche den Studienteilnehmern bekannt sind, steht die realisti-

sche, klare Vision / Zielsetzung und ihre Kommunikation mit 41 %. Hier zeigt sich, dass schon in

der Projektphase der Strategischen Zieldefinition wichtige Weichen für den anschließenden Ver-

änderungserfolg gesetzt werden. Auch der Teamgeist und die Motivation des Projektteams bzw.

der Veränderungsbeteiligten werden als für das Gelingen ausschlaggebend angesehen (39 %). Die

Stellschraube Timing (Abbildung 22 und 45) zählt bei 31 % der befragten Entscheidungsträger

des deutschen Produktionsgartenbaus zu den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren. Gefolgt wird sie

von der Stellschraube Information / Kommunikation mit den Punkten Offene, klare Kommunika-

tion innerhalb des Projektes und gegenüber anderen (26 %) und „Richtige“ Informationspolitik

(19 %). Die Stellschraube Führungsverhalten wird an fünfter Stelle mit dem Erfolgsfaktor „Rich-

tiges“ Führungsverhalten (21 %) genannt. Mit 17 % und 15 % werden die Erfolgsfaktoren Parti-

zipation der Betroffenen am Entscheidungsprozess und das Training der Betroffenen an Stelle

sieben und neun genannt. Diese beiden Erfolgsfaktoren werden in der Stellschraube Partizipation

und Training zusammengefasst. Ein Verständnis für die Dringlichkeit, also für die Veränderungs-

notwendigkeit, wird von 16 % zu den wichtigsten drei Erfolgsfaktoren gezählt. Weitere Erfolgs-

faktoren sind mit 9 % das Anreizsystem für die Beteiligten (Stellschraube Anreize in Abbildung

22 und 45) und ein konsequentes Monitoring und Controlling des Veränderungsprozesses (Stell-

schraube Controlling). Das Commitment und die Glaubwürdigkeit des Managements wird nur

von 7 % der Betragten zu den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren gezählt. Dieses Ergebnis kann

dadurch erklärt werden, dass die Teilnehmer der Studie selbst die Entscheidungsträger in den

Gartenbauunternehmen sind. In der Vergleichsstudie steht dieser Erfolgsfaktor mit 75 % auf Platz

eins. Bei den Ergebnissen dieser Frage wird die Bedeutung der Stellschrauben der psychologi-

schen Ebene des Veränderungsprojektes deutlich. Themen der Sachebene landen mit Projekte /

Programme (5 %) und professionelles Projektmanagement (3 %) auf den hinteren Plätzen der

Erfolgsfaktoren. Ein effektives Stakeholder Management wird nur von 2 % der Befragten zu den

wichtigsten Erfolgsfaktoren gezählt (N=98).

Bei Unternehmen mit vielen Mitarbeitern wird das Commitment und die Glaubwürdigkeit des

Managements häufiger zu den drei wichtigsten Erfolgsfaktoren gezählt (b= ,15; p<0,05; zweisei-

tig; n=166) wobei eine realistische, klare Vision / Zielsetzung und ihre Kommunikation (b= -,15;

p<0,05; zweiseitig; n=166) und ein abgestimmtes zeitliches Vorgehen (b= -,17; p<0,05; zweisei-

tig; n=166) seltener genannt werden. Bei Unternehmen mit vielen Saisonarbeitskräften wird die

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Bedeutung eines Anreizsystems für die Beteiligten (b= -,16; p<0,05; zweiseitig; n=138) weniger

häufig genannt. Gartenbauunternehmen, welche sich im Vergleich zu ihrer direkten Konkurrenz

als besonders wirtschaftlich erfolgreich ansehen, messen dem professionellen Projektmanagement

häufiger einen wesentlichen Einfluss auf das Gelingen von Veränderungsprozessen bei, als weni-

ger erfolgreiche (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=114). Überraschenderweise sehen Unternehmen,

welche die derzeitige Veränderung als besonders schwierig empfinden, ein professionelles Pro-

jektmanagement weniger häufig als Erfolgsfaktor für das Gelingen von Wandlungsprojekten an

(b= -,20; p<0,05; zweiseitig; n=97), und das obwohl diese Unternehmen besonders häufig zu

viele Aktivitäten ohne Priorisierung (b= ,18; p<0,05; zweiseitig; n=97) und eine Lähmung der

Organisation durch andauernde Reorganisation (b= ,20; p<0,05; zweiseitig; n=97) aufweisen.

Was eigentlich gerade auf einen Mangel an professionellem Projektmanagement hinweist.

Die hier dargestellten Studienergebnisse unterstützen die Auffassung von allgemeingültigen

Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene, welche von Schnitzler5 aus

den Studien von Vahs und Leiser (2003) und Picot et al. (1999) abgeleitet wurden (siehe Abbil-

dung 22 und 45) (Meyerding, 2014a).

5 Unveröffentlichtes Skript: Schnitzler, C.C.: Change Management, Fachhochschule Hannover, 2011.

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Abbildung 45: Stellschrauben des Veränderungserfolgs auf psychologischer Ebene

(Schnitzler: unveröffentlicht und Meyerding, 2011, S. 55, 2016a)

Die Organisationsstruktur der Veränderungsinitiative kann aus dem Lenkungsausschuss, dem

Kernteam, den einzelnen Projektteams und nicht zuletzt dem Gesamtunternehmen bestehen, wo-

bei die erstgenannten in Gartenbauunternehmen häufig in einer Person vereint sind (Meyerding,

2014a).

Im Rahmen des Führungsverhaltens lassen sich zwei Extreme von Führungsausrichtungen ge-

genüberstellen: die kooperative und die autoritäre Führung. Es lässt sich auch eine Unterschei-

dung bezüglich verschiedener Führungsgrundlagen vollziehen. Zu nennen sind hier, wie bereits

erwähnt, die transaktionale Führung und die transformationale Führung. Aufgabe der transaktio-

nalen Führung ist es, als Gegenleistung für die Arbeitskraft Anreize zu bieten. Die Motivation

und Verpflichtung der Mitarbeiter wird durch die Gestaltung des Arbeitsumfeldes und durch An-

reizsysteme erreicht. Die transformationale Führung basiert nicht ausschließlich auf einer Aus-

tauschbeziehung. Die Beeinflussung des Verhaltens der Mitarbeiter wird durch eine Ziel- und

Werteänderung erreicht. Es soll eine Begeisterung durch Sinnstiftung und das Charisma der Füh-

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rungspersönlichkeit erfolgen, d. h. eine Leistungssteigerung durch eine gezielte „kulturelle“ Steu-

erung (Meyerding, 2014a).

„Die Stellschraube der Kommunikation stellt, wie bereits besprochen, die Frage nach dem Ver-

hältnis von Bottom- up und Top- down Kommunikation und der Art, wie diese Kommunikations-

ströme organisiert werden sollen. Bei der Top- down Kommunikation muss auf den Zeitpunkt der

Kommunikation, den Kommunikationskanal, den Inhalt der Kommunikation, den Kommunikator

und die Form der Kommunikation geachtet werden. Die Bottom- up Kommunikation dient der

Offenlegung expliziten Wissens und behandelt auch die Organisation der Wissensverbreitung und

–weiterleitung. In diesem Zusammenhang gibt es zwei Möglichkeiten, die der direkten Kommu-

nikation durch Partizipation oder die einer indirekten Kommunikation beispielweise durch eine

Mitarbeiterbefragung.“ (Meyerding, 2014a)

Die Partizipation bietet sich, wie vorher dargestellt, besonders im Umgang mit Wissensträgern

an. Hierbei handelt es sich um eine Bewegung von Change Management Rechten zum Change

Management Wissen. Dies wird durch die Einbindung der Träger taziten Wissens (Erfahrungs-

wissen) in den Change Management Prozess sowie eine Übertragung von Entscheidungs- und

Handlungsrechten auf Wissensträger (insbesondere an betroffene Mitarbeiter und externe Bera-

ter) erreicht (Picot et al., 1999, S. 135). Eine andere Möglichkeit ist die Bewegung des Change

Management Wissens zu den Change Management Verantwortlichen durch eine Wissensoffenle-

gung in Form einer Bottom- up Kommunikation. Im Rahmen der Partizipation können unter-

schiedliche Veränderungsstrategien verfolgt werden, welche jeweils einen anderen zeitlichen

Aufwand und veränderte Tiefe der Partizipation bedingen (Meyerding, 2014a).

Die Funktionen der Stellschraube des Trainings, wie zuvor aufgezählt, sind der Aufbau und Aus-

bau des Könnens der Mitarbeiter, sowie eine daraus resultierende Steigerung der Motivation und

eine Erhöhung der Glaubwürdigkeit von strategischen Plänen. Das Training kann aus drei ver-

schiedenen Bausteinen bestehen. Dem des Fachlichen Wissens, des Methodischen Wissens und

des Zwischenmenschlichen Wissens (Meyerding, 2014a).

Die Stellschraube der Anreize dient, wie bereits dargestellt, dazu, eine Präferenzkompatibilität

zwischen Mitarbeiter- und Unternehmenszielen herbeizuführen. Vier unterschiedliche Arten las-

sen sich unterscheiden: Materielle Anreize, Anreize aus der Aufgabe selbst, soziale Anreize so-

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wie Anreize aus organisatorischen Rahmenbedingungen. Auffällig ist, dass drei der vier Arten

auf die intrinsische Motivation der Mitarbeiter einwirken (Meyerding, 2014a).

Das Controlling als letzte Stellschraube hat, wie in einem vorherigen Kapitel besprochen, die

Aufgabe der „… Koordination der Informations-, Planungs-, Kontroll-, Organisations- und Per-

sonalführungssysteme zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung der Veränderungsinitiati-

ve“ (Picot et al., 1999, S. 150) und übernimmt damit eine Zielausrichtungsfunktion, eine Service-

funktion (Abweichung zwischen Ist und Soll kommunizieren) und eine Anpassungs- und Innova-

tionsfunktion (z. B. durch Benchmarkings und dem Aufzeigen von Best Practices) (Picot et al.,

1999, S. 150 und Meyerding, 2014a).

Im Gegensatz zu der Frage in Abbildung 44 wurden die Befragten nun aufgefordert, ins eigene

Unternehmen zu schauen: „Welche Erfolgsfaktoren waren bei erfolgreichen Veränderungspro-

zessen in Ihrem Unternehmen ausschlaggebend?“ (Abbildung 46). Es konnten bis zu drei Erfolgs-

faktoren angekreuzt werden. Auch diesmal wurde die Reihenfolge für den Befragten randomi-

siert.

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Die Ergebnisse unterstützen die Bedeutung der Stellschrauben der psychologischen Ebene des

Veränderungsprozesses; so steht die Einbindung der Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen

(Stellschraube Partizipation / Training) mit 53 % auf Platz eins der Erfolgsfaktoren von erfolgrei-

chen Veränderungsprozessen im eigenen Unternehmen. Einen angemessenen Führungsstil leben

und als Vorbild agieren (Stellschraube Führungsverhalten) findet sich mit 47 % auf Platz zwei

wieder. An dritter Stelle steht der Erfolgsfaktor Konflikte und Widerstände reduzieren und ver-

meiden (41 %). Dieser Erfolgsfaktor ist keiner der allgemeinen Stellschrauben direkt zuzuordnen.

Vielmehr ist der richtige Einsatz der Stellschrauben (siehe Abbildung 22 und 43) dafür verant-

wortlich, dass Konflikte und Widerstände reduziert und vermieden werden. Erst an vierter Stelle

der Erfolgsfaktoren findet sich ein Thema aus der Sachebene bei Veränderungsprozessen. Das

Ergebnis von 31 % der Nennungen des Punktes: Situation und Umfeld analysieren und verstehen,

weist auf die Bedeutung der Projektphasen eins und zwei, Strategische Zieldefinition und Analy-

se, auf den Veränderungserfolg hin.6 Die Weiterentwicklung der Unternehmenskultur findet sich

mit 25 % auf Platz fünf wieder. Die Stellschraube Führungsverhalten (operationalisiert durch den

Erfolgsfaktor „Richtiges Führungsverhalten“) findet sich mit knapp 25 % auf Platz sechs. Die

Stellschraube Information und Kommunikation erreicht mit 24 % Platz sieben. Weitere Punkte,

welche dem Führungsverhalten zugeordnet werden können, sind Erfolge identifizieren und ver-

ankern (19 %), Führung fördern (12 %), Ausrichtung und Alignment forcieren (3 %) und Mobili-

sierung und Commitment sicherstellen (2 %). Die Stellschraube Anreize findet sich mit 17 % der

Nennungen im Mittelfeld wieder. Die Stellschraube Controlling, hier operationalisiert als Projekt-

/Prozesscontrolling liegt mit 10 % und 9 % bei Struktur und Monitoring entwickeln und aufbauen

eher in den hinteren Rängen. Die Qualifizierung und Entwicklung zielgruppenorientiert durchfüh-

ren, ein Bereich der Stellschraube Partizipation und Training, ist im deutschen Produktionsgar-

tenbau von untergeordneter Bedeutung (7 %). Ähnliches gilt für den Erfolgsfaktor der Sachebene

des Transformationsprozesses Organisation und Prozesse erfassen und designen (19 %, N=93).

In Unternehmen, welche viele Mitarbeiter (ohne Saisonarbeitskräfte) beschäftigen, wird das

Richtige Führungsverhalten (b= ,17; p<0,05; zweiseitig; n=166) und das Projekt-

/Prozesscontrolling (b= ,16; p<0,05; zweiseitig; n=166) statistisch signifikant häufiger als Er-

6 Ein Veränderungsprojekt kann in die Phasen: Strategische Zieldefinition, Analyse-Phase, Planungs-

Phase, Realisierung, Evaluation und Verstätigung unterteilt werden. Siehe hierzu Abbildung 20 und Meyerding (2014a, 2016a).

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folgsfaktor im eigenen Unternehmen genannt, als bei Unternehmen mit weniger Mitarbeitern. Mit

der Zunahme von Saisonarbeitskräften nimmt auch die Bedeutung der Erfolgsfaktoren Konflikte

und Widerstände reduzieren und vermeiden (b= -,17; p<0,05; zweiseitig; n=138) und Informati-

on und Kommunikation (b= -,23; p<0,05; zweiseitig; n=138) ab. Gartenbauunternehmen, welche

sich im Vergleich zu ihrer Konkurrenz als wirtschaftlich erfolgreicher empfinden, halten den Er-

folgsfaktor „Qualifizierung und Entwicklung zielgruppenorientiert durchführen“ besonders häu-

fig für den Erfolg von Veränderungsprozessen in ihrem Unternehmen für ausschlaggebend (b=

,22; p<0,05; zweiseitig; n=114). Die Bedeutung des Erfolgsfaktors Organisation und Prozesse

erfassen und designen ist bei Gartenbauunternehmen, welche den Schwierigkeitsgrad der derzei-

tigen Veränderung in ihrem Unternehmen als hoch ansehen, geringer ausgeprägt (b= -,21;

p<0,05; zweiseitig; n=97).

4.4.3.10 Bedeutung von inhaltlicher (sachlicher) und prozessualen (psychologi-

scher) Dimension bei Veränderungsprozessen

Eine wichtige Frage im Change Management ist die Verbindung von inhaltlicher (sachlicher) und

prozessualer (psychologischer) Dimension. Veränderungen spielen sich nicht nur im inhaltlichen

(sachlichen) Bereich ab. Das Geschehen und die Verhaltensänderung der Mitarbeiter auf der pro-

zessualen (psychologischen) Ebene besitzt einen Wert an sich. In den Transformationsprojekten

läuft es häufig auf eine Form des Zusammenbringens dieser beiden Ebenen und Sichtweisen hin-

aus (Königswieser, 2006).

Die Fragestellung lautete: Was ist wichtiger: Inhalt oder Prozess (Ablauf). Durch das Eingabe-

format konnte für Inhalt und Prozess jeweils eine Zahl zwischen null und zehn eingegeben wer-

den, welche in der Summe zehn ergeben musste (Abbildung 47).

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Abbildung 47: Was ist wichtiger: Inhalt oder Prozess (Ablauf)?

Die Ergebnisse zeigen, dass die meisten der Befragten (ca. 40 %) Inhalt und Prozess (Ablauf) für

etwa gleich wichtig halten. Wobei sich in der Verteilung eine leichte Häufung zugunsten des In-

haltes abzeichnet. Die Ergebnisse sind positiv zu bewerten, so scheint den Entscheidungsträgern

im deutschen Produktionsgartenbau klar zu sein, dass ein Zusammenspiel aus inhaltlicher und

prozessualer Ebene für den Veränderungserfolg ausschlaggebend ist.

4.4.3.11 Zeitpunkt und Ausstattung mit Ressourcen

Die Frage nach dem Zeitpunkt (N=18) und der Ausstattung mit Ressourcen (N=23) wurde nur

von wenigen Studienteilnehmern beantwortet. Aus diesem Grunde sollen die Ergebnisse an dieser

Stelle nur kurz dargestellt werden. Ihre Aussagekraft ist sehr begrenzt.

Abbildung 48: Zeitpunkt des Beginns von Change Management- Aktivitäten

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In Abbildung 48 sind die Ergebnisse der Antwort auf die Frage: „Wann werden Change Ma-

nagement-Aktivitäten üblicherweise in Ihrem Unternehmen begonnen?“. Hier antworteten 78 %

mit den wünschenswerten Möglichkeiten „Vor Beginn des Veränderungsprozesses (der Business

Transformation) mit ausreichendem Vorlauf“ (50 %) und „Unmittelbar mit Beginn des Verände-

rungsprozesses (der Business Transformation)“ (28 %).

Abbildung 49: Ressourcen für Change Management

Ein kritischeres Bild zeigen die Ergebnisse in Abbildung 49. So antworteten 22 % auf die Frage:

„Wie werden die Change- Management (Veränderungsmanagement) Aktivitäten üblicherweise in

Ihrem Unternehmen mit personellen und materiellen Ressourcen ausgestattet?“ mit „Viel zu

knapp“ aber nur 13 % mit „Gar nicht“ (N=23).

