Ostvision - September 2015

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520 | SEPTEMBER 2015 Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission DANK KARTOFFELN DEN WINTER ÜBERSTEHEN Persönlich Lena Kumanova | Moldawien Ohne Hilfe überstehen Lidia und Vika den Winter nicht | Indien Die Kinder brauchen uns | Porträt Markus Iten

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520 | SEPTEMBER 2015 Monatszeitschrift der Christlichen Ostmission

DANK KARTOFFELNDEN WINTER ÜBERSTEHEN

Persönlich Lena Kumanova | Moldawien Ohne Hilfe überstehen Lidia und Vika den Winter nicht | Indien Die Kinder brauchen uns | Porträt Markus Iten

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wird monatlich herausgegeben von der CHRISTLICHEN OSTMISSION (COM), Worb

Nr. 520: September 2015Jahresabonnement: CHF 15.–

Redaktion: Georges Dubi

Adresse: Christliche Ostmission Bodengasse 14 3076 Worb BETelefon: 031 838 12 12Fax: 031 839 63 44E-Mail: [email protected]: www.ostmission.ch

Postkonto: 30-6880-4Bankkonto: Spar + Leihkasse Münsingen, 16 0.264.720.06

Kontrolle der Bücher: Unico Treuhand AG, Burgdorf

Spenden sind in allen Kantonen steuer-abzugsberechtigt. Nähere Auskünfte er teilt unser Sekretariat. Gehen für ein Projekt mehr Spenden als benötigt ein, werden diese für ähnliche Zwecke ein gesetzt.

Bildquelle: COMWenn nicht anders vermerkt, haben die abgebildeten Personen keinen Zusam-menhang mit den erwähnten Beispielen.

Gestaltung: Thomas Martin

Druck: Stämpfli AG, Bern

Papier: Das Magazin ist auf chlorfrei gebleichtem und FSC-zertifiziertem Papier gedruckt.

Geschäftsleitung:Georges Dubi, MissionsleiterGallus TannheimerStephan Schär

Stiftungsrat:Mario Brühlmann, Orpund, PräsidentPfr. Thomas Hurni, Leutwil, VizepräsidentLilo Hadorn, SelzachPfr. Matthias Schüürmann, ReitnauChristian Bock, Seedorf Thomas Haller, LangenthalPfr. Jürg Maurer, Hirschthal

Beauftragter des Stiftungsrates:Günther Baumann

Die Christliche Ostmission hat den Ehrenkodex unter zeichnet. Das Gütesiegel verpflichtet die Unterzeichner zu einem verantwortungsvollen Umgang mit Ihrer Spende.

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editorial

ostvision september 2015

Thomas HurniVizepräsident

Liebe Leserin, lieber Leser

Die Not ist gross auf der Welt, ja, sie scheint immer schlimmer und übermäch-tig zu werden. Es ist zum Verzweifeln.

Das Bild des verzweifelten griechischen Rentners, der weinend vor einer Bank am Boden sass, ging um die Welt. Es ist ein Symbolbild unserer Zeit. Verzweiflung steht in vielen Gesichtern geschrieben. Wir sehen verzweifelte Flüchtlinge, ver-zweifelte Verfolgte in den Gebieten des IS, verzweifelte Menschen in Gegenden, die von Erdbeben verwüstet wurden, verzwei-felte Opfer des Menschenhandels.

Wie können wir dieser Verzweiflung be-gegnen? Ein Schlüsselbeispiel ist das des erwähnten Griechen: Ein Australier hat sich bereit erklärt, ihm die Rente zu be-zahlen. Er begegnet so der Verzweiflung des Rentners und wandelt sie in Freude.

Der Not begegnen und Menschen aus der Verzweiflung befreien, Gesichter wie-der aufheitern, Hoffnung aufkeimen las-

sen, nachhaltig helfen – das versucht die Christliche Ostmission in all ihren Aktivi-täten. Dank Gottes Fürsorge darf sie Er-folg haben.

In dieser Ausgabe lesen Sie, wie wir mit Lebensmittelhilfe grosser Not und Ver-zweiflung begegnen und wie Frauen und Kindern in Indien geholfen wird – dank Ih-rer Unterstützung!

Haben Sie vielen herzlichen Dank für Ihr Mittragen der Arbeit der Christlichen Ost-mission.

Dank Ihrer Unterstützung verwandelt sich Verzweiflung in Freude und Hoffnung.

