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Falk Gastro-Kolleg Leber und Gallenwege Fragebeantwortung unter www.falkfoundation.de Falk Gastro-Kolleg 30 Dr. V. Zimmer Prof. Dr. F. Lammert Klinik für Innere Medizin II Universitätsklinikum des Saarlandes Kirrberger Str. 66 Homburg Schwangerschaft und Leber Zusammenfassung Hepatologische Erkrankungen stellen ein häufiges Problem in der Schwangerschaft dar. Als Besonderheit ergibt sich, dass klinische Entscheidungen insbesondere wegen möglicher fetaler Komplikationen in interdisziplinärer Absprache zu erfolgen haben. Neben den verschiedenen schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankungen spielen koinzidente bzw. präexistente Lebererkrankungen eine wichtige Rolle. Vor dem Hinter- grund mitunter fataler Konsequenzen für Mutter und Kind müssen Lebererkrankungen sicher diagnostiziert und adäquat therapiert werden. Die vorliegende CME-Übersicht fokussiert auf schwangerschaftsspezifische Lebererkrankungen und ausgewählte weitere Aspekte der Behandlung unterschiedlicher Lebererkrankungen in der Schwangerschaft. Schlüsselwörter Eklampsie | Hepatopathie | HELLP-Syndrom | Schwangerschaftscholestase | Schwangerschaftsfettleber | Virushepatitis | Ursodeoxycholsäure

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Falk Gastro-Kolleg

Leber und Gallenwege

Fragebeantwortung unter

www.falkfoundation.de

Falk Gastro-Kolleg

30

Dr. V. ZimmerProf. Dr. F. LammertKlinik für Innere Medizin IIUniversitätsklinikum des SaarlandesKirrberger Str. 66 Homburg

Schwangerschaft und LeberZusammenfassung

Hepatologische Erkrankungen stellen ein häufiges Problem in der Schwangerschaft dar. Als Besonderheit ergibt sich, dass klinische Entscheidungen insbesondere wegen möglicher fetaler Komplikationen in interdisziplinärer Absprache zu erfolgen haben. Neben den verschiedenen schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankungen spielen koinzidente bzw. präexistente Lebererkrankungen eine wichtige Rolle. Vor dem Hinter-grund mitunter fataler Konsequenzen für Mutter und Kind müssen Lebererkrankungen sicher diagnostiziert und adäquat therapiert werden. Die vorliegende CME-Übersicht fokussiert auf schwangerschaftsspezifische Lebererkrankungen und ausgewählte weitere Aspekte der Behandlung unterschiedlicher Lebererkrankungen in der Schwangerschaft.

Schlüsselwörter

Eklampsie | Hepatopathie | HELLP-Syndrom | Schwangerschaftscholestase | Schwangerschaftsfettleber | Virushepatitis | Ursodeoxycholsäure

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Schwangerschaft und Leber

Einführung

Lebererkrankungen in der Schwangerschaft stellen einen häufigen Beratungsgrund in der klinischen Hepatologie dar. Nicht diagnostizierte und therapierte Lebererkran-kungen können für Mutter und Kind potenziell schwerwiegende Konsequenzen nach sich ziehen. Insoweit erfordern diese Erkrankungen eine stringente und zuverlässige Abklärung, was interdisziplinär unter Abstimmung mit dem primär behandelnden Frauenarzt bzw. Geburtshelfer erfolgen sollte.

Leberrelevante physiologische Veränderungen in der Schwangerschaft

Die Bewertung der biochemischen Leberparameter als Grundlage zur Einordnung spezifischer Lebererkrankungen in der Schwangerschaft weist durch schwanger-schaftsphysiologische Veränderungen einige Charakteristika auf. Ohne Kenntnis schwangerschaftsspezifischer Normwerte ist eine adäquate Bewertung hepatolo-gisch relevanter Laborparameter als Baustein der Basisdiagnostik nicht möglich.

Transaminasen, γ-GT und Bilirubin bleiben während der Schwangerschaft im Norm-bereich. Im 3. Trimenon steigt die alkalische Phosphatase (AP) durch plazentare Sekre-tion an. Da die Leberwerte bis auf die AP normwertig bleiben, ist eine weitergehende Diagnostik notwendig, wenn entsprechende laborchemische Abweichungen fest-stellbar sind. Weitere für die Einschätzung der Leberfunktion relevante Parameter fasst Tabelle 1 zusammen.

Lebererkrankungen in der Schwangerschaft

Leberwerterhöhungen treten in etwa 3–5% aller Schwangerschaften auf. Unterschie-den werden folgende Kategorien bei Lebererkrankungen in der Schwangerschaft (vgl. Tabelle 2): • schwangerschaftsspezifische• koinzidente• präexistente Lebererkrankungen

Schwangerschaftsspezifische Lebererkrankungen stellen eine häufige Ursache einer Hepatopathie in der Schwangerschaft dar und werden durch die Schwangerschaft selbst ausgelöst. Sie treten charakteristischerweise zu unterschiedlichen Zeiten im Verlauf einer Schwangerschaft auf.

Tab. 1Auswahl hepatologisch relevanter Laborparameter mit Angabe schwangerschaftsphysiologischer Veränderungen

In Schwangerschaft Laborparameter

Keine Veränderung Transaminasen, Bilirubin, γ-GT, INR

Reduziert Hämoglobin, Albumin, Kreatinin, Harnstoff

Erhöht Alkalische Phosphatase, α-Fetoprotein, Cholesterin, Triglyceride, Leukozyten, Fibrinogen

P Die Leberwerte im engeren Sinne (ALT, γ­GT, Bilirubin) bleiben während der Schwangerschaft normwertig; somit sind Laborwertveränderungen immer abklärungswürdig.

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Diagnostische Abklärung

Die Indikation zur hepatologischen Diagnostik ergibt sich bei jeder Schwangeren mit erhöhten Leberwerten oder Pruritus. Ferner erfordert z. B. der Nachweis eines Hepati-tis-B-surface (HBs)-Antigens im Rahmen des Hepatitis-B-Virus (HBV)-Screenings der Schwangeren eine weiterführende spezifische Diagnostik. Anamnestisch steht insbe-sondere die Klärung einer möglicherweise in Betracht zu ziehenden medikamentös-toxischen Ursache der Hepatopathie im Vordergrund. Die laborchemische Differenzi-aldiagnostik dient dem Ausschluss bisher nicht diagnostizierter präexistenter oder neu aufgetretener spezifischer Hepatopathien (Hepatitis A–E, Zytomegalie-, Epstein-Barr-, Herpes-simplex- und Parvovirusinfektionen, Autoimmunhepatitis, α1-Antitrypsin-mangel, Morbus Wilson, primär biliäre Zirrhose). Eine Abdomensonografie zur Erfassung chronischer Leberparenchymveränderungen und insbesondere einer Cho-lelithiasis gehört zur Basisdiagnostik. Sollte eine biliäre Obstruktion nicht sicher auszu-schließen sein, sollte in Abhängigkeit des Schwangerschaftsalters eine Kernspintomo-grafie diskutiert werden. Die Indikation zur Leberbiopsie ist restriktiv zu sehen und besteht allenfalls in sehr seltenen Fällen mit spezifischen, weniger invasiv nicht zu klärenden Fragestellungen.

