Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der...

44

Transcript of Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der...

Page 1: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung
Page 2: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Partizipation  im  Web  2.0      

 Eine  neue  Form  der  politischen  Kommunikation        

Bakkalaureatsarbeit                

                 

Verfasst  von:     Fabian  Höffner  Matrikelnummer:     1007070  

Studiengang:     Publizistik-­‐  und  Kommunikationswissenschaft  Semester:     Sommersemester  2012  Lehrende:     Dr.  Katharina  Kleinen-­‐von  Königslöw  

Abgabedatum:     30.  Juli  2012  

   

 

 

Page 3: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

2

Inhaltsverzeichnis

1. Problemaufriss……………………………………………………………………………………… 3

2. Politische Partizipation…………………………………………………………………………. 7

2.1. Einführung ....................................................................................................................... 7

2.2. Partizipation aus Sicht der Politikwissenschaft………………………………. 8

2.2.1. Formen politischer Partizipation .......................................................... 9

2.2.2. Die Beziehung von Partizipation und Demokratie ....................... 11

2.3. Kritik an der Partizipation ......................................................................................... 12

3. Online-Kommunikation und politische Partizipation ................................... 13

3.1. Momentaufnahme politischer Partizipation im Web 2.0 ............................ 14

3.2. Theoretische Grundlagen einer digitalen Demokratie ................................. 17

3.2.1. Der Begriff des Prosumers........................................................................ 17

3.2.2. Deliberative Öffentlichkeit........................................................................ 18

3.2.3. Jürgen Habermas:

Ansätze der Theorie kommunikativen Handelns………………………….. 20

3.3. Die ideale Online-Partizipation ................................................................................. 23

4. Beispielmodell für Bürgerbeteiligung - Das World Café ................................. 25

5. Resümee - Option 2.0 – Ein Modell für ideale Online-Partizipation ............ 27

Literaturverzeichnis

Anhang

Page 4: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

3

1. Problemaufriss

Es liegt auf der Hand, dass sich die Möglichkeiten für Bürgerpartizipation durch das

Internet, und speziell das Web 2.0, maßgeblich verändert haben. Theoretisch sind

Online-Medien prädestiniert dazu, politische Beteiligung zu fördern, konstruktive

Diskurse zwischen Menschen zu organisieren und mithilfe der generierten öffentlichen

Meinung qualitative Entscheidungen zu treffen, ohne sich nur auf Experten oder Eliten

zu verlassen (vgl. Leggewie/Bieber 2008, S. 93). Besonders die großen sozialen

Netzwerke wie Facebook, die auch gerne als Plattformen oder Foren der Demokratie

bezeichnet werden, bieten theoretisch ein riesiges Potential für Meinungsaustausch,

politische Diskurse und Organisation von Bürgerinnen und Bürgern der ganzen Welt.

Fraglich ist allerdings ob und inwiefern sich dadurch der tatsächliche Einfluss des

gemeinen Volkes auf politische Prozesse und Entscheidungen verändert hat? Wenn die

Möglichkeit besteht, 901 Millionen Menschen auf einer einzigen Plattform im Internet zu

versammeln (vgl. Facebook, Stand: Ende März 2012), wieso leben wir dann heutzutage,

nach der Vision von Al Gore aus dem Jahr 1994, nicht schon längst in einem direkt-

demokratischen System an dem jeder teilhaben kann? Das ist eine der wichtigen Fragen,

der im Folgenden auf den Grund gegangen werden soll.

„Wer Demokratie sagt, meint Partizipation.“ (van Deth 2009, S. 141)

In dieser Arbeit wird unter Partizipation „alle Aktivitäten von Bürgern mit dem Ziel

politische Entscheidungen zu beeinflussen“ (ebd.) verstanden. Dieser Ansatz beinhaltet

nicht nur wählen oder demonstrieren, sondern beispielsweise auch den politischen

Meinungsaustausch, eingeschlossen interpersonaler Online-Kommunikation.

Demokratie, als „Regieren durch die Bürger“ (ebd.), ist ein Begriff, der immer zusammen

mit politischer Partizipation gedacht werden muss, da sie dadurch am Leben gehalten

wird und das Fehlen von politischer Partizipation jede Demokratie destabilisiert (vgl.

ebd.). Hoecker versteht Partizipation sogar als Wert an sich, der politisch-soziale

Teilhabe in prinzipiell allen gesellschaftlichen Bereichen mit einschließt (vgl. 2006, S. 3),

von Demonstrationen gegen Studiengebühren, über Aufmärsche für die Legalisierung

von Marihuana, bis hin zu politischen Diskursen in Online-Foren.

Page 5: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

4

Dieses Repertoire könnte endlos weitergeführt werden. Welche theoretischen und

praktischen Möglichkeiten hat Bürgerpartizipation jedoch konkret durch das Web 2.0?

Eine weitere Frage, die versucht wird zu beantworten.

„Wir wissen, dass wir nicht viel wissen.“

Trotz der Fülle an intensiven Diskussionen über politische Öffentlichkeit, gibt es in der

Forschung zum Bereich der Bürgerpartizipation im Web 2.0 bislang nur eingeschränkt

verlässliche empirische Ergebnisse (vgl. Emmer/Wolling 2010, S. 36). Ein Grund dafür,

der bei Online-Kommunikation immer eine wichtige Rolle spielt, ist mit Sicherheit die

rasante und unüberschaubare Veränderung der Internetlandschaft, in dessen Folge sich

auch die politische Kommunikation ständig weiterentwickelt.

Insgesamt lassen sich aber, zumindest in den USA, eher positive Tendenzen hinsichtlich

der Teilhabe am öffentlichen Diskurs oder der Einstellungsänderung der Bürger zum

politischen System der Demokratie erkennen. Durch Online-Kommunikation gibt es

bestimmte Verschiebungen in der Themenwahrnehmung, in der politischen

Mediennutzung und im öffentlichen Diskurs. Online-Kommunikation spielt folglich eine

Schlüsselrolle bei der Transformation politischer Öffentlichkeit (vgl. ebd., S. 52 f.). Es

muss also analysiert werden, wofür das Web 2.0 als politisches Medium hauptsächlich

genutzt wird, um zu verstehen, welche Veränderungen notwendig sind, damit

Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der

Internetnutzung steht.

„Regierung durch Diskussion“ (Leggewie/Bieber 2008, S. 93)

Abgesehen von Wikipedia, sind alle dominierenden Plattformen des Web 2.0 in der

Hand von kommerziellen Konzernen und Unternehmen, deren Hauptinteresse meist der

Sammlung von Nutzer- und Nutzerinnendaten gilt, die anschließend an Werbetreibende

vermarktet werden. Das genaue Ausmaß und die Verwendung dieser Daten ist nicht

transparent und untersteht keiner ausreichenden demokratischen Legitimation oder

Kontrolle (vgl. Schmidt 2012, S. 3). Es steht also nicht Partizipation, sondern, wie so oft,

Profit im Vordergrund. Wie kann das Netz, angesichts dieses Missstands,

demokratischer gestaltet werden?

Page 6: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

5

Ein wichtiger Begriff in diesem Kontext ist die deliberative Öffentlichkeit. Dieses Modell,

das theoretisch auf Habermas (1991) zurückgeht, meint eine intensive und

herrschaftsfreie Teilhabe so vieler Bürger wie möglich (vgl. Emmer/Wolling 2010, S.

37). Um gleichsam von einer demokratischen Öffentlichkeit zu sprechen, sollten die

Teilnahmemöglichkeiten am politischen Diskurs für alle dieselben sein (vgl. Peters 2002,

S. 24 f.). Bezogen auf die Online-Kommunikation, unter der sich in der heutigen Zeit ein

großer Teil politischer Diskurse abspielt, würde das bedeuten, dass theoretisch jedem/r

ein Internetzugang gewährleistet sein sollte, BürgerInnen anonym ihre freie Meinung im

Netz äußern dürfen, insgesamt also die Rechte im Internet garantiert, aber auch die

Pflichten der UserInnen festgelegt sein müssen.

Da das Thema Bürgerpartizipation im Grunde genommen jeden Menschen betrifft,

richtet sich diese Arbeit an alle, die interessiert sind und sich damit näher

auseinandersetzen wollen. Die Erläuterungen sind so ausgeführt, dass sich auch Laien

mit der Thematik beschäftigen können. Um einen Überblick über den Aufbau der Arbeit

zu geben, werden in den folgenden Absätzen die Inhalte der einzelnen Kapitel kurz

beleuchtet.

Im zweiten Kapitel wird der Begriff der politischen Partizipation genauer betrachtet.

Dabei wird die politikwissenschaftliche Perspektive aufgegriffen und deren Definition

von politischer Bürgerbeteiligung herausgearbeitet. Erläutert wird unter anderem,

welche Formen der Partizipation es gibt und inwiefern diese mit dem demokratischen

System zusammenhängen, aber auch eine kritische Betrachtungsweise von politischer

Teilhabe.

Kapitel drei beschäftigt sich mit der Frage nach dem Verhältnis von Online-

Kommunikation und politischer Partizipation. Dementsprechend wird

zusammengetragen, ob und wie Bürgerbeteiligung im Web 2.0 im Moment stattfindet

und welche verwertbaren Forschungsergebnisse es in diesem Bereich gibt.

Anschließend folgt die theoretische Einbettung der ausgewählten Forschungsfrage,

wobei zuerst auf den Prosumeraspekt nach Axel Bruns und seine Folgen für die Online-

Kommunikation eingegangen wird. Danach wird besonders der Begriff der deliberativen

Demokratie, die eng mit der Habermasschen Diskursethik in Verbindung steht, eine

wichtige Rolle spielen.

Page 7: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

6

Die relevanten Erkenntnisse aus den vorgestellten Studien und Theorien werden

abschließend in dem Modell einer idealen Online-Partizipation zusammengefasst. In

dem darauffolgenden Kapitel geht es um ein konkretes Konzept, das politische

Partizipation fördert bzw. dies als Zielsetzung hat. Hier wird das „World Café“, als

Kommunikationsplattform für gesellschaftsbezogenen Diskurs zur Förderung der

Teilhabekultur, vorgestellt.