4.4.3.12 Strukturvariablen: wirtschaftlicher Erfolg, „Schwierigkeitsgrad“ der

Veränderung und Veränderungstempo

Wie in Abbildung 29 dargestellt, wurden neben der Mitarbeiterzahl und der Anzahl der beschäf-

tigten Saisonarbeitskräfte weitere „Strukturvariablen“ erhoben, von denen davon ausgegangen

werden kann, dass sie einen Einfluss auf die unterschiedlichen Fragestellungen im Bereich Chan-

ge Management aufweisen (beispielsweise auf die Erfolgsfaktoren). Weitere Strukturvariablen

sind der wahrgenommene „Schwierigkeitsgrad“ der im eigenen Unternehmen stattfindenden Ver-

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änderungen, das Tempo des Wandels, der Zielerreichungsgrad von Veränderungsinitiativen be-

zogen auf quantifizierbare Kennzahlen und der subjektive wirtschaftliche Erfolg des Unterneh-

mens im Vergleich zu seiner direkten Konkurrenz. Eine Schwierigkeit ergibt sich daraus, dass

diese Fragestellungen besonders subjektiv beantwortet werden müssen. Was ist schwierig? Was

ist schnell? Die Skalierung war zudem bis auf die beiden Extremwerte null („sehr einfach“) und

zehn („extrem schwierig“) nicht weiter definiert. Bei der Skalierung zur Geschwindigkeit wurde

zwar mit der Analogie Straßenverkehr gearbeitet, was aber bedeutet beispielsweise 100 km/h?

Diese sind für den Einen gerade richtig, für den Anderen zu langsam und für den Nächsten viel

zu schnell. Eine Limitation in der Frage ist weiterhin, dass kein Anker gesetzt wurde. So ist nicht

klar, ob die Geschwindigkeit innerorts, außerorts oder auf der Autobahn gemeint ist. Wie bereits

erwähnt, drücken diese Einstufungen die Wahrnehmung der Befragten aus und erfüllen nicht das

Kriterium der Realibilität. Sie waren jedoch eine praktikable Lösung, um ganz unterschiedliche

Unternehmen aus den verschiedenen Sparten des Produktionsgartenbaus und unterschiedlichste

Veränderungsinitiativen analysieren zu können.

Auf die Frage nach dem „Schwierigkeitsgrad“ der im Unternehmen derzeit stattfindenden Verän-

derungen auf einer Skala von eins (sehr einfach) bis zehn (extrem schwierig) wurde ein durch-

schnittlicher Schwierigkeitsgrad von 6,28 beobachtet (N=97). Abbildung 50 stellt die Ergebnisse

dar. Sie sind insbesondere für die Analyse von Zusammenhängen mit anderen Fragestellungen

interessant.

Abbildung 50: Schwierigkeitsgrad der Veränderungsinitiativen

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115

Auf die Frage: „Wenn Sie das Tempo Ihres Unternehmens - analog zum Straßenverkehr – cha-

rakterisieren, mit welcher Geschwindigkeit geht es bei Ihnen voran?“ (Abbildung 51), zeigt sich

im Antwortverhalten, dass die meisten Entscheidungsträger im deutschen Produktionsgartenbau,

gemessen an den Antwortmöglichkeiten diese als eher langsam beschreiben (N=34).

Abbildung 51: Empfundene Veränderungsgeschwindigkeit im Unternehmen

Ein durchschnittlicher Zielerreichungsgrad von 66 % konnte aus den Ergebnissen auf die Frage:

„Wie wurden im Durchschnitt der beiden vergangenen Jahre die Ziele am besten bezogen auf

quantifizierbare Kennzahlen erreicht?“ (Abbildung 52) errechnet werden. Auch hier sind die Er-

gebnisse eher für die Analyse von Zusammenhängen mit anderen Fragestellungen von Bedeu-

tung. Es zeigt sich jedoch, dass über die Hälfte (51 %) aller Veränderungsinitiativen im deutschen

Produktionsgartenbau als Misserfolg gewertet werden können (N=72). Hier wird auch der Bedarf

nach erweiterter Change Management Kompetenz deutlich.

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116

Abbildung 52: Zielerreichungsgrad von Veränderungsinitiativen in den letzten zwei Jahren

Interessant für die Analyse der Fragestellungen im Bereich Change Management ist auch der

wirtschaftliche Erfolg des Unternehmens. Um eine Vergleichbarkeit zwischen den unterschiedli-

chen Sparten und Unternehmensgrößen zu ermöglichen und den Erhebungsaufwand zu minimie-

ren wurde auch hier eine subjektive Beurteilung vorgenommen. Abbildung 53 zeigt die Antwor-

ten auf die Frage: „Für wie wirtschaftlich erfolgreich würden Sie Ihr Unternehmen im Vergleich

zur direkten Konkurrenz beurteilen?“. Der Befragte konnte eine Antwort auf einer Skala von eins

(überhaupt nicht erfolgreich) bis fünf (sehr erfolgreich) wählen. Bedeutsam sind diese Ergebnisse

wieder im Hinblick auf die Analyse von Zusammenhängen mit anderen Fragestellungen. Sie sol-

len hier aber der Vollständigkeit halber aufgeführt werden. Immerhin sehen sich 36 % als über-

durchschnittlich erfolgreich an (N=114).

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117

Abbildung 53: Subjektiver wirtschaftlicher Erfolg der Unternehmen

Die Zusammenhänge zwischen den erhobenen Strukturvariablen seien im Folgenden dargestellt.

Unternehmen, welche viele Mitarbeiter beschäftigen (ohne Saisonarbeitskräfte) beschäftigen auch

viele Saisonarbeitskräfte (oder umgekehrt) (rs= ,27; p<0,01; zweiseitig; n=136) und empfinden

ein höheres Veränderungstempo (rs= ,37; p<0,05; zweiseitig; n=31). Es können Zusammenhänge

mit der Anzahl von Saisonarbeitskräften und dem wahrgenommenen wirtschaftlichem Erfolg im

Vergleich zur direkten Konkurrenz (rs= ,30; p<0,01; zweiseitig; n=93), der derzeitigen Bedeutung

von Change Management (rs= ,23; p<0,05; zweiseitig; n=92), dem durchschnittlichen Erreichen

von quantitativen Kennzahlen (rs= ,30; p<0,05; zweiseitig; n=60) und dem wahrgenommenen

Veränderungstempo (rs= ,43; p<0,05; zweiseitig; n=28) beobachtet werden. Ein Zusammenhang

wird für die Strukturvariablen beim wirtschaftlichen Erfolg besonders bei dem Zielerreichungs-

grad, gemessen an quantitativen Kennzahlen (rs= ,50; p<0,01; zweiseitig; n=71) und dem wahr-

genommenen Veränderungstempo (rs= ,46; p<0,01; zweiseitig; n=34), deutlich. Unternehmen des

deutschen Produktionsgartenbaus, welche die Bedeutung von Change Management heute als

hoch ansehen, halten es auch zukünftig für bedeutsam (rs= ,67; p<0,01; zweiseitig; n=103), beur-

teilen die Schwierigkeit des derzeit in ihrem Unternehmen ablaufenden Veränderungsprozesses

jedoch auch als höher (rs= ,26; p<0,05; zweiseitig; n=93). Auch Entscheidungsträger, welche

Change Management in Zukunft für besonders bedeutsam halten, beurteilen den Schwierigkeits-

grad des in ihrem Unternehmen ablaufenden Veränderungsprozesses als besonders hoch (bzw.

umgekehrt; rs= ,23; p<0,05; zweiseitig; n=86). Des Weiteren existiert ein Zusammenhang zwi-

schen dem durchschnittlichen Erreichen von Zielen bezogen auf quantifizierbare Kennzahlen in

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118

den vergangenen zwei Jahren und dem wahrgenommenen Veränderungstempo (rs= ,58; p<0,01;

zweiseitig; n=27).

4.4.3.13 Auswirkungen von unzureichendem Change Management

Häufig werden Budgets für Change Management in den Gesamtprojektbudgets oder Unterneh-

menshaushalten subsumiert. Wie zu erwarten hat das Thema Veränderungsmanagement noch

wenig Eingang in die Budgetplanung von Unternehmen des Produktionsgartenbaus gefunden. So

werden nur in 10 % der Unternehmen für Change Management-Maßnahmen explizite Positionen

reserviert (Abbildung 54). Allerdings ist das Ergebnis aufgrund der geringen Teilnehmerzahl,

welche diese Frage beantwortet haben, schwierig zu interpretieren.

Abbildung 54: Existenz von Change Management-Budgets

Bei der Prognose über die künftige Entwicklung des Change Management-Budgets sind die Be-

fragten sehr vorsichtig (Abbildung 55). Nur 17 % geben an, dass sich das Change Management-

Budget in den nächsten Jahren steigern wird. Fast 30 % erwarten ein mehr oder weniger konstan-

tes Budget und 3 % gehen davon aus, dass die Mittel für Change Management-Maßnahmen in

den nächsten drei Jahren sinken werden. Auch dieses Ergebnis ist durch die geringe Anzahl der

Befragten, welche diese Frage beantwortet haben, kaum zu interpretieren.

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119

Abbildung 55: Entwicklung des Change Management-Budgets

Bei eindeutigen Kosteneffekten und häufig nur weichen Nutzenparametern hat es Change Ma-

nagement im Wettbewerb um betriebswirtschaftlich legitimierte Budgets schwer. Die Liste der

schwierig messbaren Managementfelder und Erfolgsfaktoren der ökonomischen Nachhaltigkeit

ist lang: Weiterbildung, Personalmarketing und Führungskräfteentwicklung, Mitarbeiterzufrie-

denheitsprogramme, Werbung, Public Relations, Sustainability Management und Kundenbin-

dungsprogramme gehören beispielsweise dazu. Die Investitionsentscheidung für ein Gewächs-

haus lässt sich eindeutiger kalkulieren. Der Business Case gehört derzeit zu den Standardaus-

wahlverfahren bei Managemententscheidungen in unsicherer Situation.

Für das Change Management gestaltet sich die Berechnung eines Business Cases schwierig. Die

Ausgangspunkte für die Schwierigkeiten liegen schon in den unscharfen Zielsetzungen der In-

strumente. Das Ziel der Mobilisierung beispielsweise besteht darin, die Belegschaft zum ange-

strebten Zustand hin zu bewegen. Die Kommunikationsmaßnahmen bezwecken, dieses neue Ziel

und den Weg dorthin konkret zu verdeutlichen. Mithilfe der Qualifizierung (des Trainings) wer-

den die hierfür erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten vermittelt. Noch gröber sind die Ziel-

setzungen für die Visionsentwicklung („das gemeinsame Ziel verabschieden“) oder das Stakehol-

der Management, welches auch durch das Instrument Nachhaltigkeitsberichterstattung operatio-

nalisiert wird („die wichtigen Akteure ins Boot holen“). Alle diese Felder lassen sich monetär

nicht hinreichend quantifizieren.

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120

Es gibt zwei mögliche Zugeständnisse der fehlenden Kosten/Nutzen-Legitimation des Change

Managements: zum einen das Bewusstsein des Linienmanagements, dass Change Management

im konkreten Fall einen Mehrwert leisten kann. Zum anderen die persönliche Vermutung, dass

eine proaktive Gestaltung des Veränderungsprozesses die Erfolgswahrscheinlichkeit des Projek-

tes und damit die Karriereperspektiven des Verantwortlichen verbessert.

Um ein wenig Klarheit über die Einstellungen und Methoden zum Change Management-

Controlling zu bekommen, wurden die Studienteilnehmer gebeten aus einem Set von vier State-

ments die für ihr Unternehmen zutreffenden Anforderung an die Begründung von Change Ma-

nagement auszuwählen (Abbildung 56). Dabei unterscheiden sich die vier Antwortmöglichkeiten

in der „Schärfe“ ihrer quantifizierten Business Case-Orientierung:

► In unserem Unternehmen sind die Entscheider aufgrund ihrer Erfahrungen und Überzeu-

gungen vom Nutzen des Change Managements überzeugt. Eine quantitative Bestimmung

ist deshalb als Begründung nicht erforderlich.

► Weiche Themen wie Change Management sind einer validen Nutzenmessung nicht zu-

gänglich, da zu viele Aspekte dabei vage bleiben. Ein Benefit Case für Change Manage-

ment macht deshalb wenig Sinn.

► Eine genaue Nutzenmessung ist bei Change Management nur begrenzt möglich. Dennoch

ist die Bestimmung von Nutzen und Kosten ein wichtiger Aspekt bei der Begründung von

Change Management-Maßnahmen.

► Auch Change Management muss sich an ökonomischen Kriterien messen lassen, selbst

wenn die Nutzenseite nur teilweise quantifizierbar ist. Sämtliche Maßnahmen sind ein In-

vestment, das sich am Ende des Tages rechnen muss.

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121

Abbildung 56: Statements zum Business Case für Change Management

Die selbstauferlegte Messlatte für Change Management liegt sehr hoch (Abbildung 56). Ein Bu-

siness Case (44 %) oder zumindest eine ungefähre Bestimmung von Kosten und Nutzen (44 %)

sind in fast 90 % der Unternehmen die Basis zur Begründung von Change Management-

Maßnahmen. Lediglich in wenigen Gartenbauunternehmen wird die Realisierbarkeit eines Busi-

ness Cases angezweifelt (19 %) oder auf eine ökonomische Begründung für Change Management

vollständig verzichtet (19 %, N=34).

Unternehmen des deutschen Produktionsgartenbaus, welche dem Change Management heute

schon eine hohe Bedeutung beimessen, sind eher geneigt auf einen Business Case vollkommen zu

verzichten (b= ,21; p<0,05; zweiseitig; n=114) oder auf einer wenigstens ungefähren Kos-

ten/Nutzen Bestimmung zu beharren (b= ,27; p<0,01; zweiseitig; n=114). Der Zusammenhang

mit der Forderung nach einem konkreten Business Case ist schwächer ausgeprägt (b= ,18;

p<0,05; zweiseitig; n=114). Ähnliches gilt für Unternehmen, welche dem Change Management

zukünftig eine hohe Bedeutung zusprechen. Hier wird die Realisationsmöglichkeit eines konkre-

ten Business Cases zumindest häufiger angezweifelt (b= ,22; p<0,05; zweiseitig; n=106) aber auf

eine ungefähre Bestimmung von Kosten und Nutzen nicht verzichtet (b= ,26; p<0,01; zweiseitig;

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122

n=106). Der Zusammenhang mit der Forderung nach einem Business Case ist auch hier, gemes-

sen an den anderen Korrelationen, weniger stark (b= ,19; p<0,05; zweiseitig; n=106).

Die Ergebnisse der nächsten Frage zeigen, dass zwei dominante Effekte existieren, sofern Change

Management vernachlässigt wird (Abbildung 57). Mehr als 70 % der befragten Führungskräfte

vertreten die Ansicht, dass es zu ineffizientem Arbeiten durch fehlende oder unzureichende In-

formationen über den Veränderungsprozess kommt. Allerdings wurde dieses vermutlich noch

nicht quantifiziert. In mehr als der Hälfte der Unternehmen findet sogar ein bewusstes Arbeiten

gegen den Wandel, z. B. durch Blockieren, Verzögern oder Vermeiden, statt. Häufigere Unter-

brechungen der Arbeit, beispielsweise durch Diskussionen mit Kollegen, privates Internetsurfen

oder längere Pausen werden von 36 % der Befragten genannt. Widerstände zeigen sich somit häu-

figer in Form von Widerspruch als durch Abwanderung (Hirschman, 2004). Ein höherer Kran-

kenstand wurde in dieser Studie versehentlich nicht abgefragt. Auch hier sind höhere Werte von

ca. 10 % der Befragten zu erwarten (Claßen und Kyaw, 2007, S. 56). Eine höhere Fluktuation

wurde von 11 % der Entscheidungsträger als Folge von vernachlässigtem Change Management

genannt.

Abbildung 57: Negative Effekte durch unzureichendes Change Management

Wie zu erwarten, lassen sich Zusammenhänge zwischen der Wichtigkeit von Change Manage-

ment im Unternehmen derzeit und den empfundenen Folgen von unzureichendem Change Ma-

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123

nagement beobachten, so bei ineffizientem Arbeiten (b= ,32; p<0,01; zweiseitig; n=114), be-

wusstem Agieren gegen die Veränderung (b= ,22; p<0,05; zweiseitig; n=114) und häufiger Un-

terbrechung der Arbeit (b= ,25; p<0,01; zweiseitig; n=114). Ähnliches gilt in gleicher Reihenfol-

ge für die Zusammenhänge mit der zukünftigen Bedeutung von Change Management im Unter-

nehmen (b= ,34; p<0,01; zweiseitig; n=106 und b= ,24; p<0,01; zweiseitig; n=106 und b= ,20;

p<0,05; zweiseitig; n=106).

Um weitere Zusammenhänge analysieren zu können, wurden die Studienteilnehmer in zwei wei-

teren Fragen danach gefragt um wieviel Prozent, laut ihrer Erfahrung/Schätzung, die Produktivi-

tät der betroffenen Mitarbeiter bei einem unzureichenden Change Management sinkt und die

Fluktuationsrate steigt. Als Antwortkategorien wurden zehn Möglichkeiten von 0 % bis 100 %

vorgegeben. Leider haben nicht genügend Teilnehmer die Fragen beantwortet, sodass eine Analy-

se von Wirkzusammenhängen mit anderen Fragestellungen (z. B. den Erfolgsfaktoren) nicht

sinnvoll erscheint.

Trotzdem sollen die Ergebnisse hier kurz dargestellt werden. Bei Betrachtung der negativen Ef-

fekte von unzureichendem Change Management sind insbesondere die Auswirkungen auf die

Produktivität wesentlich (Abbildung 58). Keiner der Befragten sieht eine unveränderte Produkti-

vität und lediglich 12 % eine marginale Reduktion von 10 Prozentpunkten. In 12 % werden Pro-

duktionsrückgänge von ca. 20 %, in fast 30 % der Unternehmen von ca. 30 % angenommen. In

ungefähr 20 % der Gartenbauunternehmen sinkt die Produktivität der Mitarbeiter nach Angabe

der Befragten um 40 % und in 30 % der Fälle um 50 % und mehr. Im Durchschnitt erwarten die

Entscheidungsträger einen Produktivitätsrückgang von 35 % bei unzureichendem Change Ma-

nagement.

