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Der Schatz aus der Kläranlage: Phosphorrecycling aus Abwasser Seite 4 Moderne Alchemie Aus Branche und Unternehmen. September 2012 nahdran. Schaden oder Nutzen? Pro & Contra der Klärschlammverwertung in der Landwirtschaft Seite 6 | 7 Bioplastik aus Abwasser Wenn die Kläranlage zur Bio-Raffinerie wird Seite 11 Ein Bad in der Spree Berlin entdeckt seinen Fluss wieder Seite 14

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Moderne Alchemie. Der Schatz aus der Kläranlage - Phosphorrecycling aus Abwasser.

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Der Schatz aus der Kläranlage: Phosphorrecycling aus Abwasser Seite 4

Moderne Alchemie

Aus Branche und Unternehmen. September 2012

nahdran.Schaden oder Nutzen? Pro & Contra der Klärschlammverwertungin der Landwirtschaft Seite 6 | 7

Bioplastik aus AbwasserWenn die Kläranlage zurBio-Raffinerie wird Seite 11

Ein Bad in der Spree Berlin entdeckt seinen Fluss wieder Seite 14

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Rio+20: Nachhaltiges Wassermanagement zeigt ErfolgeNicht nur der Klimawandel macht einen nachhaltigenund integrierten Umgang mit Wasserressourcen drin-gend erforderlich. Auch die globalen Herausforderungenauf dem Weg zu einer »grüneren« Wirtschaft und Gesell-schaft stehen in engem Zusammenhang mit Fragen derWasserknappheit und -versorgung, die auf dem UN-Gipfel Rio+20 im Sommer diskutiert wurden.

Bereits 1992 einigte man sich in Rio auf einen integra-tiven Managementansatz zum Umgang mit Wasser-ressourcen, kurz IWRM. Im Rahmen der diesjährigenUN-Konferenz prüfte UN-Water die Umsetzung diesesAnsatzes in 130 Ländern. Das Ergebnis: 80 Prozent derLänder führten seit 1992 nationale Wasserreformendurch. Der Zugang zu Trinkwasser verbesserte sich deut-lich. Im Tschad etwa konnte eine Steigerung des Trink-wasserzugangs von 15 Prozent auf 50 Prozent erzieltwerden. Auch in den Bereichen Gesundheit und Hygienewurden laut der Studie Fortschritte gemacht.

Diese Erfolge sind jedoch erst ein kleiner Schritt bei derBewältigung akuter globaler Probleme: Die Studie zeigt,dass Maßnahmen zur effizienten Wassernutzung undentsprechend nötige Reformen noch deutlich unter-repräsentiert sind. Laut UNICEF haben rund 780 Millio-nen Menschen bis heute keinen Zugang zu sauberemTrinkwasser. Fast die Hälfte der Bevölkerung in den Ent-wicklungsländern leidet an Krankheiten, die auf schlechtesanitäre Verhältnisse, mangelnde Hygiene und verun-reinigtes Wasser zurückzuführen sind.

www.unwater.org > Downloads > UNW Status ReportRio2012

BDEW: Energiewende braucht klare Signale der Politik Über den Ausbau der erneuerbaren Energien und der Strom-netze diskutierten im Juni über 1 000 Vertreter aus Wirtschaft,Politik, Wissenschaft und NGOs auf dem BDEW-Kongress inBerlin. BDEW-Hauptgeschäftsführerin Hildegard Müller for-derte eine klare politische Linie, die Marktsignale für not-wendige Investitionen in die Energiewende gibt. Bund undLänder müssen einen gemeinsamen Plan für Deutschland ent-werfen. Kanzleramtsminister Pofalla hingegen warnte, dassPolitik nicht die Bedingungen für risikoloses Wirtschaftenschaffen kann. Zeitgleich einigte sich der Vermittlungsaus-schuss von Bundesrat und Bundestag zu den Änderungen desEEG und der Solarstromförderung. Müller begrüßte dasErgebnis, das Planungssicherheit gewährleiste. Dass eine Lö-sung bei der energetischen Gebäudesanierung noch immeraussteht, kritisierte der Verband scharf.

www.bdew.de > Veranstaltungen > BDEW Kongress 2012

Aus der Branche

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BMU: Überwachung der Radioaktivität im Trinkwasser Das Bundesumweltministerium veröffentlichte im Augustden »Leitfaden zur Untersuchung und Bewertung von Radio-aktivität im Trinkwasser«. Er soll Wasserversorgungsunter-nehmen und Behörden bei der Einhaltung der Grenzwerteunterstützen. Zudem informiert er zur EURATOM-Richt-linie, die Endes des Jahres auf nationaler und europäischerEbene entschieden wird und die Überwachung von Radio-aktivität im Trinkwasser auf EU-Ebene regeln soll.

www.bmu.de > Atomenergie > Strahlenschutz > Leitfaden

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Werte respektieren.

In diesen Zeiten … Mit diesen drei Worten werden in Essays, Talkshows oder Kommentaren oft ziemlich nichtssagende Allgemeinplätze eingeleitet. Aber nichtimmer ist diese Einleitung eine hohle Phrase, denn es gibt tatsächlich Erkenntnisse,

Einsichten, Verhaltensweisen, die »in diesen Zeiten« wichtiger werden als früher oderderen Relevanz stärker ins Bewusstsein rückt.

Was halten Sie von folgenden Sätzen: In diesen Zeiten…

… sollten wir nichts unnötig vergeuden… müssen wir verantwortungsvoll mit unseren Ressourcen umgehen… wird es immer wichtiger, knappe Rohstoffe zurückzugewinnen und wiederzuverwerten

Alles richtig, oder? Hier in Deutschland ist dieses Bewusstsein im weltweiten Vergleichweit verbreitet und stark ausgeprägt. Das hat mit dazu beigetragen, dass Deutschland inpuncto Kreislaufwirtschaft in vieler Hinsicht als vorbildlich gilt. Umso erstaunlicher, dassdabei eine ganz besonders wichtige, unersetzliche und nur endlich vorhandene Ressourcebislang fast nur in Expertenkreisen eine Rolle spielt: Phosphor, das ‚weiße Gold‘. WelcherWert darin liegt und wie wir es schaffen können, ihn nicht zu vergeuden, darüber könnenSie in diesem Heft viel erfahren.