Spezifische Krankheitsbilder

Hinsichtlich spezifischer hepatologischer Krankheitsbilder in der Schwangerschaft er-geben sich unterschiedliche Inzidenzen in Abhängigkeit von der Dauer der Schwan-gerschaft. Abbildung 1 illustriert die zeitliche Verteilung auf unterschiedliche Schwan-gerschaftsphasen ausgewählter Lebererkrankungen.

Tab. 2Klassifizierung unterschiedlicher Lebererkrankungen in der Schwangerschaft (Auswahl)

Lebererkrankungen in der Schwangerschaft

• Schwangerschaftsspezifische Lebererkrankungen

• Leberbeteiligung bei Hyperemesis gravidarum

• Intrahepatische Schwangerschaftscholestase

• Leberbeteiligung bei Präeklampsie/Eklampsie

• HELLP-Syndrom

• Akute Schwangerschaftsfettleber

Koinzidente hepatobiliäre Erkrankungen

• Akute Virushepatitis

• Medikamentös-toxische Hepatopathie

• Bakterielle Erkrankungen

• Akute Cholezystitis

• Budd-Chiari-Syndrom

Präexistente hepatobiliäre Erkrankungen

• Chronische Virushepatitis

• Autoimmunhepatitis

• Primär biliäre Zirrhose

• Leberzirrhose/portale Hypertonie

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Leberbeteiligung bei Hyperemesis gravidarum

Charakteristisch für die Hyperemesis gravidarum, die etwa 0,3% aller Schwangeren betrifft, ist das unstillbare Erbrechen mit Beginn im 1. Trimenon. Bei ausgeprägter klini-scher Symptomatik erfordert das Krankheitsbild eine stationäre Betreuung der Patien-tinnen mit intravenöser Rehydrierung und parenteraler Ernährung. Ätiologisch wer-den immunologische, hormonelle und psychologische Faktoren diskutiert. Vereinbar mit dem typischen Auftreten in der Frühschwangerschaft (4.–10. Schwangerschafts-woche [SSW]) scheinen erhöhte β-HCG-Spiegel die Krankheitsentstehung zu begüns-tigen [1]. Bei der Hälfte der Patientinnen kommt es zu einer Erhöhung der Transamina-sen, in der Regel bis maximal 200 IU/l [2]. Das Auftreten eines klinischen Ikterus kann vorkommen, ist aber insgesamt selten und meist milde ausgeprägt (Bilirubin < 4 mg/dl). Aufgrund der Klinik steht vonseiten der hepatologischen Differenzialdiagnostik der Ausschluss einer akuten Virushepatitis im Vordergrund. Eine frühzeitige fach-gerechte symptomatische Therapie (Rehydrierung, Gabe von Metoclopramid oder Doxylamin) ist erforderlich. An seltenen, aber schwerwiegenden Komplikationen kön-nen akutes Nierenversagen, Enzephalopathie, Ösophagusperforation und verminder-tes Geburtsgewicht auftreten.

Leberbeteiligung bei Präeklampsie (hypertensive Schwangerschafts-erkrankung)

Die Präeklampsie ist eine häufige Schwangerschaftskomplikation mit hohen Risiken für Mutter und Kind [3]. Charakteristisch ist die Hypertonie > 140/90 mmHg sowie die Proteinurie > 300 mg/Tag nach der 20. SSW bei zuvor bestehender Normotension. Betroffen sind 2–5% aller Schwangerschaften im letzten Trimenon unter Bevorzugung sehr junger Frauen und Erstgebärender über 40 Jahre. Klinisch bestehen häufig Schwindel, Kopfschmerzen, Benommenheit, Sehstörungen sowie Übelkeit und Erbre-chen. Komplikationen umfassen die Eklampsie mit zentralnervösen Komplikationen (Krampfanfälle) sowie das HELLP-Syndrom (s. u.).

Eine Leberbeteiligung ist mit etwa 20% häufig (Transaminasen, AP und Bilirubin er-höht) und zeigt einen schwerwiegenden Präeklampsieverlauf mit hoher perinataler Morbidität und Mortalität an. Die Therapie erfolgt stationär mit Blutdrucksenkung, An-tikonvulsionsprophylaxe mit Magnesiumsulfat und ggf. Schwangerschaftsbeendi-gung. Risiken bestehen insbesondere im Hinblick auf eine Frühgeburtlichkeit und im Langzeitverlauf durch das signifikant gesteigerte kardiovaskuläre Risiko. Die Erkran-kung bildet sich nach Entbindung vollständig zurück [4].

Abb. 1ICP

HELLP

AFLP

HG

Virushepatitis

Biliäre Obstruktion

Monat 1 2 3 4 5 6 7 8 9

Trimenon 1 2 3

Ursachen unterschiedlicher Lebererkrankungen in der Schwangerschaft in Abhängigkeit des Gestationsalters.ICP = intrahepatische Schwangerschaftscholestase; HELLP = hemolysis, elevated liver enzymes, low platelet count-Syndrom; HG = Hyperemesis gravidarum; AFLP = akute Schwangerschaftsfettleber.

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Intrahepatische Schwangerschaftscholestase