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124

Abbildung 58: Produktivitätsverlust durch unzureichendes Change Management

Auf den ersten Blick nicht so gravierend, bei genauer Betrachtung jedoch ebenfalls erheblich,

sind die Effekte von mangelndem Change Management auf die Mitarbeiterfluktuation (Abbil-

dung 59). Keiner der Befragten erwartet keinen Anstieg der Fluktuation, jeder Fünfte einen Zu-

wachs von um die 10 % und fast ein Drittel eine Fluktuationserhöhung von ca. 20 %. Eine bis zu

30 % steigende Fluktuation sieht jeder zehnte Befragte, 40 % immerhin noch 7 % der Befragten.

13 % der Studienteilnehmer, welche diese Frage beantwortet haben, sehen sogar eine Steigerung

der Fluktuation um 50 %, 20 % der Befragten um 60 %. Im Durchschnitt rechnen die Entschei-

dungsträger mit einem Anstieg der Fluktuation um 33 % bei unzureichendem Change Manage-

ment (N=15). Wobei ein starker statistischer Zusammenhang zwischen dem erwarteten Produkti-

vitätsverlust und den erwarteten Steigerungen der Fluktuation durch suboptimales Change Ma-

nagement beobachtet werden kann. (rs= ,81; p<0,01; zweiseitig; n=14).

Abbildung 59: Steigerung der Mitarbeiterfluktuation durch unzureichendes Change Ma-

nagement

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125

4.4.4 Wandlungsfähigkeit als Indikator ökonomischer Nachhaltigkeit von Garten-

bauunternehmen

4.4.4.1 Bedeutung des Indikators für Stakeholder und Unternehmung

Die Zielsetzung des Indikators Wandlungsfähigkeit als Indikator der ökonomischen Nachhaltig-

keit ist es aufzuzeigen, inwieweit das Gartenbauunternehmen voraussichtlich in der Lage sein

wird, Veränderungsprozesse im Unternehmen erfolgreich gestalten zu können. Hierzu werden die

wesentlichen Erfolgsfaktoren für ein erfolgreiches Change Management aus der Change Ma-

nagement Studie Gartenbau 2015 (Meyerding, 2016a) untersucht.

Wie schon im Kapitel Material und Methoden der Change Management Studie Gartenbau 2015

beschrieben, zeichnet sich die ökonomische Nachhaltigkeit von Gartenbauunternehmen nicht nur

durch positive Bewertungen von Indikatoren für die klassischen Bereiche Rentabilität, Liquidität

und Stabilität aus. Ökonomisch nachhaltige Unternehmen sind insbesondere in der Lage, auf sich

verändernde Umweltbedingungen reagieren zu können bzw. sich proaktiv weiterzuentwickeln.

Indikatoren zur Bewertung der Wandlungsbereitschaft und –fähigkeit von Gartenbauunternehmen

helfen somit, die ökonomische Nachhaltigkeit adäquat zu bewerten. Nur die Gartenbauunterneh-

men, welche zukünftig in der Lage sein werden, sich an ihre Umgebung anpassen zu können,

werden auch langfristig am Markt bestehen.

Es existieren derzeit keine internationalen und nationalen Ziele sowie empfohlene Standards für

das Change Management, wie es beispielsweise für das Qualitätsmanagement mit der ISO 9001

der Fall ist. Am ehesten wird die Partizipation der betroffenen Mitarbeiter an Veränderungspro-

jekten durch den Gesetzgeber beeinflusst. Dies betrifft sowohl das Mitbestimmungsrecht, Ar-

beitsrecht als auch entsprechende Regelungen für Betriebsräte, Gewerkschaften oder Tarifverträ-

ge. Diese Themenbereiche sollen an dieser Stelle jedoch nicht weiter behandelt werden.

Der Indikator Wandlungsfähigkeit steht in Verbindung mit unterschiedlichsten Indikatoren, be-

sonders der ökonomischen und sozialen Dimension der Nachhaltigkeit von deutschen Gartenbau-

unternehmen. Am deutlichsten ist die Verbindung mit den mitarbeiterbezogenen Indikatoren, wie

der Gehaltsstruktur, Diversität, Mitarbeiterfluktuation, Weiterbildung, Führungsstil, dem Durch-

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126

schnittsgehalt und insbesondere der Mitarbeiterzufriedenheit. Die Mitarbeiterzufriedenheit steht

vermutlich in einem starken Zusammenhang mit der Wandlungsfähigkeit, da sich die Konzepte

zum Teil überlappen, so beispielsweise bei Aspekten zum Führungsverhalten, zur Partizipation

aber auch zum Training (Meyerding, 2015, 2016c).

Der Indikator Wandlungsfähigkeit ist trotz seinem Bezug zum Mitarbeiterbereich, dem vornehm-

lich ökonomischen Feld der Nachhaltigkeit zuzuordnen.

4.4.4.2 Erläuterung der Erhebungsmethodik

In der Studie wurde von einem integrierenden Ansatz des Change Managements ausgegangen,

welcher sowohl Aspekte einer sachlichen (inhaltlichen) als auch einer prozessualen (psychologi-

schen) Ebene beinhaltet. Ziel des Change Managements ist es demnach, beide Ebenen zu steuern

und so eine Realitätslücke zwischen organisatorischem Wandel der Aufbau- und Ablauforganisa-

tion und dem Verhalten der Mitarbeiter zu vermeiden.

Abbildung 60: Methodisches Vorgehen zur Vermeidung der Realitätslücke (Vahs (2007,

S. 392 und Meyerding, 2011, S. 52, 2016a)

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127

Ein integrativer Ansatz bedeutet für das Change Management (Abbildung 60) die Betrachtung

der Sachebene mit ihren Phasen der Analyse, der Planung, der Umsetzung und der Kontrolle und

Weiterentwicklung und der psychologischen Ebene mit ihren Stadien des Unfreezings, des Chan-

gings und des Reefreezings (Lewin, 1953). Die beiden Ebenen müssen parallel geplant und in

einem synchronen Prozess abgearbeitet werden. Ausgangslage für die Veränderungsinitiative ist

eine strategische Zieldefinition als Inputvariable. Die Zielgrößen ergeben sich aus den Optionen

des strategischen Wandels in Form der Art der Veränderungsinitiative (z. B. die strategische

Neuausrichtung des Unternehmens, Produktinnovation, Zusammenführung von Unternehmen,

usw.) und der Zieldimension des Veränderungserfolgs (z. B. Sicherung der Wettbewerbsfähig-

keit, Erhöhung des Marktanteils, stärkere Markt- und Kundenorientierung usw.). Nach der strate-

gischen Zieldefinition folgt der eigentliche Veränderungsprozess mit seinen Stadien der Analyse,

Planung, Realisierung und Evaluation. Der Veränderungsprozess beinhaltet sowohl die Sach- als

auch die psychologische Ebene, um eine „Realitätslücke“ zu vermeiden (Meyerding, 2011,

S. 51ff.). Die Stellschrauben der psychologischen Ebene sind in Abbildung 20 dargestellt.

In der Change Management Studie Gartenbau 2015 wurden sowohl die schwierigsten Probleme

bei der Umsetzung und Implementierung von Veränderungsprozessen als auch allgemeine Er-

folgsfaktoren bei Veränderungsprozessen und Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen im

jeweiligen Unternehmen identifiziert. Für den Indikator werden die Erkenntnisse aus der Change

Management Studie Gartenbau 2015 herangezogen und ausgewählte Sachverhalte abgefragt. Es

entsteht ein Fragebogen, welcher vom Betriebsleiter oder dem Eigentümer des Gartenbauunter-

nehmens auszufüllen ist.

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128

In den ersten Punkten werden Themen abgefragt, welche als besondere Herausforderungen bei

der Umsetzung und Implementierung von Veränderungsprozessen in Gartenbauunternehmen

identifiziert wurden:

► (1) Wie beurteilen Sie die Verantwortungsbereitschaft von Beteiligten an Veränderungs-

prozessen in Ihrem Unternehmen?

► (2) Wie beurteilen Sie die Situation bezüglich eventueller Interessens- / Zielkonflikte der

Beteiligten von Veränderungsprozessen in Ihrem Unternehmen?

► (3) Werden in Ihrem Unternehmen auch langfristige Maßnahmen zur Unternehmensent-

wicklung durchgeführt oder werden diese meist für kurzfristige Ergebnisverbesserungen

geopfert?

► (4) Wie beurteilen Sie die Fähigkeiten / Qualifikationen und Erfahrungen Ihres Unterneh-

mens hinsichtlich der Durchführung von Veränderungsprojekten?

► (5) Wie gut wird der Erfolg von Veränderungsaktivitäten gemessen und dokumentiert?

► (6) Wie beurteilen Sie die Ausarbeitung der Unternehmensstrategie (existiert eine klare

Zielsetzung mit definierten Teilzielen)?

Weitere Punkte behandeln Themen, welche von über 10 % der Teilnehmer der Change Manage-

ment Studie Gartenbau 2015 als Erfolgsfaktoren bei Veränderungsprozessen in Unternehmen des

deutschen Produktionsgartenbaus genannt wurden:

► (7) Inwieweit existiert bei Veränderungsprozessen in Ihrem Unternehmen eine realistische

und klare Vision und Zielsetzung und wird diese an die Beteiligten kommuniziert?

► (8) Wie beurteilen Sie den Teamgeist und die Motivation für Veränderungen in Ihrem Un-

ternehmen?

► (9) Inwieweit existiert ein abgestimmtes zeitliches Vorgehen (Timing) bei Maßnahmen im

Veränderungsprozess in Ihrem Unternehmen?

► (10) Wie beurteilen Sie die Situation bezüglich einer offenen, klaren Kommunikation in

Veränderungsprojekten und gegenüber anderen?

► (11) Wie würde ein Außenstehender den Punkt „richtiges“ Führungsverhalten in Ihrem

Unternehmen beurteilen?

► (12) Wie würde ein Außenstehender den Punkt „richtige“ Informationspolitik in Ihrem

Unternehmen beurteilen?

► (13) Wie beurteilen Sie die Möglichkeit der Partizipation der Betroffenen an Entschei-

dungsprozessen in Ihrem Unternehmen?

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► (14) Herrscht in Ihrem Unternehmen die Meinung vor, dass Veränderungen notwendig

sind?

► (15) Wie beurteilen Sie das Training, welches die Betroffenen von Veränderungsprozessen

in Ihrem Unternehmen erhalten um zukünftig ihre Aufgaben besser bewältigen zu können?

► (16) Inwieweit leben die Führungskräfte ein gewünschtes Verhalten als Vorbilder vor?

► (17) Inwieweit werden Erfolge in Ihrem Unternehmen gefeiert?

► (18) Inwieweit existieren Anreize für Mitarbeiter in Ihrem Unternehmen, welche ein ge-

wünschtes Verhalten belohnen?

► (19) Wie beurteilen Sie die Weiterentwicklung von Führungskräften (z.B. in Bezug auf die

Mitarbeiterführungskompetenz) in Ihrem Unternehmen?

► (20) Wie ausgereift ist das Projekt- und Prozesscontrolling in Ihrem Unternehmen?

Die aufgeführten 20 Fragen werden von dem Befragten auf einer Fünfer-Skala bewertet (Abbil-

dung 61).

Abbildung 61: Skala zur Bewertung der 20 Aspekte der Wandlungsfähigkeit

Des Weiteren können die Aspekte der Wandlungsfähigkeit (die 20 Fragen) den Stellschrauben

des Veränderungserfolges (siehe Abbildung 20) zugeordnet werden. Für die Stellschraube Parti-

zipation und Training sind dieses Frage 4, 13 und 15. Frage 5 und 20 bilden die Stellschraube

Controlling ab. Die Information und Kommunikation findet sich in Frage 7, 10 und 12 wieder.

Das Timing wird in Frage 9 abgefragt und das Führungsverhalten in Frage 11, 16 und 19 abgebil-

det. Die Stellschraube Anreize findet sich in Frage 14, 17 und 18 wieder. Allgemeine Fragen zur

Wandlungsfähigkeit werden in Frage 1, 2, 3, 6 und 8 behandelt, hier handelt es sich insbesondere

um Fragen zur Strategie (bzw. dessen Existenz) und von Wiederständen.

Einschränkungen des Indikators ergeben sich aus der subjektiven Beurteilung des Betriebsleiters

bzw. des Gartenbauunternehmers. Demzufolge sind die Ergebnisse aus zwei Unternehmen nicht

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zwingend vergleichbar. Des Weiteren sind die Erfolgsfaktoren für die meisten Gartenbauunter-

nehmen relevant. In Einzelfällen kann die spezielle Situation des Unternehmens aber dazu führen,

dass andere Erfolgsfaktoren von Bedeutung sind, als die, welche mit dem Indikator Wandlungs-

fähigkeit gemessen werden. Die wichtigste Limitation des Indikators ist jedoch, dass es beim

Change Management um das richtige Timing der Durchführung der Change Management-

Maßnahmen geht. Dieses Timing kann nur situationsabhängig geplant werden und kann daher in

dem Indikator nicht abgebildet werden. Auch die Definition der Konzepte, welche die Stell-

schrauben und Erfolgsfaktoren berühren, ist für jede Veränderungsinitiative unterschiedlich. Ein

Partizipationskonzept hat beispielsweise die Budgetrestriktionen (Zeit, Personal, Knowhow und

Kosten) zu berücksichtigen. In einer Veränderungssituation, in der diese Ressourcen knapp sind,

ist u. U. ein Partizipationskonzept mit einer geringen Partizipationsbreite und –tiefe zu wählen.

Bei der Aggregation des Indikators werden zudem alle Fragestellungen gleich gewertet, was in

den meisten Fällen nicht gerechtfertigt ist. Der hier vorgeschlagene Indikator Wandlungsfähigkeit

kann aufgrund der aufgeführten Limitationen nur eine grobe Beurteilung und Hilfestellung er-

möglichen.

Es existiert eine Vielzahl von unterschiedlichen Ansätzen und Definitionen im Bereich Change

Management. Diese fokussieren meist unterschiedliche Handlungsfelder des Change Manage-

ments (Technologie, Organisation, Strategie und Mensch) (Vahs und Leiser, 2003). In der Praxis

wird häufig ein Change Readiness Assessment durchgeführt. Dieses besteht meist aus einer Be-

fragung von Mitarbeitern und Führungskräften und ähnelt dem hier vorgeschlagenen Indikator.

Die Dimensionen dieser Fragebögen sind jedoch meist auf größere Organisationen (Lehman et

al., 2002 und Courtney et al., 2007) zugeschnitten oder bilden die Wandlungsfähigkeit einer ein-

zelnen Person ab (Holt et al., 2007 und Miller und Tonigan, 1996).

4.4.4.3 Auswertungen der Daten

Zur Berechnung des Indikators Wandlungsfähigkeit wird lediglich der vom Betriebsleiter bzw.

Unternehmer ausgefüllte Fragebogen benötigt. Zeitreihenvergleiche können optional dazu dienen,

Entwicklungen aufzuzeigen. Der Fragebogen sollte einmal jährlich ausgefüllt werden. Es kann

auch sinnvoll erscheinen die Erhebung vor und nach Krisensituationen im Unternehmen durchzu-

führen, sowie bei einem Wechsel des Betriebsleiters bzw. Unternehmers.

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Die Daten zur Berechnung des Indikators sind über einen Fragebogen zu erheben und somit in

jedem Unternehmen schnell verfügbar.

4.4.4.4 Bewertung des Indikators

Der Skala in Abbildung 61 werden folgende Werte zugeordnet: -- = 0; - = 0,25; O = 0,5; + = 0,75

und ++ = 1. Der Indikator Wandlungsfähigkeit ergibt sich aus der durchschnittlichen Bewertung

der fünf Stellschrauben und kann somit nur eine grobe Tendenz wiedergeben. Die 20 Fragen

werden, wie oben beschrieben, den fünf Stellschrauben und einem allgemeinen Bereich, welcher

eher die Sachebene betrifft, zugeordnet. Die Bewertung der einzelnen Fragen wird, je Stell-

schraube, addiert und durch die Anzahl der Fragen geteilt. Somit bilden sich Indizes für jede

Stellschraube, welche im Nachhinein wiederum zu dem Indikator Wandlungsfähigkeit zusam-

mengefasst werden. Der Indikator ergibt sich aus den durchschnittlichen Bewertungen der Stell-

schrauben:

ä 1

mit den durchschnittlichen gleichgewichteten Ausprägungen der Fragen je Stellschraube:

1 ,

wobei:

In Abbildung 62 sind die Stellschrauben mit den zugehörigen Fragen dargestellt:

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Abbildung 62: Zuordnung der Frage zu den Stellschrauben (Meyerding, 2016a)

Die Nachhaltigkeitsleistung wird nach dem folgenden Schema normiert (Abbildung 63).

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Abbildung 63: Bewertungsfunktion des Indikators Wandlungsfähigkeit

Einer durchschnittlichen Wandlungskompetenz von null wird auch die schlechteste Bewertung

der Nachhaltigkeitsleistung von null zugewiesen. Das Gleiche gilt für die Bewertungen 0,25 und

0,5. Einer durchschnittlichen Wandlungskompetenz in allen 20 Fragen von eins wird auch die

maximale Nachhaltigkeitsleistung von eins zugeordnet.

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4.4.5 Zusammenfassung

Der deutsche Produktionsgartenbau erlebt seit Jahrzehnten einen Strukturwandel hin zu größeren

Organisationseinheiten. Wie in Entwicklungsmodellen von Unternehmen, z. B. von Greiner und

Bleicher gezeigt führt schon dieses Wachstum der Organisation zu Krisen, welche in Verände-

rungsinitiativen überwunden werden müssen. Des Weiteren verändert sich die Unternehmen-

sumwelt in zunehmendem Maße. Die Change Management Studie Gartenbau 2015 hat die we-

sentlichen Megatrends, welche im kommenden Jahrzehnt die Ursache für fundamentale Verände-

rungsprozesse in Unternehmen des deutschen Produktionsgartenbaus sein werden, identifiziert.

Dies sind vor allem Trends zu Umwelt, verändertem Konsumentenverhalten, Ressourcenengpäs-

sen und dem Arbeitsmarkt. Als Hauptziele von Veränderungsprojekten sehen die Gartenbauun-

ternehmer die Verbesserung der Produktqualität und eine nachhaltige Wirtschaftsweise, erst da-

nach sollen die Kosten gesenkt werden. In den nächsten drei Jahren sind eine veränderte Markt-

strategie und Kundenansprache sowie die Unternehmensübergabe und –nachfolge aber auch ex-

terne Veränderungen z. B. der Gesetzeslage, die häufigsten Ursachen für aktuelle Veränderungen

in den untersuchten Gartenbauunternehmen. Die Studie weist zudem darauf hin, dass die Bedeu-

tung des Umgangs mit Veränderungsprozessen auch von den Gartenbauunternehmern erkannt

wird und in Zukunft noch weiter zunehmen wird.