Phosphor ist das wichtigste, aber nicht das einzige Beispiel dafür, dass der Prozess derReinigung von gebrauchtem und verunreinigtem Wasser nach der Nutzung durch denMenschen gleichzeitig die Wiedergewinnung wertvoller Stoffe für eine erneute Nutzungsein kann. Neben der Rückgewinnung von Phosphor stellen wir in diesem Heft eine nochverblüffendere Technologie vor: die Herstellung von Biokunststoff aus Abwasser. Und,natürlich, steckt unser Abwasser voll Energie, die wir nutzen können, von der Wärme-energie im Kanalnetz bis zur Nutzung von in Kläranlagen gewonnenem Biogas als grüneEnergiequelle (nahdran 1| 2012).

In diesen Zeiten, da werden Sie mir jetzt hoffentlich zustimmen, ist Abwasser viel mehrals eine zu entsorgende Flüssigkeit mit schlechtem Geruch: Es stecken Werte darin, diewir im Sinne einer nachhaltigen Wirtschaft nutzen sollten. Weniger in Deutschland, aberin anderen, wasserarmen Ländern gehört zu einer solchen nachhaltigen Nutzung auchdas Recycling des Abwassers selbst: Nach der Reinigung kann es wiederverwandt werden,zumindest zur Bewässerung oder für industrielle Zwecke.

Sehen Sie Ihre Kläranlage jetzt mit ganz anderen Augen? In diesen Zeiten ist das sicher kein Fehler.

Ihr Michel Cunnac,Vorsitzender der Geschäftsführung Veolia Wasser

Auf ein Wort

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Unedle Metalle in Gold verwandeln zu können, das war ein überJahrhunderte gehegter Traum der Alchemie. Objekt derBegierde war der sogenannte Stein der Weisen, der

eben diese Umwandlung möglich machen sollte. Generationenvon Vertretern dieser geheimnisumwitterten Wissenschaft arbeiteten sich an der Suche ab ohne je fündig zu werden. Heutegibt es Forscher und Praktiker, die sich ein ähnlich ungeheuerlichesZiel auf die Fahnen geschrieben haben. Phosphor heißt das edleElement, das die modernen Alchemisten gewinnen wollen, auseinem Stoff, der alles andere als edel daherkommt: Abwasser.

Dass Abwasser nicht einfach nur Abfall ist, ist keine neue Er-kenntnis. Der bei der Abwasserbehandlung anfallende Klär-schlamm enthält neben viel Energie auch lebenswichtigeNährstoffe wie zum Beispiel Phosphor und Stickstoff. Es liegtalso nahe, ihn als Dünger direkt aufs Feld zu bringen. Diesein Deutschland jahrzehntelang gelebte Praxis ist allerdingsumstritten, denn im Schlamm sind auch Schadstoffe wieSchwermetalle, Tenside oder organische Spurenstoffe enthal-ten (mehr zu der Kontroverse auf Seite 6 – 7). Die Ausbrin-gung von Klärschlamm als Düngemittel ist daher bereits ineinigen Ländern stark eingeschränkt, in der Schweiz sogarvollkommen verboten.

Phosphor, Baustein des LebensWie aber lassen sich die im Klärschlamm enthaltenen Nähr-stoffe nutzen, ohne die Umwelt mit Schadstoffen zu belasten?Im Zentrum steht bei dieser Frage das Element Phosphor,das der Hamburger Alchemist Hennig Brand 1669 auf seinerSuche nach dem »Stein der Weisen« entdeckt hatte. Es ist essentiell für den Aufbau und die Funktionen des gesamtenOrganismus und somit unentbehrlich für Menschen undTiere. Das gilt auch für Pflanzen, und daher ist Phosphorauch der wichtigste Grundstoff von Mineraldüngern. Aberdie Ressource ist knapp: Die weltweiten Reserven stehenSchätzungen zufolge noch rund 100 Jahre in ausreichenderQualität und zu erschwinglichem Preis zur Verfügung. Daviele Lagerstätten Schwermetalle wie Cadmium oder Uranenthalten, wird reines Phosphat immer knapper – und teurer.Anders als Erdöl ist es nicht durch andere Stoffe substituier-bar, gleichzeitig aber unverzichtbar für die Ernährung einerwachsenden Weltbevölkerung.

DasKlärwerk als PhosphatmineAusgerechnet in einemAbfallprodukt – im Ab-wasser – ist eine hohe Mengedieser kostbaren Ressource enthalten. Wie lässt sich nundieser Schatz heben? Seit Jahren wird die Entwicklung tech-nischer Lösungen für die Phosphor-Rückgewinnung aus Ab-wasser vorangetrieben. Ähnlich wie seinerzeit Alchemistenbei Hofe engagiert waren, in der Hoffnung, dass ihre Experi-mente die Reichskasse auffüllen, wird heutzutage in diemoderne Wissenschaft investiert. Diverse Institute, Univer-sitäten und Forschungsinitiativen, aber auch Anlagenbe-treiber arbeiten intensiv an neuen Verfahren, um den Nähr-stoffgehalt des Klärschlamms ökologisch und ökonomischsinnvoll zu nutzen und alternative Verwertungsmöglich-keiten zur Anwendung zu bringen. Mit Erfolg: Inzwischengibt es mehrere Methoden, um Phosphor aus Klärschlammnutzbar zu machen. Nur praktiziert werden sie hierzulandenoch sehr zögerlich [siehe Seite 8 – 9].

Zurück in die Zukunft: Kreislauf statt SackgasseFrüher, zu Zeiten der regionalen, bäuerlichen Kreislaufwirt-schaft, lief es noch rund: Phosphor musste nicht etwa aus fernen Ländern importiert werden, sondern recycelte sichsozusagen automatisch. Er gelangte über die Verwertung vonExkrementen direkt in den Boden, aus dem ihn die Pflanzenaufnehmen konnten. Mensch und Tier nahmen ihn mit derNahrung zu sich und gaben ihn über ihre Ausscheidungen

Moderne Alchemie: Kläranlagen als RohstoffquellenWarum die Rückgewinnung wertvoller Ressourcen kein Zukunftszauber bleiben muss.

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wieder zurück. Heute, in der globalisierten und intensiv-landwirtschaftlichen Ära, ist dieser Zyklus mehrfach durch-brochen. Pflanzenproduktion, Fleischerzeugung, Abfallwirt-schaft und Düngerindustrie arbeiten losgelöst voneinandernach jeweils eigenen Prinzipien.

