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MEDI-LEARN Skriptenreihe 2013/14 In 30 Tagen durchs schriftliche und mündliche Physikum Probekapitel Biologie 2 Sebastian Huss Genetik, Mikrobiologie und Ökologie

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MEDI-LEARN Skriptenreihe 2013/14

In 30 Tagen durchs schriftliche und mündliche Physikum

Probekapitel

Biologie 2Sebastian Huss

Genetik, Mikrobiologie und Ökologie

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2 Genetik 1

2.3 Formale Genetik .................................... 12.3.1 Allgemeines und Begriffe ...................... 12.3.2 Mendel-Gesetze .................................... 22.3.3 Wichtige Vererbungs gänge im

Blutgruppensystem ............................... 32.3.4 Autosomale und gono somale Verer-

bungsgänge ........................................... 62.3.5 Mitochondriale Vererbungsgänge .......... 92.3.6 Vererbungsgänge bei Zwillingen ........... 92.3.7 Stammbäume ........................................ 92.4 Populationsgenetik .............................. 102.5 Mutationen .......................................... 112.5.1 Punktmutation ..................................... 122.5.2 Rasterschubmutation (Frameshift) ...... 13

3 Allgemeine Mikrobiologie und  Ökologie 17

3.1 Prokaryonten und Eukaryonten ........... 173.2 Allgemeine Bakteriologie..................... 173.2.1 Morphologische Grundformen ............ 173.2.2 Bestandteile einer Bakterienzelle ........ 183.2.3 Genetische Organisation einer

Bakterienzelle ...................................... 183.2.4 Zytoplasma .......................................... 203.2.5 Zellmembran ....................................... 243.2.6 Zellwand .............................................. 243.2.7 Kapsel .................................................. 273.2.8 Fimbrien (Pili) ....................................... 303.2.9 Geißeln ................................................ 30

3.2.10 Bakterielle Sporen ............................... 303.3 Bakterienphysiologie ........................... 313.3.1 Nährmedium ....................................... 313.3.2 Verhalten gegenüber Sauerstoff .......... 313.3.3 Exkurs: Clostridienstämme ................ 313.3.4 Verhalten gegenüber pH und

Temperatur .......................................... 323.3.5 Wachstumskurve einer

Bakterienkultur .................................... 323.4 Antibiotika ........................................... 333.4.1 Angriff am prokaryontischen Ribosom 333.4.2 Angriff an der Zellwand ....................... 343.4.3 Resistenzen ......................................... 343.5 Bakterienklassifizierung ....................... 373.6 Pilze ..................................................... 383.6.1 Sprosspilze .......................................... 403.6.2 Fadenpilze ........................................... 403.6.3 Antimykotika ........................................ 403.6.4 Pilztoxine ............................................. 413.7 Viren .................................................... 413.7.1 Aufbau ................................................. 413.7.2 Vermehrungszyklus ............................. 423.7.3 Virenklassifikation ............................... 433.7.4 Bakteriophagen ................................... 433.7.5 Retroviren (RNA-Viren) ........................ 433.7.6 Viroide ................................................. 433.7.7 Prionen ................................................ 433.8 Ökologie .............................................. 473.8.1 Symbiose............................................. 473.8.2 Kommensalismus ................................ 473.8.3 Parasitismus ........................................ 473.8.4 Die Nahrungskette ............................... 47

Inhalt

Wichtiger Hinweis für alle LeserDie Medizin ist als Naturwissenschaft ständi-gen Veränderungen und Neuerungen unter-worfen. Sowohl die Forschung als auch kli-nische Erfahrungen führen dazu, dass der Wissensstand ständig erweitert wird. Dies gilt insbesondere für medikamentöse Therapie und andere Behandlungen. Alle Dosierungen oder Applikationen in diesem Buch unterlie-gen diesen Veränderungen. Obwohl das MEDI-LEARN Team größte Sorg-falt in Bezug auf die Angabe von Dosierungen oder Applikationen hat walten lassen, kann es hierfür keine Gewähr übernehmen. Jeder Leser ist angehalten, durch genaue Lektüre der Beipackzettel oder Rücksprache mit einem Spezialisten zu überprüfen, ob die Dosierung oder die Applikationsdauer oder -menge zu-trifft. Jede Dosierung oder Applikation erfolgt auf eigene Gefahr des Benutzers. Sollten Feh-ler auffallen, bitten wir dringend darum, uns darüber in Kenntnis zu setzen.