Im Resümee wird abschließend das Modell von „Option 2.0“ vorgestellt, das einer Idee

von Christoph Mann (2012) und dem Verfasser dieser Arbeit entsprungen ist. Die

kommunikationswissenschaftliche Grundlage für dieses Projekt bildet die ideale Online-

PR, welche eine ideale Online-Partizipation voraussetzt. Der Begriff des Prosumenten,

sowie die Ansätze der Theorie des kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas,

spielen in dem Konzept von Option 2.0 eine übergeordnete Rolle. Deshalb wurden die

Kapitel 3.2.1. und 3.2.3., sowie das Resümee von den Initiatoren dieses Projekts

gemeinsam verfasst.

Page 8: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

7

2. Politische Partizipation

In diesem Kapitel soll der Begriff der politischen Partizipation näher beleuchtet werden.

Im Sinne der Forschungsfrage ist es dabei unerlässlich, verschiedene Blickwinkel auf

diese Bezeichnung aufzugreifen und vorzustellen. Im Weiteren werden auch

unterschiedliche Formen der Bürgerbeteiligung, ihr Wechselverhältnis zur Demokratie

und eine kritische Betrachtungsweise erläutert.

2.1. Einführung

Partizipation stammt aus dem Lateinischen und steht für Beteiligung im Sinne von

Teilhabe oder Teilnahme (vgl. Schultze 1995, S. 396). Partizipation meint also eine

Beteiligung am politischen System, wobei der Begriff an sich sowohl eine passive

Teilhabe an der Entscheidungsfindung, als auch eine aktive Teilnahme an der

Outputherstellung beinhaltet (vgl. Kersting 2008, S. 20). Ähnlich zu Hoecker, deren

Definition im Problemaufriss dargestellt wurde, versteht Kaase unter Partizipation „alle

Tätigkeiten, (...) die Bürger freiwillig mit dem Ziel unternehmen, auf verschiedenen

Ebenen des politischen Systems zu beeinflussen“ (1995, S. 521). Hier sind besonders die

Begriffe „freiwillig“ und „beeinflussen“ zu unterstreichen. Freiwilligkeit spielt bei

Partizipation eine besondere Rolle, da man BürgerInnen i.d.R. nicht dazu zwingen kann,

sich politisch zu beteiligen. Allerdings sollte es im Interesse aller sein, an politischen

Entscheidungsfindungen teilhaben zu wollen. Das setzt auf der einen Seite ein

bestimmtes Grundwissen des jeweiligen Systems, welches von der Entscheidung

betroffen ist, voraus, als auch den Willen, etwas darin zu verändern. Der Begriff

„beeinflussen“ ist ebenfalls zentral hinsichtlich einer Partizipationsdefinition. Dem

Bürger/ der BürgerIn muss dabei vor allem bewusst sein, dass er/sie tatsächlich die

Möglichkeit hat, Einfluss auf eine politische Entscheidung zu nehmen, da ansonsten die

Gefahr eines Verlusts an der Motivation zur Beteiligung besteht. Voraussetzung für

diese Motivation ist auch die Verfolgung von Interessen, sowie Selbstverwirklichung und

Mündigkeit (vgl. Kersting 2008, S. 20).

Page 9: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

8

Im Gegensatz zu den oben aufgeführten Erläuterungen wird politische Partizipation

unter dem Sammelbegriff des „Bürgerschaftlichen Engagements“ mehr als

gemeinwohlorientierte Selbsthilfe statt Beteiligung an Entscheidungsfindungen gesehen.

Dabei geht es vorrangig um die Partizipation in nicht-öffentlichen,

selbstverantwortlichen Organisationen wie z.B. Fußballvereinen. Es handelt sich folglich

nicht um Aktivitäten mit staatlicher Fremdenhilfe, sondern gemeinwohlorientierte und

nicht in erster Linie individuelle Tätigkeiten (vgl. ebd., zit. nach Holtkamp et al. 2006).

Das Verhältnis von Bürgerschaftlichem Engagement und Partizipation wird in der

Literatur viel diskutiert. Einig ist man sich nur darüber, dass im erst genannten eher von

einem „harmonischen als konflikthaften Gesellschaftsbild ausgegangen wird“ (van Deth

2009, S. 91), wobei fraglich ist, ob im Zuge der Partizipation ein Umkehrschluss dieser

Aussage bestätigt werden kann. Schließlich sollten auch beim Thema der

Bürgerbeteiligung „Harmonie“ und „Konflikt“ eine wichtige Rolle spielen. Eine

Auseinandersetzung zwischen Individuen führt im Idealfall zu einem argumentativen

Diskurs, der durch das Erreichen eines Minimalkonsenses wiederum zu einer

harmonischen Beziehung übergeht. Die Überlegungen zu diesem

Kommunikationsprozess werden in Kapitel 3 noch weiter ausgeführt.

Trotz der Wichtigkeit von bürgerschaftlichem Engagement in der Gesellschaft wird in

der vorliegenden Arbeit dem Begriff der Partizipation mehr Bedeutung geschenkt, da

vielmehr die direkte, themenorientierte Beteiligung am öffentlichen politischen System

im Vordergrund stehen soll.

2.2. Partizipation aus Sicht der Politikwissenschaft

In dem folgenden Kapitel wird Partizipation aus politikwissenschaftlicher Perspektive

betrachtet. Aus diesem Standpunkt sollen die relevanten Aspekte herausgearbeitet und

in Beziehung zur Forschungsfrage gesetzt werden.

Page 10: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

9

In der politikwissenschaftlichen Diskussion zum Thema Bürgerbeteiligung gibt es trotz

der Kontroversen drei unumstrittene Zuschreibungen an Partizipation, die van Deth

folgendermaßen formuliert: Erstens, sollte die Teilnahme auf freiwilliger Basis

geschehen, zweitens, werden die Aktivitäten von Menschen in ihrer Rolle als

BürgerInnen durchgeführt und drittens, ist es die Absicht dieser Aktivitäten, in

irgendeiner Art Entscheidungen des politischen Systems zu beeinflussen (vgl. 2009, S.

89). Hinsichtlich der Partizipation im Web 2.0 sollten diese Aspekte ebenfalls

berücksichtigt werden. Wie oben bereits aufgeführt spielt Freiwilligkeit bei Beteiligung

immer eine wichtige Rolle und ist auch hier nicht zu vernachlässigen. Das Partizipieren

der Teilhabenden bzw. UserInnen in ihrer Rolle als BürgerInnen sollte genauso ein

zentrales Merkmal sein.

Überdies ist allerdings die globale Vernetzung durch das Internet zu beachten d.h. die

Partizipation ist nicht nur auf eine Beteiligung als BürgerIn der eigenen Nation

beschränkt, sondern kann sich auch in einer Teilhabe als „Weltbürger“ äußern. Durch

die Globalisierung sind viele innerpolitischen Entscheidungen nicht nur abhängig von

den Prozessen im eigenen Land, sondern von internationalen Beziehungen, oft

ökonomischer Art, oder Zusammenschlüssen von verschiedenen Nationen wie z.B. die

EU oder die UNO. Damit ist auch der Aspekt der Beeinflussung von Entscheidungen im

politischen System angesprochen. Eine Schwierigkeit, die sich diesbezüglich bei der

Partizipation im Netz allerdings ergibt, ist die tatsächliche Einflussnahme auf politische

Prozesse und Maßnahmen. Letztendlich stellt das Internet zum jetzigen Zeitpunkt „nur“

einen Kommunikationsraum dar, auf dem man sich zwar politisch austauschen,

diskutieren und organisieren kann, eine wirkliche Plattform für Mitbestimmung von

nationaler und internationaler Politik ist es allerdings noch nicht.

2.2.1. Formen politischer Partizipation

In der Literatur findet man eine Vielfalt an gesellschaftlichen Partizipationsformen, die

in unterschiedlichen Kategorien systematisiert werden. Am häufigsten findet man eine

Systematik nach der sich partizipatorische Aktivitäten in Institutionalisiertheit, Legalität

und Legitimität einteilen lassen.

Page 11: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

10

Beteiligung im Sinne von Teilnahme an Wahlkämpfen, Mitarbeit an lokalen

Problemlösungen und Kontakte mit PolitikerInnen wird demnach als teilwiese

institutionalisierte, legale und hoch legitime Partizipation typologisiert. Legale Formen

des Protests wie z.B. genehmigte Demonstrationen sind nicht institutionalisiert, besitzen

aber eine hohe Legitimität. Aktivitäten zivilen Ungehorsams, die zwar gegen geltendes

Recht verstoßen, jedoch nicht gewaltsam sind, werden demzufolge als nicht-legitime Art

der Teilnahme am politischen Prozess bezeichnet (vgl. van Deth 2009, S. 89).

Im Sinne der Forschungsfrage der vorliegenden Arbeit stellt sich hier die Frage, wie

dann Partizipationsformen des Web 2.0 einzuteilen sind? Da das Internet insgesamt

keine Institution darstellt und auch die Bürger nicht, wenn sie keiner staatlichen

Institution zuzuordnen sind, ist dieser Aspekt vorerst auszuschließen. Legal sind

Partizipationsaktivitäten im Netz, so lange sich die Beteiligung beispielsweise nicht als

Hacker-Angriff oder Datenklau äußert. Auch die Legitimität ist im Internet gewährleistet

und spielt im Kontext der politischen Online-Kommunikation eine besondere Rolle, auf

die in den folgenden Kapiteln noch öfter eingegangen wird.

Konkrete Formen der Teilhabe im Internet sind beispielsweise Petitionen, die per Email

oder durch soziale Netzwerke in Umlauf gebracht werden, die Vorbereitung und

Organisation von Demonstrationen, wie der Arabische Frühling vorbildlich aufgezeigt

hat, das Empfehlen einer sozialen/politischen/umweltpolitischen Organisation (vgl.

