UNTERRICHTUNG - landtag-mv.de · ESF-PKP ESF-Personalkostenpauschale EURO STOXX 50 Aktienindex, der...

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Zugeleitet mit Schreiben der Präsidentin des Landesrechnungshofes vom 3. Mai 2017. LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/565 7. Wahlperiode 08.05.2017 UNTERRICHTUNG durch den Landesrechnungshof Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2016 (Teil 2) Landesfinanzbericht 2016

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Zugeleitet mit Schreiben der Präsidentin des Landesrechnungshofes vom 3. Mai 2017.

LANDTAG MECKLENBURG-VORPOMMERN Drucksache 7/565 7. Wahlperiode 08.05.2017

UNTERRICHTUNG durch den Landesrechnungshof Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2016 (Teil 2) Landesfinanzbericht 2016

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LandesrechnungshofMecklenburg-Vorpommern

Jahresbericht 2016Teil 2 - Landesfinanzbericht 2016

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Vorwort der Präsidentin des Landesrechnungshofes

Mit dem Landesfinanzbericht 2016 legt der Landesrechnungshof den zweiten Teil des Jahres-

berichts 2016 vor. Darin berichtet er insbesondere über die allgemeine Finanzlage des Landes,

die Haushaltsrechnung 2015 und seine Prüfungsergebnisse aus dem Landesbereich.

Die Haushaltsrechnung 2015 weist für Mecklenburg-Vorpommern einen kräftigen Überschuss

von 335 Mio. Euro aus. Der größte Teil des Überschusses wurde den Rücklagen des Landes

zugeführt. 60 Mio. Euro wurden zur Schuldentilgung eingesetzt. Ein weiterer konsequenter

Abbau der Verschuldung ist jedoch erforderlich, um für künftige finanzpolitische Herausfor-

derungen, wie zum Beispiel einen Anstieg des Zinsniveaus, gewappnet zu sein.

Wie sehr die Haushaltslage von der konjunkturellen Entwicklung abhängt, zeigt ein Blick in

die Vergangenheit. Ob die vorgesehene Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ab

2020 die Einnahmen des Landes verstetigt oder sogar verbessert, bleibt abzuwarten. Das Ver-

handlungsergebnis für Mecklenburg-Vorpommern und die übrigen ostdeutschen Länder könn-

te dazu führen, dass sich der Aufholprozess gegenüber den westdeutschen Flächenländern ver-

langsamt.

Für Mecklenburg-Vorpommern bedeutet das, den eingeschlagenen Kurs einer soliden Haus-

halts- und Finanzpolitik nicht zu verlassen. Daneben wird das Land nicht umhin kommen, sei-

ne konsumtiven Ausgaben zu begrenzen. Nur so kann es sich Spielräume schaffen, um aus ei-

gener Kraft zu investieren und damit die Basis für eine stetige wirtschaftliche Entwicklung

des Landes zu legen.

Der Landesfinanzbericht ist Ergebnis der zahlreichen Prüfungen des Landesrechnungshofes.

Deshalb gilt mein besonderer Dank den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für ihren tatkräfti-

gen Einsatz und ihre sorgfältige Arbeit.

Bedanken möchte ich mich auch für die konstruktive Zusammenarbeit mit den geprüften Stel-

len und vor allem dem Parlament.

Schwerin, April 2017

Dr. Martina Johannsen

I

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Inhaltsverzeichnis

I. Einleitung.........................................................................................................................1

II. Allgemeiner Teil...............................................................................................................3

1 Strukturelle Rahmenbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern...........................3

2 Finanzwirtschaftliche Entwicklung im Ländervergleich..........................................7

III. Aktuelle Themen............................................................................................................29

1 Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen...............................................29

2 Anhörung des Landesrechnungshofes nach § 103 LHO zu Förderrichtlinien.......46

IV. Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2015...................................................69

1 Haushaltsrechnung.................................................................................................69

2 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2015....................78

3 Vermögensübersicht Haushaltsjahr 2015...............................................................89

V. Feststellung zur Prüfung der Landesverwaltung.......................................................99

Einzelplan 03 – Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten - Staatskanzlei -..........99

1 Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesvertretung Mecklenburg-

Vorpommern beim Bund und des Informationsbüros Brüssel

(ausgewählte Titel).................................................................................................99

2 Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über den NDR durch die Staatskanzlei.........104

Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und

Gesundheit....................................................................................................................108

3 Nachschauprüfung Risikokapitalbeteiligungen des Technologiefonds

Mecklenburg-Vorpommern..................................................................................108

Einzelplan 07 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft

und Kultur....................................................................................................................117

4 Förderung eines Museums....................................................................................117

5 Führung eines Museumsbetriebes durch eine gemeinnützige

Betriebsgesellschaft..............................................................................................125

6 Zuwendungen an ein institutionell gefördertes Forschungsinstitut......................133

7 Beteiligungen der Universitätsmedizin Greifswald und deren Steuerung...........144

Einzelplan 08 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und

Umwelt..........................................................................................................................147

8 Zuwendungen zur Förderung des Absatzes land-, fisch- und

ernährungswirtschaftlicher Erzeugnisse...............................................................147

9 Erhebung und Verwendung der Einnahmen aus der Jagdabgabe.........................153

III

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Einzelplan 09 – Geschäftsbereich des Justizministeriums.......................................157

10 Haushalts- und Wirtschaftsführung im Landesamt für ambulante

Straffälligenarbeit.................................................................................................157

Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Integration

und Gleichstellung.......................................................................................................167

11 Maßnahmen zum Abbau der geschlechterspezifischen horizontalen und

vertikalen Teilung am Arbeitsmarkt.....................................................................167

12 Niedrigschwellige Betreuungsangebote und Modellvorhaben für

Pflegebedürftige – Förderstruktur und Umsetzung in der Praxis –......................172

13 Verwendung von Landesmitteln und Mitteln der Pflegekassen für

niedrigschwellige Betreuungsangebote und Modellvorhaben zur

Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen für Pflegebedürftige...................179

14 Landespflegeplanung in Mecklenburg-Vorpommern...........................................188

Einzelplan 11 – Allgemeine Finanzwirtschaft...........................................................195

15 Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage........................................................195

Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen des Landes...................................................219

16 Instandhaltung bei Hochbauten des Landes.........................................................219

VI. Ergebnisberichte zur Umsetzung von Landtagsentschließungen und zu

Empfehlungen des Landesrechnungshofes durch die entsprechenden Ressorts...229

1 Zum Landesfinanzbericht 2015............................................................................229

2 Umsetzung der Empfehlungen des Sonderberichts Hochschulfinanzierung........231

VII. Berichte anderer Rechnungshöfe...............................................................................235

1 Bilanzanalyse Dataport 2015................................................................................235

2 NDR-Werbung – pauschale Kostenerstattung der NDR Media bedarf

Überprüfung.........................................................................................................238

3 Tatortproduktionen des NDR...............................................................................242

IV

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Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Entwicklung der Bevölkerungszahl 1991-2015, 1991=100, in %.......................4

Abbildung 2: Angleichungsprozess Mecklenburg-Vorpommerns beim nominalen

BIP je EW in jeweiligen Preisen, 2009-2015, FFW=100, in %..........................5

Abbildung 3: Angleichungsprozess der ostdeutschen Flächenländer beim nominalen BIP je

EW, 2009-2015, FFW=100, in %........................................................................6

Abbildung 4: Entwicklung der Erwerbstätigkeit (am Arbeitsort) im Ländervergleich,

1991-2015, 1991=100, in %................................................................................7

Abbildung 5: Die Finanzlage der deutschen Flächenländer im Überblick, 2015, in Euro je

EW.......................................................................................................................8

Abbildung 6: Finanzierungssalden der Flächenländer, 2014 und 2015, in Euro je EW..........10

Abbildung 7: Bereinigte Einnahmen und Ausgaben sowie Kreditfinanzierungsquote in

Mecklenburg-Vorpommern (Landesebene), 1995-2015....................................10

Abbildung 8: Normierte laufende Einnahmen und Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern

(Landesebene), 1995-2015, 1995=100, in %.....................................................11

Abbildung 9: Steuereinnahmen und Steuerdeckungsquote in Mecklenburg-Vorpommern

(Landesebene), 1991-2015................................................................................16

Abbildung 10:Ergebnisse des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ (Mai des jeweiligen Jahres

und November 2016) zu den Steuereinnahmen der Länder seit 2012, in Mrd.

Euro...................................................................................................................16

Abbildung 11: Zinsausgaben im Ländervergleich, 1991-2015, in Euro je EW.........................19

Abbildung 12: Investitionsquoten im Ländervergleich, 1991-2015, in %.................................20

Abbildung 13:SoBEZ-Zahlungen an Mecklenburg-Vorpommern bis 2019 (Korb I),

in Mio. Euro.......................................................................................................21

Abbildung 14:Unbereinigte Salden der laufenden Rechnung, 2014 und 2015,

in Euro je EW....................................................................................................23

Abbildung 15:Bereinigte Salden der laufenden Rechnung, 2014 und 2015, in Euro je EW....24

Abbildung 16:Mehreinnahmen der Länder nach dem Reformmodell im Jahr 2020 im

Vergleich zu den Regelungen zum LFA im Jahr 2019, in Euro je EW..............33

V

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Abbildung 17:Mehreinnahmen von MV, FO und FFW nach dem Reformmodell im Jahr

2020 im Vergleich zu den Regelungen zum LFA im Jahr 2019,

in Euro je EW....................................................................................................34

Abbildung 18: Finanzierungssaldo, 2005-2015, in Mio. Euro..................................................70

Abbildung 19: Entwicklung der Einnahme- und Ausgabereste, 2005-2015, in Mio. Euro......73

Abbildung 20:Entwicklung der Rücklagen jeweils zum Ende des Haushaltsjahres von

2007-2015, in Mio. Euro...................................................................................94

Abbildung 21:Schuldenstand zum 31.12. im Ländervergleich, 1991-2015, in Euro je EW....96

Abbildung 22:Eigenkapitalentwicklung, 2004-2015, in Mio. Euro.......................................235

Abbildung 23:Verschuldung, 2004-2015, in Mio. Euro.........................................................236

Abbildung 24:Verschuldungsgrad (ohne Abzug der Rückdeckungsversicherung),

2004-2015, in %..............................................................................................237

VI

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Veränderung des realen BIP in den Bundesländern, 2013-2015, in %.....................4

Tabelle 2: Ist-Einnahmen 2010-2015 sowie Soll-Ansätze der Einnahmen 2015,

in Mio. Euro...........................................................................................................12

Tabelle 3: Ist-Ausgaben 2010-2015 sowie Soll-Ansätze der Ausgaben 2016,

in Mio. Euro...........................................................................................................13

Tabelle 4: Einnahmen auf der Landesebene im Ländervergleich, 2015, in Euro je EW........15

Tabelle 5: Ausgaben auf der Landesebene im Ländervergleich, 2015, in Euro je EW..........17

Tabelle 6: SoBEZ-Nachweisquoten für Mecklenburg-Vorpommern 2007-2015, in %..........22

Tabelle 7: Eigenfinanzierte Investitionen und Regelkreditobergrenze gemäß

Art. 65 Verf. M-V, Ist-Daten 2011-2015 und Plandaten 2016-2020,

in Mio. Euro...........................................................................................................23

Tabelle 8: Kennziffern des Stabilitätsberichtes 2016 zur aktuellen Haushaltslage und zur

Finanzplanung........................................................................................................26

Tabelle 9: Übersicht über die Modell-Kategorien bei Konjunkturbereinigungsverfahren......39

Tabelle 10: Verteilung der Haushaltsreste auf die Einzelpläne; 2015, in Euro.........................71

Tabelle 11: Überschreitungen mit und ohne Einwilligung nach § 37 Abs. 1 und 7 LHO,

2015, in Euro.........................................................................................................74

Tabelle 12: Verpflichtungsermächtigungen, 2005-2015, in Mio. Euro....................................75

Tabelle 13: Übersicht über das Vermögen, 2014-2015.............................................................90

Tabelle 14: Entwicklung des Bestands an Sicherheits- und Gewährleistungen von 2014 zu

2015, in Euro.........................................................................................................97

Tabelle 15: Übersicht der Bewilligungen nach Förderbereichen, 2006-2015, in Euro...........173

Tabelle 16: Verwendung der Mittel 2013 und 2014, Mittelanforderungen 2015, in Euro......190

VII

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Abkürzungsverzeichnis

AA-BEW Arbeitsanweisung Mittelbewirtschaftung für Dienststellen des Landes Mecklenburg-Vorpommern unter Anwendung des HKR-Verfahrens

Abl. EG Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaft

ADrs. Ausschussdrucksache

AG Ausgabengruppe

AK ETR Arbeitskreis Erwerbstätigenrechnung des Bundes und der Länder

AK VGR Arbeitskreis Volkswirtschaftliche Gesamtrechnungen der Länder

AL-1 Abteilungsleiter 1

AmtsBl. M-V Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern

ANBest-K Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungenzur Projektförderung an kommunale Gebietskörperschaften und Zweckverbände

ANBest-P Allgemeine Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung

AO Abgabenordnung

apl. außerplanmäßig

AufgZuordG M-V Aufgabenzuordnungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern

AV-WGL Ausführungsvereinbarung zum GWK-Abkommen über die gemeinsame Förderung der Mitgliedseinrichtungen der Wissenschaftsgemeinschaft Wilhelm Leibniz e. V.

AWO Arbeiterwohlfahrt Mecklenburg-Vorpommern e. V.

BBesG Bundesbesoldungsgesetz

BBL M-V Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern

BeschaffRl M-V Beschaffungsrichtlinie M-V

BgA Betrieb gewerblicher Art

BGBl. Bundesgesetzblatt

BHO Bundeshaushaltsordnung

BImA Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

BMF Bundesministerium der Finanzen

BR-Drs. Bundesratsdrucksache

BSI Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik

BT-Drs. Bundestagsdrucksache

BVerfGE Bundesverfassungsgerichtsentscheidung

CAFM-System Computer Aided Facility Management-System

Caritas Meckl. Caritas Mecklenburg e. V.

Caritas Vorp. Caritasverband für das Erzbistum Berlin e. V.; Regionalleitung Vorpommern

DAX Deutscher Aktienindex

Diakonie Meckl. Diakonisches Werk der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Mecklenburg e. V.

Diakonie Vorp. Diakonisches Werk der Pommerschen Evangelischen Kirche e. V.

DPWV Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband Mecklenburg-Vorpommern e. V.

DRK Deutsches Rotes Kreuz Mecklenburg-Vorpommern e. V.

Drs. Drucksache

IX

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DV AZ Dienstvereinbarung zur Durchführung der gleitenden Arbeitszeit und der Zeiterfassung des LaStar

DVZ M-V GmbH Datenverarbeitungszentrum Mecklenburg-Vorpommern GmbH

EFF Europäischer Fischereifonds

ELER Europäischer Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums

Epl. Einzelplan

EPLR M-V Entwicklungsprogramm für den ländlichen Raum Mecklenburg-Vorpommern

ESF Europäischer Sozialfonds

Erlass ESF-PKP Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales zur ESF-Personalkostenpauschale in Mecklenburg-Vorpommern

ESF-PKP ESF-Personalkostenpauschale

EURO STOXX 50 Aktienindex, der 50 große börsennotierte Unternehmen der Eurozone beinhaltet

EVB-IT Ergänzende Vertragsbedingungen für die Beschaffung von Informationstechnik

EW Einwohner

EZB Europäische Zentralbank

FAG Finanzausgleichsgesetz

FITKO Föderale IT-Kooperation

FLI Friedrich-Loeffler-Institut

FöRiGeF Richtlinie zur Förderung der nachhaltigen Entwicklung von Gewässern und Feuchtlebens-räumen

FSchVO M-V Verordnung über die Erteilung der Fischereischeine und die Erhebung der Fischereiabga-be

FVG Finanzverwaltungsgesetz

GGO I M-V Gemeinsame Geschäftsordnung I der Ministerien und der Staatskanzlei des Landes Meck-lenburg-Vorpommern

GVOBl. M-V Gesetz- und Verordnungsblatt Mecklenburg-Vorpommern

GW Grundwasser

GWK Gemeinsame Wissenschaftskonferenz

HGr Hauptgruppe

HGrG Haushaltsgrundsätzegesetz

HIS-HE HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V.

HKR Haushalts-, Kassen und Rechnungswesen

HÜL Haushaltsüberwachungslisten

HWSLwRL M-V Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen zur Beseitigung der Hochwasserschäden 2013 in landwirtschaftlichen Unternehmen in Mecklenburg-Vorpommern

i. V. m. in Verbindung mit

IB Informationsbüro Brüssel

IKS Internes Kontrollsystem

ISEP Integrierte Sportstättenentwicklungsplanung

IT-PLR IT-Planungsrat

ITIL Information Technology Infrastructure Library

Kl Klasse

KLR Kosten- und Leistungsrechnung

X

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KMU Kleine und mittlere Unternehmen

KONSENS Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung

KStG Körperschaftsteuergesetz

KSV Kommunaler Sozialverband Mecklenburg-Vorpommern

LAGuS Landesamt für Gesundheit und Soziales Mecklenburg-Vorpommern

LAiV Landesamt für innere Verwaltung

LALLF Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und Fischerei

LaStar Landesamt für ambulante Straffälligenarbeit

LEADER frz.: Liaison entre actions de développement de l'économie rurale

LFA Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und Fischerei Mecklenburg-Vorpommern

LFAErG M-V Gesetz zur Errichtung der Landesforstanstalt

LFI M-V Landesförderinstitut Mecklenburg-Vorpommern

LFischG M-V Fischereigesetz für das Land Mecklenburg-Vorpommern

LHO Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern

LISA-LIMS IT-Verfahren: Labor-Informations- und Managementsystem

lit. litera

LJagdG M-V Jagdgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern

LPBK Landesamt für zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand und Katastrophenschutz

LPflegeG M-V Landespflegegesetz Mecklenburg-Vorpommern

LRKG M-V Landesreisekostengesetz Mecklenburg-Vorpommern

LSB M-V Landessportbund Mecklenburg-Vorpommern

LUNG Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie

LV Landesvertretung M-V beim Bund

LWaG Wassergesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern

LZK Landeszentralkasse

MDK Medizinischer Dienst der Krankenversicherung

MG Maßnahmegruppe

MTF Medical Task Force(s)

NBest-Bau Baufachliche Nebenbestimmungen

NDR Norddeutscher Rundfunk

NDR-StV NDR-Staatsvertrag

OGr Obergruppe

ÖPNV Öffentlicher Personennahverkehr

OZG Onlinezugangsgesetz

RL-Bau M-V Richtlinie für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern

SBZ Sonderbedarfszuweisungen

SEPVO M-V Schulentwicklungsplanungsverordnung Mecklenburg-Vorpommern

SGB Sozialgesetzbuch

SGB XI Elftes Buch Sozialgesetzbuch – Soziale Pflegeversicherung

SoBEZ Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen

XI

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SportFG M-V Sportfördergesetz Mecklenburg-Vorpommern

Sportstb RL Richtlinie zur Förderung des Sportstättenbaus

StALU WM Staatliches Amt für Landwirtschaft und Umwelt Westmecklenburg

TB Tarifbeschäftigte(r)

TOA Täter-Opfer-Ausgleich

TV-L Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

Tz./Tzn. Textziffer/Textziffern

UKF unterproportionale kommunale Finanzkraft

üpl. überplanmäßig

VE Verpflichtungsermächtigung

VEBEG Vebeg GmbH

Verf. M-V Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern

VersFondsG M-V Gesetz über einen Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern

VersRücklG M-V Versorgungsrücklagengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern

VO Verordnung

VOL/A Vergabe- und Vertragsordnung für Leistungen – Teil A

VollstVergV Verordnung über die Vergütung für Beamte im Vollstreckungsdienst

VV Verwaltungsvorschrift(en)

VV Kor Verwaltungsvorschrift zur Bekämpfung von Korruption in der Landesverwaltung Meck-lenburg-Vorpommern

VV-HS Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik des Landes Mecklenburg-Vorpommern

VV-K Verwaltungsvorschriften für Zuwendungen zur Projektförderung an kommunale Körper-schaften

VV-LRKG M-V Allgemeine Verwaltungsvorschrift zum Landesreisekostengesetz

VZÄ Vollzeitäquivalent

WBFöG Weiterbildungsförderungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern

WBG Weiterbildungsgesetz Mecklenburg-Vorpommern

WEE Wasserentnahmeentgelt

WGL Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibnitz e. V.

WHG Gesetz zur Ordnung des Wasserhaushalts

WRRL Richtlinie zur Schaffung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik 2000/60/EG des europäischen Parlaments und des Rates

ZBau Baufachliche Ergänzungsbestimmungen

ZDL Zentrale Datenstelle der Landesfinanzminister

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Länderbezeichnungen

BB Brandenburg

BW Baden-Württemberg

BY Bayern

HE Hessen

MV Mecklenburg-Vorpommern

NI Niedersachsen

NW Nordrhein-Westfalen

RP Rheinland-Pfalz

SH Schleswig-Holstein

SL Saarland

SN Sachsen

ST Sachsen-Anhalt

TH Thüringen

FL Durchschnitt der Flächenländer

FO Durchschnitt der Flächenländer Ost ohne MV (BB, SN, ST und TH)

FFW Durchschnitt der finanzschwachen Flächenländer West (NI, RP, SL und SH)

D Deutschland

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I. Einleitung

(1) Der Landesrechnungshof überwacht nach Art. 68 Abs. 3 und 4 der Verfassung des Lan-

des Mecklenburg-Vorpommern (Verf. M-V) die gesamte Haushalts- und Wirtschaftsführung

des Landes sowie die Haushalts- und Wirtschaftsführung der kommunalen Körperschaften

und der übrigen landesunmittelbaren juristischen Personen des öffentlichen Rechts, die der

Aufsicht des Landes unterstehen. Er prüft die Zweckmäßigkeit und Wirtschaftlichkeit der Ver-

waltung. Der Landesrechnungshof ist darüber hinaus auch für Stellen außerhalb der Landes-

verwaltung zuständig, soweit diese Landesmittel erhalten oder Landesvermögen oder Landes-

mittel verwalten. Der Landesrechnungshof legt seinen Jahresbericht gemäß Art. 67 Abs. 2 und

Art. 68 Abs. 5 Verf. M-V dem Landtag vor und unterrichtet gleichzeitig die Landesregierung.

(2) Die im Landesfinanzbericht 2015 enthaltenen Bemerkungen zur Haushaltsrechnung

gemäß §§ 97 Abs. 2 und 114 Abs. 1 Landeshaushaltsordnung (LHO) beziehen sich auf die ge-

genwärtig vorliegende Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht für das Haushalts-

jahr 2015. Sie stellen somit die Grundlage für die Entlastung der Landesregierung durch den

Landtag für dieses Haushaltsjahr dar.

(3) Die in diesem Bericht dargestellten Prüfungsergebnisse sind hingegen nicht auf das

Haushaltsjahr 2015 beschränkt (§ 97 Abs. 3 LHO).

(4) Den im Prüfbericht erwähnten Stellen wurde die Möglichkeit gegeben, zu den dar-

gestellten Prüfungsergebnissen Stellung zu nehmen. Soweit notwendig, werden die Äußerun-

gen der geprüften Stellen im Jahresbericht wiedergegeben.

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II. Allgemeiner Teil

1 Strukturelle Rahmenbedingungen in Mecklenburg-Vorpommern

(5) Wie in den vergangenen Jahren werden im folgenden Abschnitt zunächst die struktu-

rellen Rahmenbedingungen des Landes dargestellt. Der Landesrechnungshof zeigt dafür die

demografische Entwicklung, die wirtschaftliche Entwicklung und die Entwicklung der Er-

werbstätigkeit auf.

(6) Im Jahr 2014 konnte in Mecklenburg-Vorpommern erstmals seit der Wiedervereini-

gung ein Anstieg der Bevölkerungszahl beobachtet werden. Dieser Trend hat sich im Jahr

2015 fortgesetzt. Zum 30. Juni 2015 lebten 1.600.599 Menschen in Mecklenburg-Vorpom-

mern. Dies entspricht einem Anstieg um 3.278 Personen bzw. 0,2 % gegenüber dem Vorjahr.

Mecklenburg-Vorpommern ist damit nach wie vor das einwohnerschwächste ostdeutsche Bun-

desland. Im Bundesvergleich haben lediglich Bremen und das Saarland weniger Einwohner.

Mit ca. 69 Einwohnern pro Quadratkilometer ist Mecklenburg-Vorpommern zudem das am

dünnsten besiedelte Bundesland.

Die Bevölkerungsentwicklung in Mecklenburg-Vorpommern und den beiden Ländergruppen

der FO (Flächenländer Ost ohne Mecklenburg-Vorpommern) und der FFW (finanzschwache

Flächenländer West) seit 1992 wird in Abbildung 1 dargestellt. Verglichen mit dem Ausgangs-

wert für den betrachteten Index von 100 im Jahr 1991 betrug die Bevölkerungszahl in Meck-

lenburg-Vorpommern 2015 nur noch 83,9 %. Eine ähnliche Entwicklung gab es in den ande-

ren ostdeutschen Flächenländern. Hier ist die Bevölkerung im entsprechenden Zeitraum auf

etwa 85,7 % geschrumpft. Dabei schwanken die Werte zwischen 78,3 % in Sachsen-Anhalt

und 96,2 % in Brandenburg, das wahrscheinlich von seiner geographischen Nähe zu Berlin

profitiert.

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Abbildung 1: Entwicklung der Bevölkerungszahl 1991-2015, 1991=100, in %

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

(7) Im Betrachtungszeitraum überstiegen in Mecklenburg-Vorpommern die Sterbefälle die

Neugeburten. Der leichte Zuwachs in der Bevölkerungsentwicklung ist vor allem auf einen

wiederholt positiven Wanderungssaldo zurückzuführen. Dieser resultiert aus einer starken Zu-

wanderung aus dem Ausland1, während der Wanderungssaldo des Landes gegenüber dem Rest

von Deutschland negativ ist.

(8) Im Vergleich zum Vorjahr ist das inflationsbereinigte reale Bruttoinlandsprodukt (BIP)

im Jahr 2015 um 1,9 % gewachsen (vgl. Tabelle 1).2 2015 ist somit das dritte Jahr in Folge, in

dem Mecklenburg-Vorpommern ein positives Wirtschaftswachstum verzeichnen konnte.

Im Vergleich zu den ostdeutschen Flächenländern (1,4 %) konnte Mecklenburg-Vorpommern

2015 ein überdurchschnittliches Wachstum verbuchen. Auch im Vergleich zu den westdeut-

schen Flächenländern (1,8 %) sowie dem Bundesdurchschnitt (1,7 %) war das Wirtschafts-

wachstum des Landes leicht erhöht.

Tabelle 1: Veränderung des realen BIP in den Bundesländern, 2013-2015, in %

BB MV NI RP SL SN ST SH TH FO FFW D

2013 0,9 0,5 -1,1 0,1 -1,7 0,4 -0,3 -0,8 1,4 0,6 -0,8 0,3

2014 1,6 1,0 1,0 0,8 1,3 1,3 -0,4 1,2 1,3 1,3 1,0 1,6

2015 2,7 1,9 2,1 1,4 2,4 2,4 0,1 1,4 1,1 1,4 1,8 1,7

Quelle: AK VGR, eigene Darstellung.

1 Gegenüber dem Jahr 2014 war vor allem ein verstärkter Zuzug aus Syrien sowie der Ukraine zu verzeichnen.2 Aufgrund von nachträglichen Revisionen des BIP unterscheiden sich die hier angegebenen Wachstumsraten

teilweise von den Angaben in früheren Jahresberichten.

4

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

82%

84%

86%

88%

90%

92%

94%

96%

98%

100%

102%

104%

106%

108%

MV

FO

FFW

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(9) Mittelfristig gilt für die ostdeutschen Flächenländer das Ziel, ihre Wirtschaftskraft an

die westdeutschen Flächenländer anzugleichen. Vergleicht man das nominale BIP3 je Einwoh-

ner Mecklenburg-Vorpommerns mit dem der FFW zeigt sich jedoch, dass dieses Ziel noch

lange nicht erreicht ist. So lag das BIP je Einwohner 2015 bei lediglich 76,6 % der FFW. Auch

wenn diese Lücke bereits das dritte Jahr in Folge leicht verringert werden konnte, liegt das re-

lative BIP je Einwohner immer noch unter demjenigen des Jahres 2009.

Abbildung 2: Angleichungsprozess Mecklenburg-Vorpommerns beim nominalen BIP je EW in jeweili-gen Preisen, 2009-2015, FFW=100, in %

Quelle: AK VGR und ZDL, eigene Darstellung.

Im Vergleich zu den übrigen ostdeutschen Ländern kann Mecklenburg-Vorpommern den ge-

ringsten Fortschritt im Angleichungsprozess verzeichnen. (vgl. Abbildung 3). Mecklenburg-

Vorpommern ist sogar das einzige ostdeutsche Bundesland, dessen relatives BIP je Einwohner

im Vergleich zu den FFW unter dem Wert von 2009 liegt.

3 Im Folgenden wird das BIP jeweils für zwei Länder/Ländergruppen ins Verhältnis gesetzt. Bei einheitlichemPreisniveau im gesamten Bundesgebiet spielt die Preisbereinigung keine Rolle mehr. Daher werden für diefolgenden Darstellungen die Daten für das nominale BIP genutzt.

5

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

72%

73%

74%

75%

76%

77%

78% 77,7%

76,0%

75,6%

74,6%

76,1% 76,2%

76,6%

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Abbildung 3: Angleichungsprozess der ostdeutschen Flächenländer beim nominalen BIP je EW, 2009-2015, FFW=100, in %

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

In Anbetracht der noch immer bestehenden großen Unterschiede in der Wirtschaftskraft zu

den FFW und mit Blick auf die zukünftigen Herausforderungen aufgrund des demografischen

Wandels ist es notwendig, weiterhin nachhaltige Maßnahmen zu ergreifen, um den wirtschaft-

lichen Aufholprozess voranzutreiben. Dafür gilt es, insbesondere konsumtive Ausgaben

kritisch zu überprüfen. Zudem sollten in ausreichendem Maße Investitionen getätigt werden,

die die Zukunftsfestigkeit des Landes gewährleisten.

(10) Im Jahr 2015 ist die Anzahl der Erwerbstätigen in Mecklenburg-Vorpommern erneut

gestiegen und beläuft sich auf 89 % des Niveaus von 1991 (vgl. Abbildung 4).4 In den FO

liegt dieser Wert bei 86,4 %. Es zeigt sich jedoch ein deutlicher Abstand gegenüber den FFW.

Diese lagen 2015 bei 117,2 % des Ausgangswertes von 1991. Diese Lücke ist in den letzten

Jahren sogar noch größer geworden.5

4 Dabei ist jedoch zu beachten, dass die Gesamtbevölkerung gegenüber 1991 auch absolut abgenommen hat(vgl. Abbildung 1).

5 Die Entwicklung lässt sich zumindest teilweise durch die steigende Zahl erwerbstätiger Frauen in den altenBundesländern erklären.

6

2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

72%

74%

76%

78%

80%

82%

84%

86%

BB MV SN ST TH

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Abbildung 4: Entwicklung der Erwerbstätigkeit (am Arbeitsort) im Ländervergleich, 1991-2015, 1991=100, in %

Quelle: AK ETR; eigene Darstellung.

Bezogen auf die Gesamtbevölkerung sind in Mecklenburg-Vorpommern 465 von 1.000 Ein-

wohnern erwerbstätig. Damit weist das Land eine höhere Quote auf als Brandenburg (439)

und Sachsen-Anhalt (450), liegt aber immer noch deutlich hinter den FFW (498) aber auch

hinter Sachsen (497) und Thüringen (484) zurück.

2 Finanzwirtschaftliche Entwicklung im Ländervergleich

(11) Im nachstehenden Abschnitt wird auf Basis von vier Kennzahlen die Finanzlage der

deutschen Flächenländer im Jahr 2015 dargestellt (vgl. Abbildung 5). Anschließend erfolgt

eine detailliertere finanzwirtschaftliche Analyse für Mecklenburg-Vorpommern, bei der so-

wohl die aktuelle Situation als auch zukünftige Entwicklungen beleuchtet werden.

Der Finanzierungssaldo gibt einen ersten Überblick über die Situation der Haushalte im Jahr

2015. Die Pro-Kopf-Ergebnisse liegen in einer Spannweite von -244 Euro (Saarland) bis

209 Euro (Mecklenburg-Vorpommern). Die Länder Niedersachsen, Hessen, Nordrhein-West-

falen, Rheinland-Pfalz, Saarland und Sachsen6 wiesen ein Finanzierungsdefizit aus.

Die Zinsausgaben sind ein Indikator für die fiskalischen Belastungen, die sich aus dem Schul-

denstand ergeben. Die niedrigsten Ausgaben hat Sachsen mit 52 Euro je Einwohner. Das Saar-

land weist mit 431 Euro den höchsten Wert aus. In Mecklenburg-Vorpommern betrugen die

Zinslasten im Berichtsjahr 177 Euro je Einwohner und lagen damit auf einem mittleren Ni-

veau.

6 Das Defizit Sachsens ist auf einen statistischen Sondereffekt zurückzuführen.

7

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

80%

84%

88%

92%

96%

100%

104%

108%

112%

116%

120%MV

FO

FFW

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Abbildung 5: Die Finanzlage der deutschen Flächenländer im Überblick, 2015, in Euro je EW

8

Quelle: Statistisches Bundesamt, BMF, eigene Darstellung.

604

383388

SN

BBST

TH502

478MV

SH203

96NI

88NW

HE150

-30RP

484BY

293BW

45

SL

Salden der laufenden Rechnung, 2015, in Euro je EW

Euro je EW

> 200

100 – 200

0 – 100

-100 – 0

< -100

-34

96191

SN

BBST

TH110

209MV

SH30

-20NI

-110NW

HE-38

-141RP

163BY

3BW

-244

SL

Finanzierungssaldo, 2015, in Euro je EW

Euro je EW

> 200

0 – 200

-200 – 0

-400 – -200

< -400

324

13081

SN

BBST

TH213

191MV

SH203

96NI

88NW

HE150

-30RP

484BY

293BW

45

SL

Bereinigte1 Salden der laufenden Rechnung, 2015,in Euro je EW

1 neue Länder ohne investiv zu verwendenden SoBEZ-Anteil

Euro je EW

> 200

100 – 200

0 – 100

-100 – 0

< -100

52

147247

SN

BBST

TH233

177MV

SH229

177NI

188NW

HE191

203RP

65BY

142BW

431

SL

Zinsausgaben 2015, in Euro je EW

Euro je EW

0 – 100

100 – 200

200 – 300

300 – 400

> 400

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Die Salden der laufenden Rechnung sind in allen Ländern bis auf Rheinland-Pfalz positiv. Das

Pro-Kopf-Ergebnis bemisst sich in einer Spannweite von -30 Euro (Rheinland-Pfalz) bis 604

Euro (Sachsen). Mecklenburg-Vorpommern kann mit 478 Euro je Einwohner den vierthöchs-

ten Überschuss von laufenden Einnahmen gegenüber laufenden Ausgaben vorweisen.

Die um die Mittel aus dem Solidarpakt bereinigten Salden der laufenden Rechnung zeigen, in

welchem Maß die finanzielle Leistungsfähigkeit der ostdeutschen Länder von diesen Zuwei-

sungen abhängt. So reduziert sich der Saldo Mecklenburg-Vorpommerns gegenüber dem un-

bereinigten Wert um 287 Euro je Einwohner auf 191 Euro je Einwohner, der von Brandenburg

von 383 Euro je Einwohner auf 130 Euro je Einwohner. Alle ostdeutschen Länder können

gleichwohl noch Überschüsse ausweisen. Insgesamt verdeutlicht dies aber, wie sehr die ost-

deutschen Länder weiterhin von Transferausgaben abhängig sind.

Der höchste einwohnerbezogene Saldo ist nunmehr in Bayern mit 484 Euro zu verzeichnen.

Den schlechtesten Wert weist weiterhin Rheinland-Pfalz mit -30 Euro je Einwohner auf.

(12) In Abbildung 6 sind die Finanzierungssalden der Flächenländer im Vergleich von 2014

zu 2015 dargestellt. Im Durchschnitt aller Flächenländer lag der Finanzierungssaldo pro Kopf

im Jahr 2015 bei 2 Euro (2014: -18 Euro je Einwohner) und war damit leicht im Plus. Jedoch

gibt es große Unterschiede zwischen den Ländern, von denen ein Teil auch erhebliche Defizite

aufweist.

Die Pro-Kopf-Ergebnisse liegen 2015 in einem Band von -244 Euro (Saarland) bis 209 Euro

(Mecklenburg-Vorpommern). 2014 bewegte sich das einwohnerbezogene Ergebnis in einem

Korridor von -383 Euro (Saarland) bis 166 Euro (Sachsen). Der Unterschied zwischen dem

Höchstwert und dem niedrigsten Wert ist damit leicht zurückgegangen. Die Abbildung zeigt

auch, dass neben Mecklenburg-Vorpommern und den anderen Flächenländern Ost – Ausnah-

me Sachsen im Jahr 2015 – lediglich Baden-Württemberg positive Finanzierungssalden aus-

weist. Alle anderen Flächenländer – Ausnahme Schleswig-Holstein im Jahr 2015 – weisen ne-

gative Finanzierungssalden aus.

9

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Abbildung 6: Finanzierungssalden der Flächenländer, 2014 und 2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

2.1 Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben

(13) In der nachfolgenden Abbildung 7 sind die bereinigten Einnahmen und Ausgaben so-

wie die Kreditfinanzierungsquote Mecklenburg-Vorpommerns für die Jahre 1995 bis 2015

dargestellt. 2015 betrugen die bereinigten Einnahmen 7.737,4 Mio. Euro. Im Vergleich zum

Vorjahr sind diese deutlich angestiegen (+5,2 %). Die bereinigten Ausgaben beliefen sich 2015

auf 7.402,1 Mio. Euro und stiegen gegenüber dem Vorjahr um 3,3 %. Das Jahr 2015 konnte

aufgrund dessen mit einem Überschuss von rd. 335 Mio. Euro abgeschlossen werden.

Abbildung 7: Bereinigte Einnahmen und Ausgaben sowie Kreditfinanzierungsquote in Mecklenburg-Vorpommern (Landesebene), 1995-2015

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

10

BB MV SN ST TH BW BY HE NI NW RP SL SH FL

-450

-400

-350

-300

-250

-200

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

300

98118

166

35

8747

126

-149

-30

-138-154

-383

-87

-18

96

209

-34

191

110

3

163

-38-20

-110-141

-244

302

2014

2015

in E

uro

je E

W

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

4.000

4.500

5.000

5.500

6.000

6.500

7.000

7.500

8.000

-5%

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

15%14%

10%9%

7%5% 5%

7%

14%

12%

5%

0% -4% -1% 0% 0% -1% -1% -3% -1% -1%

Kreditf inanzierungsquoteBereinigte AusgabenBereinigte Einnahmen

in M

io.

Eu

ro

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(14) Mit Blick auf die Kreditfinanzierungsquote wird deutlich, dass das Land auch im Jahr

2015 den in der Vergangenheit eingeschlagenen Weg einer soliden Finanzpolitik weiter fortge-

führt hat. Die Kreditfinanzierungsquote lag bei rd. -1 %. Damit hat es auch im Berichtsjahr –

genau wie in den vorherigen vier Jahren – keine Nettokreditaufnahme gegeben. Es wurden

Schulden getilgt.

(15) Abbildung 8 zeigt, wie sich die laufenden Einnahmen und Ausgaben seit 1995 entwi-

ckelt haben. Insbesondere der Einnahmeeinbruch 2009 und 2010 verdeutlicht, wie sehr diese

von der konjunkturellen Entwicklung abhängen. Das Land hat kaum Möglichkeiten, die Ein-

nahmen selbst zu beeinflussen. Es hat auf der Steuerseite – mit Ausnahme der Grunderwerb-

steuer – keine Einnahmeautonomie.

Abbildung 8: Normierte laufende Einnahmen und Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern (Landes-ebene), 1995-2015, 1995=100, in %

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

Die Ausgabenentwicklung verdeutlicht zudem die Haushaltspolitik des Landes. Bis 2010 sind

die laufenden Ausgaben im Vergleich mit 1995 nicht mehr als 10 % gestiegen. In den Folge-

jahren haben die Ausgaben stärker zugenommen. Hier wurden Handlungsspielräume – ermög-

licht durch gestiegene Steuereinnahmen – genutzt, um finanzwirksame Projekte zu realisieren.

Mit Blick auf Abbildung 7 ist zudem ersichtlich, dass die Schuldentilgung des Landes mit den

kräftig gestiegenen Einnahmen ab 2006 einhergeht.

(16) Die vorstehenden Analysen basieren auf Daten, die der amtlichen Statistik entnommen

wurden (Kassendaten). In den nachfolgenden Tabellen 2 und 3 sind wesentliche Finanzdaten

dargestellt, die die Entwicklung des Landeshaushalts anhand von Ist-Ansätzen für die Haus-

haltsjahre von 2010 bis 2015 sowie dem Soll-Ansatz für das Haushaltsjahr 2016 abbilden.

11

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

80859095

100105110115120125130135140145150155160

Lauf ende AusgabenLauf ende Einnahmen

19

95

= 1

00

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Tabelle 2: Ist-Einnahmen 2010-2015 sowie Soll-Ansätze der Einnahmen 2016, in Mio. Euro

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

12

EinnahmenIst 2010 Ist 2011 Ist 2012 Ist 2013 Ist 2014 Ist 2015 Soll 2016

- in Mio. Euro -

Steuern und steuerähnliche Abgaben 0 3.309,7 3.509,5 3.815,6 3.910,6 4.222,5 4.417,7 4.474,7

Steuern 3.308,2 3.507,6 3.805,3 3.897,0 4.210,7 4.406,0 4.462,2

Verwaltungseinnahmen 1 295,9 301,5 303,8 332,1 349,9 370,6 285,6

2 2.595,3 2.687,1 2.624,9 2.576,1 2.371,4 2.483,4 2.412,5

Länderf inanzausgleich 394,3 389,9 460,3 469,1 463,8 479,9 463,0

Allgemeine BEZ 154,2 166,3 181,7 182,3 184,1 188,5 189,0

BEZ f ür teilungsbedingte Lasten 921,2 845,8 765,0 689,6 608,7 533,3 452,5

BEZ wegen Kosten politischer Führung 61,4 61,4 61,4 61,4 61,4 61,4 61,4

128,0 128,0 90,9 90,9 99,5 99,5 99,5

3 ohne 32 669,7 805,1 825,2 660,5 640,7 617,0 757,0

inv estiv e Zuweisungen und Zuschüsse 33/34 522,4 774,7 539,3 524,5 412,9 465,7 592,2

Entnahme aus Rücklagen 35 146,1 28,5 281,7 130,1 202,7 117,3 132,2

Überschüsse aus Vorjahren 36 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

Haushaltstechnische Verrechnungen 38 1,2 1,8 4,1 6,0 25,1 34,0 32,6

Nettokreditaufnahme 32 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

Gesamteinnahmen 6.870,6 7.303,2 7.569,5 7.479,2 7.584,5 7.888,6 7.929,9

Bereinigte Einnahmen* 6.723,3 7.272,9 7.283,6 7.343,2 7.356,7 7.737,4 7.765,0

6.201,0 6.498,2 6.744,3 6.818,7 6.943,8 7.271,7 7.172,9

3.856,7 4.063,8 4.447,3 4.548,4 4.858,6 5.074,4 5.114,2

- relative Abweichung zum Vorjahr - Ist 2010 Ist 2011 Ist 2012 Ist 2013 Ist 2014 Ist 2015 Soll 2016

Steuern und steuerähnliche Abgaben 0 -4,2% 6,0% 8,7% 2,5% 8,0% 4,6% 1,3%

Steuern -4,2% 6,0% 8,5% 2,4% 8,0% 4,6% 1,3%

Verwaltungseinnahmen 1 -12,7% 1,9% 0,8% 9,3% 5,4% 5,9% -22,9%

2 0,2% 3,5% -2,3% -1,9% -7,9% 4,7% -2,9%

Länderf inanzausgleich -17,2% -1,1% 18,1% 1,9% -1,1% 3,5% -3,5%

FehlbetragsBEZ -10,4% 7,8% 9,3% 0,3% 1,0% 2,4% 0,2%

SoBEZ f ür teilungsbedingte Lasten -8,1% -8,2% -9,6% -9,9% -11,7% -12,4% -15,2%

PolBEZ 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0%

0,0% 0,0% -29,0% 0,0% 9,4% 0,0% 0,0%

3 ohne 32 -26,9% 20,2% 2,5% -20,0% -3,0% -3,7% 22,7%

inv estiv e Zuweisungen und Zuschüsse 33/34 -35,5% 48,3% -30,4% -2,7% -21,3% 12,8% 27,2%

Entnahme aus Rücklagen 35 40,6% -80,5% 888,9% -53,8% 55,9% -42,1% 12,7%

Überschüsse aus Vorjahren 36

Haushaltstechnische Verrechnungen 38 -35,4% 57,0% 124,2% 44,0% 320,4% 35,6% -4,0%

Nettokreditaufnahme 32 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0% 0,0%

Gesamteinnahmen -5,9% 6,3% 3,6% -1,2% 1,4% 4,0% 0,5%

Bereinigte Einnahmen* -6,5% 8,2% 0,1% 0,8% 0,2% 5,2% 0,4%

-2,9% 4,8% 3,8% 1,1% 1,8% 4,7% -1,4%

-5,9% 5,4% 9,4% 2,3% 6,8% 4,4% 0,8%

*

Grupp.-Nr.

Zuweisungen u. Zuschüsse mitAusnahme für Investitionen

SoBEZ f ür Sonderlasten der strukturellen Arbeitslosigkeit

Zuweisungen u. Zuschüsse fürInvestitionen, besondereFinanzierungseinnahmen

Bereinigte lauf ende Einnahmen(ohne OGr 33/34)Nachrichtlich: Steuern und steuerinduzierte Einnahmen (LFA/FehlbetragsBEZ)

Grupp.-Nr.

Zuweisungen u. Zuschüsse mitAusnahme für Investitionen

SoBEZ f ür Sonderlasten der strukturellen Arbeitslosigkeit

Zuweisungen u. Zuschüsse fürInvestitionen, besondereFinanzierungseinnahmen

Bereinigte lauf ende Einnahmen(ohne OGr 33/34)Nachrichtlich: Steuern und steuerinduzierte Einnahmen (LFA/FehlbetragsBEZ)

Gesamteinnahmen ohne Nettokreditauf nahme (32), Entnahme aus Rücklagen (35), Überschüsse aus Vorjahren (36) und haushaltstechnische Verrechnungen (38)

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Tabelle 3: Ist-Ausgaben 2010-2015 sowie Soll-Ansätze der Ausgaben 2016, in Mio. Euro

13

AusgabenIst 2010 Ist 2011 Ist 2012 Ist 2013 Ist 2014 Ist 2015 Soll 2016

- in Mio. Euro -

Personalausgaben 4 1.657,0 1.699,7 1.751,8 1.797,8 1.862,2 1.907,5 2.004,2

Sächliche Verwaltungsausgaben 51-54 374,4 378,2 373,7 393,4 401,4 414,2 452,0

Zinsausgaben am Kreditmarkt 57 380,7 367,1 366,6 342,4 316,8 284,0 291,7

59 0,0 100,0 100,0 200,0 100,0 60,0 0,0

6 3.232,5 3.287,9 3.343,9 3.399,2 3.472,4 3.743,2 3.897,1

Kommunaler Finanzausgleich 977,2 922,6 959,4 1.058,9 1.011,9 1.027,4 1.043,2

Soziale Sicherung 1.102,7 1.196,8 1.198,8 1.242,1 1.290,0 1.389,9 1.480,9

Schuldendiensthilf en 20,2 18,1 15,1 14,1 11,5 5,6 5,2

Investitionsausgaben 7,8 1.191,3 1.288,2 1.276,0 1.096,5 1.116,5 1.053,2 1.246,0

Baumaßnahmen (einschl. BBL) 7 216,8 285,7 258,1 247,8 260,1 248,9 272,4

sonstige Sachinv estitionen 81,82 61,3 85,6 48,2 46,5 76,3 60,6 60,5

Investitionsf örderung 83-89 913,1 916,9 969,7 802,2 780,1 341,2 913,1

darunter: Kommunaler Finanzausgleich 142,8 148,0 155,4 156,9 140,8 147,7 145,4

Besondere Finanzierungsausgaben 9 34,7 182,0 357,5 250,0 315,4 426,6 38,9

91 33,6 180,1 353,4 244,0 290,3 392,5 6,3

96 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

Globale Mehr- und Minderausgaben 97 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0 0,0

Haushaltstechnische Verrechnungen 98 1,2 1,8 4,1 6,0 25,1 34,0 32,6

Gesamtausgaben 6.870,6 7.303,2 7.569,5 7.479,3 7.584,5 7.888,6 7.929,9

Bereinigte Ausgaben* 6.835,9 7.021,2 7.112,0 7.029,3 7.169,2 7.402,1 7.890,9

5.644,7 5.733,0 5.836,0 5.932,8 6.052,7 6.348,9 6.644,9

- relative Abweichung zum Vorjahr - Ist 2010 Ist 2011 Ist 2012 Ist 2013 Ist 2014 Ist 2015 Soll 2016

Personalausgaben 4 5,4% 2,6% 3,1% 2,6% 3,6% 2,4% 5,1%

Sächliche Verwaltungsausgaben 51-54 5,1% 1,0% -1,2% 5,3% 2,0% 3,2% 9,1%

Zinsausgaben am Kreditmarkt 57 -6,3% -3,6% -0,1% -6,6% -7,5% -10,3% 2,7%

59 -100,0% 0,0% 100,0% 200,0% -50,0% -40,0% -100,0%

6 -1,5% 1,7% 1,7% 1,7% 2,2% 7,8% 4,1%

Kommunaler Finanzausgleich -15,5% -5,6% 4,0% 10,4% -4,4% 1,5% 1,5%

Soziale Sicherung -0,1% 8,5% 0,2% 3,6% 3,9% 7,7% 6,5%

Schuldendiensthilf en -7,3% -10,4% -16,6% -6,6% -18,4% -51,3% -7,1%

Investitionsausgaben 7,8 2,7% 8,1% -0,9% -14,1% 1,8% -5,7% 18,3%

Baumaßnahmen (einschl. BBL) 7 4,6% 31,8% -9,7% -4,0% 4,9% -4,3% 9,5%

sonstige Sachinv estitionen 81,82 -23,5% 39,6% -43,7% -3,7% 64,2% -20,6% -0,1%

Investitionsf örderung 83-89 4,7% 0,4% 5,8% -17,3% -2,7% -56,3% 167,6%

darunter: Kommunaler Finanzausgleich -13,9% 3,6% 5,0% 1,0% -10,3% 4,9% -1,6%

Besondere Finanzierungsausgaben 9 -93,3% 423,9% 96,5% -30,1% 26,2% 35,3% -90,9%

91 -93,5% 436,8% 96,2% -31,0% 19,0% 35,2% -98,4%

96

Globale Mehr- und Minderausgaben 97

Haushaltstechnische Verrechnungen 98 -35,4% 57,0% 124,2% 44,0% 320,4% 35,6% -4,0%

Gesamtausgaben -5,9% 6,3% 3,6% -1,2% 1,4% 4,0% 0,5%

Bereinigte Ausgaben* 0,9% 2,7% 1,3% -1,2% 2,0% 3,2% 6,6%

0,5% 1,6% 1,8% 1,7% 2,0% 4,9% 4,7%

*

Grupp.-Nr.

Tilgungsausgaben (netto) amKreditmarktZuweisungen u. Zuschüsse mitAusnahme für Investitionen

Zuf ührung an Rücklagen, Fonds undStöckeAusgaben zur Deckung v on Fehlbeträgen aus Vorjahren

Bereinigte lauf ende Ausgaben(ohne HGr 7,8)

Grupp.-Nr.

Tilgungsausgaben (netto) amKreditmarktZuweisungen u. Zuschüsse mitAusnahme für Investitionen

Zuf ührung an Rücklagen, Fonds undStöckeAusgaben zur Deckung v on Fehlbeträgen aus Vorjahren

Bereinigte lauf ende Ausgaben(ohne HGr 7,8)Gesamtausgaben ohne Tilgungsausgaben am Kreditmarkt (59), Zuf ührung an Rücklagen (91), Ausgaben zur Deckung von Fehlbeträgen aus Vorjahren (96) und haushaltstechnische Verrechnungen (98); Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

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(17) Tabelle 2 ist zu entnehmen, dass die bereinigten Einnahmen im Vorjahresvergleich ge-

stiegen sind. Der Anstieg ist insbesondere auf den Zuwachs der Steuereinnahmen zurückzu-

führen. Diese haben sich im Vorjahresvergleich um 195,3 Mio. Euro bzw. 4,6 % erhöht. Da-

durch konnte der Rückgang der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (BEZ für tei-

lungsbedingte Lasten) von 608,7 Mio. Euro auf 533,3 Mio. Euro kompensiert werden

(-12,4 %).

(18) Die bereinigten Ausgaben sind im Vergleich zum Vorjahr ebenfalls gestiegen (vgl. Ta-

belle 3). Maßgeblich für diese Entwicklung waren Zunahmen bei den beiden größten Ausga-

bepositionen, den Personalausgaben (+2,4 %) sowie den Zuweisungen und Zuschüssen mit

Ausnahme von Investitionen (+7,8 %). Die Investitionsausgaben (-5,7 %, -63,3 Mio. Euro)

und die Zinsausgaben am Kreditmarkt (-10,3 %, -32,8 Mio. Euro) sind im Vergleich zum Vor-

jahr hingegen gesunken.

Als Differenz aus den bereinigten Einnahmen und den bereinigten Ausgaben ergibt sich somit

für das Jahr 2015 ein positiver Finanzierungssaldo von 335,3 Mio. Euro. Im Vorjahresver-

gleich fällt dieser um 147,7 Mio. Euro höher aus.

2.2 Einnahmen des Landes im Jahr 2015

(19) Im folgenden Abschnitt werden die Einnahmen des Landes im Vergleich zu den finanz-

schwachen Flächenländern West und den Flächenländern Ost analysiert. Die einzelnen Ein-

nahmepositionen werden in Euro je Einwohner dargestellt. Zudem werden die Einnahmediffe-

renziale zu den FFW und den FO auf die Einwohnerzahl Mecklenburg-Vorpommerns hochge-

rechnet, um zu zeigen, in welchen Einnahmebereichen Unterschiede bestehen.

(20) Die bereinigten Einnahmen pro Kopf sind im Vergleich zum Vorjahr um 228 Euro auf

4.834 Euro je Einwohner kräftig gestiegen. Dies entspricht einer prozentualen Steigerung ge-

genüber dem Vorjahr von 4,9 % (vgl. Tabelle 4). Zu den beiden Vergleichsgruppen weist

Mecklenburg-Vorpommern rechnerische Mehreinnahmen in Höhe von 1.873 Mio. Euro

(FFW) bzw. 554 Mio. Euro (FO) auf.

Bei den Einnahmen der laufenden Rechnung konnte Mecklenburg-Vorpommern mit rd. 4,2 %

einen merklichen Zuwachs erzielen. Auf die Einwohner bezogen lagen die Einnahmen im Jahr

2015 bei 4.444 Euro. Gegenüber den FFW und den FO bestehen mit 1.389 Mio. Euro bzw.

463 Mio. Euro deutlich positive Einnahmedifferenziale. Der hohe Anteil der laufenden Zah-

lungen vom Bund – sie stellten 2015 ungefähr 23 % der bereinigen Ausgaben dar – offenbart

die große Abhängigkeit des Landeshaushalts von Bundeszuweisungen.

14

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Die Einnahmen der Kapitalrechnung haben sich in Mecklenburg-Vorpommern im Vorjahres-

vergleich positiv entwickelt. Im Jahr 2015 betrugen sie 390 Euro je Einwohner. Die Wachs-

tumsrate lag bei 14,7 %. Diese Zunahme ist auf die positive Entwicklung bei den Vermögens-

übertragungen von anderen Bereichen (insbes. EU) zurückzuführen.

Tabelle 4: Einnahmen auf der Landesebene im Ländervergleich, 2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

(21) Auch wenn die Solidarpakt-Zuweisungen weiter gesunken sind, besitzt Mecklenburg-

Vorpommern bei den bereinigten Einnahmen gegenwärtig noch einen erheblichen Vorsprung

gegenüber den FFW. Diese rechnerischen Mehreinnahmen werden bis 2019 abnehmen, weil

u. a. die SoBEZ schrittweise zurückgeführt werden.

(22) Im Zuge der guten konjunkturellen Lage haben sich die Steuereinnahmen des Landes

auch im Jahr 2015 positiv entwickelt (vgl. Abbildung 9). Mit 4.406 Mio. Euro sind sie um

rd. 195 Mio. Euro angestiegen und erreichten somit einen neuen Höchststand. Infolgedessen

ist auch die Steuerdeckungsquote7 gestiegen. Sie belief sich im Jahr 2015 auf rd. 60 % und er-

reichte somit ebenfalls ihren höchsten Stand seit 1991.

7 Die Steuerdeckungsquote berechnet sich aus dem Verhältnis von Steuereinnahmen und bereinigten Ausgaben.

15

MV FFW FO

Bevölkerung 30.06.2015 1.600.599 15.712.018 10.906.274 FFW FO

Einnahm eart in Euro je EW in Mio. Euro

Einnahm en der laufenden Rechnung 4.444 3.576 4.155 1.389 463

darunter:

Steuereinnahmen 2.753 2.788 2.706 -57 74

Einnahmen aus w irtschaftlicher Tätigkeit 30 59 24 -45 9

LFA-Zuw eisungen (nach der SFK3) 300 69 244 369 89

Laufende Zahlungen vom Bund 1.078 436 974 1.029 167

Gebühren 63 45 48 29 25

Einnahm en der Kapitalrechnung 390 160 333 367 91

darunter:

Vermögensveräußerungen 3 1 3 2 0

178 57 195 194 -26

113 14 123 157 -17

Bereinigte Einnahm en 4.834 3.664 4.488 1.873 554

auf Bevölkerung von M-Vhochgerechnete Mehr-(+)/-

Mindereinnahm en(-)

Vermögensübertragungen vom Bund und von anderen öf fentlichen Bereichen

Vermögensübertragungen von anderen Be-reichen (insbes. EU)

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Abbildung 9: Steuereinnahmen und Steuerdeckungsquote in Mecklenburg-Vorpommern (Landese-bene), 1991-2015

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

(23) Der Arbeitskreis Steuerschätzung prognostiziert auch für die kommenden Jahre stei-

gende Einnahmen für das Land und die Kommunen im Lichte der guten konjunkturellen Lage,

der robusten Inlandsnachfrage und der hohen Beschäftigung (vgl. Abbildung 10).

Danach werden die Steuereinnahmen der Länder von insgesamt 280,9 Mrd. Euro in 2015 auf

rd. 332,4 Mrd. Euro in 2021 steigen.

Abbildung 10: Ergebnisse des „Arbeitskreises Steuerschätzung“ (Mai des jeweiligen Jahres und No-vember 2016) zu den Steuereinnahmen der Länder seit 2012, in Mrd. Euro

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

16

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

0

500

1.000

1.500

2.000

2.500

3.000

3.500

4.000

4.500

5.000

0%

5%

10%

15%

20%

25%

30%

35%

40%

45%

50%

55%

60%

65%

1.00

4 1.55

7

1.64

1

1.89

4

2.99

5

2.97

5

3.01

5

3.07

6

3.20

0

3.28

5

3.17

4

2.91

1

2.92

9

3.00

2

2.86

5

3.17

9

3.53

5

3.70

6

3.45

2

3.30

8

3.50

8

3.80

5

3.89

7

4.21

1

4.40

6

19%

27%26%

28%

42%39%

41% 42%44%

46% 45%

40% 41%43%

41%

47%

53% 54%51%

48%50%

53%55%

59% 60%

Steuereinnahmen Steuerdeckungsquote

in %

de

r b

ere

inig

ten

Au

sg

ab

en

in M

io.

Eu

ro

2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020 2021 2022

230

240

250

260

270

280

290

300

310

320

330 Schätzung Mai 2012Schätzung Mai 2013Schätzung Mai 2014Schätzung Mai 2015Schätzung Nov ember 2016

Ste

ue

rein

na

hm

en

in M

rd.

Eu

ro

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2.3 Ausgaben des Landes im Jahr 2015

(24) Der nachfolgende Abschnitt analysiert die Ausgabeseite des Landeshaushalts. Dabei

werden sowohl die laufenden Ausgaben als auch die Investitionsausgaben näher untersucht.

Um die Ausgaben Mecklenburg-Vorpommerns wieder ins Verhältnis zu den finanzschwachen

Flächenländern West und den Flächenländern Ost zu setzen, werden die rechnerischen Mehr-

und Minderausgaben des Landes mit diesen beiden Ländergruppen verglichen.

(25) Die bereinigten Ausgaben pro Kopf sind im Vergleich zum Vorjahr um 137 Euro auf

4.625 Euro je Einwohner gestiegen (vgl. Tabelle 5). Dies entspricht einem Anstieg um 3,1 %.

Damit liegen die bereinigten Ausgaben in Mecklenburg-Vorpommern höher als in den beiden

Vergleichsländergruppen.

Tabelle 5: Ausgaben auf der Landesebene im Ländervergleich, 2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

17

MV FFW FO

Bevölkerung 30.06.2015 1.600.599 15.712.018 10.906.274 FFW FO

Ausgabeart in Euro je EW in Mio. Euro

Ausgaben der laufenden Rechnung 3.967 3.497 3.665 752 482

darunter:

Personalausgaben insgesamt 1.192 1.403 1.047 -338 232

darunter:

Versorgung 68 395 61 -524 10

aktives Personal 1.124 1.008 986 187 222

Laufender Sachaufw and 312 256 328 90 -26

Zinsausgaben 177 209 149 -50 45

Laufende Zahlungen an Gemeinden 1.287 1.018 1.120 431 268

Laufende Zahlungen an Zw eckverbände 3 24 43 -34 -64

Sozialausgaben 82 49 94 52 -20

472 362 496 174 -39

Zahlungen an soziale Einrichtungen 92 102 101 -15 -14

Ausgaben der Kapitalrechnung 658 223 754 696 -153

darunter:

Sachinvestitionen 193 40 120 245 118

Vermögensübertragungen an Gemeinden 229 58 213 274 25

7 2 3 9 7

0 0 0 0 0

Darlehen 27 4 30 36 -5

Erw erb von Beteiligungen 0 4 16 -7 -25

Bereinigte Ausgaben 4.625 3.720 4.419 1.448 329

auf Bevölkerung von M-Vhochgerechnete Mehr-(+)/-

Minderausgaben(-)

Zahlungen an Unternehmen und öf fentliche Einrichtungen

Vermögensübertragungen an Zw eck-verbände

Vermögensübertragungen an sonstigeBereiche

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Die rechnerischen Mehrausgaben gegenüber den FFW betragen 1.488 Mio. Euro und sind im

Vorjahresvergleich gestiegen (+85 Mio. Euro). Gegenüber den FO sind die rechnerischen

Mehrausgaben im Jahr 2015 hingegen um rd. 3 Mio. Euro leicht gesunken. Sie betrugen des-

sen ungeachtet noch 329 Mio. Euro.

2.3.1 Laufende Ausgaben

(26) Mecklenburg-Vorpommern hatte im Jahr 2015 im Vergleich mit den FFW und den FO

die höchsten laufenden Ausgaben. Sie beliefen sich auf 3.967 Euro je Einwohner und fielen

somit um 470 Euro bzw. 302 Euro je Einwohner höher aus als in den FFW bzw. den FO. Die

rechnerischen Mehrausgaben gegenüber den finanzschwachen Westflächenländern lagen bei

752 Mio. Euro bzw. gegenüber den ostdeutschen Flächenländern bei 482 Mio. Euro.8

(27) Bei den Personalausgaben stellt sich die Situation im Ländervergleich nicht einheitlich

dar. Gegenüber den FO hat Mecklenburg-Vorpommern Mehrausgaben von 145 Euro je Ein-

wohner. Dies entspricht auf die Einwohnerzahl des Landes hochgerechneten Mehrausgaben

von rd. 232 Mio. Euro. Diese resultieren insbesondere aus höheren Ausgaben für das aktive

Personal. Im Vergleich mit den FFW kann Mecklenburg-Vorpommern um 211 Euro je Ein-

wohner geringere Personalausgaben bzw. hochgerechnete Minderausgaben von -338 Mio.

Euro vorweisen. Ursächlich ist die restriktivere Verbeamtungspraxis des Landes, die sich im

Vergleich mit den FFW in den sehr geringen Versorgungsausgaben widerspiegelt. Diese Aus-

gaben werden aber in den kommenden Jahren aufgrund der zunehmenden Anzahl pensionier-

ter Beamter und des sich aus den neuen Verbeamtungsregeln für Lehrer ergebenden, perspekti-

visch wachsenden Anteils von Beamten an der Gesamtheit der Landesbediensteten weiter an-

steigen.

(28) Der laufende Sachaufwand liegt für Mecklenburg-Vorpommern mit 312 Euro je Ein-

wohner erneut zwischen den beiden anderen Ländergruppen. Im Vorjahresvergleich sind die

Ausgaben um 17 Euro pro Kopf angestiegen. Die sich daraus ergebenden Ausgabedifferenzia-

le liegen bei +90 Mio. Euro (FFW) bzw. -26 Mio. Euro (FO).

(29) Die einwohnerbezogenen Zinsausgaben betrugen in Mecklenburg-Vorpommern 2015

rd. 177 Euro. Diese beliefen sich bei den FFW auf 209 Euro je Einwohner und bei den FO auf

149 Euro je Einwohner. Im Vergleich zu den FO trägt Mecklenburg-Vorpommern hier rechne-

rische Mehrausgaben in Höhe von 45 Mio. Euro.

8 Aufgrund struktureller Unterschiede im Bereich Personal und den laufenden Zahlungen an Gemeinden, mussdie Bewertung der Daten differenziert erfolgen.

18

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Abbildung 11: Zinsausgaben im Ländervergleich, 1991-2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

Die Reduzierung dieser Ausgaben ist insbesondere auf die günstige Zinsentwicklung mit der-

zeit negativen Referenzzinssätzen zurückzuführen. Eine weiterhin konsequente Reduzierung

der Verschuldung erscheint sinnvoll, um sich bei einem Zinsanstieg Handlungsspielräume im

Haushalt zu erhalten.

(30) Mit 1.287 Euro je Einwohner weist Mecklenburg-Vorpommern unter den Vergleichs-

gruppen wie im Vorjahr die höchsten laufenden Zahlungen an die kommunale Ebene auf. Die

hochgerechneten Mehrausgaben belaufen sich auf 431 Mio. Euro (FFW) bzw. 268 Mio. Euro

(FO). Es ist geplant, den kommunalen Finanzausgleich bzw. das Finanzausgleichsgesetz

Mecklenburg-Vorpommern (FAG M-V) zum 01.01.2018 neu zu ordnen.9 Dabei werden so-

wohl der vertikale Finanzausgleich, der die Finanzverteilung zwischen dem Land und seinen

Kommunen regelt, als auch der horizontale Finanzausgleich, der die Mittelverteilung inner-

halb der kommunalen Ebene regelt, im Fokus stehen.

2.3.2 Investitionsausgaben

(31) Investitionen sind eine maßgebliche Stellgröße für die weitere wirtschaftliche Ent-

wicklung des Landes. In Mecklenburg-Vorpommern sind die Investitionsausgaben des Kern-

haushalts im Vergleich zum Jahr 2014 gesunken. Sie lagen 2015 bei 1.053,3 Mio. Euro und

damit auf dem niedrigsten Niveau seit 1991.

9 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2017): Jahresbericht 2016 (Teil 1) – Kommunalfinanz-bericht, S. 30 ff.

19

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

0

25

50

75

100

125

150

175

200

225

250

275

300

MV

FO

FFW

in E

uro

je E

W

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Die Investitionsausgaben pro Kopf beliefen sich im Jahr 2015 auf 658 Euro. Somit wurden

41 Euro je Einwohner weniger investiert als im Jahr zuvor. Die FO konnten ihre Investitions-

ausgaben pro Kopf um 122 Euro auf 754 Euro je Einwohner steigern. In den FFW gingen die-

se um 7 Euro auf 223 Euro je Einwohner zurück (vgl. Tabelle 5).

Die FO investierten je Einwohner rd. 530 Euro mehr als die FFW. Die deutlich höheren In-

vestitionsausgaben der ostdeutschen Länder stehen jedoch in direktem Zusammenhang mit

den Zuweisungen aus dem Solidarpakt II. Deshalb ist zu erwarten, dass sich die Investitions-

ausgaben der ostdeutschen Länder weiter an das Niveau der FFW anpassen werden.

(32) Die Investitionsquote10 Mecklenburg-Vorpommerns beläuft sich auf nur noch 14,2 %.

2014 betrug diese Quote noch 15,6 %. Im Jahr 2005 waren es immerhin noch 18,6 %. Die FO

investierten 2015 durchschnittlich 17,1 % ihrer bereinigten Gesamtausgaben, die FFW 6,0 %.

2014 waren es nur 14,8 % (FO) bzw. 6,4 % (vgl. Abbildung 12).

Abbildung 12: Investitionsquoten im Ländervergleich, 1991-2015, in %

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

2.4 Solidarpakt und Fortschrittsberichte Ost

(33) Für den Zeitraum von 2001 bis 2019 erhalten die fünf ostdeutschen Flächenländer und

Berlin Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen (SoBEZ) zur Deckung teilungsbeding-

ter Sonderlasten und zum Ausgleich unterproportionaler kommunaler Finanzkraft. Insgesamt

belaufen sich diese Solidarpaktmittel über den gesamten Zeitraum auf 156 Mrd. Euro11. Die

10 Relation von Investitionsausgaben und bereinigten Gesamtausgaben eines Haushaltsjahres.11 Die 156 Mrd. Euro sind die gesamten Zuweisungen aus Korb I und Korb II des Solidarpakts II.

20

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

0%

3%

6%

9%

12%

15%

18%

21%

24%

27%

30%

33%

36%

MVFOFFW

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Länder verpflichteten sich im Gegenzug, im Rahmen von Fortschrittsberichten „Aufbau Ost“

jährlich Bericht zu erstatten über:

• die Fortschritte bei der Schließung der Infrastrukturlücke,

• die Verwendung der erhaltenen SoBEZ,

• die finanzwirtschaftliche Entwicklung der öffentlichen Haushalte auf kommunaler

und Landesebene einschließlich der Begrenzung der Neuverschuldung.

(34) Die Inhalte dieser Fortschrittsberichte wurden zwischen den Finanzministerien der

neuen Länder und dem Bundesfinanzministerium größtenteils präzisiert. So wurde ein Sche-

ma zur Nachweisführung der Verwendung der nach § 11 Abs. 4 FAG (2002 bis 2004) bzw.

§ 11 Abs. 3 FAG (seit 2005) erhaltenen SoBEZ-Mittel vereinbart.

Seit dem Jahr 2009 nehmen diese SoBEZ-Mittel jährlich ab. Mecklenburg-Vorpommern er-

hielt im Jahr 2015 noch 533 Mio. Euro an Finanzhilfen (vgl. Abbildung 13). Bis 2019 führt

dies zu weiteren Herausforderungen für den Landeshaushalt, da jährlich Beträge zwischen 75

und 81 Mio. Euro wegfallen. Ab dem Jahr 2020 entfallen alle SoBez-Zahlungen.

Abbildung 13: SoBEZ-Zahlungen an Mecklenburg-Vorpommern bis 2019 (Korb I), in Mio. Euro

Quelle: § 11 Abs. 3 Gesetz über den Finanzausgleich zwischen Bund und Ländern; eigene Berechnungen.

(35) Für das Jahr 2015 konnte Mecklenburg-Vorpommern erneut eine vollkommen zweck-

entsprechende Verwendung der Solidarpaktmittel nachweisen. Die rechnerische Verwendungs-

quote wurde mit 156 % ausgewiesen (vgl. Tabelle 6).

21

20042005

20062007

20082009

20102011

20122013

20142015

20162017

20182019

2020

0

200

400

600

800

1.000

1.2001.113 1.110 1.104 1.094 1.077

1.002

921

846

765

690

609

533

453

377

296

221

0

in M

io.

Eu

ro

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Tabelle 6: SoBEZ-Nachweisquoten für Mecklenburg-Vorpommern 2007-2015, in %12

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

aus SoBEZ finanzierteInfrastrukturinvestitionen

101 % 99 % 59 % 93 % 100 % 128 % 134 % 144 % 133 %

Ausgleich unterproportionalerkommunaler Finanzkraft

16 % 15 % 18 % 16 % 13 % 21 % 14 % 17 % 23 %

Nachweisquote insgesamt 117 % 114 % 77 % 109 % 113 % 149 % 149 % 161 % 156 %

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern (Fortschrittsberichte „Aufbau Ost“); eigene Darstellung.

(36) Auch nach Auslaufen des Solidarpakts und der anstehenden Neuordnung der Bund-

Länder-Finanzbeziehungen muss die Sicherstellung der eigenen Investitionsfähigkeit das mit-

tel- bis langfristige Ziel Mecklenburg-Vorpommerns bleiben. Der dazu bestehende Handlungs-

bedarf lässt sich sowohl über die eigenfinanzierten Investitionen (vgl. Tabelle 7) als auch

durch die bereinigten Salden der laufenden Rechnung (vgl. Abbildung 15) darstellen. Nur ein

angemessenes Investitionsniveau ermöglicht es, die bestehende Infrastrukturlücke gegenüber

den FFW weiter zu verringern.

(37) Die eigenfinanzierten Investitionen beliefen sich 2015 auf 587,5 Mio. Euro und sind

im Vergleich zum Vorjahr um 116,1 Mio. Euro gesunken. Die Planwerte zeigen, dass bis zum

Ende des Finanzplanungzeitraums für die Investitionsausgaben höhere Werte veranschlagt

werden. Bedingt durch die rückläufigen investiven Zuweisungen und Zuschüsse wird die

Höhe der eigenfinanzierten Investitionen jedoch nach einem kurzen Anstieg für die Jahre

2016-2018 wieder auf ein ähnliches Niveau wie 2015 absinken.

Bereinigt um die investiv zu verwendenden Mittel aus dem Solidarpakt, verblieben

177,1 Mio. Euro, die tatsächlich aus eigenen Landesmitteln finanziert wurden. Zusätzlich zu

dem beschriebenen Effekt werden die auslaufenden Solidarpaktmittel nach der Mittelfristigen

Finanzplanung dazu führen, dass bei konstanten bzw. langsam absinkenden Ausgaben des

Landes für Investitionen der Wert für „bereinigte“ eigenfinanzierte Investitionen kontinuier-

lich ansteigen wird (vgl. Tabelle 7).

12 Für methodische Erläuterungen zu den einzelnen Positionen vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpom-mern (2007): Jahresbericht 2007 (Teil 2) – Landesfinanzbericht 2007, S. 48 f.

22

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Tabelle 7: Eigenfinanzierte Investitionen und Regelkreditobergrenze gemäß Art. 65 Verf. M-V, Ist-Daten 2011-2015 und Plandaten 2016-2020, in Mio. Euro

Ist-Ergebnisse Haushaltspl.Mittelfristige

Finanzpl.

2011 2012 2013 2014 2015 2016 2017 2018 2019 2020

Investitionsausgaben 1.288,2 1276,0 1.096,5 1.116,5 1.053,2 1.246,0 1.173,3 1.123,2 1.068,6 1.058,7

abzgl. investive Zuweis- ungen und Zuschüsse

774,8 539,3 524,5 412,9 465,7 592,2 561,5 517,6 491,2 479,9

= eigenfinanzierteInvestitionen (Regelkreditobergrenze)

513,4 736,7 572,0 703,6 587,5 653,8 611,8 605,6 577,4 578,8

abzgl. investiv zu verwen-dender Anteil der SoBEZ13 735,8 604,3 593,0 505,5 410,4 348,8 290,3 227,9 170,2 0

= „bereinigte“ eigenfi-nanzierte Investitionen

0 132,4 0 198,1 177,1 305,0 321,5 377,7 407,2 578,8

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Darstellung.

(38) Die bestehenden Konsolidierungsbedarfe der Länder ergeben sich als Differenz aus der

Summe der laufenden Einnahmen (insbesondere Steueraufkommen, Länderfinanzausgleich

sowie laufende Zuschüsse und Zuweisungen) und der Summe der laufenden Ausgaben (insbe-

sondere Personal-, Sach-/Fach- und Zinsausgaben, kommunaler Finanzausgleich). Bei einem

positiven Saldo kann ein Land Investitionen aus originär eigenen Mitteln finanzieren.

Abbildung 14: Unbereinigte Salden der laufenden Rechnung, 2014 und 2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

(39) Abbildung 14 zeigt, dass die ostdeutschen Länder vor allem gegenüber den finanz-

schwachen westdeutschen Flächenländern deutlich höhere positive Werte aufweisen. Dieser

Einnahmevorsprung ist auf die hohen Zuweisungen des Bundes aus dem bis 2019 gültigen So-

lidarpakt II zurückzuführen.

13 Unter Berücksichtigung der zum Ausgleich der UKF benötigten SoBEZ-Zahlungen ergaben sich folgende in-vestiv zu verwendende Anteile der SoBEZ: 2011 87 %, 2012 79 %, 2013 86 %, 2014 83 % und 2015 77 %.Vgl. Tabelle 6; ab dem Jahr 2016 Fortschreibung mit dem Wert des Jahres 2015.

23

BB MV SN ST TH BW BY HE NI NW RP SL SH

-200

-100

0

100

200

300

400

500

600

700

800

367

477

554

333

398

315

452

81 66 56

-29-55

51

383

478

604

388

502

293

484

150

96 88

-30

45

203

2014

2015

in E

uro

je E

W

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In Mecklenburg-Vorpommern betrug der Saldo der laufenden Rechnung im Jahr 2015

478 Euro je Einwohner. Somit konnte das Land hinter Sachsen mit 604 Euro je Einwohner

und Bayern mit 484 Euro je Einwohner den dritthöchsten Wert aller Flächenländer vorweisen.

Mit Ausnahme von Rheinland-Pfalz (-30 Euro je Einwohner) konnten alle Länder 2015 einen

positiven Saldo der laufenden Rechnung erzielen.

(40) Um die Bedeutung der Solidarpaktmittel für die ostdeutschen Haushalte zu verdeutli-

chen, sind in Abbildung 15 die laufenden Salden um diese Zahlungen bereinigt worden. Hier-

durch werden die bestehenden Handlungsbedarfe der ostdeutschen Länder, die durch die Soli-

darpaktmittel überdeckt werden, ersichtlich.14

Abbildung 15: Bereinigte Salden der laufenden Rechnung, 2014 und 2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

Die bereinigten Salden der laufenden Rechnung fallen für die ostdeutschen Länder deutlich

geringer aus. In Mecklenburg-Vorpommern nimmt der Überschuss mit 191 Euro je Einwohner

deutlich ab. Dies entspricht einem prozentualen Rückgang von rd. 60 %.

(41) Mit Blick auf die demografische Entwicklung und den damit einhergehenden steigen-

den Ausgaben, die Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen sowie das Absinken von

EU-Fördermitteln bestehen in den kommenden Jahren weiterhin große Herausforderungen für

die öffentlichen Haushalte Mecklenburg-Vorpommerns. Darüber hinaus sind ab 2020 die Re-

gelungen der Schuldenbremse einzuhalten.

14 Bereinigt wurden – wie bereits in Abbildung 5 – die Effekte der investiv einzusetzenden SoBEZ gem.§ 11 Abs. 3 FAG. Dabei wurden neben den einnahmeseitigen Effekten auch die Rückwirkung auf die Ausga-ben berücksichtigt. Da die SoBEZ teilweise in die Bemessungsgrundlage des Kommunalen Finanzausgleichseinfließen, ergeben sich aus dem Rückgang dieser Mittel und unter Berücksichtigung des Gleichmäßigkeits-grundsatzes entsprechende geringere Zuweisungen des Landes an die kommunale Ebene.

24

BB MV SN ST TH BW BY HE NI NW RP SL SH

-200

-150

-100

-50

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

550

76

149

234

-16

69

315

452

81 66 56

-29-55

51

130

191

324

81

213

293

484

150

96 88

-3045

203

2014

2015

in E

uro

je E

W

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Auch sind die Kosten der Flüchtlingskrise, die sich aus der Aufnahme und Unterbringung der

Flüchtlinge und aus der späteren gesellschaftlichen Integration ergeben, gegenwärtig noch

nicht verlässlich bezifferbar.

Weiterhin ist zu berücksichtigen, dass die aktuelle haushaltspolitische Lage durch das niedrige

Zinsniveau sowie die nach wie vor gute konjunkturelle Situation begünstigt wird.

2.5 Stabilitätsbericht

(42) Im Zuge der Förderalismusreform II wurde neben schuldenbegrenzenden Regelungen

auch die Einsetzung des Stabilitätsrates beschlossen. Ihm obliegt die laufende Überwachung

der Haushalte des Bundes und der Länder. Dazu sind dem Stabilitätsrat jährlich Berichte vor-

zulegen, in denen die Haushaltslage anhand eines kennzahlengestützten Frühwarnsystems und

einer Projektion der mittelfristigen Haushaltsentwicklung darzustellen ist. Dadurch sollen dro-

hende Haushaltsnotlagen frühzeitig erkannt und ihnen mit geeigneten Maßnahmen gegenge-

steuert werden.

(43) Die Berechnungen der Kennziffern und der Projektionen erfolgen anhand von vorgege-

benen Kriterien. Dies soll die Vergleichbarkeit der Ergebnisse unter den Ländern sicherstellen.

Da landesspezifische Faktoren, wie z. B. die rückläufige demografische Entwicklung, unbe-

rücksichtigt bleiben, geben die Kennziffern und Projektionen im Stabilitätsbericht 2016 die

tatsächlichen Konsolidierungsbedarfe nur unzureichend wieder. Zudem sind die Auswirkun-

gen der Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen noch nicht in die Berechnungen

eingeflossen.

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Tabelle 8: Kennziffern des Stabilitätsberichtes 2016 zur aktuellen Haushaltslage und zur Finanzpla-nung

Aktuelle Haushaltslage Auffällig-

keit

FinanzplanungAuffällig-

keitIst2014

Ist2015

Soll2016

FPL2017

FPL2018

FPL2019

FPL2020

Finanzierungssaldoin Euro je EW

61 138 -39 nein -4 39 40 42 nein

Schwellenwert -169 -153 -303 -403 -403 -403 -403

Länderdurchschnitt 31 47 -103

Kreditfinanzierungsquote % -0,6 -0,7 -0,5 nein -0,6 -0,6 -0,6 -0,7 nein

Schwellenwert 4,0 2,3 3,7 7,7 7,7 7,7 7,7

Länderdurchschnitt 1,0 -0,7 0,7

Zinssteuerquote % 6,4 5,5 5,5 nein 5,1 5,1 5,1 5,2 nein

Schwellenwert 9,1 7,9 7,9 8,9 8,9 8,9 8,9

Länderdurchschnitt 6,5 5,7 5,6

Schuldenstand in Euro je EW 5.867 5.777 5.777 nein 5.777 5.777 5.777 5.777 nein

Schwellenwert 8.961 8.825 8.890 9.090 9.290 9.490 9.690

Länderdurchschnitt 6.893 6.789 6.838

Auffälligkeit Zeiträume nicht auffällig nicht auffällig

Auffälligkeit Kennziffern nicht auffällig

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern, Stabilitätsbericht 2016; eigene Darstellung.

(44) Die im Stabilitätsbericht 2016 dargestellten Kennziffern zur aktuellen Haushaltslage

und zur Finanzplanung weisen – wie in den Vorjahren – für Mecklenburg-Vorpommern keine

Auffälligkeiten auf (vgl. Tabelle 8). Die Berechnungen der Projektion zur „zielbezogenen

Ausgabenentwicklung“ zeigen allerdings, dass sich der prognostizierte finanzpolitische Hand-

lungsspielraum im Vergleich zum Vorjahr von 2,4 % auf 1,8 % deutlich reduziert hat und nun-

mehr auf dem Niveau des Durchschnitts der Flächenländer Ost liegt. Dies bedeutet, dass die

Ausgaben des Landes im Projektionszeitraum 2015 bis 2022 um maximal 1,8 % pro Jahr stei-

gen dürfen, um die ab 2020 geltende schuldenbegrenzende Regelung einzuhalten. Ausgaben-

zuwachsraten unterhalb des Länderdurchschnitts sind ein Indikator für eine drohende Haus-

haltsnotlage.

(45) Ab 2020 muss der Landeshaushalt strukturell ausgeglichen sein. Neuverschuldungen

sind dann grundsätzlich verboten. Lediglich in besonderen Krisensituationen und in konjunk-

turellen Abschwungphasen ist eine Nettokreditaufnahme zulässig.

Die Landesregierung sollte daher den Abbau des strukturellen Defizits konsequent vorantrei-

ben, um finanzpolitische Handlungsspielräume zu schaffen und auf Haushaltsrisiken und Ein-

nahmeausfälle reagieren zu können. Mit dem laut Koalitionsvereinbarung für das Haushalts-

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jahr 2017 vorgesehenen Instrument der Spending Reviews15 können ggf. Einsparpotenziale

identifiziert werden. Strukturell wirksame Effekte lassen sich jedoch nur durch die konsequen-

te Umsetzung von konkreten Konsolidierungsmaßnahmen erzielen.

(46) Mit dem Inkrafttreten des neuen § 18 Abs. 9 LHO sind Kreditaufnahmen durch Son-

dervermögen des Landes ab 2020 unzulässig. Ausgenommen hiervon sind die am 31. Dezem-

ber 2010 bestehenden Kreditermächtigungen. Die Zweckbestimmungen dieser Kreditermäch-

tigungen dürfen nicht erweitert werden. Vielmehr sollen die Verbindlichkeiten der Sonderver-

mögen so weit zurückgeführt werden, dass eine Tilgung aus den laufenden Einnahmen des je-

weiligen Sondervermögens gesichert ist. Damit ist eine nachträgliche Aufgaben- und Kredit-

rahmenerweiterung ausgeschlossen.

Das Nachtragshaushaltsgesetz 2016/2017 zum Breitbandausbau in Mecklenburg-Vorpommern

sieht eine Vorfinanzierung des Eigenanteils der Kommunen aus dem Landeshaushalt vor.

Dazu sollen in 2016 und 2017 Mittel aus der Ausgleichsrücklage entnommen werden. Die

Rückzahlung der Vorfinanzierung soll ab 2018 durch regelmäßige Entnahmen aus dem Son-

dervermögen „Kommunaler Aufbaufonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern“ (Aufbau-

fonds) zugunsten des Landeshaushalts erfolgen.