Change Management ist die zielgerichtete Analyse, Planung, Realisierung und laufende Weiter-

entwicklung einer institutionalisierten immerwährenden Veränderung. Das Change Management

beinhaltet eine sachliche Ebene und eine psychologische Ebene. Beide Ebenen müssen simultan

entwickelt werden, um eine Realitätslücke zwischen struktureller Veränderung und Verhaltens-

änderung der Beteiligten zu vermeiden. Die befragten Gartenbauunternehmer erkennen die Not-

wendigkeit, Betroffene zu Beteiligten werden zu lassen. Der ideale Berater und Unterstützer bei

Veränderungsprozessen sollte ihrer Meinung nach vor allem Branchen- / Marktkenntnisse, Orga-

nisationsvermögen und Vertrauenswürdigkeit zu seinen Kernkompetenzen zählen. Instrumente

des Change Managements sind den meisten Entscheidungsträgern unbekannt. Insgesamt zeigt die

Studie, dass der Umgang mit Veränderungsprozessen in den meisten Gartenbauunternehmen

noch wenig professionell gestaltet wird. Der deutsche Produktionsgartenbau steht somit vor der

Herausforderung, seine Wandlungsfähigkeit wesentlich zu verbessern. Die betriebswirtschaftliche

Beratung kann hierzu einen wertvollen Beitrag leisten.

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Die Change Management Studie Gartenbau 2015 zeigt, dass zu den schwierigsten Problemen bei

der Umsetzung und Implementierung von Veränderungsprozessen besonders die zu geringe Ver-

antwortungsbereitschaft, sowie Interessens- und Zielkonflikte der Beteiligten gehören. Häufig

werden auch langfristige Maßnahmen für kurzfristige Ergebnisverbesserungen geopfert. Die Stu-

die gibt aber auch wichtige Hinweise darauf, welche Erfolgsfaktoren für das Gelingen von Ver-

änderungsinitiativen ausschlaggebend sind. Zu nennen sind hier insbesondere eine realistische,

klare Vision und Zielsetzung sowie deren Kommunikation innerhalb des Unternehmens. Schon

an zweiter Stelle wird die Bedeutung der psychologischen Ebene des Change Managements

durch den Punkt Teamgeist und Motivation deutlich. Auch die Relevanz eines abgestimmten zeit-

lichen Vorgehens für den Veränderungserfolg wird in der Studie deutlich.

Aus Vergleichsstudien und den Ergebnissen der Change Management Studie Gartenbau 2015

können sechs Stellschrauben der psychologischen Ebene des Change Managements abgeleitet

werden. Diese sind das Führungsverhalten, das Controlling, Anreize, Partizipation und Training,

Information und Kommunikation sowie das Timing. Die Verwendung und Ausgestaltung dieser

Stellschrauben in den einzelnen Phasen eines Veränderungsprojektes sind, wie die vorliegende

Studie zeigt, abhängig von der Organisationsstruktur, welche auch die Mitarbeiterzahl und die

Anzahl von Saisonarbeitskräften beinhaltet, aber auch vom wirtschaftlichen Erfolg des Unter-

nehmens, dem Schwierigkeitsgrad der Veränderung, sowie dem Veränderungstempo. In den be-

fragten Gartenbauunternehmen wurden besonders häufig die Stellschrauben Partizipation und

Training (mit dem Punkt Einbindung der Mitarbeiter bei Entscheidungsprozessen) sowie Füh-

rungsverhalten (mit dem Punkt angemessenen Führungsstil leben, als Vorbild agieren) als we-

sentlich für den Veränderungserfolg genannt.

Die vorliegende Studie gibt einen Überblick über das Verständnis und die Einstellung der Gar-

tenbauunternehmer bzw. anderer Entscheidungsträger zum Change Management. Des Weiteren

werden Anlässe von Veränderungen in Gartenbauunternehmen aufgezeigt und die Bekanntheit

von Change Management-Instrumenten abgefragt. Die Kosten und der Nutzen von Change Ma-

nagement für deutsche Unternehmen des Produktionsgartenbaus konnten, aufgrund geringer

Stichprobengröße bei den entsprechenden Fragen, nicht hinreichend aufgezeigt werden. Aller-

dings wurden die Erfolgsfaktoren von Change Management im Gartenbau identifiziert. Die Er-

kenntnisse aus der Change Management Studie Gartenbau 2015 können dazu beitragen Empfeh-

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lungen für die praktische Durchführung von Veränderungsprojekten in Unternehmen des deut-

schen Produktionsgartenbaus zu geben.

Ökonomisch nachhaltige Gartenbauunternehmen sind in der Lage sich an veränderte Umweltbe-

dingung, möglichst proaktiv, anzupassen. Nicht nur klassische Indikatoren zur Rentabilität, Stabi-

lität und Liquidität helfen, die ökonomische Dimension der Nachhaltigkeit adäquat abzubilden.

Die Wandlungsfähigkeit stellt einen wesentlichen Indikator der ökonomischen Nachhaltigkeit

von Gartenbauunternehmen dar. In einem Kapitel der Studie wurde daher, auf der Grundlage ih-

rer Ergebnisse, ein entsprechender Indikator entwickelt.

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4.5 Phasen des Veränderungsprozesses

In jeder der Hauptquellen, welche für dieses Buch herangezogen wurden, finden sich Phasenmo-

delle, die den Veränderungsprozess beschreiben. Jedoch fokussieren diese Modelle meist nur eine

der Handlungsfelder oder eine Gruppe von Stellschrauben. So priorisieren beispielsweise Kotter

(2011, S. 8ff.) und Krüger und Bach (2015) die Führung, Lewin (1953) die Organisationskultur

und Vahs und Leiser (2003) die Organisation und Führung. Es lassen sich auch mehrfach Model-

le, welche das Handlungsfeld Technologie fokussieren, finden. Um eine ganzheitliche Betrach-

tungsweise ohne die Priorisierung einzelner Handlungsfelder zu gewährleisten, wird in diesem

Buch ein idealtypischer Projektzyklus herangezogen wie er beispielsweise bei Jenny (2005,

S. 38) zu finden ist (siehe Abbildung 20). Auf die einzelnen Stellschrauben auf Sach- und psy-

chologischer Ebene wird in den jeweiligen Phasen eingegangen.

4.5.1 Zieldefinition und Analyse

Wird Change Management als integrativer Ansatz verstanden, so ist die Phase der Zieldefinition

und Analyse auf der Sachebene verbunden mit einem Unfreezing, d. h. der Kommunikation des

bevorstehenden Wandels auf psychologischer Ebene.

In dem vorliegenden Buch wird die strategische Zieldefinition als Input für den Veränderungs-

prozess bestehend aus den Phasen. Analyse, Planung, Realisierung und Evaluation verstanden

(siehe Abbildung 20). Die von Krüger beschriebenen Phasen des Wandels bilden die Grundlage

für dieses Verständnis. Krüger definiert fünf Phasen des Wandlungsprozesses:

Die erste Phase ist die Initialisierung, in der der Wandlungsbedarf festgestellt und die Wand-

lungsträger (Stakeholder) aktiviert werden. In der Phase der Konzipierung werden darauf aufbau-

end, Wandlungsziele festgelegt und Maßnahmenprogramme entwickelt. Auf die Phase der Kon-

zipierung folgt bei Krüger die der Mobilisierung, in der das Wandlungskonzept kommuniziert

und eine Wandlungsbereitschaft und Wandlungsfähigkeit geschaffen werden soll. In der Umset-

zung werden zuerst prioritäre Vorhaben und anschließend Folgeprojekte durchgeführt. Den Ab-

schluss bildet die Phase der Verstetigung in der die Wandlungsergebnisse verankert und die

Wandlungsbereitschaft weiter ausgebaut wird, um einen kontinuierlichen Veränderungsprozess

zu ermöglichen. Auffällig ist, dass auch Krüger die psychologische Ebene forciert.

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Ziel dieses Kapitels ist es die Inhalte der Phasen „Strategische Zieldefinition“ und „Analyse“ als

Bestandteil der Gestaltung radikaler Veränderungsinitiativen darzustellen. Hierbei wird sowohl

auf die Sachebene als auch auf die Stellschrauben der psychologischen Ebene eingegangen.

4.5.1.1 Phase 1: Strategische Zieldefinition

Auf der Sachebene ist bei der Strategischen Zieldefinition eine Situationsanalyse und –prognose

vorzunehmen. Auch das Leitbild bzw. die Vision der Unternehmung sollten klar definiert sein.

Aus der Situationsanalyse und –prognose können Handlungsszenarien entwickelt werden, die zu

einer Grobdefinition der Veränderungsinitiative und den Zieldimensionen führen. Die Inhalte der

Phase der strategischen Zieldefinition sind in Tabelle 3 zusammengefasst.

Tabelle 3: Strategische Zieldefinition

Auf der psychologischen Ebene ist im übergeordneten Element der Organisationsstruktur die Rol-

le der Sponsoren einzunehmen. Sponsoren sind eine Gruppe von aktiven Unterstützern auf Vor-

standsebene (Machtpromotoren), welche die betroffenen Unternehmensbereiche abdecken. Die

Sponsoren sind auch deshalb bedeutend, da sie die Initiative unterstützen aber auch vereiteln

können.

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Weiterhin ist ein Owner auf Vorstandsebene zu ernennen. Der Owner ist eine Person, die als Ge-

samtverantwortlicher im Vorstand bzw. der Geschäftsführung die Veränderungsinitiative trägt.

Wird die Stellschraube der Partizipation und des Trainings betrachtet, so ist es u. U. sinnvoll sich

durch externe Berater mit entsprechender Wandlungskompetenz coachen zu lassen. In der Infor-

mations- und Kommunikationspolitik sollte in der Phase der Strategischen Zieldefinition noch

Diskretion herrschen, um nicht zu früh Widerstände auftreten zu lassen.

Das Führungsverhalten sollte dadurch gekennzeichnet sein, eine einheitliche Sichtweise in Bezug

auf die Problemstellung zu entwickeln und Entscheidungen gemeinschaftlich zu fällen und zu

tragen. Die Stellschraube des Anreizes wird insofern abgedeckt, als dass die „Burning Plattform“

als Auslöser der Initiative dient. Ein spezielles Controlling ist in dieser Phase noch nicht nötig.

Ist ein drastischer Ergebniseinbruch eingetreten oder wird er erwartet so ist diese Burning Platt-

form die Ausgangslage für die Veränderungsnotwendigkeit der Marktpositionierung und/ oder

des Ergebnismanagements. Eine Situationsanalyse mit einer anschließenden Prognose zeigt die

veränderten Bedingungen auf.

Picot sieht in diesem Zusammenhang drei unterschiedliche Kategorien: Erstens Veränderungen

der Wettbewerbssituation z. B. durch die Internationalisierung der Märkte, eine Globalisierung

der Ressourcenbeschaffung und die demographische Entwicklung und Ressourcenverknappung

(Picot et al., 2003, S. 10ff.).

Zweitens die neuen Innovationspotentiale der Informations- und Kommunikationstechnologie,

z. B. durch neue Produkte, Prozessinnovationen, Formen der Arbeitsorganisation und Arbeitstei-

lung, bis hin zu neuen Unternehmensformen wie die des virtuellen Unternehmens (Picot et al.,

2003, S. 10ff.).

Drittens der Wertewandel in der Arbeitswelt und Gesellschaft, z. B. durch eine veränderte Ein-

stellung zur Umwelt, Altersstruktur der Arbeitnehmer, ein verändertes Käuferverhalten, sowie

einen veränderten Qualitätsanspruch an den Arbeitsplatz (Picot et al., 2003, S. 10ff.).

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Hieraus ergeben sich Herausforderungen für Unternehmen, auf die z. B. mit der Auflösung von

Hierarchien, Symbiosen und Kooperationen, elektronischen Märkten und virtuellen Unternehmen

reagiert werden muss.

Die Situationsanalyse kann es notwendig machen, die Vision (Idee, wohin sich das Unternehmen

entwickeln soll) und das Leitbild (Managementphilosophie, welche die angestrebten Wertvorstel-

lungen und Verhaltensstandards beschreibt) der Unternehmung zu überdenken und gegebenen-

falls anzupassen.

Sind die Umstände der veränderten Situation und somit die Veränderungsnotwendigkeit bekannt,

so können Handlungsszenarien erarbeitet werden. In Workshops werden kreative Lösungsalterna-

tiven zur Vermeidung oder Lösung der Problemsituation generiert. Die gefundenen Alterna-

tivszenarien werden anhand von qualitativen und quantitativen Kriterien bewertet, um eine Aus-

wahl des Zielszenarios mit Hilfe einer Gewichtung der Kriterien in Ausrichtung an die Vision

vornehmen zu können.

Das Schaubild der Optionen für den strategischen Wandel veranschaulicht diesen Vorgang, der

mit der Zieldefinition endet (siehe Abbildung 7). Um die Veränderungsinitiative strukturiert

durchführen zu können, müssen die Zieldimensionen und somit die Bemessung des Verände-

rungserfolgs klar definiert werden. Beispielsweise kann die Notwendigkeit der Veränderung der

Marktposition zu einer Veränderungsinitiative führen, welche eine strategische Neuausrichtung

des Unternehmens herbeiführen soll. Das Ziel dieser Veränderungsstrategie wäre die Sicherung

der Wettbewerbsfähigkeit bemessen an der Erhöhung des Marktanteils.

Ein anderes Beispiel für eine Veränderungsnotwendigkeit ist eine Gewinnreduktion von fünf Pro-

zent durch Ineffizienzen der funktionalen Schnittstellengestaltung eines IT Solution Providers.

Diese Veränderungsnotwendigkeit führt zur Veränderungsinitiative: der Einführung von Pro-

zessmanagement als Sekundärorganisation. Die Zieldimension für den Veränderungserfolg ist in

diesem Beispiel eine Kostenreduktion in der Abwicklung um zehn Prozent innerhalb von einem

Jahr nach Einführung.

Zusammengefasst sind die Ergebnisse der Phase der Strategischen Zieldefinition, ein gemeinsa-

mes Verständnis der ersten Führungsebene bezüglich der Burning Plattform bzw. der Verände-

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rungsnotwendigkeit, sowie eine Vision als Grundlage der Zukunftsstrategie. Des Weiteren wurde

die Veränderungsinitiative als Lösungsansatz identifiziert und beschlossen und ein Führungsmit-

glied als „Owner“ des Wandlungsprozesses deklariert. Im Idealfall unterstützt nach der Phase der

Strategischen Zieldefinition die gesamte erste Führungsebene den anvisierten Wandel als Sponso-

ren.

4.5.1.2 Phase 2: Analyse

Meilensteine der Analysephase sind die Entscheidung über die Veränderungsstrategie sowie die

Benennung des Kernteams und Lenkungsausschusses. Auf der Sachebene werden verschiedene

Analysen durchgeführt. Hierbei handelt es sich um die Aufgaben-, Kontext-, Stakeholderanalyse

und die Analyse der Wandlungskompetenz. Die Analyse der Wandlungskompetenz bildet die

Grundlage zur Besetzung des Kernteams und des Lenkungsausschusses beim übergeordneten

Element der Organisationsstruktur der psychologischen Ebene. Die Stellschrauben des Control-

ling sowie der Anreize werden in dieser Phase nicht berührt. Als Stellschraube der Partizipati-

on/Training ist ein Training bzw. Coaching des Führungsteams in methodischem Wissen durch-

zuführen, da diese befähigt werden müssen, die Analysen der Sachebene durchzuführen bzw. zu

beurteilen. Auch in der Analysephase ist die Kommunikations- und Informationspolitik durch

Diskretion geprägt. Die Einschätzung der Stakeholder auf der zweiten und dritten Führungsebene

entspricht der Stellschraube des Führungsverhaltens. Die Inhalte der Analyse Phase sind in Tabel-

le 4 zusammengefasst.

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Tabelle 4: Analyse

Innerhalb der Aufgabenanalyse werden die Aufgaben in einer Art Zwiebelmodell ausgehend von

den Zielen der Veränderungsinitiative heruntergebrochen. Abbildung 64 versinnbildlicht den In-

halt der durchzuführenden Aufgabenanalyse. Es ist an dieser Stelle sinnvoll die Aufgaben mög-

lichst durch quantifizierte Zielgrößen zu erweitern, um die Zielerreichung messbar werden zu

lassen.

Abbildung 64: Beispiel Aufgabenanalyse Einführung Prozessmanagement (Frese, 1992,

S. 12)

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Bei der Kontextanalyse welche den Kontext, d. h. die Umwelt der Veränderungsinitiative unter-

sucht, lässt sich zwischen strukturellen Kontextfaktoren wie Zeit- und Budgetrestriktionen und

personellen Kontextfaktoren wie Wissens-, Machtverteilung und Präferenzstrukturen unterschei-

den.

Das Ergebnis der Kontextanalyse ist die Festlegung der Veränderungsstrategie im Hinblick auf

die Ausgestaltung der Partizipation (Blitzkrieg, Mitwirkung, usw., siehe Abbildung 24). Bei Zeit-

und Budgetrestriktionen geht es um die Ressourcen der Veränderungsinitiative. Sind diese stark

begrenzt, so ist eher eine niedrige Partizipationsbreite und –tiefe wie beim Blitzkrieg anzuraten.

Das Gleiche gilt bei einer expliziten und konzentrierten Wissensverteilung, einer unipolaren

Machtverteilung sowie einer „anspruchslosen“ Präferenzstruktur.

Tabelle 5 zeigt eine Matrix bezüglich der Grundgestaltung der Organisation (Kontextanalyse). In

Verbindung mit der Abbildung 24 zu den Veränderungsstrategien, bildet sie die Grundlage für

die Entscheidung, in welchem Rahmen eine Partizipation in der Veränderungsinitiative stattfin-

den soll.

