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03 2013 thüringer zeitschriſt der Bildungsgewerkschaſt GEW Gewerkschaſt Erziehung und Wissenschaſt Landesverband Thüringen Migraon in Thüringen – Herausforderungen für die Bildung www.gew-thueringen.de www.reinindiegew.de hps://www.facebook.com/gewthueringen

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Ausgabe 03/2013 der thüringer zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW Schwerpunkt: Migration in Thüringen - Herausforderung für die Bildung

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2013thüringer zeitschrift der Bildungsgewerkschaft GEW

Gewerkschaft Erziehung und WissenschaftLandesverband Thüringen

Migration in Thüringen – Herausforderungen für die Bildung

www.gew-thueringen.dewww.reinindiegew.de

https://www.facebook.com/gewthueringen

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Im Juni 2013 erhält den Lesepeter das Jugendbuch: Braune Erde Höra, Daniel

Im Mai 2013 erhält den LesePeter das Kinderbuch: Ella und der Neue in der KlasseTimo Parvela

Ella und ihre Klassenkameraden, die seit sechs Bänden die Schule schön finden, zweifeln neuerdings an diesem Vergnügen. Und der Lehrer, der die Schule manchmal auch schön findet, gibt nicht auf. Denn Paa-vo ist der Neue, und der kleine Besserwis-ser geht in Ellas Klasse allen gehörig auf den Wecker. Der Autor Timo Parvela, der seit dem ersten Band um Ella viele zum Lachen brachte, ist wieder zurück. Nicht immer war die Qua-

lität seiner Geschichten gleichbleibend hoch, aber immer wieder schwang er sich auf in die höchsten Gipfel hinreißender Situati-onskomik. Bewundernswert und ermutigend dabei, er fand sie im Alltag einer Grundschulklasse. Und es sind immer so realistische Probleme, die bei ihm auf so abenteuerlich einfache Weise zu ei-ner Lösung finden.

Ben lebt gelangweilt in Meck-Pomm auf dem Dorf seiner Tante, als neue Bewoh-ner in das verfallene Gutshaus ziehen. Ein Ökohof soll daraus werden. Freund-lich und verbindlich renovieren sie – und verbreiten nach und nach Naziideologie. Der Ich-Erzähler, eigentlich ein intelligen-ter Junge, gerät in ihre Gedankenwelt

und kann sich ihr erst ganz entziehen, als es zu spät ist. Der Leser fragt sich viel früher, welches Verbrecherpotential hinter diesen sich so sozial und fürsorglich gebenden Neonazis steht.Das eigentliche Thema dieses spannenden und aufklärerischen Jugendbuches – ja eigentlich Krimis – ist nicht die politische Auf-klärung, sondern das Suchen des unbedarften Jungen nach einem Standpunkt: Wer bin ich eigentlich? Der Leser wird durch das Buch auf positive Weise ungewöhnlich stark provoziert.

Aus dem Finnischen von Anu und Nina Stohner

Bilder von Sabine Wilharm

Carl Hanser Verlag, München 2013

157 Seiten gebunden9,90 €

ab 8Jahren

ISBN: 978-3-446-24176-3

Bloomsbury 2012299 Seiten

8,99 €ab 14 Jahren

ISBN: 978-3-8333-5099- 3

www.gew-thueringen.de/LesePeter.html

LesePeter

LesePeter

Herausgeber: Gewerkschaft Erziehung und WissenschaftLandesverband Thüringen · Heinrich-Mann-Straße 22 · 99096 ErfurtTel.: 03 61 - 5 90 95 22 · Fax: 03 61 - 5 90 95 60E-Mail: [email protected] · Internet: www.gew-thueringen.deE-Mail an die Redaktion: [email protected] tz erscheint in den Monaten Februar, April, Juni, September, Oktober und Dezember. Der Bezugspreis für die tz beträgt ab 01. Januar 2013 für Nichtmitglieder 3,10 Euro pro Einzelexemplar zzgl. Porto, das Jahresabo (6 Hefte) 16,80 Euro zzgl. Porto. Das Jahresabonnement kann drei Monate vor Ablauf des Kalenderjahres gekündigt werden. Erfolgt bis zu

diesem Zeitpunkt keine Kündigung, wird das Abo um ein Jahr verlängert. Die Lieferung erfolgt gegen Vorkasse an die GEW-Wirtschaftsdienst GmbH, DKB Bank Berlin, Kto.-Nr.: 1005400559, BLZ: 12030000.Die Abo-Gebühr für Mitglieder der GEW Thüringen ist im Mitglieds-beitrag enthalten.Die in den einzelnen Beiträgen wiedergegebenen Gedanken entsprechen nicht in jedem Falle der Ansicht des GEW-Vorstandes oder der Redakteure. Die Beschlüsse des Vorstandes sind verbindliche GEW-Meinungen. Für unverlangt eingesandte Manuskripte wird keine Gewähr übernommen. Bei allen Veröffentlichungen behält sich die Redaktion Kürzungen vor.

Manuskripte und sonstige Zuschriften für die Redaktion der thüringer zeitschrift (tz) werden an die Adresse der Geschäftsstelle erbeten. Einsendeschluss für Beiträge ist immer der 10. des Vormonats.Verantwortliche Redakteurin: Kathrin VitzthumRedaktionsschluss: 10.05.2013Layout, Satz, Druck: PROOF Druck- und Medienproduktion · Loreen Scheit [email protected] · Charlottenstraße 3 · 99096 Erfurt· Tel: 03 61 · 5 41 87 58E-Mail: [email protected] · Internet: www.proof-ef.deGültige Anzeigenpreisliste Nr. 04 vom 01.01.2013

Inhalt Seite

GEW SchwerpunktLiteraturhinweise 1 Zweisprachigkeit 2f. Keine Bildungsstruktur 4f. Erwachsenenbildung 6f. Residenzpflicht in Thüringen 7f. Mehrsprachigkeit fördern 9 Interview „Ich bin hier fremd“ 10f.GEW Seminarangebot 11Revolution Bildung 12f.

GEW AktuellWolgast-Preis 2013 14f. Neue Gespräche TMBWK 16

Bildung17. Kindergartentag Eichsfeld 17Seniorinnen in der Schule 17

Aus den Kreisen Jubilare 18 Kreisnachrichten 18f.

RechtsstelleLehrerbesoldung in Thüringen 21ff. Altersteilzeit Riesterförderung 23

Tipps und TermineIm Ausland unterrichten 24 Gerechtigkeit in der Schule 24

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1Aktuelles

Es gibt im Leben immer wieder Situationen, die einen sprachlos machen können. Da sucht man nach dem richti-gen Wort, der passenden Metapher, den erinnerten Sinn-sprüchen und Lebensweisheiten. Was aber, wenn diese Sprachlosigkeit nicht das Ergebnis einer momentanen emo-tionalen Überforderung ist, sondern weil die sprachliche Heimat verloren gegangen ist? Weil die Sprache, mit der man aufwuchs, dort, wo man jetzt lebt, lernt, arbeitet nicht oder nur unzureichend gesprochen wird. Und die neue Sprache ist so fremd, klingt unangehm hart und kommt nicht über die Lippen. Diese Sprachlosigkeit entsteht oft, wenn Menschen frei- oder unfreiwillig in ein anderes Land auswandern und ankommen wollen im Alltag. Und sie gilt nicht nur für das gesprochene Wort, sondern für nahezu alle Momente des Alltags, die von einem Tag auf den ande-ren fremd zu werden scheinen.

Diese Ausgabe der tz widmet sich dem Thema Migration und Bildung. Ein besonderer Blick richtet sich dabei auf die

Mehrsprachigkeit, aber auch Fra-gen von Anerkennung von Berufs-abschlüssen, persönlichen Erleb-nissen von Fremdheit am Beispiel der Residenzpflicht.

Erfahren Sie außerdem mehr über den Wolgast-Preis und warum die Besoldung von Lehrer/innen im Grunde rechtswidrig ist. Lesen Sie auch, welche Informationen Ihre Kreis- und Betriebsverbände für Sie haben.

Ich wünsche Ihnen beim Stöbern und Nachlesen viel Ver-gnügen und freue mich, wenn Sie zur Feder greifen und mir mitteilen, was Ihnen gut oder weniger gut gefallen hat.

Herzlichst, Ihre Kathrin Vitzthum

Sprache ist das Fenster zur Welt

Vorw

ort

Foto: C. Steinbach

Die Vielfalt-Mediathek des Informations- und Dokumentati-onszentrums für Antirassismusarbeit e. V. (IDA) und des DGB Bildungswerks stellt mittlerweile über 1700 Bildungsmateri-alien kostenlos zum Verleih oder Download zur Verfügung. Ein neuer Flyer stellt das Angebot der Vielfalt-Mediathek vor: Er kann unter http://www.vielfalt-mediathek.de/xd/pub-lic/content/index.html?pid=9 heruntergeladen oder über [email protected] bestellt werden. Seit 2006 wird das Angebot der Vielfalt-Mediathek kontinuierlich erweitert. Sie stellt eine einzigartige Sammlung der Ergebnisse aus Projek-ten der verschiedenen Programme der Bundesregierung ge-gen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus dar.

Unter www.vielfalt-mediathek.de können Multiplikator_in-nen aus Jugendverbänden, Lehrkräfte, Eltern, Jugendliche, Verantwortliche in Betrieben,

Interkulturelles Lernen in der Grundschule – Wer lernt von wem? Simone Fuoß-Bühler, Hans Bühler (Hrsg.), Lehrbücherei Grundschule, Cornelsen, 2012, ISBN: 978-3-589-05191-5

Mit einer Einführung in Geschichte und Herausforderung in-terkulturellen Lernens stellen die Autor/innen verschiedene Konzepte vor. Übereinander lernen, von- und miteinander

lernen sind dabei die Eckpfeiler für die theoretische Betrach-tungen, Praxisbeispiele und Projektvorstellungen. Medien-empfehlungen ergänzen die Praxishilfe.

Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit DGB-Bildungswerk Thüringen e.V. (Hg.), www.dgb-bwt.de

Der Baustein zur nicht-rassistischen Bildungsarbeit zeichnet sich dadurch aus, Antirassismus nicht als Sonderthema für eigens dafür durchgeführte Seminare zu verstehen, sondern als durchgängiges Prinzip in der Bildungsarbeit. Neben einer umfangreichen Einführung in das Konzept nicht-rassistischer Bildungsarbeit bietet der Baustein verschiedene Zugänge an: Einerseits kann man nach Seminarphasen suchen, also nach Einstieg ins Seminar, nach praktischen Übungen. Anderer-seits gibt es den Zugang über verschiedene Themen, z. B. Vorurteile und Feindbilder, Rassismus und Sprache, Nationa-lismus oder Migration. Bestandteil der einzelnen Seminar-bausteine sind immer eine inhaltliche Einführung, methodi-sche Angebote und Planungshilfen sowie Vorschläge für die Auswertung und Nachbereitung. Der Baustein zur nicht-ras-sistischen Bildungsarbeit ist für die gewerkschaftliche und außerschulische Bildungsarbeit geeignet, einige Materialien und Aktivitäten sind auch in der Schule einsetzbar.

Literaturhinweise zum SchwerpunktIDA - Informations- und Dokumentationszentrums für Antirassismusarbeit e. V.

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Migration und Bildung

Auch Thüringen erreicht die Globalisierung mit einer immer höheren Geschwindigkeit. Ins-besondere eine Facette dieser weltumspannenden Erschei-nung ist sichtbar: die zuneh-mende Einwanderung in unser Land. Vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung in Deutschland sollte dies ja ein Segen sein. Wenn da nicht viele Fragen auf dem Wege einer er-folgreichen Integration wären…

Sprache als Gradmesser der Integration

Einwanderung bedeutet immer eine wachsende kulturelle, religiöse, aber auch sprachliche Vielfalt in einer Ge-sellschaft. Die sprachliche Kompo-nente stellt oft für die deutsche Seite eine besondere Herausforderung dar. Ganz offensichtlich entsteht bei der Bewältigung dieser Herausfor-derung ein großer Informations- und Wissensbedarf. Vor allem der Um-gang mit den Muttersprachen der zugewanderten Familien scheint der gastgebenden Seite Kopfzerbrechen zu bereiten. Die Vermittlung und die Förderung der deutschen Sprache stehen im Fokus der integrativen Be-mühungen. Hier herrscht Klarheit: ohne Deutsch – keine Kommunikati-on, kein Job, keine Integration.Das Verstehen der Bedeutung der mitgebrachten Muttersprache und

ihrer Förderung fehlt allerdings an manchen Stellen gänzlich. Dabei spielt eine entwickelte und gepflegte Muttersprache eine entscheidende Rolle für das „innere“ Leben der zu-gewanderten Familie, ja für ihr Glück und ihren Frieden. Vor allem aber nachweislich für das erfolgreiche Er-lernen der deutschen Sprache. Warum?Die Zweisprachigkeit übt einen höchst positiven Einfluss nicht nur auf die sprachliche, sondern auf die gesamte Lernentwicklung eines jun-gen Menschen. Entgegen den frühe-ren Meinungen der Wissenschaftler, dass das Kind am besten eine Spra-che nach der anderen lernen sollte, „um nicht verwirrt zu werden“, weiß man heute, dass gute Mutterspra-chenkenntnisse die beste Voraus-setzung für das gleichzeitige Lernen der deutschen Sprache sind. Die Kin-der, die frei und unter Achtung der Umgebung zwei Sprachen sprechen können und dürfen, entwickeln ein vorzügliches Gespür nicht nur für die beiden, sondern auch für weitere Fremdsprachen. Die Kinder, die den Schatz der zwei gleichberechtigten Sprachen von ihren Eltern, ihrer Um-gebung und der Gesellschaft mitbe-kommen, können besser entwickelt und psychisch stabiler sein und ein-deutig bessere Zukunftsperspektiven haben. Es wäre sicher naiv zu glau-ben, dass die Sprachen allein die Lö-sung für ein besseres Leben sein kön-nen. Natürlich gehört dazu auch eine entsprechende soziale Umgebung. Aber sie können helfen.