Vissers/Hooghe et al. 2012, S. 160), aber auch der politische Austausch und die

Diskussion von gesellschaftsbezogenen Themen, der Dialog. Und besonders hier bietet

das Internet durch seine interaktiven Möglichkeiten theoretisch ein riesiges Potential.

Allgemein können die meisten Formen von Bürgerpartizipation im Web 2.0 demnach als

nicht-institutionell, was auch eine gewisse Unabhängigkeit impliziert, legal und hoch

legitim bezeichnet werden.

Insgesamt ist eine Zuordnung von Partizipationsaktivitäten im Web allerdings

schwierig, da es kaum Internetrechte gibt und diese zu wenig in den bestehenden

Gesetzen verankert sind. Angesichts der Vielzahl an weltweiten InternetnutzernInnen,

einhergehend mit einem erwarteten Anstieg der politischen Online-Kommunikation,

wäre eine demokratisch legitime Festlegung der Rechte und Pflichten von UsernInnen

dringend notwendig.

Page 12: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

11

2.2.2. Die Beziehung von Partizipation und Demokratie

In diesem Unterkapitel wird das Wechselverhältnis von politischer Teilhabe und

Demokratie dargestellt. Wie schon im Problemaufriss angesprochen, unterliegen diese

beiden Begriffe einer gegenseitigen Abhängigkeit und müssen daher immer

zusammengedacht werden.

Die Bedeutung von Demokratie für die Partizipation wird bereits durch die

Begriffsbestimmung von Teilhabe offenkundig. Die Beteiligung von Bürgern an

politischen Prozessen und die Mitbestimmung von politischen Entscheidungen, wird oft

automatisch mit den Eigenschaften einer demokratischen Staatsform in Verbindung

gebracht. Eine starke Verbundenheit von politischer Partizipation und Demokratie

belegt auch folgendes Zitat: „Any book about political participation is also a book about

democracy.“ (Parry et al. 1992, zit. nach van Deth 2003, S. 167). Demnach ist eine

Beteiligung der Bürger eine wichtige Voraussetzung für demokratische

Entscheidungsprozesse, z.B. bei Wahlen (vgl. ebd., S. 167).

Des Weiteren erfasst van Deth unter dem demokratischen Aspekt der Partizipation die

Funktion der Aktivierung. Dem schwindenden Interesse an Politik kann mit

Bürgerbeteiligungsmodellen entgegengewirkt werden, während gleichzeitig „durch die

verstärkte Einbeziehung unterschiedlicher Interessen die Entscheidungen stärker

legitimiert“ (2009, S. 98) werden. Diese Legitimation kann besonders durch den Einzug

einer verstärkten politischen Online-Partizipation gewährleistet werden, da im Web 2.0

Großteile der Bevölkerung erreichbar sind, die interaktiv teilhaben können.

Die neuen Möglichkeiten für demokratische und partizipative Verfahren durch das

Internet sind vielfältig, werden jedoch kaum genutzt. Besonders durch das Social Web

ist das Netz nicht mehr nur ein reines Abruf- und Transaktionsmedium, sondern bietet

durch sein interaktives Potential eine erleichterte Partizipation und Teilhabe in

demokratischen Systemen (vgl. Schmidt 2012, S. 4). Dazu ist anzumerken, dass die

meisten sozialen Medien wie z.B. Facebook oder Twitter nicht in erster Linie politische

Plattformen darstellen. Folglich auch nicht dafür vorgesehen sind eine Beteiligung an

politischen Prozessen und Entscheidungen zu ermöglichen.

Page 13: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

12

Die theoretisch geschaffenen Voraussetzungen für politische Kommunikation durch

soziale Netzwerke, sind jedoch ein Schritt in die richtige Richtung zu mehr Partizipation

und direkt-demokratischen Entscheidungsfindungen.

2.3. Kritik an der Partizipation

So gut und vernünftig sich die meisten theoretischen Überlegungen zu Partizipation

anhören, findet man in der Literatur natürlich auch kritische Äußerungen zu der

Forderung von mehr Mitbestimmung der Bürger. Dieser wird der folgende Abschnitt

gewidmet, da sie bei einer genauen Betrachtung des Begriffs nicht außer Acht gelassen

werden darf.

In Reaktion auf Heinrichs Werk „Partizipationsforschung und nachhaltige Entwicklung“

(2005), entwickelt Gethmann einige kritische Fragen zum Thema der Bürgerbeteiligung

(vgl. 2005, S. 32 f.). Das erste Problem stellt für ihn die Kompetenzzuordnung dar.

Schließlich stehen beim Prinzip der Teilhabe „Laien gegenüber (technischen) Experten,

aber auch Bürger, Betroffene, Konsumenten gegenüber Wissenschaftlern, politischen

Entscheidern, Produzenten“ (ebd., S. 32). Grundsätzlich geht es bei Partizipation folglich

um die Verschiebung von Entscheidungskompetenzen, die beispielsweise dem Bürger

zuerkannt und Experten oder PolitikernInnen aberkannt werden. Hier ist allerdings zu

hinterfragen, ob das tatsächlich die Funktion von Teilhabe darstellt? Geht es bei

Partizipation nicht vielmehr um Unterstützung und Mitbestimmung, wobei die Vorsilbe

„mit“ dick unterstreichen sein sollte, und nicht um Selbstbestimmung im Sinne der

Einflussnahme auf politische Entscheidungen? Zudem zeigt sich in der politischen

Praxis, dass auch PolitikerInnen oft Laien auf ihrem zuständigen Gebiet sind z.B. ein

ehemaliger Unternehmer als Umweltminister. Zwar werden diese von ihrem

Expertenstab beraten und in ihren jeweiligen Entscheidungen beeinflusst, jedoch lassen

sich externe Faktoren wie Profit und Macht, die dazu führen, dass bestimmte

Maßnahmen in Kraft gesetzt werden, nicht aus der gegenwärtigen Politik ausschließen.

Page 14: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

13

Natürlich tritt hier das Argument der Repräsentativitätsfunktion von Advokaten ein, die

stark mit dem Auftreten und Vertrauen der BürgerInnen verbunden ist, weil „er der

Bürger/ die Bürgerin sich nicht ständig mit den überkomplexen

Entscheidungsproblemen des Gemeinwesens auseinandersetzen will“ (ebd., S. 33). Das

ist auch einer der Gründe, warum Experten gerne von der Politikverdrossenheit der

heutigen Gesellschaft sprechen. Die empirisch belegte, sinkende Einflussüberzeugung

der BürgerInnen und die Fülle an negativer Politikberichterstattung, mit der wir jeden

Tag konfrontiert werden, führen zu dieser Verdrossenheit und tragen zu einem

negativen Politikbild der Bevölkerung bei (vgl. Schulz 2011, S. 155). Allerdings sollte

dies keine Entmündigungsstrategien rechtfertigen dürfen.

Ein weiterer Kritikpunkt, den Gethmann anspricht, ist der Betroffenheitsgrad.

Besonders bei technik- und wissenschaftspolitischen Entscheidungen „ist die

Abgrenzung zwischen Betroffenen und selbsternannten Berufsbetroffenen kaum noch

möglich“ (vgl. 2005, S. 33). Es geht also darum, dass BürgerInnen bei Themen ein

Mitbestimmungsrecht haben, obwohl sie nur mittelbar und indirekt von den möglichen

Maßnahmen betroffen sind. Ein offensichtlich starkes Argument gegen Partizipation. Bei

genauerer Betrachtung und einer anderen Perspektive auf die Sachlage verliert es

allerdings an Bedeutung. Ausgehend von einem/r, an dem Thema interessierten,

BürgerIn, der/die, obwohl nicht unmittelbar betroffen, ein gewisses Verständnis

bezüglich der Sachlage vorweisen kann, wird diese/r von einem/r Interessierten zum/r

Betroffenen. Dies könnte beispielsweise durch einen argumentativen Diskurs

geschehen, der eine gewisse Kompetenz in dem jeweiligen Themenbereich belegt und

somit das Recht auf eine Mitbestimmung begründet. Auf den Vorgang dieses Prozesses

wird in Kapitel 3.3. noch ausführlicher eingegangen.

Page 15: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

14

3. Online-Kommunikation und politische Partizipation

Dieses Kapitel widmet sich dem Verhältnis von Online-Kommunikation und politischer

Teilhabe, der Online-Partizipation. Dabei wird im ersten Teil auf relevante Studien zu

dem aktuellen Beteiligungsverhalten der Bürger im Web 2.0 eingegangen und

anschließend die theoretische Grundlage für eine „ideale Online-Partizipation“

vorgestellt, die den Prosumerbegriff von Axel Bruns, die deliberative Öffentlichkeit und

Ansätze der Theorie kommunikativen Handelns von Jürgen Habermas enthält.

3.1 Momentaufnahme politischer Partizipation im Web 2.0

Im Folgenden wird der aktuelle Forschungsstand zu dem Thema dargestellt. Wie bereits

erwähnt, muss dieser immer unter dem Gesichtspunkt des rasanten Wandels des

Internets und der zugehörigen Online-Kommunikation betrachtet werden. Damit sind

empirische Untersuchungen in diesem Gebiet nur als eingeschränkt verlässlich und

vorläufig gültig zu sehen. Trotz dieser Schwierigkeit und der Uneinigkeiten über den

Einfluss des Internets auf das Partizipationsverhalten wird in den nachfolgenden

Absätzen versucht, die Ergebnisse glaubwürdiger und relevanter Untersuchungen

darzustellen und miteinander in Beziehung zu setzen. Anschließend werden die

vorgestellten Studien einer Kritik unterzogen aus der sich grundlegende Aspekte für die

in Kapitel 3.3. vorgestellte „ideale Online-Partizipation“ ableiten lassen.