Der Wirtschaftsplan für den Aufbaufonds wurde daraufhin angepasst. Demnach verzögert sich

die vollständige Tilgung der Kredite des Aufbaufonds planmäßig bis 2033. Somit wird die be-

stehende Kreditermächtigung für die ursprünglichen auf die im Jahr 2016 neu hinzugetretenen

Zwecke erweitert. Das bedeutet, dass der Breitbandausbau über den Aufbaufonds mittelbar

kreditfinanziert wird.

Der Landesrechnungshof hält dies für bedenklich. Er empfiehlt, eine strikte Trennung der Zah-

lungsströme für den Breitbandausbau von den übrigen Zahlungsströmen innerhalb des Auf-

baufonds vorzunehmen. Diese Trennungsrechnungen sollten in den Übersichten zum Haus-

haltsplan und zur Haushaltsrechnung nachgewiesen werden.

15 Bei Spending Reviews handelt es sich um einnahme- und ausgabeseitige Analysen des Haushaltes, um dieWirkung von Programmen und Maßnahmen zu untersuchen.

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III. Aktuelle Themen

1 Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

1.1 Einigung bei den Verhandlungen zwischen Bund und Ländern

(47) Mit dem Beschluss vom 14.10.2016 haben sich die Regierungschefinnen und Regie-

rungschefs von Bund und Ländern auf eine Neuordnung der föderalen Finanzbeziehungen16 ab

dem Jahr 2020 geeinigt. Die Neuordnung wurde notwendig, da im Jahr 2019 wichtige fiskal-

föderalistische Regelungen wie das Finanzausgleichsgesetz (FAG) und das Maßstäbegesetz

(MaßstG) enden.

1.1.1 Reformmodell vom 14.10.2016

(48) Die Beschlüsse zur zukünftigen Ausgestaltung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen

stimmen zum Großteil mit den Vorschlägen des Modells der Ministerpräsidentenkonferenz

(MPK) vom 03.12.2015 überein.17 Im Detail wurden u. a. folgende Neuregelungen ab 2020

beschlossen:18

• Der horizontale Länderfinanzausgleich im engeren Sinne und der Umsatzsteuervor-

wegausgleich entfallen. Die Angleichung der Finanzkraft erfolgt über die Verteilung

der Umsatzsteuer. Der Länderanteil der Umsatzsteuer wird grundsätzlich anhand der

Einwohnerzahl verteilt, wobei jedoch Zu- und Abschläge entsprechend der jeweiligen

Finanzkraft anhand eines linearen Tarifs von 63 % erfolgen. Länder mit unterdurch-

schnittlicher Finanzkraft bekommen somit die Lücke zum Länderdurchschnitt zu

63 % geschlossen, während Länder mit überdurchschnittlicher Finanzkraft 63 % des

Betrags, der den Durchschnitt übersteigt, abgeben müssen. Vom Umsatzsteuerauf-

kommen erhalten die Länder einen zusätzlichen Festbetrag i. H. v. 2,6 Mrd. Euro so-

wie zusätzliche Umsatzsteuerpunkte im Gegenwert von 1,42 Mrd. Euro. Letztere ent-

wickeln sich entsprechend der Höhe des Umsatzsteueraufkommens dynamisch. Die

bis 2019 vom Bund an die Länder zu zahlenden Entflechtungsmittel werden ab 2020

in die Umsatzsteuerverteilung integriert.

16 Für eine Darstellung der Funktionsweise des aktuellen bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems siehe Lan-desrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2016): Jahresbericht 2015 (Teil 2) – Landesfinanzbericht 2015,S. 47-53.

17 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2016): Jahresbericht 2015 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2015, S. 54-57.

18 Vgl. Pressemitteilung zur Konferenz der Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländernam 14.10.2016 in Berlin – Beschluss vom 14.10.2016;www.bundesregierung.de/Content/DE/Pressemitteilungen/BPA/2016/10/2016-10-14-beschluss-bund-laen-der.html, abgerufen am 17.01.2017.

29

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• Mit Blick auf die Ermittlung der Finanzkraft wird an der Einwohnerveredelung fest-

gehalten. Des Weiteren wird die kommunale Finanzkraft ab 2020 mit 75 % anstatt

wie bisher mit 64 % berücksichtigt.

• Der Ausgleichstarif der allgemeinen Bundesergänzungszuweisungen (BEZ) wird ent-

sprechend dem MPK-Vorschlag erhöht. Die Sonderbedarfsbundesergänzungszuwei-

sungen (SoBEZ) für die neuen Länder werden nicht verlängert. Dafür werden Zuwei-

sungen des Bundes für die Forschungsförderung und für unterdurchschnittliche Ge-

meindefinanzkraft eingeführt.

• Außerhalb des bundesstaatlichen Finanzausgleichs sind weitere einnahmewirksame

Beschlüsse gefasst worden. Das Saarland und Bremen erhalten Sanierungshilfen von

jeweils jährlich 400 Mio. Euro. Zudem werden das Bundesprogramm zur Verbesse-

rung der Verkehrsverhältnisse der Gemeinden (GVFG) sowie die Finanzhilfen des

Bundes für Seehäfen dauerhaft fortgeführt.

Im Ergebnis betragen die Mehrausgaben des Bundes im Jahr 2020 im Vergleich zur bestehen-

den Gesetzeslage rd. 9,7 Mrd.19 Euro. Die nun getroffenen Regelungen gelten grundsätzlich

unbefristet. Nach 2030 können jedoch der Bund oder mindestens drei Länder gemeinsam Ver-

handlungen über eine Neuordnung der bundesstaatlichen Finanzbeziehungen beim Bundesprä-

sidenten verlangen. Danach besteht eine Frist von fünf Jahren für eine einvernehmliche Neu-

ordnung.

(49) Die Forderung nach der Ausweitung der Kompetenzen des Stabilitätsrats, der zukünf-

tig auch die Einhaltung der Schuldenbremse von Bund und Ländern kontrollieren soll, wurde

ebenfalls übernommen. Im Beschluss vom 14.10.2016 wurde hierzu jedoch ergänzend festge-

halten, dass die Analyse anhand einer vergleichbaren Datenbasis erfolgen soll, die sich an den

europäischen Vorgaben und Verfahren orientiert.20

(50) Im Gegenzug zu seiner weitgehenden Zustimmung zum Vorschlag der MPK hat der

Bund in den Verhandlungen verschiedene Maßnahmen zur verbesserten Aufgabenerledigung

im Bundesstaat durchgesetzt, die zu einer Zentralisierung der Aufgabenwahrnehmung in den

entsprechenden Bereichen führen.

• Mit der Gründung einer Verkehrsinfrastrukturgesellschaft soll die bisherige, in

Art. 90 GG festgeschriebene Bundesauftragsverwaltung für die Bundesautobahnen

19 Basierend auf der Steuerschätzung vom November 2016.20 Siehe hierzu auch Abschnitt III 1.2.

30

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aufgehoben und deren Verwaltung zentral wahrgenommen werden. Es ist vorgesehen,

die Gesellschaft zum 01.01.2021 in privatrechtlicher Form als Gesellschaft mit be-

schränkter Haftung zu errichten, wobei die Rechtsform nach vier Jahren einer Eva-

luation unterzogen werden soll. Die Gesellschaft soll dabei im unveräußerlichen Ei-

gentum des Bundes stehen.21

• Im Bereich der Digitalisierung der öffentlichen Verwaltung (Art. 91 c GG) erhält der

Bund ebenfalls mehr Kompetenzen. So sollen u. a. Anwendungen der öffentlichen

Verwaltung zukünftig über ein vom Bund zentral errichtetes Bürgerportal zur Verfü-

gung gestellt werden. Die Länder sollen ihre Dienstleistungen dann über dieses Portal

bereitstellen.

• Die Prüfungsbefugnisse des Bundesrechnungshofes (Art. 114 GG) werden erweitert.

Im Benehmen mit den Landesrechnungshöfen soll er zukünftig die Ausgaben der

Landesverwaltungen bei Mischfinanzierungstatbeständen wie z. B. den Gemein-

schaftsaufgaben von Bund und Ländern nach Art. 91 a und 91 b GG kontrollieren.

• Des Weiteren erhält der Bund mehr Steuerungsrechte bei den Finanzhilfen, um Inves-

titionen in gesamtstaatlich bedeutsamen Bereichen – insbesondere bei der kommuna-

len Bildungsinfrastruktur für finanzschwache Kommunen – zu verbessern (Art. 104 c

GG). Im Bereich der Steuerverwaltung werden die Kompetenzen des Bundes eben-

falls erweitert. Hier erhält er u. a. ein stärkeres allgemeines fachliches Weisungsrecht.

Zudem werden zu finanziellen Lasten der Länder Regelungen beim Unterhaltsvor-

schuss geändert.

(51) Im Dezember 2016 legte die Bundesregierung die Entwürfe für die notwendigen

Grundgesetzänderungen und für das Gesetz zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz-

ausgleichssystems vor. Im Zuge der Neuregelung kommt es zu zahlreichen Grundgesetzände-

rungen. Des Weiteren müssen 23 Einzelgesetze geändert bzw. neu erlassen werden. In einigen

Punkten besteht zwischen Bund und Ländern jedoch noch Verhandlungsbedarf. Ziel ist es, das

Gesetzgebungsverfahren im Frühjahr 2017 abzuschließen.

(52) Das Finanzministerium erachtet die erweiterten Kompetenzen des Bundes, beispiels-

weise im Bereich der Steuerverwaltung, nicht als problematisch.

21 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neureglung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften, BR-Drs. 814/16, S. 36-38.

31

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(53) Der Landesrechnungshof sieht in der Kompetenzverschiebung grundsätzlich ein Pro-

blem, da das Land durch die Zentralisierungstendenzen sukzessive Einfluss- und Steuerungs-

möglichkeiten verliert.

1.1.2 Auswirkungen des Reformmodells auf Mecklenburg-Vorpommern

(54) Zunächst ist positiv hervorzuheben, dass es nach mehrjährigen Verhandlungen mit zum

Teil divergierenden Interessenlagen zu einer Einigung zwischen Bund und Ländern gekom-

men ist. Sowohl für den Bund als auch für die Länder besteht somit für die Zeit nach 2019

Planungssicherheit mit Blick auf die zukünftige Finanzausstattung.

(55) Eine Studie22 hat auf Basis der Steuerschätzung aus dem November 2016 die Entwick-

lung der Einnahmen der Länder vorgezeichnet. Die Ergebnisse für das Jahr 2019 wurden auf

Grundlage der dann noch gültigen, aktuellen gesetzlichen Regelungen berechnet. Die Ergeb-

nisse für das Jahr 2020 basieren auf dem Reformmodell.23

(56) Aus fiskalischer Sicht erzielen alle Länder im Vergleich der Jahre 2019 und 2020

Mehreinnahmen (vgl. Abbildung 16). Mecklenburg-Vorpommern realisiert demnach im Jahr

2020 Zuwächse von 204 Euro je Einwohner. Das Saarland und Bremen weisen aufgrund der

im Beschluss vereinbarten Sanierungshilfen die höchsten Pro-Kopf-Mehreinnahmen auf.

In absoluten Werten liegen die prognostizierten Einnahmen Mecklenburg-Vorpommerns im

Jahr 2020 bei rd. 8,1 Mrd. Euro, was einem Einnahmezuwachs von rd. 329 Mio. Euro im Ver-

gleich zu 2019 entspricht.

Bei der Bewertung der Ergebnisse ist jedoch zu beachten, dass diese nicht allein auf den Mo-

dellwechsel zurückzuführen sind, da allein durch das prognostizierte Steuerwachstum die

Länder im Jahr 2020 im Vergleich zum Vorjahr Mehreinnahmen erzielen. Eine andere Ent-

wicklung der Steuereinnahmen würde dementsprechend zu anderen Ergebnisse führen.

22 Lenk et al. (2016): Schwarz, Rot, Geld. Neuer bundesstaatlicher Finanzausgleich ab 2020.23 Berücksichtigt wurden dabei alle Einnahmen vom Land und den Kommunen, die sich aus dem bundesstaatli -

chen Finanzausgleich und den weiteren im Beschluss aufgeführten einnahmewirksamen Maßnahmen (Sanie-rungshilfen, Finanzhilfen für Seehäfen, GVFG und Entflechtungsmittel) ergeben.

32

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Abbildung 16: Mehreinnahmen der Länder nach dem Reformmodell im Jahr 2020 im Vergleich zu den Regelungen zum LFA im Jahr 2019, in Euro je EW

Quelle: Lenk et al. (2016), S. 30 f.; eigene Darstellung.

(57) Es fällt auf, dass die ostdeutschen Länder insgesamt im Ländervergleich lediglich un-

terdurchschnittliche Zuwächse verzeichnen, wohingegen die finanzkraftstarken westdeutschen

Länder überdurchschnittliche Mehreinnahmen erzielen. Mecklenburg-Vorpommern verzeich-

net unter den ostdeutschen Ländern die höchsten Zuwächse. Brandenburg und Sachsen-Anhalt

weisen mit 134 Euro je Einwohner bzw. 136 Euro je Einwohner die mit Abstand niedrigsten

Mehreinnahmen aller Länder auf.

Ein Vergleich der Mehreinnahmen Mecklenburg-Vorpommerns mit denen der beiden Länder-

gruppen der FO und der FFW verdeutlicht nochmals die unterdurchschnittlichen Zuwächse

der ostdeutschen Länder (vgl. Abbildung 17). Während die FFW 264 Euro je Einwohner hin-

zugewinnen24, sind es bei den FO lediglich 160 Euro je Einwohner. Selbst wenn bei der Be-

rechnung des Werts der FFW das Saarland aufgrund der verzerrenden Wirkung der Zahlung

der Sanierungshilfen nicht berücksichtigt wird, beläuft sich dieser immer noch auf 225 Euro je

Einwohner. Die für Mecklenburg-Vorpommern prognostizierten Mehreinnahmen liegen mit

und ohne Bereinigung um den Wert des Saarlands zwischen den Werten für die beiden Ver-

gleichsgruppen.

24 Hierbei ist jedoch zu beachten, dass der Wert maßgeblich durch das Saarland beeinflusst wird, das aufgrundder Sanierungshilfen im Jahr 2020 Mehreinnahmen von 381 Euro je Einwohner verzeichnet. Ohne das Saar-land betrüge der Wert der FFW 225 Euro je Einwohner und fiele immer noch höher aus als die anderen bei-den Vergleichswerte.

33

BW BY HE NI NW SH SL RP BB MV ST TH SN HH HB BE

0

50

100

150

200

250

300

350

400

450

500

246271

255

228 226202

381

245

134

204

136

191179

329

452

191

in E

uro

je E

W

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Abbildung 17: Mehreinnahmen von MV, FO und FFW nach dem Reformmodell im Jahr 2020 im Ver-gleich zu den Regelungen zum LFA im Jahr 2019, in Euro je EW

Quelle: Lenk et al. (2016), S. 30 f.; eigene Berechnungen.

(58) Das Finanzministerium teilte mit, dass Hintergrund des dargestellten unterdurch-

schnittlichen Zuwachses der FO die außerhalb des eigentlichen Finanzausgleichs gezahlten

Solidarpaktmittel seien, die 2019 noch ausgereicht werden und damit den Wert für dieses Jahr

erhöhen. Werde dieser Aspekt – insbesondere die SoBEZ und die Entflechtungsmittel als

„auslaufende Sondertatbestände“ – jedoch ausgeblendet, ergäben sich für die FO überdurch-

schnittliche Zuwächse. Dies zeige auch das Finanztableau des Beschlusses vom 14.10.2016.

(59) Das Ausblenden der SobEZ und der Entflechtungsmittel führt dazu, dass nicht die tat-

sächlich zur Verfügung stehenden Finanzmittel abgebildet werden. Der Landerechnungshof

bleibt daher bei seiner Auffassung, dass ein Vergleich der Mehreinnahmen nach dem Reform-

modell im Jahr 2020 mit den Mehreinnahmen zu den geltenden Regelungen im Jahr 2019 not-

wendig ist, um die Auswirkungen der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs

auf die Einnahmeentwicklung der Länder im Zeitablauf zu beurteilen.

Bei einer sachgerechten Bereinigung müssten jedoch auch die Sondertatbestände ab 2020 in

Abzug gebracht werden. Hierzu zählen die in Umsatzsteuerpunkte umgewandelten Entflech-

tungsmittel und die Gemeindefinanzkraftzuweisungen25, die im Anschluss an die Ausgleichs-

berechnung gewährt werden.

Im Ergebnis führt die Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichs dazu, dass sich ab

2020 die relative Einnahmeposition der ostdeutschen Länder im Vergleich zu den westdeut-

25 Empfänger der Gemeindefinanzkraftzuweisungen sind in erster Linie die ostdeutschen Länder aufgrund ihrergeringen kommunalen Finanzkraft. Infolgedessen kann dieses Element als Nachfolgeregelung des bisher überSoBEZ gezahlten Ausgleichs der unterproportionalen Finanzkraft gesehen werden.

34

MV FO FFW

0

50

100

150

200

250

300

204

160

225in E

uro

je E

W

Ef fektSaarland

264

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schen Ländern verschlechtert.26 Der Einnahmevorsprung Mecklenburg-Vorpommerns wird im

Jahr 2020 nach den aktuellen Berechnungen27 nur noch rd. 95 Euro pro Kopf betragen.28

Mit dem Zurückgehen des bisherigen Einnahmevorsprungs wird der Aufholprozess zur Errei-

chung gleichwertiger Lebensverhältnisse spürbar verlangsamt.

(60) Das Finanzministerium meint, dass die Neuregelung dem Ziel der Herstellung gleich-

wertiger Lebensverhältnisse nicht entgegensteht. Vielmehr werde durch das neue System ein

nahezu gleiches Niveau von Zuweisungen je Einwohner, unabhängig vom Bundesland, er-

reicht. Bei einer Ergebnisbetrachtung der den Ländern zur Verfügung stehenden Gesamtein-

nahmen je Einwohner fielen die ostdeutschen Länder nicht hinter das Niveau der FFW – ohne

die Sanierungshilfe für das Saarland – zurück.

(61) Der Landesrechnungshof merkt dazu an, dass ein nahezu gleiches Niveau von Zuwei-

sungen je Einwohner kein Automatismus ist, der zwangsläufig zu gleichwertigen Lebensver-

hältnissen in den Bundesländern führt. Dies wäre nur der Fall, wenn für alle Länder die glei-

che Startposition gelten würde. Angesicht des derzeitigen Stands des Angleichungsprozesses

hat der Landesrechnungshof erhebliche Zweifel, dass die ostdeutschen Länder mit den ab

2020 zur Verfügung stehenden Mitteln zu den finanzschwachen Flächenländern West auf-

schließen können.

(62) Insbesondere aus der Wissenschaft kommen mit Blick auf das föderale Gefüge der

Bundesrepublik kritische Stimmen zum neuen Modell des bundesstaatlichen Finanzaus-

gleichs. So wird die weitgehende Abschaffung der horizontalen Ausgleichsstufen als Entsoli-

darisierung der Länder gesehen, die sich damit finanziell in noch größere Abhängigkeit vom

Bund begeben.29 Dies zeigt sich auch darin, dass die Zuweisungen, die Mecklenburg-Vorpom-

mern in Form von BEZ, SoBEZ und weiteren Zuweisungen vom Bund erhält, von rd. 605

Mio. Euro im Jahr 2019 auf rd. 1.054 Mio. Euro im Jahr 2020 ansteigen werden.30

Zudem führten die vom Bund für die Mehrausgaben an die Länder geforderten Maßnahmen

zu einer Zentralisierung, was für das bundesstaatliche Gefüge bedeutsamer sei als die beiden

26 Vgl. Lenk et al. (2016): Schwarz, Rot, Geld. Neuer bundesstaatlicher Finanzausgleich ab 2020, S. 32 f.27 Vgl. Lenk et al. (2016): Schwarz, Rot, Geld. Neuer bundesstaatlicher Finanzausgleich ab 2020, S. 30 f., Ta-

belle 4, Zeile 8.28 Hier sind beim Saarland die Einnahmen aus den Sanierungshilfen noch nicht berücksichtigt. Ansonsten würde

der Wert für die FFW mit rd. 5.010 Euro sogar höher ausfallen als der Wert für Mecklenburg-Vorpommern.29 Vgl. Heinemann (2016): Länder auf dem Weg in die vollständige Alimentation, in: ifo Schnelldienst 24/2016,

S. 13-15; Henneke (2016): Steht „die Mutter aller Reformen“ vor einem abrupten Ableben? in: Der Landkreis11/2016 S. 657-659.

30 Vgl. Lenk et al. (2016): Schwarz, Rot, Geld. Neuer bundesstaatlicher Finanzausgleich ab 2020.

35

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Föderalismusreformen. Die Länder hätten sich damit zum Teil selbst entmachtet.31 Andere se-

hen die Zugeständnisse, die die Länder dem Bund für die bessere Finanzausstattung gemacht

haben, mit Blick auf die im Gegenzug erhaltene Stärkung der eigenen Finanzkraft allerdings

als erträglich an. Die jetzige Einigung sei vielmehr eine Chance für den Bundesstaat, da die

Länder durch die Stärkung ihrer Finanzkraft ihre Eigenständigkeit festigen können und der

Bund seine Kompetenzen in zentralen Bereichen wie den Bundesfernstraßen erweitert.32

In diesem Zusammenhang wird darüber hinaus moniert, dass die Möglichkeit zur transparen-

teren Ausgestaltung des neuen Ausgleichssystems, in dessen Ergebnis eine aufgabenangemes-

sene Finanzausstattung der Länder stehen soll, nicht genutzt wurde.33 Stattdessen seien u. a.

mit den Zuweisungen für Gemeindefinanzkraft und zur Forschungsförderung systemfremde

Elemente eingeführt worden, die eine transparente Ausgestaltung der bundesstaatlichen Finan-

zordnung eher behindern.34

(63) Die zentralen Forderungen der Länder – insbesondere nach einer Finanzausstattung,

die sie im Vergleich zum Status Quo nicht schlechter stellt – wurden mit der weitgehenden

Übernahme des MPK-Vorschlags umgesetzt. Aus diesem Grund beurteilen die Länder die ge-

troffene Einigung grundsätzlich positiv.35 Die Bewertung der fiskalischen Auswirkungen ist

jedoch – vor allem für die ostdeutschen Länder – differenzierter zu betrachten. Die unter-

durchschnittlichen Zuwächse der ostdeutschen Länder im Vergleich der Jahre 2019 und 2020

tragen nicht zum finanziellen und wirtschaftlichen Aufholprozess bei, sondern laufen diesem

vielmehr entgegen. Letztlich ist die Neuregelung ein politischer Kompromiss, bei dem die

Länder für eine verbesserte finanzielle Ausstattung eigene Kompetenzen abgeben.

(64) Besonders kritisch sieht der Landesrechnungshof die Ausweitung der Kompetenzen

des Bundesrechnungshofes. Die Zuständigkeitsbereiche der Rechnungshöfe des Bundes und

der Länder sind im Wesentlichen nach dem Grundsatz abgegrenzt, dass Bund und Länder nach

31 Vgl. Korioth (2016): Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern: Fairer Kompromiss oder Setzenvon Fehlanreizen?, in: ifo Schnelldienst 24/2016, S. 13-15.

32 Vgl. Wieland (2016): Die Reform der Finanzbeziehungen als Chance für den Bundesstaat, in: ifo Schnell -dienst 24/2016, S. 16-18.

33 Vgl. Korioth (2016): Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern: Fairer Kompromiss oder Setzenvon Fehlanreizen?, in: ifo Schnelldienst 24/2016, S. 6.

34 Vgl. Korioth (2016): Reform der Finanzbeziehungen von Bund und Ländern: Fairer Kompromiss oder Setzenvon Fehlanreizen?, in: ifo Schnelldienst 24/2016, S. 8. Korioth weist in diesem Zusammenhang darauf hin,dass durch die SoBEZ-Zuweisungen zur Gemeindefinanzkraft der Bund neben den Ländern nun ebenfalls einAdressat für die Kommunen bezüglich einer angemessenen Finanzausstattung werde, was bei zukünftigenAuseinandersetzung über die kommunale Finanzausstattung zu Problemen führen könne.

35 Vgl NDR (2016): Sellering lobt Einigung bei Länderfinanzausgleich; Sitzmann (2016): Ein fairer Kompro-miss, in: ifo Schnelldienst 24/2016, S. 3-5.

36

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Art 109 Abs. 1 GG in ihrer Haushaltswirtschaft selbstständig und voneinander unabhängig

sind. Dieses Prinzip würde mit der vorgesehenen Änderung durchbrochen.

Prüfungsrechte des Bundesrechnungshofes im Zuständigkeitsbereich der Landesrechnungshö-

fe können – trotz Benehmensherstellung – zu Doppelerhebungen oder im schlimmsten Fall zu

gegenläufigen Erkenntnissen führen. Der Bundesrechnungshof berichtet seine Ergebnisse

nicht dem Landtag von Mecklenburg-Vorpommern, sondern dem Haushaltsausschuss des

Deutschen Bundestages oder seinem Unterausschuss, dem Rechnungsprüfungsausschuss. Da

für Prüfungen lediglich das Benehmen mit dem Landesrechnungshof herzustellen ist, haben

weder das Land noch der Landesrechnungshof wirksame Möglichkeiten, an dieser Stelle ein-

zuwirken.

Der Landesrechnungshof sieht hier deshalb noch Anpassungsbedarf.

1.2 EU-Modell zur Konjunkturbereinigung durch die „Hintertür“

(65) Im Rahmen der Neuregelung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems wurde

die Ausweitung des Aufgabenbereichs des Stabilitätsrats beschlossen. Dieser soll nunmehr

auch die Einhaltung der Schuldenbremse durch Bund und Länder überwachen. Zur Erhebung

der notwendigen Datenbasis führt der Beschluss aus, dass sich die Analyse „an den europäi-

schen Vorgaben und Verfahren“ orientieren solle. Weitere Aussagen hierzu wurden im Be-

schluss nicht getroffen, sodass die konkrete Ausgestaltung noch ausverhandelt werden muss.

(66) Es ist vorgesehen, die Kompetenzerweiterung des Stabilitätsrats in Art. 109a GG zu

verankern.36 Dabei wird im vorliegenden Gesetzesentwurf explizit auf die „Vorgaben und Ver-

fahren aus Rechtsakten auf Grund des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Uni-

on zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin“ verwiesen. Eine Konkretisierung des angestrebten

Verfahrens ist auch der Gesetzesbegründung nicht zu entnehmen.

Im Entwurf zur Änderung des Stabilitätsratsgesetzes37 ist ebenfalls ein Verweis auf die Vorga-

ben und Verfahren, die auf Regelungen der EU basieren, enthalten. In der entsprechenden Ge-

setzesbegründung führt die Bundesregierung an: „Da die Länder in der Gestaltung ihrer Um-

setzung des Artikel 109 Absatz 3 Grundgesetz (Schuldenbremse) landesspezifische Besonder-

heiten berücksichtigen können, erscheint eine Normierung von Annahmen und Methoden der

jeweiligen Haushaltsdarstellung für Zwecke der gesamtstaatlichen Haushaltssteuerung zwin-

36 Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 90, 91c, 104b, 104c, 107, 108, 109a, 114,125c, 143d, 143e, 143f, 143g) vom 15. Dezember 2016; BR-Drs. 769/16.

37 Vgl. Entwurf eines Gesetzes zur Neureglung des bundesstaatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften, BR-Drs. 814/16.

37

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gend, um gemeinsam überprüfen und beurteilen zu können, ob die Verpflichtungen aus den

Vorgaben und Verfahren zur Europäischen Haushaltsüberwachung eingehalten werden.“38

Eine weitere Konkretisierung dieser Vorgaben und Verfahren ist auch in der Gesetzesbegrün-

dung nicht enthalten.

Der Verweis auf die landesspezifischen Besonderheiten bei der Umsetzung der Schuldenbrem-

se lässt aber darauf schließen, dass eine Vereinheitlichung des Konjunkturbereinigungsverfah-

rens angestrebt wird. Dies gilt zumindest für die Zwecke der Überwachung der Einhaltung der

Schuldenbremse durch den Stabilitätsrat. Die Bezugnahme auf europäische Vorgaben und Ver-

fahren deutet darauf hin, dass als einheitliches Konjunkturbereinigungsverfahren das soge-

nannte EU-Modell vorgesehen ist.

(67) Die schuldenbegrenzenden Regelungen nach Art. 109 GG schreiben vor, dass die

Haushalte von Bund und Ländern ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen sind. In

Art. 109 Abs. 3 GG wird explizit aufgeführt, dass Bund und Länder Regelungen treffen kön-

nen, um „einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung“ (Konjunk-

turbereinigung) Rechnung zu tragen. Ein konkretes Verfahren zur Ermittlung dieser Konjunk-

turkomponente legt das Grundgesetz jedoch nicht fest. Die konkrete Ausgestaltung wird den

Ländern überlassen.

Bislang haben sieben Länder eigene Regelungen getroffen. Tabelle 9 gibt einen ersten Über-

blick über die derzeit in den Ländern verwendeten Konjunkturbereinigungsverfahren.

38 Ebd. S. 68.

38

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Tabelle 9: Übersicht über die Modell-Kategorien bei Konjunkturbereinigungsverfahren

Kategorie Verfahrensbeschreibung Länder

EU-Modell • Bestimmung der ex-ante-Konjunkturkomponente nachdem Produktionslückenverfahren der EU

• Berechnung der ex-post-Konjunkturkomponente aus derex-ante-Konjunkturkomponente bereinigt um eine Steu-erabweichungskomponente, die sich als Differenz zwi-schen den geplanten und tatsächlichen Steuereinnah-men ergibt

• Konsolidierungshilfeländer: BE, HB, SH, SL, ST

• sonstige: HE

Trendsteuer-einnahmen-Modell

• Bestimmung der konjunkturellen Normallage durchTrendsteuereinnahmen, welche sich aus den Trend-steuereinnahmen des Vorjahres und der durchschnittli-chen Wachstumsrate der Steuereinnahmen der letztenx Jahre ermittelt

• konjunkturelle Schieflage ergibt sich aus der Abwei-chung der Steuereinnahmen von den Trendsteuerein-nahmen

• BW, HH, RP

Referenzwert-Modell • Als Referenzwert für eine konjunkturelle Normallagewird ein rollierender Durchschnitt der Steuereinnahmender vorangegangenen x Jahre ermittelt.

• Unterschreiten die Steuereinnahmen den Referenzwert– ggf. um x % – liegt eine konjunkturell bedingte Notsi-tuation vor.

• MV, SN, TH

Bisher keine Festle-gungen

• Nach aktuellem Kenntnisstand liegen bei diesen Län-dern keine Gesetzentwürfe vor bzw. gehen aus den bis-herigen Regelungen keine Details zur Berechnung einerkonjunkturellen Notsituation hervor.

• BB, BY, NI, NW

Quelle: Angelehnt an Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Jahresbericht des Landesrechnungshofes 2013 (Teil 2) – Landes--finanzbericht 2013, S. 66.

Das Referenzwert- und das Trendsteuereinnahmen-Modell basieren auf den Steuereinnahmen,

während das EU-Modell vor allem auf die sogenannte Produktionslücke abstellt.39

(68) Die Länder, die Konsolidierungshilfen erhalten, haben mit dem Bund eine Verwal-

tungsvereinbarung geschlossen, die auch Vorgaben zur Anwendung eines Konjunkturbereini-

gungsverfahrens enthält. Das hierbei gewählte Verfahren lehnt sich eng an das Verfahren des

EU-Modells an. Es ist daher davon auszugehen, dass der Stabilitätsrat sich bei der Berech-

nung, ob ein Land die Regelungen der Schuldenbremse einhält, ebenfalls des EU-Modells be-

dienen wird.

(69) Ein Vergleich der unterschiedlichen Konjunkturbereinigungsverfahren zeigt, dass die

Ergebnisse der einzelnen Modelle zum Teil erheblich voneinander abweichen.40 Demnach ist

es durchaus vorstellbar, dass das von einem Land gewählte Modell eine Kreditaufnahmekapa-

zität anzeigt, während das vom Stabilitätsrat verwendete Modell einen Verstoß gegen die

Schuldenbremse signalisiert. Die vorliegenden Gesetzesentwürfe sowie deren Begründungen

geben keinen Aufschluss darüber, wie in einem solchen Fall zu verfahren wäre.

39 Eine vertiefte Darstellung der einzelnen Modelle sowie deren Vor- und Nachteile enthält das Arbeitspapier „Konjunkurbereinigungsverfahren in Deutschland“ des Arbeitskreises „Haushaltsrecht und Grundsatzfragen“ der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder,www.lrh-mv.de/static/LRH/Dateien/Sonderberichte/Arbeitspapier_KonBeV_Finalfassung.pdf.

40 Vgl. Arbeitspapier „Konjunkurbereinigungsverfahren in Deutschland“ des Arbeitskreises „Haushaltsrecht undGrundsatzfragen“ der Rechnungshöfe des Bundes und der Länder.

39

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(70) Der Landesrechnungshof begrüßt, dass zumindest für diese Aufgabe des Stabilitätsrats

ein einheitliches Verfahren zugrunde gelegt werden soll. Die daraus resultierenden Probleme

müssen jedoch rechtzeitig geklärt werden. So ist das EU-Modell methodisch nicht unumstrit-

ten. Zur Kontrolle der Einhaltung der Schuldenbremse muss aber sichergestellt werden, dass

die angewandte Methodik verlässlich ist. Ebenfalls gilt es zu klären, wie das Nebeneinander

von landeseigenen Konjunkturbereinigungsverfahren und der vom Stabilitätsrat gewählten

Methodik auszugestalten ist.

Aus Sicht des Landesrechnungshofes sollte das so gefundene einheitliche Modell auch im

Verfahren zur Haushaltsüberwachung zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen41, das ebenfalls

vom Stabilitätsrat durchgeführt wird, angewendet werden.

1.3 Auswirkungen der Bund-Länder-Finanzbeziehungen auf IT-Verfahren

1.3.1 Zusammenarbeit bei der IT der Steuerverwaltung (KONSENS)

(71) Bund und Länder haben mit dem am 01.01.2007 in Kraft getretenen Verwaltungsab-

kommen KONSENS (Koordinierte neue Software-Entwicklung der Steuerverwaltung) die Be-

schaffung, arbeitsteilige Entwicklung und Pflege sowie den Einsatz einheitlicher Software für

das Besteuerungsverfahren vereinbart. Auftraggeber im Vorhaben KONSENS sind alle Länder

und der Bund.

(72) Der Bund und die Länder Baden-Württemberg, Bayern, Hessen, Niedersachsen und

Nordrhein-Westfalen sind darüber hinaus auch Auftragnehmer. Sie bilden die Steuerungsgrup-

pe IT als Generalauftragnehmer. Daneben bestehen weitere länderübergreifende Gremien und

Arbeitsgruppen, die Entscheidungen vorbereiten, umsetzen und genehmigen.

(73) Bei der Umsetzung von IT-Vorhaben dieser Größenordnung besteht ein erhebliches fi-

nanzielles Risiko. Dieses reicht von Terminverschiebungen und Kostensteigerungen bis hin

zur Möglichkeit des vollständigen Scheiterns42. Den Rechnungshöfen von Bund und Ländern

war es bisher aufgrund der dezentralen Organisation im KONSENS-Verbund nicht möglich,

eine Gesamtbewertung des Verfahrens hinsichtlich Wirtschaftlichkeit, Projektmanagement

und Projektcontrolling vorzunehmen.

41 Die Haushaltsüberwachung erfolgt über ein Kennziffernsystem, das u. a. den strukturellen Finanzierungssaldoenthält, zu dessen Ermittlung eine Konjunkturbereinigung notwendig ist.

42 Das Vorgängerprojekt FISCUS wurde ergebnislos eingestellt. Bis zum Zeitpunkt der Einstellung waren bereitsKosten von mehreren Millionen Euro entstanden. Bereits damals kritisierte u. a. der Bundesrechnungshof inden Bemerkungen 2000 die lange Projektdauer und die Vielzahl der zu beteiligenden Gremien.

40

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(74) Artikel 8 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz-

ausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften sieht

eine Änderung des Finanzverwaltungsgesetzes (FVG) vor, durch die die Kompetenzen des

Bundes sowie die länderübergreifende Zusammenarbeit der Steuerverwaltungen gestärkt wer-

den sollen.

(75) In § 20 FVG soll in einem neu einzufügenden Absatz 2 geregelt werden, dass bei der

Verwaltung von Steuern durch Landesfinanzbehörden im Auftrag des Bundes die obersten Fi-

nanzbehörden des Bundes und der Länder zur Verbesserung oder Erleichterung des gleichmä-

ßigen Vollzugs der Steuergesetze zusammenwirken. Art, Umfang und Organisation des Einsat-

zes automatischer Einrichtungen für die Festsetzung und Erhebung der Steuern bedürfen des

Einvernehmens des Bundesministeriums der Finanzen. Wird kein Einvernehmen erzielt, kann

das Bundesministerium der Finanzen hierzu Vorgaben erlassen, wenn die Mehrheit der Länder

nicht widerspricht. Das Bundesministerium der Finanzen wird ermächtigt, die Zusammenar-

beit durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates zu regeln.

(76) Schon nach bisheriger Rechtslage könnte der Bund den bundeseinheitlichen Einsatz ei-

nes bestimmten Programms für die automatisierte Datenverarbeitung anweisen, wenn die

Mehrzahl der Länder nicht widerspricht. Durch die geplante Neuregelung soll dem Bund die

Möglichkeit eröffnet werden, Weisungen zu Art, Umfang und Organisation des Einsatzes der

automatischen Einrichtungen für die Festsetzung und Erhebung der Steuern zu erlassen. Dies

geht über die bisherige Kompetenz des Bundes hinaus. Zudem kann er weitgehende Regelun-

gen zur Zusammenarbeit im Rahmen der Verordnungsermächtigung erlassen. Durch diese

Kompetenzen wird dem Bund ein weitgehender Eingriff in die Organisationshoheit der Län-

der ermöglicht. Zudem bestehen Risiken für den Landeshaushalt, weil das Land die Kosten für

Weisungen des Bundes und die Vorgaben aus der Rechtsverordnung zu tragen hätte. Der Bun-

desrat hat in seiner am 10.02.2017 beschlossenen Stellungnahme vorgeschlagen, auf die Neu-

regelung zu verzichten.

(77) Andererseits besteht durch die Neuregelung die Möglichkeit, dass der Bund zukünftig

zentrale Regelungen zur Organisation und Steuerung des KONSENS-Verbundes trifft. Eine

straffe und transparente Steuerung verringert die einem IT-Vorhaben dieser Größenordnung in-

newohnenden Risiken. Allerdings war auf der Konferenz der Regierungschefinnen und Regie-

rungschefs von Bund und Ländern vom 14.10.2016 Einvernehmen darüber erzielt worden,

dass eine Stärkung der Rechte des Bundes über eine Änderung des Verwaltungsabkommens

41

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zu KONSENS und damit nicht über zusätzliche Rechtsetzungskompetenzen des Bundes erfol-

gen soll43.

(78) Der Landesrechnungshof sieht den Gesetzentwurf daher mit der Sorge, dass langjähri-

ge Vorarbeiten für KONSENS an Wert verlieren. Sollte das Gefüge der Gremien und deren

Rechte neu geordnet werden, könnte dies zu weiteren Verzögerungen führen, zumal auch das

Verhältnis der neuen Regelungen zum Verwaltungsabkommen KONSENS erst noch zu klären

wäre.

1.3.2 Onlinezugangsgesetz (OZG)

(79) Artikel 9 des Entwurfs eines Gesetzes zur Neuregelung des bundesstaatlichen Finanz-

ausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften ent-

hält den Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung des Onlinezugangs zu Verwaltungsleistun-

gen (OZG). Das Gesetz soll das Auffinden von und den Zugang zu Onlineangeboten der Ver-

waltung verwaltungsübergreifend, medienbruch- und barrierefrei über einheitliche Nutzerkon-

ten ermöglichen. Hierzu sollen die Verwaltungsportale aller Behörden in Bund, Ländern und

Kommunen zu einem "Portalverbund" zusammengeschlossen werden. Das Gesetz regelt ver-

pflichtend, dass Bund und Länder binnen fünf Jahren nach Verkündung des Gesetzes ihre Ver-

waltungsleistungen elektronisch über Verwaltungsportale anbieten und ihre Verwaltungsporta-

le miteinander zu einem Portalverbund verknüpfen.

(80) Verwaltungsleistungen im Sinne des Gesetzentwurfes sind die elektronische Abwick-

lung von Verwaltungsverfahren und die dazu erforderliche elektronische Information des Nut-

zers und die Kommunikation mit dem Nutzer. Sie müssten verpflichtend im Verwaltungspor-

tal des Landes angeboten und mit dem Portalverbund verknüpft werden. Damit enthält der Ge-

setzentwurf nicht nur die Verpflichtung, über Verwaltungsleistungen elektronisch zu informie-

ren44, sondern die Abwicklung der Verwaltungsleistung über ein Nutzerkonto auf elektroni-

schem Weg im Verwaltungsportal zu ermöglichen. Das Land wäre daher verpflichtet, die not-

wendigen IT-Komponenten zu schaffen, um bestehende elektronische Verwaltungsverfahren

über das Verwaltungsportal abwickeln zu können. Dies würde bedeuten, dass die elektroni-

43 BR-Drs. 814/1/16: Empfehlungen der Ausschüsse zum Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des bundes-staatlichen Finanzausgleichssystems ab dem Jahr 2020 und zur Änderung haushaltsrechtlicher Vorschriften, S.29.

44 Das E-Government-Gesetz Mecklenburg-Vorpommern verpflichtet bereits dazu, einen Zugang für die Über-mittlung von Dokumenten in elektronischer Form anzubieten. Zudem besteht die Verpflichtung, über Aufga-ben, Anschrift, Geschäftszeiten sowie postalische, telefonische und elektronische Erreichbarkeiten im zentra-len Informationssystem des Landes zu informieren und notwendige Formulare darüber bereitzustellen. Reali-siert wird dies über das Dienstleistungsportal Mecklenburg-Vorpommern. Dort finden sich Informationen zuden Verwaltungsverfahren sowie Angaben zur zuständigen Stelle.

42

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schen Fachverfahren an das Verwaltungsportal angebunden werden müssten. Dies könnte er-

hebliche Investitionen erfordern. Soweit Verwaltungsleistungen bisher noch nicht oder nur

teilweise elektronisch abgewickelt werden, müssten hierfür zunächst die Voraussetzungen ge-

schaffen werden. Die Verpflichtung enthält daher ein erhebliches finanzielles Risiko für den

Landeshaushalt. Zudem würde umfänglich in die Organisationshoheit des Landes eingegriffen

werden.

(81) Die Steuerungsmöglichkeiten des Bundes werden durch den Gesetzentwurf gestärkt.

Er könnte bei der Ausführung von Bundesrecht durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des

Bundesrats die Verwendung bestimmter IT-Komponenten verbindlich vorgeben. Die Länder

könnten von der Regelung durch Landesrecht abweichen, soweit sie für den Betrieb im Portal-

verbund geeignete IT-Komponenten bereitstellen. Soweit diese IT-Komponenten nicht beste-

hen, wären sie verpflichtet, die technischen und organisatorischen Voraussetzungen zu schaf-

fen. Zu den IT-Komponenten zählen IT-Anwendungen, Basisdienste, Schnittstellen und Stan-

dards, aber auch die Hardware, die für die Anbindung an den Portalverbund, für den Betrieb

des Portalverbundes und für die Abwicklung der Verwaltungsleistungen im Portalverbund er-

forderlich sind. Der Bund würde einen erheblichen Einfluss auf die Gestaltung der IT-Infra-

struktur (Software, Hardware, Basisdienste) sowie die IT-Strategie des Landes erhalten. Für

den Landeshaushalt entstünde ein hohes finanzielles Risiko.

(82) Der Gesetzentwurf enthält in Einklang mit Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG und dem Regelungs-

entwurf zur Änderung des Art. 91c GG45 dem Wortlaut nach keine Verpflichtung für Gemein-

den und Gemeindeverbände. Nach dem beabsichtigten Zweck des Gesetzes, nämlich einen

einheitlichen Zugang zu allen Verwaltungsleistungen anzubieten, könnte aber darauf geschlos-

sen werden, dass Kommunen von der Verpflichtung umfasst werden sollen. Kommunen sind,

insbesondere in den Ländern ohne staatliche Mittelebene der Verwaltung mit ausgeprägter

Kommunalisierung staatlicher Aufgaben – wie z. B. Mecklenburg-Vorpommern –, die Haupt-

anbieter von Verwaltungsleistungen für den Bürger. Eine Nichtberücksichtigung der Kommu-

nen würde der Absicht des Gesetzgebers nach einem einheitlichen Zugang zu allen Verwal-

tungsleistungen widersprechen. Diese Sichtweise wird dadurch gestützt, dass in der Gesetzes-

begründung Kommunen neben dem Bund und den Ländern ausdrücklich aufgeführt werden.

Eine Verpflichtung der Gemeinden und Gemeindeverbände durch Bundesgesetz verstieße aber

gegen Art. 84 Abs. 1 S. 7 GG.

45 Neuregelung der ausschließlichen Gesetzgebungskompetenz des Bundes zur Regelung eines übergreifendeninformationstechnischen Zugangs zu den Verwaltungsleistungen.

43

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Da nur das Land Adressat der Verpflichtung sein könnte, müsste es im Wege der Landesge-

setzgebung die Gemeinden und Gemeindeverbände im Land verpflichten, die elektronische

Abwicklung der Verwaltungsverfahren über das Verwaltungsportal des Landes zu ermögli-

chen. Gleiches gilt für den Fall, dass der Bund von seiner Kompetenz Gebrauch macht, mittels

Rechtsverordnung bei der Ausführung von Bundesrecht IT-Komponenten verbindlich vorzu-

geben. Da Bundesrecht im Land überwiegend auf kommunaler Ebene ausgeführt wird, müsste

das Land die technischen Anforderungen im Rahmen der Landesgesetzgebung „durchrei-

chen”. Daraus resultiert ein hohes finanzielles Risiko für die Kommunalhaushalte bzw. im

Falle von Konnexität für den Landeshaushalt.

(83) Nach der derzeitigen Fassung des Gesetzentwurfes wäre das Land verpflichtet, alle

Verwaltungsleistungen elektronisch über Verwaltungsportale anzubieten, soweit sie hierfür ge-

eignet sind. Die Frage der Wirtschaftlichkeit wird nicht erwähnt. Nach Auffassung des Lan-

desrechnungshofes sollte die Möglichkeit bestehen, auf das elektronische Angebot einer Ver-

waltungsleistung im Portalverbund verzichten zu können, wenn dies unwirtschaftlich ist.

1.3.3 Errichtung einer Anstalt öffentlichen Rechts „Föderale IT-Kooperation” (FITKO)

(84) Der IT-Planungsrat (IT-PLR) beschloss am 13.10.2016, FITKO46 (AöR) als öffentlich-

rechtliche Anstalt in gemeinsamer Trägerschaft der Länder und des Bundes zu gründen. Die

Anstalt soll Planungs-, Steuerungs- und Koordinierungsaufgaben zur Unterstützung des IT-

PLR übernehmen. Zunächst soll die Anstalt mit Personalressourcen i. H. v. 41,5 VZÄ ausge-

stattet werden. Die Rechtsaufsicht von Bund und den Ländern soll durch das Sitzland Hessen

wahrgenommen werden.

(85) Der IT-PLR hat hierzu der Konferenz des Chefs des Bundeskanzleramts mit den Chef-

innen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder einen Entwurf für eine Anpas-

sung des IT-Staatsvertrages sowie einen Entwurf für einen Errichtungsbeschluss vorgelegt.

(86) Die Prüfungsrechte der Rechnungshöfe von Bund und Ländern sollen im IT-Staatsver-

trag und dem Errichtungsbeschluss geregelt werden. Sowohl § 9 Abs. 3 des Entwurfs des ge-

änderten IT-Staatsvertrages als auch § 11 des Entwurfs des Errichtungsbeschlusses sehen vor,

dass die Rechnungshöfe der Vertragspartner die Wirtschaftsführung von FITKO prüfen. Wei-

ter heißt es in den Entwürfen: „Die Prüfung obliegt federführend dem Hessischen Rechnungs-

hof.”

46 Föderale IT-Kooperation.

44

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(87) Die entworfene Regelung über die Federführerschaft der Prüfung würde in die Unab-

hängigkeit der Finanzkontrolle eingreifen und die Rechte des Landesrechnungshofes verlet-

zen. Die Landesregierung sollte darauf einwirken, dass diese Regelung weder in den IT-Staats-

vertrag noch in den Errichtungsbeschluss aufgenommen wird.

45

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2 Anhörung des Landesrechnungshofes nach § 103 LHO zu Förderrichtli-nien

(88) Zuwendungen sollen nach VV Nr. 1.4/VV-K Nr. 1.3 zu § 44 LHO grundsätzlich nur

bewilligt werden, wenn das zuständige Ministerium Richtlinien erlassen hat, die die Voraus-

setzungen und den Umfang der Leistungen im Einzelnen festlegen. Näheres wird dazu insbe-

sondere mit VV Nr. 15.2/VV-K Nr. 14.2 zu § 44 LHO und den Grundsätzen für Förderrichtli-

nien (Anlage 5 zu VV zu § 44 LHO) geregelt.

(89) Der Landesrechnungshof ist zu den Richtlinienentwürfen nach § 103 LHO anzuhören.

In Bezug auf Regelungen, die den Verwendungsnachweis oder die Prüfung durch den Landes-

rechnungshof betreffen, ist Einvernehmen nach § 44 Abs. 1 Satz 4 LHO herzustellen. In die-

sem Verfahren soll der Landesrechnungshof regelmäßig erst beteiligt werden, wenn zum

Richtlinienentwurf bereits das Einvernehmen mit dem Finanzministerium hergestellt wurde.

(90) Die Verbesserung der Qualität der Förderrichtlinien ist zwingend notwendig. Bei

Richtlinien handelt es sich um besondere Verwaltungsvorschriften, die sich an die mit der Be-

willigung von Zuwendungen befassten Mitarbeiter richten und verbindlich festlegen, wie in

einem bestimmten Förderbereich bei der Ausübung des Ermessens zu verfahren ist47. Je besser

die Förderrichtlinien sind, um so geringer ist die Gefahr einer fehlerhaften Anwendung im Zu-

wendungsverfahren. Damit können finanzielle Nachteile für den Landeshaushalt u. U. redu-

ziert werden.

2.1 Umfang der dem Landesrechnungshof vorgelegten Richtlinienentwürfe

(91) Der Landesrechnungshof hatte sich zuletzt in seinem Jahresbericht 201348 zur Anhö-

rung zu Förderrichtlinien geäußert. Während in den Jahren 2010 bis 2013 durchschnittlich rd.

32 Richtlinienentwürfe vorgelegt wurden, waren es danach 49 Richtlinienentwürfe im Jahr

2014, 45 Richtlinienentwürfe im Jahr 2015 und noch 36 Richtlinienentwürfe im Jahr 2016.

Dies war insbesondere der neuen EU-Förderperiode geschuldet.

(92) Aufgrund der Vielzahl neu zu erarbeitender Förderrichtlinien gingen die Ressorts auch

teilweise wieder dazu über, den Landesrechnungshof um parallele Prüfung der Entwürfe zu

bitten, d. h. dass das Einvernehmen des Finanzministeriums noch nicht vorlag und die Res-

sorts oft auch noch nicht alle notwendigen Unterlagen, wie z. B. die Musterbescheide, vorle-

47 Dittrich, N.: Kommentar zur Bundeshaushaltsordnung, Erl. Nr. 6.7 zu § 44 BHO.48 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Jahresbericht 2013, (Teil 2) – Landesfinanzbe-

richt 2013, Tz. 578 ff.

46

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gen konnten. Auch aus diesen Gründen waren Ende des Jahres 2014 25 der 49 eingegangenen

Richtlinienentwürfe noch nicht abschließend bearbeitet.

(93) Darunter waren z. B. sechs Richtlinien49 des Landwirtschaftsministeriums50 für Agrar-

umwelt- und Klimamaßnahmen, deren erste Entwürfe im September bzw. Dezember 2014

eingingen. Im Oktober 2015 legte das Ministerium zu allen sechs Richtlinien neue Entwürfe

vor, zu denen angekündigt wurde, dass die Musterbescheide nachgereicht würden. Die Mus-

terbescheide gingen dann letztlich am 04.01.2016 beim Landesrechnungshof ein. Diese sechs

Richtlinienentwürfe konnten damit abschließend erst 2016 bearbeitet werden.

(94) Obwohl vom Landesrechnungshof im Jahr 2015 52 Richtlinienentwürfe abschließend

bearbeitet worden waren, mussten noch die sechs Eingänge aus 2014 und zwölf Eingänge aus

2015 in das Jahr 2016 mitgenommen werden. Das hat zu Bearbeitungszeiten geführt, die auch

aus Sicht des Landesrechnungshofes für einzelne Richtlinien unangemessen lang waren.

(95) Der Landesrechnungshof hat sich daher mit Schreiben vom 09.10.2015 und

28.06.2016 an alle Ressorts gewandt. Er hat mit dem ersten Schreiben darum gebeten, die För-

derrichtlinienentwürfe vor Übersendung einer „internen Qualitätssicherung zu unterziehen“

und nur vollständig mit allen Unterlagen einschließlich des Einvernehmens des Finanzminis-

teriums an den Landesrechnungshof zu senden. Mit dem zweiten Schreiben musste der Lan-

desrechnungshof feststellen, dass sich die Situation nicht wesentlich geändert hat und teilte al-

len Ressorts mit, dass er „ab Juli 2016 alle Entwürfe von Richtlinien, die nicht mit den voll-

ständigen Vordrucken und Mustern (Antragsformular, Musterbescheid, Mittelanforderung und

Verwendungsnachweisformular) bzw. ohne das Schreiben des Finanzministeriums zur Her-

stellung des Einvernehmens eingehen, unbearbeitet“ zurücksendet.

(96) Dies und organisatorische Maßnahmen innerhalb des Landesrechnungshofes haben

dazu geführt, dass alle Richtlinienentwürfe, die bis 31.12.2016 beim Landesrechnungshof ein-

gegangen waren, bis Februar 2017 bearbeitet werden konnten und somit überlange Bearbei-

tungszeiten künftig – in Abhängigkeit von der Anzahl der Richtlinienentwürfe, die relativ

gleichzeitig beim Landesrechnungshof eingehen – vermieden werden können.

49 Richtlinie zur Förderung der Einführung und Beibehaltung des ökologisch/biologischen Landbaus (Extensi-vierungsrichtlinie), Richtlinie zur Förderung der extensiven Bewirtschaftung von Dauergrünlandflächen (Ex-tensive Dauergrünlandrichtlinie), Richtlinie zur Förderung der naturschutzgerechten Bewirtschaftung vonGrünlandflächen (Naturschutzgerechte Grünlandnutzungrichtlinie), Richtlinie zur Förderung von umwelt-schonenden Produktionsverfahren und biodiversitätsfördernden Maßnahmen im Obst- und Gemüsebau (Obstund Gemüsebaurichtlinie), Richtlinie zur Förderung des Anbaus von vielfältigen Kulturen im Ackerbau (Viel-fältige Kulturen Richtlinie), Richtlinie zur Förderung der Bereitstellung von Strukturelementen auf demAckerland (Strukturelementerichtlinie).

50 Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz.

47

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2.2 Qualität der vorgelegten Richtlinienentwürfe

(97) Der Landesrechnungshof konnte auch nach seinen Ausführungen im Jahresbericht

2013 und dem dazu vom Landtag beschlossenen51 erneuten Ersuchen52 an die Landesregierung

keine wesentliche Verbesserung der Qualität der Richtlinienentwürfe feststellen.

Die Richtlinien entsprechen zwar fast vollständig der Gliederung der Grundsätze für Förder-

richtlinien53, berücksichtigen die Regelungen der Grundsätze und der Verwaltungsvorschriften

zu § 44 LHO jedoch nicht durchgängig.

(98) Nach Nr. 2 der Grundsätze für Förderrichtlinien müssen sich diese im Rahmen der Ver-

waltungsvorschriften zu § 44 LHO halten. „Demgemäß sind nur förderspezifische Besonder-

heiten, insbesondere Anweisungen zum Verfahren, notwendige Ergänzungen zu den VV/VV-K

und – nur soweit unumgänglich – von den VV/VV-K abweichende Vorschriften in den Richtli-

nien zu regeln.“

Dennoch werden in Richtlinienentwürfen sehr häufig Regelungen der VV/VV-K wiederholt.

In anderen Fällen wird es versäumt, abweichende Regelungen in die Richtlinien aufzunehmen.

2.2.1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

(99) Nach Nr. 2.1 der Grundsätze für Förderrichtlinien soll mit der Richtlinie die im Haus-

halt ausgewiesene Zweckbestimmung durch die Beschreibung des Zuwendungszwecks präzi-

siert und erläutert werden. Dabei müssen die Zielvorstellungen so eindeutig bestimmt sein,

dass sie später als Vergleichsbasis für die Messung und Bewertung des Programmerfolgs die-

nen können.

Es kommt vor, dass bereits hier Zuwendungsempfänger oder Voraussetzungen definiert wer-

den. Eine Vergleichsbasis mit Blick auf den Programmerfolg ist den Formulierungen überwie-

gend nicht zu entnehmen.

(100) In Bezug auf die in den Richtlinien zitierten Rechtsvorschriften wird immer wieder

festgestellt, dass nicht die aktuellen Rechtsvorschriften zitiert werden. Darüber hinaus sollte

immer kritisch geprüft werden, welche Rechtsvorschriften notwendiger Weise zu benennen

sind.

51 Beschluss des Landtages am 12.11.2014, Plenarprotokoll 6/80, S. 27-36. 52 Drs. 6/3418, Beschlussempfehlung und Bericht des Finanzausschusses, Nr. 1.2.1 lit. f.).

„Die Landesregierung wird ersucht, die Anhörungsverfahren mit dem Landesrechnungshof nach § 103 Lan-deshaushaltsordnung zu Förderrichtlinien zu verbessern, um lange Genehmigungszeiten und Mehraufwandzu vermeiden.“

53 Anlage 5 zu § 44 LHO.

48

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(101) Bei der Formulierung der Musterbescheide sollte besonders sorgfältig mit Verweisen

auf Rechtsvorschriften umgegangen werden. Der Landesrechnungshof weist dazu z. B. häufig

darauf hin, dass

• der Verweis auf § 23 LHO nicht sachgerecht ist, da mit § 23 LHO zwar die Veran-

schlagung, nicht jedoch die Bewilligung von Zuwendungen geregelt wird, sowie

• §§ 48, 49 und 49a VwVfG die Rücknahme bzw. den Widerruf von Verwaltungsakten

sowie die Erstattung und Verzinsung regeln, jedoch nicht den Erlass von Zuwen-

dungsbescheiden betreffen.

Darüber hinaus ist ein bloßer Verweis auf Gesetze oder Verordnungen, insbesondere auf die

jeweilige Richtlinie in der Regel nicht geeignet, den Zuwendungsempfänger z. B. an ein be-

stimmtes Tun oder Unterlassen zu binden.

2.2.2 Gegenstand der Förderung

(102) Gemäß Nr. 2.2 der Grundsätze für Förderrichtlinien ist unter Gegenstand der Förde-

rung anzugeben, welche Maßnahmen im Einzelnen gefördert werden sollen. Der Landesrech-

nungshof muss dazu oft darauf hinweisen, dass in den Richtlinienentwürfen entweder keine

Maßnahmen benannt werden oder die Maßnahmen sehr unspezifisch gefasst sind.

Von den Ressorts wird häufig darauf verwiesen, dass eine genauere Beschreibung der Maß-

nahmen nicht möglich sei, da sehr vielfältige Projekte gefördert werden sollen, die dem Zu-

wendungszweck entsprechen.

Spätestens jedoch im Zuwendungsbescheid sind dann konkrete Maßnahmen zu benennen und

nicht – wie teilweise in Musterbescheiden – die unkonkrete Formulierung aus der Richtlinie

zu übernehmen.

2.2.3 Zuwendungsempfänger

(103) Nach Nr. 2.3 der Grundsätze für Förderrichtlinien soll jede Förderrichtlinie den Kreis

der Zuwendungsempfänger abschließend bezeichnen.

In einigen Fällen wurden die potentiellen Zuwendungsempfänger

• nicht eindeutig bezeichnet,

• so bezeichnet – ob bewusst oder unbewusst – dass Zuwendungsempfänger in einer

bestimmten Rechtsform ausgeschlossen sind.

49

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Teilweise werden unter Nr. 3 des Richtlinienentwurfs auch Zuwendungsvoraussetzungen for-

muliert.

(104) Im Zusammenhang mit den Zuwendungsempfängern sind auch zu den Musterbeschei-

den häufig Hinweise des Landesrechnungshofes erforderlich. Nach VV Nr. 4.2.1 zu § 44 LHO

muss der Zuwendungsbescheid die genaue Bezeichnung des Zuwendungsempfängers enthal-

ten. Da juristische Personen im Verwaltungsverfahren gemäß § 12 Abs. 1 Nr. 3 VwVfG M-V

durch ihre gesetzlichen Vertreter oder durch besondere Beauftragte handlungsfähig sind, ist

zudem der verantwortliche Vertreter zu benennen.

„Der Adressat ist im Anschriftenfeld vollständig und genau zu bezeichnen. […] Bei juristi-

schen Personen ist zudem der verantwortliche Vertreter anzugeben. […] Bei der Bezeichnung

des Vertreters ist die namentliche Nennung der verantwortlichen natürlichen Person notwen-

dig.“54

Ob dies berücksichtigt wird, ist den Musterbescheiden teilweise nicht zu entnehmen.

(105) In verschiedenen Förderbereichen wird die Möglichkeit genutzt, dass ein Zuwendungs-

empfänger als Erstempfänger die Zuwendung ganz oder teilweise weiterleiten kann. Dazu ent-

hält VV Nr. 12 zu § 44 LHO eine Reihe von Regelungen, die sehr unterschiedlich beachtet

werden. Spätestens mit dem Bescheid an den Erstempfänger ist eindeutig zu regeln, was er für

den Bescheid an bzw. den privatrechtlichen Vertrag mit dem Letztempfänger zu berücksichti-

gen hat. Die Regelungen sind oft unvollständig oder fehlen sogar völlig. Häufig wird z. B.

nicht beachtet, dass es sich bei Erst- und Letztempfänger in unterschiedlichen Konstellationen

um kommunale und nicht-kommunale Zuwendungsempfänger handeln kann, sodass unter-

schiedliche Allgemeine Nebenbestimmungen – ANBest-K bzw. ANBest-P – gelten, die zum

Bestandteil des Bescheides zu machen sind und daher der Bescheid u. U. abweichende Rege-

lungen zu den jeweils einschlägigen enthalten muss.

(106) In einigen Fällen wird der Begriff „Weiterleitung“ in den Vordrucken und Mustern

fälschlicher Weise für Ausgaben verwendet, die dem Zuwendungsempfänger im Zusammen-

hang mit vom ihm vergebenen Aufträgen entstehen. Hier handelt es sich nicht um die Weiter-

leitung der Zuwendung.

54 Krämer, E./Schmidt, J.: Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis, Abschn. D X 1.1.

50

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2.2.4 Zuwendungsvoraussetzungen

(107) Nach Nr. 2.4 der Grundsätze für Förderrichtlinien sind in die Förderrichtlinie nur die

Voraussetzungen aufzunehmen, die zusätzlich oder abändernd zu den Bewilligungsvorausset-

zungen nach VV/VV-K Nr. 1 zu § 44 LHO zu beachten sind.

Der Landesrechnungshof stellt dennoch häufig fest, dass bereits in den VV/VV-K geregelte

Voraussetzungen in die Richtlinie übernommen werden.

(108) Darüber hinaus ist wiederholt festzustellen, dass Zuwendungsvoraussetzungen so for-

muliert sind, dass es sich nicht tatsächlich um Voraussetzungen handelt, da das Vorliegen der

Voraussetzung nicht geprüft werden kann oder der Zuwendungsempfänger lediglich eine Ab-

sichtserklärung zu einem späteren Tun oder Unterlassen abgeben soll. In letzteren Fällen han-

delt es sich um sonstige Zuwendungsbestimmungen, die unter dieser Rubrik in der Richtlinie

zu regeln und in den Zuwendungsbescheid zu übernehmen sind.

(109) Bei seinen Prüfungen stellt der Landesrechnungshof teilweise fest, dass das Antrags-

formular nicht vollständig ist. Nach VV/VV-K Nr. 3.1 zu § 44 LHO müssen Anträge auf Zu-

wendungen die zur Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Zuwendung erfor-

derlichen Daten enthalten. Dazu gehört dann auch, dass dem Antrag alle notwendigen Anga-

ben zu entnehmen sein müssen, die für die Prüfung notwendig sind, ob die in der Richtlinie

geregelten Voraussetzungen beim potentiellen Zuwendungsempfänger gegeben sind. Es wird

teilweise aber auch festgestellt, dass vom Zuwendungsempfänger mit dem Antragsformular

Angaben oder Nachweise gefordert werden, zu denen der Richtlinienentwurf keine Regelung

enthält.

2.2.5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

(110) In Nr. 2.5 der Grundsätze für Förderrichtlinien ist geregelt, dass in der Richtlinie unter

diesem Abschnitt festzulegen ist, welche

• Zuwendungsart (institutionelle Förderung, Projektförderung),

• Finanzierungsart (Teilfinanzierung – Anteilfinanzierung, Fehlbedarfsfinanzierung,

Festbetragsfinanzierung – oder Vollfinanzierung) und

• Finanzierungsform (Zuschuss oder Darlehen)

für die konkrete Förderung anzuwenden sind. Um eine einheitliche Entscheidungspraxis si-

cherzustellen, sind in der Förderrichtlinie darüber hinaus die zuwendungsfähigen Ausgaben

möglichst konkret zu bezeichnen.

51

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(111) Bei diesen wichtigen Regelungen der Förderrichtlinien stellt der Landesrechnungshof

immer wieder fest, dass z. B. die zuwendungsrechtlichen Begriffe nicht sicher angewendet

werden und etwa Finanzierungsart und -form begrifflich verwechselt werden.

(112) Die Bezeichnung der zuwendungsfähigen Ausgaben genügt teilweise nicht den Anfor-

derungen. Eine Formulierung wie „zuwendungsfähig sind die notwendigen Sach- und Perso-

nalausgaben“ entspricht nicht einer konkreten Bezeichnung.

Außerdem werden auch bei der Bezeichnung der zuwendungsfähigen Ausgaben überflüssige

oder teilweise auch falsche Regelungen aufgenommen. In verschiedenen Richtlinienentwürfen

gab es z. B. Formulierungen wie die „Mehrwertsteuer ist nicht erstattungsfähig“ oder „nicht

förderfähig“. Zum einen ist im Zusammenhang mit Ausgaben auf die Zuwendungsfähigkeit

und nicht Erstattungs- oder Förderfähigkeit abzustellen. Zum anderen ist bereits in VV

Nr. 2.6/VV-K Nr. 2.7 zu § 44 LHO geregelt, dass die Umsatzsteuer nicht zu den zuwendungs-

fähigen Ausgaben gehört, soweit sie als Vorsteuer abziehbar ist. Auch für Zuwendungen aus

Mitteln der EU ist mit Blick auf Art. 69 Abs. 3 lit. c) Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des eu-

ropäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 die Notwendigkeit einer geson-

derten Regelung nicht ersichtlich.

(113) Darüber hinaus wird häufig nicht beachtet, dass die zuwendungsrechtlichen Regelun-

gen in Mecklenburg-Vorpommern keine Zuwendungen auf Kostenbasis vorsehen. Daher ist in

den Regelungen zu beachten, dass eindeutig ist, welche Kosten u. U. der Bemessung der zu-

wendungsfähigen Ausgaben zugrunde gelegt werden sollen.

(114) Weiterhin gibt es u. a. immer wieder Probleme mit den Begriffen „Eigenmittel“ und

„Eigenleistung“. Nr. 1.2 ANBest-P/ANBest-K ist zu entnehmen, dass alle „mit dem Zuwen-

dungszweck zusammenhängenden Einnahmen (insbesondere Zuwendungen, Leistungen Drit-

ter) und der Eigenanteil des Zuwendungsempfängers“ als Deckungsmittel für alle Ausgaben

einzusetzen sind. Auch wenn die VV/VV-K keine Definition der Eigenmittel enthalten, ist da-

von auszugehen, dass unter Eigenmittel (oder wie in den ANBest-P/ANBest-K: Eigenanteil)

alle Geldbeträge des Zuwendungsempfängers zu verstehen sind, die er für die Finanzierung

der Maßnahme einsetzt. Dazu gehören auch Bankdarlehen.

Eigenleistungen – der Wert von Sachen, die der Zuwendungsempfänger zur Verfügung stellt

oder Eigenarbeitsleistungen – gehören bei enger Auslegung nicht zu den Eigenmitteln. Da Zu-

wendungen auf Ausgabenbasis bewilligt werden, wären Eigenleistungen nach einer engen

Auslegung der VV zu § 44 LHO nicht zuwendungsfähig. Der Landesrechnungshof schließt

sich jedoch der Auffassung an, dass – soweit dies förderpolitisch sinnvoll und gewollt ist –

52

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auch unbare Leistungen als zuwendungsfähige Ausgaben anerkannt werden können. Unbare

Leistungen sind keine Ausgaben, sondern lediglich fiktive Ausgaben. Die Formulierungen

sollten in diesem Fall darauf abstellen, dass unbare Leistungen als zuwendungsfähige Ausga-

ben anerkannt werden können55. Eigenarbeitsleistungen können jedoch nur anerkannt werden,

wenn der Nachweis der Eigenarbeitsleistung und deren Bewertung im Antrag, im Bewilli-

gungsbescheid und im Verwendungsnachweis ausdrücklich vorgeschrieben ist.

Dabei erweisen sich Regelungen insbesondere als problematisch, wenn – wie teilweise bei der

Förderung von Baumaßnahmen in bestimmten Bereichen – bundesrechtliche Regelungen zu

beachten sind, in denen die Begriffe in anderer Weise verwendet werden.

(115) Bei der Wahl der Finanzierungsart werden teilweise bestimmte Voraussetzungen und

Folgen der konkreten Finanzierungsart nicht vollständig beachtet. So kommen z. B. bei der

Festbetragsfinanzierung Einsparungen oder nicht vorgesehene Finanzierungsbeiträge Dritter

regelmäßig nur dem Zuwendungsempfänger zugute. Eine Festbetragsfinanzierung kommt da-

her nach VV/VV-K Nr. 2.2.3 zu § 44 LHO nur in Betracht, wenn mit Einsparungen oder nicht

bestimmbaren späteren Einnahmen grundsätzlich nicht zu rechnen ist.56 Die Festbetragsfi-

nanzierung kann jedoch insbesondere aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung in Betracht

kommen.

Die vorgelegten Richtlinienentwürfe lassen aber zum Teil keine Verwaltungsvereinfachung

erkennen. So wird z. B. der Finanzierungsplan mit dem Zuwendungsbescheid zum Bestandteil

des Bescheides erklärt oder Abweichungen bei den zuwendungsfähigen Ausgaben unter den

Vorbehalt der vorherigen Zustimmung durch die zuständige Behörde gestellt, obwohl der Fi-

nanzierungsplan bei Festbetragsfinanzierung nicht verbindlich ist (Nr. 1.2 ANBest-P).

2.2.6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

(116) Gemäß Nr. 2.6 der Grundsätze für Förderrichtlinien sind unter diesem Abschnitt die

Nebenbestimmungen zu konkretisieren, die förderspezifischer Natur sind und als besondere

Nebenbestimmungen in den jeweiligen Zuwendungsbescheid aufzunehmen sind (VV/VV-K

Nr. 5 zu § 44 LHO). „Insbesondere ist auch zu regeln, mit welchen speziellen Auflagen die

Zuwendungsempfänger zu verpflichten sind, um eine spätere Erfolgsmessung und -bewertung

zu ermöglichen.“

55 Siehe Krämer, E./Schmidt, J.: Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis, Kommentar, Abschn. D III 2.5 undD IV 1 sowie Dittrich, N.: Kommentar zur Bundeshaushaltsordnung, Erl. Nr. 14 zu § 44, Erl. Nr. 27.16 undNr. 27.17 zu § 44 BHO.

56 Siehe Krämer, E./Schmidt, J.: Zuwendungsrecht und Zuwendungspraxis, Abschn. D V 3.2 und 4.2.3.1.

53

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(117) Bei den Zuwendungsbestimmungen werden immer wieder Mängel sowohl in Bezug

auf Formulierungen in den Richtlinienentwürfen als auch in den Zuwendungsbescheiden fest-

gestellt. Spezielle Auflagen in Bezug auf die Erfolgsmessung und -bewertung sind nicht im-

mer zu finden. Kritikwürdig erscheint auch, wenn die Richtlinie und der Bescheid z. B. Rege-

lungen zur zeitlichen Bindung von mit der Zuwendung errichteten Gebäuden enthalten, es je-

doch keine Regelung dazu gibt, wie der Zuwendungsempfänger nach Vorlage des Verwen-

dungsnachweises bis zum Ende der Zweckbindungsfrist von z. B. 15 Jahren Nachweise dazu

zu erbringen hat.

(118) In diesem Abschnitt – spätestens jedoch im Musterbescheid – sind auch die von den

ANBest abweichenden Regelungen z. B. in Bezug auf den Verwendungsnachweis zu treffen.

Unabhängig von den konkreten Regelungen der einzelnen Richtlinien sind die ANBest zum

Bestandteil des Zuwendungsbescheides zu machen. Daher ist es notwendig z. B. das von den

ANBest abweichende Anforderungsverfahren eindeutig zu regeln. Das ist u. a. zwingend er-

forderlich, wenn die Zuwendung nicht in Teilbeträgen für künftige Zahlungen des Zuwen-

dungsempfängers, sondern nur nach Vorlage des Verwendungsnachweises oder in Teilbeträgen

nach Vorlage von Belegen und Zahlungsnachweisen für bereits geleistete Ausgaben angefor-

dert werden kann. Für den Zuwendungsempfänger muss unmissverständlich sein, welche Ne-

benbestimmungen er zu beachten hat.

(119) Nicht selten werden mit den Musterbescheiden auch die Förderrichtlinien für verbind-

lich erklärt oder dem Zuwendungsempfänger wird bereits mit dem Antrag eine Erklärung ab-

verlangt, dass ihm die Regelungen der Richtlinie bekannt sind. Bei Richtlinien handelt es sich

jedoch um besondere Verwaltungsvorschriften, die sich an die mit der Bewilligung von Zu-

wendungen befassten Mitarbeiter richten und für diese verbindlich festlegen, wie in einem be-

stimmten Förderbereich bei der Ausübung des Ermessens zu verfahren ist.57 Den Zuwen-

dungsempfänger binden sie jedoch nicht.

2.2.7 Verfahren

(120) In diesem Abschnitt ist das gesamte Zuwendungsverfahren vom Antrag bis zum Ver-

wendungsnachweis konkret zu regeln. Auch dabei sind nur die von den VV/VV-K abweichen-

den Regelungen aufzunehmen und somit z. B. Regelungen zur Schriftform von Antrag und

Bescheid entbehrlich.

57 Siehe Dittrich, N.: Kommentar zur Bundeshaushaltsordnung, Erl. Nr. 6.7 zu § 44 BHO.

54

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(121) Anlass zu Kritik im Zusammenhang mit den Antragsverfahren gibt bei der Projektför-

derung nach VV/VV-K Nr. 3.2.1 zu § 44 LHO oft der mit dem Antrag vorzulegende Fi-

nanzierungsplan (aufgegliederte Berechnung der mit dem Zuwendungszweck zusammenhän-

genden Ausgaben mit einer Übersicht über die beabsichtigte Finanzierung). Hier zeigen sich

häufig die bereits bei den Regelungen zu den zuwendungsfähigen Ausgaben dargestellten Un-

sicherheiten im Umgang mit zuwendungsrechtlichen Begriffen.

(122) Nach Nrn. 2.7.3 und 2.7.4 der Grundsätze für Förderrichtlinien können Abweichungen

zu den VV/VV-K zu § 44 LHO beim Anforderungs- und Auszahlungsverfahren und beim Ver-

wendungsnachweisverfahren nur in begründeten Fällen zugelassen werden. In der Praxis sind

diese Regelungen jedoch bei Zuwendungen aus Mitteln der EU wegen des Erstattungsprin-

zips, bei Bewilligung von Zuwendungen mit Pauschalen oder bei der Mikroförderung unum-

gänglich. Hierbei ist es teilweise problematisch, spezielle EU-Regelungen mit den zuwen-

dungsrechtlichen Regelungen der LHO in Übereinstimmung zu bringen.

(123) Insbesondere bei Förderrichtlinien im Landwirtschaftsbereich wird bei Regelungen für

EU-Förderungen der Begriff „Zahlungsantrag“ verwendet. Nach den Regelungen der VV/VV-

K zu § 44 LHO handelt es sich jedoch um eine Mittelanforderung (siehe VV/VV-K Nr. 7 zu

§ 44 LHO). Die Mittel werden aufgrund des bestandskräftigen Zuwendungsbescheides ge-

zahlt, der sowohl für den Zuwendungsgeber als auch für den Zuwendungsempfänger verbind-

lich ist. Mit der Mittelanforderung wird kein Antrag gestellt, es ist kein Bescheid zu erlassen.

Wenig hilfreich ist dabei auch, dass der Begriff „Zahlungsantrag“ in den Regelungen der EU

unterschiedlich definiert ist. Nach Artikel 2 Nr. 22 Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des euro-

päischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 201358 ist der Begriff „Zahlungsan-

trag“ wie folgt definiert:

„22. 'Zahlungsantrag' eine Zahlungsaufforderung oder Ausgabenerklärung, die der Mitglied-

staat bei der Kommission einreicht“.

Eine andere Definition findet sich Art. 2 Abs. 1 Nr. 4 der Delegierten Verordnung (EU)

Nr. 640/201459:

58 Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 mit ge-meinsamen Bestimmungen über den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozi-alfonds, den Kohäsionsfonds, den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichenRaums und den Europäischen Meeres- und Fischereifonds sowie mit allgemeinen Bestimmungen über denEuropäischen Fonds für regionale Entwicklung, den Europäischen Sozialfonds, den Kohäsionsfonds und denEuropäischen Meeres- und Fischereifonds und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1083/2006 des Rates.

59 Delegierten Verordnung (EU) Nr. 640/2014 vom 11. März 2014 zur Ergänzung der Verordnung (EU)Nr. 1306/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates in Bezug auf das integrierte Verwaltungs- undKontrollsystem und die Bedingungen für die Ablehnung oder Rücknahme von Zahlungen sowie für Verwal-

55

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„4. 'Zahlungsantrag': Antrag eines Begünstigten auf eine Zahlung durch die nationalen Be-

hörden im Rahmen der Verordnung (EU) Nr. 1305/201360.“

(124) Das Ministerium führte in seiner Stellungnahme aus, dass Abstimmungsbedarf des

Landesrechnungshofes mit der Normprüfstelle im Justizministerium gesehen werde, „da die

im Bericht gemachten Ausführungen zur inhaltlichen Qualität der Richtlinienentwürfe des LM

teilweise im Widerspruch zu den Vorgaben der Normprüfstelle stehen.“

(125) Der Landesrechnungshof weist dazu darauf hin, dass der Maßstab für die Äußerungen

bei der Anhörung und bei der Herstellung des Einvernehmens zu den Regelungen des Verwen-

dungsnachweises immer die Regelungen der LHO und der VV zur LHO sind. Die Normprüf-

stelle nimmt im Zusammenhang mit dem Erlass von Verwaltungsvorschriften eine andere Auf-

gabe wahr.

Ein Abstimmungsbedarf des Landesrechnungshofes mit der Normprüfstelle wird daher nicht

gesehen, da die Normprüfstelle Teil der Landesverwaltung ist, zu deren Richtlinienentwürfen

der Landesrechnungshof sein Einvernehmen erteilen soll bzw. angehört wird. Unabhängig da-

von hat es eine derartige Abstimmung in der Vergangenheit jedoch gegeben, z. B. als die

Normprüfstelle die Ministerien wiederholt aufforderte, für die Standardklausel eine von

Nr. 2.7.5 der Grundsätze für Förderrichtlinien abweichende Formulierung zu wählen. Die Ver-

wendung der abgestimmten neuen Formulierung der Standardklausel hat der Landesrech-

nungshof danach nicht mehr kritisiert.

(126) Teilweise wird auch der Begriff Mittelabruf verwendet, obwohl offensichtlich kein Ab-

rufverfahren geregelt werden soll. Die Begriffe „Mittelabruf“ und „Mittelanforderung“ stehen

für unterschiedliche Verfahren (Abrufverfahren vgl. VV/VV-K Nr. 7.6 zu § 44 LHO, Mittelan-

forderung vgl. Nr. 1.5 ANBest-I, Nr. 1.4 ANBest-P, Nr. 1.3 ANBest-K bzw. Nr. 1.4 NBest-

Bau).

(127) Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die zuwendungsrechtlich zutreffenden

Begriffe verwendet werden sollen. Die Regelungen müssen für den Zuwendungsempfänger

eindeutig sein. Dabei ist immer zu beachten, dass die ANBest zum Bestandteil des Zuwen-

dungsbescheides zu machen sind und auch daher eine einheitliche Begriffsverwendung not-

wendig ist.

tungssanktionen im Rahmen von Direktzahlungen, Entwicklungsmaßnahmen für den ländlichen Raum undder Cross-Compliance.

60 Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 des europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Dezember 2013 überdie Förderung der ländlichen Entwicklung durch den Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklungdes ländlichen Raums (ELER) und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1698/2005.

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(128) Anlass zu Hinweisen des Landesrechnungshofes gibt es oft auch bei Förderrichtlinien

für Baumaßnahmen, da dann zusätzlich die Regelungen der ZBau und NBest-Bau zu beachten

und u. U. ergänzende oder abweichende Regelungen zu treffen sind.

(129) Ein weiteres Problem wird darin gesehen, dass bei der Erarbeitung der Richtlinienent-

würfe und der dazugehörigen Vordrucke und Muster teilweise nicht berücksichtigt wurde, dass

mit der Zehnten Änderung der VV zur LHO vom 30.06.201661 auch Regelungen der VV/VV-

K zu § 44 LHO und der ANBest-I/P/K geändert wurden. Die Änderungen betreffen insbeson-

dere die Vergabe von Aufträgen durch die Zuwendungsempfänger und die Prüfung der Ver-

wendungsnachweise durch die kommunalen Rechnungsprüfungsämter. In diesem Zusammen-

hang weist der Landesrechnungshof darauf hin, dass die Regelungen zur Vergabe von Aufträ-

gen mit der elften Änderung der VV vom 14.12.201662 erneut geändert wurden und bei Rege-

lungen zur Vergabe in den Zuwendungsbescheiden jeweils der aktuelle Wertgrenzenerlass63 zu

beachten ist.

(130) Zu Regelungen, die das Verwendungsnachweisverfahren betreffen, ist nach § 44 Abs. 1

LHO das Einvernehmen mit dem Landesrechnungshof herzustellen (siehe dazu auch Ab-

schnitt 2.3.2).

Bei abweichenden Regelungen von den VV/VV-K zu § 44 LHO sind immer wieder Wider-

sprüche zwischen der Richtlinie, dem Bescheid und dem Verwendungsnachweisformular fest-

zustellen.

Der Landesrechnungshof konnte daher im Jahr 2016 in zwei Fällen kein Einvernehmen und in

29 Fällen lediglich das Einvernehmen unter der Bedingung erteilen, dass das jeweilige Minis-

terium die Hinweise des Landesrechnungshofes beachtet. Das betraf rd. 70 % der Stellungnah-

men des Landesrechnungshofes in diesem Jahr, worin auch Stellungnahmen enthalten sind,

bei denen das Verwendungsnachweisverfahren nicht betroffen war.

(131) Der Landesrechnungshof erwartet, dass bei der Erarbeitung von Richtlinienentwürfen

künftig konsequenter die Regelungen der Grundsätze für Förderrichtlinien und die VV/VV-K

zu § 44 LHO beachtet werden. Dabei ist zu gewährleisten, dass es keine sich widersprechen-

61 Zehnte Änderung der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern vom30. Juni 2016, AmtsBl. M-V, S. 797.

62 Elfte Änderung der Verwaltungsvorschriften zur Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern vom14. Dezember 2016, AmtsBl. M-V, S. 19.

63 Vergabe öffentlicher Aufträge mit geringen Auftragswerten (Wertgrenzenerlass), VV vom 8. Dezember 2016,AmtsBl. M-V S. 1144.

57

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den Regelungen in den Richtlinienentwürfen und den zugehörigen Unterlagen, insbesondere

im Musterbescheid gibt.

2.3 Nutzung möglicher Vereinfachungen für Zuwendungsverfahren

(132) Zu Beginn der neuen Förderperiode 2014-2020 hat es Gespräche zwischen dem Fi-

nanzministerium und dem Landesrechnungshof zu notwendigen oder möglichen von den VV

zu § 44 LHO abweichenden Regelungen gegeben.

Das Finanzministerium fasste das Ergebnis der Erörterung in seinem Schreiben vom

26.03.201564 zusammen. Darin hieß es:

„Sollten zu Zwecken der Klarstellung bzw. in Anlehnung an EU-Bestimmungen von den VV

abweichende Regelungen in Richtlinien sowie in Fördergrundsätzen geplant sein, wird im

Folgenden bekannt gegeben, in welchen Bereichen des Zuwendungsverfahrens mit dem Fi-

nanzministerium und dem Landesrechnungshof grundsätzliches Einvernehmen erwartet wer-

den kann.“

In diesem Schreiben wurden Hinweise gegeben:

• zur Anwendung von vereinfachten Kostenoptionen („Pauschalen“),

• zur Möglichkeit der Mikroförderung,

• zu Vergaberegelungen,

• zum Nachweis der Verwendung und

• zur Prüfung der Verwendungsnachweise.

2.3.1 Zur Anwendung von Pauschalen

(133) Die Möglichkeit der vereinfachten Kostenoptionen (Pauschalen) wird insbesondere im

Bereich der ESF-Förderung intensiv genutzt. Dazu wurde der Landesrechnungshof im Jahr

2015 zum „Erlass des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales zur ESF-Personal-

kostenpauschale in Mecklenburg-Vorpommern (ESF-PKP)“ angehört. Nach Schriftwechsel

und Gesprächen hat sich der Landesrechnungshof zuletzt mit einer Stellungnahme vom

08.09.2015 geäußert.

64 Schreiben des Finanzministeriums vom 26.03.2015, Az.: IV-H 1005-04405-2013/007-005 „Abweichungennach Nummer 15 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu § 44 Landeshaushaltsordnung (LHO) bei der Erarbei-tung von Richtlinien und Fördergrundsätzen zu Förderungen aus den EU-Fonds“.