Doppelte Halbsprachigkeit

In den Kindergärten, Schulen und Erwachsenenbildungseinrichtungen wird der sprachliche Integrations-prozess leider oft als der Prozess der sprachlichen Assimilation verstan-den, die „mitgebrachte“ Sprache soll praktisch durch die deutsche Sprache ersetzt werden. Die gespro-chene Muttersprache wird somit als

„Problem“ für das zügige Lernen der deutschen Sprache betrachtet und Probleme müssen ja gelöst werden. Das ist aber aus jeglicher psychoso-zialer und linguistischer Sicht falsch! Es ist nachgewiesen: wird die Ent-wicklung ihrer Muttersprache – auch dank gut gemeinter Ratschläge in Behörde, Kindergärten und Schulen – unterbrochen oder nicht weiter entwickelt, so kann es oft zum Phä-nomen der „doppelten Halbsprachig-keit“ führen. Darüber hinaus: „Wenn die Kinder… angehalten werden, ihre Muttersprache zurückzuweisen und ihre Entwicklung deshalb stagniert, wird ihre persönliche und begriffliche Grundlage fürs Lernen untergraben.“ („Die Bedeutung der Muttersprache mehrsprachiger Kinder für die Schule“, Jim Cummins, Universität Toronto). In der Aufforderung (nicht nur) der Pä-dagogen, mit den Kindern zu Hause deutsch zu sprechen, spiegelt sich die irrtümliche Herangehensweise an die Integration der zugewander-ten Familien wieder.

Die Eltern – die zum Teil schlechtere Deutschkenntnisse als ihre Kinder haben – fühlen sich in der familiären Kommunikation unsicher und kön-nen somit ihrem Erziehungsauftrag nicht in vollem Umfang nachgehen. Die persönliche, gar intime Kommu-nikation zwischen Kind und Eltern oder auch Großeltern wird durch das „Problem“ Sprache dauerhaft gestört. Wer will sich schon vor dem eigenen Kind die Blöße geben, eine Fremdsprache holprig zu sprechen. Wie sage ich etwas Wichtiges mei-nem Kind, wenn es mich vermutlich nicht mehr 100-prozentig sprachlich versteht? Die Beeinträchtigung der Kommunikation in der Familie führt oft zu fatalen Identitätsverlusten, die insbesondere für einen jungen Men-schen sehr problematisch sind. Und wer, wenn nicht Pädagogen, sollte verstehen, was für eine verheerende Erziehungssituation in den Familien entsteht…

Zweisprachigkeit oder Verlust beider Sprachen?

Olga VitzthumFoto: privat

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Migration und Bildung

Deutsch ist ein Muss

Die Erwartung der deutschen Umgebung, ausschließlich die deutsche Sprache zu hören, sendet außerdem für die Heranwachsenden und ihre Eltern eine klare Botschaft: deine eigene Sprache ist nicht wichtig. Das erzeugt das Gefühl der Minderwertigkeit. Nicht selten werden die Kinder und Jugendlichen entmutigt, die Mutterspra-che zu pflegen. Mit dem Verzicht auf die Mutterspra-che verlieren die jungen Menschen auch einen Teil von ihrer Persönlichkeit. Die Kinder mögen nicht mehr mit

ihren Eltern in

der Öffentlichkeit ihre Sprache sprechen. Man möchte nicht auffallen. Irgendwann werden sie die Sprache der Familie gar nicht mehr nutzen. In diese Situation gera-ten, verlieren die Kinder und Jugendlichen nachweislich ihre Muttersprache sehr schnell. Was bleibt, ist eine auf die Standardsituationen des Alltags reduzierte Sprache oder im schlimmsten Fall gar nichts.

Die Beeinträchtigung, ja Zerstörung von mitgebrachten Sprachen und folglich der Kultur ist heute nach Meinung vieler Wissenschaftler auch höchst kontraproduktiv für die aufnehmende Gesellschaft. Sind beide Sprachen nicht in dem erwarteten Maße entwickelt, kann ein jun-ger Mensch später sein natürliches Recht auf höhere Bildung und gute Arbeit nicht einlösen. Ein Anwachsen der Zahl der Sozialbedürftigen ist zu erwarten. Zum an-deren werden die jungen Menschen im Normalfall in ihrer Erstsprache nicht alphabetisiert. Welchen Nutzen hat die sich internationalisierende Wirtschaft von sol-

chen Arbeitskräften? Auf den künftigen gesellschaftli-chen Reichtum der mehrsprachigen Bürger wird offen-bar schon heute verzichtet.

Unterstützung der Mehrsprachigkeit Meiner Meinung nach verdient auch die Muttersprache der Zuwanderer – und insbesondere ihrer Kinder – der gesellschaftlichen Unterstützung und Förderung. Erfreu-licherweise gibt es erste Modellprojekte, die sich mit der Förderung der Mehrsprachigkeit auseinandersetzen, wie beispielsweise das Projekt „Multilingual Families“

(Mehrsprachige Familien) des Thüringer Volkshochschul-verbandes, das von der Europäischen Kommission im Programm Lebenslanges Lernen gefördert wird. Ein ge-plantes Produkt wird ein Handbuch für pädagogische Fachkräfte sein, in dem Informationen zur Mehrspra-chigkeit und pädagogisch-didaktische Anregungen zur alltäglichen und schulischen Förderung der Mehrspra-chigkeit der Kinder gegeben werden (Ansprechpartnerin Julia Christensen, Projektreferentin im Thüringer Volks-hochschulverband e.V.: [email protected] / +49 (0) 3641 ·  5342327).

Olga VitzthumLeiterin der KVHS Weimarer Land

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Migration und Bildung

Seit dem Jahr 2005 gilt in Thüringen wie in der Viel-zahl der anderen Bundesländer auch für Kinder von Asylsuchenden und zur Ausreise verpflichteten Aus-länderInnen drei Monate nach ihrer Einreise aus dem Ausland uneingeschränkt die Schulpflicht. Dar-über hinaus unterliegen Kinder nicht-deutscher Her-kunft, die ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Auf-enthalt in Thüringen haben, ebenso der Schulpflicht. Die Integration von SchülerInnen mit nichtdeutscher Herkunftssprache stellt das schulische System vor Herausforderungen, wie bereits der Abschlussbe-richt der Enquete-Kommission „Bildung und Erzie-hung in Thüringen“ im Jahr 2004 feststellte:

Hier ist vor allem die künftige Entwicklung von Migrati-on zu bedenken, die nach den vorliegenden Prognosen zunehmen wird....Gesellschaftliche Sprachenvielfalt und kulturelle Plura-lität, die durch Zuwanderung zunehmen, gewinnen für die Sozialisation und Entwicklung aller hier aufwach-senden Kinder an Bedeutung.

Einer dieser Bedeutung angemessenen Bildungsstruktur begegnen zugewanderte Kinder oder Kinder von Asylsu-chenden und geduldeten Flüchtlingen hingegen bislang in Thüringen noch nicht.

Rechtliche Grundlagen

Am 19. Juli 2005 veröffentlichte das Kultusministerium die Verwaltungsvorschrift „Schulbesuch von Schülerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache“. Die Verwal-tungsvorschrift trat im Jahr 2010 außer Kraft und es ver-gingen zwei weitere Jahre, bis im Juli 2012 die „Fachliche Empfehlung zum Schulbesuch und zur Förderung von Schü-lerinnen und Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache in Thüringen“ veröffentlicht wurde. Die fachliche Empfehlung versteht sich als „eine Art Leitfaden“ und „verbindliche Ar-beitsgrundlage für das pädagogische Personal an allen Thü-ringer Schulen“. Eine rechtliche Verbindlichkeit für Schüle-rinnen und Schüler, etwa im Sinne einklagbarer Ansprüche, hat sie aber nicht erhalten, sodass das Recht auf Inanspruch-nahme von individueller Förderung entsprechend der indi-viduellen Fähigkeiten und Leistungen aus der abstrakt und allgemein formulierten Regelung im § 25 Thüringer Schulge-setz sowie geringfügig konkreter aus § 47 der Schulordnung abgeleitet werden muss. Nichtsdestotrotz schafft die fach-liche Empfehlung einen Rahmen, der eine altersgerechte Integration in den schulischen Unterricht unabhängig von

der zu Beginn der Einschulung vorhandenen Sprachkompe-tenz ermöglichen kann. Voraussetzung hierfür ist aber, dass die personellen und strukturellen Voraussetzungen an den Schulen selbst geschaffen sind.

Deutsch als Zweitsprache

Thüringen verfolgt das Konzept einer schnellstmöglichen Teilnahme am Regelunterricht und verpflichtet Schüler mit „unzureichenden Deutschkenntnissen“ zur Teilnahme am Förderunterricht Deutsch als Zweitsprache (DaZ), den jede Schule zu ermöglichen verpflichtet ist. Ziel des Förderun-terrichtes ist der Erwerb der Niveaustufe B2. Dabei wird unterteilt in Vorkurse sowie begleitende Grund- und Auf-baukurse je nach erreichter Niveaustufe. Die Anzahl der zur Verfügung stehenden Lehrerwochenstunde je Schüler mit Anspruch auf Förderunterricht sind absolut unzureichend. Zumal die Vergabe der Lehrerwochenstunden bislang zu Be-ginn des Schuljahres erfolgt und somit nicht auf während des Schuljahres neu eingeschulte Schüler und Schülerinnen reagieren kann, mit der Folge, dass SchülerInnen mehrere Monate ohne Förderunterricht DaZ an den Schulen lernten bzw. eher anwesend waren. Daneben stellt das Fehlen einer ausreichenden Anzahl ausgebildeter DaZ-Lehrer ein weite-res erhebliches Manko dar. So ist zu bezweifeln, dass neben dem DaZ-Förderunterricht die in der fachlichen Empfehlung vorgesehene sprachliche Förderung in den Sachfächern in der Praxis überhaupt in den Schulen angeboten werden kann. Die Einstellung qualifizierter Lehrkräfte, die eine (uni-versitäre) Aus- oder Weiterbildung in DaZ und Alphabetisie-rung in DaZ vorweisen können, muss gewährleisten, dass Kinder und Jugendliche bestmöglich nach ihren (individuel-len) Bedürfnissen beschult werden. Die DaZ-Förderstunden dürfen nicht aufgrund mangelnder Fachkompetenz seitens der Lehrkräfte zu einem Bildungsmisserfolg für die Schüler führen.

Muttersprachlicher Unterricht und Anerken-nung der Herkunftssprache

Der bereits zitierte Abschlussbericht der Enquete-Kommissi-on verweist ebenso auf die Bedeutung der Herkunftssprache: Bedeutende Konsequenzen für die Erziehungs- und Bildungs-einrichtungen hat es, dass Migrantinnen und Migranten auch nach langer Zeit ihre Bindungen an die mitgebrachten Spra-chen und kulturellen Traditionen nicht aufgeben. Dies ist – so belegen Untersuchungen – keineswegs als mangelnde Integ-rationsbereitschaft zu interpretieren. Vielmehr ist die zwei-sprachige Lebensgestaltung ein Modus, die Herausforderun-gen eines mobilen Lebens so gut wie möglich zu bewältigen.

Keine der Bedeutung angemessene BildungsstrukturSchulbesuch für Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache

Steffen DittesFoto: privat

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Migration und Bildung

Unzureichend aber sind die Möglichkeiten des herkunfts-sprachlichen Unterrichtes. Zwar gibt es die Möglichkeit der Bildung einer auch schul- und klassenstufenübergreifenden SchülerInnengruppe von 15 Schülern. Eine feste Implemen-tierung herkunftssprachlichen Unterrichtes ist nicht mehr vorgesehen, aber zur Anerkennung der Zwei- und Mehr-sprachigkeit als Bildungsressource notwendig. Ein flächen-deckendes Angebot sollte mit einer geringen Mindestteil-nehmerzahl durch die Einstellung von muttersprachlichen Lehrkräften auf Honorarbasis und/oder Fremdsprachenas-sistenten sichergestellt werden.Ein besonderes Problem stellt die fehlende Anerkennungs-möglichkeit der Herkunftssprache als zweite Fremdsprache dar. Schüler nichtdeutscher Herkunftssprache erwerben zwangsläufig mit der Einschulung Deutschkenntnisse. Bei Besuch der gymnasialen Oberstufe kommen zwei weitere Fremdsprachen hinzu, die bislang aber nicht durch eine be-herrschte Herkunftssprache ersetzt werden können. Es soll-te daher (bundeseinheitlich) angestrebt werden, eine der Herkunftssprache bei ausreichendem Kenntnisstand als 2. oder 3. Fremdsprache anzuerkennen.