Herausgeber: MEDI-LEARN Verlag GbRElisabethstraße 9, 35037 Marburg/Lahn

Herstellung:MEDI-LEARN KielDorfstraße 57, 24107 OttendorfTel. 0431 78025-0, Fax 0431 78025-262E-Mail [email protected] www.medi-learn.de

Verlagsredaktion: Dr. Marlies Weier, Désirée Weber, Denise Drdacky, Jens Plasger, Ines Behlert, Kare Ahlschwede, Christian Weier, Janina Sörensen, Kirsten Reinfeld

Layout und Satz: Fritz Ramcke, Kristina Junghans, Christian  Gottschalk, Kira Süther, Julia Petersen, Arne von Bassi

Grafi ker: Dr. Günter Körtner, Irina Kart, Alexander Dospil, Christine Marx

Illustration: Daniel Lüdeling

Druck: Messedruck Leipzig GmbH

5. Aufl age 2012© 2012 MEDI-LEARN Verlag GbR, Marburg

Das vorliegende Werk ist in all seinen Teilen urhe-berrechtlich geschützt. Alle Rechte sind vorbehal-ten, insbesondere das Recht der Übersetzung, des Vortrags, der Reproduktion, der Vervielfältigung auf fotomechanischen oder anderen Wegen und Speicherung in elektronischen Medien.Ungeachtet der Sorgfalt, die auf die Erstellung von Texten und Abbildungen verwendet wurde, kön-nen weder Verlag noch Autor oder Herausgeber für mögliche Fehler und deren Folgen eine juristi-sche Verantwortung oder irgendeine Haftung über-nehmen.

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3 Allgemeine Mikrobiologie und  Ökologie

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3.2.8 Fimbrien (Pili)

Fimbrien (Pili) sind Fortsätze an der Oberflä-che von Bakterien (s. Abb. 7, S. 18). Man un-terscheidet – Haftpili, die für Adhäsionskontakte z. B. an

Epithelien benötigt werden von – Konjugationspili (Sexpili), über die geneti-

sches Material übertragen werden kann (s. Parasexualität, S. 19).

3.2.9 Geißeln

Manche Stäbchenbakterien besitzen die Fähig-keit, Geißeln auszubilden. Geißeln sind Fortbe-wegungsorganellen, die aus repetitiven Prote-ineinheiten aufgebaut sind. Das Protein heißt Flagellin. Diese Proteinfäden haben die Eigen-schaft, wie ein Propeller zu rotieren und da-durch das Bakterium fortzubewegen.Man bezeichnet das Flagellin auch als H-Antigen. Da es in unterschiedlichen Formen vorkommt, kann man es zur Bakterientypi-sierung begeißelter Bakterien (z. B. E. coli) benutzen.Je nach Art der Begeißelung unterscheidet man monotriche (eine Geißel), lophotriche (ein Bündel von Geißeln) und peritriche (über die ganze Zelle verteilte) Begeißelung.

monotrich lophotrich peritrich

Abb. 13: Begeißelung medi-learn.de/bio2-13

Schraubenbakterien können sich auch ohne Geißeln fortbewegen, indem sie um die eige-ne Achse rotieren.

3.2.10 Bakterielle Sporen

Bestimmte Bakterien haben die Fähigkeit zur Sporulation. Sie können unter ungünstigen Be-dingungen eine wasserarme Dauerform (Spo-re) ausbilden. Sporen enthalten die genetische Information des Bakteriums, etwas Zytoplas-ma und eine sehr robuste Sporenwand. Sie ha-ben einen reduzierten Stoffwechsel und sind widerstandsfähig gegen Erhitzen, Austrocknen und andere Umwelteinflüsse. Unter günstigen Lebensbedingungen kann die Spore sich wie-der in die vegetative Form eines Bakteriums (normale Lebensform) umwandeln.