58

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Auf die Regelungen des Erlasses zur Anwendung der ESF-Personalkostenpauschale bauen

Regelungen in verschiedenen Richtlinien65 unmittelbar auf, bei der Erarbeitung ähnlicher För-

derrichtlinien wäre eventuell eine Orientierung an den Regelungen möglich.

Auch das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur hat am 03.02.2016 eine Richtli-

nie66 erlassen, die unter Nr. 5 „Art, Umfang und Höhe der Zuwendungen“ folgende Regelung

enthält:

„Die Höhe der Personalkostenpauschale wird durch den Erlass des Ministeriums für Arbeit,

Gleichstellung und Soziales zur ESF-Personalkostenpauschale in Mecklenburg-Vorpommern

geregelt (Erlass ESF-PKP). Der Erlass wird im Amtsblatt für Mecklenburg-Vorpommern und

zusätzlich auf der Internetplattform der Bewilligungsbehörde67 veröffentlicht.“

Bis Ende Januar 2017 war jedoch der Erlass ESF-PKP weder im Amtsblatt für Mecklenburg-

Vorpommern veröffentlicht, noch war er auf der Internetplattform der Bewilligungsbehörde

einzusehen.

(134) Das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur wies in seiner Stellungnahme

darauf hin, dass der Erlass am 24.06.2016 in Kraft gesetzt und den Bewilligungsbehörden

übersandt worden sei. „Er ist unmittelbar danach auf die Internetseite des LAGuS eingestellt

worden und kann seitdem bei den Dokumenten zu der Richtlinie B 1.7B eingesehen werden.“

(135) Das inzwischen zuständige Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit teilte

dazu mit, dass nicht beabsichtigt sei, den Erlass ESF-PKP im Amtsblatt zu veröffentlichen.

Vielmehr werde der Hinweis des Landesrechnungshofes insoweit aufgegriffen, dass das Mi-

nisterium für Bildung, Wissenschaft und Kultur gebeten werde, die Richtlinie zu ändern. Dar-

über hinaus sei der Erlass für die ESF-Förderinstrumente68, für die er zur Anwendung kom-

men soll, auf der Internetseite des LAGuS veröffentlicht.

(136) Der Erlass ESF-PKP ist zwar, wie beide Ministerien mitteilen, auf der Internetplatt-

form des LAGuS zu finden, jedoch nur unter einzelnen Richtlinien und nicht bei allen Richtli-

nien, die Bezug auf den Erlass nehmen. Hinzu kommt, dass das Dateiformat so gewählt wur-

65 Verwaltungsvorschriften des Ministeriums für Arbeit, Gleichstellung und Soziales

Richtlinie zur Förderung der Schulsozialarbeit 26. März 2015, AmtsBl. M-V S. 156, Richtlinie zur Förderungder Jugendsozialarbeit vom 26. März 2015, AmtsBl. M-V S. 153, Richtlinie zur Förderung von Integrations-projekten und zur Förderung von Familiencoaches vom 22.05.2015, AmtsBl. M-V S. 264, Richtlinie zur För-derung von Kleinprojekten vom 13.07.2015, AmtsBl. M-V S. 487.

66 Richtlinie für die Förderung von Maßnahmen zur Stärkung von Demokratie und Toleranz in Mecklenburg-Vorpommern B.1.7, VV des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur vom 3. Februar 2016, Amts-Bl. M-V S. 92, in Kraft getreten zum 1. Juli 2015.

67 Landesamt für Gesundheit und Soziales (LAGuS).68 Siehe Fn. 63.

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de, dass es nicht den genormten Standards entspricht und somit nicht plattformunabhängig

einsehbar ist. Da im Erlass u. a. jedoch Regelungen zur Höhe der Zuwendung enthalten sind,

auf die in den Richtlinien nur verwiesen wird, sollte das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit

und Gesundheit eine Veröffentlichung an „prominenterer Stelle“ prüfen.

(137) Die Möglichkeit, bei der Bewilligung von Zuwendungen Pauschalen (feste Beträge

oder Vomhundertsätze anderer zuwendungsfähiger Ausgaben) zu nutzen, gibt es auch unab-

hängig von Regelungen der EU bei Landesmitteln. Gegenwärtig ist aber immer noch eine ge-

wisse Unsicherheit bei der Nutzung dieser Instrumente bereits bei der Erarbeitung von Förder-

richtlinien zu erkennen. Die Pauschalen vereinfachen zwar den Nachweis der Verwendung

und die Prüfung des Verwendungsnachweises erheblich, da nicht mehr einzelne Ausgaben,

sondern nur die Berechnungsgrundlage nachgewiesen werden müssen. Das kann ein Multipli-

kator (eine Mengeneinheit) sein, auf dessen Grundlage der Zuwendungsbetrag ermittelt wur-

de, oder z. B. die tatsächlichen Personalausgaben, wenn eine Sachausgabenpauschale mit ei-

nem Vomhundertsatz der Personalausgaben gewährt werden soll.

(138) Die Anwendung von Pauschalen entbindet die Bewilligungsbehörde aber nicht von der

Pflicht, im Antragsverfahren nach VV/VV-K Nr. 3.3.4 zu § 44 LHO zu prüfen, ob die Gesamt-

finanzierung der Maßnahme gesichert ist. Eine „Anfinanzierung von Vorhaben, deren Ge-

samtfinanzierung nicht gesichert ist, ist unzulässig.“69

2.3.2 Zum Nachweis der Verwendung und zur Prüfung des Verwendungsnach-weises

(139) Der Nachweis der Verwendung und die Prüfung des Verwendungsnachweises sind in

VV/VV-K Nrn. 10 und 11 zu § 44 LHO geregelt.

Danach sind die Verwendungsnachweise nach den Mustern 7 bis 7c zu VV zu § 44 LHO zu

erbringen. Für die Zuwendungsempfänger ist der Verwendungsnachweis bei Projektförderung

in Nr. 6 ANBest-P/-K geregelt.

(140) So kann bei der Projektförderung ein einfacher Verwendungsnachweis (VV Nr. 5.2.3

zu § 44 LHO i. V. m. Nr. 6.6 ANBest-P) zugelassen werden

• für juristische Personen des öffentlichen Rechts und Unternehmen, bei denen das

Land Rechte nach § 53 HGrG und § 67 LHO hat und bei denen die Führung der Bü-

cher den Anforderungen genügt, sowie

69 VV Nr. 1.2/VV-K Nr. 1.1.2 zu § 44 LHO.

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• in Fällen, bei denen „aufgrund besonderer Umstände die zweckentsprechende Ver-

wendung der Zuwendung auch ohne Belege anhand einer summarischen Darstellung

der Einnahmen und Ausgaben nachprüfbar ist“.70

(141) In Richtlinienentwürfen wird teilweise der einfache Verwendungsnachweis vorgese-

hen, obwohl es eher Anhaltspunkte dafür gibt, dass die summarische Darstellung der Einnah-

men und Ausgaben ohne Vorlage von Belegen gerade in diesem Zuwendungsbereich nicht ge-

eignet ist. Das ist z. B. der Fall, wenn ein und dieselben Zuwendungsempfänger nach ver-

schiedenen Richtlinien Mittel für Projektförderungen beantragen können. Der Landesrech-

nungshof hatte daher z. B. mehrfach sein Einvernehmen zum einfachen Verwendungsnach-

weis für Richtlinien zur Gewährung von Zuwendungen an Vereine und Verbände der freien

Wohlfahrtspflege u. a. für Beratungsangebote71 verweigert. Bei einer Prüfung in diesem För-

derbereich stellte der Landesrechnungshof allerdings fest, dass trotz des versagten Einverneh-

mens der einfache Verwendungsnachweis zugelassen worden war. Dabei bestätigte sich aber

auch die Einschätzung des Landesrechnungshofes, dass der einfache Verwendungsnachweis

für diese Fälle nicht geeignet war.72

Nach Gesprächen mit dem damaligen Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales hat

der Landesrechnungshof zum Verwendungsnachweisverfahren für sechs Richtlinien zur Ge-

währung von Zuwendungen an Vereine und Verbände der freien Wohlfahrtspflege für eine

Modellphase von fünf Jahren bis 2018 sein Einvernehmen erteilt. Für den Nachweis der Ver-

wendung wird auf die Vorlage von Belegen verzichtet. Die Zuwendungsempfänger müssen

aber mit dem Verwendungsnachweis Beleglisten und Personalausgabenlisten vorlegen. Das

Ministerium hat für die Modellphase anlassunabhängige Prüfungen der Zuwendungsempfän-

ger durch das LAGuS und eine jährliche Auswertung zwischen dem LAGuS und dem Ministe-

rium zugesagt. Über den Erfolg der Modellphase wird nach einer noch ausstehenden abschlie-

ßenden Bewertung zu entscheiden sein.

(142) Zwischenzeitlich hat der Landesrechnungshof auch für andere Förderbereiche sein

Einvernehmen dazu erteilt, abweichend von Nr. 6.5 ANBest-P auf die Vorlage von Originalbe-

legen zu verzichten, wenn der Zuwendungsempfänger mit dem Verwendungsnachweis eine

„Belegliste“ vorzulegen hat. Anders als bei dem summarischen zahlenmäßigen Nachweis sind

70 VV Nr. 5.2.3 zu § 44 LHO.71 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Jahresbericht 2013, (Teil 2) – Landesfinanzbe-

richt 2013, Tz. 588.72 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2016): Jahresbericht 2015, (Teil 2) – Landesfinanzbe-

richt 2015, Tz. 487 ff.

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aus dem zahlenmäßigen Nachweis aller Einnahmen und Ausgaben Angaben zum Datum,

Empfänger/Einzahler sowie zum Grund und zum einzelnen Betrag gefordert.

Bei Prüfung dieses Nachweises lässt sich die zweckentsprechende Verwendung sowohl in Be-

zug auf den Zweck der Zahlung als auch in Bezug auf die Verwendung der Mittel innerhalb

des Bewilligungszeitraumes zumindest anhand der Angaben der Zuwendungsempfänger prü-

fen.

Ein dabei auftretendes Problem sieht der Landesrechnungshof jedoch darin, dass bei Zuwen-

dungen, die auch kommunale Zuwendungsempfänger erhalten können, an diese die gleichen

Anforderungen für den Verwendungsnachweis wie an nicht kommunale Zuwendungsempfän-

ger gestellt werden. Das widerspricht den unterschiedlichen Regelungen für den Nachweis der

Verwendung in den ANBest-P/-K. Der Landesrechnungshof fordert die Ministerien in diesen

Fällen regelmäßig auf, die Notwendigkeit für die höheren Anforderungen an den Nachweis

der Verwendung für die kommunalen Zuwendungsempfänger zu prüfen.

(143) Anlass zu Hinweisen des Landesrechnungshofes gibt es auch häufig bei der Bewilli-

gung von Zuwendungen mit Pauschalen. In Abhängigkeit von der konkreten Pauschale sind

für den Nachweis der Verwendung anstelle von Ausgaben z. B.

• bei einer Verwaltungskostenpauschale auf Grundlage eines Prozentsatzes der Perso-

nalausgaben nur die tatsächlich innerhalb des Bewilligungszeitraumes gezahlten Per-

sonalausgaben oder

• bei der Bewilligung eines festen Betrages auf Grund einer Einheit, z. B. bei einem

Zuschuss je Teilnehmer, die tatsächliche Teilnehmerzahl

nachzuweisen.

Dazu ist zu beachten, dass dieser Nachweis von den Vorgaben der ANBest-P/-K abweicht und

daher sowohl die Richtlinie als auch der Zuwendungsbescheid entsprechende eindeutige Re-

gelungen enthalten müssen.

In einem Förderbereich73 soll für Sachausgaben alternativ eine Pauschale in Höhe von einem

bestimmten Betrag je Beratungsfachkraft (40 Std./Wo.) bewilligt werden. Bei der Bewilligung

eines Festbetrages je Einheit ist lediglich der Multiplikator – hier der tatsächliche Einsatz von

Fachkräften im Bewilligungszeitraum umgerechnet auf Vollzeittätigkeit (40 Std./Wo.) – nach-

zuweisen und zu prüfen. Die beabsichtigte Regelung, dass „mit dem Verwendungsnachweis

73 Entwurf der Ersten Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Richtlinie zur Förderung von Schuldner-/Ver-braucherinsolvenzberatungsstellen in Mecklenburg-Vorpommern.

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der tatsächlich geleistete Umfang des Einsatzes der beschäftigten Fachkräfte gesondert aus-

zuweisen und die Richtigkeit zu bestätigen“ ist, wird dem nicht gerecht. Hier ist zum einen

kein prüffähiger Nachweis gefordert und zum anderen ist völlig offen, wer hier was bestätigen

soll. Darüber hinaus waren im Verwendungsnachweisvordruck unter „Sachausgabenpauscha-

le“ Angaben zu den abgerechneten Personalausgaben statt zum tatsächlichen Personaleinsatz

gefordert.

(144) Obwohl das Erstattungsprinzip im Zusammenhang mit Zuwendungen aus EU-Mitteln

bereits länger angewandt wird, sind auch dazu die beabsichtigten Regelungen in den Richtli-

nienentwürfen nicht immer fehlerfrei.

Da durch das Erstattungsprinzip jeweils vor Auszahlung mit der Mittelanforderung die Ausga-

ben und der Nachweis der tatsächlichen Zahlung zu belegen sind, ist ein Nachweis der Ver-

wendung nach Abschluss nicht in dem in den ANBest-P vorgehenem Umfang erforderlich.

(145) Auch dazu enthält das Schreiben des Finanzministeriums vom 26.03.201574 Hinweise.

Es wird u. a. erläutert, dass – soweit die Anforderungen im Erstattungsverfahren (bei Auszah-

lung) „die Qualität der Erfordernisse an das Verwendungsnachweisverfahren in finanzieller

Hinsicht erfüllen, z. B. Vorlage von Originalbelegen sowie einschlägiger Zahlungsnachwei-

sen“ – es keines gesonderten zahlenmäßigen Nachweises im Rahmen des Verwendungsnach-

weises bedarf.

„Zum Abschluss des Zuwendungsverfahrens ist in solchen Fällen ein zahlenmäßiger Nach-

weis ‚nur‛ über die Verwendung der Schlussrate zu verlangen. [...] Auf einen abschließenden

Sachbericht sowie auf den zahlenmäßigen Nachweis der Einnahmen kann nicht verzichtet

werden“.

(146) In diesem Zusammenhang haben sich der Landerechnungshof und das Finanzministeri-

um auch darauf verständigt, dass für Zuwendungen mit einem Betrag von unter 1.000 Euro

(Mikroförderung) folgendes Verfahren angewendet werden kann:

„Die Zuwendung kann als Festbetrag bewilligt werden. Der Zuwendungsantrag soll enthal-

ten, welche Maßnahme mit welcher Zielsetzung und in welcher Höhe gefördert werden soll.

Die Herleitung des Festbetrages soll während des Bewilligungsverfahrens in einem Vermerk

begründet werden.

74 Az.: IV-H 1005-04405-2013/007-005 „Abweichungen nach Nummer 15 der Verwaltungsvorschriften (VV) zu§ 44 LHO bei der Erarbeitung von Richtlinien und Fördergrundsätzen zu Förderungen aus den EU-Fonds“.

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Für die Verwendungsnachweisführung ist in solchen Fällen ein Sachbericht ohne Vorlage ei-

nes zahlenmäßigen Nachweises ausreichend.“

Bei der Mikroförderung kommt daher der Prüfung des Antrags mit der Bemessung des Festbe-

trages besondere Bedeutung zu.

2.4 Nichtbeachtung von Befristungen, Erlass von Richtlinien ohne Anhörungdes Landesrechnungshofes

(147) Das rückwirkende Inkrafttreten von Förderrichtlinien steht im Widerspruch zum Ver-

bot des vorzeitigen Maßnahmebeginns und kann Mitnahmeeffekte begünstigen.

Richtlinienentwürfe sollten daher den zu beteiligenden Stellen so rechtzeitig vorgelegt wer-

den, dass der Abstimmungsprozess vor dem beabsichtigten Inkrafttreten abgeschlossen ist.

In den letzten Jahren war allein auf Grund der Vielzahl der für die neue EU-Förderperiode zu

erarbeitenden Richtlinien das rückwirkende Inkrafttreten nicht der Ausnahmefall.

Es gab aber auch unabhängig vom Auslaufen einer Förderperiode immer wieder Fälle, in de-

nen z. B. das Außerkrafttreten einer Richtlinie nicht rechtzeitig beachtet wurde und dann sehr

kurzfristig vor Ablauf der alten Richtlinie eine Änderung – teilweise nur eine Verlängerung

der Laufzeit – oder erst nach Außerkrafttreten ein Entwurf einer Nachfolgerichtlinie vorgelegt

wurde, der dann rückwirkend in Kraft gesetzt werden sollte.

(148) So wurde dem Landesrechnungshof z. B. bereits im Jahr 2008 der Entwurf einer

„Richtlinie zur Förderung der Tierzucht“ vorgelegt, zu dem er sein Einvernehmen zum Ver-

wendungsnachweisverfahren versagte. Zuwendungen wurden auf Grund des Richtlinienent-

wurfs mit Stand 26.06.2008 jedoch bewilligt. Nach einer Prüfung der Zuschüsse für die Tier-

produktion an Tierzuchtverbände75 im Jahr 2014 legte das Ministerium die letzten Unterlagen

zur Anhörung zum Entwurf am 09.09.2015 vor. Der Landesrechnungshof versagte mit Schrei-

ben vom 08.12.2015 sein Einvernehmen zu den Regelungen des Verwendungsnachweisver-

fahrens. Nach erneuter Vorlage wurde das Einvernehmen mit Bedingungen mit Schreiben vom

25.01.2016 erteilt. Die Verwaltungsvorschrift vom 09.03.2016 wurde im Amtsblatt veröffent-

licht und trat für eine Förderung nach den Nummern 2.3 und 2.4 mit Wirkung vom 01.01.2015

und im Übrigen mit Wirkung vom 24.07.2015 in Kraft.

(149) Ein weiteres Beispiel ist die „Richtlinie zur Förderung von Maßnahmen zur Verbesse-

rung der Erzeugung und Vermarktung von Honig“, die dem Landerechnungshof mit Schrei-

75 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2015): Jahresbericht 2014 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2014, Tz. 416 ff.

64

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ben vom 05.04.2016 vorgelegt wurde, obwohl die Vorgängerrichtlinie bereits zum 31.12.2015

außer Kraft getreten war. Der Landesrechnungshof erteilte mit Schreiben vom 01.09.2016 sein

Einvernehmen ebenfalls unter der Bedingung, dass seine Hinweise zum Verwendungs-

nachweisverfahren beachtet werden. Die Richtlinie wurde als Verwaltungsvorschrift vom

12.11.2016 veröffentlicht und rückwirkend zum 01.01.2016 in Kraft gesetzt.

(150) Bei Richtlinien ist konsequent die Befristung zu beachten und rechtzeitig vor dem Au-

ßerkrafttreten – soweit erforderlich – alles Notwendige zur Verlängerung der Laufzeit oder für

eine Änderung zu veranlassen.

(151) Eine rechtzeitige Vorlage von Richtlinienentwürfen wäre natürlich auch notwendig,

wenn es neue Zuwendungszwecke gibt.

Das Landwirtschaftsministerium beantragte z. B. mit Schreiben vom 30.03.2016 beim Finanz-

ministerium die Einrichtung von zusätzlichen Titeln im Kapitel 0803 mit der Zweckbestim-

mung „Für Maßnahmen zur Förderung der Sommerweidehaltung“. Der Entwurf einer „Richt-

linie zur Förderung der Sommerweidehaltung von Rindern“ wurde dem Landesrechnungshof

jedoch erst am 15.11.2016 zur Anhörung vorgelegt.

(152) Der Landesrechnungshof musste erneut feststellen, dass Förderrichtlinien veröffent-

licht wurden, ohne dass seine Stellungnahme vorlag.

Das war z. B. im Jahr 2016 bei folgenden Richtlinien der Fall:

• Richtlinie zur Förderung von umweltschonenden Produktionsverfahren und biodiver-

sitätsfördernden Maßnahmen im Obst- und Gemüsebau (Obst- und Gemüsebauricht-

linie), Stellungnahme des Landesrechnunghofes vom 15.06.2016, Veröffentlichung

mit Verwaltungsvorschrift vom 10.06.2016,

• Richtlinie zur Förderung des Anbaus von vielfältigen Kulturen im Ackerbau (Vielfäl-

tige Kulturen Richtlinie), Stellungnahme des Landesrechnunghofes vom 13.06.2016,

Veröffentlichung mit Verwaltungsvorschrift vom 10.06.2016,

• Änderung von drei Förderrichtlinien im Bereich des Brand- und Katastrophenschut-

zes

Das Innenministerium hatte diese zur Anhörung mit Schreiben vom 27.11.2015 vor-

gelegt. Es handelte sich im Einzelnen um die:

65

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− Richtlinie zur Förderung des Brandschutzwesens (Brandschutz-Förderrichtlinie –

BrschFördRL M-V), VV vom 17.03.2005, zuletzt geändert durch VV vom

17.12.2014 (AmtsBl. M-V 2014 S. 1263),

− Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen nach § 29 Nummer 1 des Katastro-

phenschutzgesetzes (Katastrophenschutzrichtlinie 1 – KatSRL1 M-V), VV vom

19.03.2010 (AmtsBl. M-V 2010, S. 160) und

− Richtlinie zur Gewährung von Zuwendungen nach § 29 Nummer 2 des Katastro-

phenschutzgesetzes (Katastrophenschutzrichtlinie 2 – KatSRL2 M-V), VV vom

19.03.2010, geändert durch VV vom 24.03.2015 (AmtsBl. M-V 2015 S. 126).

Zur Brandschutz-Förderrichtlinie hatte der Landesrechnungshof im Zusammenhang mit einer

Änderung im Jahr 2014 und aufgrund eines Prüfungsverfahrens im Jahr 2010 auf die Notwen-

digkeit der Neufassung der Richtlinie hingewiesen und entgegen der beabsichtigten Verlänge-

rung bis 31.12.2017 angeregt, dass die Richtlinie nur bis 31.12.2015 verlängert werden sollte.

Er war davon ausgegangen worden, dass die Neufassung bis zum 31.12.2015 erarbeitet wer-

den könne.

Ähnlich verhielt es sich mit der Katastrophenschutzrichtlinie 2. Es wurde bereits bei der Än-

derung im Jahr 2014 zusätzlicher Änderungsbedarf gesehen und das Einvernehmen zum ein-

fachen Verwendungsnachweis unter der Bedingung erteilt, dass die Richtlinie nicht über den

31.12.2015 hinaus verlängert wird (beabsichtigt war 2020).

Der Landesrechnungshof wies darauf in seiner Stellungnahme vom 30.12.2015 hin. Das Mi-

nisterium hatte die Änderungen der drei Richtlinien bereits als Verwaltungsvorschriften76 vom

14.12.2015 veröffentlicht (AmtsBl. M-V S 685 bis 687).

Es ist nicht nachzuvollziehen, dass das Ministerium aufgrund der Hinweise des Landesrech-

nungshofes innerhalb von Prüfungsverfahren und mit seiner Stellungnahme zu den Änderun-

gen der Richtlinien im Jahr 2014 statt der Neufassungen von Richtlinien erneut nur eine Ver-

längerung der Richtlinien veranlasste. Darüber hinaus wurde diese sehr kurzfristig vorgelegt.

(153) Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die Ressorts nicht bewusst gegen Rege-

lungen des § 44 LHO und der dazu erlassenen Verwaltungsvorschriften verstoßen.

76 Dritte Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Brandschutz-Förderrichtlinie, ändert VV vom 17.03.2005,

Erste Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Katastrophenschutzrichtlinie 1, ändert VV vom 19.03.2010,

Zweite Verwaltungsvorschrift zur Änderung der Katastrophenschutzrichtlinie 2, ändert VV vom 19.03.2010.

66

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2.5 Fazit

(154) Der Landesrechnungshof wiederholt an dieser Stelle seine bereits 2013 mit Blick auf

die neue Förderperiode ab 2014 geäußerten Erwartungen77:

• Termine, zu denen Förderrichtlinien außer Kraft treten, sollten stärker beachtet wer-

den, um Fristverlängerungen oder Neufassungen mit entsprechendem zeitlichen Vor-

lauf veranlassen zu können,

• bei der Erarbeitung von Richtlinienentwürfen sollte den Vordrucken und Mustern

mehr Aufmerksamkeit gewidmet werden, um sich widersprechende Regelungen zu

vermeiden,

• Richtlinienentwürfe sollten erst dann in die Anhörung geben werden, wenn keine Än-

derungen im Zuwendungsverfahren mehr beabsichtigt sind, um Mehrfachbefassun-

gen nach Möglichkeit zu vermeiden,

• Richtlinien sind nicht ohne Anhörung und Einvernehmen zum Verwendungsnach-

weisverfahren zu erlassen und

• Richtlinien sollten nach Anhörung und Erteilung des Einvernehmens zeitnah veröf-

fentlicht werden.

(155) Um die Qualität der Förderrichtlinien zu verbessern, könnte die Regierung verschiede-

ne Maßnahmen ergreifen.

Für die Ministerien insgesamt wird z. B. die Notwendigkeit gesehen, dass

• die in diesen Bereichen tätigen Mitarbeiter gezielt zum Zuwendungsrecht geschult

werden,

• den Mitarbeitern aktuell notwendige Informationen zur Verfügung stehen, siehe z. B.

Schreiben des Finanzministeriums, Änderungen der VV usw.,

• die Beauftragten für den Haushalt, die nach VV Nr. 5.3 zu § 9 LHO bei jedem

Schriftverkehr mit dem Landesrechnungshof zu beteiligen sind, die Möglichkeit ha-

ben, Verantwortung z. B. für einheitliche Verfahren und eine Verbesserung der Quali-

tät der Förderrichtlinienentwürfe wahrzunehmen,

• u. U. andere Möglichkeiten der internen Qualitätssicherung geprüft werden.

77 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Jahresbericht 2013 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2013, Tz. 612.

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(156) Das Finanzministerium weist in verschiedenen Zusammenhängen auf die Notwendig-

keit zur Beachtung der zuwendungsrechtlichen Regelungen hin, siehe z. B. Bewirtschaftungs-

erlasse oder gesonderte anlassbezogene Schreiben. Es hat sich, wie der Stellungnahme des

Ministeriums zu entnehmen war, mit den Feststellungen des Landesrechnungshofes auseinan-

dergesetzt und ebenfalls Verbesserungsbedarf gesehen.

(157) Der Landesrechnungshof würde es begrüßen, wenn die Ressorts ihre Verantwortung

für die Erarbeitung von Richtlinien intensiver wahrnehmen würden und das Finanzministeri-

um bei der Erteilung des Einvernehmens eine inhaltlich tiefere Prüfung, insbesondere im Hin-

blick auf die Feststellung der tatsächlichen Abweichungen von den VV/VV-K und von Wider-

sprüchen oder unklaren Regelungen, durchführen würde. Dadurch würde auch das Beteili-

gungsverfahren des Landesrechnungshofes im Interesse aller Beteiligten erleichtert und ver-

kürzt werden.

68

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IV. Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht 2015

1 Haushaltsrechnung

1.1 Allgemeines

(158) Die Landesregierung hat durch das Finanzministerium dem Landtag gemäß Art. 67

Abs. 1 Verf. M-V i. V. m. § 114 LHO M-V über alle Einnahmen und Ausgaben sowie die In-

anspruchnahme von Verpflichtungsermächtigungen jährlich Rechnung zu legen. Die Haus-

haltsrechnung ist mit einer Übersicht über das Vermögen und die Schulden des Landes im

nächsten Haushaltsjahr dem Landtag zur Entlastung vorzulegen.

(159) Die Kurzfassung der Haushaltsrechnung und der Vermögensübersicht wird den Abge-

ordneten sowie der Öffentlichkeit zur Verfügung gestellt. Das Finanzministerium legte dem

Landtag die Jahresrechnung 2015 (Kurzfassung) am 05.12.2016 (Drs. 7/103) zur Entlastung

vor.

Der Finanzausschuss des Landtages und der Landesrechnungshof erhalten darüber hinaus das

vollständige, detaillierte Zahlenwerk mit der titelweisen Übersicht über Einnahmen und Aus-

gaben. Die Beiträge zur Haushaltsrechnung 2015 inklusive der Anlagen lagen dem Landes-

rechnungshof am 25.10.2016 vollständig vor.

1.2 Mitteilung nach § 97 Abs. 1 LHO

(160) Die Haushaltsrechnung und die Vermögensübersicht für das Haushaltsjahr 2015 ent-

halten alle Bestandteile, die nach §§ 81 bis 86 LHO zur Entlastung der Landesregierung erfor-

derlich sind.

Die Prüfung der Haushaltsrechnung und der Vermögensübersicht des Jahres 2015 hat keine

für die Entlastung der Landesregierung wesentlichen Abweichungen von Beträgen der Rech-

nung und der Bücher ergeben.

1.3 Kassenmäßiger Abschluss (§ 82 LHO)

(161) Die im Haushaltsjahr 2015 geleisteten Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben betrugen je-

weils rd. 7.888,6 Mio. Euro. Das kassenmäßige Jahresergebnis 2015 (Saldo zwischen tatsäch-

lich geleisteten Ist-Ausgaben und Ist-Einnahmen ohne Haushaltsreste) war damit ausgegli-

chen. Das kassenmäßige Gesamtergebnis (§ 82 Nr. 1 e LHO) betrug 0,00 Euro.

69

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Die Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben überstiegen das fortgeschriebene Haushalts-Soll 2015

von rd. 7.401,5 Mio. Euro um rd. 487,1 Mio. Euro. Im Vergleich zum Vorjahr erhöhten sich

die Ist-Einnahmen und Ist-Ausgaben um rd. 304,1 Mio. Euro (4,0 %).

(162) Der geplante negative Finanzierungssaldo (-49,3 Mio. Euro) wurde im Haushaltsvoll-

zug um rd. 384,6 Mio. Euro unterschritten. Der Saldo aus bereinigten Einnahmen78 und Aus-

gaben79 betrug damit für das Haushaltsjahr 2015 rd. +335,3 Mio. Euro (vgl. Abbildung 18).

Der Finanzierungssaldo wurde für die Schuldentilgung (60,0 Mio. Euro) sowie für Zuführun-

gen an Rücklagen (rd. 275,3 Mio. Euro) verwendet.

Abbildung 18: Finanzierungssaldo, 2005-2015, in Mio. Euro

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

1.4 Rechnungsmäßiger Abschluss 2015

(163) Das rechnungsmäßige Jahresergebnis 2015 (§ 83 Nr. 2 LHO) weist einen Fehlbetrag

von rd. 59,6 Mio. Euro aus. Dieser ergibt sich aus dem kassenmäßigen Jahresergebnis

(0,00 Euro) zuzüglich des Unterschiedsbetrages zwischen den aus 2014 übertragenen Haus-

haltsresten einschließlich Entlastung durch Vorgriffe auf Ausgaben des Haushaltsjahres 2015

(rd. 219,5 Euro) und den nach 2016 übertragenen Haushaltsresten einschließlich Vorgriffe auf

Ausgaben des Haushaltsjahres 2016 (rd. -279,0 Mio. Euro).

78 Die bereinigten Einnahmen entsprechen den Gesamteinnahmen vermindert um die Einnahmen aus der Auf-nahme von Krediten am Kreditmarkt, der Entnahme aus Fonds, Rücklagen und Stöcken, den Einnahmen ausÜberschüssen der Vorjahre und haushaltstechnische Verrechnungen.

79 Die bereinigten Ausgaben entsprechen den Gesamtausgaben vermindert um die Ausgaben zur Schuldentil-gung am Kreditmarkt, die Zuführungen an Fonds, Rücklagen und Stöcke, die Ausgaben zur Deckung vonFehlbeträgen aus Vorjahren und haushaltstechnische Verrechnungen.

70

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

-500

-400

-300

-200

-100

0

100

200

300

400

500

-362

83

389

316

416

-113

252

172

314

188

335

in M

io.

Eu

ro

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1.5 Haushaltsreste

(164) Aus dem Haushaltsjahr 2015 wurden Einnahmereste von rd. 937,2 Mio. Euro in das

Haushaltsjahr 2016 übertragen. Die Einnahmereste machen damit rd. 10,6 % der Gesamtein-

nahmen aus. Die in das Haushaltsjahr 2016 übertragenen Ausgabereste betrugen

rd. 1.216,2 Mio. Euro und haben damit an den Gesamtausgaben einen Anteil von rd. 13,4 %

(vgl. Tabelle 10).

Tabelle 10: Verteilung der Haushaltsreste auf die Einzelpläne; 2015, in Euro

Epl. Geschäftsbereich80 Einnahmereste Ausgabereste

01 Landtag 0,00 1.908.077,48

02 Landesrechnungshof 0,00 20.405,60

03 Ministerpräsident – Staatskanzlei – 0,00 1.506.995,54

04 Ministerium für Inneres und Sport 3.128,15 18.667.064,39

05 Finanzministerium 0,00 168.383,49

06 Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus 456.432.787,38 365.725.150,31

07 Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur 520.327,77 69.257.023,96

08 Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz 266.370.163,68 283.016.994,23

09 Justizministerium 688.549,15 929.491,94

10 Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales 169.927.038,58 150.367.862,10

11 Allgemeine Finanzverwaltung 105.432,48 1.693.879,38

12 Hochbaumaßnahmen des Landes 42.332.527,64 146.552.796,67

14 Landesverfassungsgericht 0,00 0,00

15 Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung 811.976,89 176.406.259,71

Summe 937.191.931,72 1.216.220.384,80

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

(165) Mit EU-Mitteln finanzierte Maßnahmen begründen rd. 98 %81 der Einnahme- bzw. rd.

62 %82 der Ausgabereste. Hiervon sind insbesondere der Einzelplan 06 (Ministerium für Wirt-

schaft, Bau und Tourismus), der Einzelplan 08 (Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und

Verbraucherschutz) sowie der Einzelplan 10 (Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und So-

ziales) betroffen.

80 Die Geschäftsbereiche werden im Folgenden auch in Kurzform benannt (in Klammern Geschäftsbereiche lt.Organisationserlass des Ministerpräsidenten vom 24. November 2016): Ministerium für Inneres und Sport(Ministerium für Inneres und Europa) als Innenministerium, Ministerium für Wirtschaft, Bau und Tourismus(Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit) als Wirtschaftsministerium, Ministerium für Landwirt-schaft, Umwelt und Verbraucherschutz (Ministerium Landwirtschaft und Umwelt) als Landwirtschafts-ministerium, das Ministerium für Bildung, Wissenschaft und Kultur als Bildungsministerium, das Ministeriumfür Arbeit, Gleichstellung und Soziales (Ministerium für Soziales, Integration und Gleichstellung) als Sozial -ministerium und das Ministerium für Energie, Infrastruktur und Landesentwicklung (Ministerium für Energie,Infrastruktur und Digitalisierung).

81 Rd. 915 Mio. Euro.82 Rd. 750 Mio. Euro.

71

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Entsprechend § 45 LHO können bei übertragbaren Ausgaben mit Einwilligung des Finanzmi-

nisteriums Ausgabereste gebildet werden, die für die jeweilige Zweckbestimmung über das

Haushaltsjahr hinaus bis zum Ende des auf die Bewilligung folgenden zweitnächsten Haus-

haltsjahres verfügbar bleiben (Zwei-Jährlichkeit).

Minderausgaben bzw. Mindereinnahmen im Zusammenhang mit aus EU-Mitteln finanzierten

Maßnahmen einschließlich der entsprechenden Kofinanzierungsmittel werden unter Missach-

tung des Grundsatzes der Zwei-Jährlichkeit als rechnerische Einnahme- und Ausgabereste

übertragen. Das Finanzministerium begründet diese Vorgehensweise mit der Veranschlagung

von EU-Mitteln. Hiernach wird das zu Beginn einer Förderperiode zur Verfügung stehende

Fördervolumen in sieben gleichgroßen Jahresscheiben im jeweiligen Einzelplan veranschlagt.

Die nicht verausgabten bzw. noch nicht vereinnahmten Haushaltsmittel werden bis zum Ende

der Nachlaufperiode83 durch die Bildung rechnerischer Haushaltsreste über die Haushaltsjahre

gezogen.

Die Übertragung von Ermächtigungen über das auf die Bewilligung folgende zweitnächste

Haushaltsjahr hinaus ist nur in besonders begründeten Einzelfällen zulässig.

Der Landesrechnungshof empfahl dem Finanzministerium bereits in der Vergangenheit eine

entsprechende Änderung der haushaltsrechtlichen Bestimmungen zu initiieren. Im Übrigen er-

wartet der Landesrechnungshof, dass die haushaltsrechtlichen Bestimmungen zukünftig be-

achtet werden.

(166) Der Landesrechnungshof sieht die Entwicklung der Haushaltsreste äußerst kritisch. So

stieg die Summe der übertragenen Einnahme- und Ausgabereste in den vergangenen elf Jahren

kontinuierlich an. Inzwischen betragen die in das Haushaltsjahr 2016 übertragenen Einnahme-

und Ausgabereste das Vierfache der Haushaltsreste aus dem Jahr 2005. Die Ausgabereste be-

tragen seit 2013 mehr als eine Milliarde Euro.

Seit dem Haushaltsjahr 2011 übersteigen die Ausgabereste fortdauernd die Einnahmereste.

Die Deckungslücke zwischen Einnahmen und Ausgaben schwankte in den Jahren 2011 bis

2015 zwischen rd. 140,0 Mio. Euro (2011) und rd. 363,8 Mio. Euro (2013; vgl. Abbildung 2).

83 Die Nachlaufperiode betrug für Förderperioden bis 2013 zwei Jahre („n+2“ Regel) und für die aktuelle För-derperiode (2014 bis 2020) drei Jahre („n+3“ Regel).

72

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Abbildung 19: Entwicklung der Einnahme- und Ausgabereste, 2005-2015, in Mio. Euro

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

(167) In diesem Zusammenhang wies der Landesrechnungshof bereits in seinem Landesfi-

nanzbericht 2014 auf die Risiken für den Haushaltsausgleich im Jahr der Inanspruchnahme

unter gleichzeitiger Zunahme des Verschuldungsrisikos hin.84 Gleichzeitig forderte er das Fi-

nanzministerium und die Ressorts auf, Maßnahmen zu ergreifen, mit denen die Belastung des

laufenden Haushaltsjahres minimiert werden kann. Hierzu zählte der Landesrechnungshof

auch die Evaluierung nicht oder kaum beanspruchter Fördermöglichkeiten.85

Das Finanzministerium und die Ressorts sind dringend aufgefordert, geeignete Maßnahmen

zu ergreifen, um die Haushaltsreste auf eine vertretbare Größenordnung zu reduzieren.

1.6 Über- und außerplanmäßige Ausgaben

(168) Gemäß § 37 Abs. 1 LHO kann das Finanzministerium über den Haushaltsplan hinaus

in über- und außerplanmäßige Ausgaben einwilligen. Daneben wird zwischen Überschreitun-

gen ohne Einwilligung des Finanzministeriums und sonstigen Überschreitungen unterschie-

den.

Der Gesamtbetrag an über- und außerplanmäßigen Ausgaben, sonstigen Überschreitungen und

Überschreitungen ohne Einwilligung des Finanzministeriums betrug für das Haushalts-

jahr 2015 rd. 160,3 Mio Euro (Vorjahr rd. 41 Mio. Euro) und erreichte rd. 2,2 % des geplanten

Ausgabevolumens. Der überwiegende Anteil entfiel mit 143,0 Mio. Euro auf die überplanmä-

84 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Jahresbericht 2013 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2013, Tz. 16.

85 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2015): Jahresbericht 2014 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2014, Tz. 14.

73

2005 2006 2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

0

150

300

450

600

750

900

1.050

1.200

1.350

230

255

412

659610

803

652690

785

925 937

285

254

395

486

672777

792

956

1.149 1.1441.216

Einnahmereste

Ausgabereste

in M

io.

Eu

ro

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ßigen Ausgaben. Davon entstanden rd. 102,1 Mio. Euro im Zusammenhang mit den gestiege-

nen Zahlen ausländischer Flüchtlinge. Nach Einschätzung des Finanzministeriums hätte in

fünf Fällen bei korrekter Mittelbewirtschaftung die Ermächtigung zur Leistung von Mehraus-

gaben bestanden (sonstige Überschreitung86).

Tabelle 11: Überschreitungen mit und ohne Einwilligung nach § 37 Abs. 1 und 7 LHO, 2015, in Euro

Epl.Geschäftsbereich

Mit Einwilligungnach

§ 37 Abs.1 LHO

Überschreitungenohne Einwilli-

gung

Sonstige Über-schreitungen

Gesamt je Epl.

Fallzahl / Gesamtbetrag in Euro

04 Ministerium für Inneres und Sport 11 93.072.222,46 0 0,00 1 5.360,45 12 93.077.582,91

06Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus

0 0,00 1 17.181.317,7487 0 0,00 1 17.181.317,74

07Ministerium für Bildung, Wissen-schaft und Kultur

1 13.901.949,36 2 3.642,40 1 435,00 4 13.906.026,76

08Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz

0 0,00 1 75,96 1 191.381,44 2 191.457,40

09 Justizministerium 1 1.260.686,49 0 0,00 0 0,00 1 1.260.686,49

10Ministerium für Arbeit, Gleichstel-lung und Soziales

2 24.932.493,94 0 0,00 2 12.526,08 4 24.945.020,02

11 Allgemeine Finanzverwaltung 1 9.821.396,67 0 0,00 0 0,00 1 9.821.396,67

Gesamt 16 142.988.748,92 4 17.185.036,10 5 209.702,97 25 160.383.487,99

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

1.7 Verpflichtungsermächtigungen

(169) Maßnahmen, die das Land zur Leistung von Ausgaben in künftigen Haushaltsjahren

verpflichten können, sind gemäß § 38 LHO nur zulässig, wenn der Haushaltsplan dazu er-

mächtigt. Ausnahmen hiervon kann das Finanzministerium unter Nutzung des Notbewilli-

gungsrechts nach § 38 Abs. 1 S. 2 LHO zulassen, wenn es sich um einzugehende Verpflich-

tungen für unvorhergesehene und unabweisbare Maßnahmen handelt (über- und außerplanmä-

ßige Verpflichtungsermächtigungen).

(170) Die Ermächtigungen zum Eingehen von Verpflichtungen waren für das Haushalts-

jahr 2015 mit rd. 1.006,2 Mio. Euro veranschlagt. Die Verpflichtungsermächtigungen wurden

• gemäß § 17 Abs. 2 HG 2014/2015 um rd. 224,4 Mio. Euro,

• gemäß § 18 Abs. 1 HG 2014/2015 um rd. 29,5 Mio. Euro und

• gemäß § 18 Abs. 2 HG 2014/2015 um rd. 12,1 Mio. Euro

86 Um eine sonstige Überschreitung handelt es sich, wenn unter Annahme einer korrekten Mittelbewirtschaftungeine Ermächtigung zur Leistung der Mehrausgabe bestanden hätte. Dies ist beispielsweise dann gegeben,wenn Mehrausgaben aufgrund von Titelverwechslungen oder infolge unrichtiger Restebildung geleistet wor-den sind.

87 Die Überschreitung wird in der Kurzfassung der Haushaltsrechnung 2015 nicht ausgewiesen. Sie resultiertaus einer unzulässigen Restebildung beim Titel 0604 681.01 MG 01.

74

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auf insgesamt rd. 1.272,3 Mio. Euro erhöht (vgl. Tabelle 12). Die tatsächlich in Anspruch ge-

nommenen Verpflichtungsermächtigungen lagen mit rd. 713,5 Mio. Euro bei rd. 56,1 % der

bestehenden Ermächtigungen (Vorjahr 27,5 %).

Tabelle 12: Verpflichtungsermächtigungen, 2005-2015, in Mio. Euro

Verfügbare VE Eingegangene VE

Insgesamt

davon:

Insgesamt

davon

VeranschlagteVE

Zusätzliche VEÜbertrageneVE aus Vj.

Üpl./apl. VE

2005 1.137,40 986,90 44,70 105,80 692,80 1,10

2006 1.456,30 1.462,20 -5,90 0,00 649,50 8,60

2007 1.251,00 1.251,00 0,00 0,00 549,40 0,00

2008 1.351,11 1.339,96 11,16 0,00 599,17 0,23

2009 1.472,15 1.107,42 364,20 0,54 749,71 1,59

2010 1.478,79 1.404,11 74,68 0,00 1.043,91 0,00

2011 1.058,91 975,52 83,39 0,00 619,90 0,00

2012 1.114,40 1.034,60 79,80 0,00 537,60 0,00

2013 945,40 782,96 162,50 0,00 441,90 0,15

2014 1.203,63 1.054,07 149,54 0,00 330,93 0,00

2015 1.272,25 1.006,23 266,02 0,00 713,46 0,00

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

1.8 Globale Minderausgaben

(171) Globale Minderausgaben sind ein Instrument der Haushaltspraxis, das gezielte Ausga-

benkürzungen ersetzt und der Regierung die Erwirtschaftung der pauschalen Ausgabenkür-

zung überlässt. Eine Veranschlagung globaler Minderausgaben von 1 % der veranschlagten

Ausgaben ist nicht zu beanstanden.

(172) Für das Haushaltsjahr 2015 waren globale Minderausgaben zum Ausgleich dringlicher

Mehrbedarfe i. H. v. 3,0 Mio. Euro, für sächliche Verwaltungsausgaben i. H. v. 5,0 Mio. Euro

sowie für die „Globale Personalminderausgabe“ von 37 Mio. Euro veranschlagt. Insgesamt

entsprach dies rd. 0,61 % der insgesamt für 2015 veranschlagten Ausgaben von rd.

7.391,0 Mio. Euro und damit einer haushaltsrechtlich nicht zu beanstandenden Größenord-

nung.

(173) Die Minderausgaben von insgesamt 45 Mio. Euro waren durch Veranschlagung bereits

im Haushaltssoll enthalten. Neben den veranschlagten globalen Minderausgaben wurden wei-

tere Minderausgaben88 erwirtschaftet:

• Personalausgaben (HGr. 4) 28,9 Mio. Euro,

88 Bei der Ermittlung der Mehr-/Minderausgaben finden genehmigte über-/außerplanmäßige Ausgaben keineBerücksichtigung.

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• Sächliche Verwaltungsausgaben (HGr. 5) 20,8 Mio. Euro,

• Sonstige Ausgaben für Investitionen und Investitionsfördermaßnahmen (HGr. 8)

72,9 Mio. Euro.

1.9 Verwahrungen und Vorschüsse

(174) Grundsätzlich sind Einnahmen und Ausgaben unverzüglich bei den hierfür vorgesehe-

nen Haushaltstiteln zu buchen, um einen Überblick über die aktuelle Haushaltslage zu behal-

ten. Sofern Einzahlungen oder Ausgaben nicht über die im Haushaltsplan oder sonst vorgese-

henen Ordnungen gebucht werden können, sind diese als Verwahrungen bzw. Vorschüsse ge-

mäß § 60 LHO außerhalb des Haushaltes abzuwickeln. Die Aufklärung und die anschließende

Buchung nach der im Haushaltsplan oder sonst vorgesehenen Ordnung erfolgt manuell.89 Dies

verursacht einen zusätzlichen Verwaltungsaufwand und somit Kosten sowohl in der für die

Zahlung zuständigen Stelle als auch im anordnenden Bereich.

(175) Wenn vorgesehene Anordnungen nicht realisiert werden können, handelt es sich um

Rückläufer. Im Haushaltsjahr 2015 gab es 2.534 Rückläufer90, inklusive der jeweils zugehöri-

gen Aus- oder Umbuchung. Ein Großteil der Rückläufer war auf falsche Bankverbindungen,

erloschene Konten oder unvollständige Adressangaben zurückzuführen, wie bereits in den

Vorjahren festgestellt.91 Die Anzahl von rückabgewickelten Zahlungen ist seitdem nur leicht

gesunken, demgegenüber ist der wertmäßige Betrag im Vergleich zum Vorjahr gestiegen.92

(176) Am Ende des Haushaltsjahres 2015 blieb an noch aufzuklärenden Verwahrungen ein

Betrag von 17.427.556,34 Euro stehen. Dies stellt gegenüber dem Vorjahr einen erheblichen

Anstieg dar, der auf eine einzelne Buchung des Finanzministeriums zurückzuführen ist.93 Ins-

gesamt verteilt sich die Summe auf über 30.000 Buchungen. Wie auch in den Vorjahren waren

nicht lesbare/fehlerhafte Kassenzeichen oder mehrere Kassenzeichen in einer Überweisung

Hauptgründe, die einer automatischen Verarbeitung im Wege standen, wodurch die eindeutige

89 Vgl. Punkt 2.8 der Arbeitsanweisung Mittelbewirtschaftung für Dienststellen des Landes Mecklenburg-Vor-pommern unter Anwendung des HKR-Verfahrens (AA-BEW).

90 Buchungsstelle 20/2002/150.70.91 Dies wurde bereits durch die Prüfung Verwahrung und Vorschüsse sowie im Rahmen der Prüfung der Haus-

haltsrechnung und Vermögensübersicht 2013 festgestellt. Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpom-mern (2012): Jahresbericht 2012 (Teil 2) – Landesfinanzbericht 2012, S. 118 ff.

92 Der wertmäßige Betrag der Rückläufer im Haushaltsjahr 2014 betrug 31.932,59 Euro, im Haushaltsjahr 2015beträgt der Wert 73.603,97 Euro.

93 Ein Betrag von 14.866.00,00 Euro ist seitens des Finanzministeriums am 30.12.2015 auf das Verwahrkontogebucht worden. Am 19.01.2016 ist dieser Betrag aufgelöst worden.

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Zuordnung zu einer Anordnung nicht erfolgen konnte. Aber auch Umbuchungen, erloschene

Konten und fehlerhafte Bankverbindungen begründen die Buchung auf Verwahrkonten.94

(177) Rückläufer aufgrund falscher Bankverbindungen sind ein Beleg für die Nichteinhal-

tung von Vorschriften des Anordnungsverfahrens. Der Landesrechnungshof wiederholt, dass

es erforderlich ist, die Ursachen für Rückläufer zu erheben sowie geeignete Maßnahmen ge-

meinsam mit den anordnenden Behörden zu ergreifen, um auch die Anzahl der Rückläufer

deutlich zu verringern. Der erforderliche hohe Zeitaufwand, die Rückläufer aufzuklären, wird

nicht durch den wertmäßigen Betrag, sondern durch die Anzahl der Buchungen bestimmt.

(178) Das Finanzministerium merkte in seiner Stellungnahme an, dass die Zahl der Rückläu-

fer weiter gesenkt werden soll. Die Landeszentralkasse ermittelte mögliche Ursachen und

setzte die betreffenden Behörden in Kenntnis. Diese Verfahrensweise werde konsequent wei-

tergeführt.

(179) Der Landesrechnungshof begrüßt dieses Vorgehen.

94 Neben Sicherheitsleistungen bei Amtsgerichten (53 Buchungen): 69 Umbuchungen, 31 erloschene Kontenund 20 fehlerhafte Bankverbindungen. 23,3 % aller Verwahrungen sind ohne Erläuterung.

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2 Belegprüfung im Rahmen der Prüfung der Haushaltsrechnung 2015

(180) Der Landesrechnungshof prüft jährlich die ordnungsgemäße Belegung von Einnahmen

und Ausgaben. Weitere Prüfungsinhalte sind insbesondere die Beachtung der haushaltsrechtli-

chen Bestimmungen sowie die Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit des Verwaltungshandelns.

Prüfungsgegenstand der Belegprüfung zur Haushaltsrechnung 2015 waren zum einen die

Gruppe 111 Gebühren und sonstige Entgelte, die Titel 427.01 Beschäftigungsentgelte an Aus-

hilfskräfte und 427.02 Aufwendungen für nebenamtlich und nebenberuflich Tätige, Titel

514.07 Verbrauchsmittel und persönliche Ausrüstungsgegenstände sowie die Gruppen 521

Unterhaltung des sonstigen unbeweglichen Vermögens und 531 Veröffentlichungen. Zum an-

deren wurde in den Geschäftsbereichen des Justiz- und Energieministeriums die Belegung der

Ausgaben bei der Gruppe 533 Ausgaben aufgrund von Werkverträgen und anderen Auftrags-

formen sowie dem Titel 529.10 Verfügungsmittel und im Geschäftsbereich des Justizministeri-

ums die Gruppen 511 Geschäftsbedarf und Kommunikation sowie Geräte, Ausstattungs- und

Ausrüstungsgegenstände, sonstige Gebrauchsgegenstände und 812 Erwerb von Geräten und

sonstigen beweglichen Sachen geprüft.

Zudem erfolgte eine stichprobenweise Prüfung für die durch die Landeszentralkasse zu be-

wirtschaftenden Titel 527.01 Reisekostenvergütungen im Geschäftsbereich des Justizministeri-

ums (Kapitel 0901 und 0902), des Energieministeriums (Kapitel 1501 und 1506) sowie des

Titels 527.03 Reisekostenvergütungen für Reisen in Personalvertretungs- und Schwerbehin-

dertenangelegenheiten im Geschäftsbereich des Energieministeriums (Kapitel 1506).

Die Belegprüfung erstreckte sich auf insgesamt 39 Dienststellen.95

2.1 Verstöße gegen die formelle Ordnungsmäßigkeit

(181) Nach § 75 LHO sind alle Buchungen zu belegen. Um Einzahlungen anzunehmen, Aus-

zahlungen zu leisten oder Buchungen vorzunehmen, sind Anordnungen erforderlich. Die An-

ordnung muss u. a. Angaben zum Zahlungspartner, zum Fälligkeitstag, den Bezug zu den be-

95 Landtagsverwaltung; Staatskanzlei; Innenministerium; Landeskriminalamt; Landesbereitschaftspolizei; Lan-desamt für Zentrale Aufgaben und Technik der Polizei, Brand und Katastrophenschutz; WasserschutzpolizeiRostock; Polizeipräsidium Rostock; Polizeiinspektion Anklam; Polizeidirektion Neubrandenburg; Finanzmi-nisterium; Finanzämter Ribnitz-Damgarten, Rostock, Greifswald und Neubrandenburg; Landeszentralkasse;Wirtschaftsministerium; Landesamt für Kultur und Denkmalpflege; Staatliches Museum Schwerin; Amt fürdas Biosphärenreservat Südost-Rügen; Staatliche Ämter für Landwirtschaft und Umwelt Vorpommern, Mittle-res Mecklenburg und Mecklenburgische Seenplatte; Nationalparkamt Müritz; Landesamt für Landwirtschaft,Lebensmittelsicherheit und Fischerei; Landesamt für Umwelt, Naturschutz und Geologie; Fachschule fürAgrarwirtschaft; Justizministerium; Oberlandesgericht Rostock; Staatsanwaltschaft Rostock und Schwerin;Generalstaatsanwaltschaft; Sozialministerium; Landesamt für Gesundheit und Soziales; Landesamt für Stra-ßenbau und Verkehr; Energieministerium; Straßenbauämter Neustrelitz, Schwerin und Stralsund.

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gründenden Unterlagen sowie die für Mahnung, Beitreibung und sonstige Verzugsfolgen not-

wendigen Angaben enthalten.96

Die Daten der Zahlungspartner werden im HKR-Verfahren des Landes hinterlegt. Werden die

Daten eines Zahlungspartners in absehbaren Zeiträumen nicht wiederholt benötigt, ist in der

Anordnung die Zahlungspartnernummer „A“ zu verwenden und die Vorbelegung „Allgemei-

ner Zahlungspartner“ mit dem Namen zu überschreiben.97

Entsprechend dem Rechtsverhältnis zwischen dem Land Mecklenburg-Vorpommern als Gläu-

biger und dem Zahlungspflichtigen als Schuldner werden mit der Angabe der Art der Forde-

rung auf der Anordnung die Verzugsfolgen festgelegt.98

(182) Der Landesrechnungshof hat verschiedene Mängel in Bezug auf die formelle Ord-

nungsmäßigkeit der Belegung der Einnahmen und Ausgaben festgestellt.

Trotz wiederkehrendem Zahlungspartner erfolgte mehrfach die Verwendung eines allgemeinen

Zahlungspartners. Dabei wurde auch versäumt, in dem Eingabefeld für die Angaben zum Zah-

lungspartner die Vorbelegung „Allgemeiner Zahlungspartner“ mit dem Namen des Zahlungs-

partners zu überschreiben.

Auch wurde auf der Anordnung nicht immer die korrekte Art der Forderung hinterlegt. In an-

deren Fällen wich die auf der Rechnung angegebene Fälligkeit von der Fälligkeit der Anord-

nung ab.

(183) Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die Bestimmungen zur Angabe der Zah-

lungspartnerdaten und zur Art der Forderung zukünftig beachtet werden.

(184) Die Verantwortlichkeiten im Anordnungsverfahren erstrecken sich auf die Bescheini-

gung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit mittels Unterzeichnung sowie auf die Aus-

übung der Anordnungsbefugnis durch Unterschrift unter Angabe des Datums.99 Die Namen

und Unterschriftsproben der zur Anordnung berechtigten Personen sind zu dokumentieren.100

(185) Die Übertragung der Anordnungsbefugnis mit entsprechender Unterschriftsprobe war

nicht immer dokumentiert. Teilweise lagen keine unterzeichneten Anordnungen vor oder sie

fehlten gänzlich. Die ordnungsgemäße Ausübung der Anordnungsbefugnis sowie die Beschei-

96 Vgl. Nr. 1.1.1 und 1.3 VV zu §§ 70 bis 80 LHO.97 Nr. 8.4.1 Arbeitsanweisung Mittelbewirtschaftung für Dienststellen des Landes Mecklenburg-Vorpommern

unter Anwendung des HKR-Verfahrens ProFiskal (AA-BEW), Stand 05/2014.98 Nr. 2.5.1 AA-BEW.99 Vgl. Nr. 1.1.2 und 1.2 VV zu §§ 70 bis 80 LHO; Nr. 2.2 Anlage 2 zu VV zu §§ 70 bis 80 LHO.100 Vgl. Nr. 2.2.4.3 VV zu §§ 70 bis 80 LHO.

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nigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit konnte in diesen Fällen nicht geprüft

werden.

Teilweise erfolgte die Bescheinigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit sowie die

Ausübung der Anordnungsbefugnis von hierzu nicht berechtigten Personen. In einer Vielzahl

der Fälle wurde die Anordnungsbefugnis ohne Angabe des Datums und teilweise ohne Leis-

tung einer Unterschrift ausgeübt.

Das Justizministerium führte aus, die Anordnungen würden dem Anordnungsbefugten mit ei-

ner vorangestellten Verfügung übergeben. Die Abzeichnung dieser Verfügung unter Angabe

des Datums sei als ausreichend erachtet worden.

Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die Abzeichnung einer Verfügung selbst unter

Angabe des Datums die Unterzeichnung der einzelnen Anordnung mit Angabe des Datums

nicht ersetzen kann.

(186) Begründungen zu den Anordnungen (zahlungsbegründende Unterlagen) sind in den

mittelbewirtschaftenden Stellen aufzubewahren.101

Wird die rechnerische oder sachliche Richtigkeit nicht von jeweils einer Person allein verant-

wortet, sind Teilbescheinigungen abzugeben.102

Gegenstände mit einem Anschaffungswert von über 410 Euro (netto) und einer Lebensdauer

von über drei Jahren sind nachweispflichtig. Die Anordnung über den Zugang oder den Ab-

gang nachweispflichtiger Gegenstände muss u. a. ein Kennzeichen zur eindeutigen Identifizie-

rung aller mit der Anordnung zusammenhängenden Informationen sowie die Bezeichnung und

Beschreibung des Gegenstandes enthalten.103

(187) In einer Vielzahl der Fälle konnten dem Landesrechnungshof die zahlungsbegründen-

den Unterlagen nicht vorgelegt werden oder die Unterlagen waren unvollständig. So mangelte

es bei der Anordnung von Ausgaben für Bewirtungen an Teilnehmerlisten oder es fehlten

Nachweise für die Verwendung von für die Öffentlichkeitsarbeit erworbenen Artikeln. In meh-

reren Fällen fehlte der Dienstreiseantrag zur jeweiligen Dienstreiseabrechnung.

Das Finanzministerium teilte mit, dass es sich bei der überwiegenden Anzahl der fehlenden

Dienstreiseanträge um Dienstgänge bzw. Dienstreisen mit dem haushaltsmäßigen Nachweis

„Reisekosten Sitzungsdienst“ handele. Für diese Reisen liege eine generelle Genehmigung des

101 Nr. 3.2.3 Anlage 3 zu VV zu §§ 70 bis 80 LHO (VV Nr. 4.8).102 Nr. 2.2.1.3 Anlage 2 zu VV zu §§ 70 bis 80 LHO (VV Nr. 10.2).103 Nr. 8 VV zu §§ 70 bis 80 LHO.

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leitenden Oberstaatsanwalts vor. Diese Genehmigungen wurden dem Landesrechnungshof je-

doch nicht vorgelegt.

In Fällen, in denen die rechnerische oder sachliche Richtigkeit nicht von jeweils einer Person

allein zu verantworten war (z. B. bei Zuständigkeit des Fachreferats), fehlten auf den zah-

lungsbegründenden Unterlagen die entsprechenden Teilbescheinigungen.

In einer Dienststelle ist der Bezug zum Inventarverzeichnis (nachweispflichtige Gegenstände)

nicht hergestellt worden.

(188) Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Zuweisung der Berechtigungen zur Be-

scheinigung der sachlichen und rechnerischen Richtigkeit sowie zur Ausübung der Anord-

nungsbefugnis zukünftig mit entsprechenden Unterschriftsproben dokumentiert wird. Die Be-

scheinigungen im Anordnungsverfahren einschließlich Teilbescheinigungen sind nachzuwei-

sen und die Anordnungen einschließlich zahlungsbegründender Unterlagen in den Dienststel-

len vorzuhalten.

2.2 Verstoß gegen geltendes Haushaltsrecht

(189) Einnahmen und Ausgaben sind getrennt voneinander zu buchen (Bruttoprinzip)104 und

dürfen nur zu dem im Haushaltsplan bezeichneten Zweck geleistet werden (Grundsatz der

sachlichen Bindung).105 Der für die Buchung vorgesehene Titel ist grundsätzlich der Titel, bei

dem die Einnahme oder Ausgabe im Haushaltsplan veranschlagt ist. Ist jedoch nach dem

Gruppierungsplan ein von der Veranschlagung abweichender spezieller Nachweis erforderlich

und wird der Zweck der Bewilligung nicht verändert, ist für die Buchung der im Gruppie-

rungsplan vorgeschriebene Titel maßgeblich.106

Darüber hinaus sind bei der Ausführung des Haushaltsplans die Grundsätze der Wirtschaft-

lichkeit und Sparsamkeit zu beachten.107 Von der Anforderung von Beträgen von weniger als

fünf Euro soll abgesehen werden. Beträge von weniger als fünf Euro sind nur dann zur Aus-

zahlung anzuordnen, wenn der Empfangsberechtigte die Auszahlung ausdrücklich verlangt

(Kleinbetragsregelung).108

104 § 35 Abs. 1 LHO.105 Vgl. § 45 Abs. 1 S. 1 LHO.106 Nr. 4.1 VV zu §§ 70 bis 80 LHO.107 § 7 Abs. 1 LHO.108 Nrn. 1.1. und 1.2 Anlage zu VV zu § 59 LHO (VV Nr. 2.6).

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(190) In den Geschäftsbereichen der Ressorts wurde mehrfach gegen die genannten Haus-

haltsgrundsätze verstoßen. So wurde mit der Verrechnung von Gutschriften mit laufenden

Rechnungen gegen das Bruttoprinzip verstoßen.

In diversen Fällen wurde der Grundsatz der sachlichen Bindung missachtet, indem Ausgaben

beim sachlich falschen Titel gebucht wurden. In einem besonderen Fall wurden die Personal-

ausgaben für den Leiter des Landesmarketings Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2010

bei dem Titel 0301 427.01 Beschäftigungsentgelte an Aushilfskräfte gebucht. Soweit ein Be-

schäftigter als Leiter einer Organisationseinheit und zudem über einen Zeitraum von fünf Jah-

ren tätig ist, kann der Landesrechnungshof dessen Einordnung als Aushilfskraft nicht nach-

vollziehen. Nach dem Gruppierungsplan wäre stattdessen der Titel 428.01 Entgelte der Ar-

beitnehmerinnen und Arbeitnehmer maßgeblich gewesen.

Die Staatskanzlei trug vor, dass sie sich dessen bewusst sei. Sie habe jedoch die Zustimmung

des Finanzministeriums, die Ausgaben beim Titel 0301 427.01 zu buchen und nachzuweisen,

da anderweitig keine Mittel verfügbar gewesen seien. Das Finanzministerium teilte hierzu mit,

die Buchung auf dem sachlich richtigen Titel 428.01 Entgelte der Arbeitnehmerinnen und Ar-

beitnehmer erfordere eine entsprechende Stelle im Stellenplan.

Des Weiteren wurde in einem Fall gegen § 35 Abs. 4 LHO verstoßen, indem Ausgaben für den

gleichen Zweck aus zwei verschiedenen Titeln getätigt wurden. In einem anderen Fall wurde

durch die Verrechnung von Gutschriften mit laufenden Rechnungen gegen das Bruttoprinzip

verstoßen.

Daneben wurde in mehreren Fällen die Möglichkeit des Skonto nicht genutzt. Zudem wurde

im Geschäftsbereich eines Ministeriums die Kleinbetragsregelung missachtet.

(191) Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass künftig die Haushaltsgrundsätze beach-

tet werden und für Beschäftigungsverhältnisse mit dauerhaften Aufgaben entsprechende Stel-

len im Stellenplan vorgehalten werden.

2.3 Verstöße gegen die materielle Ordnungsmäßigkeit

2.3.1 Nicht notwendige Ausgaben (§ 6 LHO)

(192) Bei der Ausführung des Haushaltsplans sind nur die Ausgaben zu berücksichtigen, die

zur Erfüllung der Aufgaben des Landes notwendig sind.109 Die Notwendigkeit von Ausgaben

109 § 6 LHO.

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ist eng verknüpft mit den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit.110 Nicht not-

wendige Ausgaben sind regelmäßig auch unwirtschaftlich.111

(193) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass diverse Ausgaben zur Aufgabenerfül-

lung des Landes nicht notwendig und damit unzulässig waren. So wurden aus Verfügungs-

mitteln die Ausgaben für einen Friseurbesuch anlässlich eines Pressefotos erstattet. Ein weite-

res Ministerium leistete aus den Verfügungsmitteln Ausgaben für die Bewirtung von Mitarbei-

tern und für Adventsschmuck.

Bei der Gruppe 531 Veröffentlichungen wurden Ausgaben für die Ausrichtung einer Kinder-

weihnachtsfeier inklusive Catering, für Karussellfahrten, Teddys, Anhänger sowie Präsentkör-

be gebucht. Nachweise für die Notwendigkeit der Ausgaben zur Erfüllung der Aufgaben des

Landes lagen nicht vor. Zudem wurde aus Mitteln für Veröffentlichungen ohne erkennbare

Notwendigkeit eine Weihnachtsfeier für Medienvertreter ausgerichtet. Ebenso mangelte es an

der Dokumentation der Notwendigkeit von Ausgaben für eine Paddeltour, eine Wanderung mit

zwei Schulklassen sowie eine Rundfahrt mit dem Bus aus Mitteln der Öffentlichkeitsarbeit.

(194) Der Landesrechnungshof erwartet, dass aus Landesmitteln künftig nur Ausgaben zur

Erfüllung der Aufgaben des Landes getätigt werden. Die Notwendigkeit der Ausgaben ist in

den zahlungsbegründenden Unterlagen darzulegen. Den zahlungsbegründenden Unterlagen

sind entsprechende Nachweise beispielsweise in Form von Teilnehmerlisten beizufügen (vgl.

hierzu auch Tz. 187).

(195) Der Landesrechnungshof prüfte in der Vergangenheit112 wiederholt die ordnungsgemä-

ße Belegung von Ausgaben aus Verfügungsmitteln113 und stellte ähnlich gelagerte Fälle von

unzulässiger Verwendung fest. Im Ergebnis der Belegprüfung für das Haushaltsjahr 2015 sind

vergleichbare Beanstandungen wie in den Vorjahresprüfungen festzustellen (vgl. auch

Tz. 193). Dies nimmt der Landesrechnungshof zum Anlass, nachfolgende grundsätzliche Hin-

weise zur ordnungsgemäßen Verwendung von Verfügungsmitteln zu geben.

110 § 7 Abs. 1 LHO.111 Vgl. Heuer/Engels/Eibelshäuser: Kommentar zum Haushaltsrecht des Bundes und der Länder sowie der Vor-

schriften zur Finanzkontrolle“, Rd.-Nr. 1 zu § 6 BHO sowie Dittrich, N.: Kommentar zur Bundeshaushalts-ordnung, Erl. 2 zu § 6 BHO.

112 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2015): Jahresbericht 2014 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2014, Tzn. 67 ff. und Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2016): Jahresbericht 2015(Teil 2) – Landesfinanzbericht 2015, Tz. 28.

113 Festtitel 529.10.

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In Anwendung von § 35 Abs. 2 LHO sind Verfügungsmittel nicht für Zwecke zu verausgaben,

für die an anderer Stelle des Haushaltsplans Mittel veranschlagt wurden. Die Mitglieder der

Landesregierung erhalten neben den Dienstbezügen eine steuerfreie Dienstaufwandsentschä-

digung, welche der Abgeltung von überwiegend im persönlichen Bereich anfallenden, dienst-

lich veranlassten und dienstbezogenen Repräsentationsaufwendungen dient. Das Bestreiten

von Repräsentationsausgaben aus den Dienstbezügen ist insofern in gewissem Umfang zu-

mutbar, „dies gilt in besonderem Maße für den Dienstaufwand der leitenden Beamten.“114

Diesbezügliche Ausgaben, welche durch die Besoldung bzw. die Dienstaufwandsentschädi-

gung abzugelten wären, sind nach Auffassung des Landesrechnungshofes z. B. Eintrittskarten

zu gesellschaftlichen (Kultur-)Veranstaltungen bzw. Bällen, Spenden, Blumen und Geschenke

an Personen, Organisationen und Stellen außerhalb des für die Verfügungsmittel maßgebli-

chen Empfängerkreises sowie Friseurbesuche.

Verfügungsmittel stehen ausgewählten Stelleninhabern für außergewöhnlichen Aufwand aus

dienstlicher Veranlassung in besonderen Fällen zur Verfügung.115 Die Zulässigkeit der Bewirt-

schaftung von Verfügungsmitteln richtet sich nach deren Notwendigkeit zur Erfüllung der

Aufgaben des Landes (§ 6 LHO). Als Konkretisierung dieser Maßgabe müssen Ausgaben aus

den Verfügungsmitteln „dienstlich veranlasst“ und damit unmittelbar mit der Wahrnehmung

des Dienstgeschäfts des Verfügungsberechtigten verbunden sein.116 Ausgaben für Bewirtungen

und Geschenke zu persönlichen Anlässen (z. B. Einstellungen, Beförderungen, Verabschie-

dungen, Dienstjubiläen etc.) von Mitarbeitern der Verfügungsberechtigten bzw. Landesbe-

diensteten, gegenseitige Einladungen von Verfügungsberechtigten zu Bewirtungen ohne

dienstlichen Anlass sowie Ausgaben im Zusammenhang mit Gemeinschaftsveranstaltungen

(z. B. Betriebsausflüge, Frauentags- und Weihnachtsfeiern) sind danach nicht notwendig und

somit unzulässig.

114 Clemens et al.: Teil II, Anhang; Nr. 1, § 17 BBesG. Unzumutbar wäre die Übernahme des Mehraufwands le-diglich, wenn der angemessene bzw. amtsgemäße Lebensunterhalt der Betroffenen „ohne einen finanziellenAusgleich spürbar berührt wird bzw. eine deutliche Verkürzung seiner Besoldung eintritt.“ Clemens et al.:Nrn. 4.2 und 4.3 zu § 17 BBesG.

115 Vgl. Verwaltungsvorschriften zur Haushaltssystematik des Landes Mecklenburg-Vorpommern (VV-HS) vom30.11.2000 (AmtsBl. M-V 2001 S. 50), Gruppierungsplan Gruppe 529.

116 Als Dienstgeschäft sind die einem Beamten mit dessen konkretem Amt zur unmittelbaren Erledigung übertra-genen Dienstaufgaben anzusehen. Diese beschränken sich auf Zwecke, die zum Geschäftsbereich des Verfü-gungsberechtigten gehören und im Zusammenhang mit dessen dienstlichen Aufgaben und Verpflichtungen so-wie seiner Verwaltung stehen. Bei Ministern müssen die Ausgaben demnach unmittelbar mit ihrer Tätigkeitals Minister oder Mitglied der Landesregierung verbunden sein. Werden diese Aufgaben allerdings auch von anderen Landesbediensteten als dem Empfängerkreis von Verfü-gungsmitteln wahrgenommen, hat eine Finanzierung aus Titeln der Gr. 529 zu unterbleiben.

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Aufgrund ihrer Kennzeichnung als „außergewöhnlicher Aufwand in besonderen Fällen“ sind

Verfügungsmittel ausschließlich für nicht regelmäßig mit dem Hauptamt verbundenen dienst-

lichen Aufwand einzusetzen. Dies bedingt ein Hervortreten des Verfügungsberechtigten nach

außen. Eine derartige „Repräsentation“ seines Landes oder seiner Verwaltung entsteht dem

Verfügungsberechtigten gemeinhin durch dienstlich veranlasste Kontakte mit Bürgern und

Stellen außerhalb der Verwaltung des Landes sowie mit ausländischen Persönlichkeiten und

Angehörigen überregionaler und ausländischer Organisationen.117 Ausgaben im Zusammen-

hang mit Dienstberatungen bzw. Arbeitsgesprächen innerhalb der Landesverwaltung, Begeg-

nungen zwischen Verfügungsberechtigten oder mit Vertretern der Legislative stellen aufgrund

der Verbindung mit dem jeweiligen Hauptamt sowie des mangelnden Hervortretens nach au-

ßen keinen „außergewöhnlichen Aufwand in besonderen Fällen“ dar und sind somit nicht aus

Verfügungsmitteln zu finanzieren. Hierfür ist ggf. die Dienstaufwandsentschädigung des Ver-

fügungsmittelberechtigten einzusetzen.

Der Landesrechnungshof bittet um künftige Beachtung. Er hat bereits in der Vergangenheit an-

geregt, eine ressortübergreifende Handreichung zu schaffen.

2.3.2 Verstöße gegen vergaberechtliche Bestimmungen

(196) Vor dem Abschluss von Verträgen über Lieferungen und Leistungen ist nach § 55 LHO

eine öffentliche Ausschreibung durchzuführen, es sei denn, dass „die Natur des Geschäfts

oder besondere Umstände eine Ausnahme rechtfertigen“. Die Ausschreibung und Vergabe öf-

fentlicher Leistungen richtet sich nach dem Vergabegesetz Mecklenburg-Vorpommern und

weiteren vergaberechtlichen Bestimmungen wie beispielsweise dem Wertgrenzenerlass des

Wirtschaftsministeriums.

(197) Der Landesrechnungshof stellte fest, dass die vergaberechtlichen Vorschriften häufig

nicht eingehalten worden sind. So wurden zu wenig Angebote eingeholt oder Leistungen gar

nicht erst ausgeschrieben. Statt dessen wurden vorherige Verträge zu bestehenden Konditionen

verlängert. In einer Vielzahl der Fälle erfolgte im Bereich der Lebensmittelbeschaffung für

den Mensabetrieb eine unzulässige Direktvergabe oder es lagen keine Vergabeunterlagen vor.

(198) Der Landesrechnungshof empfiehlt zur sparsamen und wirtschaftlichen Haushaltsfüh-

rung eine regelmäßige Überprüfung der Verträge und ggf. die Durchführung eines neuen Ver-

gabeverfahrens.

117 Zur Bedeutung von Repräsentationsverpflichtungen vgl. Schuy, Dr. Johannes (2014): Handbuch des Haus-halts-, Kassen- und Rechnungswesens, Stand: 48. Aktualisierung August 2014, Teil 2000: Lexikon des Haus-halts-, Kassen- und Rechnungswesens, Stichwort „Verfügungsmittel“.

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2.3.3 Verstöße gegen die Bestimmungen des Landesreisekostengesetzes

(199) Nach dem Landesreisekostengesetz (LRKG M-V)118 werden Auslagen für Dienstreisen,

Reisen aus besonderen Anlässen und Dienstgänge von Landesbediensteten119 erstattet (Reise-

kostenvergütung).120

Wird eine Dienstreise am Dienstsitz begonnen, so unterliegt die Fahrt vom Wohnort zum

Dienstsitz nicht der Fahrkostenerstattung nach dem Landesreisekostengesetz.121 Sofern triftige

Gründe vorliegen, wird für Fahrten mit privaten Kraftfahrzeugen eine sogenannte große Weg-

streckenentschädigung gewährt.122 Zudem darf ein nicht regelmäßig verkehrendes Beförde-

rungsmittel (z. B. Taxi) nur dann genutzt werden, wenn triftige Gründe vorliegen.123

(200) Der Landesrechnungshof stellte diverse Mängel bei der Erstattung von Fahrkosten im

Rahmen von Dienstreisen fest. Oftmals fehlte die Begründung zur Abrechnung der großen

Wegstreckenentschädigung.

Nach Angaben des Finanzministeriums sei die Wegstreckenentschädigung in der überwiegen-

den Mehrheit der Fälle entsprechend den Festlegungen in den Dauergenehmigungen gezahlt

worden. Zudem verwies das Finanzministerium auf eine Verfügung des Leitenden Oberstaats-

anwalts, wonach Fahrten mit dem privaten Kraftfahrzeug für die im Rahmen der Dienstbereit-

schaft erforderlichen Dienstfahrten generell genehmigt seien. Besagte Dauergenehmigungen

wurden dem Landesrechnungshof im Rahmen seiner Prüfung nicht vorlegt. Die Dienstreisean-

träge selbst enthielten keine Angaben zu den triftigen Gründen. Bei der Anerkennung triftiger

Gründe handelt es sich überdies um eine Einzelfallentscheidung, die nicht Gegenstand einer

allgemeinen Genehmigung sein kann, die für mehr als einen Beschäftigten gilt.

Auch für Leistende des Bundesfreiwilligendienstes und des Freiwilligen Ökologischen Jahres

ist eine große Wegstreckenentschädigung ohne Angabe triftiger Gründe gezahlt worden.124 Bei

einem Zugticket mit der Option +City sind die Kosten für die Nutzung des Öffentlichen Per-

118 Gesetz über die Reisekostenvergütung für die Beamten und Richter des Landes Mecklenburg-Vorpommernvom 3. Juni 1998 (GVOBl. M-V S. 554), zuletzt geändert durch Artikel 2 des Gesetzes vom 27. Mai 2016(GVOBl. M-V S. 431).

119 Für die Beschäftigten und Auszubildenden des öffentlichen Dienstes in Mecklenburg-Vorpommern ist dasLRKG M-V sinngemäß nach Maßgabe der jeweiligen tariflichen Vorschriften anzuwenden (vgl. § 23 Abs. 4TV-L, § 10 Abs. 1 TV-L für Auszubildende).

120 § 1 Abs. 1 LRKG M-V.121 VV Nr. 2.3.1 zu § 2 LRKG M-V.122 Die große Wegstreckenentschädigung umfasst 25 Cent je gefahrenem Kilometer. § 5 Abs. 1 S. 2 i. V. m. § 4

Abs. 1 S. 2 LRKG M-V.123 § 4 Abs. 1 S. 2 LRKG M-V.124 Das Landesreisekostengesetz gilt in diesen Fällen nicht unmittelbar, wird seitens der Dienststelle jedoch ana-

log angewendet.

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sonennahverkehrs (ÖPNV) bereits enthalten. Ungeachtet dessen ist ohne ersichtlichen Grund

zusätzlich ein Ticket für die Nutzung des ÖPNV erstattet worden.

(201) Der Landesrechnungshof erwartet, dass die Beantragung, Bewilligung und Erstattung

von Fahrkosten zukünftig entsprechend der reisekostenrechtlichen Bestimmungen erfolgt.

(202) Notwendige Übernachtungskosten werden bis zur Höhe von 65 Euro je Übernachtung

erstattet.125 Übernachtungskosten, die diesen Betrag übersteigen, werden anerkannt, wenn die-

se aus einem von der Reisestelle herausgegebenen Hotelverzeichnis gebucht wurden bzw. die

Unvermeidbarkeit bereits im Dienstreiseantrag dargelegt und nachgewiesen wurde.126

(203) Der Landesrechnungshof hat in zwei Fällen festgestellt, dass ein Hotel mit überhöhten

Übernachtungskosten gewählt worden ist, obwohl laut Buchungssystem ein jeweils günstige-

res verfügbar gewesen wäre. Eine entsprechende Begründung fehlte. In einem Ressort ist

ebenfalls ohne weitergehende Begründung ein Übernachtungsgeld von mehr als 65,00 Euro je

Übernachtung gezahlt worden. Dies gilt im Fall einer Auslandsdienstreise auch für ein über

der Norm gezahltes Übernachtungsgeld.127

2.3.4 Sonstiges

(204) Bei der Gestaltung und Festlegung der Verwaltungsabläufe zur Erfüllung der Aufgaben

des Landes ist den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 Abs. 1 LHO)

Rechnung zu tragen. Der Verwaltungsaufwand sollte demnach so gering wie möglich gehalten

werden und in einem angemessenen Umfang zur Leistung bzw. zum Produkt stehen. Verwal-

tungsabläufe sind daher so schlank, transparent und überschaubar wie unter den rechtlichen

und organisatorischen Rahmenbedingungen möglich zu gestalten. Aufgaben und

Kompetenzen sollten gebündelt, Schnittstellen reduziert und auf überflüssige Verfahrens-

schritte verzichtet werden.

(205) Die Belegprüfung für das Haushaltsjahr 2015 offenbarte teilweise unwirtschaftliches

Verwaltungshandeln. So waren an einem Anordnungsverfahren bei Beträgen unter zehn Euro

mitunter bis zu fünf Personen beteiligt. In zwei Dienstellen wurde zusätzlich zu der über das

HKR-Verfahren des Landes automatisch erstellten Haushaltsüberwachungsliste (HÜL) eine

125 § 8 Abs. 1 LRKG M-V.126 VV Nr. 8.1.3 zu § 8 LRKG M-V.127 Gemäß VV Nr. 14.1 zu § 14 LRKG M-V i. V. m. der Allgemeinen Verwaltungsvorschrift über die Neufestset-

zung der Auslandstage- und Auslandsübernachtungsgelder vom 7. November 2014 beträgt das Auslandsüber-nachtungsgeld für die hier betroffene Russische Föderation (Moskau) 118 Euro je Übernachtung. Tatsächlichabgerechnet wurden jedoch 229,50 Euro pro Nacht.

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händische HÜL geführt. In einem Fall wurden die Einzahlungen durch die regelmäßige Anfor-

derung einer Zahlungsanzeige überwacht.

(206) Der Landesrechnungshof erwartet, dass HÜLs zukünftig nicht mehr manuell geführt

werden. Buchungen sind sofort beim vorgeschriebenen Titel vorzunehmen. Die Überwachung

von Zahlungseingängen anhand von Zahlungsanzeigen sollte den Ausnahmefall bei dringen-

der dienstlicher Notwendigkeit darstellen. Ist-Zahlungen werden nachrichtlich im HKR-Ver-

fahren des Landes dargestellt. Diese Nachweise sind schneller und wirtschaftlicher als schrift-

liche Zahlungsanzeigen.

Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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3 Vermögensübersicht Haushaltsjahr 2015

(207) Die Vermögensübersicht dient der Nachweisführung über die Art sowie den wert- bzw.

mengenmäßigen Bestand (inkl. Veränderungen) des Vermögens und der Schulden.128

3.1 Entwicklung des Vermögens

(208) Das Vermögen gliedert sich in das Liegenschaftsvermögen und das Kapitalvermögen.

Unter der Position „Liegenschaftsvermögen“ werden alle im Eigentum des Landes befindli-

chen Grundstücksflächen in m² ausgewiesen. Die Darstellung erfolgt getrennt nach Grundver-

mögen in Eigenverwaltung der Ressorts und nach dem Sondervermögen des Betriebs für Bau

und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V)129.

Das Liegenschaftsvermögen des Landes betrug zum 31.12.2015 rd. 1.691,3 Mio. m² (vgl. Ta-

belle 13). Es erhöhte sich im Vergleich zum Vorjahr um rd. 2,2 Mio. m² (0,13 %). Den größten

saldierten Zuwachs mit rd. 2,7 Mio. m² verzeichneten die unbebauten Liegenschaften in Ei-

genverwaltung der Ressorts.

Im Grundvermögen wurden die Vorjahresendbestände 2014 bei den bebauten und unbebauten

Liegenschaften mit wasserwirtschaftlicher Nutzung wegen geänderter Zuordnung korrigiert.

Bei den unbebauten Liegenschaften mit landwirtschaftlicher und forstwirtschaftlicher Nut-

zung, die sich in Eigenverwaltung der Ressorts befinden, erhöhten sich die Anfangsbestände

2015 um rd. 3,6 Mio. m². Dies ist auf die rückwirkende Berücksichtigung von Zu- und Abgän-

gen im Zusammenhang mit Bodenordnungsverfahren, Katasterberichtigungen, Kaufverträgen

usw. zum Übergabestichtag in 2014 zurückzuführen.

128 Die Pflicht zur Erstellung einer Übersicht über das Vermögen und die Schulden des Landes ergibt sich aus Ar-tikel 67 Abs. 1 der Verfassung Mecklenburg-Vorpommern und § 80 i. V. m. § 86 LHO.

129 Das Vermögen nach § 1 Abs. 2 des Gesetzes zur Errichtung des Sondervermögens „Betrieb für Bau und Lie-genschaften Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17. Dezember 2001 (GVOBl. M-V S. 600) ist nicht unter die-ser Position erfasst.