Stärkerer Zusammenhang zwischen Bildungs-abschluss und sozialer Herkunft

Besonders gravierend ist der offenkundig stärkere Zusam-menhang bei Schülern nichtdeutscher Herkunftssprache zwischen sozialer und rechtlicher Situation der Eltern und dem erwerbbaren Bildungsabschluss. Von den 3.211* nicht-deutschen SchülerInnen an allgemeinbildenden Schulen einschließlich Grundschulen besuchen zum 20.09.2012 906 das Gymnasium. In den Schulamtsbezirken gibt es aber gra-vierende Unterschiede. Liegt das Verhältnis zwischen Regel-schul- und Gymnasienbesuch im Schulamtsbezirk Ostthürin-gen bei 1 zu 1,7, so liegt es zum Beispiel in Westthüringen nur bei 1 zu 0,6. Begründet wird diese erhebliche Differenz durch das TMBWK mit den vorwiegend in Erfurt und Jena wohnenden nichtdeutschen Fachkräften und an den Univer-sitäten tätigen Dozenten und Wissenschaftlern. Dies heißt im Umkehrschluss, dass die bisherigen Förderbemühungen nicht ausreichend bzw. nicht zielführend gewesen sind, Kin-dern von Zuwanderern und insbesondere Flüchtlingen aus eher prekären sozialen und ökonomischen Verhältnissen entsprechend ihres Leistungsvermögen zu fördern und zu einem entsprechenden Bildungsabschluss zu führen.

Integration und interkulturelle Kompetenz

Ein erhebliches Defizit besteht m. E. in der Vorbereitung der LehrerInnen auf die besondere Situation durch die Aufnah-me von SchülerInnen nicht-deutscher Herkunftssprache, insbesondere von Kindern und Jugendlichen mit unsicheren Aufenthaltstitel, die zumeist während der Schulpflichtzeit direkt in die Klassen kommen, und die zudem auf eine nicht grundsätzlich offen eingestellte Schülerschaft treffen. Die Kenntnis um die besondere rechtliche als auch soziale Si-tuation von Flüchtlingen fehlt, dagegen sind Vorurteile und Stereotype gegenüber Flüchtlingen verbreitet und Lehre-rInnen hiervon nicht per se ausgenommen. Eine aktive und unterrichtsübergreifende Auseinandersetzung mit rassis-tischen Einstellungen über Projekttage hinausgehend fehlt an vielen Schulen. Hier ist eine zielorientierte Bildung und Kompetenzvermittlung zum Umgang mit Heterogenität an Schulen und im Bildungsprozess ebenso dringend notwen-dig, wie die methodische und strukturelle Befähigung zur Auseinandersetzung mit Einstellungen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und zur Bewältigung von Krisen und Konflikten. Die bei den Schulämtern angesiedelten Koordi-natoren und die tätigen Schulpsychologen sind nicht aus-reichend, aktuell und zielbezogen zu reagieren, zumal sich durch die Unterbringung von Flüchtlingen in Sammelunter-künften und das Wohnortprinzip bei der Schulauswahl sich Konflikte örtlich konzentrieren.Grundsätzlich sollte sich im Rahmen der Aufnahme von SchülerInnen nichtdeutscher Herkunftssprache ein Ver-ständnis von Integration in Schulen durchsetzen, dass nicht einseitig davon ausgeht, dass der Integrationsprozess durch das Erlernen der deutschen Sprache und Unterordnung an hier vorherrschende institutionalisierte Regeln abgeschlos-sen sei. Integration findet dort statt, wo Menschen mitein-ander interagieren, ohne hierbei ihre Individualität aufzuge-ben. Integration erfordert den gleichberechtigten Zugang zu Ressourcen, zu politischen wie sozialen Rechten, und hierzu gehört ebenso ein gleichberechtigter und gleichwertiger Zu-gang zu Bildung und Bildungsperspektiven. Dies ist bislang in Thüringen trotz vieler Bemühungen engagierter LehrerIn-nen nicht flächendeckend und strukturell verwirklicht.

Steffen DittesMitglied im Landesintegrationsbeirat

* Tabelle

Ausländische Schüler und Aussiedler 2012/13

Staatliches Schulamt

GS RS TGS GY GES FÖS abS bbS Gesamt

Mitte 373 248 1 300 79 30 1031 137 1.168

Nord 174 139 0 104 0 5 422 56 478

Ost 284 144 61 254 43 13 799 102 901

Süd 172 129 2 128 1 10 442 56 498

West 164 205 2 120 8 18 517 13 530

Thüringen 1.167 865 66 906 131 76 3.211 364 3.575

(Quelle: www.schulstatistik-thueringen.de)

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Migration und Bildung

Die Debatte zur Zuwanderung in Deutschland hat sich verändert. Hieß es vor Jahren noch, Deutschland sei kein Einwanderungsland, wer-den in diesen Tagen die erhöhten Zahlen von zugewanderten Menschen in den Medien als wichtiger Schritt zur Behebung eines Fachkräfte-mangels gesehen und positiv begrüßt.

Eine Beständigkeit allerdings gibt es in der Diskussion: Der Blick ist immer auf die Anforderungen der hiesigen Gesellschaft gerichtet: Zuwanderung wird aus der Pers-pektive der deutschen Wirtschaft, des demografischen Problems einer deutschen Gesellschaft und der Belan-ge des deutschen Steuersystems bewertet. Dabei sind es Menschen mit ihren Bedürfnissen, die in eine Region kommen, die zwischen Nord-/ Ost- und Bodensee, Rhein und Oder/Neisse als Deutschland bezeichnet wird.

Losziehen

Die Entscheidung zur (grenzüberschreitenden) Migrati-on ist für die meisten Menschen ein be-deutender Einschnitt im Lebensweg. Mig-rantInnen erzählen

ihre Vita gespalten in die Zeit vor und nach der Migra-tion. Die Motive zur Migration sind unterschiedlich und reichen von der Suche nach einem besseren Lebensstan-dard bis hin zur Flucht vor staatlicher Verfolgung. Seit der „Schuldenkrise“ in Europa und der damit verbundenen Massenarbeitslosigkeit in Südeuropa kommen verstärkt Menschen nach Deutschland, die schlicht eine Arbeit su-chen, um ihren Lebensunterhalt bestreiten zu können. Und nicht zuletzt sollen es oft „die eigenen Kinder einmal besser haben“ oder die Eltern eine bessere medizinische Versorgung genießen.

Fuß fassen

Um Menschen ein Ankommen und eine Orientierung in Deutschland zu erleichtern, bedarf es vielschichtiger Unterstützungsangebote. Neben der Frage der Eingliede-rung von Kindern in das hiesige Schulsystem (siehe Artikel Seite 4f.), benötigen auch Erwachsene Wissen und Kennt-nisse zur Orientierung. Neben dem deutschen Spracher-werb - der in sechsmonatigen Integrationskursen mit 30

Stunden landes-kundlicher Un-terweisung be-wältigt werden

soll, was für viele Menschen zu am-bitioniert ist – sind

Kenntnisse zur

Melanie PohnerFoto: P. Heidelmann

„Migration? Habe ich eigentlich nichts mit zu tun.“Erwachsenenbildung und ihr Beitrag zur gesellschaftlichen Teilhabe von MigrantInnen

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Migration und Bildung

Residenzpflicht in Thüringen Eigentlich ist eigentlich gar kein Wort. Und den-noch: Eigentlich hätte an dieser Stelle jetzt ein anderer Text stehen sollen. Ein Text über die Re-sidenzpflicht in Thüringen, die noch rigider als im konservativen Bayern ist. Jetzt aber wohl war.

Was ist geschehen? Als ich den ursprünglichen, also den eigentlichen Text schrieb, gab es im Thüringer Landtag

heftige Debatten um einen Antrag der Landtagsfrakti-onen DIE LINKE und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Diese forderten, die Residenzpflicht, also die Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Asylbewerber/innen und ge-duldeten Flüchtlingen, auf ganz Thüringen auszuweiten. Bislang konnten sich Betroffene nur in Gebieten bewe-gen, für die eine Genehmigung der zuständigen Behörde vorlag, also in aller Regel jenes Gebiet, in dem das Asyl-

Arbeitswelt, zur gesellschaftlichen und politischen Struk-tur und zu sozialen Einrichtungen erforderlich. Darüber hinaus bedarf es einer Unterstützung zur beruflichen Eingliederung bis hin zur Anerkennung ausländischer Bildungs- und Berufsabschlüsse. Zu letzterem gibt es Be-wegung in der Diskussion: Thüringen berät derzeit ein neues Anerkennungsgesetz, allerdings auch dies aus der alleinigen Perspektive der Notwendigkeiten des hiesigen Arbeitsmarktes.

Fuß fassen lassen

Gleichzeitig bedarf es einer Öffnung gesellschaftlicher Einrichtungen, der Arbeitswelt und weiterer sozialer Kon-texte für eine größere Heterogenität der Bevölkerung. Dies reicht von einer größeren Flexibilität in der Schule bei der Unterrichtung heterogener Klassen – denn Schü-lerInnen mit Deutsch als Zweitsprache sind ja nur eine Fa-cette – bis hin zu einer Anerkennung von unterbrochenen Lebenswegen – u.a. durch Migration – bei der Einstellung neuer MitarbeiterInnen in den Unternehmen. Eine Ein-gliederung von Menschen in gesellschaftliche Kontexte fordert immer beide Seiten: Die einzelnen in ihrer Hal-tung, aber auch die Strukturen, die Zugang gewähren und sich öffnen müssen.

Anforderungen an die Erwachsenenbildung

Wenn es – wie oben beschrieben – um die Vermittlung von Kenntnissen an Menschen nicht-deutscher Herkunft geht, aber auch darum, gesellschaftliche Fragen nach der vermeintlichen Normalität nicht-ausländischer Herkunft in Deutschland aufzuwerfen und zu diskutieren, ist die Erwachsenenbildung gefragt:

• Neben den Integrationskursen bedarf es spezieller Bil-dungsangebote zur gesellschaftlichen Orientierung: Was ist die Volkshochschule? Wo ist ein Chor, wo ich singen kann? Wie komme ich an einen Garten in einer Gartensiedlung? Aber auch: Welche Rechte und Pflich-ten habe ich als ArbeitnehmerIn, als ALG-II-Empfänge-rIn, als Elternteil in der Schule oder Kita u.v.m.

• Bestehende Angebote der Bildungsträger müssen ver-stärkt für verschiedenste Zielgruppen geöffnet werden:

Gerade in freiwilligen Bildungskontexten sind u.a. Men-schen nichtdeutscher Herkunft unterrepräsentiert. Hier müssen Wege der Bewerbung überprüft werden und ge-zielter auf Menschen nichtdeutscher Herkunft zugegan-gen werden. Gleichzeitig bedarf es einer Zugänglichkeit des einzelnen Bildungsangebotes durch die Wahl des Veranstaltungsortes und ggf. einer flexibleren Gestal-tung für Menschen ohne Deutsch als Muttersprache.

• Bildungsträger können durch Angebote im Bereich der interkulturellen und nicht-rassistischen Bildung gesell-schaftliche Diskussionen mit anstoßen und stillschwei-gend geltende Normen in Frage stellen. Sie sollten Fra-gen aufwerfen, ob es kulturelle Prägungen gibt und was sie sind, wann sie eine Rolle spielen und wann Debatten kulturalisiert werden. Bildungsträger können durch ihre Angebote verstärkt in Institutionen wie Schule, Ämter und Behörden, Betriebe und Vereine hineinwirken und Ausgrenzungsmechanismen thematisieren. Zwei kleine Beispiele: Eine Diskussionsrunde mit LehrerInnen, wie sie die Kommunikation mit Eltern von Kindern nicht-deutscher Herkunft verbessern können. Oder eine Weiterbildung für ErzieherInnen, wie eigentlich unter-schiedliche gesellschaftliche Gruppen in Kinderbüchern dargestellt werden und was diese Bilder bewirken (die kochende Mutter, der tanzende Afrikaner...).

Vision

Wenn eine gleichberechtigte Teilhabe von Menschen, die in Deutschland geboren und denen, die in einem anderen Land auf die Welt gekommen sind, geschafft ist, bedarf es dann hoffentlich nicht mehr der Unterscheidung in „Menschen mit Migrationshintergrund“ und „Menschen ohne Migrationshintergrund“, in „die“ und „wir“, wie es heute noch in allen „Integrationsdebatten“ gang und gäbe ist. Daran zu arbeiten ist auch Aufgabe der Erwach-senenbildung.