Nun scheint es, als könne eine Art moderner »Stein derWeisen« die getrennten Wirtschaftszweige wieder zusam-menführen und durch kluge Recyclingmethoden eine zeit-gemäße Form der Kreislaufwirtschaft aufbauen. Ein Blick insAusland zeigt, dass das keine Vision bleiben muss, sondernauch in großem Maßstab reell funktionieren kann. Vorreitersind hier unter anderem Kanada, Japan und die Niederlande.Japan profitiert beispielsweise von einer nationalen Phos-phor-Plattform, die Industrie, Wissenschaft und Politik zu-sammenführt, den Knowhow-Transfer sichert und die Legis-lative auf den Stand der Technik bringt. Damit will man dasenorme Recycling-Potenzial heben, das dort rund 80 Prozentdes landwirtschaftlichen Phosphor-Bedarfs decken kann.

Das Beispiel lässt hoffen: Der hohe Bedarf der modernenZivilisation an der endlichen Ressource Phosphor führt nichtzwangsläufig in eine Sackgasse. Für den Ausweg steht derKreis: Geschlossene Rohstoffkreisläufe sind keine Utopie.

Fakten über Phosphor

> Der menschliche Körper braucht täglich etwa 0,7 g Phosphor zur Energieverteilung und für den Eiweiß-stoffwechsel.

> Entwicklung der weltweiten jährlichen Rohphosphat-produktion: 1900 ca. 3 Millionen Tonnen; 2012 ca. 191 Millionen Tonnen.

> 44 US$ (35€) kostete eine Tonne Rohphosphat 2006 im Schnitt. Im August 2008 lag der Preis bei430 US$ (350 €) pro Tonne.

> Europa ist zu 90 % von importiertem Rohphosphat abhängig, 123 000 Tonnen Phosphor in Form von Mineraldünger wurden im Wirtschaftsjahr 2010/11 nach Deutschland importiert.

> Berechnungen zufolge befinden sich 70 000 TonnenPhosphor in den Abwasserströmen Deutschlands. Etwa 55 000 Tonnen sammeln sich im Klärschlamm, ca. 15 000 davon werden in der Landwirtschaft verwertet, ca. 40 000 entsorgt oder verbrannt.

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Klärschlämme aus der mechanisch-biologischen Ab-wasserreinigung sind sowohl Wertstoff- als auch Schad-

stoffsenke. Vor dem Hintergrund der in wenigen Jahrzehntendrohenden Verknappung von Phosphor, der wachsendenWeltbevölkerung und der Änderung von Ernährungsge-wohnheiten stellt sich die Frage, welcher Weg des Phosphor-Recyclings verantwortungsvoll und nachhaltig ist: die direkteNutzung des Klärschlammes in der Landwirtschaft oder andere Methoden.

Die heute praktizierte direkte Klärschlammnutzung nutzt nichtnur die enthaltenen Phosphate, sondern auch Stickstoff undKali und trägt zudem über die Bereitstellung zusätzlicher or-ganischer Substanz zur Bodenverbesserung bei. Unbestrittenwerden so aber auch Schwermetalle und organische Schad-stoffe in den Boden eingetragen, so dass die Vor- und Nachteile

sorgfältig abzuwägen sind. Durch geltende Verordnungen wirddie Klärschlammverwendung in der Landwirtschaft daher restringiert. Vergleicht man aber die Schwermetallgehalte vonWirtschafts- oder Mineraldüngern mit denen landwirtschaft-lich genutzter Klärschlämme, zeigen letztere diesbezüglich einehervorragende Qualität. So wird mit Mineraldüngern jedes Jahreine Uranmenge auf deutschen Äckern verteilt, die für den Be-trieb eines AKWs ausreichen würde. Demgegenüber sinkt dieKonzentration von Schwermetallen in unseren Klärschlämmendurch gesetzliche Anforderungen immer weiter, so dass dielandwirtschaftliche Verwertung unproblematisch ist.

Im Klärschlamm vorhandene organische Schadstoffe, ins-besondere Medikamentenrückstände, nähren die Kritik, dassdas davon ausgehende Risiko nicht abschätzbar sei undlangfristig Mensch und Ökosystem gefährde. Der Vergleichmit Alternativen, etwa Mist und Gülle aus der Tierhaltung,zeigt, dass diese ggf. erheblich höhere Mengen an Medika-mentenrückständen aufweisen als kommunale Klärschlämmeund daher im Grunde der gleichen Betrachtung unterzogenwerden müssten. Hier gilt es abschließend zu klären, inwieweitSpurenstoffe in die Nahrung gelangen können, in welchenZyklen sie im Boden ab- bzw. umgebaut werden und ob es zueiner Anreicherung kommen kann, die das vertretbare Maßüberschreitet.

Die Alternative der Verbrennung ist jedenfalls nicht per se dasMittel der Wahl. Die oft gewählte Co-Verbrennung in Kohle-kraftwerken macht ein Phosphorrecycling aus Asche aufgrundhoher Kosten praktisch unmöglich, zudem erfolgt eine Schad-stoffverlagerung in die Abgasphase. Eine Monoverbrennungerscheint nur sinnvoll, wenn zugleich die Rückgewinnung vonPhosphor aus den Klärschlammaschen vorgeschrieben würde,um den Verlust dieser Lebensgrundlage zu vermeiden.

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Abwägen statt Verteufeln: Klärschlamm in der Landwirtschaft kann sinnvoll sein

Prof. Norbert Dichtl, Institut für Siedlungswasserwirtschaft, Technische Universität Braunschweig

»Mit dem Urangehalt in Mineraldüngern auf deutschen Äckern könnte man ein AKWbetreiben – während die Schwermetall-belastung im Klärschlamm stetig sinkt.«

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In Deutschland fielen im Jahre 2010 etwa 1,89 Mio. Tonnenkommunale Klärschlämme (Trockenmasse) an. Etwas über

die Hälfte davon wurde thermisch entsorgt, die andere Hälftein der Landwirtschaft oder in landschaftsbaulichen Maßnah-men verwendet.

Aufgrund des Vorkommens an organischen Schadstoffen,Arzneimittelrückständen und Krankheitserregern bewertetdas Umweltbundesamt unter dem Aspekt der Vorsorge dielandwirtschaftliche Verwertung von Klärschlamm zu Dün-gungszwecken als kritisch und spricht sich für einen sukzes-siven Verzicht auf diese Art der Verwertung aus. Zukünftigsollte stattdessen eine vollständige thermische Verwertungmit anschließender Phosphorrückgewinnung angestrebtwerden.