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Tabelle 13: Übersicht über das Vermögen, 2014-2015

Stand Ende 2014saldierte Zu-und Abgänge

2015Entwicklung Stand Ende 2015

Liegenschaftsvermögen in m²

Grundvermögen in Eigenverwaltung der Ressorts

1.676.853.4552.730.608 0,16 % 1.679.584.063

[1.673.281.938130]

davon bebaute Liegenschaften8.873.936

17.760 0,20 % 8.891.696[9.575.467130]

davon unbebaute Liegenschaften1.667.979.519

2.712.848 0,16 % 1.670.692.367[1.663.706.471130,131]

BBL-Sondervermögen 12.210.711 -530.104 -4,34 % 11.680.607

davon bebaute Liegenschaften 7.599.689 -194.874 -2,56 % 7.404.815

davon unbebaute Liegenschaften 4.531.271 -358.178 -7,90 % 4.173.093

davon Fiskalerbschaften 79.751 22.948 28,77 % 102.699

Gesamt1.689.064.166

2.200.504 0,13 % 1.691.264.670[1.685.492.649130, 131]

Kapitalvermögen in Euro

Darlehensforderungen1.390.345.203,21

-153.078.438,77 -11,01 % 1.237.266.764,44[1.392.453.667,14132]

Rücklagen 1.241.841.609,07 278.458.142,62 22,42 % 1.520.299.751,69

Sondervermögen1.026.883.730,40

147.768.496,81 14,39 % 1.174.652.226,85[1.018.773.627,29133]

Reinvermögen der Landesbetriebe 4.076.454,99 713.813,55 17,51 % 4.790.268,54

Sonstige revolvierende Fonds67.962.206,66

9.878.724,98 14,54 % 77.840.931,64[59.519.539,79134]

Wertpapiere 0,00 0,00 0,00

(unmittelbare) Beteiligungen 73.619.728,49 0,51 0,00 % 73.619.729,00

Sonstige Forderungen 115.623.233,00 -25.619.538,00 -22,16 % 90.003.695,00

Gesamt3.920.352.165,46

258.121.201,70 6,58 % 4.178.473.367,163.905.907.859,77

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

130 Der in der Vermögensübersicht 2014 ausgewiesene Bestand zum Ende des Haushaltsjahres 2014 wurde mitder Vermögensübersicht 2015 korrigiert. Grund: Rückwirkende Berücksichtigung von Zu- und Abgängen mitÜbergabestichtag in 2014 (Bodenordnungsverfahren, Katasterberichtigungen, Kaufverträge etc.).

131 Der in der Vermögensübersicht 2014 ausgewiesene Bestand zum Ende des Haushaltsjahres 2014 wurde mitder Vermögensübersicht 2015 korrigiert. Grund: geänderte Zuordnung von bebauten und unbebauten Flächen.

132 Der in der Vermögensübersicht 2014 ausgewiesene Bestand zum Ende des Haushaltsjahres 2014 wurde mitder Vermögensübersicht 2015 korrigiert. Grund: fehlende Berücksichtigung von Restschuldbefreiungen in2014.

133 Der in der Vermögensübersicht 2014 für das Sondervermögen „Betrieb für Bau und Liegenschaften“ ausge-wiesene Bestand zum Ende des Haushaltsjahres 2014 basierte auf dem vorläufigen Jahresabschluss 2014(Stand: 15. Juni 2015) und wurde aufgrund des endgültigen Jahresabschlusses 2014 mit der Vermögensüber-sicht 2015 korrigiert.

134 Die Daten der GRW-Ergänzungsdarlehen und des Kleindarlehensprogramms wurden in 2014 fälschlicherwei-se auf Basis von Bewilligungsdaten und nicht auf Grundlage von Auszahlungsdaten erstellt. Darüber hinauswurde in der Vermögensübersicht 2014 das BMV/KMU-Darlehen nicht ausgewiesen.

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(209) Das Kapitalvermögen des Landes wies am Ende des Haushaltsjahres 2015 einen Be-

stand von rd. 4.178,5 Mio. Euro auf. Gegenüber dem korrigierten Endbestand des Vorjahres

erhöhte es sich um rd. 258,1 Mio. Euro bzw. 6,6 %.

Diese Entwicklung ist vor allem auf das erneute Anwachsen der Rücklagen um rd.

278,5 Mio. Euro (22,4 %) und auf den Nettovermögenszuwachs bei den Sondervermögen135

von rd. 147,8 Mio. Euro (14,4 %) zurückzuführen. Der Bestand der revolvierenden Fonds ist

um rd. 9,9 Mio. Euro (14,5 %) gestiegen.

Die Darlehensforderungen reduzierten sich hingegen um rd. 153,1 Mio. Euro (11,0 %) und die

sonstigen Forderungen um rd. 25,6 Mio. Euro (22,2 %). Der größte saldierte Rückgang bei

den Darlehensforderungen entfällt mit rd. 140,2 Mio. Euro auf den Bereich des Ministeriums

für Wirtschaft, Bau und Tourismus (Einzelplan 06). Neben Tilgungsrückflüssen sind darin

auch Restschuldbefreiungen enthalten.

(210) Mit der Vermögensübersicht 2015 wurde der Anfangsbestand für das Sondervermögen

Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern (BBL M-V) um

rd. 8,1 Mio. Euro korrigiert. Die Differenz beruht auf Jahresabschlussabbuchungen für das

Jahr 2014, die erst im vierten Quartal 2015 durchgeführt wurden.

Die Verlässlichkeit und Aussagekraft der Vermögensübersicht wird durch eine nachträgliche

Korrektur der Vorjahresend- bzw. Anfangsbestände erheblich eingeschränkt.

Im Sinne einer transparenten und nachvollziehbaren Nachweisführung über das Vermögen des

Landes sollte das Finanzministerium als zuständige Fachaufsichtsbehörde darauf hinwirken,

dass das Sondervermögen künftig belastbare Zahlen für die Erstellung der Vermögensüber-

sicht zur Verfügung stellt.

Das Finanzministerium sagt zu, dass mit dem Erlass zur Aufstellung der Vermögensübersicht

künftig auf eine zum Zeitpunkt der Erstellung der Vermögensübersicht orientierte Erstellung

und Testierung von Jahresabschlüssen hingewiesen wird.

(211) Der Zuwachs bei den Rücklagen resultiert im Wesentlichen aus der Aufstockung der

Ausgleichsrücklage (vgl. Abbildung 20).

135 Der beim Sondervermögen Unternehmenshilfe- und Beteiligungsfonds ausgewiesene Bestand der unbefriste-ten Niederschlagungen von rd. 9,8 Mio. Euro ist Wert für das Jahr 2015. Insgesamt waren bis zum 31.12.2015Forderungen in Höhe von rd. 56,4 Mio. Euro unbefristet niedergeschlagen worden.

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Die Ausgleichsrücklage soll wegbrechende Einnahmen in künftigen Haushaltsjahren ausglei-

chen, soweit die Mindereinnahmen nicht durch andere Haushaltssicherungsmaßnahmen auf-

gefangen werden können.

In 2015 wurden der Ausgleichsrücklage rd. 365,4 Mio. Euro auf Basis von § 2 Abs. 8 Haus-

haltsgesetz 2014/2015 zugeführt. Das bedeutet, dass rd. 70,0 % der erzielten Mehreinnahmen

und sonstigen Haushaltsverbesserungen (rd. 525,4 Mio. Euro) für die Erhöhung dieser Rück-

lage eingesetzt wurden. Das Volumen der Ausgleichsrücklage beträgt derzeit

rd. 1.176,1 Mio. Euro und liegt somit weit über dem Niveau von 500 Mio. Euro, welches der

Landesrechnungshof als notwendig ansieht, um für konjunkturell bedingte Einnahmeausfälle

vorzusorgen.136 Auf die Schuldentilgung entfielen hingegen nur rd. 11,4 % bzw. 60 Mio. Euro.

Diese Mittel sollten, da sie im laufenden Haushalt nicht investiv eingesetzt wurden, dann zu-

mindest überwiegend für die Schuldentilgung verwendet werden. Mit der Tilgung von Alt-

schulden werden finanzpolitische Handlungsräume auf der Ausgabenseite geschaffen, die

z. B. genutzt werden können, um fachspezifische Ausgabenprogramme zu finanzieren.

(212) Per 31.12.2015 waren in der Ausgleichsrücklage rd. 499,1 Mio. Euro als Konjunktur-

vorsorge und für den Wegfall der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen zurückgelegt

worden. Daneben wurden in 2015 dem Sondervermögen Konjunkturausgleichsrücklage weite-

re 100 Mio. Euro zugeführt. Somit hat das Land für Konjunkturrisiken nunmehr Vorsorge in

Höhe von rd. 600,0 Mio. Euro getroffen.

Gemäß der Begründung zum Errichtungsgesetz der Konjunkturausgleichsrücklage war vorge-

sehen, dass für die finanzielle Ausstattung der Konjunkturausgleichsrücklage auf die beste-

hende Ausgleichsrücklage zurückgegriffen werden sollte. Daher erschließt sich dem Landes-

rechnungshof nicht, aus welchem Grund die 100 Mio. Euro nicht aus der Ausgleichsrücklage,

sondern als separate Zuführung unter Nutzung des § 2 Abs. 8 Haushaltsgesetz 2014/2015 ge-

leistet worden sind.

(213) Von den Mitteln der Ausgleichsrücklage waren rd. 519,1 Mio. Euro bzw. 44,1 % für

bestimmte Zwecke, gesetzliche oder vertragliche Verpflichtungen bzw. zur Ausfinanzierung

des Haushaltsplans 2016/2017 gebunden.

136 Die Landesregierung erachtet für das Sondervermögen „Konjunkturausgleichsrücklage des Landes Mecklen-burg-Vorpommern ebenfalls einen Regelbestand von 500 Mio. Euro als erforderlich (vgl. Gesetz zur Ände-rung der Landeshaushaltsordnung Mecklenburg-Vorpommern und zur Errichtung eines Sondervermögens„Konjunkturausgleichsrücklage des Landes Mecklenburg-Vorpommern, GVOBl. 6/12, S. 162-164 vom22.07.2015).

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Das Finanzministerium weist in seiner Stellungnahme darauf hin, dass der Ausgleichsrücklage

Beträge zugeführt werden, um in den Folgejahren Zahlungsverpflichtungen erfüllen zu kön-

nen, die ihrem Grunde nach im Jahr der Zuführung angelegt sind (z. B. Rückzahlungen Län-

derfinanzausgleich, Spitzabrechnung kommunaler Finanzausgleich). Zudem diene die Aus-

gleichsrücklage auch dazu, in den Vorjahren gebildete Reste zu finanzieren. Darüber hinaus

wird auch in den Fällen auf die Ausgleichsrücklage zurückgegriffen, bei denen im Jahr der

Aufstellung des Haushalts ein Bedarf absehbar ist, der jedoch nicht beziffert werden kann.

Das ist nach Auffassung des Landesrechnungshofes nicht Funktion der Ausgleichsrücklage.

Periodengerechte bzw. kaufmännische Elemente sind im kameralen Haushaltssystem anders

darzustellen: so werden z. B. Zahlungsverpflichtungen aus Vorjahren, die im Jahr der Entste-

hung nicht kassenwirksam geworden sind, über Haushaltsreste abgebildet. Die Ausfi-

nanzierung des Haushalts ist bereits bei der Aufstellung des Haushaltsplans sicherzustellen.

Das Ansparen von Geldern über die eigentliche Zweckbestimmung137 der Ausgleichsrücklage

hinaus führt dazu, dass fachpolitisch motivierte Ausgabewünsche den finanzpolitischen Not-

wendigkeiten vorgehen. Damit wird die Entscheidung, ob die Gelder der Ausgleichsrücklage

für den Ausgleich von Einnahmeschwankungen oder zur Schuldentilgung verwendet werden

sollen, in die nächsten Haushaltsjahre verschoben. Eine generationengerechte Haushaltspolitik

sollte darauf hinwirken, die Vorbelastung des Haushalts aufgrund von Schuldenaufnahmen aus

früheren Haushaltsjahren schnellstmöglich abzubauen.

137 Gemäß der Erläuterungen zu Titel 1111 911.01 Zuführungen an die Ausgleichsrücklage sollen die Mittel„zum Ausgleich von weg brechenden Einnahmen in künftigen Jahren verwendet werden, soweit die Minder-einnahmen nicht auf andere Weise aufgefangen werden können. Damit soll sichergestellt werden, dass diemit dem Nachtrag 2007 eingeleitete Entwicklung – Aufstellung ausgeglichener Haushalte – auch zukünftigweitergeführt werden kann. Mit den kommenden Haushalten ist über die Verwendung der Rücklage (Aus-gleich von Einnahmeverschlechterungen oder alternativ zusätzliche Tilgungen) zu entscheiden.“

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Abbildung 20: Entwicklung der Rücklagen jeweils zum Ende des Haushaltsjahres von 2007-2015, in Mio. Euro

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

(214) Die unmittelbaren und mittelbaren Beteiligungen des Landes werden in der Vermö-

gensübersicht mit dem prozentualen und betragsmäßigen Anteil des Landes am Stammkapital

der Beteiligung aufgeführt.

Die Darstellung der LGE Landesgrunderwerb Mecklenburg-Vorpommern GmbH als 100 %ige

unmittelbare Landesbeteiligung ist unzutreffend. Das Land hält lediglich 6 % unmittelbar.

Weitere 94 % der Geschäftsanteile werden von der Landgesellschaft Mecklenburg-Vorpom-

mern gehalten, an der das Land nur mit 50,5 % unmittelbar beteiligt ist.

Der Landesrechnungshof empfiehlt, die Darstellung der LGE Landesgrunderwerb Mecklen-

burg-Vorpommern GmbH mit der nächsten Vermögensübersicht zu korrigieren.

Das Finanzministerium sagt dies zu.

3.2 Entwicklung der Schulden

(215) Zur Finanzierung seiner Schulden nimmt das Land Kredite am Kapitalmarkt auf (fun-

dierte Schulden). Dies erfolgt zum einen über die Emission von Wertpapieren (z. B. Landes-

schatzanweisungen) und zum anderen in Form von Schuldscheindarlehen. Zum 31.12.2015

war das Land am Kapitalmarkt mit rd. 9.246,2 Mio. Euro verschuldet. Im Vergleich zum Vor-

jahresendbestand wurden demnach rd. 125,4 Mio. Euro netto am Kapitalmarkt getilgt.

94

2007 2008 2009 2010 2011 2012 2013 2014 2015

0

200

400

600

800

1.000

1.200

1.400

1.600

1.800Rücklage Arbeitszeitkonten Rücklage f ür Besoldungs- und Tarif anpassungenRücklage kommunaler Finanzausgleich HochschulrücklageAusgleichsrücklage Bürgschaf tsicherungs- und Schuldendienstrücklage

in M

io.

Eu

ro

290

930

498

826

9771.041

1.140

1.242

1.520

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Zur Beurteilung der haushaltsmäßigen Verschuldung sind neben den Kreditmarktschulden die

noch nicht valutierten Kreditaufnahmen138 mit einzubeziehen. Dabei handelt es sich um aufge-

schobene Anschlussfinanzierungen, die zunächst über einen „internen Kredit“ gegenüber dem

Liquiditätsbestand des Landes „zwischenfinanziert“ werden. Abhängig von der Kassenlage

und dem Finanzierungsbedarf des Landes wird der interne Kredit im Laufe des Folgejahres

über eine tatsächliche Kreditaufnahme am Kapitalmarkt abgelöst. Somit stehen den in der

Kreditfinanzierungsrechnung ausgewiesenen jahresübergreifenden Kreditumbuchungen keine

tatsächlichen Kreditaufnahmen am Kapitalmarkt gegenüber. Für das Haushaltsjahr 2015 wur-

den rd. 751,7 Mio. Euro als nicht valutierte Kreditaufnahmen umgebucht. Die haushaltsmäßi-

ge Verschuldung für das Haushaltsjahr 2015 betrug somit rd. 9.997,9 Mio. Euro. Daraus ergibt

sich für das Haushaltsjahr 2015 eine haushaltsmäßige Netto-Tilgung von 60,0 Mio. Euro

(216) Neben den fundierten Schulden sind dem Schuldenstand des Landes weitere Verbind-

lichkeiten hinzuzurechnen, die unter Sonstige Schulden ausgewiesen werden. Diese Position

enthält durch das Land in 2015 bereits in Anspruch genommene Lieferungen und Leistungen,

deren Bezahlung jedoch erst im nächsten Haushaltsjahr – also 2016 – fällig war. Diese Ver-

bindlichkeiten haben sich im Vergleich zum Vorjahr um rd. 4,2 Mio. Euro auf rd.

11,3 Mio. Euro erhöht.

(217) In 2015 ist die Pro-Kopf-Verschuldung des Landes auf rd. 5.777 Euro je Einwohner

weiter gesunken. Dies entspricht einem Rückgang um rd. 90,4 Euro je Einwohner.

Im finanzwirtschaftlichen Vergleich ist die Pro-Kopf-Verschuldung bei den FO in 2015 hinge-

gen um rd. 163,7 Euro je Einwohner139 zurückgegangen und lag Ende 2015 bei rd. 5.330 Euro

je Einwohner. Bei den FFW reduzierte sich die einwohnerbezogene Verschuldung um rd.

23,8 Euro pro Einwohner auf rd. 8.337 Euro je Einwohner.

138 Bei den nicht valutierten Kreditaufnahmen handelt es sich um Kredite, die erst im Laufe des Jahres 2016 tat -sächlich am Kapitalmarkt aufgenommen wurden, haushaltsmäßig aber dem Jahr 2015 zuzurechnen sind.

139 Die ZDL hat die Kapitalmarktverschuldung des Freistaats Thüringen für 2013 von 11.105 Mio. Euro auf15.874 Mio. Euro und für 2014 von 10.556 Mio. Euro auf 15.699 Mio. Euro korrigiert. Damit hat sich diePro-Kopf-Verschuldung der ostdeutschen Flächenländer für 2014 von 5.021 Euro je Einwohner, wie sie imLandesfinanzbericht 2015 ausgewiesen wurde, auf 5.493 Euro je Einwohner erhöht.

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Abbildung 21: Schuldenstand140 zum 31.12. im Ländervergleich, 1991-2015, in Euro je EW

Quelle: ZDL; eigene Berechnungen.

(218) Neben den expliziten Schulden bestehen für das Land Zahlungsverpflichtungen aus

künftigen Versorgungsansprüchen der gegenwärtig im Landesdienst tätigen Beamtinnen und

Beamten.

Zum 31.12.2015 betrug die implizite Verschuldung aus Versorgungsverpflichtungen für vor

2008 in den Landesdienst übernommene Beamtinnen und Beamte rd. 6.654,4 Mio. Euro. Dies

entspricht einem Zuwachs um rd. 1.288,6 Mio. Euro, der sich im Vergleich zum Vorjahr (rd.

654,4 Mio. Euro) nahezu verdoppelt hat. Von diesem Anstieg sind rd. 1.260,0 Mio. Euro auf

den deutlich geringeren Diskontierungssatz141 zurückzuführen.

Die Pensionsverpflichtungen für die Beamtenjahrgänge ab 2008 sollen über den Versorgungs-

fonds des Landes finanziert werden. Hierfür hat das Land in 2015 netto rd. 48,9 Mio. Euro zu-

geführt. Dem Bestand des Versorgungsfonds von rd. 181,4 Mio. Euro steht eine implizite Ver-

sorgungsschuld in gleicher Höhe für bisher erworbene Ansprüche der ab 2008 in Mecklen-

burg-Vorpommern verbeamteten Personen gegenüber.

140 Die vom Statistischen Bundesamt zum 31.12. eines Jahres ausgewiesene Höhe der Kreditmarktschulden kanndie tatsächliche Verschuldungslage der Länder allerdings nicht unmittelbar widerspiegeln, da es aufgrund vonBuchungen im sogenannten 5. Quartal („Auslaufperiode“ des Haushaltsjahres) sowie länderübergreifendenUnterschieden in der Haushaltstechnik zu deutlichen Abweichungen zwischen den stichtagsbezogenen Anga-ben und denen der Haushaltsabschlüsse kommen kann. Vgl. im Detail hierzu Landesrechnungshof Mecklen-burg-Vorpommern (2009): Jahresbericht 2009 (Teil 1) – Landesfinanzbericht 2009, S. 17 f.

141 Für die Ermittlung der impliziten Verschuldung werden die künftigen Versorgungsansprüche mit dem 7-jähri-gen Durchschnitt der Umlaufrenditen für börsennotierte Bundeswertpapiere mit einer Restlaufzeit von über15 Jahren bis einschließlich 30 Jahren abdiskontiert. Dieser Zinssatz wurde vom Gremium zur Standardisie-rung des staatlichen Rechnungswesens nach § 49a HGrG für 2015 auf 2,65 % festgelegt. In 2014 lag dieserZinssatz noch bei 3,95 %.

96

19911992

19931994

19951996

19971998

19992000

20012002

20032004

20052006

20072008

20092010

20112012

20132014

2015

0

1.000

2.000

3.000

4.000

5.000

6.000

7.000

8.000

9.000

MV

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Angesichts der hohen impliziten Zahlungsverpflichtungen aus Versorgungsansprüchen der Be-

amtinnen und Beamten hält es der Landesrechnungshof weiterhin für sinnvoll, eine entspre-

chende Vorsorge zur Entlastung künftiger Haushalte zu treffen. Die Vorsorge sollte sich am

tatsächlichen Bedarf orientieren und den heutigen Haushalt nicht stärker belasten als notwen-

dig. Nur so ist eine generationengerechte Verteilung der Versorgungslasten gewährleistet.

Der Landesrechnungshof hält daher an seiner Empfehlung fest, weitere Beamtenjahrgänge aus

der Zeit vor 2008 in das kapitalgedeckte Versorgungssystem des Versorgungsfonds aufzuneh-

men. Die Finanzierung der Pensionsverpflichtungen über den Versorgungsfonds142 sollte –

analog zum Freistaat Sachsen – verfassungsrechtlich verankert werden.

3.3 Entwicklung der Sicherheitsleistungen und Gewährleistungen

(219) Ende 2015 betrug der Bestand an Sicherheits- und Gewährleistungen rd.

739,7 Mio. Euro. Dies entspricht einem Rückgang um rd. 89,1 Mio. Euro bzw. 10,8 % im Ver-

gleich zum Vorjahr (vgl. Tabelle 14). Der für das Haushaltsjahr 2015 zur Übernahme von Si-

cherheitsleistungen bestehende Ermächtigungsrahmen in Höhe von 2.732,4 Mio. Euro wurde

mit rd. 1.421,1 Mio. Euro143 zu rd. 52,0 % ausgeschöpft.

Tabelle 14: Entwicklung des Bestands an Sicherheits- und Gewährleistungen von 2014 zu 2015, in Euro

Stand Ende 2014saldierte Zu- und

Abgänge 2014Entwicklung Stand Ende 2015

Bürgschaften144 764.820.787,41 -65.622.557,55 -8,58% 699.198.229,86

Sonstige Eventual-verbindlichkeiten

64.007.356,50 -23.457.633,69 -36,65% 40.549.722,81

Gesamt 828.828.143,91 -89.080.191,24 -10,75% 739.747.952,67

Quelle: Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern; eigene Berechnungen.

(220) Der Bestand an übernommenen Bürgschaften verringerte sich im Vergleich zum Vor-

jahr um rd. 65,6 Mio. Euro auf rd. 699,2 Mio. Euro. Der deutlichste Rückgang war bei den

Bürgschaftsübernahmen für den Kommunalen Aufbaufonds mit saldiert rd. 30,2 Mio. Euro

und zur Förderung der Wirtschaft (inkl. Werften) mit saldiert rd. 30,7 Mio. Euro zu verzeich-

nen, wobei der Bürgschaftsbestand zur Förderung des Werften-Sektors mit rd. 44,7 Mio. Euro

am stärksten abgenommen hat.

142 Vgl. dazu auch Abschnitt V.15.143 Der Betrag setzt sich zusammen aus der Summe der in Anspruch genommenen Sicherheitsleistungen von rd.

692,6 Mio. Euro und der Summe der übernommenen Sicherheitsleistungen von rd. 728,5 Mio. Euro.144 In der Vermögensübersicht 2015 wurden die übernommenen Sicherheitsleistungen aus der Gewährträger-

schaft bei der Übertragung von Naturschutzflächen des Bundes an Dritte unter der Position Bürgschaften aus-gewiesen. Aus Sicht des Landesrechnungshofes handelt es sich hierbei um Sonstige Eventualverbindlichkeitenund wurden daher in Tabelle 14 dieser Position zugerechnet. Die Darstellung wird vom Finanzministeriummit der nächsten Vermögensübersicht korrigiert.

97

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Bei den Eventualverbindlichkeiten reduzierte sich der Bestand zum Vorjahr um rd.

24,5 Mio. Euro. Dieser Rückgang ist vor allem auf saldierte Abgänge von rd. 12,4 Mio. Euro

bei den Garantieerklärungen zur Absicherung der den Kultureinrichtungen überlassenen Leih-

gaben zurückzuführen. Zudem reduzierten sich die übernommenen Garantien zur Absicherung

von veräußerten Darlehensforderungen um rd. 5,6 Mio. Euro und die übernommenen Garan-

tieerklärungen zur Erlangung von Kommunalkrediten zugunsten nichtöffentlicher Träger von

Krankenhäusern um rd. 6,5 Mio. Euro.

(221) Die Ausfallzahlungen fielen in 2015 mit rd. 9,2 Mio. Euro deutlich geringer aus als im

Vorjahr (rd. 30,7 Mio. Euro). Die höchsten Inanspruchnahmen entfallen mit rd. 4,0 Mio. Euro

auf den Werften-Sektor und mit rd. 4,7 Mio. Euro auf Freistellungen im Zusammenhang mit

der Finanzierung von ökologischen Altlasten.

Seit 1991 wurde das Land bisher mit rd. 705,4 Mio. Euro aus übernommenen Sicherheitsleis-

tungen in Anspruch genommen. Dem stehen Einnahmen aus Bürgschaftsregress von kumuliert

rd. 9,0 Mio. Euro gegenüber.

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V. Feststellung zur Prüfung der Landesverwaltung

Einzelplan 03 – Geschäftsbereich des Ministerpräsidenten - Staatskanzlei -

1 Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesvertretung Mecklenburg-Vorpommern beim Bund und des Informationsbüros Brüssel (ausgewählte Titel)

Die Landesvertretung M-V beim Bund hat für die Überlassung ihrer Räumlichkeiten an

Dritte Entgelte zu erheben. Bei Beschaffungsvorgängen sind die Bedarfsmeldung und

die Durchführung des Vergabeverfahrens grundsätzlich organisatorisch zu trennen.

Dienstleistungsverträge mit dem Charakter von Rahmenvereinbarungen sind alle vier

Jahre neu auszuschreiben.

Der finanzielle Geschäftsablauf des Informationsbüros Brüssel ist kompliziert und feh-

leranfällig. Die Staatskanzlei sollte die Einführung von ProFiskal prüfen. Die Regelun-

gen der Beschaffungsrichtlinie M-V sind für das Informationsbüro Brüssel zu überar-

beiten.

(222) Der Landesrechnungshof hat die Haushalts- und Wirtschaftsführung der Landesvertre-

tung M-V beim Bund (LV) sowie des Informationsbüros Brüssel (IB) anhand ausgewählter Ti-

tel für die Jahre 2014 und 2015 geprüft. Die Prüfung erstreckte sich ferner über alle bestehen-

den Beschaffungs- und Dienstleistungsverträge.

1 Landesvertretung M-V beim Bund

(223) Die LV sitzt seit 2001 mit der Landesvertretung Brandenburg in einer gemeinsamen

Immobilie „In den Ministergärten“ in Berlin. Ihre primäre Aufgabe ist es, die Interessen des

Landes gegenüber dem Bund wahrzunehmen sowie die Beziehungen der Landesregierung zu

den Institutionen und Akteuren aus Politik, Wirtschaft, Kultur etc. in Berlin zu pflegen.

1.1 Kostenfreie Überlassung der Räumlichkeiten

(224) Die LV stellt Nutzern ihre Räumlichkeiten für Veranstaltungen kostenfrei zur Verfü-

gung. Sie begründet den Verzicht auf die Erhebung eines Entgelts damit, dass dies zusammen

mit den Umsätzen aus der Weiterberechnung der externen Dienstleisterkosten (Service, Reini-

gung, Pfortendienst) die einschlägigen Umsatzgrenzen zur Begründung eines Betriebes ge-

werblicher Art (BgA) i. S. d. § 4 KStG übersteigen würde. Ein dauerhafter wirtschaftlicher

Betrieb eines BgA sei angesichts des damit einhergehenden Verwaltungsaufwands nicht reali-

sierbar. Zudem würden zusätzliche Mietkosten die finanzielle Leistungsfähigkeit vieler Nutzer

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überschreiten, weshalb die LV vor dem Hintergrund ihrer „Schaufensterfunktion“ in Berlin auf

die Erhebung eines Entgelts verzichte.

(225) Die Überlassung der Räumlichkeiten an Nutzer außerhalb der unmittelbaren Landes-

verwaltung ist nach § 63 Abs. 4 LHO i. V. m. § 63 Abs. 6 LHO zu ihrem vollen Wert zu ver-

güten. Eine Ausnahmegenehmigung des Finanzministeriums liegt nach Erkenntnis des Lan-

desrechnungshofes nicht vor.145 Demzufolge sind Entgelte zum vollen Wert zu erheben.

(226) Nach § 4 KStG sind alle Einrichtungen, die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätig-

keit zur Erzielung von Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die

sich innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich herausheben, als

BgA zu klassifizieren. Eine Gewinnerzielungsabsicht und die Beteiligung am allgemeinen

wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich. Die Einschätzung, ob ein dauerhaft wirt-

schaftlich sinnvoller Betrieb gewährleistet wäre, ist für die Klassifizierung eines BgA uner-

heblich.

Der Landesrechnungshof regt an, dass die Staatskanzlei und das Finanzministerium das Vor-

liegen eines BgA prüfen und in diesem Zusammenhang die Vermietung der Räumlichkeiten an

Fremdveranstalter einer gründlichen und ergebnisoffenen Begutachtung unterziehen. Er hat

darum gebeten, über das Ergebnis und die daraus resultierenden Entscheidungen informiert zu

werden.

1.2 Bewirtschaftung des Veranstaltungstitels

(227) Aufgrund einer internen Prüfung der Verfahren und Verantwortlichkeiten für den Ver-

anstaltungstitel (531.03) bewirtschaftet das Veranstaltungsreferat der LV seit dem 01.01.2016

diesen Titel in eigener Verantwortung.

(228) Der Landesrechnungshof sieht die alleinige Verantwortung für die Bewirtschaftung des

Veranstaltungstitels bei einem Referat kritisch. Bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen

sind grundsätzlich die Bedarfsanmeldung und die Durchführung des Vergabeverfahrens orga-

nisatorisch zu trennen.146 Die Größe der LV und die besonderen Verhältnisse als Interessenver-

tretung des Landes im politischen Betrieb in Berlin berücksichtigend wären Ausnahmen hier-

145 Das Finanzministerium lässt nach § 63 Abs. 5 LHO i. V. m. VV Nrn. 4 und 6 zu § 63 LHO eine Ausnahme zu,sofern der volle Wert der Vermögensgegenstände im Einzelfall einen Jahresbetrag von 5.000 Euro nicht über-steigt. Bei Vorliegen eines dringenden Landesinteresses kann es nach § 63 Abs. 5 LHO zusätzlich Ausnahmenzulassen.

146 Vgl. Nr. 4.2 Verwaltungsvorschrift der Landesregierung zur Bekämpfung von Korruption in der Landesver-waltung Mecklenburg-Vorpommern (VV-Kor), vom 23. August 2015 – II 200 – 212/VV-Kor – (AmtsBl. M-V2005 S. 1031).

100

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von bei geringwertigen Beschaffungen nach § 3 Abs. 6 VOL/A unter 500 Euro (Direktkauf)

und bei Fällen „besonderer Dringlichkeit“ nach § 3 Abs. 5 Buchstabe g möglich. Diese Aus-

nahmefälle sind aussagefähig zu dokumentieren. Die Einhaltung der personellen Trennung

(Mehr-Augen-Prinzip) ist dabei zu gewährleisten.

(229) Die Staatskanzlei teilte mit, dass sie die Sichtweise des Landesrechnungshofes ange-

sichts des bei allen Vorgängen geltenden Mehr-Augen-Prinzips, der Zeichnungshierarchie so-

wie der einschlägigen Vergabe- und Haushaltsvorschriften nicht nachvollziehen könne. Sie

sagte eine Überprüfung der bestehenden Kontrollmechanismen und ggf. Ergänzungen dersel-

ben zu. Sie sehe derzeit jedoch keine Möglichkeit, von der gewählten Zuständigkeitsregelung

Abstand zu nehmen.

(230) Der Landesrechnungshof bleibt bei seiner Auffassung, dass eine organisatorische Tren-

nung grundsätzlich zu erfolgen hat. Das Einhalten einer personellen Trennung in Form des

Mehr-Augen-Prinzips wird bei allen Beschaffungsvorgängen vorausgesetzt.

1.3 Vertrag über die Gebäudereinigung

(231) Die LV hat verschiedene Dienstleistungsverträge mit dem Charakter von Rahmenver-

einbarungen abgeschlossen. Rahmenvereinbarungen sollen nach § 4 Abs. 1 VOL/A eine Lauf-

zeit von vier Jahren nicht überschreiten.147

Der Vertrag über die Gebäudereinigungsleistungen wurde am 30.01.2002 geschlossen. Der

Landesrechnungshof hatte bereits im Rahmen der Prüfung der LV im Jahr 2006 auf die Not-

wendigkeit einer Neuausschreibung hingewiesen. Neuausschreibungen von Dienstleistungen

in sich schnell verändernden Märkten führen oftmals zu wirtschaftlicheren Angeboten. Zudem

wird die Gefahr von Bevorzugungen und Wettbewerbsverzerrungen vermieden.

(232) Die LV legte dem Landesrechnungshof eine Leistungsbeschreibung vor, die bereits im

Jahr 2011 für eine Neuausschreibung der Leistungen erstellt wurde. Es sei jedoch bislang

nicht möglich gewesen, eine Einigung mit der Landesvertretung Brandenburg zu erzielen. Die

LV sicherte zu, nochmals auf eine Neuausschreibung zu drängen.

(233) Der Landesrechnungshof sieht eine Neuausschreibung als dringend erforderlich an, um

einerseits den gesetzlichen Bestimmungen zu entsprechen und andererseits eine ggf. wirt-

schaftlichere Durchführung der Dienstleistung zu ermöglichen.

147 Vgl. § 4 Abs.1 VOL/A.

101

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2 Informationsbüro Brüssel

(234) Das IB besteht seit 1991 und wurde nun erstmals durch den Landesrechnungshof ge-

prüft. Das IB dient der Interessenwahrnehmung des Landes gegenüber den Organen und Gre-

mien der Europäischen Union. Es soll die Landesregierung frühzeitig über Gesetzesvorhaben

und aktuelle politische Entwicklungen auf europäischer Ebene informieren.

2.1 Finanzieller Geschäftsablauf

(235) Der finanzielle Geschäftsablauf erfolgt nach Darstellung des IB über drei Konten und

eine Handkasse. Für alle Haushaltstitel würden Haushaltsüberwachungslisten (HÜL) in Excel

geführt. Alle Zahlungsvorgänge würden titelübergreifend in einem Zahlstellenbuch vermerkt.

Für die Begleichung der fälligen Ausgaben fordere das IB im Bedarfsfall eine pauschale Zahl-

stellenbestandsverstärkung bei der Staatskanzlei an. Quartalsweise schicke das IB eine Zahl-

stellenabrechnung an das Haushaltsreferat der Staatskanzlei, das dann die Verbuchung über

ProFiskal vornimmt.

(236) Die bisherige Abwicklung des Geschäftsverkehrs ist aus Sicht des Landesrechnungs-

hofes kompliziert und trotz gewissenhafter Führung fehleranfällig. Zudem scheint das jetzige

System auf die Sachbearbeiterin zugeschnitten zu sein. Der Landesrechnungshof empfiehlt da-

her, die Einführung des Systems ProFiskal beim IB in Brüssel zu prüfen. Die technischen Vor-

aussetzungen für eine Einrichtung sind gegeben.

(237) Die Staatskanzlei teilte hierzu mit, dass bereits im Jahr 2013 die Einführung von Pro-

Fiskal beim IB geplant war. Aufgrund von Problemen mit Auslandsüberweisungen im Zuge

der Umstellung auf das SEPA-Verfahren wurde das Verfahren zu diesem Zeitpunkt jedoch

nicht eingeführt. Das Vorhaben der Einrichtung von ProFiskal soll jedoch wieder aufgegriffen

werden.

(238) Die Handkasse ist als eingerichtete Zahlstelle nach § 78 LHO mindestens einmal jähr-

liche einer unvermuteten Prüfung zu unterziehen. Eine solche Prüfung durch die Staatskanzlei

fand im Prüfungszeitraum nicht statt. Es lag keine Ausnahmegenehmigung des Finanzministe-

riums vor.

(239) Der Landesrechnungshof weist die Staatskanzlei darauf hin, bei allen sich in ihrem Zu-

ständigkeitsbereich befindlichen Zahlstellen mindestens einmal jährlich eine unvermutete Prü-

fung nach § 78 LHO durchzuführen.

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2.2 Beschaffungs- und Dienstleistungsverträge

(240) Die Beschaffungsrichtlinie M-V148 schreibt in Nr. 1.3 eine zentrale Beschaffung für

alle Einrichtungen und Behörden des Landes über das Landesamt für innere Verwaltung

(LAiV) vor, wenn der Wert des zu vergebenden Auftrags über 2.000 Euro beträgt oder die zu

beschaffenden Lieferungen und Leistungen über den eShop des LAiV bestellt werden kön-

nen.149

(241) In den Jahren 2014 und 2015 hat das IB Büromöbel in eigener Zuständigkeit beschafft,

obwohl diese auch über den eShop hätten bezogen werden können. Damit hat das IB gegen

die Regelungen der Beschaffungsrichtlinie verstoßen, letztendlich aber im Einklang mit der

LHO und dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit gehandelt, da die Beschaffung über den eShop

aufgrund von anfallenden Transport- und Montagekosten zu höheren Ausgaben geführt hätte

als der Bezug über einen belgischen Anbieter.

(242) Der Landesrechnungshof regt an, die Beschaffungsrichtlinie M-V für das IB entspre-

chend zu überarbeiten.

(243) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

148 Richtlinie für das Verfahren bei Beschaffungen durch das Landesamt für innere Verwaltung (BeschaffRl MV)vom 22.03.2013 – II 120 – 510.2.

149 Für das IB gilt in Nr. 1.5 BeschaffRl M-V des Weiteren, dass bei Lieferungen und Leistungen, die nicht überden eShop bestellt werden können, die Wertgrenze von 2.000 Euro nicht gilt. Die Beschaffungen können indiesen Fällen in eigener Zuständigkeit ausgeführt werden.

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2 Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über den NDR durch die Staatskanzlei

Im Prüfzeitraum ergriff die Staatskanzlei keine rechtsaufsichtlichen Maßnahmen. Infor-

mationsunterlagen, aus denen die Notwendigkeit aufsichtsrechtlichen Handelns hätte

evident werden können, wurden unkommentiert zu den Akten genommen. Die Einheit-

lichkeit des Aufsichtshandelns durch die zuständigen Behörden in den NDR-Staatsver-

tragsländern ist nicht gewährleistet.

(244) Der Landesrechnungshof hat geprüft, wie die Staatskanzlei Mecklenburg-Vorpommern

ihre rechtsaufsichtlichen Aufgaben erfüllt. Hierzu wurde exemplarisch die Aufgabe „Rechts-

aufsicht über den NDR“ ausgewählt.

Gemäß Geschäftsverteilungsplan vom 01.07.2015 liegt die Zuständigkeit für Medienrecht und

Medienpolitik in Mecklenburg-Vorpommern bei der Staatskanzlei. Insoweit ist diese als

Fachressort für die Rechtsaufsicht über den NDR zuständig.

Ziel der Rechtsaufsicht ist die Sicherstellung der Rechtmäßigkeit des Verwaltungshandelns.

Die überwachende Institution hat dafür Sorge zu tragen, dass die Schranken der Gesetze ein-

gehalten und die durch Gesetz auferlegten Pflichten erfüllt werden. Aus der Garantenstellung

des Landes Mecklenburg-Vorpommern für den NDR können für den Landeshaushalt erhebli-

che Risiken entstehen. Die Rechtsaufsichtsbehörde muss daher die ihr zur Verfügung stehen-

den Aufsichtsinstrumente nutzen, um Risiken mit erheblicher finanzieller Belastung für das

Land frühzeitig zu erkennen und zu begrenzen.

Der Landesrechnungshof prüfte, wie und in welchem Umfang die Staatskanzlei Mecklenburg-

Vorpommern die Rechtsaufsicht über den NDR im Zeitraum vom 01.07.2007 bis zum

31.12.2008 sowie vom 01.07.2013 bis 31.12.2014 wahrgenommen hat.150

Er hat auch untersucht, wie die Zusammenarbeit der Regierungen der NDR-Staatsvertragslän-

der mit Blick auf deren Aufsichtsfunktion organisiert ist, ob einheitliche Standards festgelegt

worden sind und ein Verfahren zur Abstimmung rechtsaufsichtlicher Maßnahmen implemen-

tiert wurde.

(245) Dem verfassungsrechtlichen Gebot der Staatsfreiheit Rechnung tragend, ist die Auf-

sicht über den öffentlich-rechtlichen Rundfunk geteilt in die anstaltsinterne Aufsicht – durch

die jeweiligen Organe der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalt – sowie in die staatliche

Aufsicht (Rechtsaufsicht) durch die Regierungen der Länder.

150 In diesen Zeiträumen übte sie turnusgemäß die Rechtsaufsicht über den NDR aus (s. Tz. 245).

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Die anstaltsinterne Aufsicht über den NDR obliegt den NDR-Organen Intendant, Rundfunkrat

und Verwaltungsrat. Sie ist in den §§ 18 und 25 NDR-Staatsvertrag (NDR-StV) abschließend

geregelt.

Bei der staatlichen Aufsicht handelt es sich um eine beschränkte Rechtsaufsicht151, die gegen-

über der anstaltsinternen Aufsicht subsidiär ist. Ihre Ausübung liegt in der Zuständigkeit der

am NDR-StV beteiligten Länder. Die staatliche Aufsicht wechselt nach 18 Monaten in einer

festgelegten Reihenfolge auf das jeweils nächste der am Staatsvertrag über den NDR beteilig-

ten Länder über.152

Die Subsidiarität sowie die Beschränkung der staatlichen Aufsicht spiegelt sich in deren

Handlungsmöglichkeiten wider. Zulässige präventive Instrumente sind danach im Wesentli-

chen das Beratungs- sowie das Unterrichtungs- bzw. Informationsrecht153. Daneben bestehen

besondere Aufsichtsrechte, welche die Regierungen der NDR-Staatsvertragsländer zur Teil-

nahme an den Sitzungen des Rundfunkrates und des Verwaltungsrates berechtigen.154

Ein Eingreifen der staatlichen Aufsicht in Angelegenheiten, die der anstaltsinternen Aufsicht

obliegen, ist als Folge des Subsidiaritätsgrundsatzes nur zulässig, soweit die anstaltsinterne

Aufsicht ihre Aufgabe nicht wahrnimmt. Dies setzt entsprechende Rechtmäßigkeitsprüfungen

durch die staatliche Aufsicht auch für Themenbereiche voraus, die originär der anstaltsinter-

nen Aufsicht obliegen.

Anhaltspunkte für Rechtsverletzungen können sich aus unterschiedlichen Quellen, z. B. auf-

grund von Hinweisen Dritter oder infolge von Prüfungen im Rahmen der Ausübung der

Rechtsaufsicht ergeben. Werden Rechtsverletzungen festgestellt, ist die aufsichtsführende Re-

gierung berechtigt, die Organe des NDR155 durch schriftliche Mitteilung auf diese hinzuwei-

sen.156 Ein unmittelbares Einschreiten der staatlichen Aufsicht gegenüber dem NDR ohne vor-

herige Einbindung von dessen Organen ist aufgrund des Subsidiaritätsgrundsatzes nicht mög-

lich.

(246) Von der Staatskanzlei wurden im Prüfzeitraum keine rechtsaufsichtlichen Maßnahmen

ergriffen.

151 BVerfGE 12, 205 (261); 57, 295 (326).152 § 37 Abs. 1 Satz 2 NDR-StV.153 Vgl. hierzu beispielsweise § 14 Abs. 6 NDR-StV.154 Vgl. § 20 Abs. 4 bzw. § 24 Abs. 3 NDR-StV.155 Organe des NDR sind der Rundfunkrat, der Verwaltungsrat, der Intendant oder die Intendantin sowie die Lan-

desrundfunkräte bezogen auf die Landesprogramme (§ 16 Abs. 1 NDR-StV).156 Vgl. § 37 Abs. 2 bis 4 NDR-StV.

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Sie vertrat die Auffassung, dass staatliche Rechtsaufsicht über den öffentlich-rechtlichen

Rundfunk lediglich auf eine reine Evidenzkontrolle beschränkt bleiben dürfe. Dies bedeute,

dass ein Einschreiten bzw. Handeln erst aufgrund von konkreten Hinweisen bei offensichtlich

erkennbaren, gravierenden und außergewöhnlichen Verstößen bzw. Fehlern, die keiner zusätz-

lichen Prüfung bedürften, erlaubt sei. Derartige Anlässe habe es nicht gegeben.

Ihr entsprechendes Verwaltungshandeln hatte die Staatskanzlei nicht hinreichend dokumen-

tiert. Informationsunterlagen, aus denen die Notwendigkeit aufsichtsrechtlichen Handelns hät-

te evident werden können, wurden unkommentiert zu den Akten genommen. Ob und inwie-

weit diese Unterlagen geprüft wurden, blieb offen.

Zudem sah die Staatskanzlei keine gesetzliche Grundlage, die es dem Landesrechnungshof er-

mögliche, die originäre Tätigkeit der Staatskanzlei im Bereich der Rechtsaufsicht zu prüfen.

Möglich sei lediglich eine Prüfung mit Blick auf die wirtschaftliche und sparsame Verwen-

dung der eingesetzten Mittel.

(247) Eine Steuerung des aufsichtsrechtlichen Handelns sowie des Ressourceneinsatzes setzt

einen Gesamtüberblick über die Aufgaben und Pflichten der Aufsichtsbehörde voraus. Der

Landesrechnungshof regt daher an, dass die Staatskanzlei zunächst die von der Rechtsaufsicht

zu überwachenden Regelungen des NDR- und Rundfunkstaatsvertrages in einer Übersicht zu-

sammenstellt und diese mit den Regierungen der anderen NDR-Staatsvertragsländer ab-

stimmt. Auch die hier in Rede stehende beschränkte Rechtsaufsicht hat die Rechtmäßigkeit

des Verwaltungshandelns zum Ziel, eine reine Evidenzkontrolle hält der Landesrechnungshof

für nicht sachgerecht.

Insbesondere vor dem Hintergrund der turnusmäßig wechselnden Federführerschaft können

einheitliche Prüfstandards und -routinen oder Checklisten als Orientierungshilfe dienen und

zur Kontinuität beitragen. So sollte bei jeder neuen Beteiligung, die der NDR eingeht, geprüft

werden, ob die Voraussetzungen des § 35 NDR-StV erfüllt sind. Das Ergebnis der Prüfung

wäre zu dokumentieren. Ziel sollte es sein, transparente und nachvollziehbare Verwaltungs-

und Entscheidungsabläufe zu gewährleisten sowie den gegenseitigen Informationsfluss zu

stärken.

Der Landesrechnungshof empfiehlt der Staatskanzlei, entsprechende Standards und Prüfrouti-

nen zu entwickeln und sich bei den anderen Staatsvertragsländern für eine derartige Verfah-

rensweise einzusetzen. Er geht davon aus, dass das Verwaltungshandeln zukünftig ausreichend

dokumentiert wird.

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(248) Zu den von der Staatskanzlei aufgeworfenen Fragen bezüglich der rechtlichen Grund-

lage einer Prüfung der Rechtsaufsicht der Staatskanzlei über den NDR durch den Landesrech-

nungshof sowie zu Anlass und Umfang dieser Rechtsaufsicht hat der Landesrechnungshof ein

Gutachten von Prof. Dr. Christoph Gröpl (Universität des Saarlands) beauftragt.157

Das Gutachten kommt zu dem Ergebnis, dass dem Landesrechnungshof die Kompetenz zu-

steht, die Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über den NDR durch die Staatskanzlei zu prüfen.

Art. 68 Abs. 3 Satz 2 Verf. M-V stelle explizit darauf ab, dass die Aufgabe Rechnungsprüfung

nicht nur die reine Kontrolle der Haushaltsführung beinhalte, sondern auch Zweckmäßigkeit

und Wirtschaftlichkeit umfasse. Dadurch werde das zielverwirklichende Verwaltungshandeln

in die Prüfung eingeschlossen.

Der Gutachter unterstreicht zudem, dass die staatliche Rechtsaufsicht insbesondere zu über-

prüfen habe, ob der NDR die für ihn geltenden wirtschafts- und finanzrelevanten Vorschriften

befolge, solange dadurch die grundgesetzlich garantierte Staatsfreiheit des öffentlich-rechtli-

chen Rundfunks nach Art. 5 Abs. 1 Satz 2 Fall 2 GG nicht berührt würde. Bei einer Evidenz-

kontrolle würden Umfang und Dichte der Prüfung deutlich reduziert. Ein Einschreiten wäre

nur dann nötig, wenn Verstöße gegen den Prüfungsmaßstab so offensichtlich seien, dass sie

nicht ignoriert werden könnten. Eine rein anlassbezogene Evidenzkontrolle würde daher das

gebotene Mindestmaß staatlicher Aufsicht unterschreiten.

Darüber hinaus bestätigt das Gutachten, dass die Anwendung von Prüfroutinen und -leitfäden

zulässig sei.

(249) Die Staatskanzlei hat sich den zentralen Ergebnissen des Gutachtens angeschlossen

und angekündigt, für die künftige Ausübung der Rechtsaufsicht über den NDR ein geeignetes

Prüfschema zu entwickeln. Der Landesrechnungshof begrüßt diesen Schritt.

(250) Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

157 Vgl. Gröpl, Christoph (2015): Rechtsgutachten zur Wahrnehmung der Rechtsaufsicht über den Norddeut-schen Rundfunk (NDR) durch den Ministerpräsidenten (die Staatskanzlei) des Landes Mecklenburg-Vorpom-mern und deren Kontrolle durch den Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern. Erstattet im Auftragdes Landesrechnungshofs Mecklenburg-Vorpommern.

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Einzelplan 06 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit

3 Nachschauprüfung Risikokapitalbeteiligungen des Technologiefonds Mecklenburg-Vorpommern

Der Technologiefonds Mecklenburg-Vorpommern hat im Jahr 2015 eine Beteiligung an

einem Unternehmen erworben, obwohl dabei die vom EU-Beihilferecht vorgeschriebene

Mindestbeteiligungsquote privater Investoren von 30 % nicht eingehalten wurde. Das

Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Gesundheit hat die Erfüllung der Nachweis-

und Berichtspflichten des Technologiefonds Mecklenburg-Vorpommern durch das

Fondsmanagement nicht mit der gebotenen Sorgfalt überwacht. Zudem weisen die ver-

traglichen Vereinbarungen zur Vergütung des Fondsmanagements Mängel auf.

(251) Die Technologiefonds Mecklenburg-Vorpommern GmbH (TFMV) ist ein revolvieren-

der Risikokapitalfonds. Er soll kleinen und mittleren Unternehmen (KMU)158 mit Sitz und we-

sentlicher Betriebsstätte in Mecklenburg-Vorpommern durch Verbesserung der Eigenkapital-

struktur den Zugang zum Fremdkapital erleichtern. Banken lehnen eine Kreditfinanzierung

technologieorientierter Investitionen auf Grund von Unsicherheiten über das Entwicklungspo-

tenzial oder die Marktreife als klassisches Unternehmerrisiko oft ab (Kapitalmarktlücke). Um

dieser Kapitalmarktlücke entgegenzuwirken, beteiligt sich der 2009 gegründete TFMV an

KMU in Mecklenburg-Vorpommern. Hierfür hat das Land dem TFMV durch Zuwendungsver-

trag eine Zuwendung in Höhe von rd. 4,46 Mio. Euro159 zur Verfügung gestellt und später auf

rd. 5,46 Mio. Euro aufgestockt.

(252) Das Eingehen von Beteiligungen durch den TFMV unterliegt verbindlichen Beteili-

gungsgrundsätzen. So muss nach den Leitlinien der Gemeinschaft für staatliche Beihilfen zur

Förderung von Risikokapitalinvestitionen für kleinere und mittlere Unternehmen160 (Risikoka-

pitalleitlinien) der Anteil privater Investoren an der Investition in das Zielunternehmen bei

mindestens 30 % liegen.

(253) Das Management des TFMV hat die Genius Venture Capital GmbH (Genius), die einzi-

ge Gesellschafterin des TFMV, übernommen. Einziger Gesellschafter der Genius ist der Tech-

158 Unternehmen gelten als KMU, wenn sie weniger als 250 Personen beschäftigen und einen Jahresumsatz vonhöchstens 50 Mio. Euro oder eine Jahresbilanzsumme von höchstens 43 Mio. Euro aufweisen. Kleine Unter-nehmen beschäftigen weniger als 50 Personen und haben einen Jahresumsatz oder Jahresbilanzsumme vonhöchstens 10 Mio. Euro.

159 Aus Mitteln der Sondervermögens „Zukunftsfonds Mecklenburg-Vorpommern“.160 ABl. 2006/C 194/02 vom 18.08.2006.

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nologie- und Gewerbezentrum e. V. Schwerin/Wismar. Die Genius hat nach dem Manage-

mentvertrag mit dem TFMV die Investitions- bzw. Beteiligungsentscheidungen für den TFMV

unter Beachtung der Beteiligungsgrundsätze ausschließlich nach kaufmännischen Gesichts-

punkten vorzubereiten und Beschlussvorlagen für den TFMV zu fertigen. Die Investitionsent-

scheidung selbst trifft ein unabhängiger Investmentausschuss des TFMV161 .

1 Prüfung des Landesrechnungshofes 2011/2012

(254) Der Landesrechnungshof hat 2011/2012 geprüft, ob die Genius entsprechend ihren

Verpflichtungen aus dem Managementvertrag Finanzierungsanfragen und Investitionsent-

scheidungen mit der gebotenen kaufmännischen Sorgfalt geprüft und die Beteiligungsgrund-

sätze des TFMV sowie die für die Beteiligungen des TFMV geltenden weiteren rechtlichen

Rahmenbedingungen beachtet hat. Wesentliches Ergebnis der Prüfung war, dass Genius vor

Eingehung von Risikokapitalbeteiligungen in zwei Fällen nicht mit der gebotenen Sorgfalt ge-

prüft hatte, ob sich das Beteiligungsunternehmen in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befand

und deswegen keine Beihilfen hätte erhalten dürfen.162

2 Nachschauprüfung

(255) Anlässlich der 2016 durchgeführten Nachschauprüfung hat der Landesrechnungshof

untersucht, ob bei den seit Abschluss des vorausgegangenen Prüfungsverfahrens neu einge-

gangenen Risikokapitalbeteiligungen die unionsrechtlichen Beihilfevorschriften eingehalten

worden sind. Geprüft wurde ferner die Aufsicht des Ministeriums über den TFMV. Auf

Grundlage der Prüfungsergebnisse hat der Landesrechnungshof Vorschläge entwickelt, wie zu-

künftig die Qualität von Zuwendungs- und Managementverträgen für Risikokapitalfonds ver-

bessert werden könnte.

2.1 Mindestbeteiligung privater Investoren

(256) Der Erwerb einer neuen Beteiligung im August 2015 stand nicht im Einklang mit dem

europäischen Beihilferecht. Außer dem TFMV und einem privaten Investor mit jeweils

100.000 Euro hat eine weitere aus Landesmitteln finanzierte Beteiligungsgesellschaft 400.000

Euro in das Beteiligungsunternehmen investiert. Deshalb wird die vorgeschriebene Mindest-

beteiligungsquote privater Investoren von 30 %163 mit nur rd. 17 % nicht erreicht.

161 Berufliche Tätigkeiten der Mitglieder des Investmentausschusses 2016: leitender Mitarbeiter eines Kreditin-stituts, leitender Mitarbeiter eines Technologieunternehmens, Geschäftsführer eines Technologie- und Gewer-bezentrums, Wirtschaftsprüfer und Steuerberater.

162 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2012): Jahresbericht 2012 (Teil 2) – Landesfinanzbe-richt 2012, Tzn. 368 bis 381.

163 Nr. 4.3.4 der Risikokapitalleitlinien und Ziff. 2.1 der Beteiligungsgrundsätze.

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(257) In seiner Stellungnahme wendet das Ministerium ein, die aus Landesmitteln finanzierte

Beteiligungsgesellschaft habe sich nicht auf Grundlage der Risikokapitalleitlinie, sondern der

de-minimis-Verordnung164 beteiligt. Die von der Beteiligungsgesellschaft investierten 400.000

Euro seien keine Investition im Sinne der Risikokapitalleitlinie. Bei der Ermittlung der Inves-

titionssumme und bei der Berechnung der Beteiligungsquote privater Investoren wären diese

Mittel nicht zu berücksichtigen.

(258) Der Landesrechnungshof bemerkt hierzu, dass es sich bei der Einlage der Beteili-

gungsgesellschaft auch nach Auffassung des Ministeriums um Risikokapital handelt. Die Fi-

nanzierungsvereinbarung des Ministeriums mit der Beteiligungsgesellschaft ist mit „Fi-

nanzierungsvereinbarung über die Errichtung [...] eines Risikokapitalfonds für Beteiligungen

an innovativen KMU“ überschrieben. Damit ist die Einlage der Beteiligungsgesellschaft von

400.000 Euro auch eine Investition im Sinne der Risikokapitalleitlinie.

(259) Das Ministerium wendet ferner ein, 60.000 Euro der Einlage seien privat finanziert

worden. Die Beteiligungsgesellschaft müsse nach der Finanzierungsvereinbarung 15 % ihrer

Investition aus eigenen Mitteln aufbringen. Würden dieser Betrag und weitere 60.000 Euro,

die der private Investor bereits im November 2014 investiert hatte, bei Berechnung der Betei-

ligungsquote privater Investoren berücksichtigt, so ergebe sich eine Quote von 33,3 %.

(260) Der Landesrechnungshof bemerkt hierzu, dass fünf der Gesellschafter der Beteili-

gungsgesellschaft Körperschaften des öffentlichen Rechts sind, die sich in erster Linie aus den

Pflichtbeiträgen ihrer Mitglieder finanzieren. Die Einlage der Beteiligungsgesellschaft ist in

voller Höhe eine Investition der öffentlichen Hand. Die Beteiligungsquote der privaten Inves-

toren liegt in jedem Fall unter 30 %.

Der Landesrechnungshof merkt ferner an, dass der TFMV seine Beteiligung zu schlechteren

Konditionen als ein privater Investor eingegangen wäre, wenn die Beteiligungsgesellschaft –

wie das Ministerium meint – 60.000 Euro privat finanziert und investiert hätte. Die Einzah-

lung der Beteiligungsgesellschaft wird mit 8,5 % p. a. verzinst, während die Einzahlungen des

TFMV in Stammkapital und Kapitalrücklage der Beteiligung nicht verzinst werden. Das stün-

de mit den Risikokapitalleitlinien und den Beteiligungsgrundsätzen nicht im Einklang165.

164 Verordnung (EU) Nr. 1407/2013 der Kommission vom 18. Dezember 2013.165 Nr. 3.2 der Risikokapitalleitlinien und Ziff. 6.3 der Beteiligungsgrundsätze; sog. Pari-passu-Prinzip.

110

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2.2 Managementvergütung

(261) Seit Abschluss des Prüfungsverfahrens 2011/2012 haben zwei der seinerzeit fünf Be-

teiligungsunternehmen Insolvenz angemeldet. Eine der Beteiligungen hat der TFMV Mitte

2014 veräußert. In den Jahren 2012 und 2014 hat der TFMV zwei weitere Beteiligungen er-

worben. Danach hält der Fonds derzeit vier Beteiligungen.

(262) Genius wird nach derzeitigem Stand für die gesamte Fondslaufzeit voraussichtlich

dem TFMV Managementvergütungen in Höhe von insgesamt rd. 1.050.000 Euro in Rechnung

stellen. Bis Ende 2015 hat Genius ein Gesamtvolumen von rd. 684.000 Euro abgerechnet.

Nach einer Kostenvorschau der Genius (Stand: 14.11.2016) fällt im Zeitraum 2016 bis zum

Auslaufen des Fonds Ende 2019 zusätzliche Managementvergütung in Höhe von insgesamt

rd. 366.000 Euro an.

(263) Danach werden von den Fondsmitteln in Höhe von voraussichtlich rd. 6,38 Mio.

Euro166 rd. 16,5 % für das Fondsmanagement verbraucht. Unter Berücksichtigung der sonsti-

gen Fondskosten (beispielsweise Vertragskosten bei dem Erwerb von Beteiligungen) in Höhe

von voraussichtlich insgesamt rd. 115.000 Euro (2009 bis 2019) ergibt sich eine Aufwands-

quote von rd. 18,3 %. Damit wird ein erheblicher Anteil der vom Land dem TFMV zur Fi-

nanzierung von Risikokapitalbeteiligungen zugewendeten Mittel für das Fondsmanagement

und sonstige Fondskosten verwendet.

(264) Das Ministerium hätte darauf achten müssen, dass nach dem Zuwendungs- und Mana-

gementvertrag die Fondsmittel so weit wie möglich für den Erwerb von Risikokapitalbeteili-

gungen, also ihren eigentlichen Zuwendungszweck, aufgewendet werden. Die vertraglichen

Regelungen zur Managementvergütung tragen dem Grundsatz des sparsamen und wirtschaftli-

chen Umgangs mit Zuwendungen jedoch nicht ausreichend Rechnung.

(265) Nach dem Managementvertrag steht dem Fondsmanagement für die gesamte Fonds-

laufzeit eine Mindestvergütung von jährlich 80.000 Euro zu. In der Investitionsphase167 bis

Ende 2016 ist eine Mindestvergütung im Hinblick auf die vergleichsweise hohen fixen Kosten

des Fondsmanagements zweifellos gerechtfertigt. Allerdings sollte sie jedenfalls nach Beendi-

gung einer Frühphase auch in einem angemessenen Verhältnis zu den in den Beteiligungen in-

vestierten Fondsmitteln stehen. Anderenfalls könnte das Fondsmanagement die Mindestvergü-

166 Landeszuwendungen an den Fonds in Höhe von insgesamt rd. 5,46 Mio. Euro zuzüglich Rückflüsse in denFonds in Höhe von rd. 916.000 Euro.

167 Hierunter ist der Zeitraum zu verstehen, in dem das Fondsmanagement die Aufgabe hat, mit den vom Landzugewiesenen Fondsmitteln Beteiligungen für den TFMV zu erwerben. Bei der Veräußerung von Beteiligun-gen zurückfließende Fondsmittel durften vom TFMV bis spätestens 31.12.2016 wieder in Beteiligungen in-vestiert werden.

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tung von 80.000 Euro p. a. auch dann in voller Höhe beanspruchen, wenn es bei der Einge-

hung von Engagements gänzlich oder weitgehend erfolglos geblieben ist.

In der Nachlaufphase ab Anfang 2017 birgt die Regelung zur Mindestvergütung von 80.000

Euro p. a. ebenfalls das Risiko, dass für ein geringes Fondsvermögen unangemessen hohe Ma-

nagementvergütungen zu zahlen sind. So wäre nach dem Wortlaut des Vertrags diese Vergü-

tung auch dann zu zahlen, wenn sich beispielsweise wegen der Insolvenz von Beteiligungsun-

ternehmen das Fondsvermögen stark verringert hätte.

(266) Kostentreibend kann sich außerdem auswirken, dass das Fondsmanagement auch auf

abgerufene Fondsmittel, die vom TFMV vorerst nicht zur Finanzierung von Beteiligungen be-

nötigt werden, nach dem Managementvertrag 3,5 % p. a. Vergütung beanspruchen kann.

Nach dem Zuwendungsvertrag168 können die zur Finanzierung der Risikokapitalbeteiligungen

benötigten Fondsmittel gegen Bedarfsnachweis beim Land bis zu vier Wochen vor beabsich-

tigter Mittelbindung abgerufen werden. Das ist Ausdruck des haushaltsrechtlichen Fälligkeits-

prinzips169. Unter „Mittelbindung“ ist hier der Abschluss des Vertrags über eine Risikokapital-

beteiligung zu verstehen.

In insgesamt sechs Fällen hat die Managementgesellschaft Mittel zur Finanzierung von Betei-

ligungen abgerufen, ohne dass es zum Abschluss der angestrebten Beteiligungsverträge kam.

So hat das Ministerium am 17.12.2009 auf Anforderung der Genius vom 14.12.2009 für den

Erwerb von drei Beteiligungen einen Betrag von insgesamt 929.000 Euro angewiesen. Erst

zwischen dem 16.12.2010 und dem 10.05.2011 sind diese Mittel für den Erwerb von Beteili-

gungen an anderen Gesellschaften verwendet worden.

Am 21.12.2011 hat das Ministerium auf Anforderung des Fondsmanagements vom 19.12.2011

dem TFMV für drei weitere Beteiligungen einen Betrag von insgesamt 780.000 Euro zuge-

wendet. Auch hier kam es nicht zum Vertragsschluss.

In drei weiteren Fällen sind die beabsichtigten Beteiligungen nicht wie vorgesehen innerhalb

von vier Wochen, sondern erst mit erheblicher Verspätung eingegangen worden. Der zeitliche

Abstand zwischen der Mittelauszahlung durch das Ministerium und dem Abschluss der Betei-

ligungsverträge lag in zwei Fällen bei 5 Monaten, in einem Fall bei 15 Wochen.

(267) Nach § 4 Abs. 5 des Zuwendungsvertrags kann der TFMV nicht unmittelbar benötigte

Fondsmittel anlegen. Danach besteht keine Verpflichtung, die Zuwendungen, die entgegen der

168 § 1 lit. b Sätze 2 und 3 des Zuwendungsvertrags.169 vgl. VV Nr. 7.2 zu § 44 LHO.

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Prognose der Managementgesellschaft nicht innerhalb von vier Wochen zur Finanzierung von

Beteiligungen verwendet werden konnten, an das Land zurückzuzahlen. Es fehlt aber eine ver-

tragliche Regelung, wonach auf diesen Teil des Fondsvermögens keine oder allenfalls eine

deutlich reduzierte Managementvergütung zu zahlen ist. Fehleinschätzungen der Manage-

mentgesellschaft, ob und wann es zur Eingehung einer Risikobeteiligung kommen wird, kön-

nen fraglos vorkommen. Sie sollten jedoch nicht zulasten des Fondsvermögens bzw. des Lan-

des gehen.

(268) Auch die Bestimmungen zur Mindestvergütung für das Fondsmanagement in der

Nachlaufphase170 sind unter Kosten- bzw. Wirtschaftlichkeitsaspekten kritisch zu sehen.

Bei größeren Risikokapitalfonds wird üblicherweise in der Investitionsphase eine Fondsvergü-

tung von 2,5 % p. a. vereinbart. Dies ergibt sich aus dem Notifizierungsschreiben der Kom-

mission vom 07.04.2009. Der mit Genius für die Investitionsphase vereinbarte höhere Pro-

zentsatz von 3,5 % p. a. wird von der Kommission unter Hinweis auf höhere Fixkosten und

spezifische Merkmale des Fonds171 als marktüblich akzeptiert.

Diese kostentreibenden Faktoren entfallen jedoch in der Nachlaufphase ganz oder zumindest

teilweise. So muss das Fondsmanagement nach dem 31.12.2016 keine Beteiligungsanträge

mehr prüfen und bearbeiten. Es hat im Wesentlichen nur noch die verbleibenden Engagements

zu verwalten und den Ausstieg des TFMV aus diesen Beteiligungen – also die möglichst vor-

teilhafte Veräußerung – vorzubereiten und zu vollziehen. Dennoch hat nach den vertraglichen

Bestimmungen das Fondsmanagement in dieser Phase Anspruch auf Zahlung desselben Hono-

rarsatzes (2,5 % p. a.), der für das Fondsmanagement anderer Risikokapitalfonds in der Inves-

titionsphase üblicherweise gezahlt wird. Eine sachliche Rechtfertigung hierfür ist nicht er-

sichtlich.

(269) Das Ministerium ist aufgefordert zu prüfen, ob eine Neuverhandlung der vertraglichen

Bestimmungen zur Managementvergütung in der Nachlaufphase des TFMV noch angezeigt

und erfolgversprechend ist. Bei Auflage weiterer Risikokapitalfonds sollte das Ministerium

die festgestellten Defizite der Vereinbarungen zur Managementvergütung vermeiden.

(270) Das Ministerium wendet ein, die Kommission habe die Vergütung des Fondsmanage-

ments anlässlich der Notifizierung ausführlich gewürdigt und als begründet angesehen. Außer-

dem falle ein Großteil des Aufwands der Managementgesellschaft erst nach der Investition in

das Beteiligungsunternehmen an. In dieser Phase gehe es insbesondere um die hands-on-

170 2,5 % des Fondsvermögens p. a. gemäß § 4 Abs.1 des Managementvertrags.171 Unter anderem zeitintensive Betreuung der Beteiligungsunternehmen in der Frühphase, Screening-Kosten.

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Betreuung und Begleitung der Beteiligungsunternehmen in wesentlichen unternehmerischen,

betriebswirtschaftlichen und strategischen Fragestellungen.

(271) Der Landesrechnungshof merkt hierzu an, dass sich die Kommission bei Notifizierung

ausschließlich zur Managementvergütung in der Investitionsphase in Höhe von jährlich 3,5 %

des Fondsvermögens geäußert hat. Eine Vergütung in dieser Höhe liegt nach Auffassung der

Kommission zwar über dem bei größeren Risikokapitalfonds üblichen Satz von jährlich

2,5 %. Im Hinblick darauf, dass der TFMV relativ klein sei, lasse sich eine höhere Vergütung

aber rechtfertigen172. Das Notifizierungsschreiben lässt an keiner Stelle die Schlussfolgerung

zu, die Kommission halte auch die später in den Managementvertrag aufgenommenen Rege-

lungen zur Mindestvergütung, zur Fondsvergütung in der Nachlaufphase und zur Zahlung der

Managementvergütung auf angeforderte, aber nicht in Beteiligungen investierte Fondsmittel

für angemessen.

Der Landesrechnungshof bemerkt ferner, dass die Höhe der Managementvergütung in der

Nachlaufphase von jährlich 2,5 % nicht mit der nach Auffassung des Ministeriums besonders

aufwendigen hands-on-Betreuung der Beteiligungsunternehmen gerechtfertigt werden kann.

Wenn die Managementgesellschaft nach der Investition in das Beteiligungsunternehmen in be-

sonders hohem Maße für den TFMV tätig werden müsste, hätte es nahegelegen, eine Manage-

mentvergütung zu vereinbaren, die über und nicht deutlich unter dem Satz von jährlich 3,5 %

in der Investitionsphase liegt.

2.3 Aufsicht des Ministeriums über das Fondsmanagement

(272) Das Ministerium ist als Regulierungsbehörde zur Beaufsichtigung des Fondsmanage-

ments des TFMV verpflichtet.173 Das Ministerium hat im Zuwendungsvertrag die Nachweis-

und Berichtspflichten des TFMV nicht im erforderlichen Umfang geregelt. Soweit sich im Zu-

wendungsvertrag Bestimmungen zu Nachweis- und Berichtspflichten finden, hat das Ministe-

rium deren Erfüllung durch das Fondsmanagement nicht durchweg mit der gebotenen Sorgfalt

überwacht. Im Einzelnen:

(273) Nach dem Zuwendungsvertrag174 hat der TFMV bei Abruf der Mittel bis zu vier Wo-

chen vor der beabsichtigten Bindung den Bedarf dem Ministerium nachzuweisen. Obwohl der

TFMV bzw. sein Fondsmanagement in mindestens einem Fall den Bedarf beim Abruf nicht

172 Notifizierung vom 07. April 2009, Tz. 69.173 Nr. 4.3.6 lit. c der Leitlinien i. V. m. der Notifizierung, Rzn. 97 und 4.174 § 1 lit. b Sätze 2 und 3 des Zuwendungsvertrags.

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nachgewiesen hat, wurden die Mittel vom Ministerium unverzüglich und ohne weitere Nach-

frage zur Verfügung gestellt:

Mit Schreiben vom 14.12.2009 hat der TFMV zur Finanzierung von drei geplanten Beteili-

gungen Zuwendungen in Höhe von insgesamt 900.000 Euro abgefordert. Zur Begründung hat

der TFMV u. a. ausgeführt, man befinde sich mit den betreffenden Unternehmen in Vertrags-

verhandlungen. Die Engagements sollten „bis zum 28. Februar [...] realisiert sein“. Danach

haben der TFMV bzw. das Fondsmanagement offensichtlich damit gerechnet, dass in mindes-

tens einem Fall der Vertragsschluss nicht innerhalb von vier Wochen, sondern erst nach mehr

als zwei Monaten zustande kommen könnte (tatsächlich ist keine der drei vorgesehenen Betei-

ligungen eingegangen worden). Das Ministerium hat dennoch bereits am 17.12.2009 die Mit-

tel angewiesen.

(274) Die Managementgesellschaft Genius hat abgerufene und ausgezahlte Fondsmittel in

verschiedenen Fällen über einen Zeitraum von bis zu 16 Monaten nicht zur Finanzierung von

Risikokapitalbeteiligungen des TFMV verwendet. Im Zuwendungsvertrag fehlt eine Bestim-

mung, nach der der TFMV bzw. die Managementgesellschaft dem Ministerium als Bewilli-

gungsbehörde unverzüglich anzeigen müssen, wenn die Fondsmittel nicht innerhalb der vor-

gesehenen Frist von vier Wochen nach ihrer Auszahlung zur Finanzierung von Risikokapital-

beteiligungen verwendet worden sind. Eine vergleichbare Regelung175findet sich in Nr. 5.5

ANBest-P (Anlage 2 der VV zu § 44 LHO).

(275) Nach dem Zuwendungsvertrag dürfen der TFMV bzw. seine Managementgesellschaft

den Zwischenverwendungsnachweis durch Vorlage des Jahresabschlusses des TFMV führen.

Das Ministerium hat versäumt, dem TFMV durch den Zuwendungsvertrag die jährliche Vor-

lage der Belege für Einzelzahlungen, insbesondere für die Zahlung der Fondsvergütung an das

Fondsmanagement, vorzuschreiben176. Dazu hätte jedoch Anlass bestanden. Denn aufgrund

der Übernahme des Fondsmanagements durch die Managementgesellschaft Genius werden

ihre Rechnungen über die Managementvergütung vom Geschäftsführer der Genius – also in

der Sache vom Rechnungsaussteller selbst – für den TFMV sachlich und rechnerisch richtig

gezeichnet. Bei dieser Sachlage und einer Laufzeit des Technologiefonds von zehn Jahren

wäre eine zwischenzeitliche Vorlage der Rechnungen über die Managementvergütung bei dem

Ministerium und eine Prüfung dieser Belege angezeigt gewesen.

175 Mit zweimonatiger Frist.176 Die ANBest-P enthalten eine vergleichbare Regelung. Nach Nr. 6.1 Satz 2 ANBest-P hat der Zuwendungs-

empfänger bei mehrjährigen Projektförderungen binnen vier Monaten nach Ablauf des Haushaltsjahres einenZwischenverwendungsnachweis zu führen. Gemäß Nr. 6.5 ANBest-P sind mit dem Verwendungsnachweis dieOriginalbelege über die Einzelzahlungen vorzulegen.

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(276) Mit dem Zuwendungsvertrag hat sich der TFMV verpflichtet, gegenüber dem Ministe-

rium die vollständige Investition der Fondsmittel zum 31.12.2011 durch vertragliche Mittel-

bindung an Beteiligungsunternehmen und unter Berücksichtigung (auch künftiger) Kosten des

Fonds bis zum 30.06.2012 nachzuweisen. Daran anknüpfend hat sich der TFMV auf der

Grundlage von drei Änderungsverträgen zum Zuwendungsvertrag verpflichtet, die entspre-

chenden Nachweise über das Fondsmanagement jeweils zum Jahresende, letztmals zum

30.06.2015 mit dem Berichtsstand 31.12.2014, zu erbringen.

Der TFMV bzw. sein Fondsmanagement sind dieser Berichterstattungspflicht nach dem Zu-

wendungsvertrag im Zeitraum 2010 bis 2016 nicht nachgekommen. Das Ministerium hat da-

nach zu keinem der im Zuwendungsvertrag festgeschriebenen Zeitpunkte den Nachweis über

die vollständige Investition der Fondsmittel erhalten. Das Ministerium hat versäumt, die Ein-

haltung der Nachweispflicht zu überwachen und die Fondsgesellschaft aufzufordern, diesen

Nachweis zu erbringen.

Somit hat es auch bis zu diesem Zeitpunkt nicht geprüft, ob die an den Fonds überwiesenen

Zuwendungen höher sind als die nachgewiesenen Investitionen. Nach dem Zuwendungsver-

trag kann in einem solchen Fall das Ministerium von der Fondsgesellschaft die Rückzahlung

der Differenz verlangen.

(277) Die Managementgesellschaft Genius hat die halbjährlichen Statusberichte über die

Entwicklung der Beteiligungsunternehmen177 im Betrachtungszeitraum 2010 bis 2015 in acht

von zwölf Fällen dem Ministerium nicht vorgelegt. Das Ministerium hat in keinem dieser Fäl-

le den fehlenden Statusbericht angefordert.

(278) Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

177 § 2 Abs. 1 lit. j des Managementvertrags.

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Einzelplan 07 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Bildung, Wissenschaft und Kultur

4 Förderung eines Museums

Das Bildungsministerium bewilligte im Rahmen der Projektförderung jährlich Zuschüs-

se für den Betrieb eines Museums, in dem auch landeseigene Sammlungsgegenstände

ausgestellt werden. Es hatte keinen Überblick darüber, welche landeseigenen Samm-

lungsgegenstände im Einzelnen nach dem Wechsel der Trägerschaft einem Verein zur

Nutzung übergeben wurden. Das für die Förderung des Museums erhebliche Landesin-

teresse hatte das Ministerium nicht schlüssig dargelegt. Die der Förderung zugrunde ge-

legten Finanzierungspläne waren unvollständig und damit nicht geeignet, die Sicherung

der Gesamtfinanzierung des Vorhabens einschließlich der Folgekosten zu bewerten.

(279) Für den Betrieb eines Museums gewähren sowohl das Land als auch ein kommunaler

Zuwendungsgeber jährlich Zuschüsse. Der Landesrechnungshof hat stichprobenweise die Be-

willigung der Zuwendungen des Landes für den Ausbau und den Betrieb der ständigen Aus-

stellung des Museums in den Jahren 2012 und 2013 geprüft, dazu aber auch andere Jahre in

seine Betrachtung einbezogen. Die vom Land gewährten Zuschüsse betrugen 180.000 Euro im

Jahr 2012 und 175.000 Euro im Jahr 2013.

1 Landeseigener Sammlungsbestand

(280) Ein im Jahr 1961 gegründetes Museum befand sich ab 1990 in der Trägerschaft des

Landes, vertreten durch das jeweils zuständige Ministerium (damals: Kultusministerium, jetzt:

Bildungsministerium). Ab dem Jahr 1993 gab es seitens der Landesregierung Bestrebungen,

das Museum in eine andere Trägerschaft zu überführen. Das Ministerium vertrat damals die

Auffassung, der Sammlungsbestand sei nicht landesspezifisch. Des Weiteren sei der Samm-

lungsschwerpunkt in der Museumslandschaft des Landes Mecklenburg-Vorpommern bereits

durch zwei andere Museen vertreten. Darüber hinaus bestanden bereits derartige Museen in

Deutschland von internationalem Rang. Im Jahr 1996 beschloss dann das Kabinett, das Muse-

um an einen geeigneten Träger überzuleiten oder zum Jahresende aufzulösen und abzuwi-

ckeln. Um die Sammlung des Museums zu bewahren und auszubauen, wurde 1996 ein Verein

gegründet. Im Juni 1997 wurde der Sammlungsbestand an den Verein übergeben. Seit dem

Jahr 1997 bewilligt das Ministerium jährlich Zuwendungen für den Betrieb der Ausstellung

als Projektförderung.

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Die Übergabe des Sammlungsbestands an den Verein wurde in einem Vermerk dokumentiert,

zu dessen Anlagen ein 38-seitiges Bestandsverzeichnis gehört. In den einzelnen Positionen

sind zum einen einzelne Gegenstände und zum anderen sog. Komplexsammlungen aufgeführt.

Im Übrigen enthält die Bestandsliste umfangreiche handschriftliche Ergänzungen und Bemer-

kungen, deren Bedeutung sich aus den Unterlagen nicht erschließt. Nach dem Vermerk sollte

der Verein dem Ministerium mitteilen, welche Sammlungsgegenstände dieser aus dem Be-

stand auf Dauer übernehmen wolle. Der Landesrechnungshof konnte den Unterlagen nicht

entnehmen, ob der Verein dieser Aufforderung nachkam. Mit der im Juni 1998 zwischen dem

Verein und dem Ministerium abgeschlossenen Nutzungsvereinbarung wurde dem Verein der

Sammlungsbestand „nach Auflistung -Anlage 1-“ unbefristet zum Zwecke der Ausstellung

überlassen. Das Eigentum an den Sammlungsgegenständen verblieb beim Land, vertreten

durch das Ministerium. Ein als Anlage 1 bezeichnetes Schriftstück lag der Nutzungsvereinba-

rung nicht bei. Auch sonstige Unterlagen, die Aufschluss darüber hätten geben können, welche

Sammlungsgegenstände tatsächlich vom Verein übernommen wurden, konnte das Ministerium

nicht vorlegen. Nach der Vereinbarung haftet der Verein dem Nutzungsgeber (Ministerium)

für den Verlust und die Beschädigung von Sammlungsgegenständen.

(281) Die vorhandenen Unterlagen waren nicht geeignet, schlüssig nachzuweisen, welche

landeseigenen Sammlungsgegenstände dem Verein zur Nutzung überlassen wurden. Somit

geht die Festlegung in der Nutzungsvereinbarung, wonach der Verein für den Verlust und die

Beschädigung von Sammlungsgegenständen haftet, ins Leere. Zudem ist unklar, wie das Mi-

nisterium die Einhaltung der Nutzungsvereinbarung überprüfen will.

(282) Das Ministerium hat Versäumnisse bei der Dokumentation der Sammlungsstücke bei

der Übergabe an den Verein im Jahr 1997 eingeräumt. Grundsätzlich habe eine aktuelle Be-

standsaufnahme und Bewertung bezüglich der Nutzungsvereinbarung zu erfolgen und es seien

Vermögensverluste zu prüfen. Aufgrund der umfassenden Listen und unzureichenden Doku-

mentation werde dieser Prozess einen erheblichen Zeitraum in Anspruch nehmen. Dahinge-

hende Gespräche mit dem Verein und dem Museum seien bereits aufgenommen worden. Eine

nachgelagerte Bestandserfassung und Prüfung der Eigentumsverhältnisse erfordere einen per-

sonellen Aufwand, der aus dem jetzigen Personalbestand keinesfalls zu leisten sei.

2 Erhebliches Landesinteresse

(283) Zuwendungen dürfen nur gewährt werden, wenn das Land ein erhebliches Interesse

daran hat, dass bestimmte Zwecke durch Stellen außerhalb der Landesverwaltung erfüllt wer-

den und dieses Landesinteresse ohne die Zuwendungen nicht oder nicht im notwendigen Um-

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fang befriedigt werden kann. Daher muss der Zuwendungsgeber vor jeder Bewilligung im

Rahmen der Antragsprüfung das erhebliche Landesinteresse an dem betreffenden Projekt fest-

stellen und begründen.

In den Antragsprüfvermerken 2012 bis 2014 hatte das Ministerium insbesondere ausgeführt,

es bestehe ein erhebliches Landesinteresse an der Erfüllung des mit der Zuwendung verfolgten

Zwecks. Das geförderte Projekt trage wesentlich zur qualitativen und quantitativen Erweite-

rung der Museumslandschaft in Mecklenburg-Vorpommern bei und sei von außerordentlicher

bundes- und landesweiter Bedeutung. Das Museum verwalte stellvertretend für das Land des-

sen Sammlungsbestand. Das Ministerium stehe deshalb bezüglich der Förderung in einer be-

sonderen Pflicht. Ein Museumskonzept lag der Bewertung nicht zugrunde. Der Antragsteller

hatte dies seinen Anträgen nicht beigefügt und das Ministerium hatte das Museumskonzept

vom Antragsteller auch nicht gefordert. Im Sammlungskonzept des Museums (Stand 2012),

das den Zuwendungsanträgen jedoch nicht beigefügt war, wurde zum landeseigenen Samm-

lungsbestand insbesondere vermerkt, dass bis 1990 kaum historische Objekte in den Bestand

eingingen. Nach 1990 sei unsystematisch ohne Schwerpunktsetzung gesammelt worden. Der

Sammlungsbestand sei keine Sammlung zur Landesgeschichte.

(284) Das Ministerium hatte im Prüfungszeitraum das erhebliche Landesinteresse an einer

Förderung des Museums nicht schlüssig dargelegt. Da ein Museumskonzept nicht vorlag, fehl-

ten konkrete Anhaltspunkte dafür, dass das Landesinteresse an der Förderung des Museums

nicht nur wünschenswert, sondern besonders ausgeprägt war und damit als erheblich angese-

hen werden konnte. Der Landesrechnungshof konnte den Akten auch nicht entnehmen, worin

die qualitative Erweiterung der Museumslandschaft sowie die außerordentliche bundes- und

landesweite Bedeutung bestand, da diesbezügliche Erläuterungen fehlten. Das Vorhandensein

einer besonderen Pflicht zur Förderung des Museums konnte der Landesrechnungshof auf-

grund seiner Prüfungsfeststellungen und der Angaben im Sammlungskonzept des Museums

nicht nachvollziehen. Ohne das erhebliche Landesinteresse am Betrieb der ständigen Ausstel-

lung des Museums ist dessen Förderung nicht gerechtfertigt.

(285) Das Ministerium hat mitgeteilt, zur Begründung des erheblichen Landesinteresses sei

nicht die ursprüngliche Sammlung bewertet worden, sondern das neu entstehende bzw. ent-

standene Museum. Für das Museum hätten Arbeitskonzepte (Ausstellungsplanung/Marketing-

planung) vorgelegen. Zudem habe es umfangreiche Unterlagen bereits ab 2007 zu den Bau-

maßnahmen am Standort gegeben, die der Landesregierung und verschiedenen Gremien vor-

gestellt worden seien und die den politischen Willen zur Investitionsförderung und weiteren

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Unterstützung der innovativen Einrichtung begründet hätten. Der Wortlaut des Prüfvermerks

sei im Zusammenhang zu sehen, er würde u. a. auch den folgenden erläuternden Passus ent-

halten: „Das Land ist besonders daran interessiert, das Museum zu fördern, um den begonne-

nen Weg der Neuausrichtung [...] fortzusetzen, die Aufrechterhaltung eines den qualitativen

Anforderungen entsprechenden Museumsbetriebs, der mit attraktiven Angeboten die notwen-

digen Einnahmen aus Eintrittsgeldern der Besucher generiert sowie vorrangig Maßnahmen,

die der Besuchersteigerung dienen, zu gewährleisten.“ Zutreffend sei, dass aus den vorhande-

nen Einzelkonzepten unter Einbeziehung aktueller Erfordernisse ein einheitliches Museums-

konzept zu erarbeiten sei. Das Ministerium werde den Träger auffordern, in angemessener Zeit

ein Museumskonzept zu erarbeiten, das den Anforderungen des Deutschen Museumsbundes

entspreche. Das Ministerium beachte den Hinweis des Landesrechnungshofes und werde sich

künftig zur Beurteilung des erheblichen Landesinteresses das Museumskonzept vorlegen las-

sen.