Als reversible Störung der Gallensekretion stellt die intrahepatische Schwangerschafts-cholestase (ICP) eine klassische schwangerschaftsspezifische Lebererkrankung dar. Es wurde eine deutliche, regional unterschiedliche Krankheitsinzidenz mit hohem Vorkommen z. B. in Chile und Schweden beobachtet [5]. In Deutschland kann von 1 ICP-Fall pro 100 Schwangerschaften ausgegangen werden. In etwa zwei Drittel der Fälle manifestiert sich die Schwangerschaftscholestase im 3. Trimenon; ein früher ICP-Beginn im 1. Trimenon kann vorkommen, ist aber insgesamt untypisch (< 10%). Die Genese wird als multifaktoriell angesehen. Pathophysiologisch führend involviert sind genetische und hormonelle Faktoren. Ferner werden gastrointestinale und urogenita-le Infektionen sowie niedrige Serum-Selenspiegel diskutiert. Die Bedeutung hormo-neller Faktoren wird durch eine erhöhte ICP-Rate bei Mehrlingsschwangerschaften (etwa 20%) sowie die regelhafte postpartale Rückbildung deutlich. Außerdem beste-hen ein gesteigertes Rezidivrisiko in Folgeschwangerschaften (40–80%) und ein Cho-lestaserisiko bei Anwendung höher dosierter Kontrazeptiva. Letztere sind dennoch nicht grundsätzlich kontraindiziert, sollten aber vonseiten der Leberwerte überwacht werden. Experimentelle Daten verweisen ferner auf eine Dysfunktion bzw. Repression hepatobiliärer Transporter, z. B. der Gallensäuren-Exportpumpe ABC-Transporter B11 (ABCB11) oder des hepatokanalikulären Phosphatidylcholin-Transporters ABCB4, durch spezifische, in der Schwangerschaft vermehrt anfallende Hormonmetabolite wie D-glucuronidierte Östrogene und sulfatierte Progesteronmetabolite [6–7]. Die Bedeu-tung genetischer Faktoren ergab sich zunächst aus der familiären Häufung sowie den unterschiedlichen ICP-Inzidenzen in Abhängigkeit von der ethnischen Herkunft. Gleichzeitig hat sich gezeigt, dass Mütter von Kindern mit progressiver familiärer intra-hepatischer Cholestase (PFIC), welche durch pathogene Mutationen unterschiedli-cher hepatobiliärer Transporter bedingt ist, vermehrt an Schwangerschaftscholestase erkranken. Mittlerweile sind mehrere, mit ICP-assoziierte Genvarianten der hepatobili-ären Transporter ABCB4 und ABCB11 beschrieben und in größeren Kollektiven validiert worden [8–10]. Somit kann das Auftreten einer Schwangerschaftscholestase als Marker einer reduzierten hepatobiliären Transporterkapazität in genetisch prädisponierten Individuen bei schwangerschaftstypischem Cholestasestress aufgefasst werden [11].

Ferner bestehen heterogene Assoziationen zu weiteren hepatologisch-gastroentero-logischen Erkrankungen wie Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion, nicht-alkoholischer Steatohepatitis, Cholelithiasis und Pankreatitis [12]. Insbesondere mit einer chroni-schen HCV-Infektion gibt es wechselseitige Beziehungen: So konnte in einer Unter-suchung gezeigt werden, dass HCV-positive Patientinnen ein deutlich gesteigertes Risiko zur ICP-Entwicklung aufweisen (16% vs. 1%) bzw. dass bei ICP-Patientinnen 3,5-fach häufiger ein HCV-Nachweis zu führen ist [12–13]. Somit sollte bei allen Patien-tinnen mit Schwangerschaftscholestase eine entsprechende serologische und ggf. molekulargenetische Diagnostik erfolgen.

Wesentliche diagnostische Kriterien für eine ICP sind:• Pruritus (klinischer Leitbefund)• ALT-Erhöhung (in der Regel < 300 U/l, AST/ALT-Quotient < 1)• Gallensäuren > 10 µmol/l• γ-GT meist normwertig• Ausschluss anderer Lebererkrankungen• spontane postpartale Restitutio ad integrum (ICP im klassischen Sinne)

Ein klinischer Ikterus wird in < 10% der Fälle beobachtet; ein gleichfalls seltenes Sym-ptom kann die Steatorrhö mit assoziiertem Vitamin-K-Mangel und Gerinnungsstö-rung darstellen (dann mindestens wöchentliche INR-Kontrollen). Wichtig ist im Rah-men der Erstdiagnostik eine exakte Bilanzierung des Hautbefunds. Bestehen neben den Pruritus-bedingten Kratzartefakten exanthemische Hautveränderungen, sollten primäre Hauterkrankungen wie pruriginöse und urtikarielle Papeln und Plaques (PUPP) in Betracht gezogen werden. Eine Abdomensonografie ist obligat, während eine Leberbiopsie nicht indiziert ist. Bei (untypischer) Erhöhung der γ-GT ist differen-zialdiagnostisch eine mögliche ABCB4-Defizienz zu beachten. Diesen Patientinnen kann eine entsprechende genetische Diagnostik in ausgewählten Laboratorien ange-

P Bei Pruritus in der Schwangerschaft sind die Leberwerte zu bestimmen.

P Eine γ­GT­Erhöhung ist bei ICP selten und sollte den Verdacht auf eine mögliche ABCB4­Defizienz lenken.

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boten werden; es sollte eine engmaschige Kontrolle nach Abschluss der Schwanger-schaft – insbesondere mit Blick auf Cholelithiasis-Komplikationen und/oder ausblei-bende laborchemische Restitutio post partum – erfolgen [11].

In einer großen Studie zur ICP aus Schweden mit 635 Fällen bei 45.485 Schwanger-schaften konnte gezeigt werden, dass die Serum-Gallensäurenkonzentration direkt mit dem Risiko fetaler Komplikationen wie Frühgeburt, intrauteriner Fruchttod und Amnioninfektionssyndrom korreliert. Die Wahrscheinlichkeit für fetale Komplikatio-nen steigt ab einer Gallensäurenkonzentration > 40 µmol/l um 1–2% pro µmol/l [14]. Für das Verständnis fetaler Komplikationen ist wichtig, dass die Gallensäurenkonzent-rationen in der Amnionflüssigkeit, dem Nabelschnurblut und im Mekonium nach-weisbar erhöht sind (gesteigerter materno-fetaler Gallensäurenflux).

Therapeutisch steht bei ICP die Behandlung mit Ursodeoxycholsäure (UDCA) in einer Dosierung von 8–15 mg/kg KG/Tag im Vordergrund, für die 3 größere positive dop-pelblinde, randomisierte Studien und eine entsprechende Metaanalyse vorliegen [15–17]. Auch wenn formal keine Zulassung für UDCA in der Schwangerschaft besteht, ergibt sich aus der bisherigen Datenlage kein fetales Gefährdungspotenzial durch deren Einsatz in der Schwangerschaft ab dem 2. Trimenon. Die UDCA-Wirkung bei ICP wird auf die Stimulation der hepato- und cholangiozellulären Transporter sowie anti-apoptotische Effekte und die Reduktion der Gallensäurentoxizität zurückgeführt [18]. Der positive Effekt auf den Pruritus und eine Verbesserung der Leberwerte ist belegt und die Entbindung erfolgt im Mittel 4 Wochen später [16]. In zweiter Linie kommt eine Therapie mit dem Methylgruppendonator S-Adenosylmethionin (SAMe) in einer Dosierung von 600–1800 mg/Tag in Betracht. Beide Substanzen können auch kombi-niert eingesetzt werden und weisen möglicherweise synergistische Effekte auf [19]. In ausgewählten klinischen Situationen mit frustranen Vortherapien kann eine Therapie mit Rifampicin, das die hepatobiliäre Transporterexpression stimuliert, in Erwägung gezogen werden. Symptomatisch wird zusätzlich mit Antihistaminika und/oder Cole-styramin behandelt. Bei letzterer Substanz ist auf die mögliche Induktion eines Vita-min-K-Mangels und auf eine Störung der Resorption anderer Pharmaka zu achten; daher muss Colestyramin zeitlich versetzt zu der übrigen Medikation eingenommen werden.