Darüber hinaus steigt das Bewusstsein, dass Deutschland überkeine eigenen Lagerstätten an lebensnotwendigem Phosphorverfügt. Schon jetzt warnen Experten davor, dass Deutschlandund die Welt vor dem Problem stehen werden, dass Phosphorzukünftig nur noch zu überhöhten Preisen erhältlich seinwird und dass sich die Qualität der Rohphosphate schon jetztimmer weiter verschlechtert.

Aus den genannten Gründen ist es zwingend notwendig, dieRückgewinnung von Phosphor aus abfallstämmigen Stoffenzu fordern und zu fördern. Klärschlamm und Klärschlamm-aschen sind Ressourcen, aus denen der Phosphor technischerfolgreich rückgewonnen werden kann. Schon heute stehengeeignete Rückgewinnungsverfahren zur Verfügung, die jedoch noch nicht gänzlich wirtschaftlich betrieben werdenkönnen. Um eine weitergehende Kreislaufführung zu errei-chen, sollte das Rückgewinnungspotenzial von Phosphormöglichst weit ausgeschöpft werden. Dies ist z. B. bei derRückgewinnung von Phosphor aus Klärschlammaschen derFall, aus denen bis zu 90% des enthaltenen Phosphors zurück-geholt werden kann.

Aus diesem Grund und aus Vorsorgegründen, keine Schad-stoffe im Boden anzureichern, muss sich die Klärschlamm-entsorgung in Deutschland einem Wandel unterziehen.Darüber hinaus sollte sich Deutschland in den nächsten 15 bis 20 Jahren von der landwirtschaftlichen Verwertung

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Notwendiger Abschied: Entsorgung auf dem Acker ist nicht mehr zeitgemäß

Dipl.-Ing. Benjamin Wiechmann, Umweltbundesamt, Fachgebiet Abfalltechnik, Abfalltechniktransfer

ver abschieden. Um dies zu gewährleisten und um gleichzeitigden Nährstoffbedarf zu decken, ist der Ausbau der Monover-brennungskapazitäten notwendig und die Rückgewinnungs-verfahren sind mit entsprechenden Förderungen zu versehen.Es ist dabei zu beachten, dass phosphorarme Klärschlämme,denen bereits durch vorgeschaltete Verfahren der Phosphorentzogen wurde, weiterhin in die Mitverbrennung gelangenkönnen und sollten.

»Deutschland sollte sich in den nächsten 15 bis 20 Jahren von der landwirtschaft-lichen Klärschlammverwertung verab-schieden.«

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Herr Kabbe, wie schätzen Sie den aktuellen Stand der Phosphor-rückgewinnung in Deutschland ein, wo stehen wir?

Christian Kabbe: Die nötigen Werkzeuge sind mittlerweileentwickelt – jetzt müssen wir damit in die Umsetzung gehen.Auch der Bedarf ist da: mehr als 120 000 Tonnen Phosphorimportiert Deutschland jährlich als mineralischen Dünger. Gleichzeitig sind ca. 70 000 Tonnen Phosphor im Abwasser-strom – meist ungenutzt. Phosphor-Recycling aus Abwasserkönnte also eines Tages mindestens 50 bis 60 Prozent unseresBedarfs decken. Zahlreiche Verfahren und Pilotprojekte wur-den in den letzten Jahren entwickelt. Allerdings hapert es nochan der praktischen Umsetzung – aktuell sind kaum Verfahrenim großtechnischen Maßstab in der Anwendung.

Woran liegt das?

Christian Kabbe: Bei vielen Forschungsprojekten lag derFokus bislang nur auf der Phosphor-Ausbeute, nicht auf derPraktikabiliät. Diese Verfahren werden im rein akademischenSektor entwickelt, ohne die Betreiber- und Marktanforderun-gen der Industrie zu berücksichtigen. Lediglich die Anforde-rungen der Düngemittellegislative fanden Beachtung. Dahergehen viele dieser Arbeiten an der Praxis vorbei.

Was muss sich ändern?

Christian Kabbe: Wir brauchen eine engere Vernetzung derAkteure, etwa eine nationale Plattform, um Agrarlobby, Politik, Wissenschaft, Industrie und Anlagenbetreiber zusam-menzubringen. Und wir brauchen eine Forschung und Gesetz -gebung, die sich stärker an der Praxis orientiert. Das habenwir uns auch mit dem EU-Projekt »P-Rex« zum Ziel gesetzt,das das KWB ab Herbst koordiniert. Für drei Jahre unter-suchen wir die unterschiedlichen in der EU entwickelten undumgesetzten Verfahren zum Phosphor-Recycling und erar-beiten mit der Industrie, welche Anforderungen die Produktefür den Massenmarkt erfüllen müssen. Unser Ziel ist es, beste-hende Technologien, die ökonomisch und ökologisch sinnvollsind, auf dem Markt bekannt zu machen. Denn die Zeit fürWeichenstellungen zur nachhaltigen Phosphornutzung istjetzt und nicht erst dann, wenn Phosphor tatsächlich knappgeworden ist.

www.kompetenz-wasser.de

Beim AirPrex®-Verfahren anfallende Magnesium-Ammonium-Phosphat(MAP)-Kristalle

Interview mit Dr. Christian Kabbe, Kompetenzzentrum Wasser Berlin (KWB)

»Jetzt ist die Zeit, die Weichen zu stellen.«

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Technologien, die viel versprechenAnwendungs- und Forschungsprojekte zu Phosphor-Recycling in Deutschland

Phosphor-Ausbeute des AshDec-Verfahrens

Rephos, Airprex, Mephrec, Ashdec. Griechische Götter? Weltraumstationen? Mitnichten. Hinterden klangvollen Namen verbergen sich Verfahren der Phosphorrückgewinnung. Technologien,die bereits erfolgreich in deutschen Kläranlagen eingesetzt werden oder die großtechnische Um

setzung vorbereiten.

100 Tonnen Phosphor im Jahr produzieren die BerlinerWasserbetriebe jährlich im Klärwerk Waßmansdorf. Dafürwerden aus dem Faulschlamm durch chemische ProzesseMagnesium-Ammonium-Phosphat Kristalle (MAP) gefällt,die zu mineralischem Langzeitdünger verarbeitet werden. DerDünger wird als »Berliner Pflanze« auf dem Markt vertrieben.Auch im Klärwerk Mönchengladbach-Neuwerk sorgt dieunter dem Namen Airprex® patentierte Technik für eine Phos-phor-Ausbeute von rund 60 Tonnen im Jahr.