3 Finanzierungspläne

3.1 Vollständigkeit

(286) Nach den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen müssen Anträge auf Zuwendungen

die zur Beurteilung der Notwendigkeit und Angemessenheit der Zuwendung erforderlichen

Angaben enthalten. Bei einer Projektförderung ist dem Antrag dafür insbesondere ein Fi-

nanzierungsplan beizufügen. Dieser muss die zur Durchführung des Projekts notwendigen

Ausgaben und ihre Finanzierung darstellen.

Das Ministerium stellte im Prüfungszeitraum für den Ausbau und den Betrieb der ständigen

Ausstellung des Museums jährlich im Rahmen einer Projektförderung einen bestimmten Zu-

wendungsbetrag in Aussicht. Es forderte den Antragsteller auf, entsprechend angepasste Fi-

nanzierungspläne vorzulegen. So sollte der Antragsteller für das Haushaltsjahr 2013 Fi-

nanzierungspläne in mehreren Varianten mit einer unterschiedlich hohen Landesförderung

(150.000 Euro, 175.000 Euro und 200.000 Euro) einreichen. Das Ministerium bewilligte

schließlich eine Zuwendung von 175.000 Euro. Auch für das Haushaltsjahr 2014 hatte das Mi-

nisterium den Antragsteller aufgefordert, einen Finanzierungsplan in drei Versionen vorzule-

gen. Die letztlich der Bewilligung zugrunde gelegten Finanzierungspläne enthielten dann le-

diglich einen Teil der zum Ausbau und Betrieb der ständigen Ausstellung des Museums gehö-

renden Einnahmen und Ausgaben.

(287) Das Zuwendungsrecht sieht nicht vor, dass die Bewilligungsbehörde vom Antragsteller

einen an den vorgegebenen Zuwendungsbetrag angepassten Finanzierungsplan verlangt. Die

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Verwaltungspraxis des Ministeriums verstößt somit gegen zuwendungsrechtliche Bestimmun-

gen. Der Antragsteller hat im Finanzierungsplan alle Ausgaben anzugeben, die aus seiner

Sicht zur Durchführung des Projekts notwendig sind und ihre Finanzierung darzustellen. Über

den tatsächlichen Umfang der zuwendungsfähigen Ausgaben und damit über die Höhe der Zu-

wendungen entscheidet dann die Bewilligungsbehörde bei der Antragsprüfung. Dieser von der

Bewilligungsbehörde für verbindlich anerkannte Finanzierungsplan legt den finanziellen

Handlungsrahmen des Zuwendungsempfängers fest. Die der jeweiligen Bewilligung zugrunde

gelegten Finanzierungspläne enthielten nur einen Teil der voraussichtlichen Gesamteinnahmen

und -ausgaben für den Ausbau und den Betrieb der ständigen Ausstellung des Museums und

erfüllten somit nicht die zuwendungsrechtlichen Vorgaben.

(288) Das Ministerium teilt mit, dass es grundsätzlich die Hinweise des Landesrechnungsho-

fes beachte. Es verlange zwischenzeitlich einen Finanzierungsplan, der sämtliche zur Durch-

führung des Projektes notwendigen Ausgaben und ihre Finanzierung enthält. Da die Förde-

rung des Museums als Projektförderung erfolge, sei nur ein Finanzierungsplan notwendig, der

die Ausgaben und Einnahmen für die Durchführung des angegebenen Projektes enthalte. Das

Museum habe demnach einen Teil seiner Jahresarbeit (z. B. Sonderausstellungen) als Projekt

und die dem Projekt zurechnungsfähigen Ausgaben im Finanzierungsplan dargestellt. Ein Pro-

jektfinanzierungsplan müsse nicht alle Einnahmen und Ausgaben der Einrichtung enthalten,

sondern nur die des abgegrenzten Projektes. Bei einem Museum mit laufendem Betrieb sei die

Abgrenzung allerdings schwierig. Deshalb seien ab 2012 parallel Möglichkeiten einer institu-

tionellen Förderung geprüft worden. Diese Unterlagen seien auch in den Förderakten doku-

mentiert worden, um den Stand der Fördermittelbewilligung und die Entscheidungen nach-

vollziehbar darzustellen.

(289) Der Landesrechnungshof hat nochmals darauf hingewiesen, dass es sich bei den im

Prüfungszeitraum geförderten Projekten gerade nicht um klar abgrenzbare Projekte gehandelt

hatte und von daher das Museum nicht nur „einen Teil seiner Jahresarbeit“ darstellen durfte.

Die Argumentation des Ministeriums, dass in den Unterlagen verschiedene Modellrechnungen

dokumentiert worden seien, um Förderentscheidungen nachvollziehbar zu dokumentieren,

überzeugt nicht. Die Bewilligungsbehörde trägt die Verantwortung dafür, dass die bewilligte

Zuwendung zur Erreichung des Zuwendungszwecks notwendig und angemessen ist. Dazu

muss sie sämtliche Einnahmen und Ausgaben kennen.

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3.2 Personalausgaben

(290) Die den Zuwendungsanträgen beigefügten Finanzierungspläne enthielten auch die Per-

sonalausgaben für die im jeweiligen Jahr ausgewiesenen Stellen. Im Finanzierungsplan für das

Jahr 2012 waren Personalausgaben von insgesamt 162.000 Euro für lediglich sechs Stellen

(wissenschaftlicher Leiter, wissenschaftlicher Mitarbeiter, technischer Leiter, technischer Mit-

arbeiter, Buchhaltung und Volontär) ausgewiesen. Nach den einzelnen Ansätzen waren für

jede dieser Stellen Arbeitsentgelte vorgesehen, die geringer waren als nach der Entgeltgrup-

pe 2 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Für das Jahr 2013 ver-

anschlagte die Betriebsgesellschaft im ursprünglichen Finanzierungsplan Personalausgaben

von insgesamt 227.900 Euro für sieben Stellen (wissenschaftlicher Leiter, wissenschaftlicher

Mitarbeiter, technischer Leiter, technischer Mitarbeiter, Buchhaltung, Marketing & Sales und

pädagogischer Mitarbeiter). Nach den Ansätzen waren wiederum für drei Stellen Arbeitsent-

gelte vorgesehen, die geringer waren als nach der Entgeltgruppe 2 gemäß TV-L. Von den übri-

gen Stellen erreichten noch nicht einmal die Stellen des wissenschaftlichen Leiters und des

wissenschaftlichen Mitarbeiters Arbeitsentgelte nach der Entgeltgruppe 8 gemäß TV-L. Nach-

dem das Ministerium für das Jahr 2013 eine geringere Förderung in Aussicht gestellt hatte als

beantragt, passte der Antragsteller den Finanzierungsplan an. Er strich die Stelle des pädagogi-

schen Mitarbeiters.

(291) Die in den Finanzierungsplänen veranschlagten Personalausgaben für den Betrieb des

Museums waren unvollständig. Das Ministerium hätte bei der Prüfung der Zuwendungsanträ-

ge für die Jahre 2012 und 2013 erkennen müssen, dass für den Museumsbetrieb zumindest

noch Kassen-/Eintritts- und Aufsichtspersonal sowie ein Museumspädagoge erforderlich sind.

Die dafür erforderlichen Personalausgaben hätten Bestandteil der Finanzierungspläne sein

müssen. Fehlen die Angaben, hätte das Ministerium vom Antragsteller verlangen müssen, dass

er seinen Finanzierungsplan entsprechend ergänzt. Des Weiteren waren die in den Fi-

nanzierungsplänen veranschlagten Personalausgaben bezüglich der Wertigkeit der Stellen zu

gering, um die entsprechenden Tätigkeiten sachgerecht durch geeignetes Fachpersonal ausfüh-

ren zu lassen. So werden z. B. in der Entgeltgruppe 2 nach TV-L an- und ungelernte Beschäf-

tigte mit einfachen Tätigkeiten eingruppiert und in die Entgeltgruppe 3 nach TV-L Beschäftig-

te, für die eine eingehende Einarbeitung bzw. eine fachliche Anleitung erforderlich sind. Der

Ausbildung und den Tätigkeiten z. B. eines Wissenschaftlers entsprach dies nicht. Gleiches

gilt für den Museumsleiter, der nach einer Umfrage zur Situation der wissenschaftlichen Mit-

arbeiterinnen und Mitarbeiter in Museen in Deutschland 2011/2012 durchschnittlich in den

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Entgeltgruppen 10,5 bis 12,8 des Tarifvertrages für den öffentlichen Dienst eingruppiert ist.

Auch das hätte das Ministerium bei seinen Antragsprüfungen berücksichtigen müssen.

(292) Das Ministerium teilte mit, inzwischen seien im Finanzierungsplan alle Personalstellen

einschließlich Kasse und Aufsicht angegeben. Im Zuge eines neu zu erarbeitenden Museums-

konzepts werde auch der notwendige und angemessene Umfang der personellen Besetzung für

das Museum geprüft.

3.3 Gesamtfinanzierung

(293) Nach dem Zuwendungsrecht ist eine Anfinanzierung von Vorhaben, deren Gesamtfi-

nanzierung nicht gesichert ist, unzulässig. Die Gesamtfinanzierung umfasst dabei auch die in

den künftigen Jahren zu erwartenden Folgekosten.

Die der Bewilligung der Zuwendungen im Prüfungszeitraum zugrunde gelegten Fi-

nanzierungspläne enthielten nur einen Teil der für den Museumsbetrieb tatsächlich notwendi-

gen Ausgaben und somit auch nur einen Teil der erforderlichen Einnahmen. Die vom Ministe-

rium vorgelegten Akten enthielten zudem keine Hinweise darauf, dass vor der jeweiligen Be-

willigung der Zuwendung Unterlagen zu Verfügung standen, die Auskunft über eine langfristi-

ge Grundfinanzierung des Museums einschließlich der damit künftig zu erwartenden Folge-

kosten geben konnten. Das Ministerium hatte sich weder ein Museumskonzept, zu dem u. a.

ein Finanzierungskonzept gehört, noch die Jahresabschlüsse, die z. B. für die Jahre 2012 und

2013 Fehlbeträge auswiesen, vorlegen lassen. Zudem war dem Ministerium bereits im Januar

2013 vom Antragsteller mitgeteilt worden, dass eine Landesförderung von 175.000 Euro für

den Museumsbetrieb nicht ausreichend sei und ab 2014 keine positive Unternehmensfortfüh-

rungsprognose abgegeben werde könne. In seinen Antragsprüfvermerken für die Jahre 2012

und 2013 hatte das Ministerium gleichwohl ohne weitere Ausführungen erklärt, dass die Ge-

samtfinanzierung gesichert sei. Für das Jahr 2014 lag dem Ministerium vor der Bewilligung

der Zuwendungen ein Beschlussvorschlag des kommunalen Zuwendungsgebers vor. Daraus

geht hervor, dass ab dem Jahr 2015 eine Landesförderung von mindestens 350.000 Euro erfor-

derlich sei, um die laufenden Betriebs- und Personalkosten zukünftig zu decken und die Aus-

stellung in einem qualitativ hochwertigen Zustand erhalten zu können. Für das Jahr 2016 be-

stätigte der kommunale Zuwendungsgeber den Finanzierungsplan nur mit dem Hinweis, dass

für eine ausreichende Finanzierung des Museumsbetriebes mittelfristig jährliche Zuschüsse

des Landes von 400.000 Euro notwendig seien.

(294) Der Landesrechnungshof konnte nicht erkennen, dass das Ministerium die Gesamtfi-

nanzierung des in Rede stehenden Projektes geprüft hatte. Da ein Museum eine auf Dauer an-

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gelegte Einrichtung ist, umfasst die Gesamtfinanzierung auch die künftig zu erwartenden Fol-

gekosten. Aus den Zuwendungsanträgen waren weder alle mit dem Zuwendungszweck zusam-

menhängenden Einnahmen und Ausgaben des jeweiligen Jahres noch die zu erwartenden Fol-

gekosten ersichtlich. Das Ministerium hatte auch nicht verlangt, dass der Antragsteller voll-

ständige Finanzierungspläne einschließlich Unterlagen zur finanziellen Basis des Museums in

den Folgejahren einreicht. Die vom Antragsteller eingereichten Unterlagen waren nicht ausrei-

chend, um die Gesamtfinanzierung des Museumsbetriebes als gesichert anzusehen. Das Mi-

nisterium hatte somit die Zuwendungen gewährt, ohne dass die Gesamtfinanzierung des Pro-

jekts gesichert war. Der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass vor der Entschei-

dung über eine weitere Förderung des Museums das Ministerium sich einen Überblick darüber

verschaffen muss, welche Ausgaben für einen funktionierenden Museumsbetrieb notwendig

sind, wie die Grundfinanzierung gesichert werden kann und aus welchen Quellen sich die Fi-

nanzierung speist.

(295) Das Ministerium hat erklärt, dass es die Hinweise des Landesrechnungshofes grund-

sätzlich beachten werde. Hinsichtlich der Folgekosten sei mittel- und langfristig eine Lösung

mit dem kommunalen Zuwendungsgeber zu suchen. Eine institutionelle Förderung würde die

Gesamtfinanzierung einschließlich der Folgekosten besser berücksichtigen.

(296) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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5 Führung eines Museumsbetriebes durch eine gemeinnützige Betriebsge-sellschaft

Die gemeinnützige Betriebsgesellschaft führte den Museumsbetrieb nicht ordnungsge-

mäß. Sie hatte den landeseigenen Sammlungsbestand in ihrer Dokumentationsdaten-

bank nicht korrekt erfasst. Die für Ausstellungszwecke nicht genutzten Sammlungsge-

genstände waren unzureichend gegen Beschädigung und Verlust gesichert. Die Betriebs-

gesellschaft erhob Einnahmen nicht vollständig und ihre Kassenführung war nicht ord-

nungsgemäß. Darüber hinaus stellte sie in einigen Fällen ihre Mitarbeiter besser als ver-

gleichbare Landesbedienstete.

(297) Die Betriebsgesellschaft wurde 2008 zu dem Zweck gegründet, ein Museum zur Be-

wahrung der jeweils im Eigentum des Landes Mecklenburg-Vorpommern und eines Vereins

befindlichen historischen technischen Sammlungen zu errichten und zu betreiben. Für den

Ausbau und den Betrieb der ständigen Ausstellung des Museums erhält die Betriebsgesell-

schaft jährlich Zuschüsse sowohl vom Land als auch von der Stadt, in der sich das Museum

befindet. Der Landesrechnungshof hat die Führung des Museumsbetriebes – einschließlich der

Verwendung der Landeszuschüsse – durch die Betriebsgesellschaft insbesondere in den Jahren

2012 und 2013 geprüft.

1 Bewahrung landeseigener Sammlungsgegenstände

(298) Nach dem Gesellschaftsvertrag gehört es u. a. zu den Aufgaben der Betriebsgesell-

schaft, die im Eigentum des Landes befindlichen Sammlungsgegenstände zu bewahren. Diese

wurden der Betriebsgesellschaft unentgeltlich und unbefristet zum Zwecke der Ausstellung

überlassen.

1.1 Dokumentation der Sammlungsgegenstände

(299) Nach den Standards des Deutschen Museumsbundes haben Museen sicherzustellen,

dass die Dokumentation der Sammlungsgegenstände auch die Anforderungen des Eigentums-

nachweises erfüllt.

Die Betriebsgesellschaft erfasst die Sammlungsgegenstände mit Hilfe einer speziellen Softwa-

re nach verschiedensten Kategorien in einer Dokumentationsdatenbank. Zu den Erfassungska-

tegorien gehört u. a. auch die Angabe „derzeitiger Eigentümer“. Der Landesrechnungshof

stellte fest, dass die Betriebsgesellschaft für die landeseigenen Sammlungsgegenstände als Ei-

gentümer nicht das Land, sondern das Museum angegeben hatte.

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(300) Die Betriebsgesellschaft hatte die landeseigenen Sammlungsgegenstände in der Doku-

mentationsdatenbank insofern nicht korrekt erfasst. Infolge der fehlerhaften Erfassung war es

nicht möglich, sich mit vertretbarem Aufwand einen Überblick über den gesamten landeseige-

nen Sammlungsbestand zu verschaffen. Der Landesrechnungshof hatte das Ministerium aufge-

fordert sicherzustellen, dass die Betriebsgesellschaft die landeseigenen Sammlungsgegenstän-

de als Landeseigentum kennzeichnet und korrekt inventarisiert.

(301) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass für die landeseigenen Objekte der Eintrag in

„derzeitiger Eigentümer: Land Mecklenburg-Vorpommern“ geändert werde. Es beabsichtige,

diese Eintragungen zu gegebener Zeit zu überprüfen.

1.2 Museumsdepots

(302) Im Jahr 2015 standen der Betriebsgesellschaft zur Aufbewahrung und Lagerung der

nicht ausgestellten Sammlungsstücke Räumlichkeiten an vier im Stadtgebiet verteilten Stand-

orten zur Verfügung. Nach einer Bürgerschaftsvorlage des kommunalen Zuwendungsgebers

vom Mai 2015 seien diese Depots Provisorien und bezüglich der klimatischen Bedingungen,

der Verschluss- und Brandüberwachung völlig ungeeignet und überdies z. T. auch nur zeitlich

begrenzt nutzbar. Die vorhandene Depotsituation wurde zudem als künftig nicht tragbar einge-

schätzt.

Zuvor, im Sommer 2014, hatte die Betriebsgesellschaft ein Depot geräumt. Im Zusammen-

hang mit der Depoträumung hatte sie u. a. Katzenfutter gekauft. Dazu gab die Betriebsgesell-

schaft an, das Depot habe sich in einem Gebäude befunden, das seit Jahren teilweise leer ge-

standen hätte. In dieser Zeit hätten sich neben Mäusen auch Katzen im Gebäude angesiedelt.

Mit dem Katzenfutter seien die Tiere abschnittsweise aus dem Haus gelockt worden, um die

Räume dann für den Abriss zu verschließen.

(303) Aufgrund der ungeeigneten Depots ist der landeseigene Sammlungsbestand vor Verlust

und Beschädigung nicht geschützt. Der Landesrechnungshof hatte das Ministerium aufgefor-

dert zu prüfen, ob bereits Schäden an Sammlungsgegenständen entstanden oder Verluste ein-

getreten sind und ob Haftungsansprüche geltend zu machen sind. Es hat zudem dafür zu sor-

gen, dass der eingelagerte landeseigene Sammlungsbestand in geeigneten Depots unterge-

bracht wird.

(304) Das Ministerium verweist darauf, dass aufgrund der Versäumnisse bei der Dokumenta-

tion der Sammlungsstücke bei der Übergabe an den Verein grundsätzlich noch eine aktuelle

Bestandsaufnahme zu erfolgen habe. Zudem seien Vermögensverluste zu prüfen. Infolge der

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umfassenden Listen und unzureichenden Dokumentation werde dieser Prozess einen erhebli-

chen Zeitraum in Anspruch nehmen. Im Ergebnis der Überprüfung und Bewertung des Samm-

lungsbestandes seien für die unzureichende Depotsituation mit dem Verein, der Betriebsgesell-

schaft und der Stadt Lösungen zu suchen.

2 Ausschöpfung der Einnahmemöglichkeiten

2.1 Eintrittsgelder

(305) Die Betriebsgesellschaft erzielt Einnahmen (ohne Zuwendungen) überwiegend aus

Eintrittsgeldern. Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass in zahlreichen Fällen Ein-

trittsgelder nicht in Höhe der offiziellen Eintrittspreise erhoben wurden. Dies war u. a. zurück-

zuführen auf gewährte Rabatte aufgrund abgeschlossener Kooperationsverträge und -vereinba-

rungen, bei Marketingaktionen und bei Veranstaltungen mit Vermietung des Veranstaltungs-

raumes. Darüber hinaus gewährte die Betriebsgesellschaft auch in der Stadt ansässigen Unter-

nehmen, Organisationen und Personen sowie Partnern, Förderern und Mitgliedern des Förder-

vereins Rabatte. In mehreren Fällen gab sie zusätzliche Rabatte auf bereits ermäßigte Preise.

In einigen Fällen wurde von den Besuchern kein Eintrittsgeld verlangt.

(306) Grundsätzlich ist eine über die festgelegten Eintrittsgelder hinausgehende Rabattge-

währung möglich. Mit ihr sollten jedoch konkrete Ziele verfolgt werden, die mit den regulären

Ermäßigungen nicht erreicht werden können. Die Gewährung dieser Rabatte muss transparent

gestaltet sein. Die Betriebsgesellschaft gewährte indes Rabatte sowie freien Eintritt in nicht

nachvollziehbarer Art und Weise. Damit erhob sie Einnahmen nicht vollständig und handelte

dadurch unwirtschaftlich. Eine Bevorteilung von in der Stadt ansässigen Unternehmen, Orga-

nisationen und Personen verstößt zudem gegen den Grundsatz der Gleichbehandlung und ist

daher unzulässig.

(307) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass es die Hinweise des Landesrechnungshofes zur

Kenntnis nehme und der Betriebsgesellschaft aufgeben werde, eine transparente Struktur der

Eintrittspreise festzulegen. Soweit erforderlich, werde es eine entsprechende Auflage in den

Zuwendungsbescheid für 2017 aufnehmen.

2.2 Vermietung von Räumen

(308) Der sich im Dachgeschoss des Museumsgebäudes befindende Veranstaltungsraum, die

Cafeteria und eine Ausstellungshalle können für Tagungen und Feierlichkeiten gemietet wer-

den. Dazugehörige Mietpreise hatte die Betriebsgesellschaft nicht veröffentlicht. Sie unter-

breitete statt dessen individuelle Angebote für die jeweilige Veranstaltung. Für den Veranstal-

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tungsraum existierten nicht datierte und nicht unterzeichnete interne Regelungen. Dort waren

für die Jahre 2013, 2014 und 2015 jeweils Mietpreise und Personalkosten in Abhängigkeit von

der Dauer der Veranstaltung ausgewiesen. Des Weiteren waren für die Jahre 2013 und 2014

Pauschalen für die Gebäudeöffnung außerhalb der Öffnungszeiten sowie für die Inanspruch-

nahme von Technik zu zahlen. Ab dem Jahr 2015 waren zudem unterschiedliche Mietpreise

für private und Firmenveranstaltungen festgelegt worden. Für die Vermietung der Cafeteria

und der Ausstellungshalle existierten derartige Regelungen nicht. Die Betriebsgesellschaft er-

klärte, dass den einzelnen Mietpreisen keine betriebswirtschaftlichen Kalkulationen zu Grun-

de lägen. Sie würden sich ausschließlich an Marktpreisen orientieren.

(309) Nach den Bewilligungsbescheiden waren die Zuwendungen zweckgebunden für den

Ausbau und den Betrieb der ständigen Ausstellung des Museums einzusetzen. Die Vermietung

von Veranstaltungsräumlichkeiten gehörte nicht zum Zuwendungszweck. Um Einnahmen zu

erzielen, kann die Betriebsgesellschaft ihre Räumlichkeiten zwar vermieten, muss dann aber

zumindest kostendeckende Entgelte erheben. Sofern die Betriebsgesellschaft die Räumlichkei-

ten nicht kostendeckend vermietet, wird die Vermietung zweckwidrig mit öffentlichen Mitteln

gefördert. Der Landesrechnungshof hatte daher gefordert, dass das Ministerium vor der Bewil-

ligung weiterer Zuwendungen betriebswirtschaftliche Kalkulationen für die Vermietung der

einzelnen Räumlichkeiten verlangt. Zudem hält er eine grundlegende Abstimmung mit dem

kommunalen Zuwendungsgeber für erforderlich. Im Übrigen waren die internen Regelungen

zur Vermietung unvollständig und nicht transparent.

(310) Das Ministerium hat mitgeteilt, es werde der Betriebsgesellschaft aufgeben, künftig

zumindest kostendeckend zu vermieten. Hierfür habe sie eine Kalkulation für die Vermietung

aller Räumlichkeiten vorzulegen und – darauf basierend – sodann unabhängig vom Nutzer

Mietpreise festzulegen sowie diese zu veröffentlichen. Eine entsprechende Auflage werde, so-

weit noch erforderlich, in den Zuwendungsbescheid für 2017 aufgenommen. Im Übrigen wer-

de das Ministerium an den kommunalen Zuwendungsgeber herantreten.

3 Kassen- und Buchführung

(311) Die Buchführung des Zuwendungsempfängers muss nach den Grundsätzen ordnungs-

mäßiger Buchführung so beschaffen sein, dass sie innerhalb angemessener Zeit einem sach-

verständigen Dritten einen Überblick über die Geschäftsvorfälle und die Lage des Unterneh-

mens vermitteln kann. Die Geschäftsvorfälle müssen sich in ihrer Entstehung und Abwicklung

verfolgen lassen. Die dazu erforderlichen Buchungen und sonstigen Aufzeichnungen müssen

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vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen werden. Kasseneinnahmen und

-ausgaben sollen dabei täglich festgehalten werden.

(312) Mit Eröffnung des Museums in der jetzigen Liegenschaft im Dezember 2012 wurde

dort ein elektronisches Kassensystem mit zwei getrennten Kassen installiert. Mit deren Hilfe

werden die Einnahmen aus Eintritt und dem Verkauf von Museumsartikeln registriert. Darüber

hinaus existiert eine Bargeldkasse in der Geschäftsstelle (Bürokasse).

Die Prüfung der Kassenunterlagen der Bürokasse für die Jahre 2012 und 2013 ergab, dass die

Einnahmen und Ausgaben nicht immer am Tag der kassenwirksamen Zahlung erfasst wurden.

So erfasste die Betriebsgesellschaft z. B. im Dezember 2012 Einnahmen aus Eintritt für den

Monat Juli. Des Weiteren war der für Barzahlungen genutzte Quittungsblock nicht nummern-

gesichert. In zahlreichen Kassenbestandsprotokollen der Bürokasse waren Differenzen zwi-

schen dem kassenmäßigen Buch- und dem Bargeldbestand ausgewiesen. Vorschüsse wurden

ausgezahlt, ohne dass die für die Zahlungen notwendigen Anordnungen erteilt wurden. Im

Kassenbuch waren die gezahlten Vorschüsse nicht eingetragen. Die Betriebsgesellschaft hatte

für die Bürokasse im Prüfungszeitraum zudem keine unvermuteten Kassenprüfungen vorge-

nommen. Der Geschäftsführer hatte lediglich monatlich zu einem bestimmten Stichtag den

Kassenbestand durch Unterschrift bestätigt. Bei der Vor-Ort-Prüfung stellte der Landesrech-

nungshof einen nicht nachvollziehbaren Kassenmehrbestand fest.

(313) Die Kassenführung der Bürokasse war aufgrund der Feststellungen des Landesrech-

nungshofes im Prüfungszeitraum nicht ordnungsgemäß, denn Buchungen wurden nicht in je-

dem Fall vollständig, richtig, zeitgerecht und geordnet vorgenommen.Da die Betriebsgesell-

schaft keine unvermuteten Kassenprüfungen vorgenommen hatte, war die Kassensicherheit

nicht gewährleistet. Die unvermutete Prüfung des Landesrechnungshofes belegt, dass die Bü-

rokasse auch zu diesem Zeitpunkt nicht ordnungsgemäß geführt wurde.

(314) Das Ministerium gab diesbezüglich die Stellungnahme der Betriebsgesellschaft zur

Kenntnis. Auf die taggenaue Erfassung der Kassenein- und -auszahlungen auf nummerngesi-

cherten Quittungsblöcken werde künftig genau geachtet. Die Betriebsgesellschaft erklärte des

Weiteren, nach den Regelungen der Kassenordnung aus dem Jahr 2008 sei mindestens einmal

im Monat vom Geschäftsführer eine Kassenkontrolle durchzuführen. Diese würde laufend und

unvermutet durchgeführt. Zudem seien seit dem Jahr 2013 durch den mit der internen Revisi-

on beauftragten Wirtschaftsprüfer unvermutete Kassenprüfungen durchgeführt und in einem

Bericht dokumentiert worden.

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(315) Der Landesrechnungshof hat das Ministerium darauf hingewiesen, dass die vom Ge-

schäftsführer monatlich zu einem bestimmten Stichtag ermittelten Kassenbestände nicht das

Kriterium einer unvermuteten Kassenprüfung erfüllen. Zudem geht aus den Wirtschaftsprüfer-

berichten hervor, dass unvermutete Kassenprüfungen nur bei den beiden Kassen vorgenom-

men wurden, die der Abrechnung der Eintrittsgelder dienten. Eine unvermutete Prüfung der

Bürokasse fand somit in den Jahren 2012 und 2013 nicht statt.

4 Besserstellungsverbot

(316) Wenn bei einer Projektförderung die Gesamtausgaben des Zuwendungsempfängers

überwiegend aus Zuwendungen der öffentlichen Hand finanziert werden, darf der Zuwen-

dungsempfänger nach dem Zuwendungsrecht seine Beschäftigten nicht besser stellen als ver-

gleichbare Landesbedienstete (Besserstellungsverbot). Das Besserstellungsverbot gilt für

sämtliche mit dem Arbeitsverhältnis zusammenhängenden Regelungen und Leistungen178. Es

legt diesbezüglich für den Zuwendungsempfänger eine Obergrenze fest. Das Besserstellungs-

verbot begründet keinen Anspruch des Zuwendungsempfängers auf Gleichstellung seiner Be-

schäftigten mit den Landesbediensteten.

4.1 Sonderzahlungen

(317) Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass die Betriebsgesellschaft im Oktober

2012 Sonderzahlungen an fünf Beschäftigte leistete, obwohl die Arbeitsverträge dazu nicht

verpflichteten und von einem Fehlbetrag im Jahresabschluss ausgegangen wurde. In drei Fäl-

len lag die Höhe der Sonderzahlung zwischen 75 und 87 % des durchschnittlichen monatli-

chen Entgelts. Ferner erhielt der Geschäftsführer auf Vorschlag des Aufsichtsrates im Novem-

ber 2012 eine Sonderzahlung, die rd. 267 % des durchschnittlichen monatlichen Entgelts be-

trug.

(318) Die Sonderzahlungen der Betriebsgesellschaft verstoßen gegen das Besserstellungsver-

bot. Landesbedienstete haben nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder

(TV-L) grundsätzlich einen Anspruch auf eine Jahressonderzahlung. Bis 2014 betrug die Höhe

in Abhängigkeit von der Entgeltstufe 30 bis 71,5 % des durchschnittlichen monatlichen Ent-

gelts, das Beschäftigten in den Kalendermonaten Juli bis September gezahlt wurde. Die

Jahressonderzahlung wird mit dem Entgelt für November ausgezahlt. Mit der Auszahlung im

Oktober 2012 sowie mit der Höhe der Sonderzahlungen zwischen 75 und 267 % des durch-

178 Vgl. Dittrich, N.: Kommentar zur BHO, Erl. Nr. 31.1 zu § 44.

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schnittlichen monatlichen Entgelts stellte die Betriebsgesellschaft ihre Beschäftigten besser

als vergleichbare Landesbedienstete.

(319) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass es die formal zutreffenden Hinweise des Landes-

rechnungshofes anerkenne. In materieller Hinsicht sei in Anbetracht der auch vom Landes-

rechnungshof kritisierten wesentlich zu geringen Vergütung der Beschäftigten kein Schaden

entstanden, sondern es habe eine wirtschaftlich verantwortungsbewusste, vertretbare Entschei-

dung gegeben.

(320) Für den Landesrechnungshof ist es nicht nachvollziehbar, dass das Ministerium Ent-

scheidungen, die zu unnötigen Ausgaben bei einem erwarteten hohen negativen Geschäftser-

gebnis und zu Verstößen gegen das Besserstellungsverbot führten, als „wirtschaftlich verant-

wortungsbewusste, vertretbare Entscheidung“ bezeichnet. Ein Verstoß gegen das Besserstel-

lungsverbot liegt auch dann schon vor, wenn nur eine einzelne Komponente der Vergütung

(hier: Jahressonderzahlung) eine Besserstellung darstellt. Zusatzleistungen sind nicht mit Min-

derleistungen zu verrechnen179.

4.2 Sonderurlaub

(321) Die Dienstanweisung der Betriebsgesellschaft sah für die Beschäftigten Sonderurlaub

wie folgt vor: bei Eheschließung des Beschäftigten ein Tag, bei der Geburt des eigenen Kindes

zwei Tage, beim Tod eines Angehörigen ersten Grades zwei Tage und beim Umzug des Be-

schäftigten ein Tag im Kalenderjahr.

(322) Die Regelungen der Dienstanweisung zur Gewährung von Sonderurlaub bei Eheschlie-

ßungen, Geburt des eigenen Kindes und Umzug gehen über die Regelungen des TV-L hinaus.

Die Beschäftigten der Betriebsgesellschaft waren damit besser gestellt als vergleichbare Lan-

desbedienstete. Zudem ist nach der Dienstanweisung nicht eindeutig bestimmt, in welchen

Fällen Beschäftigten beim Tod eines Angehörigen Sonderurlaub gewährt wird. Sie enthält kei-

ne Erläuterung dahingehend, welcher Personenkreis von der Regelung erfasst werden soll.

(323) Das Ministerium hat mitgeteilt, die Betriebsgesellschaft habe die entsprechende

Dienstanweisung unter Berücksichtigung der Hinweise des Landesrechnungshofes inzwischen

überarbeitet.

179 Der Präsident des Bundesrechnungshofs als Bundesbeauftragter für Wirtschaftlichkeit in der Verwaltung, Prü-fung der Vergabe und Bewirtschaftung für Zuwendungen - Typische Mängel und Fehler im Zuwendungsbe-reich, Stuttgart 2004, S. 97.

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4.3 Versicherungen

(324) Von der Betriebsgesellschaft wurde mit einem Versicherungsbeginn zum 01.10.2013

eine Vertrauensschadenversicherung abgeschlossen, deren Versicherungsschutz die im Rah-

men abgeschlossener Arbeits- oder Dienstverträge tätigen Personen, sämtliche Zeitarbeitskräf-

te sowie die Mitglieder des Aufsichtsrates und den Geschäftsführer umfasst. In den Versiche-

rungsschutz der ebenfalls zum 01.10.2013 abgeschlossenen Vermögensschadenhaftpflichtver-

sicherung sind der Geschäftsführer und die Mitglieder des Aufsichtsrates einbezogen.

(325) Das Land versichert sein Risiko nur, soweit durch Gesetz oder Ortsstatut ein Versiche-

rungszwang besteht. Als Ausnahme wird generell der Abschluss von Haftpflichtverträgen, die

sich auf die Verkehrssicherungspflicht für Straßen beziehen, zugelassen. Die Landesverwal-

tung darf somit Versicherungen zur Abdeckung von Haftpflichtschäden ihrer Bediensteten

nicht abschließen. Diese können nur von den Bediensteten selbst im eigenen Namen und auf

eigene Rechnung abgeschlossen werden. Die Vertrauensschaden- und die Vermögensschaden-

haftpflichtversicherungen gehören nicht zu den gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen.

Mit dem Abschluss dieser Versicherungen hat die Betriebsgesellschaft ihre Beschäftigten da-

her besser gestellt als vergleichbare Landesbedienstete.

(326) Das Ministerium erklärt, dass der Zuwendungsempfänger die nicht zuwendungsfähi-

gen Versicherungen bereits gekündigt habe bzw. künftig nicht in die Finanzierungspläne ein-

beziehen werde. Etwaige Rückforderungsansprüche würden geprüft.

(327) Der Landesrechnungshof hat dem Ministerium mitgeteilt, dass die Betriebsgesellschaft

auch dann gegen das Besserstellungsverbot verstößt, wenn sie Ausgaben für die o. g. Versiche-

rungen in die Finanzierungspläne nicht einbezieht.

(328) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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6 Zuwendungen an ein institutionell gefördertes Forschungsinstitut

Bei der Prüfung zeigten sich sowohl Mängel im Zuwendungsverfahren als auch in der

Haushalts- und Wirtschaftsführung des Forschungsinstituts. So erfüllten weder die Ver-

wendungsnachweise noch die Prüfung dieser Nachweise die zuwendungsrechtlichen An-

forderungen. Bei seiner Haushalts- und Wirtschaftsführung hat das Institut insbesonde-

re die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sowie das Besserstellungsver-

bot nicht beachtet.

Die Beschäftigung von Universitätsprofessoren auf der Basis von Honorarverträgen im

Rahmen des sog. Assoziiertenmodells hält der Landesrechnungshof für rechtlich be-

denklich. Zudem können bei einer Gremienbesetzung des Instituts mit Vertretern von

Industrieunternehmen, die mit dem Institut Rahmenverträge über mehrjährige For-

schungszusammenarbeit abgeschlossen haben, Interessenkonflikte nicht ausgeschlossen

werden.

(329) Der Landesrechnungshof hat die Gewährung der Zuwendungen an ein Forschungsin-

stitut für die Jahre 2012 und 2013 geprüft. In diesen Jahren waren für die Grundfinanzierung

des Instituts Zuschüsse von insgesamt rd. 12,7 Mio. Euro im Jahr 2012 bzw. rd. 15,3 Mio.

Euro im Jahr 2013 veranschlagt. Das Forschungsinstitut gehört zu den Mitgliedseinrichtungen

der Wissenschaftsgemeinschaft Gottfried Wilhelm Leibniz e. V. (WGL). Diese werden ge-

meinsam vom Bund und den Ländern im Verhältnis 50:50 im Wege der Fehlbedarfsfi-

nanzierung institutionell gefördert. Die Förderung wird in der Gemeinsamen Wissenschafts-

konferenz (GWK) abgestimmt und koordiniert. Sie erfolgt auf der Grundlage eines jährlichen

Haushalts- oder Wirtschaftsplans in Form eines Programmbudgets nach den zuwendungs-

rechtlichen Bestimmungen des jeweiligen Sitzlandes. In der Ausführungsvereinbarung zum

GWK-Abkommen über die gemeinsame Förderung der Mitgliedseinrichtungen der WGL

(Ausführungsvereinbarung WGL) sowie mit den Beschlüssen zu ihrer Umsetzung (WGL-

Beschlüsse) hat die GWK darüber hinaus Regelungen getroffen, die das anzuwendende Recht

des jeweiligen Sitzlandes konkretisieren und ergänzen.

1 Verwendungsnachweisverfahren

1.1 Nachweis der Verwendung der Zuwendungen durch das Institut

(330) Nach dem Zuwendungsrecht ist die Bewilligungsbehörde verpflichtet, vom Zuwen-

dungsempfänger den Nachweis der zweckentsprechenden Verwendung der Zuwendung zu

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verlangen. Der Verwendungsnachweis ist ein Instrument der Erfolgskontrolle. Er besteht aus

einem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis. In dem Sachbericht sind die Tätigkeit

des Zuwendungsempfängers sowie das erzielte Ergebnis im abgelaufenen Haushalts- oder

Wirtschaftsjahr darzustellen. Im zahlenmäßigen Nachweis hat der Zuwendungsempfänger sei-

ne tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben abzurechnen. Für den Verwendungsnachweis im

Rahmen eines Programmbudgets definieren die WGL-Beschlüsse zudem Mindestanforderun-

gen, die zu erfüllen sind. Dazu gehören ein Soll/Ist-Vergleich in der Differenzierung des Leis-

tungsplans, des Erfolgsplans, der Finanzierungsrechnung und der Überleitungsrechnung sowie

ein Bericht des Wissenschaftlichen Beirats über die Bewertung der Realisierung der Leis-

tungs- und der Strukturziele.

Das Bildungsministerium hatte dem Institut in den Nebenbestimmungen zu den jeweiligen

Zuwendungsbescheiden aufgegeben, jährliche Verwendungsnachweise vorzulegen, die aus ei-

nem Sachbericht und einem zahlenmäßigen Nachweis bestehen müssen. Die Einhaltung der

Mindestanforderungen nach den WGL-Beschlüssen hatte das Ministerium nicht verlangt. Die

vom Institut vorgelegten Verwendungsnachweise enthielten daher weder einen Soll/Ist-Ver-

gleich des Leistungsplans noch einen Bericht über die Erreichung der Leistungs- und Struktur-

ziele des Instituts. Im „Sachbericht des Vorstands“ wurde auch nicht die gesamte in dem je-

weiligen Jahr geförderte Tätigkeit dargestellt.

(331) Die für den Prüfungszeitraum vorgelegten Verwendungsnachweise des Instituts erfüll-

ten nicht die gestellten Anforderungen. Somit war die wesentliche Funktion des Verwendungs-

nachweises – Instrument der Erfolgskontrolle – nicht sichergestellt.

(332) Das Ministerium verwies darauf, dass über den Soll/Ist-Vergleich des Programmbud-

gets hinaus maßgebliches Kriterium im Zuwendungsverfahren die wissenschaftliche Exzel-

lenz des Instituts sei. Auch wenn ein Soll/Ist-Vergleich nicht im Verwendungsnachweis doku-

mentiert worden sei, so sei dieser jedoch Bestandteil des Programmbudgets. Die erbrachten

Leistungen seien einer gründlichen Prüfung und Bewertung unterzogen worden. Das Ministe-

rium erklärte, zukünftig würden die Verwendungsnachweise inklusive der angemahnten

Soll/Ist-Vergleiche erstellt. Der Vordruck für den Verwendungsnachweis werde zur nächsten

Bewilligung für das Haushaltsjahr 2017 entsprechend den Hinweisen des Landesrechnungsho-

fes überarbeitet.

1.2 Prüfung der Verwendungsnachweise durch das Ministerium

(333) Nach den zuwendungsrechtlichen Bestimmungen hat das Ministerium als Bewilli-

gungsbehörde unverzüglich nach Eingang des Verwendungsnachweises festzustellen, ob nach

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den Angaben im Verwendungsnachweis Anhaltspunkte für die Geltendmachung eines Erstat-

tungsanspruchs gegeben sind. Unabhängig von dieser kursorischen Prüfung hat es bei einer in-

stitutionellen Förderung eine vertiefte Prüfung vorzunehmen. Dazu ist es berechtigt, Bücher,

Belege und sonstige Geschäftsunterlagen anzufordern sowie die Verwendung der Zuwendung

durch örtliche Erhebungen zu prüfen. Der Umfang und das Ergebnis der Prüfung sind in ei-

nem Vermerk zu dokumentieren. Des Weiteren sind ergänzend nach den WGL-Beschlüssen

sog. „Standards für die Prüfung der Verwendungsnachweise durch die Zuwendungsgeber“

anzuwenden.

Der Landesrechnungshof hatte festgestellt, dass eine vertiefte Prüfung für den Prüfungszeit-

raum nicht stattgefunden hatte. Das Ministerium hatte weder Bücher oder Belege angefordert

noch örtliche Erhebungen durchgeführt. Die Prüfvermerke wurden allein auf Basis der vom

Institut vorgelegten Verwendungsnachweise und der Berichte der Wirtschaftsprüfer über die

Prüfung der Jahresabschlüsse erstellt. In seinen Prüfvermerken erklärte das Ministerium je-

weils, die „Abrechnung des Leistungsplanes“ belege den zweckentsprechenden Einsatz der

Zuwendungen. Eine als „Abrechnung des Leistungsplans“ bezeichnete Unterlage gab es nicht.

Ferner lag den Prüfvermerken nicht die nach den WGL-Beschlüssen empfohlene Gliederung

zugrunde. Die Vermerke blieben in Bezug auf den Prüfungsumfang weit hinter den Vorgaben

zurück.

(334) Die Prüfung des Jahresabschlusses durch eine Wirtschaftsprüfungsgesellschaft entbin-

det das Ministerium als Bewilligungsbehörde nicht von der verwaltungsmäßigen Prüfung des

Verwendungsnachweises. Der Bericht der Wirtschaftsprüfungsgesellschaft kann nach den

WGL-Beschlüssen zusammen mit dem Jahresabschluss lediglich als zahlenmäßiger Nachweis

gelten. Für die Jahre 2012 und 2013 hatte eine ordnungsgemäße Verwendungsnachweisprü-

fung durch das Ministerium nicht stattgefunden. Somit war nicht sichergestellt, dass im Prü-

fungszeitraum die mit den Zuwendungen beabsichtigten Zwecke erreicht und die Zuwendun-

gen zweckentsprechend sowie wirtschaftlich verwendet wurden.

(335) Das Ministerium räumt ein, dass es bisher keine vertiefte Prüfung vorgenommen habe.

Es habe keine Bücher und Belege angefordert und keine örtlichen Erhebungen durchgeführt,

da die Wirtschaftsprüfungsgesellschaft diese vor Ort im Auftrag des Instituts ausgeführt hät-

ten. Deren Prüfungsergebnis habe das Ministerium wortwörtlich in den Vermerk aufgenom-

men. Zukünftig werde das Ministerium stichprobenweise vertiefte Prüfungen vornehmen. Das

Prüfverfahren werde den zuwendungsrechtlichen Vorgaben und den WGL-Beschlüssen ange-

passt.

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2 Mittelbewirtschaftung durch das Institut

(336) Das Institut finanziert seine Ausgaben zum einen durch Zuwendungen von Bund und

Ländern und zum anderen aus Mitteln Dritter. Bei seiner Haushalts- und Wirtschaftsführung

hat das Forschungsinstitut die Bestimmungen des Zuwendungsbescheides zu beachten. Dazu

gehören u. a. die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur institutionellen För-

derung sowie die Bewirtschaftungsgrundsätze zum Programmbudget. Danach hat das For-

schungsinstitut insbesondere die ihm zur Verfügung stehenden Mittel wirtschaftlich und spar-

sam sowie nur für satzungsmäßige Zwecke zu verwenden. Des Weiteren darf es seine Be-

schäftigten nicht besser stellen als vergleichbare Landesbedienstete (Besserstellungsverbot).

2.1 Bewirtungen

(337) Das Institut leistete im Jahr 2012 Ausgaben für Bewirtungen von 16.661,78 Euro und

im Jahr 2013 von 16.263,02 Euro. Darin enthalten waren auch Ausgaben für Trinkgelder. Es

handelte sich in der Mehrzahl der Fälle um Restaurantessen mit Projektpartnern aus der Pri-

vatwirtschaft oder mit Vortragsgästen, aber auch mit Mitgliedern der Gremien des Instituts.

Teilnehmer waren überwiegend Mitarbeiter des Instituts, in Einzelfällen ganze Forschungsbe-

reiche. Das dienstliche Erfordernis hatte das Institut jeweils nicht begründet. Des Weiteren be-

zahlte es auch Restaurantrechnungen für das Frühjahrssymposium eines Forschungsbereiches

und das jährliche Ehemaligen-Treffen. Außerdem leistete das Institut Ausgaben für Bewirtun-

gen im eigenen Haus bei Dienstberatungen oder Projekttreffen sowie bei ganztägigen „Brain-

storming(s)“ außerhalb des Institutsgebäudes. Das Forschungsinstitut zahlte darüber hinaus

26.457,28 Euro für die gastronomische Versorgung von 290 Personen (darunter ca. 200 Insti-

tutsangehörige) anlässlich seines 60-jährigen Bestehens.

(338) Der Landesrechnungshof wies darauf hin, dass Ausgaben für Speisen und Getränke der

privaten Lebensführung zuzuordnen und daher grundsätzlich auch privat zu finanzieren sind.

Sie sind allenfalls im Rahmen der Repräsentation nach außen zulässig. Dies ist z. B. nicht ge-

geben, wenn die Teilnehmer überwiegend Mitarbeiter des Forschungsinstituts sind. Die geleis-

teten Bewirtungsausgaben dienten folglich überwiegend nicht der Aufgabenerfüllung des For-

schungsinstituts. Das Institut hat mithin unwirtschaftlich gehandelt. Mit der Finanzierung von

Bewirtungsausgaben für die eigenen Beschäftigten hat es diese zudem besser gestellt als ver-

gleichbare Landesbedienstete und damit gegen das Besserstellungsverbot verstoßen.

(339) Das Ministerium erklärte, das Institut werde Ausgaben für Bewirtungen nur noch im

Rahmen der Repräsentation vornehmen und auf das notwendige Maß beschränken. Es werde

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künftig insbesondere Anlass, Zweck und Notwendigkeit der Veranstaltungen sorgsamer doku-

mentieren.

2.2 Leistungen im sozialen Bereich

(340) Auf der Grundlage interner Festlegungen für „Festveranstaltungen zu Jubiläen von

führenden Persönlichkeiten des Instituts“ lädt das Institut anlässlich bestimmter Geburtstage

von Institutsdirektoren, Vorstandsmitgliedern und Forschungsbereichsleitern zu Festkolloqui-

en oder Abendessen ein. Des Weiteren leistet das Institut anlässlich von Dienstjubiläen und

zur Verabschiedung langjähriger Mitarbeiter und von Gastwissenschaftlern regelmäßig Ausga-

ben für Präsente, wie Blumen, Bücher und Einkaufsgutscheine.

Im Prüfungszeitraum leistete das Institut zudem Ausgaben von

• 23.180,30 Euro im Jahr 2012 und 10.825,82 Euro im Jahr 2013 für Sommer- und

Grillfeste, Mitarbeiter- und Kinderweihnachtsfeiern sowie für sog. „Jahresend- oder

-abschlussgespräche“,

• 9.887,40 Euro für Veranstaltungscatering, eine Schiffstour inklusive Speisen und Ge-

tränke sowie Getränke zum Grillfest im Rahmen eines im Jahr 2013 gemeinsam mit

einer Universität durchgeführten Workshops,

• 15.480,27 Euro im Jahr 2012 und 14.652,70 Euro im Jahr 2013 für Schiffsfahrten,

Restaurantbesuche, Musicalkarten, Eintritt zum Besuch von Museen und Zoos sowie

Führungen durch Nationalparks im Zusammenhang mit sog. „Bereichs- und Grup-

penausflügen“ sowie

• 3.562,50 Euro im Jahr 2012 und 2.175,00 Euro im Jahr 2013 für die Leitung eines In-

stitutschores, die Anmietung eines Fußballplatzes zu Trainingszwecken und das An-

gebot von Gymnastikkursen im Rahmen des Institutssports.

(341) Die o. g. Ausgaben waren zur Erfüllung der Aufgaben des Forschungsinstituts nicht

notwendig. Auch in der Landesverwaltung stehen dafür regelmäßig keine Haushaltsmittel zur

Verfügung. Sie sind grundsätzlich von den Bediensteten selbst zu finanzieren. Das Institut hat

mit diesen Ausgaben gegen die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit und gegen

das Besserstellungsverbot verstoßen.

(342) Das Ministerium entgegnete zunächst, dass Einrichtungen der Leibniz-Gemeinschaft

eine gesicherte Grundfinanzierung nur erhalten würden, wenn diese Einrichtungen sich an ge-

samtgesellschaftliche Normen hielten. Diese würden in einer im Siebenjahreszyklus stattfin-

denden externen Evaluierung kritisch und gründlich geprüft. Neben international anerkannten

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Forschungsleistungen seien auch eine wissenschaftsbefördernde Arbeitsatmosphäre und sehr

gute soziale Rahmenbedingungen (Lebensqualität auch am Arbeitsplatz) unabdingbare Vor-

aussetzungen für einen positiven Evaluierungsausgang. Maßnahmen im sozialen Bereich för-

derten nachhaltig die Gesundheit und Motivation der Beschäftigten auf der einen Seite und die

Forschungsproduktivität und -qualität bzw. die Innovationsfähigkeit des Instituts auf der ande-

ren Seite. Nur unter Einhaltung dieser Kriterien könne das Institut seiner unternehmerischen

Sozialverantwortung gerecht werden. Zwei Mitarbeiterveranstaltungen pro Jahr würden unter

Beachtung aller steuerrechtlichen und zuwendungsrechtlichen Rahmenbedingungen durchge-

führt. Sie dienten der Information und dem Austausch angestammter und dem Welcome-

Gedanken und der Integration neuer Beschäftigter (insbesondere aus dem Ausland). Die Be-

wirtung sei angemessen. Alle Mitarbeiter würden eingeladen und das dienstliche Interesse ste-

he im Vordergrund. Gruppenausflüge, die neben der Erledigung des Dienstgeschäftes insbe-

sondere der Teambildung dienten, seien heute auf ein Minimum reduziert. Unter dem Stich-

wort „Betriebliches Gesundheitsmanagement“ sei das Institut bemüht, die Belastungen der

Beschäftigten optimal zu gestalten und die persönlichen Ressourcen zu stärken. Die Ausgaben

für den Institutssport würden der sehr wichtigen gesundheitlichen Vorsorge dienen. Die Maß-

nahmen seien teambildend, erhöhten die Mitarbeiterzufriedenheit und stärkten das Zugehörig-

keitsgefühl der Beschäftigten.

In seiner weiteren Stellungnahme teilte das Ministerium mit, dass es das Forschungsinstitut

auf die Einhaltung des Besserstellungsverbots hingewiesen habe. Künftig würden die Hinwei-

se des Landesrechnungshofes beachtet. Ausnahmen vom Besserstellungsverbot würden in Zu-

kunft beim Vorliegen besonderer Gründe unter Hinzuziehung des Finanzministeriums aus-

drücklich im Zuwendungsbescheid geregelt.

(343) Der Landesrechnungshof hat darauf hingewiesen, dass weder die zuwendungsrechtli-

chen Bestimmungen noch die Ausführungsvereinbarung WGL oder die WGL-Beschlüsse für

Leibniz-Institute Ausnahmen vom Besserstellungsverbot vorsehen. Selbstverständlich darf das

Institut Gelegenheit geben, Ausflüge und andere Veranstaltungen durchzuführen, die nur einen

geringen oder keinen dienstlichen Bezug haben. Ausgaben für Bewirtungen sowie für kulturel-

le Rahmenprogramme anlässlich solcher Veranstaltungen sind jedoch privat zu finanzieren.

Dies gilt auch für die Finanzierung eines regelmäßig stattfindenden Sport- oder Musikange-

bots des Instituts im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements. Eine solche Fi-

nanzierung ist nach dem Leitfaden für ein Betriebliches Gesundheitsmanagement in der Lan-

desverwaltung für Landesbedienstete nicht vorgesehen.

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2.3 Gebäudereinigung

(344) Das Institut hatte den Reinigungsvertrag für das Institutsgebäude, der im Jahr 2005 ur-

sprünglich nur für den ersten Bauabschnitt des Institutsgebäudes für einen Zeitraum von zwei

Jahren geschlossen wurde, mehrfach erweitert und verlängert. Die Vergütung für die Gebäude-

reinigung hatte sich bis zum Jahr 2013 mehr als vervierfacht. Weder zur Inbetriebnahme des

zweiten Bauabschnitts im Jahr 2008 noch im Zusammenhang mit der Fertigstellung des drit-

ten Bauabschnitts im Jahr 2014 hatte das Institut den Reinigungsvertrag gekündigt und die

Reinigungsleistungen insgesamt neu ausgeschrieben.

(345) Das Institut hatte es folglich mindestens seit 2008 versäumt, die Leistungen für die Ge-

bäudereinigung öffentlich auszuschreiben und diese Leistungen dadurch dem Wettbewerb ent-

zogen. Es hatte damit nicht nur gegen vergaberechtliche Bestimmungen, sondern auch gegen

die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen.

(346) Das Ministerium teilte mit, die Vergabe der Leistungen für die Gebäudereinigung wer-

de durch das Institut gegenwärtig vorbereitet und neu ausgeschrieben. Die Neuvergabe der

Reinigungsleistungen werde spätestens bis Mitte 2017 erfolgt sein.

2.4 Leistungsentgelte

(347) Nach den Bewirtschaftungsgrundsätzen galten für das Institut im Prüfungszeitraum die

personalrechtlichen Bestimmungen des Landes Mecklenburg-Vorpommern. Dazu zählt u. a.

der Tarifvertrag für den öffentlichen Dienst der Länder (TV-L). Der TV-L enthält verschiede-

ne Sonderregelungen für Beschäftigte an Hochschulen und Forschungseinrichtungen. Danach

besteht u. a. die Möglichkeit, Beschäftigten im Wissenschaftsbereich für besondere Leistun-

gen einmalige Prämien zu gewähren. Werden die besonderen Leistungen dauerhaft oder pro-

jektbezogen erbracht, können zudem monatliche Zulagen gewährt werden.

Während die staatlichen Hochschulen des Landes von diesen Möglichkeiten nur zurückhal-

tend Gebrauch machen (z. B. dürfen an der Universität Rostock maximal 10 % der berechtig-

ten Personen Leistungsentgelte erhalten), gewährte das Institut im Prüfungszeitraum mehr als

der Hälfte seiner unbefristet beschäftigten Mitarbeiter Prämien oder Zulagen. Sowohl deren

Verteilung auf die einzelnen Bereiche als auch deren Höhe fiel unterschiedlich aus. So erhiel-

ten in einem Organisationsbereich alle Mitarbeiter Leistungsentgelte, in einem anderen nie-

mand. Die Höhe der Prämien reichte von 100 bis 3.000 Euro, die der Zulagen von 50 bis

550 Euro monatlich. Gründe für die unterschiedliche Behandlung waren nicht erkennbar. In

keinem Fall war der Gewährung der Leistungsentgelte eine Leistungsbeurteilung vorausge-

gangen. Die Begründungen der „besonderen Leistungen“ waren zu einem großen Teil stereo-

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typ und wiederholten sich jährlich. In zwei Fällen hatte das Institut monatliche Zulagen an

Wissenschaftler damit begründet, keine den Arbeitsaufgaben entsprechende Planstelle zu ha-

ben. Mit den Zulagen habe die Differenz zwischen der Stelle, in die die Beschäftigten ein-

gruppiert waren und derjenigen, in der sie aufgrund ihrer Aufgaben hätten eingruppiert werden

müssen, ausgeglichen werden sollen. Dass die den Wissenschaftlern zugewiesene Tätigkeiten

den Merkmalen einer jeweils höheren Entgeltgruppe entsprach, war in den Personalakten

nicht dokumentiert.

(348) Ein sachlich nicht gerechtfertigtes Leistungsentgelt verstößt ebenso gegen das Besser-

stellungsverbot wie eine zu hohe Eingruppierung. In der Gewährung von Leistungsentgelten

an mehr als 50 % der unbefristet Beschäftigten sah der Landesrechnungshof einen Hinweis

auf ein grundlegendes Missverständnis des Tatbestandsmerkmals „besondere Leistungen“.

Des Weiteren ließ das gegenwärtig praktizierte Verfahren nicht erkennen, dass die unterschied-

liche Verteilung und die zum Teil beträchtlichen Betragsschwankungen bei den Zulagen und

Prämien auf unterschiedlichen Ausprägungsgraden der „besonderen Leistungen“ in den ver-

schiedenen Bereichen beruhten. Das Verfahren war intransparent und damit potenziell geeig-

net, zu gleichheitswidrigen Ergebnissen zu führen. Des Weiteren ist die Gewährung einer Zu-

lage zur Kompensation nicht vorhandener Planstellen unzulässig. Soweit die den Wissen-

schaftlern übertragene Tätigkeit tatsächlich die Merkmale der jeweils höheren Entgeltgruppe

erfüllt haben sollten, wären sie wegen des Grundsatzes der Tarifautomatik automatisch in die-

se Entgeltgruppe eingruppiert. Durch den Stellenplan können tarif- bzw. arbeitsrechtliche An-

sprüche der Beschäftigten nicht aufgehoben werden.

Der Landesrechnungshof hatte das Ministerium aufgefordert zu prüfen, ob es eine einheitli-

che, transparente und dem allgemeinen Gleichheitsgrundsatz genügende Auslegung der Zu-

lagenregelungen für den wissenschaftlichen Bereich herbeiführen kann.

(349) Das Ministerium hat mitgeteilt, das Institut werde die Gewährung von Leistungsent-

gelten neu regeln und transparent ausgestalten. Die Leistungsentgelte müssten selbstverständ-

lich den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmenbedingungen entsprechen. Es teilte weiter mit,

dass die Meinungsbildung zum „Prüfauftrag des Landesrechnungshofes“ noch nicht abge-

schlossen sei.

3 Assoziiertenmodell

(350) Das Institut hat mit der Universität Rostock eine intensive partnerschaftliche Zusam-

menarbeit vereinbart, die neben der gemeinsamen Nutzung von Geräten und Einrichtungen

auch die Zusammenarbeit im Personalbereich beinhaltet. Nach der hierüber abgeschlossenen

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Kooperationsvereinbarung stellt das Institut in seinem Forschungsbereich Professoren der

Universität Rostock zur Durchführung von wissenschaftlichen Arbeiten die erforderlichen

Räume, Infrastruktur sowie Forschungspersonal nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit und im

Rahmen des Möglichen zur freien Verfügung (sog. Assoziiertenmodell).

Im Prüfungszeitraum waren mehrere Professoren der Universität Rostock als assoziierte Wis-

senschaftler am Institut tätig. In allen Fällen hatte das Institut mit den Professoren Honorar-

verträge geschlossen. Danach verpflichteten sich diese, das Institut zu beraten und bei seinen

satzungsmäßigen Aufgaben zu unterstützen. Zu den Aufgaben der Professoren gehörten u. a.

„die Erarbeitung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse und deren Publikation“ und „die

Einwerbung von Drittmitteln“. Dies führte in einem Fall so weit, dass ein Professor der Uni-

versität Rostock bislang Drittmittelforschung ausschließlich für das Institut betrieben hatte. Zu

den weiteren Pflichten der Professoren nannten die Honorarverträge die Mitgliedschaft in dem

für die „interne Steuerung“ des Instituts zuständigen Leitungsgremium. Die in den Honorar-

verträgen vereinbarten Pauschalhonorare von 300 Euro wurden monatlich an die Professoren

überwiesen, ohne dass diese eine Rechnung erstellten und ohne dass auf Seiten des Instituts

die vertragsgemäße Leistungserbringung überprüft und bestätigt wurde. De facto gab es dem-

nach eine Lohnfortzahlung im Krankheits- und Urlaubsfall.

(351) Der Landesrechnungshof bezweifelte, dass es sich nach der Ausgestaltung der vertrag-

lichen Beziehungen mit den Universitätsprofessoren um Honorarverträge handelte. Es fehlten

typische Merkmale einer selbständigen Tätigkeit. Für den Landesrechnungshof war nicht

nachvollziehbar, weshalb mit den assoziierten Professoren überhaupt Honorarverträge abge-

schlossen wurden. Die Professoren wurden beim Institut auf der Grundlage der Kooperations-

vereinbarung und damit im Rahmen ihres Hauptamtes an der Universität Rostock tätig. Für

die Zusammenarbeit im Personalbereich sowie die gemeinsame Benutzung von Geräten und

Einrichtungen wurde aufgrund des „Prinzip[s] der Gegenseitigkeit“ die Zahlung eines Ent-

gelts nicht vereinbart. Einer zusätzlichen vertraglichen Regelung mit den Universitätsprofes-

soren bedurfte es deshalb nicht. Der Landesrechnungshof hatte darauf hingewiesen, dass ein

und dasselbe Rechtsverhältnis nicht zugleich privat- und öffentlich-rechtlich begründet wer-

den kann, sondern entweder als das eine oder als das andere zu qualifizieren ist.

Die praktizierte Kooperation zwischen der Universität Rostock und dem Institut hielt der Lan-

desrechnungshof zudem nicht für „nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit“ ausgestaltet. Insbe-

sondere die Regelungen der Honorarverträge bezüglich der „Erarbeitung wissenschaftlicher

Forschungsergebnisse und deren Publikation“ und „die Einwerbung von Drittmitteln“ führ-

141

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ten dazu, dass sich die Kooperation asymmetrisch zugunsten des Instituts darstellte. Beson-

ders auffällig war dieses Ungleichgewicht im Fall des o. g. Professors. Abgesehen von einem

möglichen Verstoß gegen seine Pflichten aus dem Beamtenverhältnis entstand der Universität

Rostock daraus auch ein materieller Schaden. Denn die Universität leistete Personalausgaben

für den Professor insbesondere für die Durchführung von Forschungsaufgaben, die er für die

Universität aber nicht erbrachte.

(352) Das Ministerium stellte in seiner Stellungnahme die besondere Exzellenz der For-

schungstätigkeit im Rahmen der Kooperation von Universität und Institut heraus. Es führte

aus, dass zum wiederholten Male auch externe, international agierende Gutachter ein positives

Urteil über das Assoziiertenmodell abgegeben hätten und betonte ausführlich den wissen-

schaftlichen Nutzen der Kooperation. Es sei daher ein dauerhaftes forschungspolitisches Ziel

des Ministeriums, solche Kooperationen zu fördern und auch landeshochschulrechtlich abzu-

sichern. In der Leistungsbilanz für entsprechende Evaluierungen der Bund-Länder-Förderung

sei der Drittmitteleffekt für das Institut maßgeblich. Zur beanstandeten Ausgestaltung der ver-

traglichen Beziehungen der Wissenschaftler der Universität zum Institut im Rahmen des Asso-

ziiertenmodells hat sich das Ministerium nicht geäußert.

(353) Für den Landesrechnungshof ist es nicht akzeptabel, wenn das Ministerium Nachteile

für die Universität Rostock billigend in Kauf nimmt mit der Begründung, in der Leistungsbi-

lanz für entsprechende Evaluierungen der Bund-Länder-Förderung sei der Drittmitteleffekt

des Instituts maßgeblich. Schließlich werden die Personalausgaben für die beim Institut täti-

gen Professoren von der Universität Rostock geleistet. Die Einwerbung von Drittmitteln ist

ebenfalls für den wissenschaftlichen Erfolg der Universität Rostock von Bedeutung.

4 Interessenkollision

(354) Das Institut unterhält mit mehreren Industriepartnern Kooperationen. Mit zwei bedeu-

tenden Industrieunternehmen hatte es u. a. Rahmenverträge über eine mehrjährige For-

schungszusammenarbeit abgeschlossen. Danach verpflichtete es sich, in seinen Räumen For-

schungslabore einzurichten, die – einschließlich Personal in einem definierten Mindestumfang

– bevorzugt für Projektarbeiten für diese Industriepartner vorzuhalten sind. Für die Ausstat-

tung der Labore erhielt das Institut von den Partnern mehrere Millionen Euro. Ein Mitarbeiter

eines der beiden Industriepartner – der das Unternehmen gegenüber dem Institut in Vertrags-

angelegenheiten vertrat – gehörte beim Abschluss des Rahmenvertrages im Jahr 2011 dem

Wissenschaftlichen Beirat des Instituts an. Er wurde im Jahr 2013 ins Kuratorium – das Auf-

sichtsgremium des Instituts – gewählt. Weitere Mitarbeiter dieses Unternehmens waren in der

142

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Mitgliederversammlung und im Wissenschaftlichen Beirat vertreten. Ein Mitarbeiter des ande-

ren Industriepartners wurde im Jahr nach Abschluss des Rahmenvertrages in den Wissen-

schaftlichen Beirat berufen.

(355) Die Berücksichtigung von Industrievertretern bei der Besetzung der Gremien des Insti-

tuts ist grundsätzlich nicht zu beanstanden. Bei einem Institut, dessen Forschung von hoher

Bedeutung für die Industrie ist, liegt es sogar nahe, auch sachverständige Personen aus der

freien Wirtschaft für die Gremienarbeit zu gewinnen. Klare Grenzen sind aber dort zu ziehen,

wo Industrievertreter von Interessenkonflikten betroffen sein können. Dies ist stets dann der

Fall, wenn das entsendende Unternehmen nicht lediglich unbedeutende Geschäftsbeziehungen

zum Institut unterhält. Diese Grenze ist im Fall der Kooperation mit den beiden o. g. Unter-

nehmen deutlich überschritten. Die Einrichtung von Laboren für mehrere Millionen Euro zum

Zweck der Durchführung von Projekten für die Industriepartner über einen Zeitraum von vie-

len Jahren belegt ein erhebliches wirtschaftliches Interesse der Unternehmen daran, dass das

Institut langfristig in den Bereichen forscht, in denen die Unternehmen am Markt tätig sind. In

Bezug auf den Mitarbeiter, der das Unternehmen gegenüber dem Institut in Vertragsangele-

genheiten vertritt, ist ein möglicher Interessenkonflikt offenkundig. Dass er sich im Rahmen

seiner Gremienarbeit unter Ausblendung seiner Zugehörigkeit zum Unternehmen ausschließ-

lich den Interessen des Instituts verschrieben fühlt, ist kaum vorstellbar. Nach der Vereinssat-

zung entscheidet das Kuratorium in Abstimmung mit dem Wissenschaftlichen Beirat über die

zu bearbeitenden Forschungsfelder. Es entscheidet ferner über den Abschluss und die Verlän-

gerung von Rahmenverträgen. Auch bei einer Mitgliedschaft von Vertretern der o. g. Industrie-

partner im Wissenschaftlichen Beirat des Instituts liegt die Gefahr von Interessenkonflikten

nahe. Als Mitglieder des Wissenschaftlichen Beirats haben sie Einfluss auf die langfristige

Forschungs- und Entwicklungsplanung des Instituts und auf die zu bearbeitenden Forschungs-

felder. Als Vertreter ihrer Unternehmen haben sie aber auch ein Interesse daran, dass das Insti-

tut auf den Spezialgebieten forscht, die einen Geschäftsbereich ihrer Unternehmen ausma-

chen.

(356) Das Ministerium teilte mit, die Empfehlungen des Landesrechnungshofes würden mit

dem Institut und in den Gremien besprochen. Das Ministerium werde unterstützend darauf

hinwirken, zukünftig Interessenkollisionen bei der Gremienbesetzung zu vermeiden.

(357) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

143

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7 Beteiligungen der Universitätsmedizin Greifswald und deren Steuerung

Der Landesrechnungshof hat 2012180 und 2014181 die Risikofrüherkennungssysteme der

Universitätsmedizin Greifswald und Rostock geprüft und dabei Management- und

Steuerungsdefizite festgestellt. Dabei sind auch Mängel beim Beteiligungsmanagement

der Universitätsmedizin Greifswald festgestellt worden. Nunmehr hat der Landesrech-

nungshof ausschließlich das Beteiligungsmanagement der Universitätsmedizin Greifs-

wald geprüft.

1 Neuorganisation der Beteiligungsverwaltung

(358) Die Universitätsmedizin hat am 22.01.2015 ein Organisationshandbuch zum Beteili-

gungsmanagement erstellt. Die Regelungen des Organisationshandbuches sind ab dem

01.01.2016 anzuwenden. Das Handbuch enthält zur Beteiligungssteuerung wesentliche orga-

nisatorische Bestimmungen. So werden die Aufbau- und Ablauforganisation der Beteiligungs-

verwaltung geregelt und Festlegungen getroffen, wie und mit welchem Inhalt Beteiligungsbe-

richte zu erstellen sind. Zu jeder Mehrheitsbeteiligung wird ein jährlicher Beteiligungsbericht

mit Kennzahlen erstellt. Der Beteiligungsbericht ist zum Stichtag 31.10. für das Vorjahr auf

der Grundlage des vorliegenden Jahresabschlusses zu erstellen und dann an die Beteiligungs-

verwaltung zu geben. Er ist im Rahmen einer der jährlich stattfindenden Gesellschafterver-

sammlungen vorzulegen. Damit verbunden ist eine strategische Bewertung der Beteiligungen

durch das Beteiligungscontrolling durchzuführen. Die Auswertung ist dem Gesellschafter

mindestens einmal im Jahr im Rahmen der Gesellschafterversammlung oder separat vorzule-

gen. Die daraus abgeleiteten Maßnahmen sind zu dokumentieren.

(359) Ein Wirtschaftsplan für die Mehrheitsbeteiligungen ist jährlich zu erstellen. Er hat für

das Folgejahr bis zum 31.10. des laufenden Jahres vorzuliegen. Er ist im Rahmen der jährlich

stattfindenden Gesellschafterversammlung vorzustellen und durch diese zu genehmigen. Die

Genehmigung des Wirtschaftsplanes ist zu protokollieren. Für die Mehrheitsbeteiligungen ist

ein operativer Kennzahlenbericht einmal im Quartal zu erstellen. Damit verbunden sind Ab-

weichungen zum Plan zu analysieren und zu hinterfragen. Die finale Auswertung ist dem Be-

teiligungsmanagement zur Verfügung zu stellen. Bei gravierenden Abweichungen zum Wirt-

180 Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2012): Jahresbericht 2012 (Teil 2) – Landesfinanzbericht2012, S. 181 ff.

181 Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2015): Jahresbericht 2014 (Teil 2) – Landesfinanzbericht2014, S. 146 ff.

144

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schaftsplan des laufenden Jahres ist eine entsprechende Gesellschafterversammlung einzube-

rufen bzw. sind die Gesellschafter zu informieren.

Für die Minderheitsgesellschaften ist ein operativer Kennzahlenbericht in verkürzter Form

durch das Beteiligungscontrolling zu erstellen. Die entsprechenden Leistungszahlen sind dem

Beteiligungsmanagement vorzulegen.

(360) Weiterhin ist für jede Beteiligung eine Vertragsübersicht durch den Geschäftsführer zu

führen.

(361) Das Organisationshandbuch enthält Regelungen, wie die Gesellschafterversammlun-

gen zu organisieren und zu dokumentieren sind. Die Kommunikationsstrukturen wurden defi-

niert. Insbesondere die Risikokommunikation und -bewertung wurde festgelegt.

(362) Die Mindestanforderungen an einen noch zu erstellenden Beteiligungskodex (bzw.

Corporate Governance Kodex) wurden ebenfalls im Organisationshandbuch festgelegt.

2 Prüfungsergebnisse

(363) Dem Landesrechnungshof wurden die Jahresabschlüsse der Beteiligungen vorgelegt.

Die Beteiligungsberichte und Organbeschlüsse wurden in Stichproben geprüft. Offensichtliche

Risiken für die Universitätsmedizin ergeben sich daraus nicht.

(364) Die in Stichproben geprüften Beteiligungsberichte und Organbeschlüsse entsprechen

den Regelungen des Organisationshandbuches.

(365) Die Regelungen des Organisationshandbuches sind geeignet, ein wirksames Beteili-

gungscontrolling sicherzustellen. Somit wurden auch die Empfehlungen aus der Prüfung der

Risikofrüherkennungssysteme durch den Landesrechnungshof im Jahre 2012 umgesetzt. Da

die Regelungen für die Jahresabschlüsse und Wirtschaftspläne 2016 erstmals anzuwenden

und außergewöhnliche Geschäftsvorfälle nicht zu verzeichnen waren, wird sich erst zukünftig

die Wirksamkeit der Risikobewältigung und -kommunikation abschließend beurteilen lassen.

Die getroffenen Festlegungen sind aus Sicht des Landesrechnungshofes geeignet, Risiken

rechtzeitig zu erkennen und entsprechende Maßnahmen einzuleiten.

3 Empfehlungen

(366) Für wirtschaftlich bedeutende Beteiligungen sollte die Installation eines Aufsichtsrates

oder Beirates geprüft werden.

(367) Der noch zu erstellende Beteiligungskodex sollte Regelungen zur Wahrnehmung von

Aufsichtsratsmandaten enthalten, wenn bei Beteiligungen Aufsichtsräte eingerichtet werden.

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Weiterhin sollten insbesondere die Informations- und Berichtspflichten der Geschäftsführung,

die Modalitäten der Abschlussprüfung und zustimmungspflichtige Geschäfte geregelt werden.

Der Beteiligungskodex sollte möglichst zeitnah erstellt werden.

4 Stellungnahmen

(368) Seitens des Bildungsministeriums und der Universitätsmedizin Greifswald bestehen

keine Bedenken gegen die Darstellung.

(369) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

146

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Einzelplan 08 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Landwirtschaft und Umwelt

8 Zuwendungen zur Förderung des Absatzes land-, fisch- und ernährungswirtschaftlicher Erzeugnisse

Im Interesse potenzieller Antragsteller, einer effizienten Aufgabenwahrnehmung durch

die Landesverwaltung und das LFI sowie der Substitution von Landes- durch EU-Mittel

sollten die beiden Messeförderprogramme des Landes zusammengeführt werden.

Die Prüfung hat erneut die bereits 2010 festgestellten Widersprüche zwischen Festlegun-

gen in der Förderrichtlinie und den Ausführungshinweisen an die Bewilligungsstelle ge-

zeigt.

Die Vorgangsbearbeitung durch das LFI ist optimierungsbedürftig. Beispielsweise hat es

die Zuwendungen nach regelhaft genehmigtem vorzeitigen Vorhabenbeginn erst weit

nach Abschluss der Maßnahmen bewilligt und versäumt, die Verwendungsnachweise zu

prüfen.

(370) Das Landwirtschaftsministerium gewährt Zuwendungen für die Förderung von Kom-

munikationsmaßnahmen zur Verbesserung des Absatzes land-, fisch- und ernährungswirt-

schaftlicher Erzeugnisse und Qualitätsprodukte. Das Ministerium hatte infolge der Prüfungs-

mitteilungen182 aus dem Jahr 2010 das Verfahren umfassend geändert. Der Landesrechnungs-

hof nahm dies zum Anlass für eine Nachschau. Prüfungszeitraum waren die Jahre 2013 bis

2015. Er hat örtliche Erhebungen im Ministerium und im Landesförderinstitut Mecklenburg-

Vorpommern (LFI) als Bewilligungsbehörde durchgeführt.

1 Veranschlagung

(371) Die bei dem geprüften Titel 0802 683.02 Zuschüsse für Maßnahmen zur Verbesserung

der Absatzförderung veranschlagten Haushaltsmittel von jährlich 615.000 Euro nahm das Mi-

nisterium im Prüfungszeitraum durchschnittlich lediglich zu 48 % in Anspruch. Im Gegensatz

dazu war der Titel 0802 534.05 Durchführung von absatzfördernden und Imageveranstaltun-

gen regelmäßig nicht auskömmlich. Die Prüfung hat zudem gezeigt, dass das Ministerium die

eingeräumten gegenseitigen Deckungsvermerke ausschließlich einseitig zu Lasten des geprüf-

ten Titels genutzt hat.

182 Prüfung der Durchführung absatzfördernder und Image-Veranstaltungen sowie Zuschüsse für Maßnahmen zurVerbesserung der Absatzförderung in den Haushaltsjahren 2004-2007; Zweiter Teil: Zuwendungen (Gz: 41(neu 52)-0-092-08.43 vom 04.02.2010.

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(372) Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium mit dem nächsten Doppel-

haushalt die Mittel zielgenauer veranschlagt.

2 Zusammenführung von Messeförderprogrammen des Landes

(373) Der Bund, die EU sowie das Land unterstützen Unternehmen bei Beteiligungen an in-

ternationalen und nationalen Fachmessen mit finanziellen Mitteln aus verschiedenen Förder-

programmen. Die Förderungen des Landes auf der Grundlage der geprüften Förderrichtlinie

und der „Richtlinie zur Förderung der Teilnahme von Unternehmen an Messen und Ausstel-

lungen“183 der Staatskanzlei richten sich vornehmlich an kleine und mittlere Unternehmen.

Nach beiden Förderprogrammen können einzelbetriebliche Messebeteiligungen, aber auch

Firmengemeinschaftsstände auf Messen im In- und Ausland gefördert werden. Bewilligungs-

behörde ist in beiden Fällen das LFI.

(374) Hilfen für kleine und mittlere Unternehmen für deren Präsentation auf Messen und

Ausstellungen als wichtige absatzfördernde Maßnahmen sind zahlreich vorhanden. Der Lan-

desrechnungshof hat daher angeregt zu prüfen, ob es notwendig ist, weiterhin zwei Förderpro-

gramme mit in Bezug auf Messebeteiligungen identischen Fördergegenständen parallel anzu-

bieten. Er hält es für umsetzbar, ressortübergreifend ein Förderprogramm zu konzipieren, das

alle Marktteilnehmer berücksichtigt. Zudem sollte geprüft werden, ob für dieses Gesamtför-

derprogramm EU-Mittel eingesetzt werden können, wie dies bereits für die Finanzierung der

Förderungen der Messebeteiligungen aus der Staatskanzlei praktiziert wird.

(375) Das Ministerium hat mitgeteilt, nach seiner Einschätzung würden sich beide Program-

me ergänzen. Auf Arbeitsebene fänden zwischen der Staatskanzlei und dem Wirtschaftsminis-

terium sowie mit dem LFI Abgleiche statt, um eine Doppelförderung auszuschließen. Im Zuge

der Erarbeitung der neuen Absatzförderrichtlinie in 2017 werde die Abgrenzung der Förderin-

halte mit der Staatskanzlei und dem Wirtschaftsministerium noch einmal geprüft.

(376) Der Landesrechnungshof teilt die Auffassung des Ministeriums nicht, wonach sich die

beiden Förderprogramme ergänzen würden. Auch die angekündigte Prüfung der Abgrenzung

der Förderinhalte hält er für nicht zielführend. Dies dient lediglich der Verstetigung der vorge-

fundenen Verhältnisse, ohne Verbesserungen zu bewirken. Anstelle dessen sollten die Ressorts

zielgerichtet an einer Zusammenführung der Förderung in einer Förderrichtlinie arbeiten. Dies

wäre sowohl im Interesse potentieller Antragsteller als auch im Sinne einer effizienten Aufga-

benwahrnehmung durch die Landesverwaltung und das LFI vorteilhaft. Zudem könnten Lan-

183 AmtsBl. M-V 2014 S. 798.

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desmittel durch EU-Mittel substituiert werden. Die übrigen Fördergegenstände der geprüften

Richtlinie einschließlich der Förderung der Teilnahmen an in Mecklenburg-Vorpommern re-

gional ausgerichteten, zumeist kleineren Messen blieben unberührt.

3 Subsidiaritätsprinzip

(377) Der Kreis der Zuwendungsempfänger besteht in erster Linie aus am Markt agierenden

Unternehmen bzw. Unternehmenszusammenschlüssen, die ein erhebliches Eigeninteresse an

einer guten wirtschaftlichen Entwicklung haben müssten. Die Prüfung hat gezeigt, dass an ei-

ner Förderung interessierte Unternehmen ihre Teilnahme an einer Fachmesse häufig nicht von

einer verbindlichen Förderzusage abhängig machen. Insoweit liegt ein Mitnahmeeffekt vor.

Zuwendungen dürfen nur gewährt werden, wenn das Land an der Erfüllung des damit verbun-

denen Zwecks ein erhebliches Interesse hat, das ohne die Zuwendung nicht oder nicht im not-

wendigen Umfang befriedigt werden kann. Der Landesrechnungshof stellt in Frage, dass die-

ses Landesinteresse tatsächlich nur durch den Einsatz von Fördermitteln und in der bisherigen

Form und mit dem bisherigen Finanzvolumen befriedigt werden kann. Vielmehr sollte eine

zielgerichtetere, sich am tatsächlichen Bedarf der Einzelunternehmen orientierende Förderung

erfolgen. Dabei sollte der Zuwendungsempfängerkreis auch daraufhin geprüft werden, ob För-

dermaßnahmen überhaupt erforderlich sind.

(378) Das Ministerium hat mitgeteilt, es sei grundsätzlich der Auffassung, dass der Ansatz

der Absatzförderung erfolgreich sei. Die Anregung des Landesrechnungshofes werde zum An-

lass genommen, dies im Zusammenhang mit der Erarbeitung der neuen Richtlinie in 2017 zu

prüfen.

(379) Der Landesrechnungshof stimmt dieser Auffassung zu. Ein erfolgreicher Ansatz

schließt jedoch nicht aus, dass das Ministerium permanent nach Möglichkeiten zur Effizienz-

steigerung beim Einsatz der hierfür veranschlagten Haushaltsmittel suchen sollte. Dazu ge-

hört, insbesondere vor dem Hintergrund der allgemeinen positiven wirtschaftlichen Entwick-

lung in den vergangenen Jahren, auch die Zuwendungsempfänger aus der Ernährungswirt-

schaft nach ihrer Wirtschaftskraft und dem Eigeninteresse neu zu bewerten und die Förderung

entsprechend zu optimieren.

4 Abweichende Ausführungshinweise

(380) Das Ministerium hat dem LFI als Bewilligungsbehörde mit Schreiben vom 14.12.2012

zur „Bewirtschaftung des Titels 0802 683.02, Absatzförderung die Förderpraxis für 2013“

Vorgaben für die Umsetzung des Förderprogramms übersandt. Die darin enthaltenen Festle-

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gungen widersprechen den Förderrichtlinien in wesentlichen Teilen, beispielsweise hinsicht-

lich des Höchstfördersatzes bei bestimmten Projekten. Bei „ergänzenden Hinweisen“ kann es

sich bereits vom Wortlaut her lediglich um die Auslegung bzw. Interpretation von Festlegun-

gen aus der Förderrichtlinie handeln, damit das LFI als Bewilligungsbehörde die Intentionen

des Ministeriums zutreffend umsetzt.

(381) Der Landesrechnungshof erwartet, dass das Ministerium die Ausführungshinweise

überarbeitet und die Widersprüche beseitigt. Er verweist darauf, dass er bereits in seiner Prü-

fungsmitteilung aus dem Jahr 2010 Differenzen zwischen den ergänzenden Hinweisen und der

damals geltenden Förderrichtlinie aufgezeigt und deren Ausräumung gefordert hatte. Die er-

neute Feststellung der Abweichungen zwischen den Ausführungshinweisen und der Förder-

richtlinie wertet der Landesrechnungshof als Indiz dafür, dass das Ministerium diese bewusst

bestehen lässt.

(382) Das Ministerium bestätigte die Feststellungen. Es sicherte zu, bei der Erarbeitung der

neuen Förderrichtlinie die Feststellungen des Landesrechnungshofes zu berücksichtigen.

5 Häufigkeit von ministeriellen Einzelentscheidungen

(383) Das LFI als Bewilligungsbehörde wich bei mehreren Bewilligungen von den Vorgaben

der Förderrichtlinie ab. Zuvor hatte es in jedem Einzelfall Entscheidungen des Ministeriums

herbeigeführt.

(384) Der Landesrechnungshof beanstandet die Vielzahl der durch das Ministerium getroffe-

nen abweichenden Einzelentscheidungen. Wenn das Ministerium den eigenen – mit dem Fi-

nanzministerium abgestimmten – Regelungen permanent, in bedeutendem Umfang und mit

erheblichem finanziellen Gewicht zuwiderhandelt, dann sind die Förderrichtlinien weitgehend

wertlos. Sie entfalten nicht ihre Wirkung hinsichtlich Transparenz, Vorhersehbarkeit des Ver-

waltungshandelns und Gewährleistung der Anwendung des Gleichheitsgrundsatzes. Zudem

werden vermeidbare erhöhte Abstimmungs- und Dokumentationspflichten erzeugt. Sollte das

Ministerium die im Prüfungszeitraum vorgefundene Förderpraxis mit den zahlreichen Aus-

nahmen und Abweichungen beibehalten wollen, sind die Förderrichtlinien zu überarbeiten.

(385) Das Ministerium hat die Feststellungen bestätigt und Änderungen mit Verweis auf die

im Jahr 2017 zu erarbeitende Förderrichtlinie zugesichert.