Management der Schwangerschaftscholestase:• Ausschluss anderer Cholestaseursachen • Wöchentliches Monitoring inklusive Bestimmung von ALT, Bilirubin und Gallen-

säuren im Serum (Risikoschwangerschaft!)• Behandlung des Pruritus mit UDCA v. a. bei Gallensäuren > 40 µmol/l oder bei

Beginn vor der 33. SSW• Geburtseinleitung bei milder Cholestase nicht später als 37.–38. Schwangerschafts-

woche (SSW), bei Ikterus ab 33. SSW• Genetische Diagnostik im Rahmen von Studien

HELLP-Syndrom (hemolysis, elevated liver enzymes, low platelet count)

Das HELLP-Syndrom betrifft 0,2–0,8% aller Schwangerschaften und stellt eine poten-ziell lebensbedrohliche Verlaufsform der Präeklampsie dar (2–12% aller Patientinnen sind betroffen), die durch Hypertonie und Proteinurie gekennzeichnet ist. Charakteris-tisch und namensgebend ist die Trias aus Hämolyse, erhöhten Leberenzymen und Thrombozytopenie (< 100.000/ml). Im Mittel manifestiert sich die Erkrankung in der 33.–34. SSW, wobei in bis zu 10% postpartale Verlaufsformen vorliegen können. Ur-sächlich wird bei der Präeklampsie, welche bei 10–20% der Patientinnen in ein HELLP-Syndrom übergehen kann, eine multifaktorielle Genese angenommen. Diskutiert werden in diesem Zusammenhang u. a. eine plazentare Minderdurchblutung, mater-nale Stoffwechsel- und Gerinnungsstörungen, eine unzureichende Gewebeüberein-stimmung zwischen Mutter und Kind und genetische Faktoren. Durch die Endothel- und Gerinnungsaktivierung kommt es zu einer mikroangiopathischen Hämolyse, periportalen hepatischen Nekrosen und Thrombozytopenie. Das mögliche Vorliegen

P Ursodeoxycholsäure stellt die Therapie der ersten Wahl bei ICP dar („off­label use“): 8–15 mg/kg KG/Tag.

P Bei rechtsseitigen Oberbauch­schmerzen sollte in der Schwangerschaft immer – auch unabhängig von einer Präeklampsie – an ein HELLP­Syndrom gedacht werden und eine entsprechende laborchemische Abklärung erfolgen.

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eines Antiphospholipid-Syndroms, einem Präzipitationsfaktor für eine schwere Präe-klampsie, ist zu beachten, da es mit endothelialer Dysfunktion, Gerinnungskomplika-tionen und einem erhöhten Risiko für Multiorganversagen einhergeht [20].

Klinisch wegweisend sind Oberbauchschmerzen und Übelkeit mit oder ohne Erbre-chen. In dieser Konstellation stehen eine umgehende Sonografie mit der Frage nach Leberhämatomen und weitere Labordiagnostik im Vordergrund. Der Abfall des Se-rum-Haptoglobins stellt den sensitivsten Hämolyseparameter dar. Die Bestimmung der Antithrombin-III (ATIII)-Spiegel kann bei der Abgrenzung zur thrombotisch-throm-bozytopenischen Purpura (TTP) bzw. zum hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS) hilfreich sein. Die frühzeitige differenzialdiagnostische Einordnung kann ferner in Fällen mit noch normalen Thrombozytenzahlen und in den 10–20% der Fälle ohne Präeklampsie erschwert sein. Sehr wichtig bei initial unvollständigem laborchemi-schem Bild eines HELLP-Syndroms sind engmaschige Kontrollen in 4- bis 6-stündli-chen Intervallen.

Therapeutisch steht bei einer Gestationsdauer jenseits der 32. SSW die Beendigung der Schwangerschaft im Vordergrund. In der Regel ist eine operative Entbindung erforderlich. Der Verlauf ist sehr variabel; zu achten ist insbesondere auf die Entwick-lung von disseminierter intravasaler Gerinnung, Nierenversagen, Plazentalösung und Fruchttod.

Als prognostisch ungünstig muss ein ausbleibender Wiederanstieg der Thrombozy-tenzahlen innerhalb von 96 Stunden nach Entbindung angesehen werden. In selte-nen Fällen kommt vor der 32. SSW bei stabilem Zustand von Mutter und Kind ein konservatives Vorgehen unter Induktion der fetalen Lungenreifung in Betracht. Hier-bei ist ein intensivmedizinisches Monitoring erforderlich. Im Falle akuter Komplikatio-nen ist die Schwangerschaft aus maternaler Indikation unverzüglich zu beenden. Die-se umfassen Abruptio placentae, refraktäre Präeklampsie bzw. drohende Eklampsie mit zentralnervösen Symptomen oder Leberhämatom/-ruptur. Auch nach Beendi-gung der Schwangerschaft ist eine engmaschige Überwachung der Patientinnen not-wendig, um sekundäre Komplikationen nicht zu übersehen. Prognostisch ungünstig sind vor allem persistierende Oberbauchschmerzen (Gefahr der Leberruptur mit sehr hoher maternaler und fetaler Mortalität) und ein ausbleibender Thrombozytenan-stieg. Mit einer maternalen Mortalität von ≤ 1% entwickelt sich bei chronischer Plazen-tainsuffizienz in 30–60% der Schwangerschaften eine intrauterine Wachstumsverzö-gerung mit Gefahr des intrauterinen Fruchttods. Die perinatale Mortalität wird mit 9–16% angegeben.