Das Verfahren macht sich eine im Klärprozess eigentlich pro-blematische Eigenschaft von Phosphor zu Nutze: Er neigt da-zu, bei der Schlammbehandlung unkontrolliert zu reagierenund sich in Rohren abzulagern. Die Airprex®-Technik lässtdie Fällung der MAP-Kristalle gezielt an einem Punkt, näm-lich nach der Faulung in einem Reaktionsbehälter, ablaufen.Reibungsloser Betrieb, geringerer Chemikalieneinsatz undverbesserte Schlammentwässerung sind angenehme Neben-effekte, die die Wirtschaftlichkeit dieser Technik sogar ohneVerkaufserlöse für das MAP garantieren.

Ähnliches spielt sich hinter den Mauern einer Großmolkereider Deutschen Milchkontor GmbH in Altentreptow ab. DieProduktionsabwässer des mecklenburgischen Käsewerks ent-halten hohe Konzentrationen an organischen Stoffen undPhosphor. Das Rephos®-Verfahren fällt aus dem Abwasser-strom eine Verbindung von Magnesium, Ammonium undPhosphat. Das Endprodukt: weiße MAP-Kristalle, fast wiewinzige Styroporkügelchen – einsetzbar als Dünger.

Weit fortgeschritten, doch noch nicht in der großtechnischenAnwendung ist das »Metallurgische Phosphor-Recycling«(Mephrec®) der Leipziger ingitec GmbH. Mephrec® erschließtin einem einzigen Schritt sowohl das energetische Potenzialdes Klärschlamms als auch den Phosphor. Bei hohen Tem-peraturen werden Klärschlamm-Briketts geschmolzen undorganische Schadstoffe zerstört. Übrig bleiben abgetrennteSchwermetalle und eine phosphathaltige Schlacke, die imWasserbad zu einem Düngemittel granuliert. Die überschüs-sige thermische Energie kann direkt zur Stromerzeugung

genutzt werden. Das Verfahren lässt sich auf andere phosphor-haltige Abfälle wie Tiermehl anwenden. Auf mehrere erfolg-reiche Machbarkeitsstudien soll 2013 der Bau einer Pilot-anlage im Nürnberger Klärwerkseigenbetrieb SUN folgen.

Dass selbst in Asche noch jede Menge Phosphor steckt, beweistdas AshDec-Verfahren, das Nährstoffe aus Klärschlammaschegewinnt. Hier wird die bei der Mono-Verbrennung von Klär-schlamm entstehende Asche thermochemisch behandelt.Schadstoffe werden zerstört, verwertbare Phosphatverbindun-gen entstehen, in einem zusätzlichen Schritt werden Schwer-metalle entfernt. Das Verfahren wurde 2008 in Österreichdurch die ASH DEC Umwelt AG, jetzt Outotec, erprobt undwartet nun auf den großtechnischen Einsatz. Gesetzliche Rah-menbedingungen und eine unklare Fördermittelsituation ver-zögern jedoch den Start. 2013 soll der Bau eines Biomasse-kompetenzzentrums im Großraum Berlin-Brandenburg be-ginnen, bei dem auch eine AshDec-Anlage geplant ist.

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Der Umgang mit knappen Ressourcen ist längst auchein europäisches Thema. Aus Brüssel kommen dabeinicht nur zu beachtende Regelungen, auch eine Rah-

menstrategie für die nachhaltige Versorgung der Bürger undUnternehmen mit notwendigen Rohstoffen. Ein Überblicküber die wichtigsten Regelungen und Initiativen, die dasPhosphorrecycling und die landwirtschaftliche Klärschlamm -verwertung betreffen.

Bestandteile der europäischen Zukunftsstrategie ‚Europa 2020‘,die die Grundlagen für ein nachhaltiges Wachstum legen soll,sind die Leitinitiative ‚Ressourcenschonendes Europa‘ undein dazugehöriger Fahrplan. Sein Ansatz: über verschiedenstePolitikfelder hinweg die Bedingungen für eine ressourcen-schonende Ökonomie in Europa zu schaffen. Dabei spielt mitBlick auf die Sicherung der Ernährung auch die unersetzlicheRessource Phosphor eine Rolle: Der Fahrplan fordert, weiterzu erforschen, wie die Abhängigkeit von abgebautem Phos-phor verringert werden kann – und kündigt für 2012 einGrünbuch zur nachhaltigen Verwendung von Phosphor an.Eine hochkarätig besetzte Plattform aus Umweltpolitikern,zivilgesellschaftlichen Akteuren, Wissenschafts- und Wirt-

schaftsvertretern begleitet die Umsetzung des Fahrplans.

Grundlage der Verwendung von Klärschlamm alsDünger, also der direktesten Form der kreis-

laufwirtschaftlichen Nutzung der Nährstoffeim Abwasser, ist die EU-Klärschlammricht-

linie von 1986. Ein Kernsatz darin: »DieSchlämme besitzen vielfach agronomischnutzbringende Eigenschaften, die För-derung ihrer Verwertung in der Land-wirtschaft ist deshalb gerechtfertigt,vorausgesetzt, dass sie ordnungsgemäßverwendet werden.« Die Richtlinieregelt z.B. die Grenzwerte für Schwer-metalle und Einschränkungen etwa imGemüse- oder Futterpflanzenbau. Sieist Basis für entsprechende nationale

Regelungen, wobei diese auch strengerausfallen dürfen. Eine inhaltliche Über-

arbeitung der Klärschlamm-Richtliniesteht seit langem aus – nachdem ein Anlauf

Anfang des letzten Jahrzehnts erfolglos blieb,rechnen Beobachter nicht vor 2014 mit ihr.

Im Gespräch war und ist unter anderem eine Differenzierungder Auflagen danach, wie die Schlämme aufbereitet wurden(hygienisiert oder nicht hygienisiert).

Wichtig sowohl für die Klärschlamm-Nutzung als auch dieVerwendung zurückgewonnenen Phosphors ist die anste-hende Novelle der Düngemittelrichtlinie von 2003 – sie legtfest, welche Stoffe als »EG-Düngemittel« bezeichnet und inVerkehr gebracht werden dürfen.