6 Fehlende Verwendungsnachweisprüfungen

(386) Für den geprüften Zeitraum 2013 bis 2015 hat das LFI bisher keine Verwendungsnach-

weisprüfungen gemäß den VV Nr. 11 zu § 44 LHO durchgeführt. Das Verwaltungshandeln en-

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dete mit einer Prüfung der fristgerechten und vollständigen Vorlage der Verwendungsnachwei-

se und ggf. mit Mahnungen.

(387) Der Landesrechnungshof beanstandet, dass mit den nicht durchgeführten Verwen-

dungsnachweisprüfungen ein ganz wesentlicher Bestandteil des Zuwendungsverfahrens unbe-

arbeitet bleibt. Neben möglicherweise sich aus der Endabrechnung ergebenden Rückerstat-

tungsbeträgen fehlen Erkenntnisse darüber, ob die ausgereichten Zuwendungen zweckentspre-

chend ausgegeben und die beabsichtigten Zwecke erreicht worden sind.

(388) Das Ministerium hat mitgeteilt, die Feststellungen träfen zu. Die Prüfung der Verwen-

dungsnachweise werde im LFI ab sofort zeitnah nach Vorlage gemäß VV Nr. 11 zu § 44 LHO

erfolgen. Das LFI sei angehalten, den seit 2012 bestehenden Überhang an ungeprüften Ver-

wendungsnachweisen schnellstmöglich zu bearbeiten. Mit Stand 31.12.2016 seien noch

121 Verwendungsnachweise zu prüfen. Zukünftig werde das Ministerium vermehrt Fachauf-

sichtsprüfungen durchführen, um bei Defiziten in der Bearbeitung der Förderanträge und Ver-

wendungsnachweise zeitnah entsprechende Schritte einleiten zu können.

(389) Der Landesrechnungshof begrüßt, dass das LFI die Verwendungsnachweisprüfungen

zukünftig zügiger durchführen will. Einen wesentlichen Grund hierfür sieht er darin, dass das

LFI gemäß seiner Empfehlung bereits 2016 begonnen hat, die Zahlungsanforderungen der Zu-

wendungsempfänger zeitlich mit der Vorlage der Verwendungsnachweise zu verknüpfen.

7 Aufwendige Vorgangsbearbeitung

(390) Die Vorgangsbearbeitung durch das LFI als Bewilligungsbehörde ist optimierungsbe-

dürftig:

• Der mit der Antragseingangsbestätigung des LFI ausnahmslos zugelassene vorzeitige

Vorhabenbeginn ist nicht in jedem Fall erforderlich. Vielmehr könnten, insbesondere

bei sich jährlich wiederholenden Vorgängen, unter Heranziehung von Erfahrungen

und/oder unter Berücksichtigung des Höchstbetrages je Messeteilnahme Bewilli-

gungsbescheide zeitnah ohne diesen Zwischenschritt erstellt werden.

• Im Fall von erforderlichen Genehmigungen eines vorzeitigen Vorhabenbeginns ist

dem Antragsteller bereits mit dem Antragseingangsschreiben mitzuteilen, dass noch

keine Entscheidung über die Bewilligung der beantragten Zuwendung getroffen wor-

den ist und mit welchen Nebenbestimmungen in späteren Bewilligungsbescheiden zu

rechnen ist.

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• Bewilligungen, z. T. weit nach Abschluss der als Fördergegenstände benannten Fach-

messen, widersprechen einem geordneten Verwaltungsverfahren.

• Die Vielzahl der von den Förderrichtlinien abweichenden, auf Weisungen des Minis-

teriums basierenden Bewilligungen verursachen erhöhten Abstimmungs- und Doku-

mentationsaufwand.

• Die Frist bis zur Vorlage der Verwendungsnachweise ist zu großzügig bemessen. Vor

dem Hintergrund, dass das LFI die Zuwendungen überwiegend im Wege der Ausga-

benerstattung auszahlt, ist die Festsetzung der Vorlagetermine auf sechs Monate nach

dem Ende des Bewilligungszeitraumes unnötig lang. Der Landesrechnungshof emp-

fiehlt, künftig den Vorlagezeitpunkt für die Verwendungsnachweise mit dem Mit-

telanforderungs- und Auszahlungsverfahren zu verknüpfen. Dies würde die Verfah-

rensdauer erheblich verkürzen.

(391) Das Ministerium hat mitgeteilt:

• Um zu dokumentieren, dass jeder Antragseingangsbestätigung eine Prüfung des LFI

vorausgegangen ist, werde das LFI künftig einen kurzen Prüfvermerk erstellen.

• Das LFI werde die Antragseingangsbestätigungen entsprechend überarbeiten. Dar-

über hinaus würden die ANBest-P beigelegt.

• Um die Ursachen für die späten Bewilligungszeitpunkte zu beseitigen, sei abge-

stimmt worden, dass das LFI bereits mit der Antragseingangsbestätigung fehlende

Unterlagen zum Antrag mit einer festen Terminvorgabe nachfordert. Die Einhaltung

der Fristen werde es durch Wiedervorlagen überwachen.

• Mit den Neufassungen der Förderrichtlinie und der Ausführungshinweise im Jahr

2017 werde das Ministerium den Abstimmungs- und Dokumentationsaufwand mini-

mieren. Es sei beabsichtigt, u. a. die Zuwendungsvoraussetzungen in der Förderricht-

linie zu überarbeiten.

• Der Empfehlung des Landesrechnungshofes werde gefolgt. Für alle im Jahr 2016 be-

willigten Vorhaben seien die Verwendungsnachweise bereits mit der letzten Mittelan-

forderung vorzulegen gewesen.

(392) Der Landesrechnungshof begrüßt die beabsichtigten und bereits veranlassten Änderun-

gen im Verfahrensablauf. Zudem bittet er das Ministerium, darauf hinzuwirken, dass das LFI

jeden Einzelfall auf die Notwendigkeit der Genehmigung eines vorzeitigen Vorhabenbeginns

überprüft.

(393) Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

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9 Erhebung und Verwendung der Einnahmen aus der Jagdabgabe

Die jährlich durchschnittlichen Ausgabereste überschreiten seit Jahren die zweckgebun-

den zu verwendenden Einnahmen aus der Jagdabgabe. Landtag und Ministerium soll-

ten prüfen, ob die Gründe für die Sonderabgabe weiterhin bestehen. Wenn diese für not-

wendig erachtet werden sollte, so wäre die derzeitige Höhe nachvollziehbar zu begrün-

den.

Der Landesrechnungshof hat empfohlen, für die Verwendung der Jagdabgabe eine För-

derrichtlinie zu erarbeiten.

(394) Nach dem Landesjagdgesetz (LJagdG M-V)184 hat jeder Erwerber eines Jagdscheines

im Land Mecklenburg-Vorpommern sowie jeder Jagdpächter, sofern er nicht in Mecklenburg-

Vorpommern einen Jagdschein erwirbt, eine Jagdabgabe zu entrichten. Im Prüfungszeitraum

2011 bis 2015 wurden jährlich zwischen rd. 216.500 Euro und rd. 424.000 Euro eingenom-

men. Für die Erhebung sind die Landräte der Landkreise sowie die Oberbürgermeister der

kreisfreien Städte als untere Jagdbehörden zuständig. Die Abgabeschuld entsteht mit der Ertei-

lung des Jagdscheines, für die Jagdpächter mit der Bestätigung oder Festsetzung des jährli-

chen Abschussplanes. Das Aufkommen aus der Jagdabgabe steht der obersten Jagdbehörde zu,

die es im Einvernehmen mit der Landesjägerschaft und dem Jagdbeirat zur Förderung des

Jagdwesens verwendet.

1 Status als Sonderabgabe

(395) Die Jagdabgabe ist eine Sonderabgabe mit Finanzierungsfunktion. Als außersteuerliche

Geldleistungspflicht der Angehörigen einer Gruppe stößt sie nach mehrfach bestätigter Recht-

sprechung des Bundesverfassungsgerichts auf enge kompetenzrechtliche Grenzen. Eine Son-

derabgabe ist nur zulässig, wenn und solange die zu finanzierende Aufgabe auf eine Sachver-

antwortung der belasteten Gruppe, hier der Jagdausübenden, trifft. Der Gesetzgeber ist aus

verfassungsrechtlichen Gründen gehalten, regelmäßig zu überprüfen, ob die Entscheidungs-

gründe für deren Einführung noch immer gelten oder ob sie wegen Zielerreichung oder Weg-

falls des Finanzierungszwecks zu ändern oder aufzuheben ist.

Bislang ist eine diesbezügliche Überprüfung nicht erfolgt.

184 Jagdgesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Landesjagdgesetz – LJagdG M-V) vom 22. März 2000(GVOBl. M-V, S. 126), zuletzt geändert durch Artikel 16 des Gesetzes vom 27. Mai 2016 (GVOBl. M-V,S. 431, 437).

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(396) Das Ministerium hat im Zeitraum von 2011 bis 2015 Ausgabereste von jährlich durch-

schnittlich rd. 435.200 Euro übertragen. Damit überschreiten die Reste seit Jahren die Einnah-

men aus der Jagdabgabe.

(397) Vor diesem Hintergrund haben sowohl das Ministerium als auch der Landtag als Ge-

setzgeber zu prüfen, ob die Gründe für die Erhebung einer Jagdabgabe weiterhin bestehen und

ob – falls dies bejaht wird – es weiterhin gerechtfertigt ist, die Gruppe der Jagdausübenden in

Mecklenburg-Vorpommern mit einer Jagdabgabe in der derzeitigen Höhe zu belasten.

(398) Das Ministerium hat mitgeteilt, in dieser Legislaturperiode eine Überprüfung der ur-

sprünglichen Entscheidung für den Einsatz des gesetzgeberischen Mittels der Sonderabgabe

vornehmen zu wollen. Die relativ hohen Ausgabereste im Prüfungszeitraum seien entweder

dem Nichtzustandekommen des erforderlichen Einvernehmens mit dem Jagdbeirat und der

Landesjägerschaft oder des Vertragsabschlusses zu geplanten Projekten geschuldet. Die Höhe

der Jagdabgabe orientiere sich weitgehend an der der anderen neuen Bundesländer. Im Zusam-

menhang mit der turnusmäßigen Überprüfung von Gebühren auf ihre Kostendeckung werde

das Ministerium künftig auch regelmäßig die Höhe der Jagdabgabe überprüfen.

(399) Mit Blick auf die engen verfassungsrechtlichen Grenzen für eine Sonderabgabe erwar-

tet der Landesrechnungshof, dass sich das Ministerium zeitnah dieser Thematik widmet.

2 Erhebung der Jagdabgabe

2.1 Fehlende Erhebungstatbestände

(400) In der Jagdabgabeverordnung war die Höhe der Jagdabgabe für drei Arten von Jagd-

scheinen – Tagesjugendjagdschein sowie Falknerjugendjagdschein für ein Jahr bzw. für zwei

Jahre – nicht geregelt. Nach § 16 Abs. 3 Nr. 1 LjagdG M-V ist ausnahmslos jeder Erwerber ei-

nes Jagdscheines jagdabgabepflichtig. Das Ministerium ist gehalten, die Jagdabgabeverord-

nung insoweit zu ergänzen. Sollte es beabsichtigen, in diesen Fällen keine Jagdabgabe zu er-

heben, ist eine entsprechende Änderung des LJagdG M-V erforderlich.

(401) Das Ministerium hat mitgeteilt, die Regelungen der Jagdabgabeverordnung zeitnah an

die Vorgaben des LJagdG M-V anzupassen.

2.2 Erhebungs- und Abrechnungsverfahren

(402) Die in den unteren Jagdbehörden vorgefundenen Antragsunterlagen für den Jagdschein

sowie die Gebühren- und Abgabenbescheide wiesen Mängel auf. Eine Behörde hat über meh-

rere Jahre hinweg die Jagdabgabe der Jagdpächter nicht jährlich erhoben. Eine andere Behör-

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de hat z. B. bei Hegeringen die Jagdscheingebühren sowie die Jagdabgabe per Sammelrech-

nung von einem Vertreter erhoben. Bei der Abrechnung der Einnahmen gegenüber dem Minis-

terium legten einige untere Jagdbehörden die Abrechnungszeiträume abweichend von der Vor-

gabe des Ministeriums selbst fest. In einer Behörde wurden die abzurechnenden Einnahmen

händisch mit Hilfe von Strichlisten ermittelt. Insgesamt ist das Erhebungs- und Abrechnungs-

verfahren in den unteren Jagdbehörden optimierungsbedürftig.

(403) Der Landesrechnungshof hat das Ministerium gebeten, gemeinsam mit den unteren

Jagdbehörden die festgestellten Mängel abzustellen und auf ein einheitliches Handeln hinzu-

wirken. Gleichzeitig hat er das Ministerium vor diesem Hintergrund aufgefordert, seinen Ver-

pflichtungen als Aufsichtsbehörde gegenüber den unteren Jagdbehörden stärker nachzukom-

men.

(404) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass es mit den unteren Jagdbehörden im Rahmen sei-

ner Fachaufsicht die Hinweise des Landesrechnungshofes auswerten werde, um die aufgezeig-

ten Mängel im Verwaltungshandeln abzustellen und ein einheitliches und korrektes Verwal-

tungshandeln der Jagdbehörden in Mecklenburg-Vorpommern zu ermöglichen. Als oberste

Jagdbehörde nehme es seine Aufgaben der Fachaufsicht gegenüber den Landkreisen und kreis-

freien Städten als untere Jagdbehörden verantwortungsbewusst wahr. Es führe turnusmäßige

sowie anlassbezogene Dienstberatungen durch und stimme sich in grundsätzlichen Angele-

genheiten mit den jeweils zuständigen Ordnungsamtsleiterinnen und -leitern ab. Aus Kapazi-

tätsgründen sei es dem Ministerium als oberste Jagdbehörde bislang nicht möglich gewesen,

derart tiefgehend fachaufsichtliche Prüfungen vorzunehmen. Die Hinweise des Landesrech-

nungshofes aufgreifend werde es die Prioritäten künftig so setzen, dass mehr Kapazität für re-

gelmäßige und tiefer gehende Prüfungen der unteren Jagdbehörden in Bezug auf die Erhebung

und Abführung der Jagdabgabe geschaffen wird.

(405) Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass diese in Aussicht gestellte tiefer gehen-

de Fachaufsicht nicht zu Lasten anderer Aspekte der Fachaufsicht geht.

3 Verwendung der Jagdabgabe

3.1 Fehlende Förderrichtlinie

(406) Im Jahr 2014 hat das Ministerium damit begonnen, die Mittel aus der Jagdabgabe

überwiegend per Zuwendungsbescheid zu bewilligen. Wegen der Zweckbindung der Sonder-

abgabe, hier der Förderung des Jagdwesens, und der verfassungsrechtlich geforderten grup-

pennützigen Verwendung zugunsten der abgabepflichtigen Jagdausübungsberechtigten bietet

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es sich an, die Mittel als Zuwendungen zu gewähren. Das Ministerium hatte daher damit be-

gonnen, einen Entwurf eines Leitfadens zur Verwendung der Jagdabgabe zu erarbeiten. Dieser

hatte den Stand vom 20.01.2014 und war unvollständig.

Der Landesrechnungshof hat empfohlen, aufgrund der Vielfalt von Zuwendungsgegenständen

und potenziellen Zuwendungsempfängern sowie den sich daraus ergebenden Besonderheiten

zeitnah eine Förderrichtlinie zu erarbeiten. Zuwendungen sollen grundsätzlich nur bewilligt

werden, wenn das zuständige Ministerium Richtlinien erlassen hat (VV Nr. 1.4 zu § 44 LHO).

Der vom Ministerium erarbeitete, unvollständige Entwurf eines Leitfadens zur Verwendung

der Jagdabgabe ersetzt eine mit dem Finanzministerium und dem Landesrechnungshof abge-

stimmte Förderrichtlinie nicht.

(407) Das Ministerium hat zugesagt, zeitnah eine Förderrichtlinie zu erarbeiten.

3.2 Antrags-, Bewilligungs- und Verwendungsnachweisverfahren

(408) Das administrative Verfahren der Verwendung des Aufkommens aus der Jagdabgabe ist

in weiten Teilen fehlerbehaftet. Bei der Gewährung von Zuwendungen weicht das Ministeri-

um als Bewilligungsbehörde erheblich von § 44 LHO und den dazu gehörenden Verwaltungs-

vorschriften ab. Das Verfahren bedarf einer umfassenden Neugestaltung. Der Landesrech-

nungshof hat eine Reihe von Verfahrensmängeln festgestellt und Hinweise zu deren Beseiti-

gung gegeben. Dies betrifft u. a.

• die Definition von Projekten,

• die Sicherung der Gesamtfinanzierung von Projekten,

• die Festlegung von zuwendungsfähigen Ausgaben und der Finanzierungsart,

• die Weiterleitung von Zuwendungen.

(409) Das Ministerium hat mitgeteilt, dass es den Feststellungen und Empfehlungen des

Landesrechnungshofes folgen und die Hinweise beachten werde.

(410) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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Einzelplan 09 – Geschäftsbereich des Justizministeriums

10 Haushalts- und Wirtschaftsführung im Landesamt für ambulante Straffälligenarbeit

Die Personalbedarfsbemessung für die Beschäftigten im LaStar beruht zum Teil auf

überholten oder nicht hinreichend überprüften Bemessungsschlüsseln. Um eine ange-

messene Personalausstattung zu erreichen, sollte das Justizministerium eine grundlegen-

de Organisationsuntersuchung im LaStar veranlassen.

Die Umsetzung, Anwendung und Kontrolle von Gesetzen, Erlassen und Vereinbarungen

im Zusammenhang mit der Organisation und Durchführung von Dienstreisen und

Dienstgängen einschließlich der Erfassung der Arbeitszeit war mangelhaft.

Die Dienstaufsicht war weder von Seiten des Justizministeriums noch innerhalb des

LaStar ausreichend, um den in der Prüfung festgestellten Mängeln vorbeugen zu kön-

nen.

(411) Das Landesamt für ambulante Straffälligenarbeit (LaStar) wurde zum 01.04.2011 als

obere Landesbehörde im Geschäftsbereich des Justizministeriums mit Sitz in Rostock errich-

tet. Beim LaStar sind rund 120 Beschäftigte tätig. Im Haushaltsplan 2014/2015 waren für das

LaStar Landesmittel in Höhe von rd. 7,4 Mio. Euro veranschlagt, davon rd. 5,8 Mio. Euro für

Personalausgaben (rd. 77 %).

1 Personalbedarfsbemessung

(412) Mit der Errichtung des LaStar wurden drei Organisationseinheiten – die Sozialen

Dienste der Justiz, die Führungsaufsichtsstellen und die Forensische Ambulanz – in einer Be-

hörde zusammengeführt. Es wurde eine Zentrale Verwaltung eingerichtet. Das vorhandene Per-

sonal der vormals separaten Organisationseinheiten wurde unverändert übernommen. Die

Zentrale Führungsaufsichtsstelle einschließlich der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung

wurde neu geschaffen und mit Personal ausgestattet.

Inzwischen ist das LaStar seit fünf Jahren als obere Landesbehörde etabliert. Maßstab für die

Personalbedarfsbemessung des LaStar waren bzw. sind u. a. selbst erarbeitete Konzeptionen,

selbst entwickelte Belastungsmaßstäbe bzw. ein Personalschlüssel aus den 1990er Jahren.

Eine Überprüfung der Personalbedarfsbemessung, ggf. mit einer Anpassung, hat bisher nicht

stattgefunden.

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Der Landesrechnungshof hält eine Überprüfung des Maßstabes zur Personalbedarfsbemessung

und eine Überprüfung der Personalausstattung für geboten. Dazu folgende Beispiele:

1.1 Personalbedarfsbemessung bei den Sozialen Diensten der Justiz

(413) Bei den Sozialen Diensten der Justiz sind rund 80 % der Beschäftigten des LaStar tä-

tig, der weit überwiegende Teil als Gerichts- und Bewährungshelfer.

Das Personalkonzept 2004 der Landesverwaltung sah zunächst ab 2009 einen Dauerbedarf an

Gerichts- und Bewährungshelfern von 65 Stellen vor. In Umsetzung des Koalitionsvertra-

ges 2006, der Ergebnisse der Beratungen eines parlamentarischen Untersuchungsausschusses

und des Gesetzes zur Reform der Führungsaufsicht wurden seit 2006 insgesamt 16 neue Stel-

len geschaffen. Damit erhöhte sich die Anzahl der Stellen bei den Sozialen Diensten der Justiz

von 65 auf 81 Stellen, also um annähernd 25 %.

Die Personalbedarfsbemessung für die Gerichts- und Bewährungshelfer beruht ursprünglich

auf Fallzahlen. Seit 2006 sind in der Tendenz deutlich sinkende Fallzahlen sowohl insgesamt

als auch je Gerichts- und Bewährungshelfer festzustellen. Im Jahr 2006 haben 60 Gerichts-

und Bewährungshelfer rd. 5.600 Fälle betreut. Das entspricht einer durchschnittlichen Fallzahl

von 93 je Gerichts- und Bewährungshelfer. Im Jahr 2015 haben 76 Gerichts- und Bewäh-

rungshelfer rd. 4.300 Fälle betreut. Das entspricht einer durchschnittlichen Fallzahl von 57.

Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass bei gleicher Personalausstattung und einem progno-

stizierten weiteren Bevölkerungsrückgang für Mecklenburg-Vorpommern der Trend sinkender

Fallzahlen anhalten wird.

Auch wenn mittlerweile eine veränderte Zählweise diskutiert wird, bleibt ein deutlicher Rück-

gang der Fallzahlen um rd. 25 % innerhalb der letzten zehn Jahre festzustellen. In Fachkreisen

gelten als obere Grenze der Belastung durchschnittlich rd. 75 Probanden, darunter rund

20 Probanden der Führungsaufsicht je Bewährungshelfer als kritisch. Die Gerichts- und Be-

währungshelfer beim LaStar waren 2015 durchschnittlich mit rd. 57 Probanden, darunter 12

Probanden in der Führungsaufsicht belastet. Insofern liegt die Fallzahl für Mecklenburg-Vor-

pommern deutlich unter der als kritisch angesehenen Fallzahl.

1.2 Personalbedarfsbemessung bei der Forensischen Ambulanz

(414) Die Aufgaben der Forensischen Ambulanz werden in Mecklenburg-Vorpommern beim

LaStar wahrgenommen. Die anderen Bundesländer haben die Forensische Ambulanz ganz

überwiegend bei den bestehenden Einrichtungen des Maßregelvollzugs angesiedelt.

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Für die Forensische Ambulanz beim LaStar stehen vier Stellen für Psychologen zur Verfü-

gung. Das Konzept der Forensischen Ambulanz beim LaStar weist dafür eine Behandlungska-

pazität von 80 bis 100 Probanden – also 20 bis 25 Probanden je Psychologen – aus. Hier stützt

sich das Konzept auf Konzeptionen Forensischer Ambulanzen anderer Bundesländer, obwohl

sich das Konzept der Forensischen Ambulanz beim LaStar fachlich deutlich von jenen unter-

scheidet.

Es ist zweifelhaft, ob es sachgerecht ist, dass der Schlüssel für die Personalbedarfsbemessung

anderer Bundesländer zugrunde gelegt wurde.

Im Jahr 2015 betreuten im Wesentlichen drei Psychologen insgesamt 118 Fälle in der Forensi-

schen Ambulanz. Entsprechend hat ein Psychologe rd. 40 Probanden betreut. Das liegt deut-

lich über der Kapazität aus dem Konzept. Dennoch sind die 118 Fälle abgearbeitet worden,

ohne dass es bei den Beschäftigten in diesem Bereich – trotz erheblicher Fahrleistung – zu

nennenswerten Arbeitszeitguthaben gekommen wäre. Dies bestätigt die Zweifel an der Eig-

nung des gewählten Bemessungsschlüssels.

1.3 Personalbedarfsbemessung in sonstigen Bereichen

(415) Auch die Personalausstattung bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung, die

nach prognostizierten Fallzahlen ermittelt wurde, ist nach den tatsächlichen Fallzahlen nicht

gerechtfertigt. Die Personalausstattung fällt zu hoch aus.

(416) Zur Bemessung der personellen Ausstattung der Serviceeinheiten in Abhängigkeit von

der Anzahl der Entscheider merkt der Landesrechnungshof an, dass er diese nicht mehr für

zeitgemäß hält. Zudem hat der Landesrechnungshof Anhaltspunkte dafür, dass sich die Perso-

nalsituation in der Zentralen Verwaltung seit Anbeginn schwierig gestaltete und deshalb Über-

lastungserscheinungen aufgetreten sind.

1.4 Empfehlungen des Landesrechnungshofes

(417) Der Landesrechnungshof hält eine Überprüfung des Maßstabes zur Personalbedarfsbe-

messung und eine Überprüfung der Personalausstattung i. V. m. einer Organisationsuntersu-

chung zur Aufbau- und Ablauforganisation beim LaStar für geboten:

• Bei den Sozialen Diensten der Justiz sollten insbesondere die anhaltend rückläufigen

Fallzahlen berücksichtigt werden.

• Bei der Forensischen Ambulanz sollte der derzeitige Personalschlüssel bzw. die Be-

handlungskapazität kritisch geprüft und ggf. angepasst werden.

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• Bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung wäre zunächst der tatsächlich zu-

sätzliche Arbeitskraftanteil je Proband festzustellen.

• Für den Bereich der Zentralen Verwaltung sollte auch untersucht werden, inwieweit

die Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben in den Geschäftsbereichen – die über-

wiegend aus Zeiten vor Errichtung des LaStar und damit vor der Schaffung der Zen-

tralen Verwaltung stammen – notwendig und effizient ist.

(418) Das Justizministerium will die Hinweise des Landesrechnungshofes im Rahmen einer

Prüfung der Personalbedarfsbemessung einbeziehen.

• Bei den Sozialen Diensten greife die Zugrundelegung von bloßen Fallzahlen aber zu

kurz, da sie die tatsächliche Arbeitsbelastung, die pro Fall sehr unterschiedlich sein

könne, nicht widerspiegele. Im Übrigen sei ein Vergleich mit den Fallzahlen anderer

Bundesländer aufgrund der sehr hohen Qualitätsstandards in Mecklenburg-Vorpom-

mern nur schwer möglich. Aus diesem Grund sei ein Belastungsindex entwickelt und

eingeführt worden, der auf die Betreuungsintensität abstelle. Der angestrebte durch-

schnittliche Belastungsindex eines Bewährungshelfers solle danach 120 Punkte betra-

gen. In den letzten Jahren habe der Belastungsindex im Durchschnitt deutlich über

120 Punkten gelegen.

• Hinsichtlich der Forensischen Ambulanz bestünden fachlich keinerlei Zweifel an der

im Konzept ausgewiesenen Behandlungskapazität von 20 bis 25 Probanden je Psy-

chologen. Dies entspräche auch den in der Fachliteratur diskutierten Mindeststan-

dards.

• Bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwachung würden die Zahlen derzeit steigen.

• Für die Zentrale Verwaltung würde aktuell das für die Aufgaben notwendige Stellen-

volumen ermittelt. Darüber hinaus sei beabsichtigt, Dienstpostenbewertungen vorzu-

nehmen. Erfahrungsgemäß ergäben sich bereits daraus Hinweise auf eine Änderung

der Aufbau- und Ablauforganisation einschließlich einer Aufgabenkritik. Ob und in

welchem Umfang darüber hinaus der Bedarf für eine Organisationsuntersuchung be-

stehe, würde zu gegebener Zeit geprüft werden.

(419) Der Landesrechnungshof empfiehlt:

• Bei den Sozialen Diensten der Justiz sollte der Belastungsindex als Maßstab für die

Personalauslastung überprüft bzw. evaluiert werden. Der Belastungsindex wurde auf

der Grundlage eines sehr hohen landeseigenen Qualitätsstandards durch das Justizmi-

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nisterium (selbst) entwickelt. Dabei sieht der Landesrechnungshof insbesondere das

derzeitige Punktesystem für die seit dem Jahr 2008 weiterentwickelten fachlichen

Standards kritisch. Zudem greift der Belastungsindex als einziger Maßstab für die

Personalbedarfsbemessung zu kurz, weil hier u. a. mindestens 4 der 81 Stellen (Lei-

tungsstellen) unberücksichtigt bleiben.

• Für die Forensische Ambulanz des LaStar können Standards anderer Bundesländer

mit anderen fachlichen Konzepten keine Personalbedarfsermittlung ersetzen.

Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass bei der Elektronischen Aufenthaltsüberwa-

chung auch die aktuell prognostizierten Fallzahlen die gegenwärtige Personalausstattung nicht

rechtfertigen können.

Im Übrigen hält der Landesrechnungshof weiterhin eine umfassende Organisationsuntersu-

chung beim LaStar für erforderlich.

2 Dienstreisen

(420) Die Aufgabenerfüllung der Beschäftigten im LaStar ist durch eine regelmäßige und

umfangreiche Reisetätigkeit geprägt.

(421) Eine allgemeine Dauerdienstreisegenehmigung war vor Errichtung des LaStar für die

im Bereich der Sozialen Dienste tätigen Gerichts- und Bewährungshelfer Grundlage für

Dienstreisen und Dienstgänge. Mit Errichtung des LaStar hat diese ihre Gültigkeit verloren,

d. h. Anträge auf Genehmigung einer Dienstreise wären nunmehr grundsätzlich vor Antritt der

Dienstreise zur Genehmigung vorzulegen.

Die betroffenen Beschäftigten des LaStar haben keine Anträge auf Genehmigung einer Dienst-

reise gestellt. Somit führten rund 70 % der Beschäftigten des LaStar seit Jahren Dienstreisen

und Dienstgänge ohne Anordnung und Genehmigung durch. Das verstieß gegen geltendes

Reisekostenrecht.

(422) Das LaStar hält keine Dienstkraftfahrzeuge vor. Dienstreisen und -gänge werden über-

wiegend mit – entsprechend anerkannten – privaten Kraftfahrzeugen durchgeführt.

Die Anerkennung ist insbesondere maßgeblich für den Anspruch der Beschäftigten auf eine

höhere Wegstreckenentschädigung von 35 Cent je Kilometer, statt der im Übrigen geltenden

Wegstreckenentschädigung von 25 bzw. 15 Cent je Kilometer.

Bei mehreren Beschäftigten stammen die Anerkennungen der Benutzung privater Kraftfahr-

zeuge zu Dienstreisen aus Zeiten vor der Errichtung des LaStar. Da die Anerkennung erlischt,

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wenn die Beschäftigten die Dienststelle oder die Tätigkeit wechseln, haben mit dem Wechsel

der Beschäftigten zum LaStar die Anerkennungen ihre Wirksamkeit verloren. Für diese Fälle

besteht kein Rechtsanspruch auf die höhere Wegstreckenentschädigung. Gleichwohl hat die

Landeszentralkasse/Zentrale Reisestelle – im Vertrauen auf die Wirksamkeit der Anerken-

nung – die höhere Wegstreckenentschädigung gezahlt.

(423) Die Anerkennung der Benutzung privater Kraftfahrzeuge zu Dienstreisen ist schriftlich

zu erteilen. Dabei hat die Dienststelle zum überwiegenden dienstlichen Interesse an der Hal-

tung des Kraftfahrzeugs Stellung zu nehmen und zu prüfen, ob die Voraussetzungen für die

Anerkennung erfüllt sind.

Nach den Unterlagen zur Anerkennung hat das LaStar das überwiegende dienstliche Interesse

nicht begründet und die Prüfung der Voraussetzungen für die Anerkennung nicht vorgenom-

men bzw. nicht dokumentiert.

(424) Die mit einem anerkannten privaten Kraftfahrzeug dienstlich gefahrenen Kilometer

sind in einem Fahrtenbuch einzutragen.

Die Fahrtenbücher im LaStar wurden nicht durchgängig ordnungsgemäß geführt. Teilweise

fehlten notwendige Angaben, wie z. B. Fahrzeiten und Kilometerstände. Darüber hinaus ha-

ben die Beschäftigten die Fahrtenbücher nicht regelmäßig vorgelegt. Das LaStar hat diese und

andere Mängel hinsichtlich der Fahrtenbücher nicht beanstandet.

(425) Das Justizministerium teilt mit, dass ein Großteil der Beanstandungen des Landesrech-

nungshofes bereits abgestellt sei. Im Übrigen sei das Erforderliche veranlasst.

3 Arbeitszeiterfassung

(426) Für die Zeiterfassung steht den Beschäftigten des LaStar kein elektronisches Zeiterfas-

sungssystem zur Verfügung. Die Arbeitszeit erfassen die Beschäftigten in Zeitwertkarten, die

computergestützt bereitgestellt werden.

Die Regelungen für die gleitende Arbeitszeit sind beim LaStar durch eine Dienstvereinbarung

(DV AZ) festgelegt.

(427) Nach der DV AZ werden die Zeitwertkarten stichprobenartig geprüft. Diese Prüfung

erfolgt durch den (Fach-)Vorgesetzten und/oder einen Mitarbeiter der Serviceeinheit.

Der Landesrechnungshof hat bei seiner stichprobenweisen Prüfung der Zeitwertkarten festge-

stellt, dass die Zeitwertkarten nicht ordnungsgemäß geführt werden und Mängel in der Füh-

rung der Zeitwertkarten unbeachtet bleiben.

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So werden Dienstreisen und -gänge nicht erfasst, die abgeschlossenen Zeitwertkarten nicht

immer den Vorgesetzten zugeleitet, Beginn und Ende des Dienstes viertelstündlich statt minu-

tengenau erfasst. Im Einzelfall stimmte der Stundensaldo zum Monatsende nicht mit dem

Stundensaldo am Monatsanfang des Folgemonats überein. Zudem gab es im Einzelfall Ar-

beitstage ohne Zeiteintragungen. Dies fiel bei der Kontrolle nicht auf.

Der Landesrechnungshof hält es für dringend geboten, die Feststellungen mit den Beschäftig-

ten auszuwerten und künftig verstärkt auf die Einhaltung der Regelungen zu achten.

(428) Die computergestützten Zeitwertkarten wurden von einem Beschäftigten des LaStar

entwickelt und werden jährlich aktualisiert. Sie sind für die Eigenkontrolle durch die Beschäf-

tigten und für die stichprobenartige Kontrolle nach der DV AZ mindestens aus folgenden

Gründen unzureichend:

• Es erfolgt keine Fehlermeldung, wenn Beschäftigte an einem Arbeitstag keine Eintra-

gung in der Zeitwertkarte vornehmen oder einen falschen Code (z. B. bei ganztägi-

gem Zeitausgleich) verwenden. Dies hat keine Auswirkungen auf den Gesamtsaldo.

• Pausenzeiten werden als Summe erfasst. Zeiten für Pausen bei Verlassen und Betre-

ten der Dienststelle werden nicht in der Zeitwertkarte eingetragen. Beträgt die Ar-

beitszeit mehr als 6 Stunden und werden keine Zeiten für Pausen in die Zeitwertkarte

eingetragen, erfolgt keine Fehlermeldung.

Das LaStar sollte das zum Landesstandard erklärte Zeiterfassungssystem ZEUS einführen. Ist

eine Einführung zeitnah nicht möglich, sollte das Zeiterfassungsprogramm jedenfalls überar-

beitet werden.

(429) Das Justizministerium teilt hierzu mit, dass das LaStar die grundsätzliche Kritik des

Landesrechnungshofes zum Anlass nehme, die Arbeitszeiterfassung künftig einer stärkeren

Kontrolle zu unterziehen. Das LaStar werde noch vor Durchführung der nächsten Geschäfts-

prüfungen eine entsprechende Dienstanweisung erlassen. Perspektivisch solle darüber hinaus

der Anregung des Landesrechnungshofes gefolgt werden, das Zeiterfassungssystem ZEUS

auch im LaStar einzuführen.

(430) Der Landesrechnungshof verweist darauf, dass die Beschäftigten des LaStar gegenüber

anderen Beschäftigten in der Landesverwaltung auf Grund des Zusammenspiels der Regelun-

gen – Dauerdienstreisegenehmigung, Anerkennung von privaten Kraftfahrzeugen zu Dienst-

reisen und Arbeitszeiterfassung – einen erhöhten Grad an Flexibilität sowie Freiräume bei der

Gestaltung der Arbeitszeit genießen. Deshalb ist eine zweckmäßige Gestaltung und eine kon-

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sequente Umsetzung von geltenden Regelungen sowohl durch die Verwaltung als auch durch

die Beschäftigten selbst von besonderer Bedeutung.

4 Dienstaufsicht

(431) Das Justizministerium hat die erste Geschäftsprüfung des LaStar fast drei Jahre nach

Errichtung der Behörde durchgeführt. Der Leiter des LaStar hat bei der Prüfung über „histo-

risch gewachsene Defizite“ und Überlastungserscheinungen beim Personal der Zentralen Ver-

waltung berichtet. Aus den Unterlagen ergibt sich nicht, dass das Justizministerium hieraus

Schlussfolgerungen gezogen hätte. Auch bei der zweiten Geschäftsprüfung im Mai 2015 be-

richtete der Leiter des LaStar über hohe Ausfallzeiten in der Zentralen Verwaltung. Bei der

Geschäftsprüfung wurden u. a. Mängel im Anerkennungsverfahren für private Kraftfahrzeuge

festgestellt, ähnlich den späteren Feststellungen des Landesrechnungshofes.

Im LaStar zeigten sich Mängel bei der Organisation und Durchführung von Dienstreisen, de-

ren Abrechnung sowie bei der Erfassung der Arbeitszeit. Gesetze, Erlasse und Vereinbarungen

wurden mangelhaft umgesetzt, angewendet und kontrolliert. Das betrifft

• großzügige Regelungen, die zu überprüfen sind, ob sie dem Grundsatz der Wirt-

schaftlichkeit und Sparsamkeit genügen,

• fehlende Regelungen, die nunmehr zeitnah zu treffen und zu dokumentieren sind,

• Regelungen, die Mängel aufweisen und die zeitnah zu korrigieren sind sowie

• fehlende Transparenz in der Organisation, Abwicklung und Kontrolle von Verwal-

tungsabläufen.

Einige Mängel – insbesondere in der Errichtungsphase – sind zumindest teilweise auf die an-

gespannte personelle Situation in der Zentralen Verwaltung zurückzuführen. Hieraus lässt sich

der Schluss ziehen, dass das Justizministerium als Dienstaufsichtsbehörde die Ausübung der

Dienstgeschäfte und das dienstliche Verhalten im LaStar nicht hinreichend beobachtet hat.

Deshalb hat es auch die möglichen Ursachen der festgestellten Mängel nicht näher untersucht.

Das Justizministerium sollte künftig im Rahmen seiner Dienstaufsicht dem LaStar aktive Un-

terstützung und Anleitung anbieten, und absichern, dass ein wirtschaftliches Verwaltungshan-

deln in einer transparent und hierarchisch gegliederten Aufbau- und Ablauforganisation ge-

währleistet ist.

(432) Den Beschäftigten des LaStar sind nach Feststellungen des Landesrechnungshofes re-

gelmäßig Fehler bei der Anwendung der verschiedenen Regelungen unterlaufen. Überwiegend

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sind diese Fehler weder aufgefallen noch beanstandet worden. Im Ergebnis sind die eingesetz-

ten Kontrollmechanismen wirkungslos geblieben. Kritisch ist insbesondere zu werten, dass

auch unmittelbaren Vorgesetzten nicht unbedeutende Anwenderfehler unterlaufen sind.

Damit ist die Dienstaufsicht auch innerhalb des LaStar nicht befriedigend. Das LaStar sollte

die bisherigen Kontrollmechanismen überdenken. Die Einhaltung von Regelungen sollte er-

gebnisorientiert kontrolliert und Verstöße zeitnah und konsequent mit den Beschäftigten aus-

gewertet werden.

(433) Das Justizministerium erklärt, dass es die Dienst- und Fachaufsicht über das Landes-

amt seit Anfang 2014 systematisch anhand von jährlichen Prüfungen mittels Checklisten, Ge-

sprächen und Zielvereinbarungen durchgeführt habe. Die in den Geschäftsprüfungen 2014 und

2015 festgestellten Mängel seien teilweise identisch mit den Feststellungen des Landesrech-

nungshofes. Die fehlerhaften Sachverhalte seien vom Justizministerium geprüft, mit der Lei-

tung des LaStar in einem Auswertungsgespräch thematisiert und nachgesichtet worden. Eine

endgültige Kontrolle der Fehlerbeseitigung sei für die jährlich nachfolgenden aufsichtsrechtli-

chen Prüfungen des LaStar vorgesehen. An dieser die Dienstaufsicht ausreichend sicherstel-

lenden Vorgehensweise soll auch künftig festgehalten werden.

(434) Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die bisher geübte Aufsicht offensicht-

lich nicht gereicht hat, die festgestellten Mängel abzustellen. Er hält es für erforderlich, dass

die Dienstaufsicht über das LaStar – auch zu dessen Unterstützung – zumindest vorüberge-

hend intensiviert wird.

5 Notwendige Maßnahmen

(435) Mit der Errichtung des LaStar sollten „die drei Säulen der staatlichen ambulanten

Straffälligenarbeit – die Führungsaufsichtsstellen, die Sozialen Dienste der Justiz und die Fo-

rensische Ambulanz – im Interesse einer optimalen und effizienteren Aufgabenwahrnehmung

unter einem Dach“ zusammengeführt werden.

Die Errichtung dieser oberen Landesbehörde ist ausschließlich unter fachlichen Gesichtspunk-

ten erfolgt. Dies steht nicht zwingend in Übereinstimmung mit dem Zweck der Errichtung ei-

ner oberen Landesbehörde. Der Zweck der Errichtung von Landesoberbehörden besteht in der

Entlastung der Regierung und der Ministerien von Verwaltungsfunktionen zugunsten der dort

in erster Linie wahrzunehmenden Regierungsfunktionen.

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Inzwischen ist das LaStar seit fünf Jahren als obere Landesbehörde etabliert. Das rechtspoliti-

sche Ziel wurde mit der Errichtung des LaStar erreicht. Neben den fachlichen Aspekten haben

wirtschaftliche Aspekte für die Errichtung des LaStar nur eine untergeordnete Rolle gespielt.

Die Prüfung des Landesrechnungshofes hat ergeben, dass das LaStar nicht durchgängig

zweckmäßig organisiert ist und dass die Personalbedarfsbemessung für die verschiedenen Ar-

beitsbereiche des Landesamtes einer Überprüfung bedarf.

(436) Das Justizministerium teilt mit, dass es aktuell das für die Aufgaben notwendige Stel-

lenvolumen im LaStar ermittle. Es vertritt die Auffassung, dass die Umsetzung und Weiterent-

wicklung der anspruchsvollen fachlichen Standards der Sozialen Dienste einen Personal-

schlüssel bedinge, der mit anderen Bundesländern nicht ohne weiteres vergleichbar sei. Hinzu

komme, dass aufgrund der Weisungsbeschlüsse der Gerichte in Mecklenburg-Vorpommern so-

wie der eigenen Qualitätsstandards eine viel höhere Kontaktdichte als in anderen Bundeslän-

dern existiere.

(437) Der Landesrechnungshof gibt zu bedenken, dass es in Zeiten knapper werdender fi-

nanzieller Ressourcen nicht ganz unproblematisch ist, wenn das Land sich – nach eigenem

Bekunden des Justizministeriums – einen überdurchschnittlich hohen fachlichen Qualitäts-

standard bei der ambulanten Straffälligenarbeit leistet. Dies gilt umso mehr, als aus anderen

Bundesländern keine schwerwiegenden Konsequenzen bei Anlegen eines lediglich durch-

schnittlichen Qualitätsstandards berichtet werden.

Eine Evaluation des LaStar sollte grundsätzlich nicht tabu sein. Schon aus der Phase vor Er-

richtung des LaStar gibt es Anhaltspunkte dafür, dass die Entscheidung für das LaStar nicht

zwingend die wirtschaftlichste Variante für eine funktionierende ambulante Straffälligenarbeit

war. Beispielhaft zu nennen ist hier die Entscheidung für die Zentrale Führungsaufsichtsstelle.

Vor dem Hintergrund knapper werdender Ressourcen, aber auch im Ergebnis seiner Prüfung

hält der Landesrechnungshof es für wünschenswert, dass die Effizienz des LaStar als obere

Landesbehörde in ihrer Gesamtheit geprüft und bewertet wird.

(438) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

166

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Einzelplan 10 – Geschäftsbereich des Ministeriums für Soziales, Integration und Gleichstellung

11 Maßnahmen zum Abbau der geschlechterspezifischen horizontalen und vertikalen Teilung am Arbeitsmarkt

Von 2009 bis 2015 förderte das Land verschiedene Projekte mit insgesamt 12 Mio. Euro,

um die Gleichstellung von Frauen und Männern auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt zu

verbessern. Für Zuwendungen gelten die Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Spar-

samkeit. Ministerium und Bewilligungsbehörde verhinderten nicht, dass Zuwendungen

zuweilen unwirtschaftlich verwendet wurden. Sie bewilligten Zuwendungen, ohne Wirk-

samkeit und Nutzen der Maßnahmen angemessen geprüft zu haben. Abschließende Er-

folgskontrollen fanden nicht statt. Daher bleibt offen, ob die Zuwendungen wirksam wa-

ren und geeignet, die Förderziele zu erreichen.

(439) Der Landesrechnungshof prüfte Zuwendungen des Landes nach der „Richtlinie zur

Förderung von Maßnahmen zum Abbau der geschlechterspezifischen horizontalen und verti-

kalen Teilung am Arbeitsmarkt“ vom 3. November 2008185.

(440) Nach dieser Richtlinie förderte das Land in den Jahren 2009 bis 2015 aus dem Euro-

päischen Sozialfonds (ESF) verschiedene Projekte von 50 Zuwendungsempfängern mit insge-

samt rd. 12 Mio. Euro. Antrags- und Bewilligungsbehörde war das Landesamt für Gesundheit

und Soziales Mecklenburg-Vorpommern (LAGuS), die Fachaufsicht oblag dem Sozialministe-

rium. Die Zuwendungen wurden gewährt, „um langzeitarbeitslosen Frauen und Männern, de-

ren gesellschaftliche Teilhabechancen bedroht sind, den Zugang in den allgemeinen Arbeits-

markt zu ermöglichen und ihre soziale Integration durch Arbeit zu erreichen.“ Ziel der Förde-

rung ist „die Aktivierung regionaler und lokaler Potenziale zur Erhöhung der Beschäftigungs-

fähigkeit. Gefördert werden ganzheitliche Ansätze, die Beratung, Information und Eingliede-

rung verbinden, um so langzeitarbeitslose Frauen und Männer mit besonderen Vermittlungs-

hemmnissen [...] an eine dauerhafte, sozialversicherungspflichtige Erwerbstätigkeit heranzu-

führen.“

(441) Die Prüfung durch den Landesrechnungshof führte u. a. zu folgenden Feststellungen

und Empfehlungen:

185 AmtsBl. M-V S. 1011.

167

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1 Interessenkollisionen verhindern

(442) Das LAGuS bewilligte beträchtliche Zuwendungen für das Gleichstellungsprojekt ei-

nes Vereins. Der Verein beschäftigte im Rahmen dieses Projekts eigenes Personal, vergab aber

auch Aufträge an Dritte, die aus den Zuwendungen finanziert wurden. So beauftragte der Ver-

ein ein Bildungsinstitut, das für seine Leistung 18.620 Euro berechnete. Um den Auftrag des

Vereins auszuführen, verpflichtete das Institut eine freie Mitarbeiterin. Diese Honorarkraft

wiederum war zugleich Vorstandsmitglied des Vereins.

(443) Die Doppelfunktion als Vorstandsmitglied des Zuwendungsempfängers und als Mitar-

beiterin des Bildungsinstituts birgt die Gefahr der Interessenkollision. Das LAGuS kannte die

Zusammenhänge. Es hätte ausschließen müssen, dass es zu einer solchen Interessenkollision

kommen kann.

(444) Das Ministerium bestreitet eine Interessenkollision. Das Vorstandsmitglied „war in

keiner Weise an der Antragstellung oder Projektentwicklung beteiligt und hatte als Beisitzerin

im Vorstand [...] keine Prokura.“

(445) Der Einwand des Ministeriums überzeugt nicht. Die Bewilligungsbehörde muss alles

ihr Mögliche unternehmen, um Interessenkollisionen auszuschließen. Auch ohne direkte Ein-

flussnahme birgt allein die Stellung als Vorstandsmitglied die Gefahr der Begünstigung –

schon der böse Schein ist zu vermeiden.

(446) Die so „skizzierte Erwartungshaltung an den Prüfumfang [...] ist nach Auffassung des

Ministeriums durch [...] Rechtsvorschriften nicht gedeckt. Auch unter Zweckmäßigkeitsge-

sichtspunkten irritiert die Forderung, dass die Bewilligungsbehörde alles ihr Mögliche zu un-

ternehmen habe, um Interessenkollisionen auszuschließen und schon den bösen Schein zu ver-

meiden.“ Das LAGuS dürfe eine ablehnende Verwaltungsentscheidung „nicht auf Vermutun-

gen stützen, sondern allein auf justitiable Gründe. Auch der ‚böse Schein‛ ist in diesem Fall

eine Vermutung, die durch den Landesrechnungshof nicht nachgewiesen und belegt werden

konnte.“

(447) Der Landesrechnungshof hält an seiner Forderung fest. Hierbei stützt er sich im We-

sentlichen auf die Verordnung (EU) Nr. 1303/2013 mit gemeinsamen Bestimmungen für die

Europäischen Struktur- und Investitionsfonds (ESI-Fonds). Sie sollen verhindern, dass „sich

durch die Inanspruchnahme der ESI-Fonds ein ungerechtfertigter Vorteil verschaffen lässt.“

Die EU hat sich der Bekämpfung von Betrug, Korruption und sonstigen illegalen Handlungen

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verschrieben, die sich negativ auf ihren Haushalt auswirken könnten.186 Stellt die Bewilli-

gungsbehörde Unregelmäßigkeiten fest, kann insoweit die antragsgemäße Bewilligung der Zu-

wendung nicht mehr in Betracht kommen. Dabei bezeichnet „Unregelmäßigkeit“ jeden „Ver-

stoß gegen Unionsrecht oder gegen nationale Vorschriften [...], die einen Schaden für den

Haushalt der Union in Form einer ungerechtfertigten Ausgabe bewirkt oder bewirken wür-

de.“ Der Begriff „Unregelmäßigkeit“ ist weit gefasst. Unregelmäßig ist daher bereits, was

nicht „regelmäßig“ ist, was (u. U. Verwaltungs-)Regeln zuwiderläuft. Auch reicht die Mög-

lichkeit eines Schadens aus.187

2 Besserstellungsverbot beachten

(448) Ein Zuwendungsempfänger darf sein Personal nicht besser stellen als vergleichbare

Landesbedienstete. Setzt er sein Personal bei Projekten ein, die aus Zuwendungen finanziert

werden, darf er weder höhere Gehälter zahlen als nach dem Tarifvertrag für den öffentlichen

Dienst der Länder (TV-L), noch darf er über- oder außertarifliche Leistungen gewähren.

(449) Der bereits erwähnte Verein verfolgte mit zwei unmittelbar aufeinander folgenden Pro-

jekten dasselbe Ziel: die Gleichstellung von Frauen und Männern in arbeitsmarktpolitischen

Prozessen. In beiden jeweils 30 Monate dauernden Projekten war mit wenigen Ausnahmen

dasselbe Personal mit denselben Aufgaben tätig. Diesem Personal gewährte der Zuwendungs-

empfänger mit dem zweiten Projekt einen ungerechtfertigten Gehaltszuwachs von rd. 8 %.

(450) Die Gehälter für das erste Projekt bewegten sich in den Grenzen des TV-L; sie waren

nicht zu beanstanden. Die Gehälter für das zweite Projekt indes lagen um insgesamt 19 % hö-

her. Gerechtfertigt gewesen wäre allenfalls eine Erhöhung um 11 %, die sich ergibt aus der

Summe der Tariferhöhungen für Landesbedienstete in den Jahren 2009 bis 2011 zuzüglich der

Ost-West-Angleichung. Mit der darüber hinausgehenden Steigerung von 8 % verletzte der Zu-

wendungsempfänger das Besserstellungsverbot. Bei Personalausgaben von 1,06 Mio. Euro be-

willigte das LAGuS danach 84.800 Euro zu viel.

(451) Das Ministerium hat eingeräumt, dass die Dokumentation in der geprüften Akte nicht

ausreichend war und auf eine „zwischenzeitlich erweiterte Dokumentation“ verwiesen. Es wi-

derspricht aber der Bewertung des Landesrechnungshofes. Hierin sieht es einen unerlaubten

Eingriff in die Vertragsfreiheit des Zuwendungsempfängers, denn „dieser Förderbereich [un-

terliege] keinen konkreten Obergrenzen für die Zuwendungsfähigkeit von Personalausgaben.

186 Vgl. Leitfaden für Empfänger von Mitteln aus den ESI-Fonds sowie damit verbundenen EU-Instrumenten,Amt für Veröffentlichungen der Europäischen Union, 2014, S. 11.

187 Vgl. Leitfaden zur Behandlung von Unregelmäßigkeiten für den Europäischen Sozialfonds in der Bundesre-publik Deutschland Förderperiode 2014-2020, BMAS, 2016, S. 8 ff.

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Das bedeutet, dass Personalausgaben, die dem Besserstellungsverbot entsprechen, zuwen-

dungsfähig sind.“ Das Ministerium weist ferner darauf hin, dass „der Zuwendungsempfänger

nicht tarifgebunden ist und seine Gehälter daher grundsätzlich frei und in den Grenzen des

Besserstellungsverbotes auch zuwendungsrechtlich unbedenklich bemessen kann“. Und wei-

ter: „Eine allein auf den vom Landesrechnungshof skizzierten Beweggründen gestützte Teilab-

lehnung der beantragten Zuwendung wäre auch vom allgemeinen Wirtschaftlichkeitsgebot

nicht mehr gedeckt und wird als rechtswidrig erachtet.“ Außerdem lehnt das Ministerium die

projektübergreifende Betrachtung ab und verweist hierbei auf „verwaltungspraktische Fragen

[...], die eine Einzelfallgerechtigkeit ausschließen“.

(452) Der Landesrechnungshof hält an seiner Beanstandung fest. Das Ministerium hingegen

rechtfertigt die Förderfähigkeit im Wesentlichen mit Allgemeinplätzen. Den Akten war weder

eine Begründung für den Anstieg der Personalausgaben noch eine Prüfung der Bewilligungs-

behörde zu entnehmen, ob die Erhöhung mit dem Besserstellungsverbot vereinbar war.

(453) Die Bewilligungsbehörde hat stets zu prüfen, ob der Zuwendungsempfänger das Bes-

serstellungsverbot beachtet. Dabei hat sie sich aller in Betracht kommenden Hilfsmittel zu be-

dienen. Ein Vergleich der Personalausgaben bei vergleichbaren Projekten kann dazugehören.

Es erschließt sich nicht, warum das Ministerium einen derartigen Vergleich für unzulässig er-

achtet. Der Landesrechnungshof nimmt zur Kenntnis, dass die Bewilligungsbehörde zur Prü-

fung des Besserstellungsverbots über „eine zwischenzeitlich erweiterte Dokumentation“ ver-

fügt.

3 Doppelförderung ausschließen

(454) Das Land fördert denselben Verein seit Jahren institutionell. Aus dieser institutionellen

Förderung bestreitet der Verein sämtliche Verwaltungskosten. Dennoch bewilligte das LAGuS

darüber hinaus für die Jahre 2009 bis 2015 für die geförderten Projekte Verwaltungskosten

von insgesamt 190.000 Euro. Der Landesrechnungshof sieht darin eine unzulässige Doppel-

förderung.

(455) Das Ministerium hat versichert, dass zukünftig darauf geachtet werde, das Nebenein-

ander beider Förderungen transparenter zu gestalten, es hält die Beanstandung aber für unzu-

treffend. Es könne „nicht angenommen werden, dass eine gleich bleibende Summe [...] der

institutionellen Förderung neben der Verwendung für die Vereinsarbeit auch noch für eine un-

bestimmte Anzahl an Projekten ausreicht“. Zusätzliche Projekte führten auch zu einem „um-

fangreichen zusätzlichen Overhead-Umfang.“ Der Zuwendungsempfänger habe „plausibel

darlegen können, dass die durch die institutionelle Förderung und die Projektförderungen

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insgesamt gewährten Zuschüsse für die Verwaltungsausgaben durch tatsächliche entstandene

Ausgaben gedeckt sind. Der Zuwendungsempfänger hat akribisch darauf geachtet, zwischen

den Projekten und der institutionellen Förderung abzugrenzen und eine Doppelförderung aus-

zuschließen.“

(456) Der Landesrechnungshof bleibt bei seiner Beanstandung. Das Ministerium bleibt den

Nachweis schuldig, dass in diesem Umfang weitere Verwaltungskosten angefallen sind, die

durch die institutionelle Förderung nicht bereits gedeckt waren. Der Landesrechnungshof be-

grüßt die Zusicherung des Ministeriums, dass künftig darauf geachtet werde, „das Nebenein-

ander beider Förderungen transparenter zu gestalten“.

4 Erfolgskontrollen durchführen

(457) Der Landesrechnungshof beanstandete, dass das Ministerium Zuwendungen von insge-

samt 12 Mio. Euro gewährt hatte, ohne die notwendigen Erfolgskontrollen durchzuführen. Da-

mit bleibt unklar, ob die mit der Förderung angestrebten Ziele erreicht wurden und ob die För-

derung insgesamt wirtschaftlich war. Das Ministerium entgegnete, die „Erfolgskontrolle für

die Umsetzung der o. g. ESF-Projekte fand im Wesentlichen als begleitende Erfolgskontrolle

durch regelmäßige Jour fixes als auch durch eine wissenschaftliche Evaluation statt“. Eine

„klassische Erfolgskontrolle gemäß VV Nummer 2.2 zu § 7 LHO konnte auf Grund der Pro-

jektinhalte nicht umgesetzt werden“.

(458) Der Landesrechnungshof hält an seiner Beanstandung fest. Das Ministerium sollte

nach Wegen suchen, allen Anforderungen genügende Erfolgskontrollen durchzuführen, um die

Wirtschaftlichkeit der Zuwendungen nachzuweisen und die Wirksamkeit der öffentlichen Mit-

tel sicherzustellen.

(459) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

171

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12 Niedrigschwellige Betreuungsangebote und Modellvorhaben für Pflegebedürftige – Förderstruktur und Umsetzung in der Praxis –

Das Land Mecklenburg-Vorpommern hat für die Finanzierung von niedrigschwelligen

Betreuungsangeboten eine von der bundesgesetzlichen Regelung und damit von der Fi-

nanzierung der Pflegekassen abweichende Finanzierungsart festgelegt. Bei der Prüfung

von entsprechenden Verwendungsnachweisen führte die Bewilligungsbehörde unter-

schiedlichste Vergleichsberechnungen zur abschließenden Festlegung des Landeszu-

schusses durch und vermischte dabei verschiedene Finanzierungsarten und deren

Rechtsfolgen. Letztendlich nahm sie Rückforderungen vor, die unter Berücksichtigung

der festgelegten Finanzierungsart zuwendungsrechtlich unzulässig sind. Im Falle von Fi-

nanzierungen durch weitere Zuwendungsgeber hat die Bewilligungsbehörde weder das

erforderliche Einvernehmen herbeigeführt, noch Vereinbarungen über die Prüfung der

Verwendungsnachweise geschlossen.

(460) Mit Einführung der §§ 45a bis c SGB XI188 hat der Bund Regelungen zur Förderung

und Weiterentwicklung von Versorgungsstrukturen für Pflegebedürftige mit erheblichem all-

gemeinem Betreuungsbedarf beschlossen. Dazu fördern die Pflegekassen gemeinsam mit den

Ländern den Auf- und Ausbau von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten sowie Modell-

vorhaben zur wirksamen Vernetzung von erforderlichen Hilfen.189 So soll ein längerer Verbleib

der Pflegebedürftigen mit erheblichem allgemeinem Betreuungsbedarf in ihrem häuslichen

Bereich gesichert und eine frühzeitige Inanspruchnahme der kostenintensiven vollstationären

Pflege verhindert werden.

Anspruchsberechtigt sind Pflegebedürftige mit oder ohne Pflegestufe, bei denen demenzbe-

dingte Fähigkeitsstörungen, geistige Behinderungen oder psychische Erkrankungen nach Be-

gutachtung des MDK zu einer erheblichen Einschränkung der Alltagskompetenz190 geführt ha-

ben. Bei diesen Personen ist – neben den in der Pflegeversicherung bereits gewährten Leistun-

gen – zudem ein erheblicher Bedarf an allgemeiner Beaufsichtigung und Betreuung gegeben.

(461) Der Landesrechnungshof hat die vom Land für die einzelnen Förderbereiche bewillig-

ten öffentlichen Mittel für die Jahre 2006 bis 2015 in folgender Übersicht dargestellt:

188 Art. 1 Nr. 6 Pflegeleistungs-Ergänzungsgesetz vom 14. Dezember 2001, BGBl. I 2001, S. 3728, in Kraft seit1. Januar 2002.

189 Dieses Leistungsangebot wurde mit Einführung des § 45d SGB XI zum 1. Juli 2008 um die Förderung vonAngeboten ehrenamtlich Tätiger sowie Strukturen der Selbsthilfe erweitert.

190 Mindestens zwei Fähigkeitsstörungen wie z. B. Weglauftendenz, tätlich oder verbal aggressives Verhalten inVerkennung der Situation, Störung des Tag-/Nacht-Rhythmus müssen dauerhaft und regelmäßig vorliegen.

172

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Tabelle 15: Übersicht der Bewilligungen nach Förderbereichen, 2006-2015, in Euro

Jahr

Ansatz lt. Haushalts-

plan

Bewilligung nach Förderbereichen

Gesamtniedrigschw.Betreuungs-

angebote

Modell-vorhaben

Angebote ehrenamtlich

Tätiger

Angebote derSelbsthilfe

in Euro

2006 213.000 0 9.607 0 0 9.607

2007 213.000 0 108.765 0 0 108.765

2008 213.000 3.406 142.001 0 0 145.407

2009 213.000 0 181.828 1.930 0 183.758

2010 213.000 0 188.812 1.405 0 190.217

2011 237.000 6.759 142.731 1.600 5.500 156.590

2012 487.000 40.190 7.695 1.600 6.277 55.762

2013 237.000 48.179 11.010 1.400 5.420 66.009

2014 237.000 53.584 24.406 0 5.480 83.470

2015 237.000 75.086 26.059 1.550 5.500 108.195

Gesamt 2.500.000 227.204 842.914 9.485 28.177 1.107.780

Quelle: Zusammenstellung des Landesrechnungshofes auf Basis der Bewilligungen.

Danach hat das Land in den letzten 10 Jahren insgesamt rd. 1,108 Mio. Euro und gemeinsam

mit den Pflegekassen über 2,2 Mio. € für Leistungen nach §§ 45c und d SGB XI eingesetzt.

(462) Der Landesrechnungshof hat stichprobenweise die Förderstruktur und die Umsetzung

von Modellvorhaben und niedrigschwelligen Betreuungsangeboten in der Praxis geprüft.

1 Konformität von gesetzlichen Bundes- und Landesregelungen

(463) Das Land hat aufgrund bundesgesetzlicher Ermächtigung Rechtsverordnungen zur An-

erkennung und Förderung niedrigschwelliger Betreuungsangebote und Modellvorhaben191 er-

lassen, die mehrfach modifiziert wurden.192 Das Ministerium hat mit der Betreuungsangebote-

förderrichtlinie193 entsprechende Fördermodalitäten geregelt.

Nach Anhörung des Landesrechnungshofes hatte die Landesregierung in der Rechtsverord-

nung bis zum Jahr 2010194 zur Finanzierung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten die-

191 Landesverordnung über die Förderung niedrigschwelliger Betreuungsangebote und Modellvorhaben (Betreu-ungsangeboteförderungslandesverordnung – BetrAngFöLVO M-V) vom 6. Juni 2006, in Kraft seit 1. Januar2006, außer Kraft ab 30. September 2009, GVOBl. M-V 2006, S. 457; BetrAngFöLVO M-V vom 3. Dezem-ber 2009, in Kraft seit 1. Oktober 2009, außer Kraft ab 31. Dezember 2010, GVOBl. M-V 2009, S. 681.

192 Landesverordnung über niedrigschwellige Betreuungsangebote, ehrenamtliche Strukturen und Selbsthilfe so-wie Modellvorhaben zur Erprobung neuer Versorgungskonzepte und Versorgungsstrukturen (Betreuungsange-botelandesverordnung – BetrAngLVO M-V) vom 16. Dezember 2010, in Kraft seit 1. Januar 2011, GVOBlM-V 2010, S. 805.

193 Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung niedrigschwelliger Betreuungsangebote, eh-renamtlicher Strukturen und Selbsthilfe sowie Modellvorhaben zur Erprobung neuer Versorgungskonzepteund Versorgungsstrukturen nach §§ 45c und 45d des Elften Buches Sozialgesetzbuch (Betreuungsangebote-förderrichtlinie – BetrAngFöRl M-V) vom 15. Oktober 2012, AmtsBl. M-V, S. 751.

194 BetrAngFöLVO trat am 31. Dezember 2010 außer Kraft.

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selbe Finanzierungsart wie der Bund – Anteilfinanzierung – festgelegt. Der Landesrechnungs-

hof hat festgestellt, dass die für die Bewilligung von Zuwendungen maßgeblichen Landesvor-

schriften ab dem Jahr 2011 – Rechtsverordnung und Richtlinie – für niedrigschwellige Betreu-

ungsangebote u. a.195 eine vom Bundesgesetzgeber abweichende Finanzierungsart festlegen.

So gewährt das Land seit dem Jahr 2011 Zuwendungen für niedrigschwellige Betreuungsange-

bote als Festbetragsfinanzierung während die Pflegekassen für die selben Maßnahmen finanzi-

elle Mittel in gleicher Höhe als Anteilfinanzierung gewähren.

Zudem steht die derzeit festgelegte Festbetragsfinanzierung im Widerspruch zur Rechtsver-

ordnung und Richtlinie, wonach der Landeszuschuss für die Angebote prozentual – mit einem

Anteil von maximal 50 % – an den zuwendungsfähigen Ausgaben gewährt werden kann. Die-

se Bemessung nach einem bestimmten Prozentsatz an den zuwendungsfähigen Ausgaben

spricht letztlich für eine Anteilfinanzierung.

(464) Unterschiedliche Finanzierungsarten verschiedener Zuwendungsgeber zur Fi-

nanzierung von gemeinsamen Projekten sind auszuschließen. Schon durch die Wahl einer ein-

heitlichen Finanzierungsart können mögliche Rechtsbehelfsverfahren vermieden werden. Ab-

weichende Finanzierungsarten können auch hinsichtlich der Prüfung von Verwendungsnach-

weisen zu erheblichem Verwaltungsmehraufwand führen. Im Hinblick auf etwaige Rückforde-

rungen und deren finanzielle Aufteilung auf verschiedene Zuwendungsgeber können unter-

schiedliche Finanzierungsarten problematisch werden. Zudem können sich daraus auch unge-

rechtfertigte finanzielle Vor- oder Nachteile sowohl für die beteiligten Zuwendungsgeber als

auch für den Zuwendungsempfänger ergeben.

Daher empfiehlt der Landesrechnungshof, die Finanzierungsart für niedrigschwellige Betreu-

ungsangebote, Betreuungsangebote ehrenamtlich Tätiger sowie Selbsthilfegruppen und -orga-

nisationen mit den Regelungen des Bundesgesetzgebers hinsichtlich der Finanzierung durch

die Pflegekassen in Übereinstimmung zu bringen.

(465) Das Ministerium bestätigt die vom Landesrechnungshof dargestellte Diskrepanz der

Finanzierungsarten. Es bestehe jedoch keine Verpflichtung, eine Anpassung an die bundesge-

setzliche Finanzierungsregelung vorzunehmen. Die durch den Landesrechnungshof lediglich

vermuteten negativen Auswirkungen auf Risiken und Verwaltungsaufwände hätten sich nicht

realisiert.

195 Betreuungsangebote ehrenamtlich Tätiger, Selbsthilfegruppen und -organisationen.

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(466) Der Landesrechnungshof hält an seiner Darstellung fest. Er weist darauf hin, dass die

Wahl einer einheitlichen Finanzierungsart gerade dazu dient, die genannten und tatsächlichen

Risiken schon im Vorfeld zu vermeiden.

2 Vornahme von Rückforderungen bei unterschiedlichen Finanzierungsar-ten

(467) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die Bewilligungsbehörde bei der Prü-

fung der Verwendungsnachweise für niedrigschwellige Betreuungsangebote diverse Verfahren

anwendet bzw. unterschiedlichste Vergleichsberechnungen durchführt, um Rückforderungen

vornehmen zu können.

Nach Vorlage der Verwendungsnachweise zog die Bewilligungsbehörde zur abschließenden

Festlegung des Landeszuschusses jeweils drei verschiedene Vergleichszahlen heran. Neben

dem ursprünglich bewilligten Landeszuschuss nahm die Bewilligungsbehörde anhand der von

den Zuwendungsempfängern in den Verwendungsnachweisen angegebenen Ausgaben196 eine

nachträgliche Neuberechnung des Landeszuschusses197 vor. Sodann kürzte es die abgerechne-

ten Gesamtausgaben teilweise um die Einnahmen und ordnete die Hälfte der so errechneten

Ausgaben dem Land als dritte Vergleichszahl zu. Die nachträgliche Neuberechnung der beiden

letzten Vergleichszahlen hat die Bewilligungsbehörde vorgenommen, ohne zu prüfen, ob die

im Verwendungsnachweis angegebenen Ausgaben im Einzelnen zuwendungsfähig sind. Letzt-

lich suchte sich die Bewilligungsbehörde nach Beendigung des jeweiligen niedrigschwelligen

Betreuungsangebotes die niedrigste der drei Vergleichszahlen und damit denjenigen errechne-

ten Betrag aus, der für das Land am günstigsten war und nahm entsprechende Rückforderun-

gen vor.

(468) Allerdings vermischt die Bewilligungsbehörde bei dieser Art der Prüfung von Verwen-

dungsnachweisen verschiedene Finanzierungsarten – Festbetrags- und Anteilfinanzierung –

und deren Rechtsfolgen. Bei der hier praktizierten Festbetragsfinanzierung (siehe Tz. 463) ist

der ursprünglich bewilligte Landeszuschuss als Festbetrag auch dann unabänderlich, wenn für

das Projekt schließlich geringere Ausgaben erforderlich als vorgesehen waren oder dem Zu-

wendungsempfänger zusätzliche Einnahmen zugeflossen sind. Rückforderungen sind bei der

Festbetragsfinanzierung nur möglich, wenn die Höhe der tatsächlichen zuwendungsfähigen

Ausgaben unter der Höhe des zugewendeten Festbetrags liegt. Aus diesem Grund sind die von

196 Ausgaben für Fortbildung und Aufwandsentschädigungen sowie die Angaben zur Anzahl von Betreuungsleis-tungen (Gruppentreffen, Einzelbetreuungen, usw.) und Schulungen.

197 Entsprechend der Höchstgrenzen der Richtlinie.

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der Bewilligungsbehörde nachträglich vorgenommenen Neu- bzw. Vergleichsberechnungen

und Rückforderungen nach dem Zuwendungsrecht unzulässig.

Die im Verwendungsnachweis um die Einnahmen gekürzten Gesamtausgaben und der so von

der Bewilligungsbehörde errechnete anteilige Betrag zur Festlegung des Landeszuschusses

(siehe Tz. 467) lassen auf eine Anteilfinanzierung schließen. Bei dieser bemisst sich die Höhe

des Zuwendungsbetrages nach einem festgelegten Anteil an den zuwendungsfähigen Gesamt-

ausgaben nach Abzug der Einnahmen. Sobald sich nach Abschluss des Projektes der Landes-

anteil reduziert, sind im Gegensatz zur Festbetragsfinanzierung Rückforderungen bei Anteilfi-

nanzierungen zulässig. Allerdings ist für die Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsan-

geboten sowohl in der Rechtsverordnung des Landes als auch in der Richtlinie als Fi-

nanzierungsart die Festbetragsfinanzierung festgelegt. Daher ist die Bewilligungsbehörde auch

an die sich aus dieser Finanzierungsart ergebenden Rechtsfolgen gebunden.

(469) Das Ministerium teilt mit, dass die Bewilligungsbehörde ab 2013 eine einheitliche Ver-

fahrensweise anwende.

(470) Der Landesrechnungshof nimmt die Mitteilung des Ministeriums zur Kenntnis. Er er-

wartet, dass die Bewilligungsbehörde künftig die Prüfung der Rückforderungen nach einem

einheitlichen Verfahren vornimmt und dabei die rechtlichen Vorgaben der festgelegten Fi-

nanzierungsart beachtet.

3 Vereinbarung mehrerer Zuwendungsgeber über die Finanzierung ge-meinsamer Projekte

(471) Werden für denselben Zweck Zuwendungen von mehreren Stellen des Landes oder so-

wohl vom Land als auch von anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts bewilligt,

haben nach VV Nr. 1.5 zu § 44 LHO die Zuwendungsgeber vor der Bewilligung mindestens

Einvernehmen herbeizuführen u. a. über die zu finanzierende Maßnahme und die zuwen-

dungsfähigen Ausgaben, über die Finanzierungsart und die Höhe der Zuwendungen sowie

über den Verwendungsnachweis und seine Prüfung durch eine der beteiligten Stellen. Darüber

hinaus enthält auch die BetrAngLVO M-V gleichartige Regelungen. Beteiligen sich auch

kommunale Gebietskörperschaften an der Finanzierung in den hier maßgeblichen Förderberei-

chen (siehe Tz. 461), hat sich die Bewilligungsbehörde nach § 9 BetrAngLVO M-V mit dieser

über das Aufteilungsverhältnis der zu tragenden Aufwendungen zu verständigen, denn kom-

munale Mittel mindern den Landeszuschuss.

(472) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die Bewilligungsbehörde Zuwendungen

für niedrigschwellige Betreuungsangebote bewilligt, ohne dass es das erforderliche Einverneh-

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men aller beteiligten Zuwendungsgeber über die einheitliche Finanzierungsart und die Erbrin-

gung der Verwendungsnachweise herbeigeführt noch erforderliche Vereinbarungen über die

Prüfung der Verwendungsnachweise geschlossen hat. Die Praxis hat gezeigt, dass sich mehre-

re Zuwendungsgeber – Kommune bzw. Bund – an geprüften Projekten finanziell beteiligt ha-

ben und für den Zuwendungsempfänger bis zu drei unterschiedliche Finanzierungsarten, ver-

schiedene Nebenbestimmungen und Regelungen zu Verwendungsnachweisverfahren festge-

legt hatten. Folglich hatte der Zuwendungsempfänger unterschiedliche Nebenbestimmungen

zu beachten und mehrfach Verwendungsnachweise gegenüber unterschiedlichen Zuwendungs-

gebern für ein und dasselbe Projekt vorzulegen. Zuwendungsempfänger haben durch die nicht

vorgenommene Abstimmung aber auch zusätzliche Einnahmen – zu Lasten des Landes – nur

gegenüber einem Zuwendungsgeber angegeben bzw. bestimmte Ausgaben den Zuwendungs-

gebern beliebig zugeordnet und abgerechnet. Das hat dazu geführt, dass die Zuwendungsgeber

nicht beurteilen können, welche Ausgaben für das Projekt notwendig und angemessen waren

bzw. was sie im Einzelnen mitfinanziert haben. Anhand der separat bei jedem Zuwendungsge-

ber einzureichenden Verwendungsnachweise können auch Doppelabrechnungen nicht ohne

Weiteres festgestellt werden.

Im Hinblick auf die Reduzierung von Ausgaben eines Projektes und die Anrechnung kommu-

naler Mittel auf den Landeszuschuss haben verschiedene Finanzierungsarten für dasselbe Pro-

jekt letztlich auch unterschiedliche Auswirkungen auf die Höhe des Landeszuschusses. Im

Übrigen verweist der Landesrechnungshof auch in diesem Zusammenhang auf unterschiedli-

che Rechtsfolgen bei möglichen Rückforderungsansprüchen (siehe Tz. 468).

(473) Das Ministerium ist der Auffassung, dass das Verfahren zur Herstellung des Einver-

nehmens die jeweilige Kenntnis von weiteren Projekten und eine vollumfängliche Projekti-

dentität voraussetze, was in den angeführten Fällen nicht gegeben gewesen sei. Zudem finde

das Einvernehmenserfordernis da seine Grenzen, wo die für die Bewilligungsbehörden nicht

dispositiven Förderrahmenbedingungen unterschiedlicher Körperschaften des öffentlichen

Rechts mit ihren eigenen Haushalts- und Bewirtschaftungsvorschriften aufeinander träfen.

(474) Der Landesrechnungshof hält an seiner Auffassung fest und weist darauf hin, dass die

Förderung durch weitere Zuwendungsgeber aus den der Bewilligungsbehörde vorliegenden

Akten ersichtlich war. Wird ein Projekt von mehreren Stellen gefördert, sind die genannten

Abstimmungen erforderlich. Abweichungen innerhalb eines Projektes etwa im Bewilligungs-

zeitraum können nicht zu einer Befreiung von der Abstimmungsverpflichtung führen. Die An-

wendung der Vorschriften hinge sonst von Zufälligkeiten ab oder wäre gar manipulierbar. Den

177

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VV Nr. 1.5 zu § 44 LHO ist keine Einschränkung des Abstimmungserfordernisses auf Fälle ei-

ner vollumfänglichen Projektidentität zu entnehmen.

(475) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

178

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13 Verwendung von Landesmitteln und Mitteln der Pflegekassen für niedrigschwellige Betreuungsangebote und Modellvorhaben zur Weiterentwicklung der Versorgungsstrukturen für Pflegebedürftige

Einige Zuwendungsempfänger haben Personalausgaben abgerechnet, die ihnen gar

nicht entstanden sind, für die keine Arbeitsleistung erbracht wurde, die über der ver-

traglich vereinbarten Arbeitszeit liegen oder außerhalb des Bewilligungszeitraumes ge-

leistet wurden. Über mehrere Jahre haben sie nicht zuwendungsfähige Ausgaben für Be-

wirtungen, Abschreibungen, sowie überhöhte Mietausgaben aus Landesmitteln fi-

nanziert. Ein Zuwendungsempfänger hat Ausgaben für Dienstfahrten abgerechnet, die

er u.a. aufgrund unwahrer Angaben zu Unrecht geleistet hatte, deren Zahlungsflüsse er

nicht belegen kann und die gravierend von den Angaben in den Fahrtenbüchern abwei-

chen. Zudem hat er fiktive Zahlungsdaten gegenüber der Bewilligungsbehörde angege-

ben und zusätzliche Einnahmen verschwiegen. Bei diesem Zuwendungsempfänger beste-

hen erhebliche Zweifel an der ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Im Rahmen der

Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten erfolgte weder eine vertiefte

Prüfung der Verwendungsnachweise, noch gab es eine entsprechende Stichprobenrege-

lung.

(476) Das Land Mecklenburg-Vorpommern gewährt seit dem Jahr 2006 Zuschüsse für den

Auf- und Ausbau von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten sowie Modellvorhaben zur Er-

probung neuer Versorgungskonzepte und -strukturen für Pflegebedürftige mit erheblichem all-

gemeinen Betreuungsbedarf198. Zur Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten

und Modellvorhaben hat das Land in den letzten 10 Jahren insgesamt rd. 1,108 Mio. Euro199

bewilligt.

Niedrigschwellige Betreuungsangebote sind Angebote, in denen ehrenamtliche Helfer unter

pflegefachlicher Anleitung stundenweise die Betreuung von Pflegebedürftigen in Gruppen

oder im häuslichen Bereich übernehmen sowie pflegende Angehörige unterstützen und bera-

ten.200 Modellvorhaben sollen Möglichkeiten einer wirksamen Vernetzung der für demenz-

kranke Pflegebedürftige erforderlichen Hilfen in einzelnen Regionen erproben.201

198 Diese Förderungen hat das Land Mitte 2008 um Betreuungsangebote ehrenamtlich Tätiger und Angebote derSelbsthilfe erweitert.

199 Einschließlich der Betreuungsangebote ehrenamtlich Tätiger und Angebote der Selbsthilfe.200 § 45c Abs. 3 SGB XI. 201 § 45c Abs. 4 SGB XI.

179

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(477) Der Landesrechnungshof hat stichprobenweise die Verwendung und Abrechnung von

öffentlichen Mitteln für Modellvorhaben und niedrigschwellige Betreuungsangebote insbeson-

dere für die Jahre 2009 bis 2013 geprüft und örtliche Erhebungen bei drei verschiedenen Zu-

wendungsempfängern durchgeführt.

1 Verwendung und Abrechnung von Landesmitteln

(478) Die Verwendung der Zuwendung hat entsprechend den gesetzlichen Regelungen und

im Rahmen der Zweckbindung zu erfolgen und ist auf den für die Zweckerfüllung unbedingt

notwendigen Umfang zu beschränken.

1.1 Abrechnung von Personalausgaben

(479) Zwei Zuwendungsempfänger haben in Verwendungsnachweisen gegenüber der Bewil-

ligungsbehörde im Jahr 2011 Personalausgaben abgerechnet, obwohl ihnen diese gar nicht

entstanden sind. Ein Zuwendungsempfänger hat Personalausgaben für einen Mitarbeiter für

Januar 2010 einen Monat später um rd. 370 Euro reduziert, die Korrektur bei der Abrechnung

dieser Personalausgaben im Jahr 2011 allerdings unberücksichtigt gelassen. Der andere Zu-

wendungsempfänger hat für einen Mitarbeiter rd. 220 Euro höhere Personalausgaben für De-

zember 2010 abgerechnet, als ihm für diesen tatsächlich entstanden sind.

(480) Ein Zuwendungsempfänger hat im Verwendungsnachweis für das Jahr 2011 Personal-

ausgaben für einen im Projekt Beschäftigten für den Zeitraum von April bis Dezember 2011 –

also für neun Monate – abgerechnet, obwohl dieser lediglich vier Monate im Projekt tätig war.

Aus den geprüften Unterlagen geht hervor, dass der Zuwendungsempfänger den Mitarbeiter

nur vom 1. April bis zum 31. Juli 2011 im Projekt eingesetzt hatte. Die Personalausgaben für

weitere fünf Monate in Höhe von rd. 6.600 Euro, in denen der Beschäftigte im Projekt keine

Arbeitsleistung erbracht hatte, betreffen ausschließlich den Zuwendungsempfänger als Arbeit-

geber selbst.

(481) Ein anderer Zuwendungsempfänger hat in Verwendungsnachweisen mehrerer Jahre

Personalausgaben für einen Mitarbeiter abgerechnet, die über der vereinbarten Arbeitszeit lie-

gen und damit nicht dem Arbeitsvertrag entsprechen. Bestandteil der für diesen Mitarbeiter

abgerechneten Personalausgaben war eine Gehaltszulage, die nach den arbeitsrechtlichen

Grundlagen nur anteilig entsprechend der vereinbarten Wochenarbeitszeit gezahlt wird. Der

Zuwendungsempfänger hat dies bei der Berechnung der Personalausgaben nicht berücksich-

tigt und seinem nicht in Vollzeit beschäftigten Mitarbeiter für insgesamt 25 Monate ein höhe-

180

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res Entgelt in Höhe von rd. 710 Euro gezahlt und gegenüber der Bewilligungsbehörde abge-

rechnet, als arbeitsvertraglich vereinbart war.

(482) Im Verwendungsnachweis für das Jahr 2011 hat derselbe Zuwendungsempfänger für

zwei Mitarbeiter des Projektes Sonderzahlungen in Höhe von rd. 2.300 Euro abgerechnet, die

ihm im Bewilligungszeitraum nicht entstanden sind. Der Zuwendungsempfänger hatte die

Sonderzahlungen anteilig für neun Monate des Jahres gegenüber der Bewilligungsbehörde ab-

gerechnet, obwohl ein Anspruch auf die Jahressonderzahlung erst zwei Monate nach Ablauf

des Bewilligungszeitraumes entstanden war und er diese auch erst zu diesem Zeitpunkt geleis-

tet hatte.

(483) Das Ministerium vertritt zu Tz. 481 die Auffassung, dass die Bewilligungsbehörde

grundsätzlich davon ausgehen dürfe, dass ein Zuwendungsempfänger seine Gehaltsabrechnun-

gen korrekt nach seinen eigenen arbeitsvertraglichen Verpflichtungen vornimmt. Anderenfalls

müsste auch die korrekte Anwendung aller weiteren Vorschriften, die Auswirkung auf die

Höhe der Ausgaben haben, hinterfragt und überprüft werden. Zu Tz. 482 geht das Ministerium

davon aus, dass im Einzelfall Ausgaben mit Zahlungsdaten außerhalb des Bewilligungszeit-

raums zuwendungsfähig sein können, wenn sie Leistungen mit unmittelbarem Projektbezug

betreffen.

(484) Dem Landesrechnungshof ist bewusst, dass die Bewilligungsbehörde einige der von

ihm getroffenen Feststellungen selbst nicht ohne Weiteres treffen kann. Dieses gilt insbeson-

dere deshalb, weil sie den einfachen Verwendungsnachweises zugelassen hat. Dessen Beibe-

haltung sollte einer kritischen Prüfung unterzogen werden. Im Übrigen hält der Landesrech-

nungshof an seinen Feststellungen fest.

1.2 Abrechnung von Ausgaben für Bewirtungen auf diversen Veranstaltungen und Feierlichkeiten

(485) Außerdem hat derselbe Zuwendungsempfänger in Verwendungsnachweisen mehrerer

Jahre Ausgaben in Höhe von insgesamt rd. 3.000 Euro für Bewirtungen wie Kaffee, Kuchen

usw. für Gruppentreffen mit Demenzkranken, deren Angehörigen, für Ehrenamtliche und Drit-

te abgerechnet. So hat er z. B. Ausgaben für die Bewirtung auf drei Fortbildungsveranstaltun-

gen Mitte April eines Jahres mit warmen Speisen und Getränken durch eine Rechnung einer

Cateringfirma von Anfang März belegt. Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass die An-

fang März zubereiteten Speisen und warmen Getränke nicht erst zu den Fortbildungsveran-

staltungen Mitte April gereicht wurden. Der Zuwendungsempfänger hat insbesondere in einem

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Jahr des niedrigschwelligen Betreuungsangebotes finanzielle Mittel in Höhe von fast 2.000

Euro für derartige Ausgaben verwendet und gegenüber der Bewilligungsbehörde abgerechnet.

Die dem Zuwendungsempfänger von der Bewilligungsbehörde verbindlich auferlegte Rege-

lung, dass Ausgaben für Bewirtungen nicht zuwendungsfähig sind, hat er mindestens seit dem

Jahr 2011 missachtet. Derartige Ausgaben sind für eine sachgerechte und gesetzeskonforme

Betreuung und Beratung nicht notwendig.