Melanie PohnerDGB-Bildungswerk Thüringen e.V

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Migration und Bildung

verfahren lief. Seit 2011 wurde die Aufenthaltsbeschrän-kung immerhin auf den jeweiligen Nachbarlandkreis und eine kreisfreie Stadt ausgeweitet. Wer aber in Jena sein Asylverfahren hatte, durfte sich nicht in Erfurt auf-halten. Zumindest nicht ohne Verlassenserlaubnis, dem sogenannten Urlaubsschein. Den konnten Asylbewer-ber/innen beantragen, ob er gewährt wurde oblag dem Willen und Unwillen der zuständigen Behörde. Wurden Betroffene ohne diese Erlaubnis in einem nicht gestat-teten Bereich aufgegriffen, so stellte dies im ersten Fall eine Ordnungswidrigkeit dar, bei wiederholtem Verstoß erlangte die freie Bewegung den Status einer Straftat, die mit Freiheitsstrafe geahndet werden konnte.

Nun ist also alles anders. Nachdem es zunächst so schien, als würde die SPD die Koalition nicht an diesem Thema zerbrechen lassen wollen, will der Thüringer Innenminis-ter Geibel (CDU) nun per Verordnung die Bewegungsfrei-heit für hier lebende Asylbewerber/innen ermöglichen. Der Antrag der Oppositionsparteien wäre damit im Grun-de genommen obsolet, aber das lassen die Parteien noch offen. Spätestens am Freitag, dem letzten Tag des Mai-Plenums müsste über den Antrag entschieden werden.Vor allem der Flüchtlingsrat Thüringen e.V. hat mit seiner diesjährigen Kampagne „Bewegungsfreiheit ist ein Men-schenrecht“ noch einmal richtig Druck gemacht, 1.500 Unterschriften mit der Postkartenaktion machen das deutlich.

Wenn alles gut geht, dann soll die Verordnung ab 1. Juli 2013 gelten. Und macht dann Erfahrungsberichte wie diese hoffentlich überflüssig:

Ein 21jähriger Tschetschene: „Ich kann meine Eltern nur besuchen, wenn es die Ausländerbehörde erlaubt.“Ich komme aus Tschetschenien, ich bin 21 Jahre alt und lebe jetzt seit 2 Jahren in Deutschland. Meine Familie, meine Eltern und Geschwister wohnen hier in Erfurt. Ich aber leider nicht. Ich wohne in Neustadt. Das heißt für mich, ich kann meine Eltern nur besuchen, wenn es die Ausländerbehörde erlaubt. Auch an diesem Sprach-kurs hätte ich eigentlich nicht teilnehmen können. Dafür musste ich einen „Urlaubsschein“ beantragen und habe den auch bekommen. Vorher bin ich immer einfach so zu meiner Familie gefahren, ohne „Urlaubsschein“. Ich kann gar nicht mehr sagen, wie oft ich schon Strafe zah-len musste. Wenn ich nur ein paar Monate früher nach Deutschland gekommen wäre, dann könnte ich jetzt bei meiner Familie leben. Jeder braucht die Unterstützung seiner Familie. Auch mit 19 Jahren braucht man diese Hilfe noch, oder kommt jeder 19jährige Deutsche ohne den Beistand seiner Familie zurecht? Ich bin hier ganz alleine. Aber die Ausländerbehörde versteht das nicht. Manchmal darf ich meine Familie sehen und manchmal auch nicht.

Ein junger Mann aus Afghanistan: „Bei Kontrollen star-ren mich am Bahnhof alle anderen an.“Ich bin 24 Jahre alt und komme aus Afghanistan. Seit ei-nem Jahr wohne ich jetzt in Deutschland. Ich habe Freun-

de und Bekannte in Apolda. Ich würde sie gerne besu-chen, aber leider ist mir das verboten. Es wäre sehr schön und eine große Erleichterung, wenn ich in Thüringen frei reisen könnte. Erst in Thüringen und irgendwann in ganz Deutschland. Dann gibt es vielleicht auch nicht mehr die vielen Kontrollen am Bahnhof. Manchmal tragen die Po-lizisten keine Uniform. Sie weisen sich nicht aus. Ich weiß dann gar nicht genau, wem ich da eigentlich meinen Aus-weis zeige. Sind das nun Polizisten oder erlaubt sich je-mand einen Scherz mit mir. Und alle anderen am Bahnhof starren mich an und fragen sich: Ist das ein Verbrecher oder ist der etwa von der Mafia? Und ich denke mir dann: Ich bin ein Mensch genau wie ihr! Das ist ein großes Pro-blem für mich. Es ist mir sehr unangenehm.Den Flüchtlingen und dem Flüchtlingsrat Thüringen e.V. sowie all den anderen Vereinen und Organisationen, die sich für die Abschaffung der Residenzpflicht stark ge-macht haben, sei an dieser Stelle herzlich gedankt. Denn es gibt noch immer viel zu tun.

Ein ebenso diskriminierender und stigmatisierender Um-gang mit Asylbewerber/innen zeigt sich u. a. auch darin, dass einige Thüringer Kommunen nach wie vor Gutschei-ne an Asylbewerber/innen ausreichen, die zum Einkauf nur in bestimmten Läden berechtigen und auch den möglichen Einkauf beschränken. Die Kampagne „Bargeld statt Gutscheine“ des Flüchtlingsrates macht auf die ge-sellschaftliche Ausgrenzung, die durch einen Einkauf von Grundleistungen wie Essen und Hygieneartikel mittels Gutschein geschieht, aufmerksam. In so genannten Gut-schein-Umtausch-Aktionen gehen Unterstützer/innen mit Flüchtlingen einkaufen und erstatten den Kaufbetrag 1:1. Solche Initiativen finden sich bisher in Erfurt, Saalfeld und Weimar.

Und nun zurück zum Eigentlichen: warum dies hier in der tz steht? Weil die Situation von Asylbewerber/innen und Flüchtlingen in Thüringen nicht befriedigen kann, wenn man gesellschaftliche Teilhabe und Solidarität, Integrati-on und Inklusion ernst meint. Wenn in Bildungseinrich-tungen die Welt, wie sie ist, draußen vor der Tür bleibt und damit eine konstruktive Auseinandersetzung mit der Wirklichkeit von Fremdheit, Vorurteilen, Diskriminierung auf der einen Seite und Ignoranz und Wegschauen auf der anderen Seite vermieden wird.

Kathrin Vitzthum

Weitere Informationen:www.fluechtlingsrat-thr.dewww.bamf.de

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Migration und Bildung

Mehrsprachigkeit als Ressource fördernAnfang Juni 2012 besuchte eine GEW-Delegati-on mit Erzieherinnen aus Wittlich acht südtiro-ler Kindergärten in Bozen und Brixen, um sich über Mehrsprachigkeit in der frühkindlichen Bildung zu informieren.

Südtirol ist für seine Sprachenvielfalt bekannt: Gespro-chen wird Deutsch in verschiedenen Mundarten, Hoch-deutsch und Italienisch. Dazu kommen alle Sprachen, die auch in anderen Einwanderungsländern vorkom-men, sei es Portugiesisch, Serbisch oder Kroatisch, Spa-nisch, Arabisch oder auch Chinesisch. Die Landesregie-rung fordert, dass in den südtiroler Kindertagesstätten alle Sprachen ihren Platz finden. Mehrsprachigkeit soll als Ressource gefördert werden.

Mehrsprachigkeit als Ressource wahrnehmen und för-dern ist auch Ziel der Kindertagesstätte Wittlich-Neuer-burg in Rheinland-Pfalz. Die Kita nimmt im Rahmen des Projekts Frühe Chancen an der Qualifizierungsoffensi-ve Sprachliche Bildung und Förderung für Kinder unter Drei des Deutschen Jugendinstituts teil. Begleitet wird die Kita von der Diplompsychologin Anne Heck, die die Exkursion von sechzehn Wittlicher Erzieherinnen nach Südtirol organisiert hat.

In Bozen und Brixen, so haben die Erzieherinnen aus Wittlich erfahren, dürfen Familien selbst entscheiden, welche Sprache ihr Kind sprechen bzw. lernen soll. Viele wollen, dass ihre Kinder zweisprachig aufwachsen. „Die einen Familien sagen, wir sprechen mehr südtiroler Dia-lekt und Deutsch, also nutzen wir den italienischen Kin-dergarten, die anderen sagen, wir sprechen eher Italie-nisch, also nutzen wir den deutschen Kindergarten. So wird die Mehrsprachigkeit erreicht“, erklärt Kita-Leiterin Erni Schaaf-Peitz aus Wittlich. In den deutschsprachigen Kindergärten fördern die Erzieherinnen den Spracher-werb, indem sie mit den Kindern ausschließlich Deutsch sprechen. Das Italienische nutzen sie nur als Hilfsspra-che, wenn ein Kind überhaupt kein Deutsch versteht. Da jeder, der sich in Südtirol für ein Studium der früh-kindlichen Bildung entscheidet, mindestens zweispra-chig sein muss, können die meisten Erzieherinnen beide Sprachen.

Ankündigungen, Hinweise und Bücher sind in den Kin-dergärten auf Deutsch; nur vereinzelt tauchen Aushän-ge in den vielen Sprachen der Kinder auf, deren Erst-sprache weder Italienisch noch Deutsch ist. Immer mehr Kinder mit Migrationsgeschichte besuchen deutschspra-chige Kindergärten: „Viele Familien haben erkannt, dass sich die Bildungschancen ihrer Kinder erhöhen, wenn

sie Deutsch sprechen können.“, sagt Erni Schaaf-Peitz.Für die Integration von Kindern mit Migrationsgeschich-te haben die Südtiroler Sprach- und Kompetenzzentren eingerichtet. Die Sprachzentren beraten Eltern, erhe-ben den Sprachstand der Kinder und unterstützen Kin-dertagesstätten mit interkulturellen Mediatoren und Mediatorinnen. Die Mediatoren bringen in der Regel selbst eine Migrationsgeschichte mit, haben neben den erforderlichen Sprachkenntnissen also auch kulturelles und religiöses Wissen, um auf Abruf Kinder begleiten zu können, deren Muttersprache weder Deutsch noch Italienisch ist. Die Kompetenzzentren koordinieren und beraten die Sprachzentren, stellen didaktisches Materi-al für die Kindergärten zur Verfügung, entwickeln und evaluieren Sprachförderprojekte.

Noch sind die von den Kompetenzzentren entwickelten und in den Kindergärten umgesetzten Sprachförderpro-jekte wenig innovativ: In der Regel werden Kinder, bei denen ein Sprachentwicklungsbedarf erkannt wird, von ihrer Gruppe getrennt und mit speziell ausgearbeiteten Angeboten gefördert. Die aktive Sprachvermittlung fin-det dabei hauptsächlich über das Lesen von Büchern, Entdecken von Buchstaben und Erzählen von Geschich-ten statt. „Alle sagen, dass die Kinder in der Alltagskom-munikation mit ihren Freunden besonders viel lernen. Fragt man aber nach Konzepten für das Lernen in alltäg-lichen Zusammenhängen, fällt den meisten dazu kaum etwas ein“, meint die Erzieherin Jenny Thörner, die in Wittlich als Sprachexpertin arbeitet.

Doch laut Bildungsplan soll bis 2018 in allen deutsch-sprachigen Kindergärten Südtirols die offene Arbeit ein-geführt werden. Damit wird sich vieles ändern; auch in der Art, wie Sprachentwicklung gefördert wird. „Und da wir in Wittlich schon viel Erfahrung mit offener Arbeit gesammelt haben“, sagt Erni Schaaf-Peitz, „haben wir alle Kindergärten, die wir in Südtirol besucht haben, in die Eifel eingeladen.“

Gesine Kulcke

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Migration und Bildung

Gespräch mit Dilan A. über Deutschsein, Fremdheit und Diskriminierung in Jena und anderswo

Ich bin hier fremd.11

Dilan, du bist Studentin an der FSU Jena, GEW-Mitglied und politisch aktiv. Ursprünglich kommst du aus NRW und lebst mittlerweile in Berlin. Wie kommt es, dass du nicht in Thüringen lebst, es wäre doch viel näher am Studienort?

Ich habe zwei Jahre in Jena gelebt, ein halbes Jahr in einer WG in Jena/Nord und später in Jena/West für 1,5 Jahre. Doch so wirklich angekommen bin ich dort nie. Sicherlich hängt das auch mit meinem Studienfach Wirtschaftswis-senschaften zusammen, dass mir oft die Menschen gefehlt haben, mit denen ich mich austauschen wollte und mich wohl fühlte. Jena so wirklich eine Chance gegeben habe ich aber nie, ich bin von Anfang an nach Berlin gependelt. Der erste Ort in Deutschland, an dem ich mich zu Hause fühle. Jetzt pendle ich zwischen Jena und Berlin, mein Le-ben gestaltet sich in Berlin und zu den Vorlesungen fahre ich einfach runter und freue mich auch immer her zu fah-ren, immer auch mit dem Gedanken abends nach Hause zu können.