Noch nicht beschlossen ist die im EU-Fahrplan für einressourceneffizientes Europa vorgesehene Bodenschutzricht-linie – damit ist der Boden als einziges Umweltmedium bisherkeiner europäischen Regelung unterworfen. Das EU-Parlamenthat zwar 2007 dafür gestimmt, im Ministerrat ist es aber seit-her blockiert: Eine Minderheit der Staaten, darunter Deutsch-land, ist aus Gründen der Subsidiarität dagegen und verhin-dert einen Beschluss. Die Europäische Kommission verfolgtdas Thema dennoch weiter. So hat sie jüngst ausführlicheBerichte zur Bodenschutzstrategie und zum (sich verschlech-ternden) Zustand der Böden vorgelegt, die eine kohärenteBodenschutzpolitik einfordern.

In der Summe ist damit heute unklar, welche europäischenVorgaben künftig für eine landwirtschaftliche Verwertungvon Klärschlamm gelten werden. Der Trend geht allerdingsnicht in Richtung eines Verbots, sondern weiterentwickelterQualitätsauflagen.

Die EU will den Wechsel zu einer nachhaltigen Wirtschaft. Neue Regelungen zum Bodenschutzkommen bislang nicht voran.

Ressourcenschutz auf der Agenda

EU-Klärschlammrichtliniehttp://redir.ec/nahdran1

Leitinitiative zur Ressourceneffizienzhttp://redir.ec/nahdran2

Fahrplan & Plattform für ein ressourcenschonendes Europahttp://redir.ec/nahdran3

Parlamentsbeschluss zur EU-Bodenschutzrichtliniehttp://redir.ec/nahdran4

Webseite zur deutschen und europäischen Ressourcen-politik

http://www.ressourcenpolitik.de

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Kunststoff ist überall. Als Material von Zahnbürstenund Verpackungen, in der Bekleidung, als Bau- undDämmmaterial oder in winzigen Partikeln sogar in

Hautcremes. Spätestens seit dem Dokumentarfilm »PlasticPlanet« weiß man allerdings auch, dass das praktische, meistaus Erdöl gewonnene Material nicht nur Vorteile hat. Es ver-schmutzt unsere Umwelt, gibt gefährliche Stoffe ab undtreibt, von Flüssen ins Meer geschwemmt, noch Jahrzehntein den Ozeanen, wo es in kleine Stücke zerfällt, die Meeres -tiere irrtümlich für essbares Plankton halten und daran zu-grunde gehen.

Biologisch abbaubare Biokunststoffe, die sich völlig zerset-zen, könnten zumindest einen Teil des Problems lösen. Nochbesser wäre es, diese aus erneuerbaren Quellen herzustellen.Das ist Anox Kaldnes, einem Unternehmen von Veolia WaterSolutions & Technologies, nach rund zehn Jahren For-schungsarbeit gelungen. Es stellt Bioplastik aus Polyhydrox-yalkanoaten (PHA) her. Diese kunststoffähnlichen, biolo-gisch abbaubaren Speicherstoffe werden von Mikroorganis-men gebildet und abgelagert. Die Besonderheit: Die schwe-dische Pilotanlage nutzt dazu die industriellen Abwässereiner Fabrik. Der Schlamm wird mit Nährstoffen und Sauer-stoff angereichert, dann beginnen die Mikroorganismen ihrWerk und lagern PHA als ihre Kohlenstoff- und Energie-quelle an. Bis zu 42 Prozent des Klärschlamm-Trocken-gewichts können so angereichert werden. Im Gegensatz zubisherigen Verfahren werden gemischte Bakterienstämmeverwendet, wie sie im Klärschlamm vorkommen, was dieKosten senkt und das Bioplastik gegenüber Produkten ausErdöl wettbewerbsfähig macht.

Inzwischen ging Anox Kaldnes noch einen Schritt weiter undstartete Ende 2011 mit der Gewinnung von Biokunststoff aufder kommunalen Kläranlage Aquiris im belgischen Brüssel.Auf der Anlage mit einer Kapazität von 1,1 Millionen Ein-wohnerwerten nutzt man das Abwasser bereits als Ressource,um Biogas zu erzeugen und Phosphor als Dünger zurück-zugewinnen. Nun soll die Kläranlage auch zur »Kunststoff-fabrik« werden. Das CellaPolTM genannte Material kann etwa zu Haushaltsprodukten, Verpackungen, Beschichtun-gen, Schäumen oder auch Kreditkarten verarbeitet werden.Das Klärwerk in Brüssel ist damit heute nicht mehr nur eineAnlage zur Beseitigung von übelriechenden Stoffen, sondernhat sich zur Bio-Raffinerie entwickelt.

Biologisch abbaubar und ressourcenschonend: Wenn die Kläranlage zur Bio-Raffinerie wird.

Biokunststoff aus Abwasser

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Aus dem Unternehmen

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Dass sich erneuerbare Energie aus Klärschlamm (Water2Energy) auch bei kleineren Anlagen ökologisch und ökonomischsinnvoll nutzen lässt, zeigen das Veolia Wasser-UnternehmenOEWA und der Abwasserzweckverband Döbeln-Jahnatal inSachsen. Der Verband investiert 1,2 Millionen Euro in eineanaerobe Schlammbehandlung in der Kläranlage Döbeln-Masten. Aus Klärschlamm und organischen Abfällen wird sieBiogas gewinnen, in einem Blockheizkraftwerk werden danndie gesamte benötigte Prozesswärme und 60 Prozent desStrombedarfs selbst erzeugt. Die Betriebskosten sinken so umca. 70 000 Euro pro Jahr, der CO2-Ausstoß um 320 Tonnen.Die OEWA als Betriebsführer hat die Federführung bei dertechnischen Projektbearbeitung und wird die Anlage be-treiben. Zudem sollen in der Anlage künftig Wärmepumpendie Ölheizung ablösen, die durch Wärmetauscher aus demAbwasser Heizenergie für die Gebäude gewinnen. Rund 4 000Liter Heizöl können so pro Jahr eingespart werden – ein wei -terer Beitrag zur Wirtschaftlichkeit des Zweckverbands undstabilen Abwassergebühren.