1.3 Finanzierung von kalkulatorischen, internen und indirekten Kosten

(486) Die Verwendung von Zuwendungen ist nur für geleistete Ausgaben zulässig, die auch

tatsächlich kassenwirksam werden. Zwei Zuwendungsempfänger haben dennoch kalkulatori-

sche und interne Kosten für mindestens sechs Jahre aus öffentlichen Mitteln finanziert und ge-

genüber der Bewilligungsbehörde abgerechnet. Einer dieser Zuwendungsempfänger hat dar-

über hinaus auch indirekte Kosten in Verwendungsnachweisen mehrerer Jahre angegeben. Die

Kosten haben sie für Abschreibungen auf Hard- und Software, Gebäude und technische An-

lagen sowie Ausstattungsgegenstände abgerechnet. Die Nutzung eigener Räumlichkeiten und

die Inanspruchnahme trägerinterner Dienste haben die Zuwendungsempfänger intern verrech-

net und dem Projekt als Ausgaben zugerechnet. Indirekte Kosten der Zentralverwaltung hat

der Zuwendungsempfänger auf das Projekt umgelegt. Bei den Kosten handelt es sich aber

nicht um tatsächlich geleistete Ausgaben, denn ihnen liegt kein kassenwirksamer Zahlungs-

fluss zugrunde. Zudem hatte auch die Bewilligungsbehörde ab dem Jahr 2011 ausdrücklich

darauf hingewiesen, dass die Finanzierung derartiger Kosten aus öffentlichen Mitteln ausge-

schlossen ist.

(487) Allerdings hatte die Bewilligungsbehörde selbst die Ursache für diese Abrechnungs-

praxis gelegt, denn sie hat mindestens einen Zuwendungsempfänger im ersten Jahr der Förde-

rung auf die Zuwendungsfähigkeit von Abschreibungsbeträgen hingewiesen. Außerdem waren

in den Antragsvordrucken Angaben zur Höhe von Abschreibungsbeträgen möglich und wur-

den sodann von der Bewilligungsbehörde in der Finanzierung berücksichtigt.

(488) Das Ministerium weist hinsichtlich der indirekten Kosten darauf hin, dass es sich auch

bei diesen grundsätzlich um Ausgaben handele, denen ein kassenwirksamer Zahlungsfluss zu-

grunde liege. Diese seien dem Grunde nach als anteilige Ausgaben zuwendungsfähig, wenn

sie belegmäßig nachweisbar seien und der auf das Projekt entfallende Anteil nachvollziehbar

sei. Ob diese Voraussetzungen in den geprüften Projekten gegeben seien, werde im Rahmen

der Verwendungsnachweisprüfung überprüft.

182

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(489) Sollte die Verwendungsnachweisprüfung ergeben, dass den geltend gemachten indirek-

ten Kosten ein kassenwirksamer Zahlungsfluss zugrunde liegen sollte und diese Ausgaben be-

legmäßig nachweisbar und nachvollziehbar sind, stimmt der Landesrechnungshof mit den

Ausführungen des Ministeriums überein. Im Übrigen hält er an seinen Feststellungen fest.

1.4 Doppelabrechnungen

(490) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass zwei Zuwendungsempfänger mehrfach

Ausgaben in verschiedenen Maßnahmen unterschiedlicher Jahre doppelt abgerechnet haben.

Ein Zuwendungsempfänger hat Ausgaben für die Anschaffung von Hard- und Software in

Höhe von rd. 1.900 Euro und drei Jahre später einen Teil dieser Ausgaben ein zweites Mal als

Ausstattung/Ersatzbeschaffung in Form von Abschreibungen in Höhe von rd. 500 Euro abge-

rechnet. Außerdem hat er Ausgaben in Höhe von rd. 100 Euro für den Druck von Flyern so-

wohl im Modellprojekt und ein zweites Mal im niedrigschwelligen Betreuungsangebot abge-

rechnet.

Ein anderer Zuwendungsempfänger hat Personalausgaben, Ausgaben für Aufwandsentschädi-

gungen und Büromaterial in Höhe von insgesamt rd. 3.000 Euro in mehreren Jahren doppelt

abgerechnet (im Modellprojekt gegenüber der Bewilligungsbehörde und in einem anderen

Projekt gegenüber dem Landkreis).

Beide Zuwendungsempfänger haben folglich Ausgaben in Höhe von insgesamt rd. 3.600 Euro

mehrfach abgerechnet, die ihnen aber nur einmal entstanden sind.

1.5 Verwendung von öffentlichen Mitteln zugunsten von Dritten

(491) Einer dieser Zuwendungsempfänger hat Ausgaben in Höhe von 455 Euro für Fotoka-

lender gegenüber der Bewilligungsbehörde abgerechnet, die er aus öffentlichen Mitteln fi-

nanziert und sodann günstiger an Dritte weiterverkauft bzw. unentgeltlich verschenkt hat. Die-

se Ein- und Verkäufe zu Lasten von Projektmitteln haben zu einem finanziellen Verlust in

Höhe von 245 Euro geführt.

1.6 Abrechnung von Dienstfahrten aufgrund unwahrer Angaben

(492) Der bei einem anderen Zuwendungsempfänger in führender Funktion tätige und zu-

gleich aus Zuwendungsmitteln finanzierte Leiter des Modellprojektes hat aufgrund unwahrer

Angaben gegenüber der Bewilligungsbehörde finanzielle Mittel aus der Zuwendung für Aus-

gaben im Rahmen von Dienstfahrten im Modellprojekt zu Unrecht erhalten. Er hatte Ausga-

ben für Dienstfahrten mit dem Privatfahrzeug im Rahmen des Modellprojektes abgerechnet,

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obwohl er diese Dienstfahrten mit einem Dienstfahrzeug durchgeführt hatte und ihm persön-

lich gar keine Ausgaben entstanden waren. Die gegenüber der Bewilligungsbehörde angegebe-

nen fehlerhaften Daten hat er in seiner leitenden Funktion beim Zuwendungsempfänger unter-

zeichnet. Somit hat er einen Vermögensvorteil in Höhe von rd. 560 Euro aus der Zuwendung

zu Unrecht erhalten.

(493) Derselbe Zuwendungsempfänger hat gegenüber der Bewilligungsbehörde in Verwen-

dungsnachweisen mehrerer Jahre angegeben, dass der Leiter Zahlungsempfänger von Fahr-

kostenerstattungen für Dienstfahrten im Rahmen des Modellprojektes war, obwohl er diese

Zahlungsflüsse auf den Kontoauszügen nicht belegen kann. Auf ausdrückliche Nachfrage der

Bewilligungsbehörde zu den tatsächlichen Buchungsdaten hat der Zuwendungsempfänger er-

klärt, dass die Fahrkosten wie im Verwendungsnachweis angegeben gezahlt und gebucht wur-

den. Dennoch konnte der Zuwendungsempfänger auch gegenüber dem Landesrechnungshof

die im Verwendungsnachweis angegebenen Buchungen bzw. Zahlungsflüsse in Höhe von ins-

gesamt rd. 10.500 Euro nicht belegen. Somit hat er aufgrund falscher Angaben den Anschein

von tatsächlich geleisteten Ausgaben an den Leiter in Höhe von rd. 10.500 Euro erweckt, die

dieser gar nicht erhalten hat.

(494) Dieser Zuwendungsempfänger hat in Verwendungsnachweisen mehrerer Jahre Dienst-

fahrten des Leiters als Dienstfahrten des Modellprojektes deklariert und abgerechnet, obgleich

• diese nach seinen Fahrtenbüchern von anderen und nicht im Modellprojekt Beschäf-

tigten durchgeführt wurden,

• der Leiter diese Fahrten zu anderen Zwecken des Zuwendungsempfängers durchge-

führt hatte,

• er in den Fahrtenbüchern als Fahrer nicht angegeben war,

• die abgerechneten Dienstfahrten in den Fahrtenbüchern nicht vorhanden waren,

• der Leiter sich zeitgleich noch auf anderen Dienstreisen befand.

Zudem weichen die vom Zuwendungsempfänger in einem Verwendungsnachweis für die

Dienstreisen des Leiters abgerechneten Kilometer gravierend von den in den Fahrtenbüchern

dokumentierten Kilometerangaben ab. Die Angaben in den Fahrtenbüchern sind vielfach feh-

lerhaft, unvollständig, nicht plausibel und lassen eine Zuordnung, welche Fahrten für das Mo-

dellprojekt oder für andere Vereinszwecke durchgeführt wurden, meist nicht zu. Aufgrund der

Mitnutzung der Dienstfahrzeuge durch den Ehepartner des Leiters ist nicht auszuschließen,

dass auch Fahrten des Ehepartners als Dienstfahrten des Leiters abgerechnet wurden. Ob die

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für die Dienstfahrten des Leiters abgerechneten Ausgaben in Höhe von insgesamt rd. 16.600

Euro tatsächlich im Rahmen des Modellprojektes ausgegeben wurden, bleibt offen (siehe auch

Tz. 493).

(495) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die Bewilligungsbehörde die abgerech-

neten Ausgaben für Dienstreisen des Leiters nicht ordnungsgemäß geprüft hat. Sie hat keine

Plausibilitätsprüfung der Fahrtenbücher und Fahrtennachweise vorgenommen, namensgleiche

Unterschriften in den Fahrtenbüchern nicht hinterfragt und den Zahlungsempfänger nicht an-

hand von Kontoauszügen überprüft.

(496) Das Ministerium weist darauf hin, dass die Bewilligungsbehörde bei einzelnen Ausga-

ben auch eine stichprobenhafte Prüfung vornehmen könne. Diese sei auch erfolgt. Durch die

Zulassung des einfachen Verwendungsnachweises ergebe sich zudem nur eine eingeschränkte

Prüfdichte.

(497) Der Landesrechnungshof weist seinerseits darauf hin, dass laut Prüfvermerk eine voll-

ständige Prüfung stattgefunden hat und der Eindruck einer weitergehenden Prüfung erweckt

wird. In Bezug auf die durch Zulassung des einfachen Verwendungsnachweises nur einge-

schränkte Prüfdichte sollten die Feststellungen des Landesrechnungshofes Anlass sein, diesen

kritisch zu hinterfragen (vgl. Tz. 484).

1.7 Abrechnung der Gruppenraummiete

(498) In den Verwendungsnachweisen mehrerer Jahre hat derselbe Zuwendungsempfänger

Mietausgaben für einen Gruppenraum abgerechnet, in denen auch Ausgaben für trägerinterne

und andere Veranstaltungen enthalten sind, die nicht dem Modellprojekt zuzurechnen sind.

Der Vermieter hat Rechnungen über Nutzungstage gestellt, die von den in den Teilnehmerlis-

ten der Gruppentreffen angegebenen Veranstaltungstagen abweichen. Zudem hat er in den

Rechnungen teilweise Abrechnungszeiträume aus anderen Jahren angegeben. Inwieweit meh-

rere an einem Tag stundenweise stattgefundene Veranstaltungen mehrfach oder als eine ganz-

tägige Veranstaltung vom Vermieter berechnet wurden, ist nicht aus den angegebenen Nut-

zungstagen ersichtlich. Daher vermag der Landesrechnungshof die Höhe der abgerechneten

und nicht projektbezogenen Ausgaben nicht zu beziffern. Die Feststellungen zeigen, dass die

Bewilligungsbehörde die Abrechnung der Ausgaben für Gruppenraummiete nicht hinreichend

geprüft hat.

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1.8 Abrechnungen von Ausgaben ohne Zahlungsnachweis und aufgrund fiktiver Buchungsdaten

(499) Dieser Zuwendungsempfänger hat in Verwendungsnachweisen mehrerer Jahre für

sämtliche Ausgaben für Gruppenraummiete und Dienstfahrten des Leiters fiktive Zahlungsda-

ten gegenüber der Bewilligungsbehörde angegeben. Entsprechende Ausgaben in Höhe von

mindestens rd. 22.000 Euro hat er tatsächlich erst bis zu einem Jahr und acht Monate später

geleistet. Er hat sich nicht nur imaginäre Zahlungstage ausgedacht, teilweise hat er überhaupt

keine Buchungen vorgenommen.

(500) Zudem kann er die Verwendung von Zuwendungen vielfach nicht belegen und deswe-

gen keine Rechenschaft über den Verbleib von öffentlichen Mitteln ablegen. Insbesondere für

das Jahr 2011, in dem er über 150.000 Euro an Ausgaben im Modellprojekt abgerechnet hat,

kann er für durchschnittlich 64 % der verwendeten Mittel keinen Zahlungsbeweis erbringen.

2 Verschwiegene zusätzliche Einnahmen

(501) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass ein Zuwendungsempfänger über Jahre

projektbezogene Einnahmen erzielt und weder im Rahmen der Antragstellung in Abzug ge-

bracht noch in Verwendungsnachweisen gegenüber der Bewilligungsbehörde angegeben hat.

Er hat zusätzliche Einnahmen aus kommunalen Mitteln des Landkreises, aus Lohnsteuerer-

stattungen und aus Erstattungen einer Krankenkasse für Arbeitgeberaufwendungen in Höhe

von insgesamt rd. 10.000 Euro verschwiegen. Durch die Nichtangabe der Einnahmen hat er

überhöhte Zuwendungen zu Lasten des Landes erhalten.

3 Ordnungsgemäße Geschäftsführung

(502) Zuwendungen dürfen nur solchen Empfängern bewilligt werden, bei denen eine ord-

nungsgemäße Geschäftsführung gesichert erscheint. Den Großteil der vorgenannten Feststel-

lungen hat der Landesrechnungshof bei ein und demselben Zuwendungsempfänger getroffen.

Die Vielzahl dieser Feststellungen geben Anlass zu der Frage, ob der Zuwendungsempfänger

seinen Verpflichtungen bei der Durchführung und Abrechnung von Maßnahmen noch gerecht

wird.

(503) Außerdem konnte der Landesrechnungshof insbesondere für das fünfte und letzte Jahr

des Modellprojektes die abgerechneten Ausgaben aufgrund nicht vorhandener Zahlungsbelege

nur eingeschränkt prüfen. Obwohl er während der örtlichen Erhebungen mehrfach nachgefragt

hatte, sah sich der Zuwendungsempfänger nicht in der Lage, entsprechende Unterlagen vorzu-

legen. Deswegen hat der Landesrechnungshof von einer weiteren Prüfung sowohl der Ausga-

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ben für das letzte Jahr des Modellprojektes als auch für Ausgaben der Förderung von niedrig-

schwelligen Betreuungsangeboten in weiteren Jahren für diesen Zuwendungsempfänger abge-

sehen. Ein Zuwendungsempfänger hat seine Unterlagen so zu führen, ordnen und aufzube-

wahren, dass er erforderliche Belege bereitstellen kann.

(504) Die Vielzahl der Feststellungen bei diesem Zuwendungsempfänger rechtfertigt erhebli-

che Zweifel an einer ordnungsgemäßen Geschäftsführung. Bei künftigen Anträgen wird die

Bewilligungsbehörde zu prüfen haben, ob eine ordnungsgemäße Geschäftsführung gesichert

ist.

4 Verwendungsnachweisprüfungen der niedrigschwelligen Betreuungsan-gebote

(505) Die Bewilligungsbehörde hat vertiefte Prüfungen von Verwendungsnachweisen im

Rahmen der Förderung von niedrigschwelligen Betreuungsangeboten nicht vorgenommen. So

konnte sie Verstöße gegen das Zuwendungsrecht auch nicht erkennen. Das Ministerium hat für

die stichprobenweise Auswahl von vertieft zu prüfenden Verwendungsnachweisen keine ent-

sprechende Regelung erlassen. Solange das Ministerium nach Anhörung des Landesrech-

nungshofes keine Stichprobenregelung für diesen Förderbereich getroffen hat, hat die Bewilli-

gungsbehörde sämtliche Verwendungsnachweise unabhängig davon, ob der einfache Verwen-

dungsnachweis zugelassen wurde, vertieft zu prüfen.

Es wäre effizienter und wirtschaftlicher, die erforderliche Stichprobenregelung in Abstim-

mung mit dem Landesrechnungshof zu erlassen.

(506) Das Ministerium ist der Auffassung, dass das Fehlen einer einvernehmlichen Regelung

für die stichprobenweise Auswahl von vertieft zu prüfenden Verwendungsnachweisen bei zu-

gelassenem einfachem Verwendungsnachweis nicht dazu führe, dass dann sämtliche Verwen-

dungsnachweise vertieft zu prüfen seien. Das Erfordernis einer solchen Prüfung würde den

einfachen Verwendungsnachweis und die damit einhergehende bewusste Entscheidung für

einen reduzierten Darlegungsumfang der Zuwendungsempfänger aushöhlen. Allerdings hat

das Ministerium auch mitgeteilt, dass eine Stichprobenregelung in Erarbeitung sei und es ge-

plant sei, diese dem Landesrechnungshof im Jahr 2017 zur Anhörung vorzulegen.

(507) Der Landesrechnungshof hält an seiner Darstellung fest. Eine vertiefte Prüfung ist

auch bei Zulassung des einfachen Verwendungsnachweises erforderlich. Eine Verwaltungsver-

einfachung kann durch eine Stichprobenregelung erreicht werden. Diese stellt sicher, dass Ver-

stöße gegen das Zuwendungsrecht trotz der Vereinfachung potenziell erkannt werden können.

(508) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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14 Landespflegeplanung in Mecklenburg-Vorpommern

Das Sozialministerium hat u. a. die Erstellung kommunaler Pflegesozialplanungen seit

2013 gefördert. Es hat Fördermittel ausgereicht, ohne die Anforderungen an die Planun-

gen hinreichend zu definieren. Im Auftrag des Landes hat die Hochschule Neubranden-

burg 2015 Vorgaben für die kommunalen Planungen erstellt202. Es wäre zweckmäßig ge-

wesen, diese Vorgaben zur inhaltlichen Ausgestaltung der Planungen vor der Förderung

aufzustellen.

2012203 hat der Landtag beschlossen, die durch das Auslaufen des Landespflegewohngel-

des frei werdenden Mittel für die Stärkung der ambulanten Versorgung sowie der Ta-

ges-, Nacht- und Kurzzeitpflege zu nutzen. Der Landesrechnungshof hat festgestellt,

dass der Auftrag des Landtags inhaltlich erfüllt wurde. Die Finanzierung erfolgte jedoch

nicht durch frei gewordene Mittel aus dem Landespflegewohngeld.

(509) Der Landesrechnungshof hat ausgehend von den Vorgaben des Landespflegegesetzes

(LPflegeG M-V204) geprüft, wie das Land seiner Verantwortung für die Entwicklung der pfle-

gerischen Versorgungsstruktur nachkommt. Er hat weiter geprüft, welche Maßnahmen das Mi-

nisterium ergriffen hat, um die Kommunen bei dem ihnen obliegenden Planungsprozess zu

unterstützen und ob bzw. inwieweit diese zur Zielerreichung beigetragen haben.

(510) Der Landesrechnungshof hat parallel zur Prüfung der vom Land durchgeführten Maß-

nahmen eine Querschnittsprüfung zu den kommunalen Pflegeplanungen durchgeführt. Zu den

Feststellungen hierzu verweist er auf den entsprechenden Jahresberichtsbeitrag im Kommu-

nalfinanzbericht 2016.

1 Änderung des Landespflegegesetzes und landesplanerische Empfehlun-gen

(511) Am 31.12.2009 trat eine Änderung des LPflegeG M-V in Kraft. In Umkehrung des

bisherigen Verfahrens soll das Land einen Landesplan mit Empfehlungen zur Weiterentwick-

lung der pflegerischen Versorgungsstruktur auf Grundlage der kommunalen Planungen erstel-

len. Bei einer erstmaligen Vorlage der kommunalen Planungen zum 30.09.2011 hat das Minis-

202 „Kompass für eine integrierte Pflegesozialplanung“.203 Vgl. TOP 10 des Beschlussprotokolls über die 31. Sitzung des Landtages Mecklenburg-Vorpommern vom

05.12.2012.204 Landespflegegesetz (LPflegeG M-V) vom 16. Dezember 2003, in der Fassung von Art. 3 des Gesetzes zur

Änderung des Gesetzes zur Durchführung der Kriegsopferfürsorge und zur Änderung anderer Gesetze vom17. Dezember 2009 ( GVOBl. M-V, S. 726).

188

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terium festgestellt, dass die Planungen qualitativ sehr unterschiedlich und nicht vergleichbar

waren. Dennoch erarbeitete es zum Februar 2013 auf Basis der kommunalen Planungen lan-

desplanerische Empfehlungen. Aufgrund der fehlenden Vergleichbarkeit gingen diese jedoch

nicht detailliert auf die Kreisdarstellungen ein, sondern zeigten lediglich Niveauunterschiede

auf.

(512) Auch unter Berücksichtigung der durch die nicht vergleichbaren kommunalen Planun-

gen bestehenden Schwierigkeiten bei der Erstellung der landesplanerischen Empfehlungen

sind diese aus Sicht des Landesrechnungshofes zu allgemein gehalten. So waren auch aus den

vorgelegten kommunalen Unterlagen bestimmte Bedarfe erkennbar, zu deren Deckung Emp-

fehlungen hätten ausgesprochen werden können. Es fehlten zudem Hinweise für die Gestal-

tung einer differenzierten kommunalen Pflegeplanung, mit der zumindest eine erste Anglei-

chung angestoßen worden wäre.

(513) Darüber hinaus hat der Landesrechnungshof festgestellt, dass im Landespflegegesetz,

in den landesplanerischen Empfehlungen sowie im Landeshaushalt eine Vielzahl unterschied-

licher Begriffe in Bezug auf kommunale Pflegeplanungen Verwendung findet (integrierte Pfle-

gesozialplanung, umfassende Sozialplanung, sozialräumliche Planung, nachhaltige Pflegeso-

zialplanung, Planungen bzw. Eckwerte für ambulante, teilstationäre und stationäre Einrichtun-

gen). Da diese Begriffe nicht systematisch aufeinander aufbauen und klare Definitionen feh-

len, sind die in den jeweiligen Quellen an die Kommunen gestellten Erwartungen unklar. Es

sollten daher künftig einheitliche bzw. klar definierte Begriffe verwendet werden.

(514) Das Ministerium äußert sich dahingehend, dass die landesplanerischen Empfehlungen

konkret ausgewiesene Handlungsbedarfe beinhalteten und diesen durch die Landesförderung

Rechnung getragen sei. Weiterhin weist es darauf hin, dass die Verständigung zum Begriff der

integrierten Pflegesozialplanung Teil des im Jahr 2016 begonnenen Implementierungsprozes-

ses sei.

(515) Der Landesrechnungshof verkennt nicht, dass das Ministerium in den landesplaneri-

schen Empfehlungen bereits bestimmte Aussagen getroffenen hat, denen es mit der nachfol-

genden Förderung begegnet ist. Er ist allerdings weiterhin der Auffassung, dass auf Grundlage

der bereits zur Verfügung stehenden Daten weitergehende Hinweise möglich gewesen wären.

Der Landesrechnungshof begrüßt die Verständigung zum Begriff der integrierten Pflegesozial-

planung.

189

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2 Förderung durch das Land

2.1 Mittel an Kommunen

(516) Um durch die kommunalen Pflegeplanungen eine bessere Grundlage für seine eigenen

Empfehlungen zu erhalten und die pflegerische Versorgungsstruktur zu verbessern hat das Mi-

nisterium ab 2013:

• eine Förderung der kommunalen Pflegesozialplanung implementiert und

• Mittel für Modellprojekte zur Weiterentwicklung der pflegerischen Infrastruktur, ins-

besondere im ambulanten Bereich, bereitgestellt.

Das Ministerium hat die Fördermittel ab 2014 mittels Zuweisungsverträgen ausgereicht.

(517) Insgesamt hat das Land für die in Tz. 516 genannten Maßnahmen in den Jahren 2013

bis 2015 4,5 Mio. Euro bereitgestellt. Davon haben die Kommunen rund die Hälfte verausgabt

bzw. angefordert. Dieses stellt sich insgesamt wie folgt dar:

Tabelle 16: Verwendung der Mittel 2013 und 2014, Mittelanforderungen 2015, in Euro

Jahr

Pflegesozialpla-nung/ Konzepte

Projekte Weiterbildung GesamtBereitgestellte

Mittel

in Euro

2013 289.977,13 0,00 16.734,85 306.711,98 1.500.000,00

2014 546.177,81 316.367,36 6.075,84 868.621,01 1.500.000,00

2015 431.873,19 628.498,88 17.676,19 1.078.048,26 1.500.000,00

Summen 1.268.028,13 944.866,24 40.486,88 2.253.381,25 4.500.000,00

Quelle: Übersicht des SM vom 26.10.2015, Verwendungsnachweise 2013 und 2014, Profiskal.

2.1.1 Pflegesozialplanungen

(518) Insbesondere für den Zeitraum des Beginns der Landesförderung hat der Landesrech-

nungshof festgestellt, dass unklare Formulierungen bei den Vorgaben zur Förderung zu Unsi-

cherheiten und Rückfragen bei den Kommunen geführt haben. In den dem Landesrechnungs-

hof vorgelegten Entwürfen zu den Zuweisungsverträgen für 2016 sind bis dahin bestehende

Unklarheiten teilweise beseitigt worden. Andere blieben jedoch bestehen. So sollen beispiels-

weise „zusätzliche Ausgaben“ gefördert werden. Die Abgrenzung zu Ausgaben, die im Zu-

ständigkeitsbereich der Sozialämter ohnehin erfolgen, wurde in der Förderpraxis nicht immer

konsequent und nachvollziehbar vorgenommen. Der Landesrechnungshof betont die Notwen-

digkeit, den Zuwendungszweck so genau wie möglich zu beschreiben. Dieser ist Grundlage

für eine spätere Erfolgskontrolle. Zudem ist in den Zuweisungsverträgen eine Prüfung des

ordnungsgemäßen Mitteleinsatzes durch die Rechnungsprüfungsämter der geförderten Kom-

munen vorgesehen. Eine solche Prüfung setzt eindeutige Kriterien voraus, an denen sie sich

orientieren kann. Darüber hinaus sieht der Landesrechnungshof die Entlastung des Ministeri-

190

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ums im Verwendungsnachweisverfahren zu Lasten der Rechnungsprüfungsämter kritisch.

Nach seinen Prüfungserfahrungen sind diese bereits mit der Erfüllung ihrer gesetzlichen Auf-

gaben überlastet.205

(519) Das Ministerium ist weiterhin der Auffassung, dass der Zuweisungszweck und die fi-

nanzierbaren Maßnahmen in den Zuweisungsverträgen hinreichend konkretisiert seien. Der

Landesrechnungshof hält seinerseits an seiner Darstellung fest.

(520) Für Pflegesozialplanungen wurden rd. 1,27 Mio. Euro eingesetzt (vgl. Tz. 517). Bezo-

gen auf die einzelnen Kommunen ergibt sich eine Spannbreite von rd. 46.000 Euro bis rd.

587.000 Euro. Die Mehrzahl der Kommunen hat sich für die Erstellung der Pflegesozialpla-

nung externer Dritter bedient. Der Landesrechnungshof hat deutliche sowohl quantitative als

auch qualitative Unterschiede bei den Planungen festgestellt (z. B. Grad der wissenschaftli-

chen Orientierung bzw. Praxisorientierung, Datengrundlagen). Maßgeblich für die Unterschie-

de war dabei nicht, ob die Planungen extern oder intern erarbeitet wurden. Aufgrund der be-

stehenden Unterschiede der jeweiligen Planungen wurde jedoch das mit der Förderung zumin-

dest auch verfolgte Ziel, vergleichbare Planungen zu schaffen, nicht erreicht. Eine wesentliche

Ursache dafür war, dass das Ministerium seine Anforderungen an die aufzustellenden Planun-

gen nicht eindeutig formuliert hat.

(521) Das Ministerium teilt mit, es sei aus Gründen der Akzeptanz angezeigt, dass die Anfor-

derungen an die aufzustellenden Planungen nicht einseitig vorgegeben, sondern in einem par-

tizipativen Prozess mit den Pflegesozialplanern und Pflegesozialplanerinnen formuliert wür-

den. Das erfordere einen längerfristigen Abstimmungsprozess. Die Landesförderung in den

Jahren 2013 bis 2015 zur Unterstützung der kommunalen, integrierten Pflegesozialplanung sei

Voraussetzung für die frühzeitige Einleitung des Umsetzungsprozesses auf dieser Ebene. Hätte

man zunächst die partizipative Erarbeitung der Detailanforderungen an die aufzustellenden

Planungen abgewartet, wäre es zu einem erheblichen Zeitverlust gekommen. Das Land Meck-

lenburg-Vorpommern habe erfolgreich sozialpolitisches Neuland betreten.

(522) Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass das Land für die von ihm zu erstellen-

den landesplanerischen Empfehlungen auf vergleichbare Planungen angewiesen ist. Hierzu

wären zumindest Mindestvorgaben zu formulieren gewesen, die später ebenfalls in einem par-

tizipativen Prozess verfeinert oder angepasst hätten werden können. Dieses gilt insbesondere

vor dem Hintergrund der erheblichen, den Landkreisen und kreisfreien Städten zur Verfügung

205 Vgl. Kommunalfinanzbericht 2016, S. 115 ff., Kommunalfinanzbericht 2014, S. 75 f., Landesfinanzbericht2011, S. 240 ff.

191

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gestellten Mittel. Der Landesrechnungshof stellt nicht in Abrede, dass die Planungen auf kom-

munaler Ebene durch die Landesförderung deutlich vorangebracht wurden.

2.1.2 Modellprojekte

(523) Zu den geförderten Modellprojekten hat der Landesrechnungshof festgestellt, dass kei-

ne Evaluation stattfindet. Die begleitende und abschließende Kontrolle der Förderungen ist im

Hinblick auf die eingesetzten Finanzmittel von rd. 945.000 Euro jedoch unabdingbar. Darüber

hinaus sind die Ergebnisse einer Evaluation eine wichtige Erkenntnisquelle für zukünftige lan-

desplanerische Empfehlungen. Erfolgreiche Projekte sollten daher vorgestellt werden und in

konkrete Handlungsempfehlungen einfließen.

(524) Das Ministerium teilt mit, dass die Evaluation der kommunalen Modellprojekte durch-

geführt werde, sobald hierfür die Voraussetzungen gegeben seien.

(525) Dem Landesrechnungshof erschließt sich nicht, welche Voraussetzungen bei den be-

reits abgeschlossenen Modellprojekten einer Evaluation noch vorangehen müssten.

2.2 Beauftragung der Hochschule Neubrandenburg

(526) Um Vorgaben für die Ausgestaltung der kommunalen Planungen zu schaffen, hat die

Hochschule Neubrandenburg im Auftrag des Landes einen „Kompass“ für die integrierte Pfle-

gesozialplanung erstellt. Dieser war allerdings erst Ende 2015 fertigstellt, nachdem bereits die

oben genannten rd. 1,27 Mio. Euro für die Erstellung von Pflegesozialplanungen ausgereicht

wurden. Es wäre zweckmäßig gewesen, zuerst den Kompass in einem partizipativen Prozess

mit den Kommunen zu erarbeiten und danach gezielt die Aufstellung der integrierten Pflege-

sozialplanungen auf kommunaler Ebene zu fördern (vgl. Tz. 520).

(527) Das Ministerium äußerte sich dahingehend, dass ein solches Vorgehen zu einem weite-

ren Zeitverlust geführt hätte. Mit der Förderung sei erreicht worden, dass sich die örtliche

Ebene mit dem Thema der integrierten Pflegesozialplanung befasst habe. Personal sei zur Ver-

fügung gestellt und Pflegesozialplanungen seien erstellt worden. Die Hochschule Neubran-

denburg sei auch erst durch die nun vorliegenden Planungen in die Lage versetzt worden, den

Kompass zu erarbeiten und die Kommunen könnten sich durch ihre zwischenzeitlich gewon-

nenen Erkenntnisse besser in den Austausch mit der Hochschule einbringen.

(528) Der Landesrechnungshof verkennt nicht, dass die Förderung des Landes die Bedeutung

des Themas „Planung“ in den Kommunen deutlich hervorgehoben hat und vielfach Planungen

erstellt wurden, auf denen weiter aufgebaut werden kann bzw. die fortgeführt werden können

und die es ohne die Förderung nicht gegeben hätte. Allerdings hält der Landesrechnungshof

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daran fest, dass es zweckmäßig gewesen wäre, vor der Förderung konkretere Aussagen zur in-

haltlichen Ausgestaltung der (geförderten) Planungen zu treffen. Nachdem die Kommunen je-

weils Planungen in unterschiedlichen Strukturen geschaffen haben und damit arbeiten wird es

ungleich schwieriger sein, sie zu einer Angleichung zu bewegen, als es vor einer Förderung

gewesen wäre. Zwar sieht es das Ministerium nach eigenem Bekunden als seine jetzige Aufga-

be an z. B. die kommunale Dezernentenebene von der Erforderlichkeit einer vergleichbaren

integrierten Pflegesozialplanung für alle Landkreise und kreisfreien Städte zu überzeugen. Nur

wenn die politisch Verantwortlichen der Kommunen dieses Ziel mittragen, könne es erreicht

werden. Auch wenn der Landesrechnungshof diese Einschätzung teilt, hätte er diese Aufgabe

ebenfalls an den Beginn der Förderung gestellt.

3 Umsetzung der Landtagsentschließung

(529) In einer Entschließung vom 05.12.2012 hat der Landtag die Landesregierung ersucht,

im Rahmen der Fortschreibung und Neuausrichtung der Sozialhilfefinanzierung zu prüfen,

wie die Kommunen stärker motiviert und bewegt werden können, den örtlichen Anforderun-

gen entsprechende und die Ergebnisse der Pflegestrukturplanung sowie die Trägervielfalt be-

rücksichtigende, pflegerische Angebotsstrukturen zu koordinieren und weiterzuentwickeln.

U. a. sollten in diesem Zusammenhang die Mittel, die durch das Auslaufen des Landespflege-

wohngeldes und der Förderung stationärer Angebote frei werden, dafür genutzt werden, die

ambulante Versorgung sowie die Tages-, die Nachtzeit- und Kurzzeitpflege zu stärken (Nr. 3 g

der Entschließung).

(530) Während das Auslaufen des Landespflegewohngelds zum 31.12.2012 zu Minderkosten

für den Landeshaushalt führt, steigen die Aufwendungen für die Sozialhilfe in den Landkrei-

sen und kreisfreien Städten.206 Das Land hatte hierzu eine Prognose erstellt, um auf deren

Grundlage über das Sozialhilfefinanzierungsgesetz diese Mehrbelastung der Landkreise und

kreisfreien Städte in den Jahren 2013 bis 2015 auszugleichen. Der danach verbleibende Rest-

betrag hätte dann für Maßnahmen i. S. der Landtagsentschließung zur Verfügung gestanden.

Der tatsächliche Rückgang des Landespflegegeldes fiel geringer aus als vom Ministerium pro-

gnostiziert. Da die Höhe der Zuweisungen über das Sozialhilfefinanzierungsgesetz aber nach

der Prognose, die nicht der tatsächlichen Entwicklung angepasst wurde, festgelegt worden

war, gab das Land im Ergebnis die gesamte tatsächliche Einsparung beim Landespflegewohn-

geld auf diesem Weg an die Landkreise und kreisfreien Städte weiter. Eine Zweckbindung im

206 LT- Drs. 6/1117 v. 12.09.2012.

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Sinne der Landtagsentschließung war dabei nicht vorgegeben. Die in Tz. 517 dargestellten

Förderungen erfolgten somit aus zusätzlichen Mitteln.

Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass der Auftrag des Landtags zur Stärkung der am-

bulanten und teilstationären pflegerischen Versorgung aus seiner Entschließung unter Berück-

sichtigung aller bereitgestellten Mittel inhaltlich erfüllt wurde. Die Finanzierung erfolgte je-

doch nicht durch frei gewordene Mittel aus dem Landespflegewohngeld.

(531) Das Ministerium teilt mit, dass es faktisch unmöglich gewesen sei, die Prognosen für

die Zuweisungen nach dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz für die Jahre 2013 und 2014/2015

den tatsächlichen Entwicklungen anzupassen. Eine Zweckbindung habe bei den Zuweisungs-

beträgen nach dem Sozialhilfefinanzierungsgesetz nicht umgesetzt werden können, da es sich

um einen pauschalen Konnexitätsausgleich gehandelt habe. Der Entschließung des Landtages

und der damit verbundenen Zweckbindung sei für 2013 mit § 1 Abs. 6 SozhifinanzG M-V

a. F. und in den Jahren 2014 und 2015 durch die Umsetzung des Landeshaushalts Rechnung

getragen worden.

(532) Der Landesrechnungshof nimmt die Ausführungen des Ministeriums zur Kenntnis.

Änderungen in seiner Darstellung ergeben sich dadurch nicht.

(533) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

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Einzelplan 11 – Allgemeine Finanzwirtschaft

15 Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage

Das Finanzministerium verwaltet die beiden Sondervermögen Versorgungsfonds und

Versorgungsrücklage des Landes Mecklenburg-Vorpommern nicht durchgängig ord-

nungsgemäß, wirtschaftlich und transparent. Durch Aufgabenkonzentrationen in den

zuständigen Bereichen des Finanzministeriums bestehen Interessenkonflikte, die unab-

hängige Entscheidungen im Sinne des jeweiligen Sondervermögens behindern. Die not-

wendigen Anforderungen an ein Internes Kontrollsystem (IKS) werden nicht durchgän-

gig erfüllt.

Anfang 2016 wurde entschieden, die Vermögensbestände beider Sondervermögen voll-

ständig zu verkaufen. Alle aus diesem Verkauf fließenden Mittel wurden in „Schuld-

scheine“ des Landes Mecklenburg-Vorpommern investiert. Das Land kann sich aber

rechtlich nicht bei den Sondervermögen verschulden. Die entsprechenden „Schuldschei-

ne“ sind nicht werthaltig. Die Sondervermögen sind vom Kapitalmarkt abgekoppelt und

erwirtschaften keine Rendite mehr. Die ausbleibende Rendite zahlt der Steuerzahler.

Der Erwerb der „Schuldscheine“ durch die Versorgungsrücklage verstößt gegen das

Versorgungsrücklagengesetz des Landes, das nur eine Mittelanlage in handelbare

Schuldverschreibungen der Länder und des Bundes zu marktüblichen Bedingungen er-

laubt.

Die „Schuldschein“-Bestände sollten schrittweise wieder in handelbare und marktge-

rechte Wertpapiere umgeschichtet werden. Der Zuführungssatz für den Versorgungs-

fonds sollte regelmäßig versicherungsmathematisch überprüft und ggf. angepasst wer-

den.

(534) Versorgungsausgaben für Beamtinnen und Beamte, mit denen erstmals ein Dienstver-

hältnis zum Land Mecklenburg-Vorpommern vor dem 01. Januar 2008 begründet wurde, wer-

den aus dem laufenden Haushalt gezahlt. Ein Teil dieser Versorgungslasten soll über die Ver-

sorgungsrücklage207 abgesichert werden. Zuführungen an die Versorgungsrücklage erfolgen

aus im Zuge von Besoldungsanpassungen eingesparten Beträgen. Die Finanzierung von Ver-

sorgungsausgaben für Bedienstete, die erstmals nach dem 31. Dezember 2007 verbeamtet

207 Vgl. Versorgungsrücklagengesetz des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Versorgungsrücklagengesetz –VersRücklG M-V) vom 22. November 1999 (GVOBl. S. 612), zuletzt geändert durch Artikel 3 des Gesetzesvom 13. Februar 2006 (GVOBl. M-V S. 90).

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worden sind, erfolgt über ein kapitalgedecktes Versorgungssystem. Zu diesem Zweck hat das

Land einen Versorgungsfonds208 errichtet, an den seit 2008 pauschal 20 % der Bezüge der be-

troffenen Beamten abgeführt werden. Zum 31. Dezember 2015 hatte die Versorgungsrücklage

des Landes ein Vermögen von rd. 88,83 Mio. Euro angespart, das Vermögen des Versorgungs-

fonds betrug rd. 181,36 Mio. Euro209.

Die Verwaltung der beiden nicht rechtsfähigen Sondervermögen Versorgungsrücklage und

Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern obliegt dem Finanzministerium.

1 Verwaltung der Sondervermögen

1.1 Strukturen und Abläufe

(535) Die bei der Prüfung vorgefundenen Abläufe und Strukturen im Finanzministerium wa-

ren nur bedingt geeignet, eine ordnungsgemäße Verwaltung der beiden Sondervermögen Ver-

sorgungsfonds und Versorgungsrücklage des Landes Mecklenburg-Vorpommern sicherzustel-

len. Insbesondere existieren im Finanzministerium keine Regelungen, wer welche Art von Ge-

schäften bis zu welcher Höhe rechtsverbindlich für das Land abschließen darf.

(536) Das Finanzministerium wies darauf hin, dass es für seinen Geschäftsbereich geregelt

habe, wer welche Geschäfte am Geld- oder Kapitalmarkt tätigen dürfe. Einschränkungen, z. B.

hinsichtlich der Höhe der rechtsverbindlich für das Land abzuschließenden Verträge, seien

hierbei nicht definiert worden. Eine derartige Beschränkung sei aus Sicht des Finanzministeri-

ums auch nicht sachgerecht. Schließlich seien gemäß § 3 Abs. 1 der Gemeinsamen Geschäfts-

ordnung I der Ministerien und der Staatskanzlei des Landes Mecklenburg-Vorpommern

(GGO I) alle Beschäftigten in ihrem Bereich für die Erfüllung ihrer Aufgaben sowie die sach-

und zeitgerechte Bearbeitung selbst verantwortlich. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 GGO I sei die

Verteilung der Aufgaben in einem Geschäftsverteilungsplan festzulegen. Die Zuständigkeiten

für die Bearbeitung in Angelegenheiten des Versorgungsfonds und der Versorgungsrücklage

seien im Geschäftsverteilungsplan somit eindeutig geregelt.

(537) Der Landesrechnungshof hält den Geschäftsverteilungsplan allein für nicht ausrei-

chend. Aufgrund der Rechtsnatur und des finanziellen Umfangs der Geschäfte sind aus seiner

Sicht weitergehende Regelungen notwendig. Solche hat das Finanzministerium in anderen

Teilen seines Geschäftsbereichs auch getroffen, z. B. für das Zeichnungsrecht in den Finanz-

208 Vgl. Gesetz über einen Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern (Versorgungsfondsgesetz –VersFondsG M-V) verkündet als Artikel 1 des Haushaltsbegleitgesetzes 2008/2009 vom 17. Dezember 2007(GVOBl. M-V S. 472).

209 Vgl. Finanzministerium Mecklenburg-Vorpommern (2016): Kurzfassung der Haushaltsrechnung und Vermö-gensübersicht für das Haushaltsjahr 2015, Anlage A – Vermögen, Nr. 2.3 Sondervermögen, S. 353.

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ämtern des Landes210 einschließlich Zeichnungsvorbehalten, die nach der Höhe der Beträge

gestaffelt sind. Differenzierte Regelungen zu Zeichnungsrechten gibt es auch beim BBL M-V.

(538) Bei der Festlegung von Verantwortlichkeiten hat das Finanzministerium nicht ausrei-

chend darauf geachtet, dass miteinander nicht vereinbare Aufgaben von verschiedenen Perso-

nen, Stellen oder Bereichen und unter Beachtung des Vier-Augen-Prinzips wahrzunehmen

sind. Aufgaben werden sehr konzentriert in wenigen kleinen Bereichen des Finanzministeri-

ums wahrgenommen, was in einigen Fällen dazu geführt hat, dass ein und dieselbe Person

zwei Seiten eines Geschäfts abgezeichnet hat. Für das Management des Versorgungsfonds und

der Versorgungsrücklage ist eine aufbauorganisatorische Funktionstrennung zwischen den Be-

reichen Geschäftsabschluss und Kontrolle im Sinne eines Internen Kontrollsystems (IKS)

nicht durchgängig gegeben. Dies ist dadurch entstanden, dass Aufgaben in einzelnen Berei-

chen des Finanzministeriums konzentriert wurden, ohne dass die organisatorischen Rahmen-

bedingungen angepasst wurden.

(539) Das Finanzministerium trägt vor, dass es für die Versorgungsrücklage keine nachge-

wiesene Verletzung des Vier-Augen-Prinzips sieht. Daher sei die Feststellung des Landesrech-

nungshofs nicht zutreffend. Darüber hinaus gäbe es im Finanzministerium eine aufbauorgani-

satorische Trennung zwischen den Bereichen Geschäftsabschluss und Abwicklung. So würden

die Kreditaufnahmen im Referat 250 getätigt, während die Abwicklung in der Schulden-

verwaltung im Referat 170 erfolge. Damit sei die interne Kontrolle gesichert. Eines weiteren

bankenüblichen internen Kontrollsystems bedürfe es nach Auffassung des Finanzministeriums

nicht.

(540) Auch für die Versorgungsrücklage hat der Landesrechnungshof die Verletzung des

Vier-Augen-Prinzips festgestellt. Z. B. hatte die zuständige Sachbearbeiterin für den Kauf der

Wertpapiere am 26. August 2014 die Rückbestätigung gegenüber der Deutschen Bundesbank

allein vorgenommen. Somit hatte in diesem Fall die gleiche Person, die das Geschäft abge-

schlossen hatte auch die Existenz und Richtigkeit des Geschäfts bestätigt. Aus Sicht des Lan-

desrechnungshofes handelt es sich bei der Rückbestätigung um einen Kontrollschritt, der nicht

durch die gleiche Person ausgeführt werden sollte, die auch den Geschäftsabschluss getätigt

hat (Vier-Augen-Prinzip), sonst macht die Rückbestätigung keinen Sinn. Das Finanzministeri-

um sollte hier eine aufbauorganisatorische Trennung zwischen Geschäftsabschluss und Kon-

trolle sicherstellen. Darüber hinaus können bei der Versorgungsrücklage die Depotvollmach-

210 Richtlinien über das Zeichnungsrecht in den Finanzämtern (Richtl-Z) vom 17.01.2014 (FinanzministeriumM-V O 2120 – IV 320).

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ten und sonstigen Vertretungsregelungen die aufbauorganisatorische Funktionstrennung aushe-

beln.

Für den Versorgungsfonds hat der Landesrechnungshof Verletzungen des Vier-Augen-Prinzips

und der Funktionstrennung insbesondere beim Kauf von Schuldverschreibungen aus dem

Wertpapiereigenbestand des Landes festgestellt. So haben bei einzelnen Geschäften sowohl

auf der Verkäuferseite (Kreditaufnahme/Wertpapiereigenbestand) als auch auf der Käuferseite

(Anlage Versorgungsfonds) Mitarbeiter aus dem Kreditreferat IV 250 unterzeichnet. Darüber

hinaus wurden Verkaufsaufträge von Personen unterschrieben, die gemäß der Depotvollmach-

ten entweder gar nicht oder nicht allein verfügungsberechtigt waren. Dies unterstreicht die

Notwendigkeit, die Zuständigkeiten, Kompetenzen, Außenvertretungsbefugnisse und Verfah-

rensabläufe für die Verwaltung der Sondervermögen z. B. in Form einer Arbeitsanweisung zu-

sammenzuführen und verbindlich festzulegen. Die Regelungen des Geschäftsverteilungsplans

allein sind nicht ausreichend.

Die vom Finanzministerium als existent dargestellte aufbauorganisatorische Funktionstren-

nung gilt lediglich für die Kreditseite des Landes, für beide Sondervermögen hingegen nicht

bzw. nicht durchgängig.

Das vom Landesrechnungshof geforderte Interne Kontrollsystem resultiert nicht aus „banken-

üblichen“ Anforderungen, sondern leitet sich aus den Erfordernissen der Verwaltung eines

Sondervermögens durch die öffentliche Verwaltung ab.

(541) Ein besonderes Problem der Aufgabenkonzentration im Finanzministerium liegt darin,

dass dieselben Mitarbeiter, die für die Kreditaufnahme des Landes verantwortlich sind, zu-

gleich Mitglied im Anlageausschuss des Versorgungsfonds sind. Kreditaufnahme und Mittel-

anlage verfolgen gegenläufige Ziele: Während es bei der Kreditaufnahme darauf ankommt,

möglichst günstige Kredite, also solche mit niedrigen Zinsen, für das Land aufzunehmen, ist

es für die Mittelanlage des Versorgungsfonds entscheidend, bei genügender Sicherheit eine

möglichst hohe Rendite für das Land zu erzielen. Der Übertragung beider Aufgaben auf die-

selben Mitarbeiter wohnt ein latenter Interessenkonflikt inne, der besonders relevant wird,

wenn in Wertpapiere – z. B. Schuldverschreibungen – investiert werden soll, die das Land

emittiert. Dann sind dieselben Mitarbeiter nämlich von der Kreditseite her verpflichtet, einen

möglichst geringen Zinssatz für die Schuldverschreibung durchzusetzen, während sie von der

Anlageseite her einen möglichst hohen Zinssatz für dasselbe Papier anstreben müssen.

(542) Das Finanzministerium führt aus, dass die Anlageentscheidungen des Versorgungs-

fonds stets auf Grundlage der Vorschläge der Deutschen Bundesbank von allen anwesenden

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Mitgliedern des Anlageausschusses getroffen worden seien. Insofern habe nie eine einzelne

Person diese Anlageentscheidungen bewirkt. Dadurch sei der dargestellte latente Interessen-

konflikt nicht vorhanden.

Unbeschadet dieser Tatsache könne der benannte Interessenkonflikt auch aus übergeordneten

Gründen nicht geltend gemacht werden. Die Einbindung der genannten Mitarbeiter in beide

Regelungskreise unterstütze vielmehr umgekehrt ein optimales Austarieren der entsprechen-

den Ziele. Es gäbe keinen Interessenkonflikt zwischen einem optimalen Schuldenmanagement

und der möglichst nachhaltigen Verzinsung des Kapitals des Versorgungsfonds, weil das Land

in jedem Falle künftige Rechtsansprüche der Beamten auf Versorgung zu bedienen hätte. Der-

zeit und künftig würde der Versorgungsfonds zur Reduzierung der externen Verschuldung ge-

nutzt.

(543) Das vom Finanzministerium dargestellte „optimale Austarieren“ löst weder das Mini-

mierungsproblem der Kreditseite noch das Maximierungsproblem der Anlageseite und führt

zu unwirtschaftlichen Ergebnissen auf beiden Seiten. Schon der Begriff „Austarieren“ belegt,

dass keine Seite den maximal erzielbaren Erfolg erreicht.

Die Aussage des Finanzministeriums, dass der Versorgungsfonds derzeit und künftig zur Re-

duzierung der externen Verschuldung genutzt werde, verdeutlicht die Vermischung der Interes-

sen. Das Ziel des Versorgungsfonds sollte eine möglichst hohe Rendite und nicht die Reduzie-

rung der externen Verschuldung sein.

(544) Der Landesrechnungshof hält es für dringend geboten, dass das Finanzministerium

bzw. die Landesregierung die Abläufe und Strukturen für Versorgungsfonds und Versorgungs-

rücklage von Grund auf neu gestaltet.

(545) Das Finanzministerium hat zugesagt, die Anregungen des Landesrechnungshofes zur

Ablauforganisation aufzunehmen.

1.2 Zuführungen zum Versorgungsfonds

(546) Die Höhe der regelmäßigen Zuführungen zum Versorgungsfonds setzte das Finanzmi-

nisterium zum 1. Januar 2008 auf 20 % der ruhegehaltfähigen Bezüge fest.

Zur Ermittlung des 20 %-Satzes hat das Finanzministerium 2007 einen Modellansatz entwi-

ckelt. Hierbei traf es Annahmen zu verschiedenen Parametern, u. a. zum Nominalzins für Ka-

pitalmarktverzinsung von jährlich 4,5 %211. Auf Grundlage der Modellannahmen würde sich

211 Neben weiteren auch zum Ruhestandseintritt der betroffenen Beamtengruppen, zu Sterblichkeiten, zur Anzahlder jährlichen Neuverbeamtungen, zur Beförderungsdynamik, zum Durchschnittsbezug je Zahlfall, zur durch-

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der Versorgungsfonds bei einer regelmäßigen Zuführung von 20 % in 60 bis 70 Jahren selbst

tragen.

Eine Überprüfung dieser Modellparameter hat seit 2008 nicht stattgefunden. Bereits gering-

fügige Veränderungen in den Annahmen könnten jedoch die Gesamthöhe der Versorgungsbe-

züge dergestalt beeinflussen, dass die geleisteten Zuführungen nicht ausreichen, um die Ver-

sorgungsansprüche der nach dem 31. Dezember 2007 in den Landesdienst eingetretenen An-

spruchsberechtigten abdecken zu können.

(547) Der Landesrechnungshof empfiehlt eine regelmäßige versicherungsmathematische Va-

lidierung der Zuführungssätze.

(548) Das Finanzministerium hält diese Empfehlung des Landesrechnungshofes für überzo-

gen, weil letztlich ohnehin das Land die Versorgungsbezüge zu zahlen habe, unabhängig da-

von wie der Kapitalstock des Versorgungsfonds sich entwickle. Das Finanzministerium hat

mitgeteilt, dass der Versorgungsfonds mit dem Ziel aufgelegt worden sei, künftige Versor-

gungsbezüge nicht vollständig sondern nur möglichst vollständig abzudecken. In der Begrün-

dung zum Versorgungsfondsgesetz212 sei damals das Wort „nahezu“ vergessen worden.

Aus Sicht des Landesrechnungshofes sollte die Auskömmlichkeit des Kapitalstocks und damit

der Deckungsgrad des Versorgungsfonds regelmäßig überprüft werden, um den Versorgungs-

fonds in seiner Funktion ernst zu nehmen, ausreichend Vorsorge zur Finanzierung künftiger

Versorgungsverpflichtungen zu treffen. Darüber hinaus ist der aktuelle Deckungsgrad die Ba-

sis, um über Handlungsbedarfe in Bezug auf den Kapitalstock und die Zuführungen zu ent-

scheiden.

(549) Das Finanzministerium führt aus, dass es eine versicherungsmathematische Validie-

rung der Zuführungssätze für nicht erforderlich hält. Gleichwohl nehme es die Anregung auf,

die Modellrechnung und die Modellparameter beginnend im Jahr 2018 alle fünf Jahre und ggf.

bei außergewöhnlichen Ereignissen zu überprüfen.

(550) Ziel des Versorgungsfonds ist es, die Finanzierung der Versorgungsansprüche der ab

2008 verbeamteten Beschäftigten des Landes zu sichern. Um dieses Ziel zu erreichen, sind die

gleichen Grundsätze zu beachten, die z. B. Pensionskassen erfüllen, um die Finanzierung der

Pensionslasten sicherzustellen. Daher sollte eine regelmäßige versicherungsmathematische

schnittlichen linearen Erhöhung der Bezüge um 1,5 % p.a.212 Dort heißt es: „Das weitere Sondervermögen ‚Versorgungsfonds des Landes Mecklenburg-Vorpommern‛ ist

ein Instrument, um die Versorgungsaufwendungen für diesen Personenkreis vollständig und nachhaltig zu fi -nanzieren.“ Vgl. Begründung zu Artikel 1 des Entwurfs eines Haushaltsbegleitgesetzes 2008/2009 vom17. August 2007 (Drs. 5/801).

200

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Überprüfung des Zuführungssatzes erfolgen. Andernfalls sollte gesetzlich klargestellt werden,

dass der Versorgungsfonds nur eine Rücklage ohne konkrete Zielsetzung darstellt.

(551) Vorgehensweise und Argumentation des Finanzministeriums sind geprägt davon, dass

es den Versorgungsfonds einmal als eigenständigen Fonds und in seiner Funktion hervorhebt,

ihn im anderen Zusammenhang aber nur als unselbstständigen Teil des Landesvermögens

sieht. Das führt zu inkonsequenten, teils nachteiligen Entscheidungen für den Versorgungs-

fonds und zur Vermischung von Interessen (des Landes und des Versorgungsfonds) bis hin zu

personalisierten Interessenkonflikten.

(552) Das Finanzministerium teilt diese Argumentation des Landesrechnungshofes nicht.

(553) Der Landesrechnungshof bleibt bei seiner Auffassung.

1.3 Mittelanlage beim Versorgungsfonds

(554) Das Finanzministerium hat für den Versorgungsfonds einen Anlageausschuss einge-

richtet und die Verwaltung des Sondervermögens im Übrigen auf die Deutsche Bundesbank

übertragen. Die Deutsche Bundesbank bereitet die Entscheidungen des Anlageausschusses

vor, indem sie nach eigener Prüfung eine Auswahl von Wertpapieren zur Anlage vorschlägt.

Sie setzt die jeweilige Entscheidung des Anlageausschusses dann um. Die Dienstleistungen

der Deutschen Bundesbank sind für das Land kostenfrei.

(555) Der Anlageausschuss beschließt sowohl über jede einzelne von der Deutschen Bundes-

bank vorbereitete Mittelanlage (operative Entscheidung) als auch über strategische Fragen,

insbesondere über die Anlagerichtlinien, in denen grundsätzlich festgelegt wird, wie die Mittel

anzulegen sind. Damit wirken zum Teil die gleichen Personen an der Änderung der Rahmen-

bedingungen mit, die sonst als Mitglieder des Anlageausschusses die konkrete Anlageent-

scheidung treffen. Strategische und operative Fragen können sich so gegenseitig beeinflussen.

Aufgrund der teilweisen Personengleichheit fehlt es im Prozess an einem Korrektiv, das die

geplanten Änderungen kritisch hinterfragt. Strategische und operative Entscheidungen haben

andere Ziele und sollten entzerrt werden.

Der Landesrechnungshof regt an zu prüfen, ob die Mittelanlage – auch um den Aufwand im

Finanzministerium zu vermindern – insgesamt auf einen Dritten übertragen werden kann. Bei-

spielsweise erbringt die Deutsche Bundesbank diese Dienstleistung nicht nur kostenlos, son-

dern verfügt außerdem über die notwendigen aufbau- und ablauforganisatorischen Vorkehrun-

gen, die eine ordnungsgemäße Wahrnehmung der Vermögensverwaltung sicherstellen. Dar-

über hinaus besitzt sie die erforderliche Expertise und die entsprechenden IT-Systeme.

201

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Sollte es nicht möglich sein, die Mittelanlage vollständig zu übertragen, schlägt der Landes-

rechnungshof vor, das laufende Anlagegeschäft – also die Auswahl aus den von der Deutschen

Bundesbank vorgeschlagenen Wertpapieren – einem Entscheider zu übertragen, der nicht Mit-

glied im Anlageausschuss ist. Hierzu sind weitergehende Regelungen zu treffen. Dabei kommt

es entscheidend darauf an, die Interessenkonflikte innerhalb des Finanzministeriums aufzulö-

sen. Außerdem sollten die Kompetenzen nach dem finanziellen Umfang der Entscheidungen

abgestuft werden.

Strategische bzw. grundsätzliche Entscheidungen wie etwa die Gestaltung der Anlagerichtlini-

en sollte hingegen der Anlageausschuss treffen.

(556) Der Anlageausschuss bestand zum Zeitpunkt der Prüfung aus drei Mitarbeitern der Ab-

teilung IV 2 „Haushalt und Finanzwirtschaft“ des Finanzministeriums einschließlich des Ab-

teilungsleiters. Aufgrund der bestehenden Über- und Unterordnungsverhältnisse und der damit

verbundenen impliziten Weisungsbefugnisse wird das mit dem Einsetzen eines Ausschusses

verfolgte Ziel nicht erreicht. Ziel einer Ausschusseinsetzung ist es, die Entscheidungen auf

mehreren unabhängig voneinander agierende Schultern zu verteilen. Unabhängige Entschei-

dungen in diesem Sinne sind dem Anlageausschuss sonst nicht möglich.

Der Landesrechnungshof regt an, die Zusammensetzung des Anlageausschusses zu prüfen.

Eine Dominanz der Haushaltsabteilung ist nicht erforderlich, da die Interessen des Versor-

gungsfonds nicht zwangsläufig mit denen der Haushaltsabteilung, die unter anderem auch für

die Kreditaufnahmen des Landes zuständig ist, identisch sind. Vielmehr sollte das Gremium

mit Mitgliedern (ggf. auch unter Einbeziehung Dritter) besetzt werden, welche ein möglichst

breites Spektrum an Fachkompetenz auf dem Gebiet der Vermögensverwaltung, der Kapital-

marktentwicklung und des Beamten-, insbesondere des Versorgungsrechts abdecken. Dabei

sollte die Dominanz von Mitgliedern aus einem einzelnen Bereich, einer einzelnen Abteilung

bzw. eines einzelnen Ministeriums vermieden werden, um ein „echtes“ Mehr-Augen-Prinzip

und ein wirksames Korrektiv sicherzustellen.

Die Notwendigkeit eines Anlageausschusses, seine Zusammensetzung und seine Aufgaben

sollten im Versorgungsfondsgesetz festgeschrieben werden.

(557) Das Finanzministerium teilt die Auffassung des Landesrechnungshofes nicht. Schließ-

lich hätte der Anlageausschuss zum Zeitpunkt der Prüfung aus drei Funktionsträgern bestan-

den. Hinzu sei die Hausspitze des Finanzministeriums stets involviert worden. Darüber hinaus

hätte die Deutsche Bundesbank stets beratend zur Seite gestanden. Als weiteres Korrektiv sei-

en die Informationen der Landesregierung an den Finanzausschuss zu werten. Die Auffassung

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des Landesrechnungshofes, dass laufende Anlagegeschäft, also die Auswahl der von der Bun-

desbank vorgeschlagenen Wertpapiere, einem Entscheider zu übertragen, werde nicht geteilt.

Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund des vom Landesrechnungshof selbst geforderten

notwendigen Korrektivs. Das Finanzministerium betrachtet die kollektive Anlageentscheidung

des Anlageausschlusses als das Mittel der Wahl.

Das Finanzministerium stellt dar, dass der Anlageausschuss seine Geschäftsordnung in der

Sitzung vom 8. Februar 2017 überarbeitet habe. Danach bestehe der Anlageausschuss aus nun-

mehr sechs Mitarbeitern der Abteilung „Haushalt und Finanzwirtschaft“. Der vom Landes-

rechnungshof benannte Interessenkonflikt zwischen Versorgungsfonds und Haushaltsabteilung

werde vom Finanzministerium nicht gesehen. Das Finanzministerium hält die Fachexpertise

aus Beratung durch die Deutsche Bundesbank, Anlageausschuss mit sechs Mitarbeitern der

Haushaltsabteilung sowie der Leitung des Finanzministeriums für hinreichend.

(558) Der Anlageausschuss sollte den strategischen Rahmen vorgeben und die Handlungs-

räume für die operativen Entscheidungen definieren. Darüber hinaus sollte er die Einhaltung

der Anlagerichtlinien und seiner Vorgaben überwachen. Strategische Anlageentscheidungen

sollten unabhängig und nur im Interesse des Versorgungsfonds getroffen werden, ohne dass

andere Erwägungen Einfluss nehmen.

Der operative Entscheider muss aus Sicht des Landesrechnungshofes nicht notwendigerweise

ein Gremium sein, hier reicht die Beachtung des Vier-Augen-Prinzips und notwendiger Kon-

trollmechanismen im Prozess. Anlageentscheidungen sollten nicht die gleichen Personen tref-

fen, die Mitglied im (strategischen) Anlageausschuss sind.

Die Entscheidung des Finanzministeriums, den Anlageausschuss auf sechs Mitglieder zu er-

weitern, löst den aufgezeigten Interessenkonflikt nicht auf. Vielmehr wird damit lediglich der

Verwaltungsaufwand erhöht.

1.4 Unabhängigkeit der Versorgungsrücklage

(559) Um die Eigenständigkeit des Sondervermögens Versorgungsrücklage zu stärken, wur-

den Mittelanlage und Bestandsverwaltung – wie im Gesetz213 gefordert – treuhänderisch auf

die Deutsche Bundesbank übertragen. Allerdings hat sich das Finanzministerium nach der gel-

tenden Anlagerichtlinie vorbehalten, die Auswahl der Emittenten, die Festlegung des jeweili-

gen Anlagevolumens und der zu erwerbenden Wertpapiere selbst zu treffen.

213 Vgl. § 5 VersRücklG M-V.

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Damit läuft die Praxis der Intention des Gesetzgebers entgegen, da die Mittelanlage auch die

konkrete Anlageentscheidung umfasst.

Für die Fortführung der Versorgungsrücklage nach 2018 empfiehlt der Landesrechnungshof zu

prüfen, die Mittelanlage vollständig, also einschließlich der Anlageentscheidung auf die Deut-

sche Bundesbank zu übertragen.

(560) Das Finanzministerium prüft derzeit, ob und wie die Versorgungsrücklage nach 2018

fortgeführt wird.

1.5 Rechtliche Grundlage für Entnahmen aus der Versorgungsrücklage

(561) Die Mittel des Sondervermögens sind zweckgebunden und ausschließlich zur Abfede-

rung der Pensionslasten im Landeshaushalt ab 2018 über einen Zeitraum von 15 Jahren zu

verwenden. Die Entnahme ist durch Gesetz zu regeln.

Ein solches Gesetz muss die Bedingungen für die Mittelentnahme festlegen. Erst die Kenntnis

dieser Bedingungen ermöglicht es, durch entsprechende Anlage der Mittel eine Struktur von

Fälligkeiten herzustellen, die auf die Entnahmezeitpunkte abgestimmt ist.

Bis zum Abschluss der örtlichen Erhebungen lag kein Gesetzentwurf zur Mittelentnahme vor.

(562) Der Landesrechnungshof empfiehlt, zeitnah eine Entscheidung über das weitere Vorge-

hen in Bezug auf die Versorgungsrücklage zu treffen und einen entsprechenden Gesetzentwurf

in den Landtag einzubringen.

Als Orientierung könnte das Gesetz des Bundes zur Änderungen des Versorgungsrücklagenge-

setzes dienen.214 Dieses sieht vor, die Mittelentnahme auf das Jahr 2032 zu verschieben und

künftig bis zu 20 % des Vermögens der Versorgungsrücklage in Aktien investieren zu dürfen.

Dies eröffne die Chance, mittelfristig höhere Renditen als ein reines Anleiheportfolio zu er-

wirtschaften. Das mit einer solchen Anlagestrategie verbundene höhere Risiko sei über den

mittel- bis langfristigen Anlagehorizont begrenzt215.

(563) In seiner Stellungnahme teilte das Finanzministerium mit, dass die Landesregierung

derzeit einen Gesetzentwurf vorbereite und diesen noch 2017 in den Landtag einbringen wer-

de.

214 Vgl. Gesetz zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17).

215 Vgl. Gesetzentwurf der Bundesregierung zur Änderung des Versorgungsrücklagengesetzes und weitererdienstrechtlicher Vorschriften vom 5. September 2016 (BT-Drs. 18/9532), S. 2.

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2 Wechsel der Anlagestrategie ab Januar 2016

(564) Die Anlagestrategie für die beiden Sondervermögen Versorgungsfonds und Versor-

gungsrücklage wurde 2016 grundlegend geändert.

Ausgangspunkt dieses Strategiewechsels ist die Entwicklung des Zinsniveaus am Kapital-

markt. In der Gesetzesbegründung zum Haushaltsgesetz 2016/2017 wird dazu festgehalten:

„Angesichts der derzeitigen niedrigen Kapitalmarktzinsen kann der Versorgungsfonds Meck-

lenburg-Vorpommern die nötigen Renditen nicht erwirtschaften, um die künftigen Versor-

gungsansprüche decken zu können.“216

(565) In seiner Stellungnahme trägt das Finanzministerium nunmehr vor:

„Ausgangspunkt für den Strategiewechsel war nicht nur die Entwicklung des Zinsniveaus am

Kapitalmarkt. Bei lang anhaltender Niedrigzinsphase würde der Versorgungsfonds mangels

geringer Zinserträge unzureichend wachsen. Der Versorgungsfonds würde auf Dauer kolla-

bieren. Infolge der Aufkaufprogramme der EZB sind ferner die Pfandbriefe auf ein Renditeni-

veau gesunken, so dass die gesamte Anlageklasse ‚Pfandbriefe‛ für den Versorgungsfonds

weggebrochen ist. Zugleich war es äußerst schwierig geworden, überhaupt noch Wertpapiere

zu marktgerechten Preisen zu kaufen, weil an der Börse wegen Endplatzierung der Wertpapie-

re fast kein Handel mehr stattfand. Darüber hinaus hatte infolge der Niedrigzinspolitik der

EZB die Unsicherheit an den Märkten über die möglichen künftigen Entwicklungen zugenom-

men. Damit verbunden war ein extrem hohes Kursverlustrisiko. Dieses Risiko war aus Sicht

des Finanzministeriums und des Anlageausschusses nicht länger tragbar.“

(566) Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass beide Sondervermögen gemäß der je-

weiligen Anlagerichtlinien eine passive Anlagestrategie verfolgen. D. h., dass festverzinsliche

Wertpapiere i. d. R. vom Zeitpunkt des Kaufs bis zur Endfälligkeit und damit der Rück-

zahlung zum Nennwert gehalten werden. Bei gesetzeskonformer Mittelanlage der Versor-

gungsrücklage und einer Mittelanlage des Versorgungsfonds, die dem Grundsatz der angemes-

senen Mischung und Streuung folgt, haben zwischenzeitliche Kursveränderungen der festver-

zinslichen Papiere und damit das Kurverlustrisiko dieser Anlageklasse nur eine untergeordnete

Bedeutung für die Sondervermögen.

216 Vgl. Gesetzentwurf der Landesregierung – Entwurf eines Haushaltsgesetzes 2016/2017 und eines Verbund-quotenfestlegungsgesetzes 2016/2017 vom 17.08.2015 (LT-Drs. 6/4200), S. 45.

205

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2.1 Kreditaufnahme des Landes bei seinen Sondervermögen

(567) Dem Finanzministerium wurde mit dem Haushaltsgesetz 2016/2017 die Ermächtigung

erteilt, unabhängig vom Kapitalmarktzinsniveau Kredite beim Versorgungsfonds und bei der

Versorgungsrücklage des Landes Mecklenburg-Vorpommern mit einer festen Nominalverzin-

sung von 4 % aufzunehmen. Auf Basis dieser Ermächtigung erfolgt die Kreditaufnahme bei

den Sondervermögen in Form von „Schuldscheindarlehen“.

(568) Sowohl der Versorgungsfonds als auch die Versorgungsrücklage wurden als nicht

rechtsfähige Sondervermögen des Landes errichtet. Damit sollte der Vollzugs- und Kostenauf-

wand begrenzt werden.

Nur wer rechtsfähig ist, kann jedoch Inhaber von Rechten (z. B. Forderungen) und Pflichten

sein. Bei nicht rechtsfähigen Sondervermögen, wie dem Versorgungsfonds und der Versor-

gungsrücklage des Landes, ist lediglich der Träger des Sondervermögens – das Land – Inhaber

der Rechte und Pflichten. Daher ist es rechtlich nicht möglich, dass der Versorgungsfonds und

die Versorgungsrücklage (Kredit-)Verträge mit dem Land Mecklenburg-Vorpommern abschlie-

ßen.

Mit den Kreditverträgen versucht das Land also – rechtlich gesehen vergeblich –, sich bei sich

selbst zu verschulden. Damit sind diese „Schuldscheine“ nicht werthaltig.

(569) Das Finanzministerium räumt ein, dass mit den Schuldscheinen kein Abschluss eines

Darlehensvertrages zwischen zwei voneinander getrennten Rechtssubjekten dokumentiert

werde. Das Finanzministerium hält diese von ihm so bezeichnete interne Verschuldung jedoch

für zulässig und beruft sich dafür auf den zwischen Bund und Ländern festgelegten Gruppie-

rungsplan sowie auf Vorschriften zur Statistik.

(570) Die Regelungen, auf die sich das Finanzministerium beruft, sind Ordnungsvorschriften

zur Abbildung von haushaltsrechtlichen Vorgängen bzw. von Geldflüssen. Diese können die

mangelnde Rechtsqualität der Darlehensverträge nicht heilen und den Schuldscheinen nach-

träglich keinen Wert geben. Schuldscheingeschäfte, die rechtlich nicht existieren, können

haushaltsrechtlich auch nicht abgebildet werden.

(571) Nach den Regelungen im Versorgungsfondsgesetz und im Versorgungsrücklagengesetz

ist das jeweilige Sondervermögen vom übrigen Vermögen des Landes, seinen Rechten und

Verbindlichkeiten getrennt zu halten.

206

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Dadurch, dass das Land seine „Schuldscheine“ an die Sondervermögen verkauft, wird das

Vermögen der Sondervermögen mit den Verbindlichkeiten des Landes vermischt. Dies ist ein

Verstoß gegen das vorgenannte Trennungsgebot.

(572) Das Finanzministerium ist der Auffassung, dass das Trennungsgebot dadurch eingehal-

ten werde, dass die Vermögen der Sondervermögen und die Verbindlichkeiten des Landes ge-

mäß den haushaltsrechtlichen Vorschriften in Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht ge-

trennt ausgewiesen würden.

(573) Auch hier versucht das Finanzministerium, Vorschriften zur Abbildung von haushalts-

rechtlichen Vorgängen heranzuziehen, um damit einen Verstoß gegen materielles Recht zu

rechtfertigen. Die getrennte Ausweisung in Haushaltsrechnung und Vermögensübersicht kann

nichts daran ändern, dass Verbindlichkeiten des Landes zu Bestandteilen des Sondervermö-

gens werden und damit die Vermögensmassen nicht mehr voneinander getrennt sind.

2.2 Wirtschaftlichkeit der Kreditaufnahme bei den Sondervermögen

(574) Die haushaltsrechtliche Ermächtigung eröffnet dem Finanzministerium die Möglich-

keit, Kredite losgelöst vom Kapitalmarktzinsniveau bei den Sondervermögen aufzunehmen.

Wie alle anderen haushaltsrechtlichen Ermächtigungen stellt sie keine Verpflichtung dar. Viel-

mehr hat das Finanzministerium bei jedem Verwaltungshandeln und damit auch bei jeder Kre-

ditaufnahme entsprechend § 7 LHO abzuwägen, ob es wirtschaftlichere Alternativen gibt. In

der derzeitigen Marktsituation – seit Gültigkeit der Ermächtigung – kann sich das Land güns-

tiger am Kapitalmarkt verschulden.

(575) Für 2016 hat das Land mit dem Versorgungsfonds „Schuldscheindarlehen“ in Höhe

von rd. 226,4 Mio. Euro, mit der Versorgungsrücklage in Höhe von rd. 105,5 Mio. Euro abge-

schlossen. Bei einer angenommenen Differenz von 3 %-Punkten zwischen dem Kapitalmarkt-

zins und dem Zins der Kreditermächtigung hat das Land in 2016 somit um rd. 5,5 Mio. Euro

höhere Zinsausgaben geleistet als bei einer Kreditaufnahme zu marktgerechten Konditionen

notwendig gewesen wären.217 Für die Versorgungsrücklage ergeben sich um rd. 2,3 Mio. Euro

höhere Zinsausgaben. Eine Ausübung dieser Ermächtigung verstößt somit im momentanen

Marktumfeld gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit (§ 7 LHO).

Das Finanzministerium sieht die Wirtschaftlichkeit in der Gesamtbetrachtung dennoch als ge-

geben an, da die Zinsmehrausgaben ansonsten in Form von Sonderzuführungen hätten geleis-

tet werden müssen, um den gewünschten Kapitalstock zu erreichen.

217 Für die Berechnungen wurden die genauen Zinstage der „Schuldscheindarlehen“ für 2016 ermittelt.

207

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Die vom Finanzministerium angeführte „Gesamtbetrachtung“ stellt letztlich nur eine Vermi-

schung der Interessen der Sondervermögen einerseits und der Schuldenverwaltung des Landes

andererseits dar. Verfolgte man die Argumentation des Finanzministeriums weiter, der Versor-

gungsfonds solle ohnehin künftige Versorgungsausgaben nur weitgehend, aber nicht vollstän-

dig abdecken, wären gar keine Sonderzuführungen notwendig, da eine weitgehende Deckung

derzeit noch gewährleistet ist.

(576) Das Finanzministerium trägt vor, dass in Würdigung der Argumentation der Landesre-

gierung im Zusammenhang mit der Beratung des Haushaltsgesetzentwurfs 2016/2017 zu § 2

Abs. 9 der Landtag zur Herstellung der Generationengerechtigkeit bewusst eine Ausnahme

von § 7 LHO erteilt habe. Insofern sei bei der Geldanlage des Versorgungsfonds und der Ver-

sorgungsrücklage bzw. bei der korrespondierenden Kreditaufnahme des Landes eine Abwä-

gung nach § 7 LHO nicht mehr erforderlich gewesen.

Die Zinsmehrausgaben an den Versorgungsfonds und an die Versorgungsrücklage würden

nicht gegen den Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit verstoßen, da sie durch § 2

Abs. 9 Haushaltsgesetz 2016/2017 legitimiert seien. Bereits in der Beratung des Haushaltsge-

setzentwurfs 2016/2017 sei vom Finanzministerium ausgeführt worden, dass durch das gesun-

kene Kapitalmarktzinsniveau der heutige Steuerzahler extrem entlastet würde. Das Land ver-

zeichne extreme Zinsminderausgaben und könne damit diverse andere Ausgaben im Landes-

haushalt decken. Durch die Kapitalmarktsituation komme aber auch der Versorgungsfonds in

Notlage und könne nicht genügend Erträge erwirtschaften. Wenn nur ein geringer Teil der

Zinsminderausgaben eingesetzt würde, um die Anlagen des Versorgungsfonds mit 4 % zu ver-

zinsen, wäre der Versorgungsfonds in der Lage, das benötigte Vermögen aufzubauen, um sich

auf lange Sicht selbst zu tragen. Durch den Nominalzins von 4 % würde somit das eigentliche

Ziel erreicht, dass die heutige Generation wieder belastet und die künftige Generation entlastet

werde.

(577) Das Finanzministerium verkennt, dass es sich bei der Regelung in § 2 Abs. 9 Haus-

haltsgesetz 2016/2017 nur um eine Ermächtigung handelt und diese keine Verpflichtung dar-

stellt. Der Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit ist ein Verfassungsgrundsatz, der

auch mit dem Haushaltsgesetz nicht ausgehebelt werden kann. Im konkreten Fall bedeutet das,

dass bei jeder Kreditaufnahme abzuwägen bleibt, ob es wirtschaftlichere Alternativen gibt.

Darüber hinaus gibt der Landesrechnungshof zu bedenken, dass die eigenen Berechnungen

des Finanzministeriums in 2008 ergeben haben, dass bei dem bestehenden Zuführungssatz

eine Nominalverzinsung in Höhe von 4,5 % benötigt wird, um einen ausreichend hohen Kapi-

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talstock aufzubauen. Das Finanzministerium erwartet im Zusammenhang mit dem nunmehr

festgelegten geringeren Zinssatz von 4 % für das gesamte Anlageportfolio immer noch einen

ausreichenden Vermögensaufbau des Versorgungsfonds, „um sich auf lange Sicht selbst zu

tragen“. Aus Sicht des Landesrechnungshofes ist diese Argumentation schwer nachvollzieh-

bar, da sowohl eine Begründung für die Differenz der Zinssätze, als auch ein Abgleich mit der

tatsächlich realisierten Verzinsung fehlt.

Soweit der Gesetzgeber es für notwendig erachtet, den Versorgungsfonds mit weiteren Mitteln

auszustatten, sind Sonderzuführungen oder erhöhte Regelzuführungen möglich. Dieser Weg

entspricht den haushaltsrechtlichen Vorschriften, ist transparent und nachvollziehbar.

(578) Durch die Zahlung von nicht marktgerechten Zinsen für die „Schuldscheindarlehen“

wird die Darstellung der Zinsausgaben des Landes (zu hoch) und der Zuführungen an den Ver-

sorgungsfonds (zu gering) im Haushalt verfälscht. Diese Vorgehensweise ist intransparent und

verstößt gegen den Grundsatz der Haushaltswahrheit und -klarheit. Infolgedessen wird die Fi-

nanzstatistik verzerrt.

(579) Das Finanzministerium weist darauf hin, dass die Zinsausgaben an die beiden Sonder-

vermögen im Haushalt getrennt von den Zinsausgaben an den Kapitalmarkt verbucht würden.

Die regelmäßigen Zuführungen an den Versorgungsfonds entsprächen exakt 20 % der maß-

geblichen Bezüge. Das Finanzministerium erkenne keinen Verstoß gegen den Grundsatz der

Haushaltswahrheit und -klarheit sowie gegen die Finanzstatistik.

(580) Die Feststellungen des Landesrechnungshofes beziehen sich auf die in der Haushalts-

rechnung ausgewiesenen Beträge bei den entsprechenden Titeln. Durch das Konstrukt der

„Schuldscheindarlehen“ erhält der Versorgungsfonds jährliche „Zinszahlungen“ in Höhe von

4 % aus dem Landeshaushalt. Abgesehen davon, dass die „Schuldscheindarlehen“ rechtlich

unmöglich sind, weist der Titel „Zinsausgaben an Sondervermögen“ einen höheren Betrag

aus, als im Fall einer marktgerechten Verzinsung der „Schuldscheindarlehen“.

Bei den über dem Marktzins liegenden Zinszahlungen aus den „Schuldscheingeschäften“

handelt es sich um Zuführungen, die auch als solche im Haushalt zu verbuchen wären. Daher

weist bei der momentanen Verfahrensweise der Titel (Sonder-) Zuführungen an den Versor-

gungsfonds einen zu geringen Betrag auf. Aufgrund der falschen Zuordnungen werden die An-

gaben im Haushalt und in der Finanzstatistik nicht korrekt ausgewiesen.

(581) Die haushaltsrechtliche Ermächtigung im Haushaltsgesetz 2016/2017 sollte ab sofort

für beide Sondervermögen nicht mehr zur Anwendung kommen und mit dem nächsten Haus-

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haltsgesetz nicht verlängert werden. Soweit Sonderzuführungen notwendig werden, sollten

diese transparent geleistet werden.

(582) Das Finanzministerium legt in seiner Stellungnahme dar, dass sich die haushaltsrecht-

liche Ermächtigung im Haushaltsgesetz 2016/2017 aus seiner Sicht bewährt habe und daher

beibehalten werden sollte. Unbeschadet dessen würde eine Umwandlung der vierprozentigen

Rendite in analoge Sonderzuführungen zu identischen fiskalischen Effekten führen.

(583) Der Landesrechnungshof stellt klar, dass es sich bei den vierprozentigen Zinszahlun-

gen nicht um eine Rendite handelt. Die Differenz zwischen dem Marktzins und dem verein-

barten Zinssatz von 4 % stellt eine (Sonder-) Zuführung dar. Wenn die fiskalischen Effekte die

gleichen sind, erschließt sich dem Landesrechnungshof nicht, warum das Finanzministerium

sich für das Konstrukt der „Schuldscheindarlehen“ entschieden hat, obwohl dieses rechtlich

und haushaltssystematisch falsch ist. Würden stattdessen transparente (Sonder-) Zuführungen

an den Versorgungsfonds geleistet, würde dieser Fehler vermieden, die damit verbundene

Rechtsunsicherheit beseitigt und der Verwaltungsaufwand reduziert werden.

2.3 Exitstrategie

(584) Ende 2015 entschied der Anlageausschuss des Versorgungsfonds auf der Grundlage der

Ermächtigung im Haushaltsgesetz, ab 2016 ausschließlich in „Schuldscheine“ des Landes mit

einer Verzinsung von 4 % zu investieren. Darüber hinaus beschloss er, die Renten- und Akti-

enbestände des Versorgungsfonds innerhalb des ersten Quartals 2016 vollständig zu verkaufen

und ebenfalls in vierprozentige „Schuldscheine“ des Landes anzulegen (Exitstrategie). Der

konkrete Zeitpunkt des Verkaufs der Rentenpapiere bestimmte sich u. a. nach den Liquiditäts-

und Anschlussfinanzierungsbedarfen des Landes.

Nach Aussage des Finanzministeriums lag der Entscheidung zum vollständigen Verkauf der

Bestände eine grundlegend neue Risikoeinschätzung der Hausleitung zur Entwicklung des

Wertpapiermarktes zugrunde (vgl. Tzn. 564 u. 565).

(585) Für die Versorgungsrücklage basierte das Vorgehen des zuständigen Referates auf einer

Abstimmung mit der für den Versorgungsfonds zuständigen Abteilung und dem Anlageaus-

schuss des Versorgungsfonds.

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(586) In der ersten Jahreshälfte 2016 wurden die Bestände des Versorgungsfonds von

rd. 171,0 Mio. Euro218 sowie der Versorgungsrücklage von rd. 92,4 Mio. Euro vollständig ver-

kauft und in vierprozentige „Schuldscheine“ des Landes investiert.

(587) Im Vorfeld dieses Strategiewechsels wurden keine Auswirkungsanalysen nach

§ 7 Abs. 2 LHO erstellt. Für die Sondervermögen wurde keine fundierte Analyse des Wertpa-

piermarktes, ggf. auch unter Einbindung der Deutschen Bundesbank, erarbeitet. Eine Doku-

mentation der maßgeblichen Daten und Informationen, die zu der geänderten Risikoeinschät-

zung geführt haben, erfolgte nicht.

Alternativen zum Strategiewechsel wurden nicht betrachtet. In den Unterlagen des Finanzmi-

nisteriums finden sich keine Nachweise dazu, wie hoch die aktuelle Durchschnittsverzinsung

der Anleiheportfolios zum Zeitpunkt der Entscheidung des Strategiewechsels war, wie sich die

aktuell niedrige Verzinsung bei den neu zu erwerbenden Schuldverschreibungen auswirken

würden und ab wann ein Handlungsbedarf in welcher Größenordnung entstehen würde. Bei

der Argumentation des Finanzministeriums wurde zudem die Renditeentwicklung am Aktien-

markt ausgeklammert.

(588) Das Finanzministerium trägt vor, dass es im Vorfeld des Strategiewechsels im Zuge

der Beratung des Haushaltsgesetzentwurfs 2016/2017 Auswirkungsanalysen gegenüber dem

Finanzausschuss dargestellt habe.

Die Argumentation des Landesrechnungshofes zu einer fehlenden Renditebetrachtung sei un-

zutreffend. Die Deutsche Bundesbank hätte in der Anlageausschusssitzung des Versorgungs-

fonds am 19. November 2015 über den aktuellen Stand des gesamten Sondervermögens infor-

miert. Danach habe die annualisierte Rendite seit Auflage des Versorgungsfonds 5,76 % betra-

gen.

Zum Zeitpunkt des Beschlusses des Anlageausschusses zum Strategiewechsel habe sich der

Euro-Bund-Future219 auf dem Allzeithoch befunden. Der DAX und der EURO STOXX 50 hät-

ten die Allzeithochwerte aus dem 3. und 4. Quartal 2015 mit einer relativ großen Dynamik be-

reits unterschritten.