Jena gilt in Thüringen gemeinhin als die offenere Stadt, sie war und ist auch durch die vielen Studierenden und Leh-renden aus aller Herren Länder eine doch eher liberale Stadt, zumindest aus der Sicht des eher ländlich geprägten Thüringens. Was hat dir das Ankommen in Jena so schwer gemacht? Und was ist in Berlin jetzt anders?

Ich glaube, dass mich vor allem die Größe der Stadt sehr eingeengt hat und damit zusammenhängend auch das kulturelle Angebot. Ich gehe regelmäßig ins Theater, freue mich über ausgefallene Konzerte und mag zeitgenössische Kunst und Ausstellungen, möchte in die Oper gehen. Ich brauche Vielfalt, neue Ideen und will mich stetig mit mei-ner Umwelt auseinander setzen, dafür brauche ich zum einen den Austausch mit anderen Menschen, zum ande-ren aber auch Eindrücke von außen. Das alles sind Gründe

nach Berlin zu gehen und die meisten Menschen tun all das nicht. Ich nehme mir Zeit dafür. Außerdem werde ich hier in Berlin nicht als Fremde wahrgenommen. Ich habe krasse Diskriminierung aufgrund meiner Herkunft weder in Jena noch sonst irgendwo erleben dürfen, wenn man darunter versteht angepöbelt oder direkt angegriffen zu werden. Wenn allerdings meine Deutschlehrerin in der Jahrgangsstufe 11 mir empfiehlt, doch noch mal über eine Ausbildung nachzudenken, da das Abitur nichts für mich sei, dann frage ich mich natürlich, woran das liegt. Auch Äußerungen wie: „Das ist aber toll, dass Sie studieren und so engagiert sind. Mensch, großartig und das obwohl Sie nicht in Deutschland geboren sind? Ja, da haben Sie es echt geschafft!“ irritieren mich stark. Wo ist der Maßstab, warum ist es bei mir etwas Besonderes, wenn es bei allen anderen vollkommen selbstverständlich ist? Warum werde ich da herausgestellt?

Du hattest mal erwähnt, dass du dir „deutscher“ als so mancher Deutsche vorkommst. Was meinst du damit? Und was an dir ist nicht deutsch?

Leichtsinnig, wie ich bin, habe ich das sicherlich mal ge-sagt. Generell ist wirklich die Frage, was deutsch ist und was einen Deutschen zum Deutschen macht. Wenn man von den schönen Klischees ausginge, könnte ich meinen pedantischen Ordnungs-, Organisations- und Sortierwahn aufzählen. Aber darum ging es mir eigentlich gar nicht. Ich bin im Sommer 1995 im Alter von 4 Jahren nach Deutsch-land gekommen und habe mit meiner Mutter als Asylbe-werberin hier gelebt. 1997 kam erst mein Vater dazu, der sehr gerne deutsch lernen wollte, um sich mit uns hier ein Leben aufzubauen. Als Asylbewerber hast du natürlich keinen Anrecht auf einen Deutschkurs, die evangelische Kirche Bad Lippspringe hat ihm seine Kurse an der Hoch-schule bezahlt. Ich hab die meiste Zeit, an die ich mich erinnern kann, in Deutschland erlebt, bin auf eine katho-lische Grundschule gegangen, in meiner Klasse war außer mir ein anderes Kind mit nicht deutschen Eltern. Auf dem Gymnasium, auf dem ich mein Abitur gemacht habe, wa-ren hauptsächlich Kinder aus Akademikerhaushalten. Ich habe nie in einer Großstadt gelebt, in der man sich hätte separieren können oder überhaupt wollen. Ich wollte da-zugehören und hab immer wieder Schwierigkeiten gehabt. Natürlich hängt das nicht nur damit zusammen, dass ich immigriert bin, sicherlich auch damit, dass die anderen Schüler*innen meiner Schule einkommensstärkere Eltern haben oder schlichtweg alle „Fremden“, die nicht gebürtig aus der Gegend kommen, nicht miteinander vernetzt sind. Ob es die Freiwillige Feuerwehr ist, der Kolping Verein oder eine Mitgliedschaft beim Schützenverein vor Ort. Wenn man die Strukturen nicht kennt oder schlichtweg kein In-teresse an den Vereinsinhalten hat, kann man nicht wirk-

Dilan A.Foto: privat

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Migration und Bildung

Im Herbst bietet die GEW Thüringen gemeinsam mit „Frühe Chancen – Sprache und Integration“ einen dreitägigen Work-shop zu alltagsintegrierter Sprachförderung für Kinder von 0 – 6 Jahre an. Die Dozentinnen Silvia Jost und Elena Dolokov führen Erzieher/innen in die sprachpädagogische Arbeit mit Kindern ein, diskutieren über Mehrsprachigkeit im Kinder-garten und unterbreiten Vorschläge zu einer auch interkul-turellen Elternarbeit.

Die wichtigsten Themen im Überblick

1. Sprachpädagogische Arbeit mit Kindern• Meilensteine der Sprachentwicklung von 0 – 6 Jahre• Hemmende und fördernde Faktoren in der Sprachent-

wicklung• Alltagsintegrierte Sprachförderung mit praktischen Bei-

spielen• ErzieherInnen als Sprachvorbild• Beobachtung, Dokumentation und Reflexion des eige-

nen Interaktionshandelns

2. Mehrsprachigkeit im Kindergarten• Sprachentwicklung bei bilingualen Kindern• Sprachlernstrategien• Alltagsintegrierte Sprachförderung mit praktischen Bei-

spielen• Mehrsprachigkeit: Vorteil oder Risiko?

3. Elternarbeit• Sprachförderliches Elternverhalten• Entwicklungsgespräche zur kindlichen Sprachentwick-

lung• Anregungen für Elterninformationsabende• (Interkulturelle) Elternarbeit

Den genauen Termin der Fortbildung sowie weitere Infor-mationen erhalten Sie bei Petra Rechenbach, Referentin für Bildung. Sie ist erreichbar perE-Mail: [email protected].

GEW- Seminarangebot

lich dazugehören. Möchte man sich andererseits einfügen, wird man kritisch beäugt.

Gibt es besondere Erlebnisse, die du als diskriminierend empfandest? Hast du das gleich thematisiert oder stillschwei-gend hingenommen? Konntest du auf Unterstützung hoffen?

Mir fällt bei der Frage eine Situation ein: Meine Tante aus der Türkei hat uns für eine Woche besucht. Wir waren im Park. Meine Mutter und meine Tante haben türkisch miteinander gesprochen, da meine Tante für ihre Woche Urlaub natürlich nicht Deutsch gelernt hat. Ein alter Mann fauchte uns wütend an: „Wir sind in Deutschland, hier wird deutsch gesprochen, lernt doch endlich Deutsch.“ Wenig respektvoll und ohne, dass ihm irgendjemand das Du angeboten hätte. Zum the-matisieren war ich zu jung. Bei den anderen Beispielen, die ich schon beschrieben habe, war ich so erstaunt, dass mir die Worte fehlten. Meist sind es ja auch Abhängigkeitsverhältnis-se, in denen solche Dinge passieren. Meine Lehrerin ist für meine Noten verantwortlich und häufig meinen die Men-schen gerade diese Art von herausstellender Diskriminierung ja gar nicht böse. Da muss man echt sensibel sein beim An-sprechen solcher Themen.

Dein Interesse galt schon als Landesschülervertreterin in NRW der inklusiven Bildung. Welche Ansprüche verbindest du mit Inklusion? Wie würde für dich die inklusive Schule aus-sehen, wie die inklusive Gesellschaft?

Ich glaube, inklusive Bildung ist Voraussetzung für eine inklu-sive Gesellschaft. Menschen haben natürlich Vorurteile, aber häufig sind diese gar nicht das Problem, sondern mehr die Be-rührungsängste aufgrund von wenig Umgang und Erfahrung

miteinander. Menschen unterschiedlichen Alters mit und ohne Behinderungen, aus unterschiedlichen Kulturen, mit verschie-denen Kompetenzen und vielfältigen Vorerfahrungen können ganz wunderbar miteinander lernen. Es ist eine Frage der Haltung und eine Frage der Zeit: In ganz Deutschland gibt es Ganztagsschulen, einige sind prima, viele sind „längere Halb-tagsschulen“. Es wird strikt getrennt zwischen Spielen und Ler-nen, wenn man das so platt sagen möchte. Dabei ist Spielen Lernen. Dinge zu entdecken, sich auszuprobieren, interaktiv miteinander umzugehen. Der Auftrag der Schule ist es, junge Menschen auf ihr Leben vorzubereiten und ihnen im Kleinen einen Rahmen zu geben, in dem sie sich ausprobieren kön-nen. Dazu gehört für mich besonders das Demokratielernen. Klassensprecher*innenwahlen so zu gestalten, dass alle vor der Wahl wissen, welche Aufgaben so ein Klassensprecher hat und dementsprechend ihre Kandidaten aufstellen und sinnvoll wählen, ist doch eigentlich gar nicht so schwer. Trotz-dem passiert das in den wenigsten Schulen. Um vielleicht doch noch konkreter auf die Frage einzugehen: Ich glaube, dass es viele Lösungen gibt, die inklusive Bildung ermöglichen und fördern. Ich glaube, dass es eine Frage der Haltung ist und denkbar sind für mich verschiedenste Modelle. Wichtig ist dabei bloß: stärkenorientiert und handlungsorientiert mit den Jugendlichen zu arbeiten. Und immer wieder Selbstwirk-samkeitserfahrungen zu ermöglichen.

Für das Lehramtsstudium bedeutet das aus meiner Perspekti-ve: Mehr Pädagogik und mehr Praxis.

Die Fragen stellte Kathrin Vitzthum.

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Bildung

Unsere Welt braucht Bildung.

Revolution Bildung – Eine Kampagne der IG Metall Jugend

Bildung ist Persönlichkeitsentwicklung. Bildung befähigt zu Selbstbestimmung, Mitbestimmung und Solidarität. Bildung macht unsere Demokratie stark, unsere Arbeit produktiv, unsere Gesellschaft zukunftsfähig. Bildung schafft Chancen. Für jede/n Einzelne/n. Für uns alle. Bildung braucht eine Revolution.

Bildung muss besser werden:

Der Schmalspur-Trend bringt uns nicht weiter. Gute Bil-dung braucht Zeit: Ständiger Druck tut uns nicht gut. Bil-dung muss allen offen stehen: Uns fehlt Gerechtigkeit, keine Eliten. Bildung muss solide finanziert sein: Unsere Zukunft braucht Investitionen. In jede/n einzelne/n. In uns alle. Bildung braucht Dich.

Bildung betrifft die ganze Gesellschaft.

Azubis, Beschäftigte, Schüler/innen, Studierende und unsere Kinder – wir alle haben ein Recht auf gute Bil-dung. Dafür kämpft die IG Metall. Mit 2,3 Millionen Mitgliedern. Mit 220.000 Jugendlichen. Deine Unter-stützung bringt die Kampagne voran. Jede/n einzelne/n. Uns alle.

IG Metall veröffentlicht »Bildungsmani-fest« Unterschriftenaktion für bessere Bil-dung gestartet

Die IG Metall fordert im Wahljahr mit einem Bildungs-manifest an die Politik, grundlegende Reformen im Bildungssystem umzusetzen. Bildung soll demnach gerechter, für alle zugänglich, in der Regel kostenfrei und mit Arbeit besser vereinbar werden. Deutschland brauche ein Bildungssystem, das lebenslanges Lernen ermöglicht.