Alle Kokken sind unbegeißelt und daher unbe-weglich.

Merke!

– Sporen können nur von bestimmten Bakteri-engattungen wie Clostridien und Bacillus ge-bildet werden.

– Es entsteht immer nur eine Spore aus einem Bakterium.

– Im Gegensatz zu Pilzsporen dienen bakteriel-le Sporen NICHT der Vermehrung.

Merke!

Übrigens …Bacillus anthracis ist der Erreger des Milzbrandes. Während des Zwei-ten Weltkriegs experimentierten die Engländer auf einer Insel mit Milz-brandsporen, woraufhin die Insel bis in die 1990er Jahre unbewohnbar war …

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3.3 Bakterienphysiologie

selwege umschalten. Analog dazu sind die fakultativ aeroben Keime normalerweise an-aerob, können aber auch auf aerobe Energie-gewinnung ausweichen.Zusätzlich dazu gibt es noch die capnophilen Keime, die einen hohen CO2-Anteil in ihrer Um-gebung bevorzugen.

3.3.3 Exkurs: Clostridienstämme

Clostridien (grampositive Stäbchen) sind nicht nur Sporenbildner (s. 3.2.10, S. 30), sondern auch ein gutes Beispiel für anaerobe Bakteri-en. Insgesamt existieren vier Unterarten, de-ren prüfungsrelevante Besonderheiten im Fol-genden erläutert werden.1. Das Bakterium Clostridium botulinum pro-

duziert das Botulinumtoxin (Botox), wel-ches das stärkste bekannte Gift darstellt. Es hemmt die Acetylcholinfreisetzung an der motorischen Endplatte und führt so zu schlaffen Lähmungen. Klinisch kommt es zunächst an den kleinen Augenmuskeln zu Symptomen: Das früheste Anzeichen sind Doppelbilder. Die Lähmungen können dann weiter fortschreiten und durch eine Atem-lähmung zum Tod führen.

bevorzugter Wachstums-bereich für Aerobier

bevorzugter Wachstums-bereich für Anaerobier

�üssiges Nährmedium

Luft(21 % O2)

Abb. 14: Verhalten gegenüber Sauerstoff

medi-learn.de/bio2-14

3.3 Bakterienphysiologie

In diesem Abschnitt geht es darum, welche An-sprüche Bakterien an ihr Nährmedium stellen, damit sie im Körper oder auf einer Laborplat-te wachsen können. Danach wenden wir uns einer exemplarischen Wachstumskurve einer Bakterienkolonie zu, da sich dabei wichtige Aussagen treffen lassen.

3.3.1 Nährmedium

Für die Anzucht von Bakterien kann man flüs-sige oder feste Nährböden benutzen. Wenn ein Bakterium sich vermehrt, wird bei der flüssi-gen Kultur eine Trübung und bei dem festen Nährboden eine Kolonie sichtbar.Ein festes Nährmedium stellt man z. B. mit Agar her, einer Substanz aus Tang, die auch bei hö-heren Temperaturen ihre Konsistenz bewahrt.Um zu wachsen, brauchen Bakterien Nährstof-fe, die den Nährböden zugesetzt werden: – Kohlenstoff wird in Form von Glucose zu-

gesetzt, die Stickstoffquelle ist meist Pep-ton (verkochtes Fleisch).

– Von den Mikroelementen wie z. B. Fe und Cu braucht ein Bakterium wesentlich weniger.

Meistens reicht eine Bebrütungszeit von 12 Stunden, um eine Kultur zu bewerten. Ausnah-me: langsam wachsende Bakterien wie Myko-bakterien (s. Kapitel 3.2.6, S. 24).