Tabelle 5: Kontextanalyse (Picot et al., 2003, S. 56)

Nachdem eine Kontextanalyse hilft die Veränderungsstrategie im Hinblick auf die Partizipation

festzulegen, kann eine Stakeholderanalyse helfen das Kernteam sowie andere wichtige Positionen

zu besetzen. Ähnlich wie bei der Kontextanalyse lässt sich auch bei der Stakeholderanalyse eine

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Matrix bilden um Handlungsempfehlungen auf Individualebene ableiten zu können. Tabelle 6

zeigt die Stakeholderanalyse mit den Grundempfehlungen für eine bestimmte Person.

Tabelle 6: Stakeholderanalyse (Picot et al., 2003, S. 56)

Je nach Konstellation von Wissensverteilung, Machtposition und Präferenzkompatibilität, kann

entschieden werden in wie weit die Person eingebunden wird. Die Ausprägung von Machtpositi-

on und Präferenzkompatibilität kann bei vorhanden sein von relevantem Wissen darüber ent-

scheiden ob dieses Wissen extern beschafft, weiter gegeben oder eingebunden werden soll.

Das Ergebnis der Stakeholderanalyse ist somit auch eine Wissens- und Beziehungslandkarte über

entscheidende Organisationsmitglieder. Werden die Merkmale Machtposition und Präferenzkom-

patibilität gesondert betrachtet, so lassen sich Handlungsempfehlungen für den Umgang mit dem

betroffenen Organisationsmitglied geben.

Abbildung 65 stellt diese Handlungsempfehlung idealtypisch dar.

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Abbildung 65: Machtpolitische Stabilisierung (Hommel, 2006, S. 1419)

Es ist besonders auf jene Mitarbeiter zu achten, welche eine Machtposition inne haben und deren

persönliche Präferenzstruktur der Veränderung widerspricht. Ihnen sind Anreize zu setzen, bzw.

sie vom Inhalt zu überzeugen und zu einer Führungskoalition zu einen (Kernteam). Ist eine Ver-

besserung der Präferenzkompatibilität nicht möglich, so ist ihre Machtposition zu schwächen.

Notfalls ist auch über eine Freistellung dieser Mitarbeiter nachzudenken, da sie für die Verände-

rungsinitiative ein erhöhtes Risiko darstellen.

In der Praxis stellt sich die Frage wie Präferenzkompatibilität und Machtausstattung in Erfahrung

zu bringen sind. Bei Siemens wurde die Präferenzkompatibilität aus dem Verhalten und Äuße-

rungen des Mitarbeiters in der Vergangenheit abgeleitet. Die Feststellung der Machtausstattung

kann nicht nur an der Positionsmacht festgemacht werden. Genauso wichtig sind Fragestellungen

wie: Was hat der Mitarbeiter für ein Netzwerk im Unternehmen? Wie wichtig ist sein Kunden-

netzwerk? Ist er ein Meinungsbildner? Wie viele Mitarbeiter werden von ihm geführt?

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Das Unternehmen kann die eigene Wandlungskompetenz analysieren um aus den Ergebnissen

eine Partizipationsstrategie abzuleiten und entsprechende Maßnahmen zur Steigerung der Wand-

lungskompetenz einzuleiten.

Eine Analyse der Wandlungskompetenz sollte u. a. folgende Merkmale betrachten und beispiels-

weise auf einer Skala von eins (geringes Risiko) bis zehn (hohes Risiko) beurteilen:

► Das Verständnis für das Veränderungserfordernis

► Der Wunsch nach Veränderung

► Die Fähigkeit für effektives Sponsoring der Veränderung

► Die Fähigkeit, mehrere Initiativen zu steuern und zu priorisieren

► Die Fähigkeit, Werkzeuge und Methoden, um ein großes Veränderungsprogramm leiten zu

können

► Das Verständnis für die Auswirkungen der Veränderungsinitiativen auf Prozesse, Arbeits-

abläufe und Fähigkeiten der Organisation

► Die adäquate Ressourcenverfügbarkeit, um die Initiativen zu unterstützen und umzusetzen

Alternativ kann auch der in diesem Buch vorgestellte Indikator für die Wandlungsfähigkeit ver-

wendet werden (siehe Kapitel Wandlungsfähigkeit als Indikator ökonomischer Nachhaltigkeit

von Gartenbauunternehmen).

Es muss darauf hingewiesen werden, dass eine Analyse der Wandlungskompetenz nur vergan-

genheitsbezogen sein kann, d. h. sie ist im Verlauf der Veränderungsinitiative durch Informa-

tions- und Kommunikationsmaßnahmen usw. beeinflussbar.

Im Falle einer hohen Wandlungskompetenz kann eine Veränderungsstrategie gewählt werden,

welche wie beispielsweise die Selbstorganisation eine hohe Partizipationsbreite und –tiefe auf-

weist (Abbildung 24).

In der Analysephase sind der Lenkungsausschuss und das Kernteam zu besetzen. Der Lenkungs-

ausschuss dient als Gremium zur strategischen Entscheidungsfindung im Rahmen der Verände-

rungsinitiative und als Eskalationsgremium bei operativen Zielkonflikten.

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Das Kernteam hat die Aufgaben der operativen Führung der Veränderungsinitiative und des Re-

portings an den Owner und Lenkungsausschuss. Es wird durch den Owner gecoached und von

den Sponsoren unterstützt (siehe hierzu Abbildung 23 zur Organisationsstruktur).

Somit sind die Ergebnisse der Analysephase die Etablierung des Lenkungsausschusses und Kern-

teams, eine interne Positionierung zum Wandel und der Beschluss einer Veränderungsstrategie

nach dem der tatsächliche Handlungsbedarf bekannt ist.

4.5.1.3 Zusammenfassung

Die Phasen der Zieldefinition und der Analyse werden in der Praxis häufig übersprungen. Gründe

hierfür sind Pragmatismus – es wird geglaubt die Lösung würde „auf der Hand liegen“. Oft ist

das methodische Wissen zur Durchführung dieser Phasen nicht in der Organisation vorhanden

oder externe Berater sind vermeidlich zu kostenintensiv. Der Erfolg des Veränderungsprozesses

ist jedoch maßgeblich abhängig vom gemeinsamen Verständnis zur Veränderungsnotwendigkeit

und Zielsetzung sowie dem Wissen bezüglich der Voraussetzungen für den Wandel in der Orga-

nisation (d. h. von der Zieldefinition und Analyse).

4.5.2 Planung und Realisierung

Ziel dieses Kapitels ist es die Inhalte der Phasen Planung und Realisierung als Bestandteile der

Gestaltung radikaler Veränderungsinitiativen darzustellen. Gleichzeitig soll die Verbindung zu

den vorherigen Phasen hergestellt werden.

4.5.2.1 Phase 3: Planung

Zu den Meilensteinen der Planung gehört die operativen Ziele des Veränderungsprozesses zu de-

finieren und die Change Inhalte zu konkretisieren. Es wird ein erster Masterplan erstellt und Er-

folgskennzahlen definiert. Am Ende ist eine Change Organisation vollständig etabliert. Die Phase

Planung ist in Tabelle 7 zusammengefasst.

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Tabelle 7: Planung

Auf der Sachebene wird in der Planungsphase die Veränderungsstrategie konkretisiert, dies ge-

schieht durch die Erstellung eines Projekt-, Kommunikations- und eines Controllingplans. Des

Weiteren wird eine Projektorganisation entwickelt, d. h. Projektteams zusammengestellt. Zusätz-

lich werden die Change Agents ernannt. Wie schon erwähnt ist der Change Agent verantwortlich

für die Umsetzung der Veränderungen in den Unternehmensbereichen. Er dient als Kommunika-

tor von Top down Informationen und gleichzeitig als Empfänger von Bottom up Informationen.

Der Change Agent ist somit Mitglied eines „Netzwerkes des Wandels“ und repräsentiert personi-

fiziert den Wandel um ihn in den operativen Unternehmensbereichen voranzutreiben.

Auf psychologischer Ebene werden in dieser Phase nur die Stellschrauben der Partizipation/

Training und der Information/ Kommunikation tangiert. Es geht dabei insgesamt um die Konzep-

tion und Integration von Maßnahmen in Planungsinstrumente und somit um die Frage: Wie errei-

che ich die operativen Ziele und wie setzte ich die Stellschrauben dafür ein?

Idealtypisch wird die Planungsphase vom Kernteam durchgeführt, bei einem größeren Unterneh-

men sollten hierfür mindestens zwei bis drei Vollzeitkräfte eingesetzt werden. Die Mitarbeiter des

Kernteams sollten verschiedene Rollen bzw. Merkmale darstellen bzw. besitzen. Die Rollen eines

Methoden- eines Kommunikations-, eines Controlling- und die eines Strategieexperten sollten

Bestandteil des Kernteams sein.

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Bezüglich der Stellschraube Partizipation/ Training ist ein Training zum methodischen Vorgehen,

sowie teambildende Maßnahmen für das Kernteam durchzuführen. Die Planungsphase ist der

Zeitpunkt an dem die Diskretion in der Informations- und Kommunikationspolitik abnimmt, d. h.

die zweite und dritte Führungsebene werden in die Planung eingebunden.

Der Vollständigkeit halber finden sich im Folgenden, zwei alternative Ansätze, der 4-C Mobili-

sierungsansatz der Boston Consulting Group (Abbildung 66) und der Change Management Plan

von Accenture (Abbildung 67).

Abbildung 66: 4-C Mobilisierungsansatz

Der Change Management Plan muss die verschiedenen Ebenen des Veränderungsprozesses abde-

cken. Der erste Schritt zu einem fundierten Verständnis von Veränderungsprozessen ist die Un-

terscheidung zwischen Mikro- und einer Makroebene, deren jeweilige Aktivitäten aufeinander

abgestimmt werden und in Balance zu halten sind (Abbildung 66). Auf der Makroebene sind die

Aufgaben der Führungskräfte im Rahmen der Veränderungen abgebildet: Das Management muss

die Transformation führen, vorleben und aktiv unterstützen. Ein weiterer Managementaspekt ist

die Navigation des gesamten Veränderungsprozesses. Ein komplexer Veränderungsprozess be-

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darf entsprechender Programm-Management-Tools, -Gremien und –Fähigkeiten, um seine Ein-

zelteile zu steuern, zu überwachen, permanent anzupassen und mit möglichst effizientem Res-

sourceneinsatz zu implementieren (Gattermeyer, 2001, S. 24.ff.).

Abbildung 67: Change Management Plan (Gattermeyer, 2001, S. 86)

Die einzelnen Teile des Plans beinhalten folgende Bestandteile:

► Navigation/ Kursbestimmung: Projektmanagement koordiniert, integriert und unterstützt

die Veränderung.

► Leadership/ Führung: Führung lebt die Veränderung vor. Steht hinter der Veränderung.

Leistet die Überzeugungsarbeit bei den Mitarbeitern.

► Ownership/ Identifikation: Mitarbeiter werden in die Lage versetzt, die Veränderungen an-

zunehmen. Demotivatoren werden aus dem Weg geräumt.

► Enablement/ Befähigung: Konkrete Maßnahmen befähigen die Mitarbeiter, die Verände-

rungen zu realisieren.

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Auf der Mikroebene dieses Modells werden all jene Maßnahmen abgebildet, die die Mitarbeiter

befähigen, die angestrebten Veränderungen auch tatsächlich anzunehmen. Sie sollen darüber hin-

aus die Identifikation mit dem Neuen fördern (Gattermeyer, 2001, S. 24).

Mithilfe der Grobdefinition der Strategischen Zieldefinition und der Kontextanalyse und der dar-

aus resultierenden Partizipationsstrategie aus der Analysephase wird die Veränderungsstrategie

konkretisiert. Aus der Konkretisierung ergeben sich vier Teilkonzepte, zur Führung, Partizipati-

on, Training und zum Anreizsystem.

Das Führungskonzept regelt das Führungsverhalten und bestimmt die Personen, welche Füh-

rungsaufgaben übernehmen sollen. Es hat zum Ziel positive Vorbilder zu etablieren und negative

auszuschalten. Das Vorleben von neuen Verhaltensweisen durch die Führungskraft, als Vorbild,

ist entscheidend für die Mitarbeiterakzeptanz bezüglich der Veränderungsinitiative. Hierfür ist es

wichtig den Führungskräften die sachliche Richtigkeit der erwünschten Verhaltensweisen, bei-

spielsweise durch Workshops, plastisch vor Augen zu führen.

Im Kontext der erwünschten Verhaltensweisen muss auch „Gerechtigkeit“ gezielt definiert und in

der Folge sichtbar und konsequent vorgelebt werden. Um das Führungskonzept durchzusetzen

werden gesonderte Informations- und Partizipationsmaßnahmen, Führungstrainings und entspre-

chende Anreizsysteme für Führungskräfte unabdingbar sein.

Im Partizipationskonzept wird die festgelegte Partizipationsstrategie (Blitzkrieg, Mitwirkung,

usw.) konkretisiert. Es wird festgelegt für welche Teilaufgaben eine Projektarbeit vorgesehen

werden soll. Hierfür werden Arbeitsgruppen, Fachausschüsse und Diskussionsrunden geplant.

Auch Workshops und Mitarbeiterbefragungen sind Teil der Partizipationsstrategie, hier wird

deutlich, dass es bei den Konzepten Überschneidungen gibt. Mitarbeiterbefragungen sind z. B.

auch immer Teil der Kommunikationspolitik. Die Konzepte sind daher im Kontext zueinander

ganzheitlich zu betrachten. Das Gleiche gilt für die zu etablierenden Feedbackmechanismen, wel-

che zum einen als Kommunikationsinstrument, zum anderen auch als Controlling- und somit

Steuerungsinstrument dienen um „Gerechtigkeit“ zu leben.

Das Trainingskonzept verdinglicht die Trainingsmaßnahmen um Defizite in Bezug auf fachli-

ches-, methodisches- und zwischenmenschliches Wissen zu beheben. Diese Defizite wurden in

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der Analysephase ermittelt und werden durch Trainings, das Aufzeigen von Best Practises, das

Wissenssharing und durch Expertengruppen ausgeglichen. Eine Wissenslandkarte hilft dabei

Wissensträger zu identifizieren und so einzubinden, dass Defizite bei anderen Organisationsmit-

gliedern beseitigt werden.

Ziel des Anreizkonzepts ist die Präferenzkompatibilität zwischen Mitarbeiter- und Unterneh-

menszeilen. Die schon beschriebenen Anreizarten werden in diesem Konzept eingesetzt. So wer-

den beispielsweise variable Gehaltsbestandteile festgelegt und die Aufgabengestaltung und Karri-

ereentwicklung entscheidender Mitarbeiter geplant. Auch das Etablieren von „Statussymbolen“

wie ein bestimmter Parkplatz oder ein bestimmtes Büro können Anreize darstellen.

Die Ergebnisse der Analysephase werden in der Planungsphase zusammen mit den Teilkonzepten

in einem Projektplan zusammengefasst. In dem Projektplan werden die einzelnen Aufgaben in

eine Reihenfolge gebracht. Die Ergebnisse der Analyse zur Wandlungskompetenz, die Konkreti-

sierung der Veränderungsstrategie sowie die Aufgabenanalyse schlagen sich im Projektplan nie-

der. Hier ist darauf zu achten, dass keine „Realitätslücke“ zwischen Sach- und psychologischer

Ebene entsteht. Wandlungskompetenz und Reorganisation (Aufgaben) müssen kompatibel sein.

Im Zuge des Projektplans wird auch ein Kommunikationsplan erstellt. Er legt den Zeitpunkt, die

Form, den Kanal, den Kommunikator und den Inhalt der Kommunikation auf Grundlage der Mei-

lensteine sowie den Ergebnissen der Stakeholderanalyse fest. Diese Top-down Kommunikation

wird durch eine Plattform für Bottom- up Kommunikation ergänzt.

Um die Veränderungsinitiative zu steuern wird ein Controllingkonzept erstellt, welches die Frage

beantwortet: Wie soll die Koordination der Informations-, Planungs-, Kontroll-, Organisations-

und Personalführungssysteme zur Sicherstellung einer zielgerichteten Lenkung der Verände-

rungsinitiative organisiert werden?

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153

Aus dieser Fragestellung ergeben sich die Teile des Controllingkonzeptes:

► Das Budgetcontrolling steuert Zeit, Ressourcen und Benefits in allen Phasen der Ver-

änderungsinitiative.

► Das Qualitätscontrolling kontrolliert die Ergebnisse und Inhalte der Aufgabenschritte,

um negative Auswirkungen auf nachgelagerte Aufgaben zu vermeiden.

► Das „Kultur“ Controlling evaluiert das Veränderungsklima und weist auf eine eventu-

elle „Realitätslücke“ hin.

► Das Prämiencontrolling steuert und koordiniert in Verbindung mit dem „Kultur“ Con-

trolling die materiellen Anreize um eine Präferenzkompatibilität zu unterstützen.

► Das Projektcontrolling untersucht zur Unterstützung des Projektmanagements den

Fortschritt des Veränderungsprojektes. Es beobachtet den kritischen Pfad um mögliche

Probleme und damit verbundene Anpassungsnotwendigkeiten frühzeitig zu erkennen.

Das Controlling verwendet hierfür Instrumente wie beispielsweise Kennzahlensysteme, Balanced

Scorecards und Reviewstrukturen (auf die Instrumente wird im Verlauf dieses Buches noch de-

taillierter eingegangen).

In der Planungsphase wird zum ersten Mal die zweite Führungsebene eingebunden. Die zweite

Führungsebene wird über die Veränderungsnotwendigkeit, die Veränderungsstrategie und die

Planung informiert. Im Zuge des Führungskonzeptes findet eine Thematisierung der Führungs-

kultur im Veränderungsprozess statt, da auch die zweite Führungsebene als positives Vorbild für

veränderte Verhaltensweisen dienen soll. Auch bei der Einbindung der zweiten Führungsebene

wird eine Stakeholderanalyse in Bezug auf Machtausstattung und Präferenzkompatibilität durch-

geführt, um Maßnahmen zur machtpolitischen Stabilisierung einzuleiten und potentielle Teilpro-

jektleiter zu identifizieren (siehe hierzu Tabelle 6: Stakeholderanalyse). Mitglieder der zweiten

Führungsebene sind auch für die Rolle des Change Agents interessant. Die Rolle des Change

Agents wird der zweiten Führungsebene vorgestellt und es werden Change Agents ernannt und

trainiert.