Hinsichtlich der politischen Teilhabe im Netz gibt es auf der einen Seite

Untersuchungen nach denen die Internetnutzung gar keinen oder nur einen begrenzten

Einfluss auf Partizipation hat (vgl. Vissers/Hooghe et al. 2012, S. 154), was unter der

Berücksichtigung der Möglichkeiten für politische Partizipation im Web 2.0 kaum

vorstellbar ist. Andere Studien wiederum zeigen einen starken, positiven

Zusammenhang zwischen internetbasierten politischen Informationen und politischer

Teilhabe (vgl. ebd., S. 155). Diese Diskrepanzen werden im Folgenden anhand konkreter

Beispiele dargestellt.

Page 16: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

15

Vissers, Hooghe et al. kommen in ihrer Untersuchung mit belgischen Probanden zu dem

Ergebnis, dass die Internetmobilisierung die Onlinepartizipation zwar stimuliert, das

Können im Umgang mit dem Netz (z.B. das Finden von Informationen mithilfe von

Suchmaschinen oder das Senden einer Email) jedoch überhaupt keinen Einfluss auf

diese hat (vgl. ebd. S 162). Medienkompetenz, im Sinne der Nutzung grundlegender

Funktionen des Internets, scheint hier also kaum einen Einfluss auf das

Partizipationsverhalten zu haben.

Im Gegensatz dazu wurde in einer deutschen Untersuchung (vgl. Emmer 2005;

Emmer/Vowe 2004; Vowe et al. 2007, zit. nach Emmer/Wolling 2010, S. 47) festgestellt,

dass die Internetnutzung das Einholen politischer Informationen zwar fördert und

partiell sogar den interpersonalen Austausch über Politik, „ein Einfluss auf politische

Partizipationsaktivitäten konnte allerdings nicht nachgewiesen werden“ (ebd.).

Die Auswirkungen des Internets auf dem Feld der politischen Teilhabe werden also vor

allem unter den Annahmen der Mobilisierungsthese diskutiert. Das positive Postulat

lautet demnach, dass das Web die Bürger zu einer stärkeren Beteiligung mobilisieren

kann (Norris 2000, zit. nach Emmer/Wolling 2010, S. 45). Demgegenüber steht die

Hypothese, dass die wachsende Bedeutung des Netzes zu einer Vereinzelung der

Nutzerschaft führt (Putnam 2000, zit. nach ebd.). Entscheidend für die Gültigkeit der

ersten Annahme, die auch in der vorliegenden Arbeit vertreten wird, ist der beispiellose

Präsidentschaftswahlkampf von Barack Obama im Jahr 2008, unter dem eine enorme

Mobilisierung der Wähler in Form von Unterstützung und Beteiligung stattgefunden hat

(Fliegauf & Novy 2009, zit. nach ebd.) und eine Untersuchung von Emmer und Wolling,

die Online- und Offline-Beteiligungsformen miteinander verglichen haben und einen

deutlichen Partizipationszuwachs feststellen konnten (vgl. 2009, S. 98-99). Analog zu

diesem Ergebnis hat auch De Vreese (2007) in einer Online-Befragung zwischen

niederländischen Jugendlichen herausgefunden, dass ein signifikant positiver

Zusammenhang zwischen Internetmobilisierung und politischer Online-Partizipation

besteht (vgl. Vissers/Hooghe et al. 2012, S. 155).

In jedem Fall ist die Nutzung des Internets für politische Kommunikation, die

notwendige Voraussetzung einer Partizipation im Netz, die reale Auswirkungen auf die

Öffentlichkeit haben soll (vgl. Emmer/Wolling 2010, S. 41).

Page 17: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

16

Dahingehend kamen Emmer und Wolling allerdings zu dem Ergebnis, dass das Web

weniger als ein politisches Medium wahrgenommen wird als klassische Medien wie

Fernsehen, Rundfunk oder Printmedien. Politische Informationen werden demzufolge

weniger über das Internet eingeholt (vgl. 2010, S. 42). Eine der Gründe dafür ist

vermutlich, dass diesbezüglich, trotz der bedeutenden Rolle des Webs in der

Öffentlichkeit, das Vertrauen in die „alten“ Medien nach wie vor überwiegt. Dass im

Umkehrschluss eine Abwendung von Politik durch Online-Nutzung stattfindet, konnte

allerdings nicht nachgewiesen werden (vgl. Kaczmirek/Raabe 2010, S. 536).

Eine Schwierigkeit im Umgang mit Studien zu diesem Thema liegt darin begründet, dass

die meisten Untersuchungen in europäischen oder amerikanischen Staaten

durchgeführt wurden, die ein relativ hohes Wirtschaftswachstum vorweisen können

und in denen es der Bevölkerung vergleichsweise gut geht. Es ist somit logisch

erklärbar, dass eine Partizipation hier nicht auf demselben Niveau stattfindet wie es

beispielsweise in den arabischen Ländern zu erwarten ist, in denen die Leute massiv von

ihrem Staat unterdrückt werden und sich die politische Teilhabe im und außerhalb des

Internets in Aufruhen und Massendemonstrationen äußert.

Ein weiteres Problem vieler empirischer Untersuchungen zur Beteiligung der Bürger ist,

dass häufig kein Unterschied zwischen der Online- und Offlinepartizipation gemacht

wird d.h. es wird zwar ein Zusammenhang zwischen Internetnutzung und Partizipation

festgestellt, jedoch nicht online im Sinne von politischen Diskussionen im Internet,

Organisation von UsernInnen im Netz oder ähnlichen Beteiligungsmöglichkeiten,

sondern beispielsweise bezüglich des allgemeinen Interesses an Politik und des

interpersonalen face-to-face Austauschs. Hier zeigt sich, dass eine sinnvolle Verbindung

von Online- und Offlinepartizipation fehlt, die allerdings notwendig ist, um eine

wirksamen Einfluss auf die Öffentlichkeit zu haben.

Der nächste Kritikpunkt an den bestehenden Studien ist, dass nahezu keine empirische

Untersuchung das Partizipationspotential von sozialen Netzwerken berücksichtigt.

Unter Online-Partizipation wird hier beispielsweise das Senden eines Artikels von einer

Umweltorganisation an eine/n FreundIn verstanden (vgl. Vissers/Hooghe et al. 2012, S.

160), wobei allerdings nicht klar ist, ob dies innerhalb eines sozialen Netzwerkes

geschieht oder beispielsweise per Email.

Page 18: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

17

Angesichts der dargestellten Ergebnisse bleibt festzuhalten, dass das Internet als Quelle

für politische Kommunikation zwar zugenommen hat, insgesamt die Erkenntnisse zur

Entwicklung der Bürgerpartizipation, zumindest angesichts der theoretischen

Möglichkeiten, jedoch relativ ernüchternd ausfallen.

Lediglich das Engagement für Organisationen im Netz hat deutlich zugenommen, die

partizipative Nutzung des Web 2.0 fällt nach wie vor recht gering aus (vgl. Bender 2012,

S. 126). Es bleibt allerdings die Hoffnung, dass sich durch den Generationenwandel

(„Digital Natives“), in dessen Folge eine überwiegend online-orientierte Mediennutzung

zu erwarten ist, auch die Partizipation im Netz zunimmt und sich eine „digitale Bürger-

Staat-Beziehung: die ‚E(lektronische)-Demokratie“ (Roleff 2012, S. 15) noch stärker

etabliert (vgl. ebd.). Unter diesem Aspekt müssen allerdings noch Rahmenbedingungen

geschaffen werden, die eine wirksame Bürgerbeteiligung ermöglichen können.

3.2. Theoretische Grundlagen einer digitalen Demokratie

Dieses Kapitel stellt die theoretische Einbettung der vorliegenden Arbeit dar und ist

gleichzeitig ein Vorschlag vor welchem theoretischen Hintergrund eine ideale

Bürgerpartizipation im Web 2.0 aussehen könnte. Dabei stellt der Prosumerbegriff eine

wichtige Voraussetzung für die politische Kommunikation und Teilhabe im Netz dar.

Darauf aufbauend, dass durch die Internetmobilisierung, die Partizipation verstärkt

online stattfinden kann, dient das Modell der deliberativen Öffentlichkeit als

Voraussetzung für die Beteiligung der Prosumenten. Im weiteren Schritt geht es konkret

um die dialogische Konsensfindung bezüglich gesellschaftsbezogener Themen, die mit

der Habermasschen Diskursethik verknüpft wird.

3.2.1. Der Begriff des Prosumers

Mit dem Begriff des Prosumenten (engl. “Prosumer“) hat sich Axel Bruns genauer

auseinandergesetzt. Er erweitert Kevin Kelly’s Ansatz zum Begriff des Prosumers aus

dessen bekannten Artikel „We are the Web“, der sich bereits speziell auf das Web. 2.0

bezieht, um die Grundprinzipien der „Produtzung“ (vgl. Bruns 2010, S. 194).

Page 19: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

18

„What matters is the network of social creation, the community of collaborative

interaction that futurist Alvin Toffler called presumption. Prosumers produce and

consume at once. The producers are the audience, the act of making is the act of

watching, and every link is both a point of departure and a destination“ (Kelly 2005, o. S.,

zit. nach Bruns 2010, S. 194).

Unter Produtzung (engl. „produsage“) versteht Bruns die Schaffung gemeinsamer

Inhalte, die in einem vernetzten, teilhabenden Umfeld, nicht an einer herkömmlichen

Form der Inhaltsproduktion, sondern auf die kollaborative und kontinuierliche

Entwicklung und Ausweitung bestehender Inhalte und deren Qualitätsverbesserung

abzielt (vgl. Bruns 2010, S. 199). Die Produkte der gemeinschaftlichen

Inhaltserschaffung durch Produtzer sind nach Bruns modular, unvollständig, können

erläutern und vernetzen, sind aber niemals wirklich abgeschlossen (vgl. ebd., S. 200).