3.3.2 Verhalten gegenüber Sauerstoff

Es gibt sowohl obligat aerobe Bakterien, die nur in Anwesenheit von Sauerstoff wachsen, als auch obligat anaerobe Keime, für die Sau-erstoff schädlich ist (s. Abb. 14).Aerobe Keime gewinnen ihre Energie über die Atmungskette, für anaerobe Bakterien be-steht diese Möglichkeit nicht – sie nutzen die Gärung.Zwischen diesen beiden Extremen sind die fakultativ anaeroben und die fakultativ aero-ben Bakterien einzuordnen. Fakultativ anaero-be Bakterien sind in der Regel aerob, können aber durchaus auch auf anaerobe Stoffwech-

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Wunden sollte man daher immer den Impf-schutz gegen Tetanus überprüfen.

4. Clostridium difficile ist für antibiotikaindu-zierte Durchfälle verantwortlich. Die ausge-löste Erkrankung heißt pseudomembranö-se Kolitis.

3.3.4 Verhalten gegenüber pH und Temperatur

Humanpathogene Keime bevorzugen beim pH-Wert und der Temperatur logischerwei-se das Milieu, welches im menschlichen Kör-per vorherrscht: Sie haben ein Temperaturop-timum bei 37 Grad und schätzen einen relativ neutralen pH-Wert. Daher sind die Eintritts-pforten des Körpers für viele Keime eine un-überwindbare Barriere – z. B. das saure Milieu des Magens (pH 1) oder der Scheide (pH 4,5).

3.3.5 Wachstumskurve einer Bakterienkultur

Die Reduplikationszeit (Generationszeit) be-trägt bei schnellwüchsigen Bakterien (z. B. E. coli) ca. 20 Minuten. Das bedeutet: In die-ser Zeit verdoppelt sich die Anzahl der Bakteri-en in einer Kultur. So können aus einem einzi-gen Bakterium nach einem Tag Bebrütungszeit Milliarden von Keimen entstehen.Dabei ist die Generationszeit abhängig von äußeren Bedingungen wie Substratangebot, Temperatur und pH-Wert. Nur wenn alles op-timal eingestellt ist, kann sich z. B. E. coli so schnell replizieren. Bebrütet man eine frisch mit Bakterien ausgestattete Kultur, so lässt sich eine Wachstumskurve darstellen. An die-ser Kurve sind verschiedene Bereiche wichtig:1. Während der Lag-/Latenzphase muss sich

das Bakterium erst an das Nährmedium an-

Übrigens …Es gibt ein Bakterium, das sich speziell an das Überleben im sauren Magen-milieu angepasst hat. Es heißt Helico-bacter pylori und ist für viele Magen-geschwüre verantwortlich.

Es gibt mehrere Botoxunterarten (A bis F), die zum Teil über unterschiedliche Me-chanismen die Acetylcholinfreisetzung hemmen. Subtyp B greift z. B. am SNA-RE-Protein (soluble N-ethylmaleimide-sen-sitive-factor attachment receptor) an und hemmt die Verschmelzung der Vesikel mit der Zellmembran. Der Name Clostridium botulinum kommt von lat. botulus: Wurst. Denn in Wurstkon-servenbüchsen war zu Zeiten früher Konser-vierungstechniken, in denen Sporen nicht zuverlässig vernichtet wurden, eine sauer-stoffarme, optimale Umgebung für das Aus-keimen dieser Anaerobier gegeben.

2. Clostridium tetani produziert das Tetanus-toxin. Dieses Neurotoxin hemmt die Neu-rotransmitterausschüttung (GABA und Glycin) an den inhibitorischen Synapsen spinaler Motoneurone. Hierbei wirkt es als Metalloprotease und spaltet ein bei der Exo-zytose der Transmitter unabdingbares Mo-lekül: das Synaptobrevin. Durch den Wegfall der Inhibition kommt es zur Übererregbar-keit der Motoneurone. So sind die auftre-tenden spastischen Lähmungen zu erklä-ren. Klinisch imponiert unter anderem der Risus sardonicus (Teufelsgrinsen), bei dem die Gesichtsmuskulatur sich zu einem „Lä-cheln“ verkrampft.