Die Ergebnisse der Planungsphase sind die Definition der operativen Ziele des Veränderungspro-

zesses sowie die Konkretisierung der Change Inhalte. Außerdem wurde ein Masterplan und die

Change Organisation entwickelt bzw. aufgebaut und durch den Lenkungsausschuss und den Ow-

ner genehmigt.

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154

4.5.2.2 Phase 4: Realisierung

Der Projektplan wird in der Realisierungsphase umgesetzt. Der Meilenstein dieser Phase ist die

Erreichung des Soll-Zustandes und ggf. die Integration von korrigierenden Maßnahmen. Auch die

Realisierungsphase ist ein iterativer Prozess. Die Phase der Realisierung ist in Tabelle 8 zusam-

mengefasst.

Tabelle 8: Realisierung

Die Sachebene beinhaltet die Ausarbeitung und Umsetzung der Gestaltungsaufgaben, sowie die

Justierung der Planung durch Integration zusätzlicher Erkenntnisse in der Projektarbeit als Lern-

prozess.

Auf der psychologischen Ebene werden alle Stellschrauben tangiert. Für die Stellschraube Parti-

zipation/Training können nur grobe Aussagen getroffen werden. So sollen die betroffenen Mitar-

beiter an der Umsetzung partizipieren, in wie weit dies notwendig ist hängt von der Verände-

rungsstrategie ab. Gleichzeitig wird das fachliche-, methodische und zwischenmenschliche Wis-

sen in entsprechenden Trainings ergänzt. Auch hier ist die Notwendigkeit stark von der Art der

Veränderungsinitiative abhängig.

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155

Die Stellschraube Information/Kommunikation beinhaltet eine Kick- off- Veranstaltungen in

welchen alle Mitarbeiter und ggf. auch Stakeholder über die Veränderungsinitiative informiert

werden. Diese Kick- off -Veranstaltungen finden separat auch auf Projektteamebene statt und

dienen der öffentlichen Initialisierung des Wandels. Bei der Top- down Kommunikation ist auf

eine regelmäßige, offene und zeitnahe Kommunikation der Projektfortschritte und Erfolge zu

achten. Es ist sinnvoll zu zeigen, dass es „voran“ geht. Bei der Bottom- up Kommunikation soll-

ten Kommunikationswege zur Sicherstellung des Lernprozesses etabliert werden. Hierfür bieten

sich Foren und Gruppendiskussionen an.

Das Führungsverhalten ist geprägt durch das Leben der Vorbildfunktion aber auch durch ein

Konsequenzenmanagement. Es muss versucht werden das Momentum, d. h. den Elan der Mitar-

beiter aufrecht zu halten um sie nicht veränderungsmüde werden zu lassen. Ein aktiver, konstruk-

tiver Umgang mit Widerständen ist an dieser Stelle wünschenswert.

Das Controlling erstellt Reviews nach Plan und kontrolliert die Projektfortschritte in der ganzen

Phase. Im Falle von Interessenskonflikten priorisiert das Kernteam bzw. der Lenkungsausschuss

und wird in seiner Entscheidungsfindung durch das Controlling unterstützt. Im nächsten Kapitel

wird das Controlling intensiver behandelt.

Das Anreizsystem und damit die gleichnamige Stellschraube ist durch eine Anpassung bestehen-

der Anreizstrukturen an die zukünftige Unternehmensausrichtung zur Sicherung der Nachhaltig-

keit gekennzeichnet. Gleichzeitig sollen Anreize zur Ausarbeitung und Umsetzung der Aufgaben

gesetzt werden. Hierfür sind beispielsweise erfolgsabhängige Gruppenprovisionen denkbar.

Das Ergebnis der Realisierungsphase ist somit die Umsetzung der Planung unter Berücksichti-

gung des „Optimalen Fit“ (Strategie, Kultur, Technologie und Organisation). Eine Ergänzung

durch korrigierende Maßnahmen ist hierbei nicht ausgeschlossen und ggf. sogar erwünscht.

4.5.2.3 Zusammenfassung

Die Zieldefinition und Analysephase bieten die Grundlagen für die effiziente Planung des Verän-

derungsprozesses. Eine etablierte Planung unterstützt gepaart mit einem entsprechenden Control-

linginstrumentarium und Organisationsstruktur die gezielte Umsetzung der Veränderung.

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4.5.2.4 Phase 5: Evaluierung und Controlling

Nachdem die Veränderungsinitiative umgesetzt ist folgt die Phase der Evaluierung und Weiter-

entwicklung. Dies bedeutet nicht, dass nicht auch in jeder vorherigen Phase ein Controlling statt-

findet. Auf die Unterschiede wird im Laufe dieses Kapitels eingegangen. Die Phase der Evaluie-

rung ist in Tabelle 9 zusammengefasst.

Tabelle 9: Evaluierung

Auch in der Evaluierungsphase sind Meilensteine zu erreichen. Hierzu zählt, dass der Errei-

chungsgrad der Zielgrößen determiniert ist. Außerdem wurden Folgearbeiten und die Verfolgung

der Nachhaltigkeit von der Projekt- in die Linienstruktur verlagert sowie entsprechende Instru-

mente und Verantwortlichkeiten übergeben.

Für die Organisationsstruktur als übergeordnete Stellschraube gilt, dass ggf. die Projektorganisa-

tion aufgelöst wird und die Aufgaben in die Linienstruktur integriert werden. Sie tangiert hierzu

sowohl die Inhalte auf der Sachebene als auch die Stellschrauben Partizipation/Training und In-

formation/Kommunikation auf der psychologischen Ebene. Die Inhalte der Sachebene sind ein

Soll/Ist Vergleich zur Beurteilung des Veränderungserfolgs in den Dimensionen Ergebniskenn-

zahlen, Prozessqualität und Managementqualität sowie die Vorbereitung und Übergabe der opera-

tiven und Controllingaufgaben aus der Projektstruktur in die Linienorganisation.

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Die Stellschraube der Partizipation/Training auf der psychologischen Ebene beinhaltet eine Fort-

führung von fachlichem, methodischem und zwischenmenschlichem Training, wo dies weiterhin

erforderlich ist. Partizipation und Training sind hier besonders bei den Organisationsmitgliedern

aus der Linie erforderlich, welche die Aufgaben aus den Projektgruppen in Zukunft übernehmen

sollen.

Um die Übergabe der Aufgaben positiv zu beeinflussen ist bei der Stellschraube Informati-

on/Kommunikation eine Fortführung der Zelebrierung von Veränderungserfolgen und eine an-

gemessene Abschlussveranstaltung sinnvoll.

Im Rahmen des Führungsverhaltens gilt, dass die Veränderungsinitiative positiv durch die Füh-

rung zu belegen ist. Das Controlling institutionalisiert die Kennzahlen bei der Übergabe in die

Linie. Die Stellschraube Anreiz bleibt in der Evaluationsphase unberührt.

Für die Evaluierungsphase ist eine Begriffsabgrenzung vorzunehmen. Zum einen findet eine kon-

tinuierliche Evaluierung in allen Phasen durch das strategische und operative Veränderungscon-

trolling statt. Zum anderen wird eine Abschlussevaluierung der Veränderungsinitiative durchge-

führt und an die Geschäftsleitung sowie den Lenkungsausschuss und das Kernteam übergeben.

„Unter dem Veränderungscontrolling wird ein System zur zielgerichteten Planung, Koordination

und Kontrolle des organisatorischen Wandels sowie zur prozessbezogenen Information der Ent-

scheidungsträger verstanden.“ (Vahs, 2007, S. 411)

Um ein zielgerichtetes System zur Planung, Koordination und Kontrolle des organisatorischen

Wandels zu erstellen legt das Kernteam Ziele fest und stellt die Frage, welche Mittel zur Zieler-

reichung vorhanden und notwendig sind. Auf hoher Abstraktionsebene ergibt sich so eine Funkti-

on y = f (x), wobei y die Zielerreichung repräsentiert. Es gilt nun x zu quantifizieren und Korrela-

tionen zwischen den Einflussfaktoren festzustellen.

Viele Kennzahlen sind schon vorhanden. So können beispielsweise Finanzkennzahlen in der

Stabstelle Controlling, Prozesskennzahlen beim Qualitätsmanagement, in den Abteilungen und

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bei den Prozessverantwortlichen erfragt werden. Kundenkennzahlen sind oft im Vertrieb oder

Marketing schon erfasst. In KMU ist die Datenbasis häufig schwächer.

Grundsätzlich stellt sich die Frage: Sind dies die „richtigen“ Kennzahlen und wie können diese

automatisiert erhoben werden? Hierbei ist auf ein ausgewogenes Kosten-Nutzen-Verhältnis zu

achten und der Investitionsbedarf zu berücksichtigen.

Im Rahmen des Veränderungscontrollings lassen sich die Kontrolldimensionen strategisch und

operativ differenzieren. Beim strategischen Controlling geht es um die Zielvalidierung, d. h. eine

Effektivitätsförderung nach dem Grundsatz „Doing the right things“. Im Verantwortungsbereich

des strategischen Controllings liegen die Sponsoren, der Lenkungsausschuss, das Kernteam und

ggf. externe Berater (Vahs, 2007, S. 405). Das operative Controlling fokussiert die Zielerrei-

chung, d. h. die Effizienzförderung nach dem Grundsatz „Doing the things right“. Im Verantwor-

tungsbereich des operativen Controllings liegen die Change Agents, die Projektleiter und in

Überschneidung mit dem strategischen Controlling auch das Kernteam (Vahs, 2007, S. 405).

Beispiele für den Fokus des strategischen Veränderungscontrollings bietet das bekannte Schau-

bild aus dem ersten Teil dieses Buches. Hier finden sich Beispiele für die Zieldimension des Ver-

änderungserfolgs (Abbildung 68).

Abbildung 68: Fokus des strategischen Veränderungscontrollings

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Steht die Zieldimension des Veränderungserfolgs fest, so wird diese definierte Zielsetzung der

Veränderungsinitiative heruntergebrochen auf Teilziele (Wertziele, Leistungsziele, Sozialziele)

(Vahs, 2007, S. 410) und somit konkretisiert. Durch diese Konkretisierung ergeben sich operative

Teilaspekte wie das Budgetcontrolling (Zeit, Ressourcen, Benefits), das Prämiencontrolling (Ma-

terielle Anreize), Qualitätscontrolling (Ergebnisse, Inhalte), das Prozesscontrolling (Fortschritt)

und das „Kultur“ Controlling (Veränderungsklima), etc. (Vahs, 2007, S. 408ff.). Hierzu bieten

sich Instrumente wie Kennzahlensysteme, Balanced Scorecards und Reviewstrukturen an.

Kennzahlensysteme dienen der „Visualisierung und Objektivierung von Sachverhalten und Zu-

sammenhängen“ (Picot et al., 1999, S. 16). Kennzahlensysteme sollten verständlich, aussagekräf-

tig, übersichtlich, aktuell sein und keine Interpretationsspielräume zulassen. Gleichzeitig muss

auf die Verhältnismäßigkeit von Kosten und Nutzen geachtet werden (Vahs, 2007, S. 412). Wie

aufwendig ist es, die entsprechende Kennzahl in welchem Zyklus zu erheben und welchen Infor-

mationswert hat sie? Die zu erhebenden Kennzahlen sind in jedem Unternehmen unterschiedlich,

sie beziehen sich häufig auf die Bereiche: Finanzen, Kunden, Mitarbeiter, Prozesse und Innovati-

onen.

Das DuPont-Kennzahlensystem bietet hierfür ein idealtypisches Beispiel (Abbildung 69).

Abbildung 69: DuPont-Kennzahlensystem (Schultz, 2015, S. 82)

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Das bekannteste und älteste Kennzahlensystem wurde bereits im Jahr 1919 durch den Chemie-

konzern DuPont entwickelt. Als Spitzenkennzahl fungiert die Rentabilitätskennzahl „Return on

Investment“, die sich in mehreren Stufen aus anderen Verhältniszahlen und absoluten Größen

errechnen lässt, die alle dem externen Rechnungswesen entnommen werden können. Die „Spitze“

der Pyramide ist in der Abbildung 69 dargestellt. Die einzelnen Stufen ermöglichen eine schritt-

weise Analyse des Unternehmens und der Haupteinflussgrößen des Unternehmenserfolgs. Im

Vergleich mit entsprechenden Kennzahlen von anderen Unternehmen lassen sich Stärken, aber

vor allem auch Schwächen aufzeigen (Schultz, 2015, S. 82).

Weitere Kennzahlensysteme wie das ZVEI-, ROCE-, RL Kennzahlensystem sind u. a. bei Schultz

beschrieben. ZVEI = Zentralverband der elektronischen Industrie, ROCE = Return on Capital

Employed, RL = Rentabilität und Liquidität (Schultz, 2015, S. 82ff.).

Unter einer Balanced Scorecard wird ein integriertes System von Kennzahlenkategorien verstan-

den, dass verschiedene Betrachtungsweisen verbindet. Die typische Balanced Scorecard von Ka-

plan und Norton mit ihren Perspektiven: Finanzen, Kunden, Entwicklung und interne Geschäfts-

prozesse (Kaplan und Norton, 1997, S. 9) wird für die Anforderungen des Change Management

modifiziert, um sowohl die sachliche, als auch die psychologische Perspektive abzudecken. Es

werden sowohl harte (H) als auch weiche (W) Faktoren erfasst.

Die Prozessperspektive beinhaltet z. B. den Zielerreichungsgrad (H), die Effizienz (H), die Flexi-

bilität (H/W) und den Umgang mit Konflikten (W). Eine Mitarbeiterperspektive wird durch die

Akzeptanz (W), die Zuversicht (W), den Ausbau von Kompetenzen (H) und das Klima (W) bei-

spielhaft abgebildet. Wie diese Messung erfolgt und wie z. B. Zuversicht quantifiziert wird ist in

jedem Unternehmen unterschiedlich. Denkbar sind zyklische Fragebögen an die Mitarbeiter

selbst oder die Führungskräfte, welche diese dann einschätzen. Typische Kennzahlen wie die

Fluktuationsrate und der Krankenstand sind oft nicht aussagekräftig. Hier ist Kreativität gefragt.

Denkbar sind beispielsweise Teilnahmeraten an Unternehmensveranstaltungen wie Weihnachts-

feiern oder Firmensportprogrammen. Sie können Hinweise auf das Betriebsklima geben.

Die Finanzperspektive beinhaltet Kennzahlen zu Aufwand und Ertrag (H) und den Umgang mit

Ressourcen (H/W). Die Kundenperspektive wird beispielsweise mit Kennzahlen bezüglich der

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Klarheit des Projektauftrags (W), der Kundenzufriedenheit (W), den Erwartungen (W) und Prob-

lemen (H/W) gemessen. Wobei hier zu definieren ist wer Kunde der Veränderungsinitiative ist;

dies können sowohl die Kunden des Unternehmens als auch interne Kunden wie andere Abtei-

lungen, Sparten, usw. sein. Diese Zuordnung ist abhängig von der Art der Veränderungsinitiative.

Abbildung 70 zeigt die modifizierte Balanced Scorecard für das Change Management.

Abbildung 70: Balanced Scorecard für das Change Management (Kaplan und Norton,

1997, S. 9 und Vahs, 2007, S. 415)

Review Strukturen regeln wer sich wann zu welchen Themen zusammensetzt. Die Review Struk-

tur lässt sich in vier Ebenen unterteilen. Als Basis für die Reviews dienen der Masterplan sowie

die Entscheidungen vorhergegangener Reviews. Sie dienen der Information, der Problemerken-

nung, der Lösungsfindung, sowie dem Treffen von Entscheidungen. Sie werden geplant und zyk-

lisch abgehalten. Die Meilensteine der Veränderungsinitiative, der Projekte bzw. Teilprojekte

geben einen Anhaltspunkt wann Reviews stattfinden sollten. Die oberste Ebene bilden strategi-

sche Status Reviews, in denen sich der Lenkungsausschuss, der Owner und das Kernteam gegen-

seitig über strategische Themen informieren. Strategische Status Reviews werden selten und nur

bei strategischen Fragestellungen abgehalten, außer es tritt ein gravierendes Problem auf, bei dem

der Lenkungsausschuss seine Schlichtungsfunktion wahrnehmen muss.

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Masterprojektmeetings finden bei allen Meilensteinen der Veränderungsinitiative statt. An ihnen

nimmt das Kernteam, die Projektleiter und ggf. der Owner teil. Kennzahlensysteme, Balanced

Scorecard und Review Strukturen sind Bestandteil des strategischen und operativen Verände-

rungscontrollings.

"What gets measured gets done" ist ein vielzitierter Satz, der mal diesem, mal jenem prominenten

Konzernlenker in den Mund gelegt wird. Vermutlich hat ihn auch jeder von ihnen schon in den

Mund genommen – und mit Recht. Ein Veränderungscontrolling (oder Umsetzungs-Controlling)

signalisiert Führungskräften und Mitarbeitern, dass die Veränderungsinitiative wirklich ernst ge-

meint ist; es zwingt zur Klärung von Zielen und ermöglicht die Überprüfung, ob die Veränderun-

gen gemäß den Erwartungen vorankommen.

Zwar ist es nicht ganz so simpel wie zuweilen behauptet, dass schon die Einführung eines Mess-

systems automatisch die gewünschten Veränderungen herbeiführt. Dennoch übt ein Verände-

rungscontrolling, das auf einer Zeit- und Ergebnisplanung aufbaut, auf fünffache Weise einen

vorteilhaft steuernden Einfluss aus:

1. Es zwingt zur eindeutigen Formulierung von Zielen – was wiederum dazu zwingt, sich

über die Ziele wirklich klar (und ggf. einig) zu werden.

2. Es erfordert die Präzisierung und Operationalisierung dessen, was gemeint ist und welche

konkreten Veränderungen angestrebt werden.

3. Es unterstreicht die Ernsthaftigkeit und Dauerhaftigkeit der Veränderungsabsichten.

4. Es ermöglicht die Überprüfung, ob die Veränderungen in die richtige Richtung gehen und

zügig genug vorankommen.

5. Es bewirkt eine Entpersonalisierung der Diskussion über Zielabweichungen, da keine

Trennung in "Kontrolleure" und "Überwachte" entsteht – stattdessen können die Daten

gemeinsam betrachtet und über Schlussfolgerungen gesprochen werden.