www.oewa.de

Water2Energy vor Ort

Mit ihrem inzwischen sechsten Nachhaltigkeitsbericht zeigtsich die Veolia Wasser-Gruppe erneut als Vorreiter derBranche und folgt erstmals den Anforderungen der GlobalReporting Initiative (GRI). Mit diesem internationalen Stan-dard macht Veolia sein Engagement und seine Geschäfts -tätigkeit umfassend vergleichbar und nachvollziehbar – alserstes privates Unternehmen der Wasserwirtschaft. Klima-,Umwelt- und Artenschutz, gesellschaftliches Engagement,Ausbildung und Beschäftigung – durch alle Bereiche hin-durch analysiert der Bericht, inwieweit die selbst gestecktenNachhaltigkeitsziele erreicht wurden und zieht darausSchlussfolgerungen für die Zukunft. So sank etwa der Strom-verbrauch der Trinkwasserversorgung je m3 Wasser auf0,246 kW/h – und damit innerhalb von zwei Jahren um mehrals sieben Prozent. Außerdem hat Veolia Wasser Maßnah-men zur CO2-Reduktion in seinem ganzheitlichen Programm„Water2Energy“ gebündelt und als erstes Unter nehmen inder deutschen Wasserwirtschaft seinen CO2-Fußabdruckermittelt. Die gedruckte Fassung des Nachhaltigkeitsberichts2011 können Sie mit einer Bestellkarte beziehen, die dieserAusgabe der nahdran. beiliegt. Den ausführlichen digitalenBericht finden Sie unter nachhaltigkeit.veoliawasser.de.

nachhaltigkeit.veoliawasser.de

Nachhaltigkeitsbericht 2011 – erstmals nachGRI-Standards

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Ob Katastrophenvorsorge in Deutschland oder Nothilfeweltweit: Das Technische Hilfswerk (THW) setzt auf mo-dernste mobile Wasseraufbereitungsanlagen der Spezialistenvon Berkefeld in Celle, einem Tochterunternehmen von Veolia Water Solutions & Technologies. Acht neu entwickelte,modulare Anlagen wurden auf der Fachmesse IFAT im Maisymbolisch an das THW übergeben. Das System verwandeltdurch eine Kombination mehrerer Verfahrenstechniken ver-schmutztes Rohwasser in sicheres Trinkwasser gemäß Trink-wasserverordnung, für bis zu 20 000 Menschen täglich. Kern-komponente ist dabei eine hocheffektive keramische Ultra-filtration. Mit den Anlagen verfügt das THW über ein inDeutschland flächendeckendes Netz an Aufbereitungsanla-gen. Die modulare Bauweise ermöglicht den schnellen Trans-port mit Linienflugzeugen und Lkws sowie eine einfacheInbetriebnahme vor Ort. Das THW bietet sich damit als Part-ner der deutschen Trinkwasserversorger für geplante oder un-vorhergesehene Fälle der temporären Notversorgung an.

www.berkefeld.com

THW mit modernster Aufbereitungs-technik

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In einem der weltweit größten Aufforstungsprogramme sollin den kommenden Jahren in der Sahelzone ein fruchtbarerGürtel entstehen: die sogenannte »Große Grüne Mauer«.Die Fondation Veolia Environnement unterstützt im Rah-men des Projekts unter anderem eine Baumschule, die biszu 20 000 Sprösslinge dafür ziehen soll. Geplant ist, 11,7Millionen Hektar Wüste zu begrünen: Mit einer Länge von7 000 km und einer Breite von 15 km soll sich der Grüngür-tel von Dakar nach Djibouti wie ein Gürtel um den Konti-nent legen. Das Projekt wurde 2005 von der AfrikanischenUnion beschlossen und wird im Senegal von der Regierungund tausenden Freiwilligen umgesetzt. Die Fondation Veolia Environnement unterstützt im Senegal seit Jahren Entwicklungs-, Umwelt- und Biodiversitätsprojekte. 2011vergab sie einen Zuschuss an die Non-Profit-OrganisationLes Brigades Vertes für die Gründung einer Baumschule inMboro im West-Senegal. Dort werden überwiegend Akazienheimischen Typs vorgezogen und später in die anwachsendeGrünzone umgepflanzt.

www.grandemureilleverte.org

Ein grünes Band durch die Wüste

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Fast 90 Jahre ist es her, dass in der Spree das letzte Flussbad geschlossen wurde. Heute träumen die Berlinerwieder davon, im Sommer zur Abkühlung einfach hineinzuspringen. Die Rückeroberung des Flussesdurch die Bürger ist in der Hauptstadt mehr als nur ein Modetrend – und eine bessere Wasserqualität

ein wichtiger Schlüssel dazu.

Ein echter Renner war das Lichttauchen: Mitten in der Nachtsprangen Badegäste mit Lampen ins Wasser und erforschtenden Boden des Flusses. Bei Tag dann zogen künstlich erzeugteWellen die Berliner in Scharen in das 1849 erbaute SachsescheWellenbad. Ein Bad im Fluss war um die vorletzte Jahrhundert-wende selbstverständlich: Insgesamt 15 Flussbadeanstaltenluden zum Schwimmen ein. Bis der Magistrat 1925 dem Ver-gnügen ein Ende setzte und alle Berliner Flussbäder wegenstarker Verschmutzung geschlossen wurden.

Dabei blieb es, aber seit einigen Jahren wird der Ruf nach einerneuen Chance zum Bad im Fluss immer lauter. So auch in derpreisgekrönten Vision der Künstler- und Architektengruppe‚realities:united‘: Ein Bad mitten in der Innenstadt, am Lust-garten, dem künftigen Schloss und der Museumsinsel, mitsauberem Wasser dank einer Pflanzenkläranlage und der teil-

weisen Renaturierung des Spreekanals. Kein Zufall, dass dieInitiatoren ihre Idee als Neudefinition des Verhältnisses derStadt zum Fluss verstehen – als Wiederaneignung eines Ufer-terrains, das in der jüngeren Vergangenheit kaum eine Rolleim urbanen Leben spielte.

Immer stärker zieht es die Berliner an die 360 Kilometer Uferim Stadtgebiet, beim ersten Sonnenstrahl bevölkern Men-schentrauben Strandbars und Uferstreifen. Aber nicht alle sind von diesem Trend begeistert: Seit Investoren unter demStichwort ‚Mediaspree‘ vor allemim hippen Friedrichshain-Kreuzberg die bestenWasserlagen gezielt ent-wickeln, regt sichWiderstand.

Berlin entdeckt die Spree zurück – und sich selbst als Stadt am Wasser.

…und eines Tages darin schwimmen

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Alternative Konzepte entstehen, etwa der Plan für den ‚Holz-markt‘, wo auf dem Areal der legendären ‚Bar 25‘ ein von derörtlichen Subkultur geprägtes neues Stadtquartier entstehensoll. Plötzlich liegt die Spree im Zentrum der Diskussion, wiedie Stadt sich in den nächsten Jahren entwickeln soll.