„Wir steuern auf eine Bildungskatastrophe zu. Die Po-litik hat versagt und lässt die Junge Generation alleine zurück. Dagegen wird die IG Metall aktiv. Deshalb for-dern wir alle Eltern, Schüler, Studierende, Azubis und Beschäftigte der Republik auf, das Bildungsmanifest zu unterzeichnen und den grundlegenden Wandel des Bil-dungssystems voranzutreiben“, sagte Eric Leiderer, Bun-desjugendsekretär der IG Metall in Frankfurt.Das Bil-

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Fortbildungsangebote der GEW Thüringen im Juni/Juli 2013

Anmeldung:[email protected]

Life Kinetik A-2013_020Lernen macht Spaß, besonders, wenn man in der Lage ist, die un-geheuren Reserven, die jedes Gehirn in sich birgt, zu mobilisieren. Mit Life Kinetik macht dieses Entfalten der Ressourcen den Kindern viel Spaß, so dass sie häufig gar nicht genug davon bekommen kön-nen. Eine Verbesserung von Lernergebnissen ist dann eine weitere Belohnung.Zeit: 13.06.2013, 15:30 Uhr - 17:30 Uhr Ort: Erfurt, LandesgeschäftsstelleTN-Beitrag: 10/20 Euro (GEW-Mitglied/Nicht-Mitglied)Referent: Michael Anhalt (Life-Kinetik-Trainer)

Arbeit mit ElternA-2013_021Während der Veranstaltung wird die Lebenswelt des Kindes inner-halb der familialen und innerhalb der institutionellen Betreuung, Erziehung und Bildung erarbeitet und betrachtet. In beiden Welten muss sich das Kind orientieren und zurechtfinden, auch wenn sie sich teilweise enorm unterscheiden. Vor diesem Hintergrund wer-den die Begriffe Elternarbeit und Erziehungspartnerschaft kritisch beleuchtet und diskutiert.Zeit: 18.06.2013, 16:00 Uhr - ca. 18:30 UhrOrt: Erfurt, LandesgeschäftsstelleTN-Beitrag: 10/20 Euro (GEW-Mitglied/Nicht-Mitglied)Referentin: Karin Krey

Bildung ganzheitlich denkenA-2013_023Nichts Neues, denken wir, wenn vom ganzheitlichen Lernen mit Kopf , Herz und Hand die Rede ist. Was passiert da genau? Welche Zusammenhänge gibt es? Was sind die Grundvoraussetzungen für erfolgreiches Lernen? Lernen Erwachsene anders als Kinder?Natürlich hat jeder personale Kompetenzen, nehmen wir uns die Zeit und reflektieren wir einmal unsere Grundhaltung.Zeit: 02.07.2013, 16:00 Uhr - ca. 19:00 UhrOrt: Erfurt, LandesgeschäftsstelleTN-Beitrag: 10/20 Euro (GEW-Mitglied/Nicht-Mitglied)Referentin: Doris Tüngerthal

dungsmanifest kann online auf www.revolutionbildung.de unterschrieben werden. Zeitgleich werden hunderte junger Aktiver Unterschriften in den Betrieben und auf den Straßen im ge-samten Bundesgebiet sammeln. Zu den Erstunterzeichnern des Manifests gehö-ren der Erste Vorsitzende der IG Metall, Berthold Huber, der Zweite Vorsitzende Detlef Wetzel sowie alle geschäftsfüh-rende Vorstandsmitglieder der IG Me-tall. Die mit 220.000 Mitgliedern größte politische Jugendorganisation Deutsch-lands will möglichst viele Unterstützer für das Manifest und ihre Bildungs-forderungen gewinnen und in einem breiten gesellschaftlichen Bündnis im Vorfeld der Bundestagswahl Druck auf Politik und Wirtschaft ausüben.

Zu den Grundvoraussetzungen gehö-ren laut Bildungsmanifest unter an-derem ein Ausbildungsangebot für alle Jugendlichen, ein durchlässigeres Schulsystem, mehr Zugangswege zum Studium, ein Rechtsanspruch auf Wei-terbildung und die Abschaffung der Studiengebühren.

Die IG Metall ruft dazu auf, mit der Un-terzeichnung des Bildungsmanifests die Jugendlichen und jungen Erwachsenen in ihrem Kampf für gute Bildungschan-cen zu unterstützen.

Weitere Informationen:Eric LeidererBundesjugendsekretär beim Vorstand der IG MetallTel: 0170 · 3 33 38 65 Mail: [email protected]

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GEW Aktuell

Die Mitstreiter der Arbeits-gemeinschaft Jugendliteratur und Medien (GEW) rezensieren Kinder- und Jugendmedien für eine intensiv genutzte Daten-bank und arbeiten auf vielfälti-ge Weise wissenschaftlich und methodisch in der Leseförde-rung.

Und sie haben die Aufgabe, alle drei Jahre einen Preisträger für den vom Bildungs- und Förderungswerk der GEW gestifteten Wolgast-Preis zu küren. Dafür muss ein aktuelles Buch oder ein Hör- oder Bildmedium gefunden werden, das sich auf bei-spielhafte Weise mit Erscheinungen und Problemen der Arbeitswelt be-fasst.

Wer erhält den Wolgast-Preis?

Wir drei Jurymitglieder und unsere vielen Hinweisgeber waren bis Ende Mai auf der Suche. In einer Ecke mei-ner Wohnung türmen sich Kinderbü-cher, Bilder-, Sach- und Jugendbü-cher, eine Lieder-CD und zwei Filme. Auf einem Extrastapel liegen die Me-dien, die ich für Favoriten halte oder meine beiden Kollegen aus Baden-

Württemberg besonders gut finden. Es gibt etliche gute Werke, die wir in einer Empfehlungsliste zusammen-stellen werden. Aber welches soll der eine Preisträger sein? Im Fol-genden möchte ich einige Anwärter vorstellen.

Zum Beispiel ein Jugend-buch:

Vielleicht bekommt den Preis eines der Jugendbücher, die ihre Protago-nisten an der Schwelle zum Berufs-leben zeigen. Sie lockt ein Traum, Karriere und Ansehen oder die Selbstständigkeit. Und sie gehen Schritte der Auseinandersetzung, die mitunter zum Scheitern, oft zum Umdenken aber immer zum Er-wachsenwerden führen. Manchmal ist eine Lovestory nur reizvolles Bei-werk und soll den Leser bei der Stan-ge halten. Gut finden wir, wenn sie Denken und Fühlen in dieser Orien-tierungs-Lebensphase verdeutlicht. Francisco X. Stork beweist das in “Marcello in the Real World” (Fi-scher). Marcello wird von seinem Vater gezwungen, in den Ferien vor dem letzten Schuljahr in dessen An-waltskanzlei zu arbeiten. Der junge Mann ist in seiner Entwicklung durch

das Asperger-Syndrom behindert und verlässt den Schonraum seiner Sonderschule, in der er bestens lern-te, sein Denken und Verhalten in das „Normal-Leben“ einzuordnen und entsprechende Reaktionen eintrai-nierte. Der Autor lässt seine Leser an diesem Einstieg in die reale Welt sehr intensiv teilnehmen, was den besonderen Reiz dieses Buches aus-macht.

Oder ein Bilderbuch?

Wir könnten auch ein Bilderbuch auswählen. Einige von denen zeigen für größere Kinder Arbeitsbedin-gungen in der Vergangenheit oder stellen für Kleine in einer Handlung Berufstätige vor. Interessant wird es, wenn die Darstellung besonders an-schaulich wird, so dass Kinder zum Beispiel geschichtliche Abläufe ver-stehen können oder mit großer Hei-terkeit Besonderheiten eines Berufs-feldes erfahren. Es gibt aber auch Bücher, die brisante Themen beson-ders berührend darstellen oder die Leser zu einer außergewöhnlichen Sicht verleiten.

In Michael Rohers „ Zu verschenken“ (Picus) lebt eine Familie in einem „Hausrad“. Während sie von Stadt zu Stadt unterwegs sind, reparieren und sammeln sie Dinge, die sie dann

Wolgast-Preis 2013 der GEW

Bärbel JähnertFoto: privat

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GEW Aktuell

wieder tauschen oder verschenken. Solch ungewöhnli-ches Verhalten verunsichert die Erwachsenen, bis ein kleines Mädchen das Misstrauen bricht. Die interessan-ten collageartigen Illustrationen und der knappe Text er-zählen die Geschichte so, dass schon Kindergartenkinder sie verstehen, aber auch deren Eltern zum Nachdenken über das Anliegen angeregt werden.

Vielleicht doch ein Kinderbuch…

Oder trifft die Wahl ein Kinderbuch, das das Leben von Kindern in anderen Ländern darstellt? Über die Identi-fikation mit den Helden kann Verständnis für mitunter sehr fremde Lebenswelten entstehen. Und manchmal ist so eine unbekannte Welt auch in einer Geschichte aus Deutschland anzutreffen, wenn Arbeitslosigkeit ein ganzes Familiengefüge auseinander zu bringen droht. Mitunter greifen Autoren auch zu Mitteln der Fantasy-Literatur, um ihre Themen interessant zu machen. Nur sollte dann vor lauter skurrilen Gestalten die Charakte-ristik der Figuren oder die Auseinandersetzung mit dem Thema nicht auf der Strecke bleiben.

Marie-Aude Murail stellt in „Vielleicht sogar wir alle“ (Fi-scher) vier Familienangehörige in einer Situation vor, in der der Vater seine Arbeit verliert. Beeindruckend ist die realistische Schilderung der Umstände und der Reakti-on der Figuren, vom 7-jährigen Esteban bis zur Mutter und die dargestellte Kraft, die in der Beziehung der Fa-milienangehörigen zueinander liegt. Die kleine Liebes-geschichte des Mädchens Charline, die auf der Schwelle zum Erwachsenwerden steht, nimmt der Handlung die Schwere.

Aber, es gibt ja auch noch Sachbücher…

Das Spektrum der Sachbücher zum Thema ist ganz be-sonders breit. Da wird dargestellt, wie bildende Künstler oder Forscher mit ihrer Arbeitsweise die gesellschaft-liche Entwicklung voranbringen. Einige Bücher halten Klappen mit Zusatzinformationen, Glossare und Bas-telmaterial bereit, damit sich die Leser intensiver mit den Themen auseinandersetzen. Und es werden auch schon mal die Nicht-Helden der Wirtschaft, Kunst und Geschichte vorgestellt, diejenigen, die nicht berühmt wurden, deren Leistung aus verschiedenen Gründen kei-ne Anerkennung erfuhr. Natürlich interessiert auch das Außergewöhnliche.

Im kleinformatigen Sachbuch von Michaela Vieser und Irmela Schautz „Von Kaffeeriechern, Abtrittanbietern und Fischbeinreißern – Berufe aus vergangenen Zei-ten“ (Bertelsmann) werden ausgestorbene Berufe oder Berufsgruppen mit ihren Aufgaben und Arbeitsmitteln vorgestellt. Besonders interessant sind die gesellschaft-

lichen Hintergründe der jeweiligen Arbeit und die ge-schichtliche Einordnung. So reist man auf humorvolle Weise in die Vergangenheit.

… und DVD’s.

Den Wolgast-Preis 2011 erhielt die Kindersendung „Trick-boxx“ vom Kinderkanal mit ihrer Serie über Medienbe-rufe wegen der Aktualität, Originalität und Zielgruppen-entsprechung. Ein Film der jetzigen Bewertungsrunde ist der auch auf DVD erhältliche: „Dichter und Kämpfer- Das Leben der Poetry Slamer in Deutschland“ von Marion Hütter. Auch wenn die vorgestellten vier Akteure ihre Betätigung nicht als Arbeit bezeichnen und sich mit ihrer Kunst den Lebensunterhalt nicht sichern wollen und kön-nen, erfahren wir, wie sie Slamer wurden, wie sie dichten und vortragen und wie sich diese Arbeit als Lebensmit-telpunkt anfühlt. Oder ist das dann doch nicht mehr Dar-stellung von Arbeitswelt mit ihren Erscheinungen und Problemen???

Bärbel JähnertArbeitsgemeinschaft Jugendliteratur und Medien (GEW)

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GEW Aktuell

Neue Runde im Kampfum bessere ArbeitsbedingungenSeit Beginn des letzten Jahres führt die GEW Thü-ringen Gespräche mit dem Thüringer Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur. Hintergrund ist, den demografischen Wandel an Schulen mit-hilfe eines Personalentwicklungskonzeptes zu ge-stalten.

Inhalte des Konzeptes

In den bisherigen Gesprächen wurden die Positionen der Gewerkschaft und des Ministeriums diskutiert. Schwerpunkte bildeten dabei u. a.:

• Ein transparentes Verfahren für Abordnungen und Versetzungen

• Ausgestaltung von Arbeitszeit/Teilzeitbeschäftigung• Ausreichende Anzahl von Neueinstellungen• Maßnahmen für den Arbeits- und Gesundheitsschutz• Maßnahmen für ältere Beschäftigte• Notwendige Maßnahmen in der Lehrerbildung.

Aufforderung zu Verhandlungen

Der Landesvorstand der GEW Thüringen hatte schließ-lich am 27. April 2013 beschlossen, Minister Christoph Matschie zu Sondierungsgesprächen für eine Verhand-lung aufzufordern. Darin soll beraten werden, wie mit den bisher vorliegenden Ergebnissen umgegangen wird. Ziel der GEW Thüringen ist eine verbindliche Vereinba-rung zur Personalentwiclung bis zum Jahr 2022.

Altersteilzeit – Postkartenaktion

Eine im Laufe der Gespräche deutlich gewordene Forde-rung betrifft das Thema der Altersteilzeit für Lehrkräfte. Lehrer/innen hatten sich u. a. in der Onlinebefragung im letzten Jahr deutlich für eine Gestaltung des Austritts aus der aktiven Phase ausgesprochen.

In einer Postkartenaktion werden nun die rund 22.000 Beschäftigten an den Thüringer Schulen befragt, wel-che Verbesserungen von Arbeitsbedingungen ihnen am dringendsten erscheinen. Zugleich sollen sich die Beschäftigten äußern, in welcher Form sie dann die Gespräche und gegebenenfalls stattfindenden Verhand-lungen unterstützen können und wollen. Denn klar ist, nur wenn die Mehrheit der Beschäftigten der GEW die Verhandlungsmacht übergibt, kann sich die GEWerk-schaft für ihre Interessen stark machen.