Akute Schwangerschaftsfettleber

Die akute Schwangerschaftsfettleber ist eine sehr seltene (Inzidenz 1:13.000 Schwan-gerschaften), schwerwiegende Schwangerschaftskomplikation mit schwerster mik-rovesikulärer Steatose und Gefahr des fulminanten Leberversagens (Abb. 2). Die Stea-tohepatitis ist mit einer mitochondrialen Dysfunktion vergesellschaftet und wird wahrscheinlich bei genetischer Prädisposition exogen durch Medikamente oder In-fektionen getriggert. In Einklang mit der mitochondrial bedingten Steatohepatitis konnte kürzlich gezeigt werden, dass bei bis zu 20% der Patientinnen mit akuter Schwangerschaftsfettleber eine spezifische heterozygote Mutation im HDAHA-Gen vorliegt (p.E474Q), welches für die α-Untereinheit der 3-Hydroxyacyl-CoA-Dehydroge-nase langkettiger Fettsäuren (LCHAD) kodiert (Heterozygotenrate 1:175–680) [21]. Die-ses Enzym katalysiert einen wichtigen Schritt in der β-Oxidation langkettiger Fett-säuren. Da eine klinische Krankheitsmanifestation bei einer gleichzeitig bestehenden fetalen Homozygotie auftritt, wird angenommen, dass die Kombination des maternal und plazentar gestörten Fettsäurenmetabolismus mit Exzess an 3-Hydroxy-Fettsäure-metaboliten die Lebererkrankung induziert. Während diese neueren molekulargeneti-schen Erkenntnisse einen Fortschritt im grundlegenden Verständnis der Schwanger-schaftsfettleber bedeuten, sind bisher nur wenige Mutationen in anderen Enzymen beschrieben worden.

P Schwerwiegende Komplikationen treten beim HELLP­Syndrom nicht selten postpartal auf. In 10% der Fälle entwickelt sich die Erkrankung erst nach der Entbindung.

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In der Regel liegt ein sehr rascher Krankheitsbeginn mit plötzlicher Übelkeit, Erbre-chen, Oberbauchschmerzen und nicht selten Fieber in der Spätschwangerschaft vor (30.–38. SSW). Bei bis zu 50% der Patientinnen werden auch Zeichen einer Präeklamp-sie (Hypertonie, Proteinurie) beobachtet. Als prognostisch ungünstig muss wegen des sehr hohen Risikos des kurzfristigen Übergangs in ein akutes Leberversagen das Auftreten eines Ikterus bzw. von Aszites gewertet werden. Die Transaminasen sind – der alkoholischen Hepatitis vergleichbar – bei prominenter Leukozytose > 20.000/µl oft nicht massiv erhöht (in der Regel < 500 U/l). Charakteristisch ist ferner die Stoff-wechselinstabilität mit Auftreten von Hypoglykämie und Hyperurikämie. Aufgrund des hohen Risikos für ein Multiorganversagen sollte ein Monitoring aller relevanten Organsysteme, insbesondere der Nierenfunktion und der Gerinnung, erfolgen. Da die Steatosis sonografisch häufig, aber nicht immer dargestellt werden kann, ist eine bioptische Sicherung der Diagnose in Einzelfällen nach Optimierung der Gerinnungs-parameter zu erwägen.

Bei Diagnosestellung ist eine zeitnahe, in der Regel operative Schwangerschaftsbeen-digung indiziert. Die Indikation zur intensivmedizinischen Überwachung der Patien-tinnen in der peripartalen Phase ist großzügig zu stellen; sie ist bei klinischen Zeichen eines Leber- oder sonstigen Organversagens obligat. In diesem Fall sollte eine Ver-legung in ein Transplantationszentrum erwogen werden. Insbesondere können Blu-tungskomplikationen unter der Entbindung auftreten. Die maternale Mortalität konnte in den letzten Jahrzehnten durch Verbesserungen in der Diagnostik und der Therapie der Erkrankung auf unter 10% gesenkt werden. Neugeborene von Müttern mit Schwangerschaftsfettleber müssen engmaschig hinsichtlich Hypoglykämien und Leberfunktion überwacht werden. Insbesondere bei einer LCHAD-Defizienz, die im Neugeborenen-Screening erfasst wird, besteht ein erhebliches perinatales Komplika-tionspotenzial (Kardio-/Neuromyopathie).

Übersicht Differenzialdiagnostik Lebererkrankungen in der Schwangerschaft

Die wesentlichen laborchemischen und klinischen Charakteristika der 3 schwanger-schaftsspezifischen Lebererkrankungen im engeren Sinne (Schwangerschaftscholes-tase, -fettleber und HELLP-Syndrom) sind in Abgrenzung zu der wichtigen Differenzi-aldiagnose der akuten Virushepatitiden in Tabelle 3 zusammengefasst.

Abb. 2

Akute Schwangerschaftsfettleber(zur Verfügung gestellt von Prof. Dr. K. Donhuijsen, Institut für Pathologie, Klinikum Braunschweig)

P Im Gegensatz zum HELLP­Syndrom (Leberfunktionsstörung proportional zur ALT­Erhöhung) kontrastiert bei der akuten Schwangerschaftsfettleber meist die vergleichsweise moderate ALT­Erhöhung mit der Schwere der Leberfunktionsstörung.

P Nach akuter Schwangerschafts­fettleber sollte umgehend das Neugeborenen­Screening erfolgen und ggf. bei den Eltern eine genetische Diagnostik veranlasst werden.

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Weitere präexistente bzw. koinzidente Lebererkrankungen in der Schwangerschaft

Cholelithiasis

Insgesamt besteht in der Schwangerschaft ein erhöhtes Risiko zur de-novo-Gallen-steinbildung, das zum Teil durch die Progesteron-induzierte Hypomotilität der Gallen-blase bedingt ist [22]. Passend hierzu konnte gezeigt werden, dass das Nüchtern- und Residualvolumen der Gallenblase im Verlauf der Schwangerschaft zunimmt. Zudem stimulieren Östrogenmetabolite die hepatische Cholesterinsekretion, was ebenfalls einen lithogenen Faktor in der Schwangerschaft darstellt. Ko et al. führten hierzu eine prospektive Studie bei 3254 Schwangeren durch. Hierbei konnten bei je 5% der Schwangeren Sludge bzw. Steine nachgewiesen werden [23]. 1,2% der Schwangeren entwickelten Symptome, wobei jedoch keine Komplikationen auftraten. Ein Vergleich der Rate symptomatischer Gallenwegserkrankungen mit Nicht-Schwangeren zeigte jedoch keine signifikanten Unterschiede, sodass biliäre Komplikationen in der Schwan-gerschaft insgesamt selten auftreten. Demgegenüber besteht eine hohe Rate post-partaler Komplikationen mit gehäuften biliären Koliken im Puerperium und hoher Cholezystektomierate (0,8%) im ersten Jahr nach der Entbindung [23].