Insofern gilt für Controlling genau das Gleiche wie für viele andere wirksame Instrumente: es

nützt nur dann, wenn es wirklich eingesetzt wird, und das wiederum setzt ein Minimum an ver-

fügbarer Zeit voraus. Veränderungscontrolling kann und soll nicht erzwingen, dass die einmal

entwickelten Planungen unbedingt eingehalten werden. Bei komplexen Veränderungsprozessen

ist es unwahrscheinlich, dass sie ohne wesentliche Abweichungen umgesetzt werden können.

Vielmehr helfen Planung und Controlling, die Zielorientierung des gesamten Prozesses zu ver-

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bessern und ihn damit effizienter und schneller durchzuführen, wie es sehr treffend in dem Satz

beschrieben ist: "Ein Plan ist nicht die Beschreibung künftiger Realität, sondern ein Instrument

zur Beschleunigung einer Entwicklung"

Mithilfe eines Veränderungscontrollings bemerkt das Kernteam frühzeitig, wenn sich die Dinge

anders entwickeln als gedacht. Dann kann es überprüfen, ob es sich in der Planung geirrt hat oder

ob das Projekt beginnt, aus dem „Ruder“ zu laufen. Ohne Controlling werden Fehlentwicklungen

erst sehr viel später bemerkt, da Erwartungen ständig und unmerklich an die Wirklichkeit ange-

passt werden. So wird sich hier mit einer Verzögerung abgefunden, da mit einer Veränderung und

dort mit einer Verschiebung, und schon hat man sich weit von den ursprünglichen Vorstellungen

entfernt. (Was u. U. auch sinnvoll sein kann – entscheidend ist aber, dass es bemerkt wird und

dass es nicht einfach passiert.)

Veränderungscontrolling gewährleistet, dass Veränderungsprozesse nicht aus dem Ruder laufen –

aber in wie fern soll ein Plan (und dessen Controlling) Entwicklungen beschleunigen? Erstens

dadurch, dass er Klarheit schafft, welche Ziele erreicht werden sollen, auf welchem Weg und

durch welche konkreten Schritte. Zweitens dadurch, dass er einen gewissen Erwartungsdruck

schafft, das, was auf dem Papier steht, auch umzusetzen. Und drittens da die Einrichtung eines

Veränderungscontrollings die Ernsthaftigkeit des Unterfangens unterstreicht – was hilft, Zeit ein-

zusparen, die sonst mit Abwarten, Beobachten und Taktieren verloren wird. Mit der Einführung

eines Controlling-Systems wissen die Mitarbeiter und Führungskräfte, woran sie sind. Was die

meisten von ihnen begrüßen werden.

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Für ein wirksames Veränderungscontrolling müssen Kriterien auf vier Ebenen definiert sein:

1. Projektziele: Welche konkreten und überprüfbaren Veränderungen soll das Projekt brin-

gen, wenn es in vollem Umfang erfolgreich realisiert ist?

2. Zwischenziele / Meilensteine: In welchen Teilschritten sollen die Gesamtziele realisiert

werden? Welche (nachprüfbaren) Meilensteine sollen bis zu welchen Terminen erreicht

sein?

3. Maßnahmen: Welche konkreten Maßnahmen / Einzelschritte müssen abgearbeitet werden,

um die definierten Zwischenziele zu erreichen? Wie sieht der Zeit- und Ablaufplan der

Einzelaktivitäten aus? Wie die konkrete Aufgabenverteilung, d. h. wer macht was bis

wann?

4. Ergebnisse / Output: Welche Resultate bzw. Resultatsverbesserungen sollen in Folge des

Projekts eintreten und in welcher zeitlichen Folge? In welchem Umfang sind die erwarte-

ten Verbesserungen tatsächlich eingetreten?

Zwischen der ersten und der vierten Ebene besteht insofern eine gewisse Verwandtschaft, als es

bei beiden darum geht, was mit dem Projekt erreicht werden soll. Doch zielt erstere auf die un-

mittelbaren Projektziele (wie z. B. eine Verbesserung der Kundenzufriedenheit auf 70 %), letztere

auf deren Nutzen für das Unternehmen (z. B. steigende Nachfrage, höherer Absatz, höhere Mar-

gen). Wo diese beiden Aspekte eng verknüpft sind, können sie auch zusammengefasst werden.

In der Praxis sind für die Projektsteuerung vor allem die Kriterien zwei und drei wichtig, denn der

Erfolg bei den Kriterien eins und vier lässt sich zum überwiegenden Teil erst gegen Ende des

Projekts beurteilen. Genau an dieser Stelle sind viele Veränderungspläne lückenhaft: Es gibt zwar

eine Idee, wo angekommen werden möchte, und ein Konzept für die ersten Schritte, aber keine

klare Vorstellung, über welche Stationen vom Ausgangspunkt zum Zielpunkt gegangen werden

muss.

Aufgabe des Controllers ist nicht nur, die Einhaltung der Planung zu gewährleisten und für eine

regelmäßige Überprüfung des erreichten Standes zu sorgen. Mindestens genauso wichtig ist, dass

er die vorliegende Planung von Anbeginn an auf Schlüssigkeit und Plausibilität prüft – und auf

Nachbesserungen dringt, wenn sie ihm nicht ausreicht.

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Wichtig ist, dass der Controller nicht Teil der Projektleitung ist, sondern eine unabhängige In-

stanz. Sonst kommt er schnell in einen Rollenkonflikt: Soll er festgestellte Planabweichungen für

sich behalten oder offen legen? Berichten sollte der Controller an den Owner.

Bei kleineren Projekten kann das Veränderungscontrolling entweder durch die Geschäftsleitung

selbst wahrgenommen werden oder durch deren Assistenten. Denn dann ist es eine Aufgabe, die

nur einige Stunden pro Woche erfordert. Bei Großprojekten, die ein Großunternehmen oder einen

ganzen Konzern umfassen, kommt schnell ein erheblicher Zeitbedarf auf. Wenn beispielsweise

30 Teilprojekte gesteuert werden sollen und jedes nur vier Stunden Zeit pro Monat beansprucht,

nähert man sich schnell einem „Full-Time-Job“ (30 x 4 h = 120 h), zumal noch Konsolidierungs-

und Berichterstattungs-Aufgaben hinzukommen. In solchen Fällen ist es sinnvoll, hierfür eine

eigene Stabsstelle einzurichten.

Weitere Kennzahlen zum Change Management sind:

► Commitment Index: Zufriedenheitsgrad der Belegschaft mit der Veränderung (Hinweis:

Zur Erfassung ist eine Befragung am Projektende nötig)

► Erfolgsquote von Change Projekten (Anzahl der erfolgreichen Change Projekte / Gesamt-

anzahl von Change Projekten)

► Change Beteiligungsgrad (Anzahl der direkt am Change Projekt beteiligten Mitarbeiter /

Anzahl der von der Veränderung betroffenen Mitarbeiter)

► Change Zielerreichungsgrad (Summe der Zielerreichung am Ende des Change Projektes /

Zielvorname am Beginn des Projektes) es sollte definiert werden, ab wie viel Prozent

Change Zielerreichungsgrad Ihr Veränderungsprojekt ein Erfolg ist, z. B. 95 % – 100 % =

Voller Erfolg, z. B. 50 % – 75 % = Teilerfolg, z. B. < 50 % = Misserfolg

► Anzahl der Lessons Learned im Change Prozess (die Kennzahl hilft, bewusst aus den Ver-

änderungen zu lernen).

Die Abschlussevaluation bildet losgelöst vom Veränderungscontrolling den offiziellen Abschluss

der Veränderungsinitiative. Sie sollte schriftlich ausgearbeitet und in festlichem Rahmen präsen-

tiert werden. Die Abschlussevaluation ist eine Analyse auf Basis von „Lessons learnt“ und Best

Practises für zukünftige Veränderungsinitiativen. Sie endet mit der Übergabe der operativen

Themen und der Controllingverantwortung in die Linienorganisation und ist Bestandteil der Auf-

lösung und Zelebrierung der Arbeitserfolge.

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Es lässt sich zusammenfassen, dass die Veränderungsinitiative ein kontinuierliches Controlling

auf strategischer und operativer Ebene, um den Veränderungserfolg sicherzustellen, erfordert. Die

Veränderungsinitiative endet mit einer Abschlussevaluation mit dem Ziel der Wissenskonservie-

rung für die Organisation und Übergabe der Arbeitsergebnisse in die Linienorganisation.

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4.6 Modell der Zukunft: Die lernende Organisation

Das bis hierhin dargestellte Change Management verfolgt den Ansatz der Organisationsgestal-

tung und dient zur erfolgreichen Umsetzung von Veränderungsinitiativen in Fällen des revolutio-

nären Wandels. Hierbei ist Change Management trotz der verschiedenen Partizipations- und

Kommunikationsstrategien in seiner Natur eher ein Top- down gesteuerter Ansatz. Ziel der Un-

ternehmensentwicklung, muss es aber auch sein, evolutionäre Wandlungskompetenz innerhalb

der Unternehmung zu schaffen. Hierzu dient das Innovationsmanagement, auf das in diesem

Buch nicht näher eingegangen werden soll (Stern, 2008), und der Ansatz der lernenden Organisa-

tion.

Ziel dieses Kapitels ist es, die Ebenen und Grundformen des organisationalen Lernens darzustel-

len, sowie die Abgrenzung des sich daraus ergebenen evolutionären zum revolutionären Wandel

durchzuführen.

„Der Begriff des Lernens bezeichnet eine Bewegung,[…], die im Zuge eines Prozesses entstan-

den ist und einen Zustand herbeigeführt hat, der sich von dem ursprünglichen unterscheidet.“

(Steinmann und Schreyögg, 2000, S. 506). Der Begriff des Lernens geht, nach Schreyögg und

Steinmann, nicht zwangsläufig mit einer Verbesserung sondern mit einer Veränderung einher.

Diese Veränderung ist der evolutionäre, kontinuierliche und emergente Wandel. Organisationales

Lernen „lässt sich als Fähigkeit einer Organisation definieren, Fehler zu entdecken, zu korrigieren

und die organisatorische Werte- und Wissensbasis so zu verändern, dass neue Problemlösungs-

und Handlungskompetenzen entstehen.“ (Vahs, 2007, S. 434). Eine lernende Organisation defi-

niert Vahs als eine Organisation „… die fähig ist, selbstständig Wissen zu generieren, zu sam-

meln und zu vermitteln, und die ihr Verhalten auf der Grundlage von neu gewonnenen Einsichten

verändern kann.“ (Vahs, 2007, S. 401).

Lerntheorien bilden die Grundlage für das Verständnis einer lernenden Organisation. Aus der

verhaltensorientierten Forschung lässt sich die Kernaussage ableiten, dass die Art zu lernen indi-

viduell ist und somit auch das Ergebnis des Lernprozesses. Derselbe Stimulus A kann innerhalb

des Lernprozesses (einer Black Box) sowohl zu einem Response A als auch zu einem Response B

führen (Steinmann und Schreyögg, 2000, S. 506).

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Die evolutionäre Veränderung geschieht bei Schreyögg und Steinmann durch einen idealen Lern-

und Entscheidungszyklus auf der Grundlage der Arbeit von March und Olsen, in vier Stationen.

Zu Beginn stehen individuelle Kognitionen, die Problemwahrnehmung, d. h. ein Individuum in

der Organisation erkennt ein Problem. Die zweite Station bildet die individuelle Handlung bzw.

die Teilnahme an Entscheidungsprozessen. An dieser Stelle wird deutlich, dass die Organisation

die Voraussetzungen für den idealen Lern- und Entscheidungsprozess schaffen muss, so muss der

Mitarbeiter zur individuellen Handlung ermutigt und zur Teilnahme an Entscheidungsprozessen

befähigt werden. Die dritte Station bildet die organisatorische Handlung, Entscheidungen bzw.

Resultate. Im vierten Stadium handelt die Umwelt bzw. reagiert auf die Veränderung der Organi-

sation und der Lern- und Entscheidungszyklus beginnt von neuem (Steinmann und Schreyögg,

2000, S. 507).

Im idealen Lern- und Entscheidungszyklus ist die Organisation darauf angewiesen, dass ein Indi-

viduum innerhalb der Organisation ein Problem wahrnimmt und dementsprechend handelt. Es

wird aber nicht aktiv nach Problemen und damit auch Verbesserungspotential gesucht.

Nach dem Ansatz der kognitiven Lerntheorie wird hier anders vorgegangen. Es werden aktiv

Wissenslücken gesucht und versucht diese zu schließen. Organisatorisches Lernen wird als Pro-

zess verstanden, indem eine Leistungslücke zur Generierung neuen Wissens führt (Steinmann

und Schreyögg, 2000, S. 508). Aus der kognitiven Lerntheorie kann das Prinzip des Wissensma-

nagements abgeleitet werden, welches verschiedene Wissensarten unterscheidet.

Häufig wird in diesem Zusammenhang in der Literatur die Unterteilung von Wissen in implizites

und explizites Wissen diskutiert. So steht nach Lindenthal, Liebig und Schütze (Bergmann, 2006,

S. 406) hinter dem Begriff des impliziten Wissens prozedurales Sach- und Handlungswissen.

Dieses ist dadurch gekennzeichnet, dass Mitarbeiter Situationen richtig einschätzen und angemes-

sen handeln, ohne dass sie ihr Vorgehen begründen oder beschreiben können. Explizites Wissen

entspricht dem deklarativen (Deetjen und Alzheimer, 2005, S. 274) Sach- und Handlungswissen,

d. h. dieses Wissen kann verbalisiert werden. Explizites Wissen ist kodiertes Wissen und symbo-

lisch darstellbar. Es kann z. B. über Bücher, Zeitschriften oder E-Mails übertragen werden

(Bergmann, 2006, S. 406).

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Unter explizitem Wissen wird jenes Wissen verstanden, welches standardisierbar und in Struktu-

ren, Prozessen, Technologien, Bibliotheken und Datenbanken ablegbar ist. Es ist in formaler

Sprache beschreibbar, allgemein verfügbar und stabil (zeitlich stabil heißt in diesem Zusammen-

hang, dass Wissen nicht veraltet, sondern dass es über einen längeren Zeitraum verfügbar ist)

(Schmitz und Zucker, 1996, S. 44). Unser mitteleuropäischer kultureller Schwerpunkt liegt auf

diesem Wissen, denn diese Form ist quantifizierbar, greifbar und sichtbar (Nonaka et al., 1997,

S. 96; Schmitz und Zucker, 1996, S. 44; Schneider, 1996, S. 22).

Die zweite Form ist das implizite Wissen, jenes schwierig zu beschreibende, subjektive Können,

wie Davenport und Prusak feststellen: „… hard to transfer from the resource that creates it to

other parts of the organization.“ (Davenport und Prusak, 1998, S. 90) (Schwer von der Quelle,

welche es schuf, auf andere Teile der Organisation zu übertragen).

Nach Schmitz und Zucker können sowohl Personen und Gruppen als auch Organisationen Besit-

zer von implizitem Wissen sein (Schmitz und Zucker, 1996, S. 44ff.). Es ist begrenzt verfügbar,

da es an den oder die Besitzer zeitlich und sozial gebunden ist und sich nur schwer in eine stan-

dardisierte Form bringen lässt (Nonaka und Takeuchi, 1995, S. 2ff.). Es begründet sich in Idea-

len, Werten und Gefühlen, in subjektiven Einsichten und Intuitionen (O'Dell et al., 2012, S. 3ff.).

Dieses implizite Wissen kann auch als „Tiefenwissen“ bezeichnet werden, das die Prozesse der

Realitätswahrnehmung steuert und so die Handlungen und Verhaltensweisen bestimmt (Schüp-

pel, 1997, S. 195ff.).

„Das Grundproblem des Wissensmanagements ist die Überführung von implizitem in explizites

Wissen.“ „Wissen kann in individueller Form vorliegen und ist dann grundsätzlich an Personen

gebunden. In kollektiver Form ist Wissen in den Prozessen, Routinen, Praktiken und Normen von

Organisationseinheiten oder Arbeitsgruppen zu finden.“ Die für das Wissensmanagement wesent-

liche Wissensform findet sich im schon beschriebenen Begriffspaar implizites und explizites

Wissen. Zusätzlich kann Wissen intern in der Organisation vorhanden sein oder sich extern bei

Beratern oder Kooperationspartnern des Unternehmens befinden.

Abbildung 71 stellt diese Zusammenhänge in dreidimensionaler Form dar.

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Abbildung 71: Der Wissenswürfel (Gappmaier und Mittelmann, 1998, S. 2)

Auch organisatorisches Lernen aus systemtheorietischer Sicht hat eine kollektive Prägung. So

lernt eine Organisation wenn sie ihre Wissensbasis verändert. Dies geschieht durch fließendes,

nicht – intendiertes restrukturieren der Wissensbasis, im Sinne selbstorganisierender Prozesse und

ist somit erfahrungs- und / oder erwartungsorientiert (Steinmann und Schreyögg, 2000, S. 509).

Aus den beschriebenen Lerntheorien ergeben sich Ebenen und Grundformen des Lernens. Abbil-

dung 72 zeigt die Lernebenen.

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Abbildung 72: Lernebenen (Vahs, 2007, S. 437)

In der Abbildung 72 der Lernebenen findet sich der ideale Lern- und Entscheidungszyklus wie-

der, ergänzt durch die Ebene des Deutero- Lernings, d. h. der kollektiven Analyse und Reflexion

aller bisherigen Lernerfahrungen.

In der Praxis sind das Verständnis der Lernebenen und ihre organisatorische Institutionalisierung

für die Etablierung einer lernenden Organisation entscheidend. Dem Mitarbeiter muss die Mög-

lichkeit gegeben werden seine Ideen einzubringen. Dies kann durch ein Vorschlagswesen, Ideen-

wettbewerbe, Innovationsplattformen, spezielle Ansprechpartner, eine verbesserte Bottom- up

Kommunikation und eine weitergehende Partizipationsstrategie erfolgen. Entscheidend für den

Erfolg ist aber auch eine Unternehmenskultur, welche durch eine offene Kommunikationspolitik

geprägt ist und den Mitarbeiter als wichtige Quelle für Innovation betrachtet.

Es lassen sich vier Grundformen organisationalen Lernens unterscheiden: das Erfahrungslernen,

vermitteltes Lernen (durch Trainings und Workshops), der Wissenserwerb (durch Recruiting von

Mitarbeitern mit entsprechendem Wissen, durch externe Berater oder durch den Kauf ganzer Or-

ganisationen) und die Entwicklung neuen Wissens.