Bis zum 21. Juni 2013 müssen die ausgefüllten Postkar-ten an die Landesgeschäftsstelle der GEW Thüringen, Heinich-Mann-Straße 22, 99096 Erfurt, zurückgesendet werden.

Kathrin Vitzthum

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Bildung

Am 13.04.2013 startete der KV der GEW Eichsfeld seinen 17. Kindergartentag.

Diesem Ruf folgten 24 Kolleginnen, welche mit viel Enthusi-asmus und guter Laune den Kindergarten „Pfiffikus“ in Leine-felde ansteuerten. Jeder freute sich auf den bevorstehenden Tag und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht.

Wir konnten für unser Thema: „Wie sollte der Kindergarten die fein- und graphomotorischen Fähigkeiten der Kinder för-dern, um ihnen das Erlernen der Schriftsprache in der Schule zu erleichtern“ Herrn Rainer Püschel als Referenten gewin-nen, welcher sich mit großem Elan der Thematik annahm. Zu Beginn der Veranstaltung mischte er uns mit einem schot-tischen Tanz so richtig auf, und brachte so auch den letzten Teilnehmer in die richtige Stimmung. Dann erfolgten sehr viele gute Übungen, Spiele und Hinweise, welche uns helfen, bei den Kindern die Hand- und Fingergelenke zu kräftigen, zu lockern und gleichzeitig geschmeidig und beweglich zu machen. Auch der Ausdauer und Konzentration wurde Be-achtung geschenkt. Alles Dinge, um bei unseren Vorschul-

kindern günstige Voraussetzungen für das Erlernen der Schriftsprache zu schaffen. In den Pausen griffen die Kolleginnen beim aufgebauten Büfett zu, um sich zu stärken. So verging die Zeit wie im Fluge. Je-der war erstaunt, als sich die Ver-anstaltung ihrem Ende neigte. Alle konnten viele neue Ideen und Bei-spiele für ihre Arbeit mit nach Hau-se nehmen, welche sie bestimmt in Zukunft in ihre Arbeit mit den Kindern einfließen lassen werden.Unser Dank für diese schöne Weiterbildung möchten wir an dieser Stelle dem KV der GEW Eichsfeld aussprechen, wel-cher die Kosten für diese Veranstaltung übernommen hat.

Wir hoffen, dass dies auch im nächsten Jahr möglich ist.

Heidi Towara

17. Kindergartentag im Eichsfeld

Die Arbeitswelt kann für Jugendliche ein Buch mit sieben Siegeln sein. Welche Rechte habe ich als Azubi? Welche Pflichten? Was darf mein Chef und welche Pflichten hat er? Was ist ein Betriebsrat und wozu ist er gut? Jugend- und Auszubildendenvertretung? Noch nie gehört! Ge-werkschaften? Sind das nicht die, die immer nur nörgeln, streiken oder demonstrieren? Und vor allem... Was hat das mit mir zu tun?An diesen Fragen setzt das Projekt „Arbeit, Ausbildung, Mitbestimmung“ an. Außerhalb des obligatorischen Schul-unterrichts vermittelt ein Team betrieblich erfahrener SeniorInnen und ehemaliger Betriebsräte in Zweierteams arbeitsweltbezogene Inhalte, gibt Einblicke in betriebli-che Praxis und steht als Ansprechpartner zur Verfügung. Zielgruppe sind SchülerInnen in Schulabgangsklassen, Aus-zubildende und Teilnehmende im berufsvorbereitenden Jahr. In den Projekttagen werden die Jugendlichen in ihrer beruflichen Orientierung und individuellen Lebensplanung unterstützt.

Die Inhalte sind in vier Modulen organisiert:1. Im Modul Ausbildungs- und Arbeitsvertrag werden die

rechtlichen Grundlagen des Arbeits- und Ausbildungs-vertrages erläutert. Hinzu kommen die rechtlichen Re-gelungen für Arbeit und Ausbildung im Allgemeinen sowie die Rechte und Pflichten von AusbilderInnen, Ar-beitnehmerInnen und Arbeitgebern.

2. Im Modul Betriebliche Mitbestimmung geht es um die

Organe der betrieblichen Mitbestimmung und deren Aufgaben.

3. Im Modul Konflikte und Lösungsansätze wird aufgezeigt, welche Konflikte zwischen ArbeitnehmerInnen und Ar-beitgebern entstehen können und wie diese im Hinblick auf geltende rechtliche, tarifvertragliche und arbeits-vertragliche Regelungen gelöst werden können. Auch die Rolle von Betriebs- und Personalräten im Konfliktfall wird hier beleuchtet.

4. Im Modul Gewerkschaften werden die Aufgaben und die Rolle als außerbetriebliche Interessenvertretung vorgestellt. Vor allem die Fragen des Tarifvertrages und gewerkschaftlicher Rechtsvertretung werden angespro-chen.

Die jeweiligen Module haben einen Umfang von ca. 2 Stunden. Themenbezogene Materialien sind in einem Pro-jektordner zusammen gefasst. Das Projekt „Arbeit, Ausbildung, Mitbestimmung“ wird gemeinsam von Arbeit und Leben Thüringen und der IG Metall getragen, die Projekttage werden thüringenweit angeboten.

Weitere Informationen unter: www.arbeitundleben-thueringen.deAnsprechpartnerInnen: Carolin Pfeifer, Johannes Smettan, Telefon: 0361 · 565730

Gert Tümpner, Peter Losert

SeniorInnen in der Schule

Foto: H. Towara

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Kreisnachrichten

Jubilare Die GEW gratuliert folgenden KollegInnen zum Geburtstag.

85 JahreLieselotte Posmik, Altenburg

83 JahreIngo Heilemann, MarksuhlDr. Hans Malinowsky, JenaRolf Henning, Arnstadt

82 JahreReiner Oehmig, Greiz Ursula Hemmerling, Weimar

81 JahreRosemarie Sprenger, ErfurtProf. Dr. Hasso Lange, Burgstädt Christa Albert, Starkenberg - PosaEdith Rundnagel, Eisenach

80 JahreJohanna Noll, LunzigMarianne Winterroth, Sondershausen Jürgen Fischern EllrichFritz Bauer, Altenburg

75 JahreGerhard Wenzel, GräfenrodaAnnedore Klein, BlankenhainIsolde Schumann, TonndorfErich Krampitz, FrankenblickHans Kubitza, MühlhausenElvira Zeuner, LöbichauAnny Niebel, Bad Salzungen Johannes Elfner, JenaMarlis Meyer, ErfurtGert Sander, JenaHans-Joachim Schmidt, RuhlaHelga Freitag, ArternAlfred Roschlau, Ellrich/OT WofflebenBrigitte Klein, GothaAlfred Fritsch, BeurenMargareta Trescher, Ilmenau

70 JahreHeidrun Kirsten, ErfurtAnnelies Jentzsch, SuhlOrtrud Baarsch, HaselbachHans Huber, KersplebenAnnemarie Kürbis, MühlhausenRainer Kriegel, Tambach-DietharzErika Metz, ErfurtJürgen Petigk, WeimarMargarete Weber, Großeutersdorf Elke Menzel, LangewiesenThomas Schwarzbach, AltenburgHeidemarie Möllers, Apolda

Regina Unverricht, ArternMargit Päsler, EinhausenDieter Ahlemann, SaalfeldBarbara Enders, IchtershausenGerlinde Kahlert, Gotha

65 JahreRenate Finster, SuhlDr. Helmut Schmöger, GeraChristel Schmidt, CursdorfKarl-Ludwig Günschmann, ErfurtErika Nürnberger, SLZ/WildprechtrodaGerd Krell, ErfurtBrigitte Eckardt, Dorndorf-SteudnitzKarin Schenk, NordhausenBirgit Krasulsky, KahlaHorst Niekler, Jena Annegret Günther, KönigseePetra Dünkler, Drei Gleichen/OT CobstädtKarin Heinitz, IlmenauBärbel Spaethe, WeimarGisela Maschke, Bad LangensalzaGerhard Otto, ErfurtLutz Jüchser, PausaWolfgang Langguth, SchalkauGerda Weiß, SondershausenUrsula Fiebiger, OldislebenSusanne Lehe, ErfurtAnita Keller, Langenroda

Mai/Juni Altenburg

Hildburghausen

Kirche und Kaffee

Es wird eng, aber auch der letzte Frühlingstag berechtigt noch zur Durchführung unseres alljährlichen Treffens.Wann: 20. Juni 2013, 15:00 Uhr.Wo: Kirche Altenburg, OT Kosma.Anschließend, gegen 15:45 Uhr, Auswertung des in der Kir-che Erlebten bei Kaffee und Kuchen im Landgasthof Kosma. Anmeldung bis spätestens 15. Juni unter 03447 · 315502.

Euer Orgteam

Sommerfest

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wieder mal geht ein anstrengendes Schuljahr seinem Ende entgegen und jeder freut sich auf die wohlverdienten Ferien. Um die Zeit bis dahin etwas zu verkürzen, lädt der Kreisvor-stand Altenburg seine noch im Dienst befindlichen Mitglie-der zu einem Sommerfest nach Primmelwitz ein. Das Som-merfest findet am 09.07.2013 statt und beginnt 17:00 Uhr.

Aus logistischen Gründen ist eine Anmeldung bis 20.06.2013 unbedingt erforderlich.Das Sommerfest findet im Freien statt. Anmeldungunter 034343 · 91969 oder e-mail: [email protected]

Peter Schindler

Jahreswanderung

Am Freitag, dem 28. Juni 2013, soll die diesjährige Wan-derung zum Abschluss des Schuljahres für die Mitglieder des Kreisverbandes Hildburghausen stattfinden. Ziel sind der Mühlenwanderweg und die Einkehr in der Altmühlaue in Roßfeld. Interessenten treffen sich 15:20 Uhr am Busbahnhof in Hildburghausen. Der Linienbus fährt 15:30 bis Steinfeld. Von dort wird auf dem Mühlenwanderweg am mystischen Bergloch vorbei bis Adelhausen gewandert. Weiter geht es nach Roßfeld in das Gasthaus Altmühlaue zur Einkehr. Die Rückfahrt muss individuell vereinbart werden.

Interessenten melden sich bitte per E-Mail beim GEW-Kreisverband unter der Adresse: [email protected] oder telefonisch bei Jutta Enders 03685 · 700405 bzw. Margarete Scarbath 03685 · 701415. Wir freuen uns auf eure Teilnahme!

Euer KV Hildburghausen

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Kreisnachrichten

Ilmkreis

Bustour

Liebe Mitglieder,

eine schöne Tradition unseres Kreisverbandes ist die Bus-tour in den Herbst. Sie führt uns am 21.09.2013 in das Fränkische Seenland. Der Kreisvorstand würde sich freuen, wenn ihr gemeinsam mit uns diesen Tag verbringt. Auch eure Partner sind herzlich eingeladen. Geplant ist ein geführter Stadtrundgang durch die Römer-stadt Weißenburg. Im Fahrpreis inbegriffen ist auch ein Mittagessen im Restaurant „Ellinger Tor“. Am Nachmittag schließt sich dann eine anderthalbstündige Schifffahrt mit Kaffeegedeck auf dem Brombachsee an.Wir werden mit dem Reisebüro und Busbetrieb Bernd En-ders – Großbreitenbach unterwegs sein. Die Abfahrtsorte sind Großbreitenbach, Langewiesen, Il-menau, Plaue und Arnstadt. Die Abfahrtszeiten richten

sich nach der Anzahl der eingesetzten Busse und werden rechtzeitig bekannt gegeben. Die Kosten für GEW-Mitglieder betragen 10 €. Für Nicht-GEW-Mitglieder beträgt der Reisepreis 49,00 €.Anmelden könnt ihr euch im Büro oder unter: [email protected]

Der Verkauf der Karten erfolgt am 19.06.2013 und am 03.07.2013 zu den Büroöffnungszeiten. Auch Sammelbe-stellungen sind wie immer möglich.

Anmeldungen, für die keine Karten abgeholt wurden, ver-fallen, da wir am 08.07.2013 die genaue Anzahl der Teil-nehmer dem Reisebüro melden müssen.

Der Kreisvorstand des Ilmkreises

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Foto: Chr. Jung

Saalfeld/Rudolstadt

Saale-Orla-Kreis

Liebes GEW-Mitglied des Kreises SLF/RU,

der Lehrertag steht vor der Tür und wir sind fleißig bei der Planung. Wenn du Interesse hast, diesen denkwürdigen Tag gemeinsam mit uns zu begehen, dann melde dich in unserem Büro per Telefon: 03672 · 424584; per Fax: 03672  · 312935 oder per Mail: [email protected]

Wir treffen uns 17:00 Uhr an der Windmühle in Dit-trichshütte zu einer Mühlenbesichtigung mit einem Mühlenschnaps und anschließendem Essen bei einem Gastwirt im Ort. Du solltest uns auch deinen Wunsch zum Verzehr mit-teilen: Bratwust, Rostbrätchen, Bratkartoffeln oder Kar-toffelsalat (Anzahl nicht vergessen, auch für eine Beglei-tung). Für dich als GEW Mitglied ist dieser Tag kostenfrei.