Kommt es zu biliären Komplikationen in der Schwangerschaft, so besteht kein grund-sätzlicher Unterschied in der klinischen Präsentation im Vergleich zu nicht-schwange-ren Patientinnen. Zu beachten ist jedoch, dass durch schwangerschaftsbedingte int-raabdominelle Lageveränderungen die in der Schwangerschaft bedeutend häufigere Appendizitis auch mit rechtsseitigen Oberbauchschmerzen einhergehen kann. In der Regel kann die akute Cholezystitis in der Schwangerschaft konservativ beherrscht werden (Nahrungskarenz, parenterale Volumentherapie, Spasmolyse, Analgesie und intravenöse Antibiose, z. B. Ampicillin). Allerdings kommt es bei bis zu 40% der kon-servativ therapierten Patientinnen noch während der Schwangerschaft zu einem symptomatischen Rezidiv [24]. Im 1. und 2. Trimenon kann eine laparoskopische Chole zystektomie bei dringlicher Indikation unter spezifischen Kautelen (niedriger intraabdomineller Druck, fetales Monitoring) durchgeführt werden. Die Indikation zur Cholezystektomie im 3. Trimenon sollte mit Blick auf eine mögliche Auslösung vorzei-

Tab. 3Übersicht wichtiger Differenzialdiagnosen von Lebererkrankungen in der Schwangerschaft

Kriterien HELLP- Syndrom

Akute Schwanger-schafts fett- leber

Akute Virus- hepatitis

Intra- hepatische Schwanger-schafts- cholestase

Hämolyse ++ (+) – –

Transaminasen ↑ ++ ++ +++ +

Thrombozytopenie ++ sekundär + – –

Hypertonie ++85–95%

+30–50%

– –

Proteinurie +++ + – –

Leukozytose – +++ ++ –

Nierenversagen + → +++ sekundär + – –

Neurologische Symptome

+ → +++ ++ – –

Ikterus (+) + +++ (+)

Andere DIG Hypoglykämie DIG → Blutungen

Bilirubin ↑ Virusserologie

Pruritus Cholestase

DIG = disseminierte intravasale Gerinnung

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tiger Wehentätigkeit und der erschwerten anatomischen Verhältnisse bei fortgeschrit-tener Schwangerschaft sehr zurückhaltend gestellt werden. Die fetale Sterblichkeit für laparoskopische Cholezystektomien fällt im Vergleich zum offenen Vorgehen etwas geringer aus (4% vs. 5%). Symptomatische Gallengangssteine in der Schwangerschaft werden durch eine endoskopische Papillotomie und Steinextraktion therapiert; eine Indikation zur Anwendung von Gallensäuren mit dem Ziel einer möglichen Steinauf-lösung besteht nicht. Die Verwendung von Röntgenstrahlen stellt bei Beachtung der Strahlenschutzrichtlinien auch im 1. Trimenon keine absolute Kontraindika tion dar [24].

Akute Virushepatitiden

Akute Virushepatitiden nehmen in der Regel in der Schwangerschaft einen vergleich-baren Verlauf wie außerhalb der Schwangerschaft. Bei Verdacht auf eine akute Virus-hepatitis sollte auf die Virushepatitiden A–E (Anti-HAV-IgM, HBs-Antigen, Anti-HBc, Anti-HCV, HCV-RNA und Anti-HEV) und Zytomegalie-, Epstein-Barr-, Herpes-simplex- und Parvovirusinfektionen getestet werden. Bei der Betreuung akuter viraler Hepatiti-den in der Gravidität sind folgende wesentliche Punkte zu berücksichtigen:• Akute Hepatitis-A-Infektion: Hinweise auf eine erhöhte Rate maternaler Komplika-

tionen und Frühgeburtlichkeit [25]• Hepatitis E: Gefahr des fulminanten Leberversagens im 2. und 3. Trimenon, hohe

maternale Mortalität (bis 70%) in Indien [26]; Risiken autochton erworbener HEV- Infektion unzureichend untersucht

• Zytomegalie-Virusinfektion: bei früher Infektion Gefahr fetaler Missbildungen• Herpes-simplex-Virushepatitis: hohes Fieber und hohe Transaminasen ohne Ikterus;

Senkung der frühen hohen Mortalität durch Sectio und Aciclovir-Therapie von Mutter und Kind

HBV­Infektion und Schwangerschaft

Das HBs-Antigen-Screening ist obligater Bestandteil der Schwangerenvorsorge. Auf-grund der hohen Transmissionsrate intra partum müssen Neugeborene HBs-Ag-posi-tiver Mütter innerhalb von 12 Stunden nach der Geburt aktiv und passiv geimpft werden [27]. Das perinatale Infektionsrisiko besteht insbesondere während des Ge-burtsvorgangs und weniger in utero. Weltweit geht man davon aus, dass sich 60% aller HBV-Träger perinatal infiziert haben [28]. Ferner besteht ein besonders hohes Risiko bei HBe-Antigen-Positivität (70–90%) und speziellen geburtshilflichen Situationen wie postpartalen Hämorrhagien, mekoniumhaltigem Fruchtwasser oder Oligohydramni-on [29]. Epidemiologisch sind in Deutschland hauptsächlich Familien mit Migrations-hintergrund betroffen (HBsAg-Prävalenz 3% vs. 0,14%). HBV-infizierte Patientinnen müssen post partum wegen der Gefahr einer Exazerbation bei 40% der Schwangeren sorgfältig überwacht werden [30]. Dies betrifft insbesondere Patientinnen, die eine Therapie im Rahmen der Schwangerschaft oder nach Entbindung unterbrochen ha-ben. Grundsätzlich sollte bei allen HBsAg-positiven Schwangeren eine regelmäßige Bestimmung von ALT und HBV-DNA während der Schwangerschaft und bis 6 Monate nach Entbindung erfolgen. Eine Indikation zur operativen Entbindung besteht vorbe-haltlich einer adäquaten Aktiv- und Passivimmunisierung nicht.

Eine Therapie mit pegyliertem Interferon ist in der Schwangerschaft streng kontrain-diziert. Unter Berücksichtigung von Risiken und Nutzen kann eine antivirale Therapie mit Nukleos(t)idanaloga bei chronischer HBV-Infektion in der Schwangerschaft be-gonnen bzw. fortgesetzt werden. An spezifischen Substanzen kommen hier Tenofovir (FDA-Kategorie B), Lamivudin (FDA-Kategorie C, nach Rote Liste-Gruppe 6) und Telbi-vudin in Betracht [31]. Nach Maßgabe von HIV-Registerdaten ergab sich bei > 7000 Schwangerschaften unter Lamivudin kein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko für Fehlbil-dungen bzw. Geburtsdefekte. Bei Patientinnen mit sehr hoher Virämie wird die Einlei-tung einer antiviralen Therapie im 3. Trimenon empfohlen (Grenzwert: HBV-DNA > 200.000 IU/ml; vorwiegend HBe-Antigen-positive Frauen mit vertikalem Transmis-sionsrisiko > 10%) [32]. Sofern die Reduktion des perinatalen Transmissionsrisikos die alleinige Therapieindikation darstellt, sollte diese nach Empfehlungen der DGVS frü-hestens 6 Monate nach Entbindung beendet werden [27].