Darüber hinaus stellt der Prozess der Produtzung einen ständigen, dynamischen und

ununterbrochenen Vorgang dar, der einer kontinuierlichen Aktualisierung, sowie einer

Erweiterung und Änderung gleichkommt (vgl. ebd.). Die Inhaltserschaffung ist ebenso

ein Ablauf, der sich nicht nach einem festgelegten Plan richtet, sondern auch von dem

Interesse der Produtzer an der Lösung spezifischer Probleme abhängig ist (vgl. ebd.).

3.2.2. Deliberative Öffentlichkeit

Mit „deliberativ“ werden Aspekte des Politikprozesses bezeichnet, denen

Entscheidungen sowohl vor-, als auch nachgelagert sind (vgl. Leggewie/Bieber 2008, S.

93), die also einen direkten Einfluss auf die Entscheidungsfindung und auf die daraus

resultierenden Maßnahmen haben. Im Idealfall bezeichnet der Begriff „mehrstufige und

von unmittelbarem Entscheidungszwang enthobene, gleichwohl

entscheidungsorientierte Erörterungen öffentlicher Angelegenheiten durch Laien in der

Öffentlichkeit“ (ebd.). In diesem Kontext ist besonders das Wort „Erörterung“ von

Bedeutung, das dieses nicht nur den Akt des „reinen Entscheidens“ meint, sondern eine

genaue Auseinandersetzung mit der öffentlichen Angelegenheit, in Form von

Kommunikation.

Page 20: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

19

Bezüglich des Aspektes des nachgelagerten Einflusses auf die getroffene Entscheidung,

spielen die Begriffe Reflexion und Evaluation eine wichtige Rolle. Reflexion

dahingehend, dass eine Bewusstmachung mit dem Prozess der Entscheidung und ihren

Folgen stattfinden sollte, auf den im nächsten Kapitel noch genauer eingegangen wird.

Evaluation, als Messinstrument zur Erfolgskontrolle, kann eine außerordentliche

Wirkung auf die Beteiligungsmotivation haben (vgl. dazu ausführlich Saam 2008), da

hier der tatsächliche Einfluss auf politische Entscheidungen sichtbar wird. Deliberation

kann folglich die Bürgerpartizipation fördern, im Idealfall sogar die Qualität eines

Entschlusses anheben, der auf die Filterung öffentlicher Meinung zurückgeht und nicht

allein auf das Urteil von Experten und Eliten (vgl. Leggewie/Bieber 2008, S. 93).

Deliberative Politik ist folglich eine Politik, die auf das Miteinander-Reden und

Miteinander-Handeln beruht. Entscheidungen gehen aus Diskussionen hervor, die durch

Argumente und Gegenargumente begründet sind und die beteiligten Personen folgen

idealerweise dem Zwang des „besseren“ Arguments (vgl. Ottmann 2006, S. 1). Dieses

Kriterium und der Aspekt der Gleichheit und Inklusion sind das Fundament der

Deliberation. Jeder hat also die gleichen Redechancen und niemand ist vom öffentlichen

Diskurs ausgeschlossen (vgl. ebd.).

Dementsprechend verwirklicht sich das deliberative Demokratieverständnis von

Habermas in einer politischen Öffentlichkeit, die sich aktiv in einem offenen,

herrschaftsfreien Diskurs, der durch Argumente gestützt und von gegenseitiger

Empathie und Konsensfindung gefärbt ist (vgl. Kersting 2008, S. 14). Diese sogenannte

Diskursethik ist die Grundlage des Modells der deliberativen Demokratie und dient auch

als Anbindung an die Forschungsfrage wie eine Bürgerpartizipation im Web 2.0, auf

Basis von Kommunikation, stattfinden sollte. Denn das Internet ist das einzige Medium,

wo Gleichheit und Inklusion ideal verwirklicht werden können und prinzipiell jedem/r

die Möglichkeit zur Teilhabe gegeben werden kann.

Page 21: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

20

3.2.3. Jürgen Habermas: Ansätze der Theorie kommunikativen Handelns

Der Grundgedanke der Habermasschen Theorie des kommunikativen Handelns und der

dazugehörigen Diskurstheorie der Wahrheit kann folgendermaßen beschrieben werden:

Sprechen bzw. Dialog verwirklicht sich in der Erhebung von Geltungsansprüchen, die

aus einem Diskurs hervorgehen. Aus diesem Grund entwickelt Habermas diesbezüglich

eine Universalpragmatik, aus der die Bedingungen der Kommunikation offengelegt

werden (vgl. Pinzani 2007, S. 87).

Wie in dem Modell der deliberativen Öffentlichkeit bereits angesprochen, spielt

Reflexion bei diesem Prozess eine wichtige Rolle. Habermas meint mit der „Kraft der

Reflexion“ eine Möglichkeit, Distanz zu den eigenen Traditionen zu gewinnen, Kritik an

ihnen zu üben und sie eventuell sogar zu verändern (vgl. ebd., S. 88). Tradition versteht

sich bei ihm somit nicht als etwas Festgeschriebenes, dass keiner Anpassung bedarf,

sondern wandelbar ist und sich durchaus an Zeit und Umstände angleichen lässt.

Kommunikation und interpersonaler Austausch kann folglich Lernprozesse in Gang

setzen, die so stark sind, dass sie Traditionen, als einen Teil der Kultur, verändern

können. Dieser Effekt kann ebenso auf Basis der Online-Kommunikation stattfinden.

Zwar kann es dabei durch die digitale Ebene, also kein face-to-face Austausch, zu einer

Minderung des Effekts kommen, jedoch sind die Möglichkeiten des interkulturellen

Austausches im Internet nahezu unbegrenzt.

In diesem Kontext ist auch der Begriff der Verständigung von besonderer Bedeutung.

Dieser ist der eigentliche Zweck des kommunikativen Handelns und beinhaltet das

potenziell kritische Moment, das es uns erlaubt die von einem/r DiskursteilnehmerIn

bzw. von der Tradition überlieferten Inhalte zu hinterfragen und auf seine Gültigkeit hin

zu überprüfen. Die Wahrheit eines Satzes muss sich anhand von Gründen beweisen

lassen, die von der Gemeinschaft der Kommunizierenden anerkannt werden. Der

Sprache schreibt Habermas dabei eine wichtige Rolle zu, da ihr von Natur aus ein Telos

der Verständigung innewohnt (vgl. Pinzani 2007, S. 87). Unter dem Aspekt der Online-

Kommunikation, muss folglich eine gemeinsame Sprachbasis gefunden werden.

Page 22: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

21

Damit ist nicht gemeint, dass ein konstruktiver Diskurs nicht in verschiedenen Sprachen

stattfinden kann, sondern die Idee einer universellen Vernunft ausschlaggebend ist, die

nicht nur eine übersubjektive Instanz darstellt, sondern letztlich auch unabhängig von

den Besonderheiten einzelner Sprachen und Gesellschaften ist (vgl. ebd., S. 102).

In diesem Zusammenhang ist auch die Universalpragmatik angesprochen, welche die

Basis der Theorie des Kommunikativen Handelns darstellt. Sie begreift den

Lebensprozess der Gesellschaft als einen durch Sprechakte vermittelten

Erzeugungsprozess. Dabei begründet sich die gesellschaftliche Realität auf der

faktischen Anerkennung von Geltungsansprüchen, die in symbolischen Gebilden wie

Sätzen, Handlungen, Gesten, Überlieferungen, Institutionen, sowie Weltbildern enthalten

sind. Die vier Geltungsansprüche nach Habermas sind Verständlichkeit, Wahrheit,

Richtigkeit und Wahrhaftigkeit (vgl. Pinzani 2007, S.93 f.), die im Folgenden sinngemäß

auf die Kommunikation im Web 2.0 übertragen werden.

Verständlichkeit soll hier als Anspruch gelten, sich so auszudrücken, dass die anderen

DiskursteilnehmerInnen die Intension des/r Sprechers/Sprecherin nachvollziehen

können. Bei diesbezüglichen Unklarheiten, sollte die Möglichkeit bestehen, den

Sprecher/die Sprecherin aufzufordern, sich zu erklären.

Der Geltungsanspruch der Wahrheit bedeutet, in Bezug auf die Welt der Tatsachen bei

der Wahrheit zu bleiben. Dabei gilt das als wahr, was von allen

DiskursteilnehmernInnen als solches akzeptiert wird.

Der Aspekt der Richtigkeit meint ein richtiges Sprechen/ Schreiben/ Ausdrücken (im

grammatikalischen Sinn), das dahingehend auch den Anspruch der Verständlichkeit

gewährleistet.

Wahrhaftigkeit beinhaltet, dass Gesagtes oder Geschriebenes auch genau so gemeint ist.

Anders als bei Wahrheits- oder Richtigkeitsansprüchen, die unmittelbar mit

Argumenten eingelöst werden können, kann der Sprecher/ die Sprecherin seine/ ihre

Wahrhaftigkeit nur durch seine Handlungen beweisen (vgl. Habermas 1995, S.69).

Handlungen sind im Kontext der Online-Kommunikation jegliche Inhalte, die von einer

Person in die Diskussion eingebracht werden.

Die Anwendung der vorgestellten Geltungsansprüche verwirklicht sich in einer idealen

Sprechsituation.

Page 23: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

22

Als Grundlage für eine Diskussion, muss diese für Habermas zwei Bedingungen erfüllen:

erstens, müssen alle potenziellen DiskursteilnehmerInnen die gleichen Chancen haben

an einem Dialog teilzuhaben, jederzeit die Möglichkeit haben Diskurse selbst zu

eröffnen, sowie durch Rede und Gegenrede, Frage und Antwort zu reagieren. Zweitens,

müssen alle DiskursteilnehmerInnen dieselben Rechte haben, Deutungen,

Behauptungen, Empfehlungen, Erklärungen und Rechtfertigungen einzubringen und

deren Geltungsanspruch in Frage zu stellen, zu begründen oder zu widerlegen, sodass

sich keine vorgefertigte Meinung auf Dauer der Thematisierung oder der Kritik

entziehen kann (vgl. Pinzani 2007, S. 103).

Eine der Hauptkritiken an der idealen Sprechsituation, ist die praktische Umsetzung.