3. Clostridium perfringens ist der Auslöser des Gasbrandes. Damit bezeichnet man eine rasch fortschreitende nekrotisierende Fas-zienentzündung, die nur sehr selten auftritt. Sporen von Clostridien findet man im Erdbo-den (anaerobes Milieu). Wenn sie mit Staub und Dreck tief genug in eine Wunde gelangen, sind sie vor Sauerstoff geschützt und erfreu-en sich bester Gedeihbedingungen. Dieser In-fektionsweg ist klassisch für Tetanus und das Clostridium perfringens. Bei verschmutzten

Übrigens …Botox wird gerne in der Schönheits-chirurgie benutzt, um Falten „wegzu-spritzen“.

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3.4 Antibiotika

Sporulation besitzen und so in ihrer Dauer-form überleben.

3.4 Antibiotika

Antibiotika sind Mittel zur Bekämpfung von Mi-kroorganismen. Substanzen, welche die Ver-mehrung und das Wachstum von Bakterien hemmen, bezeichnet man als bakteriostatisch. Stoffe, die Bakterien abtöten, nennt man bak-terizid (s. Abb. 16). Diese Begrifflichkeiten gel-ten analog für Pilze: fungistatisch und fungizid. Es gibt zwar eine Vielzahl verschiedener Anti-biotika – im Rahmen der Biologie sind glückli-cherweise jedoch nur solche mit den hier dargestellten zwei Angriffspunkten prüfungs-relevant. Weitere prüfungsrelevante Antibioti-ka erwarten dich in Band 4 der Biochemie.

3.4.1 Angriff am prokaryontischen Ribosom

– Das Antibiotikum Chloramphenicol hemmt die große (50S-)Untereinheit der Prokary-onten. Die große Untereinheit der eukary-ontischen Ribosomen wird dagegen nicht beeinflusst.

– Tetrazyclin wirkt an der kleinen (30S-)Un-tereinheit der Prokaryonten hemmend. Auf-grund der unterschiedlichen Bauweise wer-den eukaryontische Ribosomen auch von diesem Antibiotikum nicht beeinflusst.

Resistenz gegenAntibiotikum

ohneAntibiotikum

bakteriostatischesAntibiotikum

bakteriozidesAntibiotikum

Abb. 16: Antibiotika-Wirkungen

medi-learn.de/bio2-16

passen, und die Keime teilen sich langsam. Diese Adaptation bedingt den zunächst fla-chen Kurvenverlauf.

2. In der Log-Phase wird die maximale Tei-lungsrate erreicht und das Bakterienwachs-tum erfolgt exponentiell. Werden keine wei-teren Nährstoffe zugesetzt, nimmt deren Angebot ab, während die Stoffwechselpro-dukte der Bakterien ansteigen.

3. In der Retardationsphase nimmt das Nah-rungsangebot so weit ab, dass keine opti-malen Zuwachsraten mehr erfolgen können – die Kurve flacht ab. Es ist auch denkbar, dass Stoffwechselprodukte der Bakterien das Wachstum hemmen. Die Produktion von Lactat (Milchsäure) führt z. B. zu einer pH-Ab-nahme, sodass das Medium nicht mehr im optimalen pH-Wert-Bereich ist.

4. In der stationären Phase stellt sich ein Gleichgewicht zwischen absterbenden und entstehenden Bakterien ein. Diese Phase weist die maximale Populations-dichte auf.