Am 20. Juni 2016 habe das Finanzministerium den Finanzausschuss über den erfolgten Ver-

kauf und die erzielte Rendite informiert. Die annualisierte und über den Verkauf realisierte

218 Der Erlös aus dem Verkauf der Rentenpapiere betrug insgesamt rd. 140,0 Mio. Euro und aus dem Verkauf derAktienportfolien rd. 31,0 Mio. Euro.

219 Der Euro-Bund-Future ist ein Terminkontrakt, der sich auf eine fiktive, zehnjährige Bundesanleihe mit einerNominalverzinsung von 6 % bezieht.

211

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Rendite des Rentenportfolios seit Auflage des Versorgungsfonds habe rund 5,94 % und die

entsprechende Rendite des Aktienportfolios 8,25 % betragen.

(589) Das Finanzministerium legte dem Finanzausschuss im Rahmen der Beratungen des

Haushaltsgesetzes 2016/2017 lediglich drei Diagramme vor. Diese zeigten die Entwicklung

der Teilportfolien des Sondervermögens Versorgungsfonds bei unterschiedlichen Annahmen

zur Nominalverzinsung des Kapitals.220 Dabei ging das Finanzministerium nicht darauf ein,

wie hoch die annualisierte Rendite bzw. Nominalverzinsung zum damaligen Zeitpunkt war.

Außer Acht blieb auch, was diese bisherige Entwicklung für die zukünftige Gestaltung bedeu-

ten kann. Überhaupt nicht erwähnt wurde, dass der Strategiewechsel nicht nur künftige Ent-

scheidungen, sondern auch alle bereits angelegten Vermögenswerte betreffen soll. Stattdessen

wurden mündlich Zinssätze für aktuell am Wertpapiermarkt zu erwerbende Schuldverschrei-

bungen genannt, die eine deutlich niedrigere Rendite aufwiesen („unter 0,4 % gefallen“, „ein

wenig auf 0,95 % gestiegen“)221. Auf die Versorgungsrücklage wurde nicht eingegangen.

Diese im Finanzausschuss gegebenen Informationen genügen nicht den Anforderungen an

eine Wirtschaftlichkeitsuntersuchung. Die vom Finanzministerium in der Stellungnahme ge-

nannten Renditen machen den behaupteten dringenden Handlungsbedarf für die Exitstrategie

nicht nachvollziehbar. Solange die Rendite oberhalb der in den eigenen Berechnungen des Fi-

nanzministeriums unterstellten Zielrendite von 4,5 % liegt, entwickelt sich der Versorgungs-

fonds besser als vom Finanzministerium angenommen. Das Finanzministerium hätte die Ent-

wicklung der Verzinsung der Sondervermögen in dieser Situation in kurzen Abständen (z. B.

quartalsweise) kontrollieren sollen. Ein Anfang 2016 vorliegender akuter Handlungsbedarf

lässt sich daraus aber nicht ablesen.

2.4 Rendite am Wertpapiermarkt

(590) Mit der ausschließlichen Anlage der Sondervermögen in „Schuldscheinen“ des Landes

wurden die Sondervermögen vom Wertpapiermarkt abgekoppelt. Die Sondervermögen erzie-

len keine Rendite am Wertpapiermarkt mehr; dies wird nicht einmal mehr in Erwägung gezo-

gen. Indem die Chancen am Wertpapiermarkt – bei überschaubarem Risiko – ungenutzt blei-

ben, muss nun der Steuerzahler die ausfallende Rendite kompensieren. Die hieraus resultie-

renden Mehrausgaben des Landes stehen nicht zur Finanzierung anderer Landesaufgaben zur

Verfügung.

220 ADrs. 6/779: Unterschieden wurde nach Vollzugsbeamten, die 2/3 ausmachten sollten, und übrigenBeamten/Richtern. Bei sonst gleichen Parametern wurden 4,5 %, 4 % und 1 % Nominalverzinsung betrachtet.

221 Kurzprotokoll der 103. Sitzung des Finanzausschusses am 17. September 2015 (Protokoll Nr. 103).

212

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(591) Das Finanzministerium widersprach der Darstellung einer ausbleibenden Rendite.

Nach Ansicht des Finanzministeriums ist den Sondervermögen als Rendite zumindest die Ver-

zinsung zu marktgerechten Konditionen zuzurechnen, da das Land ohnehin Kredite anschluss-

finanzieren müsse.

Mit dieser Argumentation vermischt das Finanzministerium auch an dieser Stelle die Kredit-

und Anlageseite in unzulässiger Form. Das Land nimmt seit 2006 netto keine neuen Kredite

mehr auf. Daher sind die Ausgaben des Landes und damit auch die Zahlungen an die Sonder-

vermögen nicht kreditfinanziert, sondern werden aus Steuern und sonstigen Einnahmen ge-

leistet. Die obige Argumentation des Finanzministeriums wäre nur für den Fall kredit-

finanzierter Zuführungen an die Sondervermögen richtig. Das Land kann sich nicht selbst eine

Rendite zahlen. Die vom Land an die Sondervermögen fließenden Zinszahlungen sind Zufüh-

rungen und müssen vom Steuerzahler (oder aus den sonstigen Einnahmen) aufgebracht wer-

den.

(592) Die Sondervermögen Versorgungsfonds und Versorgungsrücklage tragen grundsätzlich

dazu bei, die zukünftigen Pensionslasten generationengerecht zu verteilen. Indem der Steuer-

zahler die ausbleibende Rendite in Form von höheren Zinszahlungen ausgleichen muss, wird

die aktuelle Generation jedoch stärker belastet als notwendig. Das angestrebte Ziel der Gene-

rationengerechtigkeit wird damit nicht erreicht.

(593) Das Finanzministerium sieht die geänderte Anlagestrategie als notwendiges Instru-

ment, um die Generationengerechtigkeit im Hinblick auf die Lastenverteilung herzustellen

und die Sondervermögen keinem unkalkulierbaren Risiko auszusetzen.

(594) Aus Sicht des Landesrechnungshofes existieren Alternativen zu der vom Finanzminis-

terium verfolgten Exitstrategie, die keine „unkalkulierbaren Risiken“ beinhalten. Dazu hat er

Empfehlungen am Ende dieses Beitrages zusammengetragen.

2.5 Diversifikation

(595) Mit dem ausschließlichen Kauf von „Schuldscheinen“ verzichtet der Versorgungs-

fonds auf die Möglichkeit, die mit dem langfristigen Anlagehorizont des Versorgungsfonds be-

stehenden Ertragschancen von Aktien in das Portfolio aufzunehmen und damit Risikoaus-

gleichseffekte zwischen verschiedenen Anlageinstrumenten und über den Anlagezeitraum op-

timal auszunutzen.

Sicherheit im Zusammenhang mit einer langfristigen Vermögensanlagestrategie zur kapitalge-

deckten Finanzierung von Versorgungsverpflichtungen meint nicht, dass das Verlustrisiko für

213

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jedes einzelne Wertpapier vollständig zu vermeiden ist. Vielmehr sollen durch angemessene

Streuung und Mischung des Portfolios Synergieeffekte innerhalb einer Anlageklasse und zwi-

schen den Anlageklassen und damit Renditechancen genutzt werden, die langfristig über den

Schuldzinsen des Landes liegen.

(596) Diese Überlegungen gelten ebenso für die Versorgungsrücklage. Anstatt auf Zinsein-

nahmen vom Kapitalmarkt gänzlich zu verzichten, könnte eine verbesserte Rendite ggf. über

eine erweiterte Anlagediversifikation erzielt werden. Diesen Weg ist z. B. der Bund in seinem

Gesetz zur Änderung des Versorgungsrücklagengesetzes222 gegangen. Demnach ist es nunmehr

erlaubt, dem Anleiheportfolio der Versorgungsrücklage des Bundes einen Aktienanteil von bis

zu 20 % beizumischen. Eine angemessene Berücksichtigung von Aktien in der Anlagestrategie

kann zu höheren Renditen führen, ohne dass der Aspekt der Sicherheit aufgrund der bestehen-

den Risikoausgleichseffekte zwischen Anlageklassen und über den Anlagehorizont vernach-

lässigt wird.

(597) Das Finanzministerium führt aus, der Landesrechnungshof schreibe die Entwicklung

der Kapitalmärkte der letzten 40 Jahre in seinen Ausführungen fort. Gerade dies sei aber nach

Auffassung des Finanzministeriums vor dem Hintergrund der noch nicht vollständig überwun-

denen Banken- und Staatenfinanzierungskrise und der daraus resultierenden Niedrigzins-

politik der EZB und der dadurch wiederum hervorgerufenen Blasenbildung an den Märkten

nicht mehr gegeben. Im Ergebnis überwiege derzeit das Risiko deutlich. Das Finanzministeri-

um schließe – nunmehr – nicht aus, mit den Sondervermögen künftig wieder auf den Finanz-

märkten zu agieren. Dies setze jedoch namhafte Renditen zu vertretbaren Risiken voraus, die

derzeit nicht gegeben seien. Spätestens dann, wenn alle Kreditmarktschulden abgelöst seien,

werde das Land auf dem Kapitalmarkt agieren müssen. Allerdings könne dies „selbst bei ex-

orbitant guter Entwicklung des Landeshaushaltes frühestens nach 2035 in den Bereich des

Möglichen rücken“.

(598) Der Landesrechnungshof verweist auf seine bisherigen Ausführungen. Jegliches Risiko

zu meiden, kann nur gelingen, wenn verfügbare Mittel vollständig zur Tilgung von Schulden

eingesetzt werden statt sie in Sondervermögen zu verschieben. Das wäre auch die generatio-

nengerechteste Lösung.

222 Vgl. Gesetz zur Änderung des Versorgungsrücklagegesetzes und weiterer dienstrechtlicher Vorschriften vom5. Januar 2017 (BGBl. I S. 17).

214

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2.6 Ausgestaltung der „Schuldscheine“ beim Versorgungsfonds

(599) Nach Beschluss des Anlageausschusses am 12. Januar 2016 sollten im laufenden

Haushaltsjahr sämtliche Erträge aus dem Verkauf der Renten- und Aktienportfolien sowie die

laufenden Zuführungen in 2016 in „Schuldscheine“ des Landes mit der Fälligkeit 10. Febru-

ar 2017 angelegt werden. Durch die Bündelung der Fälligkeiten sollte ab 2017 eine „vernünf-

tige“ Fälligkeitenstruktur aufgebaut werden, indem die Kapitalanlagen zu je 20 % des Fonds-

volumens auf die Jahre 2022 bis 2026 mit einer Fälligkeit jeweils zum 10. Februar verteilt

werden. Die laufenden Zuführungen 2017 sollten in 10-jährige „Schuldscheine“ investiert

werden

Vor dem Hintergrund der geringen Anzahl von Fälligkeiten des Schuldenportfolios des Landes

in 2018 behielt sich der Anlageausschuss vor, in Abstimmung mit dem Kreditreferat IV 250

den gesamten zum 10. Februar 2017 fällig werdenden Fondsbestand sowie die laufenden Zu-

führungen in 2017 bis zum 12. Februar 2018 anzulegen. In dem Fall würde der Aufbau einer

„vernünftigen“ Fälligkeitenstruktur um ein Jahr verschoben

Die Fälligkeiten werden benötigt, um im sogenannten 5. Quartal des abzuschließenden Haus-

haltsjahres durch Anschlussfinanzierungen von dann ausgelaufenen Kapitalmarktkrediten die

für den Haushaltsausgleich benötigten Umbuchungen von Kreditaufnahmen zugunsten des ab-

zuschließenden Haushaltsjahres vornehmen zu können.

Somit orientierte sich die Ausgestaltung der „Schuldscheingeschäfte“ nicht an der Verbind-

lichkeitenstruktur des Versorgungsfonds, sondern bestimmte sich nach den Fälligkeiten und

Anschlussfinanzierungsbedarfen des Landes. Hier wird die Vermischung bzw. der Konflikt der

Interessen zwischen Kreditaufnahme des Landes und Anlageseite des Versorgungsfonds be-

sonders deutlich (vgl. Tz. 541).

Abgesehen davon, dass die Schuldscheine ohnehin nicht werthaltig sind (vgl. Tz. 567), wider-

spricht die neue Anlagestrategie dem in den Anlagerichtlinien und dem Versorgungsfonds-

gesetz festgelegten Grundsatz der angemessenen Liquidität der Kapitalanlagen.

(600) Für die Verwaltung des Versorgungsfonds sollte eine Anlagestrategie losgelöst von den

Finanzierungsbedarfen des Landes und orientiert an den Fälligkeiten von zukünftigen Versor-

gungsleistungen entwickelt werden.

(601) Das Finanzministerium führt u. a. aus: „Würde man den Empfehlungen des Landes-

rechnungshofes folgen und die Schuldscheine zu Marktkonditionen begeben sowie die Fällig-

keitsstruktur an den Verbindlichkeiten des Versorgungsfonds ausrichten, müssten Anlagen mit

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einem Zeithorizont von 30-40 Jahren getätigt werden. Ein absehbarer Anstieg der Kapital-

marktzinsen wäre dann gegebenenfalls (bei Notwendigkeit eines vorzeitigen Verkaufs) mit ei-

nem erheblichen Kursverlust für den Versorgungsfonds verbunden.“

(602) Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass Anlagen in Schuldverschreibungen mit

einem langen Anlagehorizont durchaus in Betracht kommen, wenn die zum Zeitpunkt der An-

lageentscheidung vorliegende Rendite ausreichend ist.

2.7 Verstoß gegen das Versorgungsrücklagengesetz

(603) Die der Versorgungsrücklage zufließenden Mittel sind gemäß der gesetzlichen Rege-

lung223 in handelbare Schuldverschreibungen des Bundes und der Länder zu marktüblichen

Bedingungen anzulegen.

Da die „Schuldscheine“ weder handelbar noch marktgerecht verzinst sind, verstößt der Er-

werb der vierprozentigen „Schuldscheine“ durch die Versorgungsrücklage gegen das Versor-

gungsrücklagengesetz des Landes.

Der Landesrechnungshof geht davon aus, dass das Finanzministerium ab sofort wieder in han-

delbare Wertpapiere am Kapitalmarkt investiert. Die „Schuldscheinbestände“ sollten sukzes-

sive in handelbare Wertpapiere umgeschichtet werden.

(604) Für den Versorgungsfonds wird nach den Berechnungen des Finanzministeriums eine

Nominalverzinsung von 4,5 % zum Aufbau eines ausreichenden Kapitalstocks zur kapitalge-

deckten Finanzierung der Pensionsansprüche für Beamtenjahrgänge ab 2008 benötigt. Da die

aktuellen Kapitalmarktrenditen unter dieser Zielmarke lagen, bestand nach Aussage des Fi-

nanzministeriums für den Versorgungsfonds ein Handlungsbedarf für einen Strategiewechsel.

Im Gegensatz dazu existiert für die Versorgungsrücklage des Landes kein Renditeziel. Ziel der

Versorgungsrücklage ist es vielmehr, Vorsorge zur Reduzierung der Pensionslasten in künfti-

gen Haushaltsjahren zu treffen. Die behauptete Notwendigkeit, den Strategiewechsel beim

Versorgungsfonds auf die Versorgungsrücklage zu übertragen, ist daher in Frage zu stellen.

(605) Das Finanzministerium führte aus: „Zum Zeitpunkt der Verabschiedung des Versor-

gungsrücklagengesetzes im Jahr 1999 waren das derzeitige marktübliche Zinsniveau und die

derzeitige Situation auf dem Kapitalmarkt nicht absehbar. Nicht absehbar war auch, dass der

Gesetzgeber selbst dem Landeshaushalt die Möglichkeit einräumen würde, der Versorgungs-

223 Vgl. § 5 VersRücklG M-V.

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rücklage für gewährte Kredite eine weit über dem Marktniveau liegende Verzinsung anzubie-

ten.

Aus Sicht des Finanzministeriums besteht zwischen § 5 Abs. 2 Versorgungsrücklagengesetz,

der eine Anlage zu marktüblichen Konditionen und in handelbare Schuldverschreibungen vor-

sieht, und § 2 Abs. 8 Haushaltsgesetz 2016/2017, der eine Anlage in nicht handelbare, aber

über dem Marktniveau verzinste Schuldscheine des Landes nahelegt, ein Widerspruch zwi-

schen zwei gleichrangigen Gesetzen. Eine entsprechende Gesetzesänderung wird derzeit ge-

prüft. Nach seinem Wortlaut richtet sich § 2 Abs. 8 Haushaltsgesetz 2016/2017 zwar an den

Kernhaushalt als Kreditnehmer und nicht an das Sondervermögen. Die Intention des Gesetz-

gebers, der Versorgungsrücklage einen adäquaten Zinsertrag zu ermöglichen ohne dabei un-

angemessene Risiken auf dem Kapitalmarkt eingehen zu müssen, muss aber auch aus der Per-

spektive der Versorgungsrücklage ernst genommen werden.

Mit der Inanspruchnahme der Möglichkeit, dem Kernhaushalt Kredite mit einer festen Nomi-

nalverzinsung von 4 % zu gewähren, ist der Reglung der Vorzug gegeben worden, die zu dem

wirtschaftlicheren Ergebnissen für die Versorgungsrücklage führt. Eine solche Verzinsung ist

auf den Kapitalmärkten derzeit nicht zu erreichen, sollen die Mittel nicht in spekulative An-

lagen investiert werden. [...]

Gemäß § 2 Abs. 9 Haushaltsgesetz 2016/2017 bezieht sich die Ermächtigung des Finanzmi-

nisteriums, Schuldscheine mit einer Nominalverzinsung von 4 % zu verkaufen, sowohl auf den

Versorgungsfonds als auch auf die Versorgungsrücklage. Insofern hat der Landtag die Not-

wendigkeit gesehen, auch die Versorgungsrücklage mit einer 4 %igen Nominalverzinsung

auszustatten.“

(606) Der Landesrechnungshof weist darauf hin, dass die „Intention des Gesetzgebers, der

Versorgungsrücklage einen adäquaten Zinsertrag zu ermöglichen ohne dabei unangemessene

Risiken auf dem Kapitalmarkt eingehen zu müssen“ mit seiner Empfehlung (Tz. 603) erfüllt

würde. „Spekulative Anlagen“ hat der Landesrechnungshof nicht empfohlen.

Die „Schuldscheingeschäfte“ sollten schrittweise in handelbare und marktgerechte Wertpapie-

re umgeschichtet werden. Angemessene Regelungen zur Vermögensdiversifikation sollten in

die Anlagerichtlinien aufgenommen werden. Wenn der Versorgungsrücklage trotz nicht beste-

hender Renditeziele weitere Mittel zugeführt werden sollen, dann sollten (Sonder-)Zuführun-

gen geleistet werden.

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3 Weitergehende Empfehlungen

(607) Der Landesrechnungshof befürwortet die Fortführung beider Sondervermögen. Für den

Versorgungsfonds regt er an, weitere Beamtenjahrgänge, die bereits vor dem 1. Januar 2008 in

den Landesdienst eingetreten sind, aufzunehmen. Darüber hinaus wiederholt er seine Empfeh-

lung, den Versorgungsfonds verfassungsrechtlich zu verankern.

(608) Der Deckungsgrad des Versorgungsfonds sollte regelmäßig bestimmt werden. Darauf

basierend sollte über die notwendigen Handlungsbedarfe entschieden werden. Der Versor-

gungsfonds sollte in ein regelgebundenes System überführt werden, wonach im Vorfeld Fest-

legungen getroffen werden, wie im Falle einer Überdeckung bzw. Unterdeckung zu verfahren

ist und welche Abweichungen tolerabel sind. Diese Regelungen sollten möglichst im Versor-

gungsfondsgesetz verankert werden.

(609) In allen Prozessen im Zusammenhang mit der Verwaltung der Sondervermögen sollten

geeignete Kontrollmechanismen implementiert werden, die den Anforderungen an ein Internes

Kontrollsystem (IKS) genügen.

(610) Das Finanzministerium hat schon seit jeher nur risikoarme Anlagestrategien verfolgt.

Wenn es bei seiner Risikoeinschätzung bleibt und künftig gar keine Risiken mehr eingehen

will, empfiehlt der Landesrechnungshof die Sondervermögen durch eine „einfache Rücklage“

zu ersetzen. Diese könnte durch Zuführungen in der benötigten Höhe gespeist werden, ohne

Anlagen zu tätigen.

(611) Alternativ kommt in Betracht, die Sondervermögen Versorgungsfonds und Versor-

gungsrücklage aufzulösen und deren Mittel zur Schuldentilgung einzusetzen. Das ist die Stra-

tegie mit dem geringsten Risiko für Vermögensverluste und dem höchsten Maß an Generatio-

nengerechtigkeit. Wie das Finanzministerium betont, werden die Pensionszahlungen ohnehin

vom Land geschuldet und wären dann aus dem laufenden Haushalt zu leisten, der mit deutlich

weniger Zinsausgaben belastet wäre.

(612) Das Prüfungsverfahren ist noch nicht abgeschlossen.

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Einzelplan 12 – Hochbaumaßnahmen des Landes

16 Instandhaltung bei Hochbauten des Landes

Der BBL M-V hatte in den Jahren 2010/2011 für die Hochbauten des Sondervermögens

des BBL M-V einen jährlichen Instandhaltungsbedarf von 14,70 Mio. Euro ermittelt.

Gleichwohl wurden hierfür auch in den Folgejahren nur rd. 8,90 Mio. Euro jährlich ver-

anschlagt. In den Haushaltsjahren 2010 bis 2015 standen somit Haushaltsmittel für die

Instandhaltung in nicht ausreichendem Umfang bereit. Der dadurch wachsende In-

standhaltungsstau ermöglichte dem BBL M-V keine vorausschauende, wirtschaftliche

und zweckmäßige Instandhaltung.

Auch 14 Jahre nach Bildung des Sondervermögens verfügt der BBL M-V über keine va-

liden Bestandsdaten der Liegenschaften. Erst 2017 soll die Einführung eines geeigneten

Computersystems abgeschlossen werden. Bis dahin fehlen dem BBL M-V grundlegende

Voraussetzungen für eine effiziente Erfüllung seiner Aufgaben als Bau- und Liegen-

schaftsverwaltung.

Die Bewirtschaftung und Instandhaltung von Wohnliegenschaften ist nicht Kernge-

schäft des BBL M-V. Für die sich im Sondervermögen des Landes befindliche „Wohnlie-

genschaft“ Insel Riems hätte in Kenntnis des 2007 ermittelten enormen Instandsetzungs-

bedarfes zeitnah eine Verwertung angestrebt werden müssen.

(613) Das Liegenschaftsvermögen des Landes ist gemäß dem Gesetz zur Errichtung des Son-

dervermögens „Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-Vorpommern“ vom 17. De-

zember 2001224 zu einem Sondervermögen Betrieb für Bau und Liegenschaften Mecklenburg-

Vorpommern (BBL M-V) zusammengefasst. Der BBL M-V hat das übertragene Immobilien-

vermögen unter dem Grundsatz der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit sach- und zeitgerecht

Instand zu halten.

(614) Der Landesrechnungshof prüfte die Instandhaltung der Hochbauten des Sondervermö-

gens des BBL M-V im Zeitraum 2010 bis 2015. Mit der Prüfung wollte er feststellen, ob und

wie die Instandhaltung geplant und gesteuert wird, wie und aufgrund welcher Bemessungs-

grundlagen die Mittelveranschlagung erfolgt sowie, ob die Mittel bedarfsgerecht eingesetzt

werden und auskömmlich sind.

224 Artikel 1 des Gesetzes zur Modernisierung der Liegenschaftsverwaltung des Landes Mecklenburg-Vorpom-mern sowie des Staatlichen Hochbaus vom 17. Dezember 2001 (GVOBl. M-V S. 600), zuletzt geändert durchArt. 4 des Gesetzes vom 17. Dezember 2015 (GVOBl. M-V S. 583, 584).

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1 Regelwerk

1.1 Grundsätzliches

(615) Nach Angaben des BBL M-V erfolgt die Feststellung des Instandhaltungsbedarfes

nach den Regelungen der Richtlinien für den Landesbau Mecklenburg-Vorpommern (RL-

Bau M-V)225. Darüber hinaus würden im BBL M-V „Fachliche Weisungen, Arbeitsmittel,

Muster, Fachinformationen und Berichtsformate“ existieren, die für den Liegenschaftsbereich

eingeführt worden sind und später zu einer sog. „RLLieg“ zusammengeführt werden sollen.

(616) Die gegenwärtig geltenden RLBau M-V enthalten weder Bemessungsgrundlagen oder

Berechnungsmethoden zur Ermittlung der im Haushalt zu veranschlagenden Instandhaltungs-

mittel noch eindeutige Verfahrensabläufe zur Erfassung des Instandhaltungsbedarfes. Die RL-

Bau M-V sind zudem auf die Aufgaben einer Bauverwaltung zugeschnitten und berücksichti-

gen nicht die Aufgaben des BBL M-V als Liegenschaftsverwaltung. Sie wurden mehrfach

überarbeitet und werden durch unterschiedliche „Fachanweisungen“ des BBL M-V ergänzt.

Die RLBau M-V sind in der vorliegenden Form kein praktikables Regelwerk für eine Bau-

und Liegenschaftsverwaltung.

Neben der RLBau M-V hat der BBL M-V dem Landesrechnungshof keine konkreten Regelun-

gen, Weisungen o. ä. zur Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes vorgelegt.

(617) Der Landesrechnungshof hält es im Interesse einer sachgerechten und einheitlichen

Vorgehensweise für dringend erforderlich, das bestehende Regelwerk den aktuellen Gegeben-

heiten anzupassen. Es ist in eine praktikable, übersichtliche und anwenderfreundliche Form zu

bringen.

Hierzu sollte die Instandhaltung als wesentlicher Teil der Liegenschaftsbewirtschaftung in das

Regelwerk der Bau- und Liegenschaftsverwaltung einfließen. Der BBL M-V sollte in Auswer-

tung der Pilotierungsphase des Prozesses der „Durchführung, Überwachung und Steuerung“

des „Bauunterhalts für BBL M-V bewirtschaftete Liegenschaften“ Regelungen entwickeln,

die auf die Erarbeitung und kontinuierliche Fortschreibung von Instandhaltungskonzepten

ausgerichtet sind. Die Ermittlung des Instandhaltungsbedarfes sollte dabei ein wesentlicher

Teil sein.

225 Vom 08.12.2005, AmtsBl. M-V 2006, S. 57, geändert durch Verwaltungsvorschrift vom 21.09.2012 (AmtsBl.M-V S. 730 und S. 788).

220

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(618) Im Rahmen seiner Fachaufsicht über den BBL M-V sollte das Finanzministerium dar-

auf achten, dass die Verfahrensabläufe vollständig und unter Verwendung einheitlicher, klar

definierter Begriffe geregelt werden sowie den aktuellen Erfordernissen entsprechen.

(619) Das Finanzministerium nimmt die Ausführungen des Landesrechnungshofes zur

Kenntnis und teilt mit, dass im Zusammenhang mit den Arbeiten zum Gesamtregelwerk ggf.

erforderliche Anpassungen geprüft würden.

1.2 Wertgrenzen für Kleine Baumaßnahmen im Rahmen der Instandhaltung

(620) Zur Instandhaltung gehören – als nichtinvestiver Teil der Bewirtschaftung – die laufen-

de bauliche Unterhaltung unabhängig von der Kostenhöhe sowie Kleine Baumaßnahmen mit

Kosten bis zu 5.000 Euro im Einzelfall.226 Im Gegensatz dazu wird bei der Instandsetzung

zwischen Großen Baumaßnahmen (Gesamtkosten ab 1 Mio. Euro) und Kleinen Baumaßnah-

men (Gesamtkosten zwischen 5.000 Euro und 1 Mio. Euro) unterschieden.227

(621) Häufig werden Kleine Baumaßnahmen erforderlich, deren Kosten 5.000 Euro vielfach

nur unwesentlich übersteigen, aber keine Maßnahmen im Sinne der Instandhaltung sind. Der-

artige Maßnahmen werden oft im direkten Zusammenhang mit den regulären Instandhaltungs-

maßnahmen der Liegenschaft ausgeführt.

(622) Der Landesrechnungshof hat festgestellt, dass die Vorgaben der RLBau M-V nicht ge-

eignet sind, um die Maßnahmen der Instandhaltung eindeutig von den Maßnahmen der In-

standsetzung zu trennen und vermisst eindeutige Abgrenzungsvorschriften zwischen investi-

ven und nichtinvestiven Maßnahmen der Bewirtschaftung.

(623) Der Landesrechnungshof regt an, die in der RLBau M-V festgelegte Wertgrenze für

Kleine Baumaßnahmen im Rahmen der Instandhaltungsmaßnahmen in Anlehnung an die Re-

gelungen der RBBau228, anzuheben. Hierdurch könnten im Zuge der Instandhaltungsmaßnah-

men kleine bauliche Änderungen oder Ergänzungen mit Kosten bis zu 50.000 Euro im Einzel-

fall je Objekt durchgeführt werden, wenn dadurch die Anlage in ihrer Substanz nicht wesent-

lich verändert wird. Diese vorgeschlagene Verfahrensvereinfachung würde zum einen den not-

wendigen Verwaltungsaufwand reduzieren und zum anderen zu einer Verfahrensbeschleuni-

gung beitragen.

226 RLBau M-V Abschnitt B Nr. 1.5 a).227 Baubedarfsweisung Nr. 2 (BBN 2) gemäß RLBau M-V Abschnitt C 2 Nr. 2.1.3, Muster 9.228 Vgl. RBBau Abschnitt C – Unterhaltung der Grundstücke und baulichen Anlagen – Nr. 1.2.

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(624) Das Finanzministerium teilt mit, es habe „zur Abgrenzung investiver und nicht investi-

ver Maßnahmen der Bewirtschaftung mit dem Erlass, AZ: IV-B1 003-9/01-003 vom

14.04.2016 Ausführungshinweise [...] gegeben, die weitergehende Erläuterungen zum Um-

fang von Instandhaltungsmaßnahmen beinhalten.“ Hierin werde die Abgrenzung des investi-

ven und nicht investiven Anteils konkretisiert. Eine Erhöhung der Wertgrenze für Kleine Bau-

maßnahmen im Rahmen der Instandhaltungsmaßnahmen werde geprüft.

(625) Der Landesrechnungshof wird sich über das Ergebnis der Prüfung berichten lassen.

2 Veranschlagung der Instandhaltungsmittel

(626) Eine nachhaltige Bewirtschaftung des Immobilienvermögens setzt voraus, dass die lau-

fenden Instandhaltungsmaßnahmen während der Nutzungsphase sach- und zeitgerecht durch-

geführt werden. Ansonsten entsteht ein Instandhaltungsstau, der Folgeschäden und Havarien

und damit zusätzliche Ausgaben verursachen kann.

(627) Der Landesrechnungshof hat geprüft, mit welchen Methoden der BBL M-V den In-

standhaltungsbedarf für die Liegenschaften des Sondervermögens feststellt sowie ob und in-

wieweit die Ergebnisse als Basis für eine bedarfsgerechte Veranschlagung der Instandhal-

tungsmittel dienen.

2.1 Ermittlung des zu veranschlagenden Instandhaltungsbedarfes

(628) Für die längerfristige Planung der Instandhaltung sind der zeitliche Ablauf der Maß-

nahmen und der damit verbundene Aufwand zu berücksichtigen. Durch eine vorausschauende

Kostenplanung für die Instandhaltung ist eine bedarfsgerechte Mittelbereitstellung zu sichern.

(629) Der BBL M-V führt im Geschäftsbereich Neubrandenburg gemeinsam mit der nutzen-

den Verwaltung turnusmäßig – in der Regel jährlich – Liegenschaftsbegehungen durch. In-

standhaltungsbedarfe werden aufgenommen, in zwei Dringlichkeitsstufen eingeordnet und

kostenmäßig ausgewiesen. Hierbei hat der BBL M-V regelmäßig nur die Maßnahmen erfasst

und priorisiert, die im Hinblick auf die beschränkten Haushaltsmittel eine Aussicht auf Um-

setzung hatten. Beispielsweise hat der Geschäftsbereich Neubrandenburg für das Haushalts-

jahr 2015 – erstmalig zusammen mit seiner Außenstelle Greifswald – Instandhaltungsbedarfe

von rd. 7,12 Mio. Euro ausgewiesen. Davon sind allein rd. 6,10 Mio. Euro in die höchste

Dringlichkeitsstufe eingeordnet.

(630) Soweit die Praxis, die Instandhaltungsbedarfe in turnusmäßigen Liegenschaftsbege-

hungen zu erfassen, beibehalten wird, sollten die Bedarfe nach objektiven Erfordernissen er-

mittelt, regelmäßig landesweit zusammengefasst und ausgewertet werden. Über mehrere Jahre

222

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hinweg können damit Erfahrungswerte als Grundlage für eine bedarfsgerechte Veranschlagung

der Instandhaltungsmittel gewonnen werden. Der Landesrechnungshof unterbreitete konkrete

Vorschläge zur Erfassung der Instandhaltungsmaßnahmen.

(631) Das Finanzministerium teilt grundsätzlich die Auffassung des Landesrechnungshofes.

Der BBL M-V werde die Erfassung der Instandhaltungsmaßnahmen qualifizieren. Alle erfor-

derlichen Maßnahmen würden in den nächsten Jahren entsprechend erfasst und priorisiert.

Die Vorschläge des Landesrechnungshofes würden geprüft.

2.2 Mittelbereitstellung

(632) Für die Haushaltsjahre 2010 und 2011 hatte der BBL M-V für Verwaltungsbauten In-

standhaltungsbedarfe von 14,70 Mio. Euro jährlich ermittelt, die in den Folgejahren fortge-

schrieben werden sollten. Für Maßnahmen der Instandhaltung des Sondervermögens wurden

jedoch bis 2015 gleichbleibend 8,9 Mio. Euro jährlich veranschlagt. Bei der vorgefundenen

Veranschlagungspraxis wurden nicht die Baupreissteigerungen gemäß Baupreisindex berück-

sichtigt. Dieses Verfahren führte zu einem Defizit an Instandhaltungsmitteln und zu einem

wachsenden Instandhaltungsstau, der dem BBL M-V faktisch keine vorausschauende, wirt-

schaftliche und zweckmäßige Instandhaltung ermöglichte.

(633) Der Landesrechnungshof sieht den BBL M-V insbesondere in der Verantwortung, den

Instandhaltungsbedarf sachgerecht zu erfassen und die notwendigen Instandhaltungsmaßnah-

men vorausschauend unter Berücksichtigung einer optimierten wirtschaftlichen Nutzung des

Gebäudebestandes zu planen.

Um dem Finanzministerium für die Haushaltsplanung eine fundierte Entscheidungsgrundlage

zur Verfügung stellen zu können, sollte der BBL M-V den Mittelbedarf methodisch ermitteln

und dem Finanzministerium regelmäßig offen legen.

(634) Das Finanzministerium sollte dem BBL M-V zur Erfüllung seiner Instandhaltungsauf-

gaben ein bedarfsgerechtes Budget zur Verfügung stellen. Nur so kann der BBL M-V eine vor-

ausschauende, wirtschaftliche und zweckmäßige Instandhaltung des Sondervermögens ge-

währleisten und die mit Übernahme des Sondervermögens angestrebte Eigenverantwortlich-

keit des BBL M-V erreichen.

(635) Das Finanzministerium stimmt den Ausführungen des Landesrechnungshofes dem

Grunde nach zu. Es teilt mit, derzeit „gibt es neben den turnusmäßigen Liegenschaftsbege-

hungen zur Erfassung des Instandhaltungsbedarfs noch keine datenmäßig gesicherte Methode

zur Ermittlung des mittel- und langfristigen Mittelbedarfs für die Instandhaltung. Daher kann

223

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[...] die planmäßige Instandhaltung (regelmäßige und zyklische Instandhaltung) und die

Höhe des Instandhaltungsrückstaus nicht valide quantifiziert werden.“

Mit dem Doppelhaushalt 2016/2017 sei die Mittelausstattung von 8,90 Mio. Euro auf

10,40 Mio. Euro (2016) und 10,80 Mio. Euro (2017) erhöht worden. Darüber hinaus werde

die Instandhaltung für die Schlösser und Gärten mit rund 1,40 Mio. Euro pro Jahr nunmehr in

einer gesonderten Finanzposition veranschlagt.

„Für den Doppelhaushalt 2018/2019 wird, unter dem Vorbehalt der Zustimmung des Haus-

haltsgesetzgebers, [...] eine Mittelausstattung anhand der Berechnungsgrundlage der BImA229

zuzüglich eines Betrages für den Abbau des Instandhaltungsrückstaus angestrebt. [So] ergibt

sich ein jährlicher Mittelbedarf von rd. 12 Mio. EUR für die landeseigenen Liegenschaften

[...] Die Anmeldung zum Doppelhaushalt 2020/2021 soll auf den Werten des vom BBL M-V

auf- und ausgebauten Instandhaltungsmanagements basieren.“

(636) Aus Sicht des Landesrechnungshofes sind die Bemühungen des Finanzministeriums,

in den kommenden Haushaltsjahren die Finanzausstattung für die Instandhaltung der landesei-

genen Liegenschaften sukzessive zu erhöhen, richtig. Das Finanzministerium sollte jedoch ge-

eignete Rahmenbedingungen schaffen, die nicht nur die Finanzierung sondern auch die Um-

setzung der laufenden Instandhaltungsmaßnahmen prioritäts- und zeitgerecht sicherstellen. In

diesem Zusammenhang weist der Landesrechnungshof darauf hin, dass die Erhöhung des Fi-

nanzvolumens nur zielführend ist, wenn für die Umsetzung der Instandhaltungsmaßnahmen

ausreichend Personal zur Verfügung steht.

Nur so kann das Immobilienvermögen langfristig unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten er-

halten und einem Substanzwertverlust entgegengesteuert werden. Auf die Erstellung und Fort-

schreibung von Instandhaltungskonzepten als wesentlichen Teil eines erfolgsorientierten In-

standhaltungsmanagements sollte der BBL M-V besonderen Wert legen.

Um festzustellen, ob der vom BBL M-V aufgezeigte voraussichtliche Instandhaltungsbedarf

richtig und die veranschlagten Mittel auskömmlich waren, ist eine regelmäßige Evaluierung

im Vergleich zu den tatsächlich verausgabten Instandhaltungsmitteln erforderlich. Gleichzeitig

ist festzustellen, ob die Ziele der Instandhaltungsplanung erreicht wurden.

3 Bestandsdatenerfassung

(637) Für die mittel- bis langfristige Finanzplanung des Instandhaltungsbedarfes der Gebäu-

de werden verlässliche Bemessungsgrundlagen oder Berechnungsmethoden benötigt. Dies

229 Bundesanstalt für Immobilienaufgaben.

224

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setzt insbesondere eine valide Bestandsdatenerfassung voraus. Der Landesrechnungshof hat

eine solche jedoch nicht vorgefunden. Im Zusammenhang mit der anstehenden digitalen Be-

standsdatenerfassung teilte der BBL M-V dem Landesrechnungshof während der Prüfung mit,

dass gegenwärtig eine Berechnung des Instandhaltungsbedarfes auf Basis der erfassten Flä-

chen zu keinen validen Ergebnissen führen würde. Beispielsweise sei noch zu klären, in wel-

cher Form der Gebäudezustand in die neu zu erarbeitende Datenbank einfließen soll.

(638) Das Finanzministerium teilte dem Finanzausschuss im Juni 2016 mit: „Für die ver-

besserte Betreuung landeseigener Liegenschaften und Gebäude in den relevanten Lebenszy-

klusphasen sowie für eine umfassende Aufgabenerfüllung ist die Einführung eines Computer

Aided Facility Management – Systems (CAFM-System) mit aktuellen Flächendaten sowie

Schnittstellen zu den vorhandenen IT-Systemen und Verlinkung/Einbindung der CAD-Daten

erforderlich.“ Nachdem der BBL M-V in 2014 hierzu das Sichten und Evaluieren von Ge-

schäftsprozessen begonnen hatte, konnte „im letzten Quartal 2015 [...] das Anforderungspro-

fil fertiggestellt werden. [...] Derzeit findet das Ausschreibungsverfahren für die Beschaffung

der IT-Leistung statt.“230

(639) Für den Landesrechnungshof ist nicht nachvollziehbar, warum auch 14 Jahre nach Bil-

dung des Sondervermögens des BBL M-V noch keine vollständige und verlässliche Bestands-

datengrundlage vorliegt. Die valide Bestandsdatenerfassung des Liegenschaftsvermögens ist

nicht nur für eine Berechnung des Instandhaltungsbedarfes sinnhaft, sondern grundlegende

Voraussetzung für eine effiziente Erfüllung der Aufgaben des BBL M-V als Liegenschaftsver-

waltung. Die digitalen Bestandsdaten sollten Basis für die Steuerung des gesamten Bewirt-

schaftungsprozesses sein. Insofern muss die digitale Bestandsdatenerfassung des Liegen-

schaftsvermögens besondere Priorität haben. Sie kann jedoch nur dann sinnvoll und abschlie-

ßend vorgenommen werden, wenn feststeht, welche Daten erfasst werden sollen und wozu der

erhobene Datenbestand zukünftig wie genutzt werden soll.

(640) Das Finanzministerium nimmt die Ausführungen des Landesrechnungshofes zur

Kenntnis und führt in seiner Stellungnahme aus, wie sich der Bearbeitungsstand der digitalen

Bestandsdatenerfassung derzeit darstellt. „Die durch den BBL M-V beauftragte digitale Be-

standsdatenerfassung umfasst im ersten Schritt die Flächen einschließlich der Daten und

Qualitäten für das infrastrukturelle Facilitymanagement und wird im Jahr 2017 abgeschlos-

sen sein. Gegenwärtig erfolgt eine Überprüfung der Bestandsdaten der technischen Anlagen

hinsichtlich notwendiger Erfassung ergänzender Daten. Der BBL M-V hat die Erfassung der

230 Finanzausschuss – Ausschussdrucksache 6/1205.

225

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digitalen Bestandsdaten für die Flächen und infrastrukturellen Bauteile bereits auf ein zu be-

schaffendes CAFM-System ausgerichtet.“

(641) Der Landesrechnungshof nimmt die Stellungnahme des Finanzministeriums zur

Kenntnis. Ob das ehrgeizige Ziel, die valide digitale Bestandsdatenerfassung in 2017 abzu-

schließen, erreicht werden kann, bleibt abzuwarten. Der Landesrechnungshof geht davon aus,

dass bis zur uneingeschränkten Nutzung des neu einzuführenden CAFM-System noch mehre-

re Jahre vergehen werden, da hierfür auch Schnittstellen zu den vorhandenen IT-Systemen ein-

zurichten und Verlinkung/Einbindung der CAD-Daten erforderlich sind.

Mit Blick auf die Verbesserung der Steuerung des gesamten Bewirtschaftungsprozesses der

Liegenschaften sollte das Finanzministerium den BBL M-V unterstützen, geeignete, aufeinan-

der abgestimmte Computersysteme zeitnah zum Einsatz zu bringen.

4 Liegenschaft Insel Riems

(642) Die Insel Riems liegt im Greifswalder Bodden zwischen den Hansestädten Greifswald

und Stralsund. Auf der Insel wurde zwischen 2006 und 2013 die Bundesbaumaßnahme „Ge-

samtausbau Friedrich-Loeffler-Institut (FLI) Insel Riems“ realisiert. Neben Villen und Insti-

tutsgebäuden, die im Eigentum des Bundes stehen, befinden sich auf der Insel außerhalb des

Forschungszentrums acht Wohngebäude mit insgesamt 26 Wohnungseinheiten, die im Sonder-

vermögen des BBL M-V stehen.

(643) Der BBL M-V erarbeitete im Mai 2007 eine Kostenschätzung zum Grundinstandset-

zungsbedarf der landeseigenen Gebäude auf der Insel Riems und ermittelte hierfür Gesamt-

baukosten von rd. 6,42 Mio. Euro. Eine Grundinstandsetzung erfolgte nicht.

Die BBL M-V Zentrale entschied 2012, die Liegenschaft nicht durch eine Grundinstandset-

zung, sondern durch Instandhaltungsmaßnahmen zu sanieren. Der BBL M-V führte zur Siche-

rung der Gebäude − finanziert aus Instandhaltungsmitteln − überwiegend unabdingbare Maß-

nahmen durch. Wegen des insgesamt beschränkten Budgets hatte die BBL M-V Zentrale zwar

zusätzliche Instandhaltungsmittel für einzelne Gebäude der Liegenschaft zur Verfügung ge-

stellt. Diese waren jedoch bei Weitem nicht ausreichend. Die mit den zusätzlichen Mitteln fi-

nanzierten Maßnahmen waren kein Ersatz für die dringend erforderliche Grundinstandset-

zung.

(644) Die BBL M-V Zentrale schätzte 2014 ein, dass der auf der Wohnliegenschaft Insel

Riems vorhandene „Instandhaltungsstau [...] selbst bei [...] Weiterführung [eines] Ansatzes

[von ca. 300.000 Euro pro Jahr] nicht lösbar“ sei. Das Grundinstandsetzungskonzept 2015

226

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weist unter Abzug der bereits realisierten Maßnahmen noch einen Gesamtbedarf von insge-

samt rd. 5,50 Mio. Euro für die Wohnliegenschaft aus.

(645) Aus Sicht des Landesrechnungshofes ist die Bewirtschaftung von Wohnliegenschaften

nicht Kerngeschäft des BBL M-V. Deshalb hätte der BBL M-V zeitnah, aber spätestens in

Kenntnis des 2007 ermittelten enormen Instandsetzungsbedarfes die Verwertung der Wohnlie-

genschaft Insel Riems zeitnah anstreben müssen.

(646) Der Landesrechnungshof bat das Finanzministerium mitzuteilen und zu begründen,

wie die weitere Liegenschaftsentwicklung geplant ist und wie die Finanzierung der erforderli-

chen Baumaßnahmen erfolgen soll. Er weist darauf hin, dass ein Instandhaltungskonzept mit

dem Liegenschaftsentwicklungskonzept abgestimmt werden muss, damit eine mittelfristige

Finanzplanung auf der Grundlage aktueller Bestandserfassung und Kostenschätzung erfolgen

kann.

(647) Das Finanzministerium führt in seiner Stellungnahme aus, dass mit Tauschvertrag vom

23. Mai 1997 die Bundesrepublik Deutschland den überwiegenden Teil der Insel Riems für die

Zwecke des Friedrich-Loeffler-Instituts, Bundesforschungsinstitut für Tiergesundheit (FLI),

erworben hätte. „Ursprünglich war vorgesehen, auch den im Eigentum des Landes Mecklen-

burg-Vorpommern verbliebenen Liegenschaftsteil der Insel, [...] zu veräußern. Um jedoch die

Entwicklungschancen des Bundesforschungsinstitutes nicht zu beeinträchtigen, wurde von ei-

nem Verkauf abgesehen.“ Die Entscheidung der Landesregierung sei in der Landtagssitzung

am 25.05.2000 auch entsprechend kommuniziert worden.

Die gesamte Insel sei als Sonderbaufläche ausgewiesen. „Somit stehen die landeseigenen Flä-

chen als Erweiterungsfläche dem FLI zur Verfügung. Insofern gibt es nachvollziehbar auch

keine eigenen Überlegungen des Landes zur Liegenschaftsentwicklung. Da ein Landesbedarf

für die im Landeseigentum verbliebenen Flächen der Insel Riems nicht besteht, wären diese

entsprechend den Regularien der Landeshaushaltsordnung des Landes grundsätzlich zu ver-

äußern. Auf Grund der v. g. Situation wurde mit Blick auf ggf. bestehende Interessen des FLI

der für die bundeseigene Liegenschaft zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

(BImA) mit Schreiben vom 24. Mai 2016 angeboten, die landeseigenen Flächen der Insel

Riems zu erwerben. Weiterhin wurde angekündigt, sofern seitens der Bundesrepublik Deutsch-

land von einem Erwerb abgesehen werden sollte, die Liegenschaft – vorzugsweise als Ge-

samtpaket – in einem Bieterverfahren zu veräußern. Eine Antwort steht bisher noch aus.

Falls die BImA aus für das Land nachvollziehbaren Gründen einen Erwerb der Fläche bzw.

die Veräußerung an Dritte weiterhin ablehnen sollte, ist beabsichtigt, in den nächsten Haus-

227

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haltsverhandlungen über die Sanierung der ‚Wohnliegenschaft‛ auf der Insel Riems zu bera-

ten.“

(648) Das Finanzministerium wird gebeten, den Landesrechnungshof zu gegebener Zeit über

das Ergebnis der Verhandlungen mit der zuständigen Bundesanstalt für Immobilienaufgaben

zu informieren.

(649) Das Prüfungsverfahren ist abgeschlossen.

228

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VI. Ergebnisberichte zur Umsetzung von Landtagsentschließungen und zu Empfehlungen des Landesrechnungshofes durch die entsprechenden Ressorts

1 Zum Landesfinanzbericht 2015

(650) In diesem Abschnitt berichtet der Landesrechnungshof, ob und inwieweit die geprüften

Stellen Beanstandungen abgestellt haben und den Empfehlungen des Landesrechnungshofes

nachgekommen sind. Über die Umsetzung von Entschließungen des Landtages wird grund-

sätzlich berichtet.

(651) Mit Blick auf den Landesfinanzbericht 2015 hat der Landesrechnungshof das Bil-

dungsministerium, das Finanzministerium und die Staatskanzlei gebeten, Auskunft über den

Umsetzungsstand der nachfolgenden Entschließungen des Landtages zu geben.

Adressaten

FM, StK Die Landesregierung wird aufgefordert, sich weiterhin für eine nachhaltige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einzusetzen, bei der das Land entsprechend seiner fi-nanziellen Situation angemessen beteiligt wird und mit der das grundgesetzlich verankerte Ziel - die Einheitlichkeit der Lebensverhältnisse - erreicht werden kann. Im Rahmen seines finanzpolitischen Handelns ist die Landesregierung auch weiterhin aufgefordert, den Drei-klang aus Tilgen, Sparen und Investieren fortzusetzen.

(652) Das Finanzministerium teilt in Abstimmung mit der Staatskanzlei in seiner Stellung-

nahme mit, dass die Landesregierung sich im Rahmen der mehrjährigen intensiven Verhand-

lungen erfolgreich für die nachhaltige Neuordnung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen ein-

gesetzt habe. Die Regierungschefinnen und Regierungschefs von Bund und Ländern haben am

14.10.2016 eine gemeinsame Lösung beschlossen, am 08.12.2016 konnten sie zu den beab-

sichtigten Änderungen des Grundgesetzes eine Verständigung erzielen. Die Gesetzgebungs-

verfahren zur Umsetzung der Vereinbarungen seien gegenwärtig aber noch nicht abgeschlos-

sen.

Das vereinbarte neue System des bundesstaatlichen Finanzausgleichs trage dem Ziel der

Gleichwertigkeit der Lebensverhältnisse in den Ländern Rechnung. Ein wichtiges Ziel der ost-

deutschen Länder würde erreicht, indem das Einnahmeniveau des Jahres 2020 auch nach

Wegfall der Sonderbedarfs-Bundesergänzungszuweisungen für teilungsbedingte Sonderlasten

nicht hinter das Niveau des Jahres 2019 zurückfalle und bezogen auf Mecklenburg-Vorpom-

mern sogar ansteige. Die Landesregierung habe sich insbesondere für eine stärkere Berück-

sichtigung der kommunalen Finanzkraft eingesetzt. Dieser Forderung sei durch Veränderun-

gen bei der Berechnung der Finanzkraft und durch neue Zuweisungen des Bundes an Länder

229

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mit besonders geringer Gemeindesteuerkraft (Gemeindesteuerkraftzuweisungen) entsprochen

worden. Aufgrund der zugunsten der finanzschwachen Länder wirkenden dynamischen regel-

gebundenen Ausgleichsmechanismen, insbesondere des Ausgleichstarifs der allgemeinen Bun-

desergänzungszuweisungen und der Gemeindesteuerkraftzuweisungen, werde das Land auch

zukünftig angemessen an der bundesweiten Entwicklung der Steuereinnahmen teilhaben.

Die Landesregierung halte in ihrer Finanzpolitik den Dreiklang aus Tilgen, Sparen und Inves-

tieren ein und werde diesen weiter fortsetzen. Der erfolgreiche Jahresabschluss 2016 zeige

dies eindrucksvoll.

(653) Der Landesrechnungshof verweist auf seine kritischen Ausführungen zu diesen The-

men auf in Abschnitt III.1, da das Verhandlungsergebnis für Mecklenburg-Vorpommern zu ei-

ner Verschlechterung mit Blick auf die relative Einnahmepostion im Ländervergleich führt.

Daneben ist zu berücksichtigen, dass die Länder wesentliche Kompetenzen an den Bund abge-

geben haben.

Erste Modellrechnungen des Landesrechnungshofes zeigen zudem, dass für die voraussichtli-

chen Empfänger der Gemeindefinanzkraft-BEZ (ostdeutsche Länder und das Saarland) Fehl-

anreize bestehen, die als Systemfehler anzusehen sind. Eine im Ländervergleich überdurch-

schnittliche Erhöhung der kommunalen Steuereinnahmen würde zu einer Verringerung der

Gesamteinnahmen dieser Länder führen, da sich in diesem Falle die Zuweisungen im horizon-

talen Finanzausgleich, die allgemeinen BEZ sowie die Gemeindefinanzkraft-BEZ verringern

würden. Dieser Systemfehler läuft dem beabsichtigten Angleichungsprozess der Wirtschafts-

kraft entgegen.

Der Landesrechnungshof hat vorgesehen, das Thema weiterhin kritisch und konstruktiv zu be-

gleiten.

230

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2 Umsetzung der Empfehlungen des Sonderberichts Hochschulfinanzierung

(654) Im Jahr 2014 war der Landesrechnungshof vom Bildungsministerium und von den

Hochschulen des Landes gebeten worden, die Auskömmlichkeit der Hochschulfinanzierung

zu untersuchen. Vorausgegangen war ein massiver Streit zwischen Hochschulen und Landes-

regierung über die Finanzbedarfe der Hochschulen.

(655) Die Ergebnisse dieser Prüfung wurden im Dezember 2014 im Sonderbericht über die

Prüfung der Hochschulfinanzierung vorgelegt.231

Der Landesrechnungshof hat das Bildungsministerium gebeten, Auskunft zum Umsetzungs-

stand seiner Empfehlungen zu geben.

(656) Der Landesrechnungshof hatte in seinem Sonderbericht u. a. die Einrichtung einer

Task Force empfohlen, um die festgestellten Defizite bei der Aufstellung, im Vollzug und bei

der Rechnungslegung der Hochschulhaushalte (ohne Uni-Medizin) zu beheben.

Der Landesrechnungshof empfahl darüber hinaus, einen Ordnungsrahmen für Aufstellung,

Vollzug und Rechnungslegung der Hochschulhaushalte zu erarbeiten und dabei u. a. Folgen-

des zu regulieren bzw. zu gewährleisten:

• Vollständigkeit und Verbindlichkeit der Wirtschaftspläne,

• Vereinheitlichung von Kontierungs- und Buchungsrahmen,

• Bewirtschaftungen der Wirtschafts- und Stellenpläne,

• Aufstellung, Vollzug und Rechnungslegung von Hochschulrücklagen und

• Verbuchung und Nachweisführung von Drittmitteln.

Darüber hinaus hat der Landesrechnungshof dem Bildungsministerium empfohlen, die

• hochschulinterne Haushaltssteuerung wirksam einzurichten und zu modernisieren,

• KLR und Berichtswesen gezielter zur Steuerung zu nutzen,

• Zielvereinbarungen zu straffen und verbindlich zu machen,

• KLR-„Datenfriedhöfe“ einzustellen sowie

231 Vgl. Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern (2014): Sonderbericht über die Prüfung der Hochschul-finanzierung, Drs. 6/3609.

231

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• Hochschulen von unnötigen Berichtspflichten zu entlasten, zugleich Berichtspflich-

ten in den Hochschulen und an das Bildungsministerium auf wenige – aber steu-

erungsrelevante – Daten zu beschränken.

Zusätzlich wurde vorgeschlagen, Globalansätze nach Hauptgruppen zu bilden. Die Deckungs-

fähigkeit sollte dabei in einem neuen Ordnungsrahmen geregelt werden.

Das Bildungsministerium teilte mit, dass im Anschluss an die notwendige Zeit zum Aufbau

der Strukturen das Referat VII 360 – Hochschulfinanzierung, Controlling – zusammen mit

dem Finanzministerium und den Hochschulen eine Arbeitsgruppe zur Behebung der durch den

Landesrechnungshof festgestellten Defizite bei den Hochschulhaushalten bilden würde. Die

Arbeitsgruppe solle u. a. die Empfehlungen des Landesrechnungshofes, einen Ordnungsrah-

men für Aufstellung, Vollzug und Rechnungslegung der Hochschulhaushalte zu erarbeiten,

umsetzen und an die diesbezüglichen Gespräche mit den Hochschulen zu diesen Themen an-

knüpfen. Auf den Ergebnissen dieser Arbeitsgruppe aufbauend könnten die Empfehlungen des

Landesrechnungshofes bezogen auf die Globalhaushalte geprüft werden.

In den Zielvereinbarungen 2016 bis 2020 seien mit den Hochschulen in Umsetzung des Son-

derberichtes weitere Verabredungen getroffen worden. Die in den neuen Zielvereinbarungen

festgeschriebenen Entwicklungs- und Leistungsziele sowie getroffenen Absprachen zur Hoch-

schulfinanzierung seien verbindlich und nachprüfbar formuliert und orientierten sich in star-

kem Maße an den Empfehlungen des Landesrechnungshofes. Das Berichtswesen zur Zielver-

einbarung solle auf den notwendigen Umfang und wenige steuerungsrelevante Kennzahlen

beschränkt werden.

(657) Der Landesrechnungshof hat weiterhin um Information gebeten, ob und ggf. welche

Maßnahmen zu folgenden Themengebieten durchgeführt wurden:

• Flächenmanagement,

• Flächenkonzepte und

• Neubau und grundhafte Sanierung von Hochschulgebäuden.

Das Bildungsministerium führte dazu aus, dass im Herbst/Winter 2015/2016 in Zusammenar-

beit mit dem HIS-Institut für Hochschulentwicklung e. V. (HIS-HE) ein Pilotprojekt „Flächen-

Controlling“ an der Universität Rostock erfolgreich durchgeführt worden sei. Die Übertragung

auf die anderen Hochschulen befinde sich unmittelbar vor der Umsetzung. Als Ergebnis lägen

dem Bildungsministerium zwecks besserer Prüf- und Steuerungsmöglichkeiten zur Ressource

„Fläche“ u. a. Informationen und Daten zum Gebäudebestand, differenzierten Flächenbestand

232

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nach Planungseinheiten und Nutzungsbereichen sowie Kennzahlen zur Flächenausstattung in

deutlich höherer Qualität und Quantität vor. Hieraus werde anschließend ein operationalisier-

tes Instrument für die Flächen- und Mittelanmeldungen zwischen Hochschulen und Ministeri-

um weiterentwickelt.

(658) Der Landesrechnungshof hat in seinem Sonderbericht außerdem eine Reorganisations-

debatte empfohlen, wie die Hochschulen (ohne Uni-Medizin ) künftig organisatorisch aufge-

stellt werden können. Dabei wäre u. a. zu untersuchen, ob

• die Hochschule für Musik und Theater Rostock in ihrer relativen Kleinheit organisa-

torisch mit allen den sich dadurch ergebenden Nachteilen selbstständig bleiben sollte

oder ob eine organisatorische Eingliederung in die Universität Rostock oder eine an-

dere Hochschule sinnvoll wäre,

• Effizienzgewinne möglich wären, wenn die Fachhochschulen des Landes unter ein

gemeinsames rechtliches Dach als Hochschule Mecklenburg-Vorpommerns mit drei

Standorten kämen bzw. das Hochschulwesen alternativ organisiert würde, um weitere

Skaleneffekte in der Administration zu erzielen und das Lehrangebot zwischen den

Standorten besser abzustimmen.

Das Bildungsministerium führte dazu aus, dass mit der Hochschule für Musik und Theater

vereinbart worden sei, die Gesellschaft für Struktur- und Arbeitsmarktentwicklung mbH

(GSA) zu beauftragen. Diese solle die Hochschulverwaltung untersuchen, um Effizienzpoten-

ziale durch administrative Kooperationen mit den anderen Hochschulen des Landes zu er-

schließen.

Daneben teilte das Bildungsministerium mit, dass im Zuge der Durchführung des Landes-

personalkonzepts und der Hochschulstrukturplanung auch die Fachhochschulen bereits auf

mögliche Effizienzgewinne hin betrachtet worden seien. Ihre Fächerspektren seien weitgehend

komplementär ausgerichtet. Die Hochschulverwaltungen seien funktional und personell auf

das Notwendige beschränkt und würden sich regelmäßig intensiv austauschen. Eine Zusam-

menführung der drei Fachhochschulen unter ein „gemeinsames rechtliches Dach“ werde daher

keine nennenswerten Einspareffekte erzeugen. Daher sehe das Bildungsministerium von einer

Zusammenführung der Fachhochschulen, wie vom Landesrechnungshof vorgeschlagen, ab.

(659) Der Landesrechnungshof hatte zudem dem Bildungsministerium vorgeschlagen, eine

umfassende Organisationsuntersuchung eingeschlossen einer Personalbedarfsermittlung in der

Hochschulabteilung durchzuführen und eine zentrale strategische Steuerungseinheit für die

Hochschulfinanzen in Form eines Referats Budgetsteuerung einzurichten.

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Das Bildungsministerium wurde gebeten zu erläutern, ob und wie die Empfehlungen umge-

setzt wurden.

Dazu führte es aus, dass die Umsetzung der Empfehlungen des Landesrechnungshofes als ge-

meinsamer Prozess aller Beteiligten zu verstehen sei. Ein solcher Prozess brauche Zeit, um

alle Beteiligten mitzunehmen und die Maßnahmen zur Reduzierung der festgestellten Defizite

auch zum Erfolg zu bringen.

Das Bildungsministerium teilte weiterhin mit, dass mit der Bildung des Referates VII 360 –

Hochschulfinanzierung, Controlling – in der Hochschulabteilung zum 01.08.2016 die Emp-

fehlung des Landesrechnungshofes zur Einrichtung einer zentralen strategischen Steuerungs-

einheit umgesetzt worden sei. Die Referatsleiter- und Referentenstelle sei bereits besetzt, das

Besetzungsverfahren der Sachbearbeiterstellen laufe noch.

(660) Die Antworten des Bildungsministeriums zeigen, dass die mit dem Sonderbericht über

die Prüfung der Hochschulfinanzierung im Dezember 2014 vorgelegten Empfehlungen nur in

wenigen Teilen umgesetzt wurden. Insbesondere scheint die Abarbeitung der festgestellten

Defizite bei Aufstellung, Vollzug und Rechnungslegung der Hochschulhaushalte (ohne Uni-

Medizin noch nicht begonnen worden zu sein.

Gleichwohl hat das Bildungsministerium vorbereitende Maßnahmen zur Umsetzung der Emp-

fehlungen, wie die Einrichtung des Referates VII 360 – Hochschulfinanzierung, Controlling,

eingeleitet.

Das Bildungsministerium hat keine Auskunft zur vorgeschlagenen umfassenden Organisati-

onsuntersuchung (einschließlich Personalbedarfsermittlung) in der Hochschulabteilung gege-

ben. Diese ist aus Sicht des Landesrechnungshofes aber dringend erforderlich.

Die im Jahr 2015 erzielte Einigung bei der Hochschulfinanzierung darf nicht dazu führen, die

aufgezeigten Handlungsbedarfe – wie bislang geschehen – weitgehend außer Acht zu lassen.

Aus Sicht des Landesrechnungshofes sollten vor allem die noch offenen Strukturfragen ge-

klärt werden, um die Leistungs- und Wettbewerbsfähigkeit der Hochschulen zu sichern. Leis-

tungsfähige Hochschulen können für die Entwicklung des Landes ein maßgeblicher Faktor

sein.

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VII. Berichte anderer Rechnungshöfe

1 Bilanzanalyse Dataport 2015

Der am 1. Januar 2004 gegründeten Dataport -Anstalt des öffentlichen Rechts- ist das

Land Mecklenburg-Vorpommern zum 1. Januar 2006 beigetreten. Zum 31. Dezember

hält das Land Mecklenburg-Vorpommern einen Anteil am Stammkapital von 5,88 %.

Der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg hat in seinem Jahresbericht

2017, S. 105 eine Bilanzanalyse des Jahresabschlusses zum 31. Dezember 2015 veröffent-

licht.

1 Jahresberichtsbeitrag des Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg

Die bilanziellen Schulden Dataports sind von 174,6 Mio. Euro auf 197,0 Mio. Euro Ende

2015 angestiegen. Der Anteil des Eigenkapitals am Gesamtkapital ist mit 12 % erheblich

unter den Wert von 51 % zur Zeit der Gründung Dataports im Jahr 2004 gesunken.

(661) Die Eigenkapitalquote Dataports ist seit 2004 (51 %) stetig gefallen, 2015 betrug sie

noch 12 %. Dataport hat diese Entwicklung mit dem Aufwand für die Konsolidierung des Re-

chenzentrumsbetriebs begründet.

Abbildung 22: Eigenkapitalentwicklung, 2004-2015, in Mio. Euro

Quelle: Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg.

(662) Das Eigenkapital Dataports war in den Jahren 2004 bis 2011 von anfänglich 47,3 Mio.

Euro auf 63,1 Mio. Euro angewachsen. Seit 2011 wurden 30 Mio. Euro Kapital aufgezehrt, so

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dass jetzt noch ein Betrag von 33,4 Mio. Euro ausgewiesen wird. Das Eigenkapital liegt damit

17,6 Mio. Euro unter dem Stammkapital von 51,0 Mio. Euro.

(663) Die bilanziellen Schulden (Verbindlichkeiten, passive Rechnungsabgrenzungsposten

und Rückstellungen) betragen 197,0 Mio. Euro232 (Vorjahr 174,6 Mio. Euro). Verbindlichkei-

ten gegenüber Kreditinstituten machen 46,5 Mio. Euro (Vorjahr 38,3 Mio. Euro) aus. Die pas-

siven Rechnungsabgrenzungsposten in Höhe von rund 52 Mio. Euro betreffen wie im Vorjahr

Vorauszahlungen der Kunden für Leistungen, die Dataport in den Folgejahren zu erbringen

hat.

Abbildung 23: Verschuldung, 2004-2015, in Mio. Euro

Quelle: Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg.

(664) Der Verschuldungsgrad ohne Abzug der Rückdeckungsversicherung ist im Geschäfts-

jahr 2015 von 531% auf 736% gestiegen.

232 Die Ansprüche aus der Rückdeckungsversicherung in Höhe von 49 Mio. Euro zur Deckung der Pensionsver-pflichtungen wurden bei der Ermittlung der Verschuldung berücksichtigt.

236

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Abbildung 24: Verschuldungsgrad (ohne Abzug der Rückdeckungsversicherung), 2004-2015, in %

Quelle: Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg.

(665) Der Rechnungshof geht davon aus, dass die Finanzbehörde im Verwaltungsrat Data-

ports die weitere Entwicklung Dataports in Hinblick auf die Eigenkapitalausstattung sowie die

Verschuldung Dataports aufmerksam beobachtet.

2 Schlussfolgerungen des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpom-mern

(666) Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern schließt sich den Ausführungen

des Rechnungshofes der Freien und Hansestadt Hamburg an.

237

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2 NDR-Werbung – pauschale Kostenerstattung der NDR Media bedarf Überprüfung

Gemäß § 34 Abs. 1 NDR-StV prüfen die Rechnungshöfe der NDR-Staatsvertragsländer

die Wirtschaftsführung des NDR gemeinsam. Die Federführung obliegt dem Rechnungs-

hof des nach § 37 NDR-StV aufsichtführenden Landes. Die Rechnungshöfe der übrigen

NDR-Staatsvertragsländer können sich an der Durchführung der Prüfungen beteiligen.

Die Prüfung „NDR-Werbung – pauschale Kostenerstattung der NDR Media bedarf

Überprüfung“ wurde von den Rechnungshöfen Niedersachsen (federführend) und

Schleswig-Holstein durchgeführt. Den folgenden Bericht hat der Niedersächsische Lan-

desrechnungshof in seinem Jahresbericht veröffentlicht.233

1 Jahresberichtsbeitrag des Niedersächsischen Landesrechnungshofs

Die Einhaltung steuerlicher Vorschriften ist kein unwiderlegbares Indiz für die Markt-

konformität des Werbegeschäfts des Norddeutschen Rundfunks. Es bedarf einer regel-

mäßigen Überprüfung der im Körperschaftsteuergesetz vorgesehenen Pauschalen auf

ihre Angemessenheit. Eine solche Überprüfung hatte die Bundesregierung der EU-Kom-

mission bereits vor Jahren im Rahmen eines EU-Beihilfeverfahrens zugesagt.

(667) Prüfungsanlass

Gemeinsam mit dem Landesrechnungshof Schleswig-Holstein prüfte der LRH das Werbege-

schäft der NDR Media GmbH.

Die NDR Media GmbH (NDR Media) ist die Werbetochter des Norddeutschen Rundfunks

(NDR). Sie ist u. a. mit der Vermarktung und Organisation von Fernseh- und Hörfunkwerbung

im NDR-Sendegebiet - auch in Kooperation mit anderen Rundfunkveranstaltern - beauftragt.

Erste Erkenntnisse aus den bisher durchgeführten Prüfungen zur Marktkonformität der kom-

merziellen Tätigkeiten haben ergeben, dass sich die Wirtschaftsprüfer nicht in ausreichender

Tiefe mit dem Werbegeschäft der NDR Media befasst haben. Sie unterstellen, dass die Markt-

konformität des Werbegeschäfts bei richtiger Anwendung der einschlägigen steuerlichen Vor-

schriften gegeben sei.234 Der NDR teilt diese Auffassung.

(668) Vorgehen der Wirtschaftsprüfer

233 Siehe Niedersächsischer Landesrechnungshof (2016): Jahresbericht des Niedersächsischen Landesrechnungs-hofs 2016 zur Haushalts- und Wirtschaftsführung, S. 175 ff.

234 § 8 Abs. 1 Satz 3 Körperschaftsteuergesetz, siehe dazu auch Jahresbericht 2013, S. 118 „Kommerzielle Tätig-keiten des NDR und seiner Beteiligungsunternehmen“.

238

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Die Wirtschaftsprüfer begründen die Marktkonformität des Werbegeschäfts damit, dass bei

der Abrechnung der für den NDR erbrachten Werbeleistungen bei der NDR Media in Anwen-

dung der steuerlichen Regelungen eine Gewinnpauschale in Höhe von 16 % des Netto-Umsat-

zes aus Hörfunk- und Fernsehwerbung sowie Sponsoring berücksichtigt werde. Dementspre-

chend seien dem NDR 84 % der Werbeeinnahmen abzüglich der Aufwendungen, die der NDR

Media durch die Veranstaltung von Werbesendungen selbst entstanden seien, zu erstatten.

Die pauschale Gewinnfestsetzung für Werbeleistungen durch den Steuergesetzgeber basiere

auf zuvor erfolgten Markterhebungen und unterliege einer regelmäßigen Überprüfung, sodass

ggf. Anpassungen vorgenommen würden. Da die EU-Kommission die gegenwärtige Besteue-

rungspraxis im Beihilfeverfahren nicht beanstandet habe, solle diese Behandlung als markt-

konform angesehen werden.235

(669) Ziel der Regelung im Körperschaftsteuergesetz

Die Neuregelung der Besteuerung des Werbegeschäfts wurde im Jahr 2001 eingeführt. In der

Gesetzesbegründung heißt es:236

„Die Rundfunkanstalten der ARD und das ZDF sind als juristische Personen des öffentlichen

Rechts nicht körperschaft- und gewerbesteuerpflichtig, soweit sie eine hoheitliche Tätigkeit

ausüben, die aus Gebühreneinnahmen finanziert wird. Sie unterliegen der Besteuerung nur

mit ihren Betrieben gewerblicher Art (BgA). Hierzu gehört die Veranstaltung von Werbesen-

dungen, die im Wettbewerb zu privaten Anbietern ausgeübt wird. Aus Gründen der Wettbe-

werbsneutralität des Steuerrechts ist diese wirtschaftliche Betätigung einer sachgerechten Be-

steuerung zu unterwerfen.

In der Praxis bestehen Schwierigkeiten, Aufwendungen der wirtschaftlichen Tätigkeiten auf

der einen Seite und der hoheitlichen Tätigkeit des Sendeauftrags auf der anderen Seite zuord-

nen zu können. Beim ZDF ist diese Schwierigkeit schon bisher durch eine gesetzliche Pau-

schalierung beseitigt. Bei den ARD-Anstalten ist der Gewinn aufgrund der anstaltsbezogenen

Verhältnisse bisher in einem komplizierten Schätzverfahren ermittelt worden.

Der Bundesrechnungshof hat die Ungleichbehandlung zwischen ARD-Anstalten und ZDF so-

wie die streitanfällige Behandlung bei den ARD-Anstalten in der Vergangenheit beanstandet

und zur Schaffung einer erhöhten Rechtssicherheit eine gesetzliche Neuregelung gefordert.

235 Siehe Bericht zur Prüfung der BDO „Feststellungen zur Prüfung der Marktkonformität der kommerziellen Tä-tigkeiten der NDR Media GmbH nach § 16 d Abs. 1 Satz 2 RStV“ für das Jahr 2013, Fragenkreis 2 Buchstabeb).

236 Siehe Bundestags-Drucksache 14/7646, Begründung zu den Artikeln 10 und 11.

239

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Die aufgetretenen Schwierigkeiten sollen durch die für ARD und ZDF einheitliche Pauscha-

lierung des Einkommens auf 16 % der Einnahmen aus der Veranstaltung von Werbesendun-

gen beseitigt werden.“

Auf die Frage, ob die faktisch unterstellten Betriebsausgaben angemessen sind, wurde in der

Gesetzesbegründung nicht eingegangen.

(670) Ausstehende Überprüfung der steuerlichen Regelung

Gegenstand eines späteren EU-Beihilfeverfahrens237 war auch die Marktkonformität des Wer-

begeschäfts der Landesrundfunkanstalten. EU-Kommission und Bundesregierung verständig-

ten sich in diesem Verfahren im Jahr 2007 darauf, dass die im KStG vorgesehene Pauschalie-

rung bei der Besteuerung „alternativlos“ sei, ihre Angemessenheit aber regelmäßig überprüft

werden müsse, um Marktverzerrungen auszuschließen.238

Die Rechnungshöfe weisen darauf hin, dass gerade auch die Zusicherung der Bundesregie-

rung, die Höhe der Gewinnpauschale regelmäßig zu überprüfen, mit dazu beigetragen hat,

dass das EU-Verfahren eingestellt worden ist.239 In den seit Einstellung des Verfahrens vergan-

genen neun Jahren hat allerdings noch keine Überprüfung stattgefunden. Die Rechnungshöfe

sehen deshalb die Bundesregierung in der Pflicht, eine entsprechende Überprüfung zu veran-

lassen.

(671) Stellungnahme der NDR Media

Die NDR Media sieht keine Notwendigkeit für eine Überprüfung der Pauschalregelung. Sie

verweist insbesondere darauf, dass bisher weder die Wirtschaftsprüfer noch die Steuerbehör-

den bei regelmäßigen Prüfungen Veranlassung gesehen hätten, die Pauschale in Zweifel zu

ziehen.

Die Rechnungshöfe weisen demgegenüber darauf hin, dass diese Prüfungen eben gerade auf

Grundlage der bestehenden gesetzlichen Regelung erfolgen und nicht eine Überprüfung der

Regelung zum Gegenstand hätten. Wenn man eine Wiederaufnahme des Verfahrens durch die

EU-Kommission vermeiden will, liegt es im Interesse des Bundes und der Länder, die Ange-

messenheit der Pauschalregelung zu überprüfen und so eine weitere Marktkonformität des

Werbegeschäfts sicherzustellen.

237 EU-Prüfverfahren E 3/2005 zur Deutschen Rundfunkfinanzierung.238 Mitteilung der Bundesregierung vom 28.12.2006 zu E 3/2005.239 Europäische Kommission, Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten in Deutschland,

K (2007) 1761 endgültig, vom 24.04.2007.

240

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2 Schlussfolgerungen des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpom-mern

(672) Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern schließt sich den Ausführungen

des Niedersächsischen Landesrechnungshofes an.

241

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3 Tatortproduktionen des NDR

Gemäß § 34 Abs. 1 NDR-StV prüfen die Rechnungshöfe der NDR-Staatsvertragsländer

die Wirtschaftsführung des NDR gemeinsam. Die Federführung obliegt dem Rechnungs-

hof des nach § 37 NDR-StV aufsichtführenden Landes. Die Rechnungshöfe der übrigen

NDR-Staatsvertragsländer können sich an der Durchführung der Prüfungen beteiligen.

Die Prüfung „Tatortproduktionen des NDR“ wurde von den Rechnungshöfen Hamburg

(federführend), Schleswig-Holstein und Niedersachsen durchgeführt. Den folgenden Be-

richt hat der Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg in seinem Jahresbe-

richt veröffentlicht.240

1 Jahresberichtsbeitrag des Rechnungshofs der Freien und Hansestadt Hamburg (FHH)

Die Produktionskosten des NDR überstiegen die veranschlagten Beträge regelmäßig,

teilweise bis zu 20%. Sie lagen damit deutlich über den durchschnittlichen ARD Kosten.

Einzelposten von bis zu 85.000 Euro hat der NDR nicht im Einzelnen, sondern pauschal

auf Basis von Erfahrungswerten überprüft und Gemeinkosten in der Gesamtkostendar-

stellung nicht ausgewiesen.

(673) Die ARD-Anstalten verbreiten seit 1970 inzwischen jährlich 43 bis 48 Folgen der Rei-

he „Tatort“ als Erstausstrahlung. Der NDR beteiligt sich hieran mit in Hamburg, Niedersach-

sen und Schleswig-Holstein spielenden Folgen. Der Rechnungshof der FHH (federführend),

der Niedersächsische Landesrechnungshof und der Landesrechnungshof Schleswig-Holstein

haben neun der 18 zwischen 2012 und 2014 vom NDR in Auftrag gegebenen Tatortproduktio-

nen geprüft.

(674) Bei Produktionskosten von durchschnittlich 1,7 Mio. Euro (NDR) bzw. 1,5 Mio. Euro

(ARD) übertraf die teuerste Folge mit 2,1 Mio. Euro den Durchschnitt der ARD um 40 %. Der

NDR begründet die über dem Durchschnitt liegenden Kosten mit der Verpflichtung besonders

bekannter und deshalb kostenintensiver Schauspieler, Drehbuchautoren und Regisseure, die

zur Reichweitensteigerung der NDR Tatortproduktionen beitragen sollen. Die Rechnungshöfe

weisen darauf hin, dass auch die Tatortproduktionen anderer Sendeanstalten mit hochkarätigen

Darstellern besetzt sind, und halten darüber hinaus den Anteil der Regie- und Drehbuchhono-

rare in Relation zu den Gesamtaufwendungen der Produktionen von regelhaft unter 5% für

240 Siehe Rechnungshof der Freien und Hansestadt Hamburg (2017): Jahresbericht 2017, S. 220 ff.

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vernachlässigenswert. Die vom NDR erhoffte Reichweitensteigerung durch kostenintensivere

Produktionen wird im Übrigen nicht durchgängig durch die Reichweitenmessungen bestätigt.

(675) Sämtliche dieser 18 Tatortfolgen hat der NDR als Fremdproduktion erstellen lassen,

weil die bei Eigenproduktionen erforderlichen Produktionsteams nicht ganzjährig ausgelastet

wären. Dabei werden die Drehbücher durch die jeweiligen Produktionsfirmen erworben, um

finanzielle Risiken für den NDR durch nachträgliche Veränderungen an der Urfassung zu ver-

meiden.

Die Prüfung der Kalkulationsunterlagen, die Einzelposten von bis zu 85.000 Euro enthalten,

erfolgt seit Jahren nicht in der aussagekräftigeren Form einer eigenständigen Gegenkalkulati-

on, sondern als bloße Plausibilitätsprüfung. Pauschale Abschläge, die der NDR im Rahmen

seiner Prüfungen vornimmt, werden von ihm nicht begründet dokumentiert. Die Sachbearbei-

tung erfolgt seit Jahren durch einen und denselben Produktionsmitarbeiter des NDR. Das Er-

gebnis der Plausibilitätsprüfung wird vom jeweils zuständigen Redakteur gegengezeichnet.

(676) Die Rechnungshöfe halten dieses Verfahren für inhaltlich unzureichend, nicht ausrei-

chend transparent und nicht hinreichend gegen Korruption gesichert. Gerade auch vor dem

Hintergrund seiner vergleichsweise hohen Produktionskosten haben sie den NDR aufgefor-

dert, nachvollziehbare Kriterien für die Überprüfung der Kalkulation zu entwickeln, durchge-

führte Preisvergleiche zu dokumentieren und angemessene Vorsorge gegen Korruption zu tref-

fen.

(677) Der NDR hat dargelegt, in seinem den Rechnungshöfen nach Abschluss der Prüfung

zur Verfügung gestellten und überarbeiteten Handbuch für Auftrags- und Koproduktionen

nunmehr die Bedingungen einer Plausibilitätsprüfung definiert zu haben. Dessen ungeachtet

entsprächen die Vorgaben des NDR den üblichen Standards der ARD. Der NDR hält Gegen-

kalkulationen für zu aufwendig und bevorzugt weiterhin eine Plausibilitätsprüfung. Er hat

weiter geltend gemacht, dass er das Vier-Augen-Prinzip beachte und auf Redaktionsseite die

zuständigen Redakteure regelmäßig wechselten.

(678) Die Einlassung des NDR vermag die Kritik der Rechnungshöfe an der mangelnden

Tiefe der Kontrollen und der damit auch zusammenhängenden Korruptionsprävention nicht

auszuräumen. Eine Plausibilitätsprüfung kann eine detaillierte Überprüfung der Kalkulation

nicht ersetzen. Die Rechnungshöfe halten deshalb eine zumindest stichprobenhafte Überprü-

fung der Kalkulation größerer Einzelposten nach wie vor für notwendig und auch leistbar. Mit

der damit zugleich eröffneten besseren Möglichkeit der Kontrolle durch den Redakteur würde

auch das Vier-Augen-Prinzip wirkungsvoller umgesetzt.

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(679) Zur Veranschlagung der einzelnen Tatortproduktionen in der Wirtschaftsplanung des

NDR haben die Rechnungshöfe festgestellt:

• Die tatsächlich abgerechneten Kosten übertreffen regelmäßig das Soll, und zwar um

bis zu 20 % (im Mittel 7,5 %). Hierbei haben die Rechnungshöfe auch von den Pro-

duktionsfirmen teilweise eingeworbene Mittel aus Filmförderung berücksichtigt.

• Der NDR weist seine Gemeinkosten für die Tatortproduktionen nicht aus, obwohl

diese den einzelnen Produktionen zugeordnet werden können und im Durchschnitt

etwa 50 % der Produktionskosten ausmachen.

(680) Die Rechnungshöfe haben den NDR aufgefordert, den zu erwartenden Aufwand für die

Produktion einzelner Tatortfolgen intern vollständig darzustellen und hierbei insbesondere sei-

ne anteiligen Gemeinkosten zu berücksichtigen. Dies würde die Transparenz verbessern. Ent-

sprechende Standards sind im Übrigen auch Voraussetzung für notwendige Kostenvergleiche

innerhalb der ARD. Aus Sicht des NDR ist ein Ausweis der Gemeinkosten nicht erforderlich,

da diese für die Steuerung nicht relevant seien. Die Rechnungshöfe haben darauf hingewiesen,

dass die Gemeinkosten bis zu 50 % der Produktionskosten ausmachen und ein Verzicht auf

ihre Ausweisung die Vorstellung von den tatsächlichen Kosten einer Tatortproduktion verzerrt.

(681) Bei den von den Rechnungshöfen untersuchten Tatortproduktionen hat der NDR die

Gagen der Hauptdarsteller einschließlich der hierauf fälligen Sozialabgaben übernommen und

als seine Eigenleistungen beigestellt. Derartige Eigenleistungen des NDR waren nach den für

den Prüfungszeitraum geltenden Vorgaben seines Handbuchs für Auftrags- und Koproduktio-

nen nur in Ausnahmefällen zulässig, setzten dann aber zugleich die den Produktionsfirmen zu-

stehenden prozentualen Zuschläge auf die Gesamtkosten herab. Die Rechnungshöfe haben

zum einen den Umgang des NDR mit seinem Regelwerk kritisiert und ihn zum anderen aufge-

fordert, dieses zweckmäßiger zu gestalten. Der NDR hat im Zusammenhang mit der Prüfung

sein Handbuch im Sinne der generellen Zulässigkeit einer Beistellung von Eigenleistungen ab-

geändert.

(682) Die Rechnungshöfe haben den NDR aufgefordert, den Nachweis zu führen, dass insbe-

sondere die hohe Spannweite bei den Vergütungen der Hauptdarsteller und die damit zusam-

menhängende hohe Varianz bei den Produktionskosten in einem angemessenen Verhältnis zur

Reichweite der jeweiligen Tatortfolgen steht, und im Übrigen sicherzustellen, dass in der Kal-

kulation auch die Lohnnebenkosten erfasst werden.

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(683) Die zur Verfügung gestellten Produktionsakten enthielten nicht alle Regisseur- und

Drehbuchverträge zu den in die Prüfung einbezogenen Tatortfolgen. Der NDR selbst hatte

sich nur entsprechende Einsichtsrechte in den Produktionsverträgen gesichert.

Auch derartige Verträge mit Dritten müssen schon mit Blick auf die Kalkulationen des NDR

Bestandteil seiner Produktionsakten sein.

Die Rechnungshöfe haben den NDR aufgefordert, dafür Sorge zu tragen, dass auch die von

den Produktionsfirmen abgeschlossenen Regisseur- und Drehbuchverträge nachrichtlich Be-

standteil der Produktionsakten werden.

(684) Der NDR hat mit Darstellern Buy-out-Vereinbarungen zur Abgeltung von Ansprüchen

im Falle von Wiederholungssendungen sowie mit Regisseuren und Produzenten Vereinbarun-

gen zur Abgeltung von Senderechten getroffen. Die Rechnungshöfe bemängeln, dass bislang

keine Maßstäbe zur Bemessung des Werts dieser Rechte entwickelt wurden. Der NDR hat dar-

gelegt, auf Grundlage überarbeiteter Regelwerke die Anwendung eines sogenannten Schicht-

modells zur Bewertung dieser Rechte zu erproben.

2 Schlussfolgerungen des Landesrechnungshofes Mecklenburg-Vorpom-mern

(685) Der Landesrechnungshof Mecklenburg-Vorpommern schließt sich den Ausführungen

des Rechnungshofes der Freien und Hansestadt Hamburg an.

___________________________________________________________________

Vom Senat des Landesrechnungshofes beschlossen am 12. April 2017.

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