Bemängelt wird die Knappheit an Wissen, Zeit und Teilnahme der Betroffenen (vgl. ebd.,

S. 150).

Mit fehlendem Wissen sind die möglichen zukünftigen Folgen der Anwendung eines

Grundsatzes, der im Konsens aller entstanden ist, gemeint. Dieses Wissen kann zwar nie

gewährleistet werden, aber durch die Legitimität der konsensualen

Entscheidungsfindung liegt die Verantwortlichkeit bei allen. Die Kritik der

Zeitknappheit, nach der ein Diskurs nicht ewig stattfinden kann, lässt sich in Online-

Diskursen relativieren, da diese weder zeitlich begrenzt sind, noch abgebrochen werden

müssen. Auch die Teilnahme der Betroffenen ist im Web 2.0 leichter zu fördern, da sie

weder real vor Ort sein müssen, noch zeitlich abhängig sind, um dem Diskurs

beizuwohnen.

Es zeigt sich also, dass die Annäherung an eine ideale Sprechsituation im Sinne

Habermas durch Online-Kommunikation möglich gemacht wird. Daher sollte sowohl

eine ideale Online-PR, als auch eine ideale Bürgerpartizipation im Web 2.0 an die

angeführten Ansätze der Theorie anknüpfen. Die praktische Anwendung solcher Online

Relations, die eine ideale politische Teilhabe ermöglichen sollen, findet sich in dem

vorgestellten Konzept in Kapitel fünf wieder.

Page 24: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

23

3.3. Die ideale Online-Partizipation

In diesem Unterkapitel werden noch einmal die wichtigsten Erkenntnisse aus den

Studien und der vorgestellten Theorie zu einer idealen Online-Partizipation

zusammengefasst. Diese stellt auch eine neue Form der politischen Kommunikation dar.

„Ideal“ bedeutet in dem Kontext dieser Arbeit, die optimale Vorstellung des Autors für

eine Bürgerbeteiligung im Netz.

Die vorgestellten Studien haben beispielsweise gezeigt, dass der Grad der Partizipation

der BürgerInnen im Web 2.0 sehr abhängig vom nationalen Kontext ist. Im Großteil der

mitteleuropäischen Staaten fällt die politische Beteiligung ziemlich gering aus. Aber

warum sollte die Bevölkerung dort auch besonders politisch aktiv sein, schließlich geht

es den meisten dort vergleichsweise gut? Das ist der erste Punkt an dem eine ideale

Partizipation, die durch das Internet geschaffen werden kann, ansetzen sollte:

Gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen, „über den Tellerrand zu blicken“ und

sich auch für die Probleme anderer Nationen zu interessieren, sollte eine Motivation für

eine optimale Beteiligung sein.

Andere Kulturen zu verstehen kann ein Mittel sein, Empathie zu entwickeln und im

Rahmen eines globalen Diskurses andere Perspektiven kennenzulernen. Medien

konstruieren Wirklichkeit, daher kann ein interkultureller Austausch auf bessere Art

und Weise ein Bild über die realen Verhältnisse schaffen. Wichtig für eine ideale

Partizipation im Internet ist in diesem Sinne, dass der öffentliche Austausch unter der

Gewährleistung von Anonymität stattfindet, da es bei einem politischen Diskurs nicht

auf die Eigenschaften der TeilnehmerInnen ankommt, sondern auf ihre politischen

Einstellungen und Werte. Dies impliziert, dass sich in einer Diskussion argumentative

Kritik nur gegen die politische Gesinnung richten darf und nicht gegen die

Persönlichkeit. Zukünftige Wahlen von Grundsätzen, die durch eine

Konsensentscheidung legitimiert sind, müssen dementsprechend wie reale Wahlen, frei

und geheim sein. Im gegenwärtigen Internet ist eine derartige Umsetzung so nicht

durchführbar, da es keine globalen Internetrechte gibt und jede/r UserIn durch seine IP-

Adresse zurück verfolgbar ist. Die Einführung rechtlichen Grundlagen für das Netz sind

folglich ein Ziel, dessen sich die ideale Online Partizipation annehmen muss.

Page 25: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

24

Ein weiterer Aspekt ist das Verhältnis der verschiedenen Partizipationsarten. Wie die

Untersuchungen zur Online- und Offlinepartizipation verdeutlicht haben, fehlt ein

Verbindungsstück zwischen diesen beiden Beteiligungsformen. Voraussetzung für eine

ideale Teilhabe im Internet ist nicht nur ein öffentlicher politischer Austausch, sondern

genauso interpersonale face-to-face Diskussionen. Wie in der von Habermas

angesprochenen „Kraft der Reflexion“, werden im realen Diskurs soziale Kompetenzen

gelernt, die so auch in einen Online-Diskurs eingebracht werden sollten.

Kommunikation wird im Kontext der vorliegenden Arbeit als sehr wichtige Form der

Partizipation wahrgenommen, da nur dadurch die Vertretung eines gemeinsam

erarbeiteten Konsenses, im Sinne der Interessen aller, legitimiert werden kann. Dieser

legitimierte Konsens stellt das Ziel der idealen Online-Partizipation dar, da auf dessen

Grundlage an die Realpolitik herangetreten werden kann und damit eine wirksame

Beteiligung möglich gemacht wird.

Eine wichtige Rolle spielt in diesen Überlegungen auch der Prosumeraspekt der

BürgerInnen im Netz, denn eine ideale Partizipation verwirklicht sich in der eigenen

Inhaltserstellung und Beteiligung am Diskurs: Jeder kann seine eigenen Interessen und

Einstellungen einbringen, die durch die Veröffentlichung bewusst der Kritik ausgesetzt

werden. Somit also eine offene Herangehensweise an die anderen

DiskursteilnehmerInnen erfordern, aber dahingehend auch eine Veränderung des

eigenen Standpunktes ermöglichen und ein „voneinander lernen“ fördern.

Im Sinne einer idealen Teilhabe im Netz nimmt der Prosument folglich aktiv und auf

freiwilliger Basis am gesellschaftlichen Diskurs teil. Die Rezeption und Erstellung dieser

Inhalte dienen dabei diskussionsgenerierend. Zudem kann er durch seine

Interessensgebiete eigene Kompetenzen einbringen, die ihm in Funktion eines/r

ModeratorsIn oder ThemenexpertenIn die Möglichkeit geben, die Diskussion anzuregen

und selbst die Qualität der Entscheidungsfindung zu verbessern. Bedingung dafür ist

auch eine gewisse Medienkompetenz, damit der Prosument Inhalte und deren Quellen

auf ihre Objektivität, ihren Wahrheitsgehalt und ihre Relevanz hin, kritisch überprüfen

kann.

Page 26: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

25

Des Weiteren muss die ideale Online-Partizipation unter den Bedingungen einer

deliberativen Politik stattfinden. Folglich muss jeder die gleichen Chancen haben zu

partizipieren und niemand darf vom öffentlichen Diskurs ausgeschlossen sein. Dies

dient auf der einen Seite der Beteiligungsmotivation der Teilhabenden, auf der anderen

Seite wird eine Legitimität des Konsenses impliziert, da jede/r teilnehmen kann, aber

nicht muss. Diese Legitimität ist nur unter einer Annäherung an die ideale

Sprechsituation gewährleistet, weil hier der Diskurs unter optimalen Voraussetzungen

stattfindet.

Ein Konzept von Bürgerbeteiligung mit einer ähnlichen Herangehensweise an eine

ideale Partizipation, allerdings fast ausschließlich auf persönlichen face-to-face Kontakt

aufbaut, wird im Folgenden vorgestellt.

4. Beispielmodell für Bürgerbeteiligung - Das World Café

In diesem Kapitel wird ein konkretes Modell zur Förderung der Teilhabekultur

vorgestellt: Das World Café. Es wurde 1995 ins Leben gerufen wurde und versteht sich

als Prinzip, das durch Dialog zu mehr Bürgerbeteiligung beiträgt.

„Shaping our futures through conversations that matter“ lautet der Untertitel des

Buches von Brown und Isaacs (2005) über das World Café. Und beschreibt in

metaphorischer Art und Weise das Prinzip einer simplen, aber produktiven

Kommunikation, das dazu dient konstruktive Dialoge zu fördern, die in Verbindung mit

persönlichen Bindungen und dem gemeinschaftlichen Leben stehen. Im Kern geht es

dabei um das Angehen gemeinsamer Probleme und die Definition von Zielen, sowie

einer innovativen Zukunftsplanung (vgl. Steier/Gyllenpalm et al. 2008, S. 167). Es ist

aber auch ein Prozess des Lernens, der eine Erweiterung des eigenen Horizonts und ein

Überdenken der eigenen Meinung ermöglicht. Dadurch kann eine intensive

Auseinandersetzung mit einem Thema gefördert werden, die wesentliche Fragen zum

Leben, zur Arbeit und zum Umfeld der TeilnehmerInnen beinhaltet (vgl. ebd.).

Page 27: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

26

Dabei wird angenommen, dass durch den World Café-Dialog eine Chance zur radikalen

Teilhabe hergestellt wird, da die Teilnehmenden in ihrem eigenen individuellen Denken,

bereits die Fähigkeit besitzen sich den größten Herausforderungen selbst zu stellen (vgl.

ebd), ohne Hilfe von Experten oder Eliten. Die Herausforderungen können sozialer und

politischer Art sein, also sowohl bezogen auf den Umgang mit den

DiskussionsteilnehmernInnen und das kollektive Gruppenverständnis, als auch auf das

Ziel etwas politisch zu verändern.