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Bei HBV-Patientinnen mit prinzipiellem Kinderwunsch ergeben sich somit mehrere Vorgehensweisen: Zunächst sollte geprüft werden, ob eine Therapie mit pegyliertem Interferon (unter strengem Kontrazeptionsschutz!) sinnvoll erscheint (Vorteil der zeit-lich begrenzten Behandlung); beim Fehlen signifikanter Fibrose oder sonstiger zwin-gender Gründe für eine unmittelbare Therapie kann erwogen werden, die Therapie bis zur Realisierung des Kinderwunschs zu verschieben. Letztlich kann bei dringlicher Therapieindikation diese mit z. B. Tenofovir begonnen werden. Tritt bei einer Patientin unter laufender antiviraler HBV-Therapie eine Schwangerschaft ein, sollten sowohl Dringlichkeit der Therapieindikation und die Präparateauswahl reevaluiert werden [32]. Eine bestehende Therapie mit Lamivudin oder Tenofovir kann bei gegebener In-dikation in der Regel fortgesetzt werden. Eine bestehende Therapie mit Entecavir oder Adefovir sollte z. B. auf Tenofovir oder Telbivudin umgestellt werden.

Auch wenn eine theoretische Möglichkeit der HBV-Übertragung durch Stillen besteht und einzelne Nukleos(t)idanaloga in der Muttermilch nachweisbar sind, bestehen nach Maßgabe der aktuellen Leitlinien bei korrekt durchgeführter Aktiv- und Passi-vimmunisierung keine grundsätzlichen Einwände gegen das Stillen [27].

HCV­Infektion und Schwangerschaft

Das Risiko für perinatale Infektionen kann mit durchschnittlich < 5% angegeben wer-den. Es besteht eine (schwache) Korrelation mit der Höhe der Viruslast (insbesondere ab 5 x 107 Kopien/ml); der HCV-Genotyp scheint das Risiko nicht zu beeinflussen [33]. Vergleichbar mit der Situation bei HBV-Infektion kann eine vaginale Entbindung durchgeführt werden; auch gegen das Stillen bestehen (bei HIV-Negativität) keine grundsätzlichen Einwände. Klinisch kann eine HCV-Infektion des Kindes erst bei Anti-körperpersistenz über den 18. Monat hinaus bzw. beim Nachweis von HCV-RNA in mindestens 2 zu verschiedenen Zeitpunkten gewonnenen Serumproben als gesichert angesehen werden.

Schwangerschaft und Stillzeit stellen absolute Kontraindikationen für eine antivirale HCV-Therapie mit pegyliertem Interferon und Ribavirin dar; nach einer solchen Thera-pie muss aufgrund der Teratogenität von Ribavirin ein sicherer Kontrazeptionsschutz über mindestens 6 Monate aufrecht erhalten werden. Dies impliziert, dass im Falle ei-ner eintretenden Schwangerschaft unter HCV-Therapie diese umgehend abgebro-chen werden muss; eine Indikation zum Schwangerschaftsabbruch besteht jedoch nicht [34]. Während in der Schwangerschaft häufig Veränderungen der Transaminasen und der HCV-Virämie nachgewiesen werden können (Transaminasenabfall, anstei-gende HCV-Viruslast v. a. in der Spätschwangerschaft), gibt es bislang keine eindeuti-gen Daten, die einen wesentlichen Einfluss einer Schwangerschaft auf den längerfris-tigen Verlauf einer chronischen HCV-Infektion ableiten lassen könnten [35].

Autoimmunhepatitis

Für die Autoimmunhepatitis (AIH) besteht ein Exazerbationsrisiko während der Schwangerschaft von 21% und innerhalb der ersten 6 Monate postpartal von 52%. Im Setting einer AIH sind die Fehlgeburts- bzw. perinatalen Mortalitätsraten auf bis zu 24% gesteigert, mit positivem Ro/SSA- und SLA/LP-Antikörper-Nachweis als potenziel-ler Risikofaktor. Therapeutisch ist bei neu diagnostizierter AIH eine Monotherapie mit Prednisolon aufgrund der Präparatesicherheit in der Schwangerschaft zu bevorzugen. Sollte es zu einem Schwangerschaftseintritt unter kombinierter Therapie mit Predni-solon und Azathioprin kommen, wird zu einer Fortsetzung der Therapie geraten, da bei Verlassen der immunsuppressiven Therapie mit Azathioprin eine hohe Schubge-fahr besteht. Bis auf tendenziell etwas erhöht berichtete Frühgeburtenraten unter Azathioprin (bis 28%) gilt dieses Präparat mittlerweile bei gegebener Indikation als sicher in der Schwangerschaft. Es besteht jedoch eine Kontraindikation gegen das Stillen bei laufender Therapie mit Azathioprin (bzw. 6-Mercaptopurin). Wichtig in der klinischen Betreuung der Patientinnen mit AIH ist ferner der Ausschluss/Nachweis von Ösophagusvarizen und von häufig assoziierten Autoimmunerkrankungen [36].

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Zu empfehlende Literatur

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34 Sarrazin C, Berg T, Ross RS, Schirmacher P, Wedemeyer H, Neumann U, et al. Update der S3-Leitlinie Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-C-Virus (HCV)-Infektion, AWMF-Register-Nr.: 021/012. Z Gastroenterol 2010; 48: 289–351.

35 Conte D, Fraquelli M, Prati D, Colucci A, Minola E. Prevalence and clinical course of chronic hepatitis C virus (HCV) infection and rate of HCV vertical transmission in a cohort of 15,250 pregnant women. Hepatology 2000; 31: 751–755.

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Literatur

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Bitte beachten Sie:Bei der Beantwortung der Fragen ist immer nur 1 Antwort möglich.

Die Beantwortung der Fragen und Erlangung des Fortbildungszertifikats ist nur online möglich. Bitte gehen Sie dazu auf unsere Homepage www.falkfoundation.de. Unter dem Menüpunkt Falk Gastro-Kolleg können Sie sich anmelden und die Fragen beantworten. Bitte diesen Fragebogen nicht per Post oder Fax schicken!

Wichtig:Fragebeantwortung unter

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Leber und Gallenwege

Fragen zu Schwangerschaft und Leber

Frage 1: Welche Aussage trifft für schwangerschaftsspezifische Veränderun-gen hepatologisch relevanter Laborparameter zu?

EE Durch relativen Volumenmangel steigen die Hämoglobinwerte anEE ALT und AST steigen in jeder Schwangerschaft leicht anEE γ-GT-Erhöhungen in der Schwangerschaft sind physiologischEE Die alkalische Phosphatase ist durch plazentare Sekretion im 3. Trimenon oft

gering erhöhtEE Erhöhungen des α-Fetoproteins in der Schwangerschaft sind hochverdächtig auf

das Vorliegen eines hepatozellulären Karzinoms

Frage 2: Welche Aussage trifft für die Klassifizierung unterschiedlicher Lebererkrankungen in der Schwangerschaft nicht zu?