Herzlich grüsst Sie

Die Angst meines Herzens ist gross, führe mich aus meinen Nöten! Psalm 25,17

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persönlich

MENSCHEN unterwegs mit uns

arbeitete ich in einer Nähfabrik. Es ging mir psychisch sehr schlecht und ich besuchte keine Gottesdienste mehr. In dieser Zeit lernte ich Julia von der Organisation «Begin­ning of Life» kennen. Sie bot mir regelmäs­sige psychologische Konsultationen an. Ich nahm an und langsam ging es mir besser.

Ich wollte gerne Sozialarbeiterin werden, um Kinder und Jugendliche in schwierigen familiären Situationen zu begleiten. Das war aber aussichtslos, da wir von der winzigen Rente meiner Mutter und meinem kleinen Verdienst kaum überleben konnten. Warum nur war alles in meinem Leben so problema­tisch? Es war für mich sehr schwer zu ver­stehen.

Mit der Zeit ging es mir besser. 2010 wurde mir ein Stipendium für die Ausbildung zur Sozialarbeiterin an der christlichen Universi­tät (UDG) angeboten. Ich konnte mein Glück kaum fassen! Ich genoss die Ausbildung sehr. 2013, gleich nach dem Abschluss, konnte ich bei «Beginning of Life» in Chisinau eine Stelle antreten. Zuerst half ich in verschiede­nen Projekten mit. Seit 2014 bin ich verant­wortlich für die humanitären Projekte, die wir gemeinsam mit der Christlichen Ostmis­sion durchführen: die Verteilung von Hilfs­gütern und Lebensmitteln.

Mein Traum ist in Erfüllung gegangen! Ich kann meinen Wunschberuf ausüben, bin selbständig und kann auch meine Mutter versorgen, die seit zwei Jahren bei mir in Chisinau lebt.

Mein Name ist Lena Kumanova, ich bin 26 Jahre alt. Ich wuchs in einem Dorf im Süden Moldawiens auf. Meine Eltern arbeiteten auf der Kolchose. So hiessen während der Sow­jetzeit die staatlichen Bauernbetriebe.

Mein Vater trank immer viel Alkohol. Als ich sieben Jahre alt war, wurde er sehr krank. Sein Jugendfreund war zu dieser Zeit Pas­tor einer kleinen Hausgemeinde im Dorf. Als es meinem Vater ganz schlecht ging, sagte er meiner Mutter, sie solle zu deren Gottes­diensten gehen. Er selber ging nie hin. Nach einigen Gemeindebesuchen bekehrte sich meine Mutter. Da wurde mein Vater sehr böse. Er schlug sie oft und als sie sich taufen liess, musste das im Geheimen geschehen.

2001 starb mein Vater. Wir waren nun alleine mit meinem älteren Bruder, der auch Alkoho­liker war. Eines Nachts brannte unser kleines Holzhaus. Meine Mutter erlitt eine lebensge­fährliche Rauchvergiftung und war danach lange krank. Bis heute hat sie sich nie ganz von der Vergiftung und vom Schock erholt. Das Erlebnis löste eine psychische Störung aus, die sich zu einer Schizophrenie entwickelte.

Ich konnte keine Ausbildung machen, denn meine Mutter brauchte Betreuung. Damit ich mich um sie kümmern konnte, nahm ich Ge­legenheitsarbeiten in unserem Dorf an. 2008

Lena Kumanova

«Mein Traum ist in Erfüllung gegangen!»

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WIR HELFEN DIREKT

in Notsituationen und Katastrophen

Lidia (rechts) und Vika können von ihren Renten nicht leben.

OHNE HILFE ÜBERSTEHEN LIDIA UND VIKA

DEN WINTER NICHT.

MOLDAWIEN

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Unsere Renten reichen nicht, um Essen und die Heizung im Winter zu bezahlen. Immer­hin erlauben die Behörden, dass man die Kohle in Raten bis zur nächsten Heizperiode bezahlt. Ohne diese Möglichkeit würden wir es überhaupt nicht schaffen. Wir haben keine Verwandten mehr, die uns helfen könnten. Der einzige Trost für uns ist, dass Sie uns hel­fen, obwohl Sie uns gar nicht kennen!