Wir nutzen diese Möglichkeit auch zur Vergabe der be-stellten GEW-Kalender. Die Vertrauensperson deiner Schule erhält eine Unterschriftenliste „Für die zeit- und inhaltsgleiche Übertragung des Tarifergebnisses in das Beamtenrecht“. Diese kann ausgefüllt ebenfalls mitge-bracht werden und wir leiten sie dann weiter.

Bis dahin eine stressfreie ZeitDein KV SLF/RU

Reni-Sibille Eichhorn

Am 19.04.2013 fand auf dem Rittergut Positz unsere Jahresversammlung mit der Wahl des neuen Vorstandes statt. Außerdem wurden langjährige Mitglieder der GEW entsprechend geehrt. 50 Mitglieder waren unserer Einladung gefolgt.

Leider schieden zwei Grün-dungsmitglieder aus per-sönlichen Gründen aus dem Vorstand der GEW des Saale-Orla-Kreises aus, sehr zu unserem Bedauern. An dieser Stelle möchten wir uns recht herzlich bei Andreas Kukafka und Ronald Matthes für die jahrelang geleistete Arbeit bedanken. Wir werden die Zusammenarbeit mit den Beiden sehr vermissen.Zwei neue Mitglieder erklärten sich bereit, zukünftig im Kreisvorstand mitzuarbeiten. Dem neuen Kreisvorstand der GEW des SOK gehören an: Dana Oertel (Vors.), Mar-lies und Christian Jung, Marion Hintzsche, Heike Hücker, Erika Seifert und Marina Wolschendorf.

Wir waren sehr erfreut, den Vorsitzenden unserer Ge-werkschaft, Torsten Wolf, begrüßen zu dürfen. Er brachte uns auf den neuesten Stand der Situation des Bildungs-systems in Thüringen und nahm die Ehrung der Jubilare vor.

Insgesamt war es eine gelungene Veranstaltung, dazu trugen neben dem Ambiente auch das Drei-Gänge-Me-nü und die Darbietungen der „Fahrenden Gesellen“ aus Neustadt an der Orla bei.

Marina Wolschendorf

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Kreisnachrichten

Theaterbesuch

Das Meininger Theater ist weit über die Landesgrenzen hin-aus bekannt. Selbst im Ausland kennt man die „Meininger“, manchmal ohne zu wissen, wo die kleine thüringische Stadt eigentlich liegt.

Zu verdanken ist diese Berühmtheit in erster Linie Herzog Georg II, einem kunstsinnigen, schöpferisch veranlagten, in Malerei ausgebildeten und die europäische Theaterkunst hervorragend kennenden Regenten. Er reformierte das Theater, holte berühmte Künstler in die kleine Residenz-stadt. Mit Werken Schillers, Lessings, Molieres, Shakes-peares, um nur einige zu nennen, trat das Meininger En-semble in der Mitte des 19. Jahrhunderts seinen Siegeszug nach Berlin, Wien, Budapest, Prag, Amsterdam, London, Basel, Petersburg, Moskau, Warschau, Triest, Kopenhagen, Kiew und Odessa an.

Wen wundert es, dass wir Suhler, die wir schon oft Vorstel-lungen besucht haben, auch einmal einen Blick hinter die Kulissen werfen wollten.

Diese Möglichkeit nahmen 19 Mitglieder der Seniorengrup-pe wahr. Unter sach- und fachkundiger Führung durch Frau Renate Langner, verbunden mit vielen interessanten Anek-doten erlebten wir das Theater aus ungewohnter Perspek-tive. Dies war sehr beeindruckend und unvergesslich.

An dieser Stelle teilen wir euch die Termine unserer geplan-ten Veranstaltungen verbindlich mit.Wir bitten, diese zu notieren, da keine weiteren Einladun-gen erfolgen werden!

• 24.09.2013 Fahrt in die Rhön (Keltendorf)• 16.10.2013 Wanderung/Fahrt zum „Schwarzen Crux“• 11.12.2013 Weihnachtsfeier

Wir freuen uns über zahlreiche Anmeldungen, bis spätes-tens eine Woche vor der jeweiligen Veranstaltung unter folgenden Tel.-Nr.: Margit Fremde: 03681 · 761588Renate Bradler: 03681 · 760387

Eva-Maria Thomae (Fotos: I. Maurer/E. Thomae)

Es lockt die schöne Rhön!

Wir laden euch ganz herzlich zu einer Tagesfahrt mit dem Bus am Dienstag, den 24. September 2013 ein. Unser Aus-flug führt uns in das Keltendorf Sünna, wo nach der Füh-rung die Möglichkeit zu einem Mittagessen besteht. Im Anschluss geht es weiter in das kleine Städtchen Tann mit seinen zahlreichen Sehenswürdigkeiten. Gäste sind uns willkommen.

Unkostenbeitrag für Bus und Eintritt: ca. 30 Euro.Abfahrt am Gewerkschaftshaus: 07:30 UhrRückkehr: ca. 19:00 Uhr

Anmeldungen ab 24. Juni 2013 wie immer bei Margit Frem-de 03681 · 761588, Renate Bradler 03681 · 760387 oder der GEW-Geschäftsstelle 03681 · 726123.

Margit Fremde und Renate Bradler

Suhl

Neugierig, was die jungen GEW-Mitglieder machen?

Dann mal hier vorbeischauen: www.reinindiegew.de

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Rechtsstelle

Lehrerbesoldung in Thüringen rechtswidrig?Eine aktuelle Entscheidung des Verwaltungs-gerichts Meinigen lässt Zweifel an der Recht-mäßigkeit der gesetzlichen Bestimmungen zur Lehrerbesoldung aufkommen. Zu dieser span-nenden Thematik hat die GEW-Landesrechts-stelle das Gespräch mit Rechtsanwalt Matthias Wiese von der Erfurter Kanzlei „Wiese & Kolle-gen“ geführt:

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Rechtsstelle

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Rechtsstelle

Altersteilzeit: Riester-Förderung beantragen

Gesa Bruno-LatochaReferentin Angestellten- und Beamtenpolitik

GEW

Heike Schiecke

GEW-Landesrechtsstelle

Die Juristinnen der GEW-Landesrechtsstelle sind zu folgenden Zeiten erreichbar:

Persönliche Rechtsberatung(nach voheriger Anmeldung)Dienstag und Donnerstag von 14:00 Uhr bis 17:00 Uhr und nach Vereinbarung

Telefonische RechtsberatungMittwoch von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr sowie Dienstag und Donnerstag von 13:00 Uhr bis 17:00 Uhr

Darüberhinaus weisen wir darauf hin, dass in den GEW-Kreis- und Betriebsverbänden ehrenamtliche Rechtsschutzbeauftragte den Pädagog/innen zur Beratung zur Verfügung stehen.

Über Sprechzeiten und Erreichbarkeit vor Ort info-miert das Sekretariat der GEW-Landesrechtsstelle.

Telefon: 0361 · 590 95 50Telefax: 0361 · 590 95 60

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Termine, Tipps

Arbeitsgruppe Auslandslehrerinnen und Auslandslehrer (AGAL)

Gerechtigkeit in der Schule

In der EU arbeiten, für viele schon selbstverständlich und nichts Ungewöhnliches mehr. Doch wie ist es, wenn ein Lehrer für eine gewisse Zeit im europäischen oder sonsti-gen Ausland als Lehrer arbeiten möchte?

Eine zeitweilige Arbeit im Ausland kann neue Motivation bringen, erweitert den eigenen Erfahrungshorizont, schafft einen neuen Blick auf die eigene Tätigkeit, zwingt, sich selbst neu zu fordern und trägt dazu bei, andere Kulturen kennenzulernen – eine Bereicherung in je-dem Fall. Wer einmal die vielen Möglichkeiten dazu genutzt hat, wird immer wieder daran denken bzw. erneut ins Ausland wollen.Doch was ist dabei alles zu beachten? Die Informationsveranstaltung möchte Fragen dazu beantworten, u.a.- Welche Einsatzbereiche gibt es bei Auslandslehrer/innen?- Wo kann ich mich bewerben? Welche Chancen habe ich?- Wie lange dauert ein Auslandseinsatz?- Was muss dabei alles beachtet werden?- Was ist dabei mit meiner Familie?- Wie sind die rechtlichen und finanziellen Regelungen?

- Welche Unterschiede gibt es zwischen Auslandsdienstlehrkräften und Bundesprogrammlehrkräften sowie Ortslehrkräften?

- Was geschieht nach meiner Rückkehr?Termin: Freitag, 20.09.2013, 15:00 Uhr bis 17:30 UhrOrt: EIZ (Europäisches Informationszentrum) Erfurt, Regierungsstraße 73 (neben der Staatskanzlei)GEW-Mitglieder: keineNichtmitglieder: 10,- €

Eine Kooperation der GEW Thüringen mit GEW-Arbeitsgruppe Aus-landslehrerinnen und Auslandslehrer (AGAL).

Ihre Anmeldung senden Sie bitte bis 15.09.2013 anGEW Thüringen, Heinrich-Mann-Straße 22, 99096 ErfurtTel: 03 61 · 590950Fax: 03 61 · 5909560E-Mail: [email protected]

Jürgen Fischer

Im Ausland unterrichten – aber wie? Informationsveranstaltung zum Auslandsschuldienst

Können LehrerInnen eigentlich immer gerecht sein?

Eine Kollegin sagte vor kurzem zu mir, es sei so schwierig immer gerecht zu sein. Ich dachte komisch, dass finde ich gar nicht. Und doch habe ich begonnen im Schulalltag die Frage der eigenen Gerechtigkeitsausübung und die folgenden Reaktionen der SchülerInnen besser zu beobachten und zu reflektieren. Auf welche Weise äußern sich Kinder zum Thema Gerechtigkeit und Ungerechtigkeit in der Schule? Was sagt mir es, wenn meine SchülerInnen sagen: „Das ist ungerecht!“ – fühle ich mich ange-griffen, weil ich nie eine ungerechte Lehrerin sein wollte oder lese ich mal ein Buch zum Thema? Ich tat Letzteres!Das Buch „Gerechtigkeit in der Schule“ besteht aus mehreren Einzelauf-sätzen, die von der Herausgeberin Claudia Dalbert gebündelt wurden. Die Themen sind weit gestreut und ranken sich mit sehr psychologi-schem Blick um den Begriff: ‚Gerechtigkeit‘. Die Anordnung der Einzel-aufsätze verläuft innerhalb des Buches vom Allgemeinen zum Speziellen. Das Buch bietet sowohl die Möglichkeit quer zu lesen, als auch eigene Schwerpunkte gezielt zu setzen. Beispielsweise kann man Themen wie „Gerechtigkeit und Antisemitismus“ oder „schulisches Gerechtigkeitser-leben und Bullying“ einzeln erarbeiten. Fragen zu Gerechtigkeit im schu-lischen Umfeld werden facettenreich und mit vielen weitergehenden Literaturtipps gut beantwortet. Ich hatte vor der Lektüre zum Zusam-menhang des „Gerechte-Welt-Glaubens“ mit Exklusionsempfindungen in der Schule nur konfuses Wissen, das hat sich nun geändert.

Das Buch regte mich insgesamt zum detaillierten Nachdenken zu Fra-gen der Gerechtigkeitsbedeutung für alle Individuen in Schulen an. Ich ärgerte mich darüber, dass das Buch an manchen Stellen durch schlecht zu interpretierende Statistiken schwer verständlich und mit psycholo-gischen Termini überfrachtet erschien. Vielleicht lag der Ärger darüber im unzulänglichen Studienangebot zum Thema während meines Studi-ums und ist dem Buch als gutem Fachbuch selbst nicht vorzuwerfen, ein erklärender Glossar wäre aber hilfreich gewesen. Insgesamt bleibt ein sehr gutes Gefühl: ich habe einmal wieder über die Seite des Lehrerbe-rufes nachgedacht, die am Ende jede und jeder schon gespürt hat und die abseits der Sachkompetenz orientierten Fachlichkeit liegt. Pädagogi-sches Handeln im Alltag mit eigener Sicherheit anzuwenden unterliegt oft mehr Fragen, als Antworten. Das Buch hält keine fertigen Rezepte bereit, aber die Lektüre hat das eigene Denken beflügelt. 29,90 € und Sie tun sich was Gutes in den Sommerferien!

Beate WichmannGerechtigkeit in der Schule Editors: Claudia Dalbert ISBN: 978-3-531-16891-3 (Print) 978-3-531-93128-9 (Online)Hier kann man auch reinlesen:http://link.springer.com/book/10.1007/978-3-531-93128-9/page/1

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Noch keinen GEW-Kalender? Fragen Sie Ihren KV oder BV!

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Wer zuletzt lacht...