EE Die intrahepatische Schwangerschaftscholestase stellt eine klassische schwanger-schaftsspezifische Lebererkrankung dar

EE Koinzidente Lebererkrankungen, z. B. eine akute Virushepatitis, müssen vor der Diagnose schwangerschaftsspezifischer Lebererkrankungen immer ausgeschlossen werden

EE Eine dezidierte Zuordnung einer laborchemischen Hepatopathie in der Schwangerschaft zu einer schwangerschaftsspezifischen Lebererkrankung ist nicht immer zweifelsfrei möglich

EE Schwierig kann insbesondere die Abgrenzung schwangerschaftsspezifischer Lebererkrankungen zu medikamentös-toxischen Hepatopathien bzw. Hepato-pathien im Rahmen bakterieller Infektionen sein

EE Eine diagnostische Abklärung der Blutdrucksituation und der renalen Eiweißaus-scheidung ist für die Einordnung einer Hepatopathie in der Schwangerschaft nicht notwendig

Frage 3: Welche Aussage trifft für das Krankheitsbild der Hyperemesis gradivarum nicht zu?

EE Charakteristisch ist das unstillbare Erbrechen im 1. TrimenonEE Transaminasen > 1000 IU/l werden regelhaft beobachtetEE Ein klinischer Ikterus ist seltenEE Sehr selten tritt komplikativ eine Wernicke-Enzephalopathie aufEE Die Leberwerte normalisieren sich im weiteren Verlauf der Schwangerschaft

Frage : Zur zeitlichen Verteilung der unterschiedlichen Lebererkrankungen in der Schwangerschaft ist welche der folgenden Aussagen korrekt?

EE Das HELLP-Syndrom ist eine typische Komplikation der FrühschwangerschaftEE Die Hyperemesis gravidarum ist im 3. Trimenon am ausgeprägtesten, da hier die

höchsten HCG-Spiegel erreicht werdenEE Eine akute Virushepatitis kann während jeder Schwangerschaftsphase auftretenEE Eine biliäre Obstruktion tritt vor allem im 1. Trimenon auf und ist ursächlich

für eine Hyperemesis gravidarumEE Die akute Schwangerschaftsfettleber tritt bei genetisch prädisponierten

Patientinnen im 1. Trimenon auf

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Leber und Gallenwege

Frage 5: Welche Aussage trifft für das Krankheitsbild der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase nicht zu?

EE Pruritus, insbesondere nächtlich und an Händen bzw. Füßen, stellt das führende klinische Symptom dar

EE Pathophysiologisch wird eine Dekompensation hepatobiliärer Transportsysteme bei genetischer Prädisposition angenommen

EE Bei Mehrlingsschwangerschaften besteht ein erhöhtes RisikoEE Das Wiederholungsrisiko in Folgeschwangerschaften ist mit < 5% geringEE Orale Kontrazeptiva sind bei Zustand nach intrahepatischer Schwangerschafts-

cholestase nicht grundsätzlich kontraindiziert

Frage 6: Welche Aussage trifft für das Krankheitsbild der intrahepatischen Schwangerschaftscholestase nicht zu?

EE Ursodeoxycholsäure (UDCA) stellt das Medikament der ersten Wahl darEE Für UDCA besteht keine formale Zulassung in dieser IndikationEE Für eine Kombinationstherapie mit S-Adenosylmethionin bestehen Hinweise auf

synergistische EffekteEE Es besteht insbesondere ein gesteigertes perinatales Risiko EE Per Definition bestehen keine Assoziationen zu anderen Lebererkrankungen, wie

z. B. einer Hepatitis-C-Virusinfektion

Frage 7: Welche Aussage trifft für das HELLP-Syndrom nicht zu?

EE HELLP steht für hemolysis, elevated liver enzymes, low platelet countEE Pathophysiologisch steht eine plazentare Minderdurchblutung mit Endothel-

und Gerinnungsaktivierung im Vordergrund EE Klinisch wegweisend sind Oberbauchschmerzen im 3. TrimenonEE Ein konservatives Vorgehen ist grundsätzlich bei einem Gestationsalter ≥ 32. SSW

indiziert EE Die Leberruptur ist eine gefürchtete Komplikation des HELLP-Syndroms

Frage 8: Welche Aussage trifft für die akute Schwangerschaftsfettleber nicht zu?

EE Die akute Schwangerschaftsfettleber ist mit einer hohen maternalen und fetalen Mortalität assoziiert

EE Pathophysiologisch besteht eine mitochondriale Dysfunktion mit Auftreten einer schweren Steatohepatitis

EE Die Transaminasen sind meist massiv (> 1000 U/l) erhöhtEE Im kurzfristigen Verlauf drohen fulminantes Leber- mit Multiorganversagen EE Die Durchführung einer Leberbiopsie ist in der Regel nicht zielführend

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Leber und Gallenwege

Frage 9: Welche Aussage trifft für akute Virushepatitiden in der Schwangerschaft nicht zu?

EE Eine akute Hepatitis-A-Virusinfektion in der Schwangerschaft ist möglichweise mit gesteigerten mütterlichen Komplikationsrisiken sowie Frühgeburtlichkeit verknüpft

EE Eine Herpes-simplex-Virushepatitis erfordert eine rasche Einleitung einer anti-viralen Therapie mit Aciclovir sowie in der Regel frühzeitige Schwangerschafts-beendigung durch Sectio

EE Ein erhöhtes fetales Missbildungsrisiko besteht bei der Zytomegalie-Virusinfektion in der Schwangerschaft nicht

EE Für die akute Hepatitis-E-Virusinfektion ist eine sehr hohe maternale Mortalität (bis 70%) aus Indien berichtet worden

EE Vergleichbare Daten zur zunehmend beobachteten autochton in Europa erworbenen Hepatitis-E-Virusinfektion liegen bisher nicht vor

Frage 10:Welche Aussage trifft für das Management einer chronischen Hepatitis B-Virusinfektion im Schwangerschaftssetting nicht zu?

EE Ein fassbares Exazerbationsrisiko besteht postpartal nichtEE Eine antivirale Therapie ist unter Abwägung von Risiken und Nutzen grundsätzlich

möglichEE Pegyliertes Interferon ist in der Schwangerschaft grundsätzlich kontraindiziertEE Ein HBs-Antigen-Screening sollte regelhaft im Rahmen der Schwangerenvorsorge

durchgeführt werdenEE Bei hohem perinatalem Transmissionsrisiko besteht die Indikation zur aktiven und

passiven Impfung bei allen Neugeborenen von Müttern mit replikativer Hepatitis-B-Virusinfektion