Vielen Dank für die Kartoffeln, die Sie uns letzten Winter schenkten. An vielen Tagen sassen wir da, absolut ohne Geld, die nächste Rente war noch lange nicht fällig. Nur dank wunderbaren Kartoffeln, die uns Leute aus der Schweiz geschenkt hatten, hielten wir durch. Sie waren in Moldawien geerntet wor­den, aber wir nannten sie ‹Schweizer Kartof­feln›, weil gute Leute aus der Schweiz Geld gespendet und uns die Kartoffeln für den Winter gekauft hatten! Vielen Dank! So hat­ten wir trotz allem einen guten Winter. Und vielen Dank, dass Sie auch diesen Winter an uns denken.»

Rechtzeitig vor dem Wintereinbruch will die Christliche Ostmission in ihren Projektländern in Osteuropa 400 Tonnen Kartoffeln verteilen. Dank bewährten Partnerschaften mit Sozialämtern und Kirchen gelangen die Kartoffeln wirklich zu den Ärms-ten. Zu ihnen zählen Kranke, Be-hinderte, Betagte, alleinerziehende Mütter, kinderreiche Familien sowie Rentner, von denen viele für ihre En-kel sorgen müssen. Dank der Kartof-feln werden sie den Winter überste-hen.

Die betagte Lidia wohnt mit ihrer Tochter Vika zusammen. Auch Vika ist im Pensions­alter. Die beiden leben von ihren Renten, ins­gesamt 60 Franken pro Monat. Davon kann man nicht überleben – auch nicht in Molda­wien. Im Rahmen der «Aktion Winterhilfe» hat die Mission ihnen bereits letztes Jahr ge­holfen, den Winter durchzustehen.

Lidia erzählt: «Ich habe Schmerzen in Hän­den und Füssen und brauche einen Stock zum Gehen, aber ich will nicht klagen. Arbeit fin­den wir keine, in unserem Alter wird man nicht mehr gebraucht.

Georges DubiMissionsleiter

«Wir nennen sie Schweizer Kartoffeln!»

«An vielen Tagen sassen wir da, absolut ohne Geld.»

Herzlichen Dank für Ihre Hilfe durch den Winter!

CHF 25.– CHF 95.–

Mit 25 Franken verhelfen Sie einer alleinstehenden Person zu 100 Kilogramm Kartoffeln.

Mit 95 Franken verhelfen Sie einer Familie zu 400 Kilogramm Kartoffeln.

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WIR SCHÜTZEN vor Frauen- und Kinderhandel

Viele Kinder sind nicht amtlich registriert.

DIE KINDER BRAUCHEN UNS

INDIEN

Pooja und Rahim leben im grössten Rotlichtviertel Asiens, inmitten von Kriminalität und Ausbeutung. So wie Tausende andere Kinder. Viele sind nicht einmal registriert – und damit aufs höchste gefährdet. Die Christ-liche Ostmission engagiert sich für ihren Schutz.

Pooja* ist elf Jahre alt. Sie lebt mit ihrer Mut­ter auf der Strasse im Rotlichtviertel Kama­thipura in Mumbai. Betteln ist ihr tägliches Brot. Das war schon immer so. Auch ihr Va­ter war Bettler. Er verliess die Familie, als Pooja acht war. Zwei Jahre später starb er an Aids. Pooja hat vier Geschwister, eine ältere Schwester ist bereits verheiratet. Alle leben auf der Strasse und betteln.

Beatrice KäufelerProjektleiterin

Unsere indischen Mitarbeitenden haben Pooja und ihre jüngeren Geschwister auf der Stras se getroffen. Die Kinder hatten nichts zu essen. Unsere Leute luden sie ins Tageszentrum ein, wo sie duschen und essen konnten. Seither kommen sie regelmässig.

Es droht GefahrPooja wird im Zentrum schulisch gefördert, sie ist sehr motiviert. Sie war vorher nicht zur Schule gegangen und wusste nicht, wie man einen Stift richtig hält, um damit zu schrei­ben. Sie redet offen über ihre Gefühle, sagt beispielsweise, dass sie Angst hat, nachts auf der Strasse zu schlafen. Das sei für ein Mäd­chen viel zu gefährlich! Wenn sie an ihren Übernachtungsplatz zurückkehre, fühle sie sich von Männern und Frauen beobachtet.

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In der Nachtkrippe wäre sie vor Übergriffen sicher. Doch Poojas Mutter kümmert sich nicht um die Ängste ihrer Tochter. Sie muss zuerst für diesen Schritt gewonnen werden.