5. Während der Absterbephase nimmt – durch ein immer weiter sinkendes Angebot an Nährstoffen – die Zahl der sterbenden Kei-me zu, und die Kurve fällt. Am Ende der Absterbephase bleiben nur solche Bakteri-en übrig, die durch Spontanmutationen ei-nen Vorteil aus den schlechten Bedingungen gemacht haben oder die die Fähigkeit zur

t

1

2

3 5

Nährstoffe(Abnahme)

Stoffwechselprodukte(Zunahme)

4

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Bakt

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Abb. 15: Wachstumskurve medi-learn.de/bio2-15

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koplasmen, die keine Zellwand besitzen, wird man mit Penicillin wenig ausrichten können.Erworbene Resistenzen entstehen durch Mu-tationen und können durch Plasmide verbreitet werden. Beispiel: Die Gene für β-Lactamasen, die den essenziellen β-Lactamring des Penicil-lins spalten und dadurch das Antibiotikum in-aktivieren.Für solche Fälle hat man glücklicherweise heu-te die Betalactamaseinhibitoren, die einem empfindlichen Penicillin beigemischt werden können und es damit vor dem Abbau schützen.

MRSA

Ein wichtiger Keim, den du im Zusammenhang mit Resistenzen kennen solltest, ist MRSA. Die Abkürzung steht für „methicillinresistenter Staphylococcus aureus“. Zwar führen MRSA-Keime nicht häufiger zu Infektionen als norma-le Staphylococcus-aureus-Stämme, aber da es sich um einen multiresistenten Keim handelt, ist er schlecht behandelbar. Eine antibiotische Therapie sollte daher nur nach individueller Resistenzprüfung durchgeführt werden. Meist kommen dafür Reserveantibiotika (z. B. Vanco-mycin) zum Einsatz.

Übrigens …Eine Übertragung von MRSA erfolgt häufig nosokomial, d. h. im Kranken-haus. Die größte Gefahr geht für die Patienten von kontaminierten Händen des medizinischen Fachpersonals aus. Um die Ansteckungsgefahr zu mini-mieren, werden daher betroffene Pati-enten im Krankenhaus meist isoliert.

Ein Überleben von Bakterien, die eigentlich durch einen Wirkstoff abgetötet werden sollten, be-zeichnet man als Persistenz.

Merke!

Beide Wirkstoffe hemmen also durch Angriff an den prokaryontischen Ribosomen die pro-karyontische Proteinbiosynthese. Trotzdem weisen sie beim Menschen Nebenwirkungen auf, da sie die Translation in unseren Mitochon-drien stören, die ja ebenfalls 70S-Ribosomen besitzen (s. Endosymbiontentheorie, Skript Biologie 1).

3.4.2 Angriff an der Zellwand

Penicilline gehören zu den β- Lactam- Anti-biotika (sie besitzen einen sehr reaktiven β- Lactamring). Ihre Wirkung besteht in der Hem mung eines bakteriellen Enzyms: der Tran-speptidase. Diese ist für die Quervernetzung der Mureineinheiten in der Zellwand zustän-dig. Am empfindlichsten sind daher grampo-sitive Bakterien, da sie eine dicke Zellwand auf-weisen.

3.4.3 Resistenzen

Hier unterscheidet man natürliche von erwor-benen Resistenzen. Eine natürliche Resistenz liegt in den charakteristischen Eigenschaften von Bakterien begründet. Beispiel: Gegen My-

70S

Chloramphenicol

Tetracycline

50S 30S 40S 60S

80S

Prokaryonten Eukaryonten

Abb. 17: Angriff am Ribosom medi-learn.de/bio2-17

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Das bringt Punkte

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Im Bereich „Bakterienphysiologie“ ist es wis-senswert, dass

– Bakterien bestimmte Ansprüche in Be-zug auf pH, Temperatur und Sauer-stoffgehalt an ihr Nährmedium stellen,

– für obligat aerobe Bakterien, die nur in Anwesenheit von Sauerstoff wachsen, die Abwesenheit von Sauerstoff töd-lich ist,

– meist zwölf Stunden Bebrütungszeit ausreichen, um eine Kultur zu bewerten,

– die Reduplikationszeit von E. coli ca. 20 Minuten beträgt und

– das Wachstum einer Bakterienkolonie bei optimalen Bedingungen exponen-tiell erfolgt.