Die Leitprinzipien des „World Cafés“, um zu brauchbaren Erkenntnissen und Einsichten

zu kommen sind wie folgt (s. dazu ausführlich Steier/Gyllenpalm et al. 2008, S. 178 ff.):

gemeinsame Kontextdefinition (Thema der Diskussion), Gastfreundliches Ambiente,

Schlüsselfragenerkennung (Entwicklung der Fragestellungen), Ermunterung zur

Diskussion, Perspektivenaustausch und –verknüpfung, Muster- und

Kernfragenentdeckung (Erkennen von Zusammenhängen) und abschließend die

gemeinsame Ergebnisernte von Daten und Kenntnissen, die einen Einblick in die

Denkweisen eines „World Cafés“ gibt und das Hauptziel darstellt. In diesem letzten

Schritt wird nicht davon ausgegangen, dass Daten bereits vorhanden sind und lediglich

extrahiert werden müssen, sondern in einem partizipativen Vorgang entwickelt werden.

Dieser Prozess hat sich in der Vergangenheit schon des Öfteren bewährt und konnte

bereits überraschende Ergebnisse erzielen (vgl. ebd., S. 167).

Dieses Prinzip der Kommunikation zeigt, dass ein offener Umgang miteinander zu

konstruktiven Dialogen führen kann, aus denen Erkenntnisse zu gesellschaftlichen

Themen gewonnen werden, die durchaus das Potential haben, politische

Entscheidungen zu beeinflussen. Allerdings findet ein „World Café“-Dialog nur in einem

begrenzten Umfang statt, da die Diskussionsrunden eine Größenordnung von etwa 20

bis mehreren hundert Personen haben (vgl. ebd.). Was aber wäre, wenn man mehreren

tausend oder gar zehntausenden Menschen die Möglichkeit gibt sich an solchen

Dialogen zu beteiligen? Dieses Ausmaß an Partizipation wäre im Web 2.0 durchaus zu

verwirklichen und die Ergebnisse könnten einen bedeutend größeren Einfluss auf

politische Entscheidungen haben. Unter diesem Aspekt wird im folgenden Resümee das

Konzept von Option 2.0 vorgestellt.

Page 28: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

27

Dieses Modell von Christoph Mann und dem Autor der vorliegenden Arbeit, das als

Beispiel für politische Kommunikation im Web 2.0, gelten kann, nimmt

zusammenfassend relevante Ergebnisse aus der Forschung beider Autoren im Rahmen

ihrer Bakkalaureatsarbeit, wieder auf.

5. Resümee - Option 2.0 – Ein Modell für ideale Online-Partizipation

In diesem letzten Kapitel wird Option 2.0 als Verbindungsstück zwischen idealer Online-

PR und idealer Online-Partizipation vorgestellt. Es stellt gleichzeitig das Resümee der

vorliegenden Arbeit dar, weil sich die in Kapitel 3.3. herausgearbeiteten Aspekte für eine

ideale Bürgerbeteiligung im Web 2.0 angewendet wiederfinden. Die ideale Online-PR,

die in der Bakkalaureatsarbeit „Online Relations im Web 2.0 - Eine neue Form der

politischen Kommunikation“ von Christoph Mann (2012) beschrieben ist, stellt in

diesem Zusammenhang die Rahmenbedingungen für eine optimale Teilhabe dar.

Nach dieser, nimmt „die ideale Online-PR ... den Dialog als Konzept auf, um mit den

Möglichkeiten des Web 2.0, der Online Partizipation des Prosumenten und der

Bereitstellung von Information, die Interessen der eigenen Organisation, sowie der

Öffentlichkeit legitim zu vertreten“ (Mann 2012, S. 23).

Die kollaborativen und interaktiven Elemente des Internets schaffen dabei die

technischen Voraussetzungen für die wechselseitige Online-Kommunikation des

Prosumenten mit den PR-Treibenden. Aus der idealen Social Media Strategie, die als Teil

der idealen Online-PR aus der angesprochenen Arbeit hervorgeht, sind der Schlüssel für

die Bereitstellung von Information, Berichterstattungen, die objektiv und

staatenunabhängig die LeserInnen bilden (vgl. Zhang/Swartz 2009, S.47 ff.).

Die legitime Vertretung der Interessen der eigenen Organisation, sowie der

Öffentlichkeit wird in der Studie von Zhang und Swartz perspektivisch für eine

zukünftige Online-PR vorgeschlagen.

“Scholars argue that the inclusion of the dialogue concept in the public relations is an

important step toward understanding how organizations can build relationships that serve

both organizational and public interests”. (Zhang/Swartz 2009, S.54)

Page 29: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

28

Dieser Ansatz ist auch für die ideale Partizipation im Web 2.0 von Bedeutung, da hier

durch den Diskurs der Teilhabenden, eine legitimer Konsens entsteht, der dem

öffentlichen Interesse entspricht.

Unter diesen Ansätzen wird im Folgenden die Idee Option 2.0 von den Initiatoren

Christoph Mann und Fabian Höffner persönlich vorgestellt:

„Nach unserer Vorstellung ist Option 2.0 eine Website, die Community und

Newsplattformcharakter hat, Menschen zusammenbringt und die Welt lebenswerter

machen soll. Auf der einen Seite fungiert sie also als soziales Netzwerk, um Diskurse zu

erm glichen und einen gemeinscha tlichen onsens herauszuarbeiten, au der anderen

Seite werden interaktiv mit dem Prosumenten nhalte zur Ver gung gestellt, die einen

informativen und investigativen Charakter haben.

Gleichzeitig soll Option 2.0 eine Mischform aus NGO und NPO darstellen. Das heißt, die

Organisation ist nicht gewinnorientiert, allenfalls bedarfsdeckend ausgerichtet. Es geht

also nicht darum mit der dee eld anzuh u en, sondern die Rahmenbedingungen r eine

ideale Partizipation im Internet zu schaffen, die durch globale Aufmerksamkeit einen

tatsächlichen Einfluss auf international relevante Entscheidungen hat. Daher muss Option

2.0 staatenunabhängig agieren können.

Der Organisation kann jeder Mensch beitreten, da wir angesichts der internationalen

usammenh nge, ein ewusstsein r eine ‚Weltb rgerscha t‘ entwickeln m ssen, um die

global entstandenen wirtschaftlichen, sozialen und umweltbetreffenden Probleme zu lösen.

Diesen negativen Auswirkungen des Fortschritts, die uns alle angehen, können wir nur

gemeinsam und ohne vordergr ndig nationale nteressen, entgegenwirken. m dieses iel

zu erreichen, soll die Community im Diskurs Grundwerte und darauf aufbauende

sungsans tze r bestehende Probleme entwickeln, die als asis r ein neues, besseres

System gelten können.

Die konkrete Umsetzung dieses Vorgangs wird durch Option 2.0 so verwirklicht, dass der

Prosument anonym seine Werte und Einstellungen veröffentlicht, zur Diskussion stellt und

reflektiert. Anschließend werden aus den gesammelten Normen, Grundsätze formuliert, die

in dem gemeinsam ge undenen onsens begr ndet sind und damit ihre egitimit t

erhalten.

Page 30: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

29

nter diesen runds tzen wird die Wirklichkeit erneut betrachtet und berdacht. Neben

diesem ‚Fenster zur Realität‘, dass uns die Medien durch ihre Berichterstattung aufmachen,

soll Option 2.0 auch einen Raum r neues, innovatives Wissen bieten, mit dem ein orizont

zu einer besseren Zukunft sichtbar wird.“

Abschließend werden im Anhang der Arbeit zusätzlich ein PR-Konzept und

Überlegungen zur Communitygestaltung von Option 2.0 beigefu gt. Der erste Schritt, der

aus dem PR-Konzept hervorgegangen ist, war die Gru ndung der Facebook-Seite von

Option 2.0, um Aufmerksamkeit im weltweit größten sozialen Netzwerk zu erregen. Der

nächste Schritt ist die Erstellung einer unabhängigen Website.

„Wir wissen nicht ob und wie unsere Idee funktionieren wird und was daraus entstehen

kann. Aber wir wollen wenigstens den Versuch unternommen haben, unsere

Verantwortung r andere Menschen wahrzunehmen.“

Christoph Mann & Fabian Höffner

Page 31: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

30

Literaturverzeichnis

Bender, Marvin (2012): Rezension: Emmer, Martin/ Vowe, Gerhard/ Wolling, Jens

(2011): Bürger online. Die Entwicklung der politischen Online-Kommunikation in

Deutschland. In: Medien und Kommunikationswissenschaft, Heft 1/2012.

Brown, Juanita/ Isaacs, David (2005): The World Café. Shaping Our Futures Through

Conversations That Matter. San Francisco: Berret-Koehler Publishers.

Bruns, Axel (2010): Vom Produzer zum Prosument. In: Blättel-Mink, Birgit/ Hellmann,

Kai-Uwe (Hrsg.): Prosumer Revisited. Zur Aktualität einer Debatte. Wiesbaden: VS

Verlag für Sozialwissenschaften, S.191- 206.

Donges, Patrick/ Jarren, Ottfried (2011): Politische Kommunikation in der

Mediengesellschaft. Eine Einführung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.

21.

Emmer, Martin/ Wolling, Jens (2009): 'Online Citizenship'? Die Entwicklung der

individuellen politischen Beteiligung im Internet. In: Bertelsmann Stiftung (Hrsg.):

Lernen von Obama? Das Internet als Ressource und Risiko von Politik. Gu tersloh: Verlag

Bertelsmann Stiftung, S. 83-116.

Emmer, Martin/ Wolling Jens (2010): Online-Kommunikation und politische

Öffentlichkeit. In: Schweiger, Wolfgang/ Beck, Klaus (Hrsg.): Handbuch Online-

Kommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 59-79.

Facebook, Stand Ende 2012. Verfügbar unter:

http://newsroom.fb.com/content/default.aspx?NewsAreaId=22 (abgerufen am

25.6.2012).

Gethmann, Carl Friedrich (2005): Partizipation als Modus sozialer Selbstorganisation?

Einige kritische Fragen. In: GAIA, B 14/1, S. 32-33.

Page 32: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

31

Habermas, Jürgen (1995): Die Theorie kommunikativen Handelns. Band 1.

Handlungsrationalität und gesellschaftliche Rationalisierung. Frankfurt am Main:

Suhrkamp Verlag.