Kein Ort für KinderRahim* ist sieben Jahre alt. Er hat zwei jün­gere Schwestern. Sein Vater arbeitet als Rei­nigungskraft und verdient pro Monat 5000 indische Rupien, etwa 75 Franken. Seine Mut­ter ist Hausfrau. Als die Eltern vor fünf Jah­ren nach Mumbai zogen, liessen sie Rahim bei Angehörigen im Dorf zurück. Sie woll­ten ihm ein Leben im Rotlichtviertel erspa­ren. Doch seine Schulleistungen verschlech­terten sich und so holten sie ihn doch zu sich. Wohl war es seinem Vater dabei aber nicht. Er war sehr froh, als er vom Tageszentrum hörte, und brachte Rahim und seine Tochter dorthin.

Rahim schaut gut zu seiner Schwester, er braucht aber viel Unterstützung beim Ler­nen für die Schule. Das Leben im Rotlicht­viertel, wo sich Frauen prostituieren und Drogenabhängige wie auch Alkoholiker he­rumhängen, macht ihm Angst. Er sagt, dass es auf den Strassen auch viele Streitereien gebe. Seit er ins Tageszentrum kommt, hat er lesen und schreiben gelernt. Er betet gerne und singt Lieder, tanzt und spielt Fussball. Sein Traum ist, einmal Arzt zu werden.

Unser Team sucht für Rahim einen Ort, wo er rund um die Uhr betreut wird. So hätte er den nötigen Schutz und könnte persönlich und schulisch noch intensiver begleitet wer­den. Das wäre auch im Sinn seiner Eltern.

Schutz und BegleitungDas Tageszentrum ist bekannt im Rotlicht­viertel und hat einen guten Ruf. Viele Kin­der gehen dort seit bald vier Jahren ein und aus und entwickeln sich gut. Sie wissen, dass sie gut versorgt sind und schulisch be­gleitet werden. Kinder, die nicht zur Schule gehen, werden in die öffentliche Schule inte­griert. Die Jüngeren werden in spielerischer Form auf die Schule vorbereitet. 14 Mädchen Im Tageszentrum werden sie gut versorgt.

über nachten in der Nachtkrippe, wo sie vor Gefahren sicher sind.

Dank viel Erfahrung unserer Partner und Gottes Hilfe sind die Kinder sicher vor Aus­beutung und Kriminalität und haben eine echte Chance, ihr Leben zu meistern. Dabei ist es von grosser Bedeutung, dass ihre Müt­ter – die meisten sind alleinerziehend – ko­operieren. Häufig tun sie das, denn sie wün­schen sich sehnlichst, dass ihre Kinder nicht die gleichen Qualen erleben müssen wie sie selbst.

«Meine Kinder sollen nicht die gleichen Qualen erleben müssen wie ich.»

*Die Namen wurden zum Schutz der Betroffenen geändert.

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WER IST ...?Uns geht es in Europa relativ gut – ja sogar vielen sehr gut. Nicht alles wurde uns in die Wiege gelegt. Unsere geographischen und klimatischen Voraussetzungen wurden uns gegeben, den Rest haben unsere Vorfahren erarbeitet und unsere Generation tut das ihre dazu. Vielen Millionen Mit­menschen auf unserer Erde sind diese Voraussetzungen nicht gegeben.

Ob Christliche Ostmission (COM) oder andere zertifizierte Organisatio­nen ist mir persönlich weniger wichtig – die gemeinsame Hilfe zählt!

Schon vor meiner Pensionierung habe ich mir über eine humanitäre Mit­hilfe Gedanken gemacht. Durch meinen pensionierten Nachbarn, der schon seit Jahren für die COM tätig ist, gehe ich als Beifahrer, Lader und «Navi­gator», oft mit Anhänger, Waren abholen. Weiter helfe ich bei der Weih­nachtspäckli­Aktion oder weiteren Einsätzen mit.

Ich fühle mich nach getaner Arbeit und auch beim Gedanken, etwas Sinn­volles und Gutes getan zu haben, immer sehr wohl. Ich bin erstaunt über das enorme Engagement aller ehrenamtlichen Helferinnen und Helfer in der ganzen Schweiz. Ich freue mich und bin weiterhin gerne dabei!

Markus Iten, Worb

persönlich

WWW.OSTMISSION.CH/MOLDAWIEN

SCHREIBEN WIR MITEINANDER GESCHICHTE!

Es geht um die Zukunft von 250 000 Kindern – und um die Zukunft Moldawiens!