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In der Praxis bieten die Methoden des Wissensmanagements zusammen mit dem Innovationsma-

nagement eine Möglichkeit eine lernende Organisation zu schaffen. Zusammengefasst schafft das

Innovationmanagement die Strukturen und Anreize um neues Wissen und Ideen entstehen zu las-

sen und das Wissensmanagement bildet die Grundlage für Innovationen durch die Bereitstellung

des vorhandenen Wissens sowie die anschließende Verbreitung des neu gewonnen Wissens.

Die Bausteine des Wissensmanagements nach Probst bietet eine theoretische Grundlage für das

Wissensmanagement. Probst, Raub und Romhardt haben ein praxisorientiertes, ganzheitliches

Phasenmodell des Wissensmanagements entwickelt. Obwohl kein expliziter Bezug zwischen den

Wissenszielen und den Unternehmenszielen gegeben ist, werden beide berücksichtigt (Probst et

al., 2006, S. 103). Elemente der Wissensökologie, insbesondere wissensfördernde Rahmenbedin-

gungen finden situativ in den einzelnen Bausteinen Berücksichtigung (North, 1999, S. 158).

Probst, Raub und Romhardt unterscheiden eine Anzahl von interdependenten Kernprozessen, die

sie als Bausteine des Wissensmanagements bezeichnen. Die Anordnung der Bausteine folgt zwei

Prinzipien:

Der interne Regelkreislauf aus den Bausteinen Wissensidentifizierung, -erwerb, -entwicklung, -

(ver)teilung, -nutzung und –bewahrung stellt das operative Handlungsfeld des Wissensmanage-

ments dar (Probst et al., 2006, S. 53ff.). Um einen störungsfreien Wissenskreislauf zu gewährleis-

ten, müssen alle diese Bausteine in Relation eines Wissensmanagements beachtet werden.

Der äußere Kreislauf mit den pragmatischen Bausteinen Wissensziel und Wissensbewertung er-

weitert das Konzept zu einem Managementregelkreis. Wissensziele geben den operativen Berei-

chen einen orientierenden und koordinierenden Rahmen vor. Die Wissensbewertung schließt den

Kreislauf und ermittelt nötige Kontrolldaten, die eine zielgerichtete Steuerung des Wissensmana-

gements erst erlauben (Probst et al., 2006, S. 54ff.).

Vorteilhaft bei der Definition von Bausteinen ist, dass sie den Managementprozess in logische

Phasen strukturieren, Ansätze für Interventionen bieten und helfen, die Ursache von Problemen

zu suchen. Die Bausteine des Wissens sind in Abbildung 73 illustriert (Bodrow und Bergmann,

2003, S. 44ff.).

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Abbildung 73: Die Bausteine des Wissensmanagements nach Probst et al. (2006, S. 56)

Im Folgenden werden die Bausteine des inneren Kreislaufs beschrieben. Die Wissensidentifikati-

on schafft Transparenz über intern und extern vorhandenes Wissen. Eine unzureichende Kenntnis

über Daten, Informationen und Fähigkeiten führt zu Ineffizienz, suboptimalen Entscheidungen

und Doppelspurigkeit. In Verbindung mit den richtungsweisenden Wissenszielvorgaben können

Wissenslücken erkannt und Entscheidungen darüber getroffen werden, ob die Lücken durch Wis-

senserwerb oder Wissensentwicklung geschlossen werden sollen (Probst et al., 2006, S. 138ff.).

Hilfsmittel bei der Schaffung von Transparenz sind u. a. Wissenslandkarten, Yellow Pages bzw.

Expertenverzeichnisse.

Ein Unternehmen kann heute im Allgemeinen das benötigte Wissen nicht allein generieren. Wis-

senserwerb findet deshalb auch aus Quellen außerhalb des Unternehmens statt, z. B. von Kunden,

Lieferanten, Partnern und Konkurrenten. Einerseits geschieht dies durch Akquisition ganzer,

i. d. R. innovativer Unternehmen, anderseits bieten Ankauf von Patenten oder Rekrutierung von

Spezialisten ebenfalls Möglichkeiten, Wissen zu erwerben. Beim Erwerb von externem Wissen

muss aber auch mit Abwehrreaktionen der Organisationsmitglieder gerechnet werden, welche im

importierten Wissen eine Gefahr für ihr eigenes Alltagswissen sehen (Probst et al., 2006, S. 149).

Eine andere Möglichkeit, Wissen zu erlangen, bietet die Wissensentwicklung. Sie stellt den kom-

plementären Baustein zum Wissenserwerb dar. Ziel ist die Entwicklung neuer Fähigkeiten und

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Produkte, besserer Ideen und leistungsfähigerer Prozesse. Die Wissensentwicklung bezieht sich

nicht nur auf die F&E- Fähigkeiten, sondern betrifft die gesamte Organisation. Da der Wissens-

entwicklungsprozess nicht direkt beeinflussbar ist, müssen geeignete Rahmenbedingungen das

individuelle und organisationale Lernen und damit die Wissensentwicklung fördern (Probst et al.,

2006, S. 177ff.).

Die Wissens(ver)teilung macht die isoliert vorhandenen individuellen und organisationalen Wis-

sensbestände für die gesamte Unternehmung nutzbar. Hierbei sind zwei Strategien möglich: Die

Push- Strategie (Wissensmultiplikation) und die Pull- Strategie (Schaffung von Wissensnetzwer-

ken). Erstere ist eine zentral gesteuerte Maßnahme, um möglichst vielen Mitarbeitern neues Wis-

sen dauerhaft zu vermitteln. Dabei wird zentral und unabhängig vom jeweiligen Wissensstand der

Organisationsmitglieder entschieden, welches Wissen in welchem Umfang verteilt werden soll.

Beispiel hierfür sind Mitarbeiterschulungen für eine bestimmte Software. Die zentrale Pull- Stra-

tegie setzt bei dem individuellen Wissensstand des einzelnen an und ermöglicht diesem im Be-

darfsfall mit Hilfe von IuK- Technologien auf Wissen zuzugreifen (Probst et al., 2006, S. 233ff.).

Da beide Strategien einander nicht ausschließen, ist deren Kombination durchaus sinnvoll. Um

eine effiziente Wissens(ver)teilung zu ermöglichen, müssen organisationale und unternehmens-

kulturelle Rahmenbedingungen geschaffen werden, die zur (Ver)Teilung des Wissens animieren.

Das „Sharing“ von Wissen ist dabei ein großer Problemfaktor, denn „sharing and using know-

ledge are often unnatural acts…“ (Koh und Maguire, 2009, S. 293) und läuft hierarchischen Or-

ganisationskulturen zuwider. Auch kann dadurch das Unwissen der Mitarbeiter zutage gefördert

werden. Eine Unternehmenskultur, welche den Abfluss von Informationen als Verlust von Macht

interpretiert, ist genauso hinderlich wie eine strenge, funktionale Hierarchie mit langen Informa-

tionswegen. Die Konzeption einer verbesserten Wissensinfrastruktur allein reicht nicht aus, um

den Wissensmanagementprozess in den Griff zu bekommen (Bodrow und Bergmann, 2003,

S. 44ff.).

Mit dem Baustein Wissensnutzung soll sichergestellt werden, dass das neue Wissen in der Orga-

nisation auch angewendet wird. Eine Reihe von Barrieren können die Anwendung von neuem,

fremdem Wissen behindern. Wissensnutzung kann somit als „Implementierungsphase“ des Wis-

sensmanagementprozesses verstanden werden (Probst et al., 2006, S. 265ff.). Wird beispielsweise

die Nutzung neuer elektronischer „Wissenssysteme“ nicht sichergestellt, bewegt sich das Unter-

nehmen innerhalb kürzester Zeit in einer Spirale auf einen „Datenfriedhof“ zu: die Nutzung des

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Systems nimmt ab, es bleibt eine Weiterentwicklung der Zugriffsfreundlichkeit aus, die Daten-

qualität wird schlechter und damit nimmt das Vertrauen in die Daten ab. Dies führt zu einer ge-

ringeren Nutzung des Systems, die Weiterentwicklung der Zugriffsfreundlichkeit bleibt deshalb

aus, usw. Nur wenn der Mitarbeiter vom Nutzen des neuen Systems überzeugt ist, fruchten die

Bemühungen des Wissensmanagements. Das von der Organisation erworbene Wissen steht ihr

nicht immer automatisch zur Verfügung. Um nicht einen Teil ihres bisher gesammelten Wissens

zu verlieren, müssen die Prozesse der Selektion, der Speicherung und der regelmäßigen Aktuali-

sierung von Wissen bewusst gestaltet werden (Probst et al., 2006, S. 139ff.). Es muss vom Wis-

sensmanager sichergestellt werden, dass Wissen in der Organisation beim Ausscheiden von Mit-

arbeitern nicht verloren geht oder informelle Netzwerke im Zuge einer Reorganisation zerstört

werden (Bodrow und Bergmann, 2003, S. 44ff.).

Die Herausforderungen bei der Wissensbewahrung liegt darin, wertloses Wissen von wertvollem,

bewahrungswürdigem Wissen, welches zukünftig von Dritten genutzt werden könnte, zu trennen

und zu speichern. Dabei muss die Organisation auch die Fähigkeit besitzen, altes Wissen, wel-

ches den Aufbau von neuem Wissen behindert, zu verlernen (Probst et al., 2006, S. 285ff.). Wis-

sen wird individuell, kollektiv und elektronisch gespeichert. Der wachsende Einsatz von Compu-

tern bietet Möglichkeiten, das elektronische Gedächtnis zu erweitern. Dokumente und Protokolle

sowie eine gemeinsame Sprache und Erfahrungen tragen dazu bei, dass Mitarbeiter sich gemein-

sam an Dinge erinnern und damit Wissen speichern. Digitalisierung und quasi unbegrenzte Spei-

cherkapazität revolutionieren die Möglichkeiten, auf den elektronischen Teil der organisatori-

schen Wissensbasis zuzugreifen. Dem Verlust von individuellem Wissen kann vorgebeugt wer-

den, indem die Organisation materielle und immaterielle Anreizsysteme, welche individuell auf

die einzelnen Mitarbeiter zugeschnitten sind, und die Mitarbeiter so an das Unternehmen binden.

Ferner kann durch das Mentorprinzip oder den gezielten Aufbau eines Nachfolgers Wissen im

Unternehmen erhalten werden (Probst et al., 2006, S. 295ff.).

Im Folgenden werden die Bausteine des äußeren Kreislaufs beschrieben. Wissensziele betreffen

die allgemeinen Vorgaben für die Umsetzung der Maßnahmen des Wissensmanagements (Rom-

hardt, 1998, S. 72). Sie legen die Richtung der Aktivitäten fest und bestimmen, auf welcher Ebe-

ne welche Fähigkeiten aufgebaut werden sollen. Ferner übersetzen sie die Unternehmensziele in

eine wissensorientierte Sprache (Romhardt, 1998, S. 43). Es können drei Arten von Wissenszie-

len unterschieden werden: normative, strategische und operative Wissensziele. Die normativen

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Wissensziele sind die Grundlage für das Wissensmanagement. Sie beziehen sich auf die Schaf-

fung einer wissensbewussten Unternehmenskultur und beinhalten grundlegende unternehmenspo-

litische Visionen. Strategische Wissensziele werden für langfristige Programme entwickelt. Sie

definieren einerseits das zukünftige Fähigkeitsportfolio, andererseits das organisatorische Kern-

wissen und beschreiben damit den zukünftigen Kompetenzbedarf. Des Weiteren erlauben sie eine

strategische Orientierung von Organisationsstrukturen und Managementsystemen. Die operativen

Wissensziele sorgen für die konkrete Umsetzung des Wissensmanagements, indem sie die norma-

tiven und strategischen Wissensziele konkretisieren (Probst et al., 2006, S. 79ff.).

Die Wissensbewertung findet in zwei Phasen statt: zuerst die Wissensmessung und dann die Wis-

sensbewertung. Die Wissensmessung soll die Veränderung an der organisationalen Wissensbasis

aufzeigen. Mit der Wissensbewertung ist nicht die monetäre Bewertung des Wissens gemeint,

sondern die Kontrolle, ob bzw. in wie weit die gesetzten Wissensziele erreicht worden sind. Diese

Feedbackinformation schließt den Managementkreislauf und wird als essentielle Voraussetzung

für eine wirksame Anpassungsphase gesehen (Probst et al., 2006, S. 318.ff.; Bodrow und Berg-

mann, 2003, S. 44ff.).

Die Zielsetzung des Wissensmanagements ist die Verknüpfung der Aufnahme und Bildung neuen

Wissens mit Methoden der Verteilung und Verfügbarmachung. Wobei sich zwei Generationen

unterscheiden lassen. Die erste Generation verfolgt technologische Ansätze der Management In-

formations Systeme, wobei die zweite Generation einen ganzheitlichen Ansatz durch die Erweite-

rung um soziale Entstehungs- und Verwendungszusammenhänge von Wissen sowie Communities

of Practice verfolgt.

Der Gestaltungsbereich der lernenden Organisation beinhaltet einen interorganisatorischen Be-

reich, d. h. Schnittstellen zum Wissensaustausch mit der Organisationsumwelt und den Bereich

der Organisationskultur, geprägt durch die Organisationsstruktur, Teamarbeit und die Arbeits-

platzgestaltung.

Die lernende Organisation als evolutionärer Ansatz, grenzt sich vom Rest dieses Buches, welcher

Veränderungsprogramme und somit den revolutionären Wandel fokussiert, ab. Auch wenn es

Abstufungen gibt, versteht der konventionelle organisatorische Wandel den Wandel als zeitlich

befristeten Sonderfall, als spezielles Problem mit zumeist zentraler Steuerung, intendiert durch

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interne und / oder externe Experten, d. h. er sieht die anderen Organisationsmitglieder als Klien-

ten. Wobei organisationales Lernen den Wandel als Normalfall, als generelles Problem betrach-

tet. Er wird indirekt und dezentral gestaltet, somit ist der Umgang mit Wandel eine Kompetenz

aller Organisationsmitglieder. Es entsteht die Herausforderung eine temporäre Stabilisierung, ei-

ner Balance zwischen Struktur und Lernen zu erreichen.

Zusammenfassend lässt sich erkennen: die Organisationsgestaltung mit dem Ziel eine „lernende

Organisation“ zu etablieren, löst die Notwendigkeit für radikalen Wandel nicht ab. Für die Zu-

kunft werden nur die „lernenden Organisationen“ überleben, die zudem den Umgang mit radika-

lem Wandel als Kernkompetenz beherrschen, um Wettbewerbsvorteile effizienter generieren zu

können.

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5 Fazit

Das vorliegende Buch liefert eine Anleitung zum strukturierten Vorgehen für ein Veränderungs-

projekt im Rahmen des Change Managements. Die Komplexität des Themas macht eine detail-

lierte Betrachtung aller Facetten und Fragestellungen im vorgegebenen Rahmen schwierig. Aus

diesem Grund können viele Aspekte nur grob behandelt werden. Auf entscheidende Punkte wur-

de allerdings tiefer eingegangen; diese wurden durch Praxisbeispiele untermauert. Es wurde auf

die Allgemeingültigkeit der generellen Vorgehensweise sowie der zur Verfügung gestellten

Werkzeuge Wert gelegt. Die in diesem Buch vorgestellten und / oder entwickelten Verfahren las-

sen sich grundsätzlich auf jede Veränderungsinitiative anwenden. Zu diesem Zweck wurde im-

mer auf die verschiedenen Ausprägungen der Handlungsalternativen hingewiesen.

Die Ergebnisse der Change Management Studie Gartenbau 2015 haben die Allgemeingültigkeit

der Stellschrauben des Veränderungserfolgs für kleine und mittlere Unternehmen untermauert.

Die wichtigsten Trends und Ursachen für fundamentale Veränderungsprozesse in Unternehmen

wurden identifiziert. Gleichzeitig zeigen die Ergebnisse die hohe Bedeutung der Mitarbeiter und

deren Einbeziehung für den Veränderungserfolg. Des Weiteren wird klar, dass nur ein ganzheitli-

ches strukturiertes Vorgehen, wie es in diesem Buch beschrieben wurde, eine Realitätslücke zwi-

schen Organisationsänderung und Verhaltensänderung der Mitarbeiter verhindern kann.

Es ist nicht eindeutig, ob sich ein idealtypisches Vorgehen, welches versucht eine „Realitätslü-

cke“ zu vermeiden, aufgrund von Zeit- und Ressourcenmangel, in der Praxis von KMU immer

durchführen lässt. Trotzdem ist die Kenntnis über ein ganzheitliches „richtiges“ Change Ma-

nagement wichtig, um ein im Verhältnis zu den vorhandenen Mitteln optimales Veränderungser-

gebnis erzielen zu können.

Die Vision einer lernenden Organisation, einer Organisation als sich selbst verändernden Orga-

nismus, ist ambitioniert. Es kommt auf das „richtige“ Maß von Struktur und Dynamik an. Am

Ende bleibt es doch die Unternehmensführung, welche einen Wandel beschließt und vorantreibt,

dieses sollte sie aber immer mit dem Wissen, dass ein optimales Ergebnis nur mithilfe der Mitar-

beiter zu erzielen ist.

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Eine Tabelle, welche die Phasen der Veränderungsinitiative mit den Aufgaben auf der Sachebene

und den Handlungsempfehlungen der Stellschrauben auf der psychologischen Ebene zusammen-

fasst, findet sich im Anhang unter der Überschrift: „Zusammenfassung aller Phasen der Verände-

rungsinitiative“.

Schlussendlich sind es Erkenntnis und Überzeugung einer Organisation als sozio- technisches

System, das „Richtige“ zu tun, welches eine Verhaltensänderung auf allen Ebenen bewirkt. Füh-

rungskräfte, welche über ausgeprägte transformationale und transaktionale Kompetenzen verfü-

gen, sind in dieser Hinsicht der Erfolgsfaktor. Sie sorgen dafür, dass eine Organisation ein Ziel

erreicht.

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Anhang

Zusammenfassung aller Phasen der Veränderungsinitiative

Strategische Zieldefinition:

Analyse:

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Planung:

Realisierung:

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Evaluierung:

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