Peter Anreiter, Universität Innsbruck Namenschichten des Wipptales · 2013. 6. 17. · Peter...

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Peter Anreiter, Universität Innsbruck Namenschichten des Wipptales

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  • Peter Anreiter, Universität Innsbruck

    Namenschichten des Wipptales

  • BRENNER

  • Der Namenschatz des Wipptales ist

    genealogisch kein homogenes Gebilde,

    sondern ein gegliedertes System, das die

    ehemalige Präsenz verschiedener Stämme

    und Völker widerspiegelt.

  • 3./2. vorchristliches Jahrtausend:

    Allmähliches Vordringen indogermanischer

    Sprecherkollektive nach Europa.

    Die Indogermanen kamen nicht in einem Schub

    nach Europa, sondern in mehreren Wellen. Die erste

    Einwanderungswelle benannte zunächst große

    Flüsse und Ströme.

    Sie schuf die sog. „Alteuropäische Hydronymie“.

  • ● entspringt am Tuxer Hauptkamm

    ● mündet in Innsbruck in den Inn

    ● 12. Jh.: flumen Sulle, 1346: Sulla, 1395: Sülle

    ● < *sul ā ‘Wasserschwall’ (idg. *s el-/*sul- ‘schwellen’)

    ● romanische Zwischenstufe: *sul ă

    … und wohl auch den Namen Sill

  • Nach langen phylogenetischen Prozessen …

    ● … entstand der vorrömische Stamm der Breonen

    ● die Breonen siedelten u. a. im Nordtiroler Wipptal

    ● sie gehörten dem indogermanischen Sprachstamm

    an, waren aber keine Kelten!

    ● das weiß man aus dem onomastischen Befund

    ● breonische Namen sind relativ zahlreich

  • IMPERATOR|CAESAR|DIV|FILIO AVGVSTO

    PONT MAXIMP XIIII TRIB POT XVII

    SENATVS POPULVSQVEROMANVS

    GENTES ALPINAE DEVICTAE. TRIVMPILINI. CAMVNNI.

    VENNONETES. VENOSTES. ISARCI. BREVNI. GENAVNES.

    FOCVNATES VINDELICORVM GENTES. QVATTVOR.

    Erwähnung der Breonen auf dem Tropaeum Alpium

    Quelle: http://elearning.unifr.ch/antiquitas/notices_

    images.php?id=187

  • Quelle: http://commons.wikimedia.org/wiki/

    File:Tirol_1918.png

    http://commons.wikimedia.org/wiki/http://commons.wikimedia.org/wiki/

  • ● 2. Hälfte des 4. Jhs. n. Chr.: Matreio, ca. 995 - ca. 1005:

    Matereia – 1050 - ca. 1065: Maturegio ● *māt(e)r-e - ‘Gebiet/Siedlung beim Wald’

    ● lat. materia ‘Bauholz, Balken’, vgl. engadin. madèr ‘dicker

    Baumstamm’

    ● vgl. Matreiwald (1160: apud siluam Matereia)

    Matrei

  • Schmirn

    ● 1249: vallis Smurne, 1288: Smrne, Smren, Smrn, Smurn● < *smurni ā ‘zur Smurna-Alm’ gehörig’ ← *smurnā ‘über-

    düngtes Almgebiet, Fettweide’ (< idg. *sm - ‘schmieren’)

    Navis

    ● 1177: Navisse, 1288: Nauisse, 1300: Navisse

    ● < *na ís ā ← *na ā ‘Neubruch, Rodung’ (< *no ā< idg. *ne ah2)

    ● Eindeutschung nach 1050 n. Chr.

  • Die Römer

    Kurz vor Christi Geburt eroberten die Römer die

    Alpen. Oberbefehlshaber waren Tiberius und

    Drusus, die Stiefsöhne des Augustus. Die

    eingeborenen Stämme wurden unterworfen,

    aber erst nach Jahrhunderten kam es zum

    Sprachwechsel. Die Römer bauten wichtige

    Straßen (Truppenmobilität, Handelswege) bzw.

    bauten bereits bestehende Wege aus. Der

    Ostalpenraum wurde in 3 römische Provinzen

    aufgeteilt, nämlich Rätien, Noricum und

    Pannonien.

  • Verlauf der Via Raetia

    http://img.geocaching.com/track/large/f43a891f-f7cc-4b81-ba19-9ce582d365f8.png

    //upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/0/04/R%C3%B6mische_Provinzen_im_Alpenraum_ca_150_n_Chr.png

  • Das Alpenromanische

    Während das klassische Latein ca. um Christi

    Geburt erstarrte, entwickelte sich das Umgangs-

    latein der Römer weiter und mündet letztlich in

    die späteren romanischen Einzelsprachen. In den

    Alpen entwickelte sich im Laufe der Jahrhunderte

    eine (dialektal differenzierte) Sprache, die man

    „Alpenromanisch“ bzw. „Ladinisch“ bzw. auch

    „Rätoromanisch“ bezeichnen kann. Ihre moder-

    nen Fortsetzer finden sich im Kanton Graubün-

    den, in den Dolomiten und im Friaul.

  • Frade

    ● 1288: Velurade, 1300: Volurade

    ● < roman.*val forāda ‘eingekerbtes Tal’Karte: AMapFly - Austrian Map

  • Padaster

    ● 1288: Pudaesters, 1312: Paderster, 1487: Padäster

    ● < roman.*pradastris < lat. prātastris ‘bei den schlechten Wie-

    sen’ (← prātum ‘Wiese’) Karte: AMapFly - Austrian Map

  • Gedeier

    ● 1294: Gadür, 1312: Gad re, 1339: Gadaeur

    ● < roman.*cadṻra < lat. *cautūra ‘Schutzvorrichtung des

    Weideviehs’ (← cavēre ‘Schutzvorrichtungen treffen’)

    Karte: AMapFly - Austrian Map

  • Im 6. Jh. n. Chr.: Erster Vorstoß germanischer Stämme

    Haupteinfallsroute: Seefelder Sattel bzw.

    Mieminger Plateau

    „Romanenlücke“ zwischen Zirl und Telfs (uralte

    Namen auf -ing, -hausen, -hofen)

    Früher Vorstoß nach Süden: Inntal → Wipptal →

    Pustertal (Kampf gegen die Slaven: Schlacht

    bei Aguntum [610 n. Chr.])

  • Germanen

    Slaven

  • 1288: Prennerius de Mittenwalde

    Einst ein ausgedehntes

    Waldgebiet namens

    Wibetwald zwischen Gries

    am Brenner und Gossensaß.

    Die Mitte des Waldes war

    die eigentliche Passhöhe,

    die heutige Staatsgrenze.

    Anthroponym (Berufsbezeichnung) → Hofname → Toponym

    Brenner

    Karte: AMapFly - Austrian Map

  • Ellbögen

    ● 1157: in monte, qui dicitur Ellenpoge, 1170-1173: Ellen-

    pogen, 1173-1181: Ellinbogin

    Gemeindewappen

  • Puig

    ● 1305: Pivge, ca. 1320: Pueg, 1359: Piwge, 1374: Pewg

    ● < *biuga ‘Biegung’, vgl. 1628: zur Peug

    Karte: AMapFly - Austrian Map

  • Danke für Eure/Ihre Aufmerksamkeit !