Doch während andere Gewässer wie der Tegeler See längst her-vorragendes Badewasser bieten, ist bei der Spree der Weg biszur Badeerlaubnis noch weit. Auf den 400 Kilometern von derOberlausitz bis zur Havel muss der Fluss einiges einstecken: Erwird begradigt, gestaut und eingezwängt, als Bundeswasser-straße befahren, muss Nährstoffe und Pestizide von den Äckern , Industrieabwässer und jährlich rund 16 Millionen Kubikmeter gereinigtes Abwasser aus dem KlärwerkMünchehofe aufnehmen. Bei Starkregen fließen bis zu 40 Malim Jahr Straßenunrat, Abwasser und Ablagerungen zu, die dieübervolle Kanalisation nicht ins Klärwerk ableiten kann. Das

Schmutzwasser fördert das Algenwachstumund lässt den Sauerstoffgehalt auf

kritische Werte sinken.

Dennoch muss Baden in der Spreekein unerfüllbarer Traum bleiben.Die Berliner Wasserbetriebe ar-beiten intensiv daran, dass Spree

und Havel sauberer werden.So wurde das Klärwerk

Münchehofe in denvergangenen Jahrenaufwändig saniert:Eine im Test befind-

liche vierte Reinigungs-stufe soll künftig auch

Spurenstoffe und Krank-heitserreger aus dem

Wasser filtern.

Dezentrale Sicker-, Speicher- oder Klärbecken, Bodenfilter und Gründächer tragen zusätzlich dazu bei, dass Regenwasser zwischengespeichert und vorgereinigt wird. Durch die zentraleSteuerung des Abwassernetzes mit über 150 Pumpwerken kön-nen die Wassermassen bei Starkregen inzwischen optimal aufdie sechs Klärwerke verteilt werden. Zusätzlich wird unter-irdisch Platz geschaffen: Am Neuköllner Weigandufer etwaentsteht ein 210 Meter langer Stauraumkanal, der bei Stark-regen Mischwasser zurückhält. Über 90 Millionen Euro investieren die Berliner Wasserbetriebe und der Senat, um sodie Zahl der Überläufe zumindest auf zehn bis zwölf im Jahrzu verringern, begleitet von einem umfangreichen Forschungs -programm des Kompetenzzentrums Wasser Berlin.

Mit dem Projekt »Spree2011« macht derweil der UnternehmerRalf Steeg von sich reden, der Speicherpontons im Flusserrichten und öffentlich nutzbar machen will. Die Idee wirdimmer konkreter; seit April 2012 werden in Zusammenarbeitmit den Berliner Wasserbetrieben Prototypen zu Testzweckenim Osthafen versenkt.

Um die Wasserqualität auf Dauer zu verbessern, reichen tech-nische Innovationen aber nicht aus, zusätzlich müssen die Selbstreinigungskräfte der Natur gefördert werden. DasGrundproblem: Die Stadtspree wird nicht von natürlichenBöschungen, sondern zu beiden Seiten von Spundwänden be-grenzt. Derzeit erprobt die Technische Universität Berlin dieAnsiedlung schwimmender Pflanzenkolonien, die in Netzenneben den Spundwänden wachsen und Fischen und Kleinst-lebewesen Lebensraum bieten – wie ein Schilfgürtel ohne Ufer-böschung, der die Selbstreinigung des Wassers unterstützt.

Trotz aller Anstrengungen wird Baden in der Spree noch langeZeit eine Vision bleiben. Eine konkrete Vision allerdings, diezusehends an Kraft gewinnt und immer mehr Akteure aneinem Strang ziehen lässt.

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Termine

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20. – 22. September 2012, WiesbadenBWK Bundeskongress 2012Kongress zum Thema »Kreislaufwirtschaft und Gewässerschutz –Nachhaltige Lösungen durch innovative Technologien«

www.bwk-bund.de

24. – 25. September 2012, Dresden wat Dresden 2012Größte Tagung der Wasserbranche zu Themen wie dem Rückgangdes Wasserverbrauchs, dem Wandel von Klima und Demografie, der Diskussion über Kosten und Preise sowie der Europäisierung des Regelwerks

www.wat-dvgw.de/

25. – 26. September 2012, Kassel 4. Kongress »100 % Erneuerbare-Energie-Regionen«Kongress mit Vertretern aus Kommunen, Wirtschaft und Wissenschaft rund um die Themen Energiewende und erneuerbareEnergien.

www.100-ee-kongress.de

26. – 27. September 2012, Berlin3. VDI-Fachkonferenz »Klärschlammbehandlung« Fachkonferenz über verschiedene aktuelle Themen derKlärschlammbehandlung mit Besichtigung der Kläranlage Waßmannsdorf mit Phosphorrückgewinnung (kombiniert buchbarmit Seminar »Trocknung von Klärschlamm«)

www.vdi.de/klaerschlamm

15. - 16. Oktober 2012, Erfurt 6. Netzwerk21KongressBundesweiter Fortbildungs- und Netzwerkkongress für lokale Nach-haltigkeitsinitiativen.

Veolia Wasser auf dem Netzwerk21Kongress:

Dienstag, 16. Oktober 201209.00 –11.00 Uhr: Nachhaltigkeit anstiften – Stiftungen als Partner

in der Region: mit Sylke Freudenthal, Veolia Stiftung

Dienstag, 16. Oktober 201211.15 –13.00 Uhr: Daseinsvorsorge – Beitrag zur nachhaltigen Ent-

wicklung der Kommunen: mit Helmut Rohmann, Stadtwerke Springe GmbH

Dienstag, 16. Oktober 201211.15 –13.00 Uhr: Kollaborative Demokratie – Vom Beteiligungsprojekt

zur Mitwirkungskultur: mit Dr. Birgit Böhm, nexus-Institut (Vorstellung einer Studie im Auftrag von Veolia Wasser)

www.netzwerk21kongress.de

29. – 31. Oktober, Wiesbaden DWA-Energietage – Energiewende und WasserwirtschaftForum für den Austausch zwischen Energie- und Wasserwirtschaft mitSchwerpunkten Energie auf Kläranlagen und Chancen der Wasserkraft.

www.dwa.de

29. – 20. November 2012, Berlin 11. Wasserwirtschaftliche Jahrestagung des BDEWJahrestagung rund um die Themen Wasserver- und Abwasser-entsorgung

www.bdew.de/veranstaltungen

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Veolia Environnement in Deutschland

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www.veolia-verkehr.dewww.veoliawasser.de www.veolia-umweltservice.de www.dalkia.de