Zu den Antibiotika solltest du dir unbedingt merken, dass

– bakteriostatische Antibiotika die Ver-mehrung und das Wachstum von Bak-terien hemmen.

– bakterizide Antibiotika Bakterien abtöten.

– Chloramphenicol die große (50S-)Un-tereinheit der Prokaryonten hemmt.

– Tetrazyclin an der kleinen (30S-)Unter-einheit der Prokaryonten hemmend wirkt.

– Penicilline zu den β-Lactam-antibiotika gehören. Sie hemmen die bakteriel-le Transpeptidase, die für die Quer-vernetzung der Mureineineinheiten in der Zellwand zuständig ist.

– erworbene Resistenzen durch Mutatio-nen entstehen. Sie können durch Plas-mide verbreitet werden.

– natürliche Resistenzen ihren Ursprung in charakteristischen Eigenschaften von Bakterien (keine Zellwand = un-empfindlich gegen Penicillin) haben.

Die folgenden Prüfungsfragen solltest du dir nicht nur bis zum Examen merken, denn Antibiotika und MRSA werden dir bei deiner späteren ärztlichen Tätigkeit immer wieder über den Weg laufen.

1. Kennen Sie den Wirkmechanis-mus von β-Lactamantibiotika?

2. Kennen Sie Antibiotika, die an bakteriel-len Ribosomen ansetzen?

3. Welche Bereiche können Sie an der Wachstumskurve einer Bakterienkultur unterscheiden?

4. Erläutern Sie die Abkürzung MRSA.

1. Kennen Sie den Wirkmechanismus von β-Lactamantibiotika?β-Lactamantibiotika wie Penicilline greifen an der Zellwand der Bakterien an. Ihre Wir-kung besteht in der Hemmung der Transpep-tidase, eines bakteriellen Enzyms, das für die Quervernetzung der Mureineinheiten in der Zellwand zuständig ist.

Am empfindlichsten sind Bakterien, die eine dicke Zellwand aufweisen, also grampositi-ve Bakterien.

2. Kennen Sie Antibiotika, die an bakteriellen Ribosomen ansetzen?Das Antibiotikum Chloramphenicol hemmt die große (50S-)Untereinheit der prokary-ontischen Ribosomen. Tetrazyklin hingegen

Fürs münDliche

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Fürs münDliche

wirkt an der kleinen (30S-)Untereinheit. Bei-de Antibiotika wirken somit selektiv an bak-teriellen Ribosomen, die eukaryontischen (80S-)Ribosomen werden nicht beeinflusst.Es können jedoch Nebenwirkungen auftre-ten, da die (70S-)Ribosomen der Mitochond-rien ebenfalls gehemmt werden.

3. Welche Bereiche können Sie an der Wachs-tumskurve einer Bakterienkultur unterschei-den?In der Lag-Phase passt sich das Bakterium zu-nächst den neuen Umweltbedingungen an. Das Wachstum verläuft also zunächst relativ schleppend. In der nächsten Phase, der Log-Phase, hat das Bakterium die Anpassung ge-schafft und vermehrt sich nun exponentiell.

Da Nährstoffe nicht unbeschränkt zur Verfü-gung stehen, wächst die Bakterienpopula-tion bald darauf langsamer. Dieses Phäno-men tritt in der Retardationsphase auf. Nun folgt die stationäre Phase, in der die Bak-terienpopulation zunächst noch konstant bleibt. Wenn sich das Nahrungsangebot we-sentlich verschlechtert, erreicht die Kolonie die Absterbephase und die Bakterien gehen zu Grunde.

4. Erläutern Sie die Abkürzung MRSA.MRSA steht für „methicillinresistenter Sta-phylococcus aureus“. Dabei handelt es sich um einen oft nosokomial übertragenen Keim, der aufgrund seiner Antibiotikaresis-tenzen schlecht therapierbar ist.

PauseLäuft der Kopf schon heiß?Etwas Abkühlung gefällig?Kein Problem: Kurze Pause!

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