Hoecker, Beate (2006): Politische Partizipation: systematische Einfu hrung. In: Hoecker,

Beate (Hrsg.): Politische Partizipation zwischen Konvention und Protest. Eine

studienorientierte Einfu hrung. Opladen: Verlag Barbara Budrich, S. 3–20.

Kaase, Max (1995): Partizipation. In: Dieter Nohlen (Hrsg.): Wörterbuch, Staat und

Politik. Bonn: Bundeszentrale für politische Bildung, S. 521-527.

Kaczmirek, Lars/ Raabe, Jan (2010): Datenquellen und Standarduntersuchungen zur

Online-Kommunikation. In: Schweiger, Wolfgang/ Beck, Klaus (Hrsg.): Handbuch Online-

Kommunikation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 518-541.

Kersting, Norbert (Hrsg.) (2008): Innovative Partizipation. Legitimation, Machtkontrolle

und Transformation. In: Politische Beteiligung. Einführung in dialogorientierte

Instrumente politischer und gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, S. 11-40.

Leggewie, Claus/ Bieber, Christoph (2008): Webforum. In: Kersting, Norbert (Hrsg.):

Politische Beteiligung. Einführung in dialogorientierte Instrumente politischer und

gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 80-

92.

Mann, Christoph Phillip Thomas (2012): Online Relations im Web 2.0. Eine neue Form

der politischen Kommunikation. Unveröffentlichte Bakkalaureatsarbeit. Universität

Wien.

Ottmann, Henning (2006): Liberale, republikanische, deliberative Demokratie. In:

Synthesis Philosophica, B 42/2, S. 315-325.

Page 33: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

32

Peters, Bernhard (2002): Die Leistungsfähigkeit heutiger Öffentlichkeiten. Einige

theoretischen Kontroversen. In: Imhof, Kurt/ Jarren, Ottfried/ Blum, Roger (Hrsg.):

Integration und Medien. Wiesbaden: Westdeutscher Verlag, S. 23-35.

Pinzani, Alessandro (2007): Jürgen Habermas. München: Verlag C.H. Beck.

Roleff, Daniel (2012): Digitale Politik und Partizipation. Möglichkeiten und Grenzen. In:

Aus Politik und Zeitgeschichte, Heft 7/2012, S. 14-20.

Saam, Nicole J. (2008): Nachhaltigkeit transformativer Verfahren politischer

Partizipation? Theoretische Unmöglichkeiten und Konsequenzen für die Evaluierung. In:

Kersting, Norbert (Hrsg.): Politische Beteiligung. Einführung in dialogorientierte

Instrumente politischer und gesellschaftlicher Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, S. 255-269.

Schmidt, Jan-Hinrik (2012): Das demokratische Netz? In: Aus Politik und Zeitgeschichte,

Heft 7/2012, S. 3-8.

Schorb, Bernd (2008): Handlungsorientierte Medienpädagogik. In: Sander, Uwe, et al.

(Hrsg.): Handbuch Medienpädagogik. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S.

75-85.

Schultze, Rainer-Olaf (1995): Partizipation. In: Nohlen, Dieter/ Schultze, Rainer-Olaf

(Hrsg.): Politische Theorien (Lexikon der Politik, Bd. 1). Mu nchen: Verlag C. H. Beck,

S. 396 – 406.

Schulz, Winfried (2011): Politische Kommunikation. Theoretische Ansätze und

Ergebnisse empirischer Forschung. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften.

Steier, Frederick/ Gyllenpalm, Bo/ Brown, Juanita/ Bredemeier, Sabine (2008): World

Café. Förderung der Teilhabekultur. In: Kersting, Norbert (Hrsg.): Politische Beteiligung.

Einführung in dialogorientierte Instrumente politischer und gesellschaftlicher

Partizipation. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaften, S. 167-180.

Page 34: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

33

Van Deth, Jan (2003): Vergleichende Partizipationsforschung. In: Berg-Schlosser, Dirk;

Müller-Rommel, Ferdinand (Hrsg.): Vergleichende Politikwissenschaft. Ein einführendes

Studienhandbuch. Wiesbaden: VS Verlag für Sozialwissenschaft, S. 167-188.

Van Deth, Jan (2009): Politische Partizipation. In: Kaina, Viktoria/ Römmele, Anrea

(Hrsg.): Politische Soziologie. Ein Studienbuch. Wiesbaden: VS Verlag für

Sozialwissenschaften, S. 141-161.

Vissers, Sara/ Hooghe, Marc/ Stolle, Dielind/ Mahéo, Valérie-Anne (2012): The Impact of

Mobilization Media on Off-Line and Online Participation. Are Mobilization Effects

Medium-Specific? In: Social Science Computer Review, Vol. 30, S. 152-169.

Zhang, Juyan/ Swartz, Brecken Chinn (2009): Toward a model of NGO media diplomacy

in the internet age. Case study of Washington Profile. In: Public Relations Review, Vol.

35(1), S. 47-55.

Page 35: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Fabian Höffner 1007070 Bakkalaureats-Seminar LV-Leitung: Katharina Kleinen-von Königslöw

34

Anhang Abstract Die Veränderungen der politischen Partizipation durch die Folgen des Internets und der Online-Kommunikation sind ein intensiv diskutiertes Thema in der Literatur. Vor allem die interaktiven Möglichkeiten des Web 2.0, schaffen die theoretischen Rahmenbedingungen für eine direktdemokratische Teilhabe, auf deren Basis politische Entscheidungen legitim vertretbar wären. Während sich die wissenschaftlichen Debatten hauptsächlich mit dem gegenwärtigen Zustand der Online-Partizipation beschäftigen, findet kaum eine Auseinandersetzung mit den tatsächlich nötigen Voraussetzungen für eine wirksame politische Kommunikation im Netz statt. Unter diesem Aspekt wird analysiert, welche Bedingungen geschaffen werden müssen, damit eine Partizipation im Web 2.0 ideal gestaltet werden kann. Vor dem Hintergrund einer deliberativen Öffentlichkeit, können die Teilhabenden als Prosumer in einem diskursiven Prozess, politische Entscheidungen auf der Grundlage eines gemeinsamen Konsenses beeinflussen. Dieser Kommunikationsprozess unterliegt dabei optimalerweise der Diskursethik von Jürgen Habermas. Ihre Anwendung inden diese theoretischen Überlegungen in dem Modell von ‚Option 2.0’, das lang ristig zu einer Veränderung der politischen Öffentlichkeit beitragen könnte.

Page 36: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Option 2.0 Ein PR-Konzept

Page 37: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Unternehmensziel

Online-Community für gesellschaftsbezogenen Diskurs

Kommunikationsziele

•  Aufmerksamkeit erregen

•  Menschen zum Austausch anregen

•  Diskussions-/ DiskursKultur näherbringen

Page 38: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Strategie

•  Image als Werbung

•  Freunde für Option 2.0 finden

•  Community-Mitglieder und Freunde als Botschafter

•  Aktive Teilnahme fördern

Page 39: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Kommunikationsdisziplinen

•  Social Media

•  Klassische Medienarbeit

Page 40: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Taktik/Maßnahmen •  Facebook-Seite gründen

•  Konvente

•  Word of Mouth

•  Teaser

•  Freunde einladen

•  Inhalte kommunizieren

•  „Freunde mit Geld“ / Crowd Sourcing

•  Pressemitteilungen (klassische Medienarbeit)

Page 41: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Communications Scorecard Finanzen

•  Symbolwert: 300 €

•  „Freunde mit Geld“ / CS

•  Botschafter •  AdministratorI

nnen/Modera-torInnen

•  100 % Budgettreue

•  Anzahl der aktiven Nutzer

•  Businessplan

Erfolgsfaktoren

Werttreibende

Kennzahlen

Aktivitäten

Dialoggruppe

•  Austauschmög-lichkeiten

•  Diskurs/Diskussion

•  Image

•  Anzahl der Freunde v.a. aktive Nutzer

•  Facebook-Seite, später Website

•  Konvente •  Evaluierung

Potentiale

•  Neue Freunde/Mitglieder

•  Konsens

•  Botschafter •  Image

•  Dialoginhalte und Ergebnisse

•  Konvente •  Website

Prozesse

•  „Idealtreue“

•  AdministratorInnen/Moderator-Innen

•  Interne Selbstreflexion

•  Auswahl ModeratorInnen/Administra-torInnen

Page 42: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Communitygestaltung •  Profil („Ich, du, er, sie“)

•  Anonym (Künstlername)

•  Einstellung/Werte statt persönliche Daten

•  Laufende Aktualisierung des Profils durch Teilhabe an Diskursen/Grundsätzen

•  Persönliche Nachrichten (Chat)

•  Inhalte auf „Pinnwand“ sichtbar

•  Kultur erwünscht / Verbundenheit mit allen Lebensbereichen

•  Erste Seite •  Grundsatztafel

•  Steckbrief (Wer sind wir? Was machen wir? Für was stehen wir? Wofür brauchen wir euch? Was habt ihr davon? ...) + Fragen an Option 2.0 (ohne Anmeldung möglich)

•  Anmeldungs- / Registrierungsmöglichkeiten („Dabeisein“, „Hineingehen“)

Page 43: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Communitygestaltung

•  Rubriken •  Fragen an Option 2.0

•  Fenster zur Realität

•  Raum für Neues

•  Grundsatztafel

•  Quellen (Verlinkungen) „Do what‘s your best and link to the rest“

•  Sonstiges •  Logout („Hinausgehen“) + Zitat

Page 44: Partizipation*im*Web*2.0** - Respekt.net · 2013-07-15 · Bürgerpartizipation im Sinne der politischen Kommunikation mehr im Vordergrund der Internetnutzung steht. „Regierung

Communitygestaltung

•  Design •  Schlicht, minimalistisch

•  Übersichtlich

•  Farbe: weißer Hintergrund, schwarze Schrift, „bunte“ Beiträge

•  Jedes Profil hat eigene Farbe