Die kapitalistische Krise in der Geschichte 1 Karsten Meier, Juni 2009.

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Die kapitalistische Krise in der Geschichte 1 Karsten Meier, Juni 2009

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Die kapitalistische Krise in der Geschichte

1Karsten Meier, Juni 2009

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Frühe Zyklen im KonkurrenzkapitalismusWirtschaftlicher Aufschwung durch Investitionsdynamik

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ca. 10 Jahre

höheres Technologieniveau

Investitionen

erhöhteWarenproduktion

niedrige und stagnierende Löhne,rechtlose Arbeiterschaft

Fallende Preise,

erhöhteKaufkraft

Steigende Gewinne

Überhang anWarenangebot

Weniger Rendite,Investitions-stopp

Abbau von Produktions- kapazitäten (Konkurse)

Entlassungen, zunehmende Arbeitslosigkeit

CRASH

Armut undHunger

Kennzeichen der Epoche: Rege Konkurrenz, Marktmacht einzelner Unternehmen gering

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Beginn des globalisierten KapitalismusDas Entstehen erster weltweit agierender Konzerne am Ende des 19. Jahrhunderts

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Freier Kapitalverkehr, Entstehung globaler Finanzmärkte

Entstehung von großen Konzernen, die den jew. Heimatmarkt beherrschen und international aufgestellt sind

Großer Einfluss der Konzerne – bis hin zum Diktat von Preisen, Löhnen und Politik

KRIEG

Triebkraft: hoher Kapitalbedarffür Technologie(z.B. Stahl und Auto)

Kampf um Rohstoffe und Absatzmärkte

Kennzeichen der Epoche: Abnehmende wirtschaftliche Dynamik durch weniger Entwicklung von Technologie und

immer ungleichere Einkommensverteilung

1. Weltwirt-schaftskrise

1873/78

Auslöser:Börsencrash in Wien durch hemmungslose Spekulationen in Erwartung der Wiener Weltausstellung

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Die „Goldenen 20er“ und große Weltwirtschaftskrise 1929„Tanz auf dem Vulkan“, Börsencrash und Eskalation

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WELTKRIEG(“1. industrieller Krieg“)

Gründe (nach Galbraith):1. Abschnüren der Konsumnachfrage durch

ungezügelte Bereicherung der Reichen2. Bilanzmanipulationen großer Trusts und

Gewinnabführungen der Investment-Sparte (Aufblähung des Finanzmarktes, fehlende Investitionen in Produktion)

3. Desolater Zustand der US-amerikanischen Außenhandelsbilanz (Exportüberschuss), nach Crash Kapitalrückfluss nach USA – sinkende europäische Nachfrage an Waren

4. Labilität des Bankwesens – Geldhäuser kollabieren – Kettenreaktion

5. Marktradikale Berater empfehlen: Budget-ausgleich und Reduzierung der Staats-ausgaben

Entwicklung setzt sich ungebremst fort,

rege Spekulationstätigkeit auf den Wertpapiermärkten

CRASH1929

Weltwirt-schaftskrise

ab 1930

In Deutschland:

Fasch

ismus

Aufrüstung mit Kapital aus

Raub an jüdischer Bevölkerung und

Arbeiterorganisationen

2. WELTKRIEG(imperiales Ziel:

„Großdeutsches Reich“)

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In den USA greift der Staat ein und stärkt die Nachfrage„Keynesianismus“ und der „New Deal“

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Erkenntnis:• Steigende Produktivi-

tät braucht entspre-chende Kaufkraft

John Maynard KeynesBritischer Ökonomen (1883 – 1946) Keynes Maxime ist das „Deficit Spending“: In schlechten Zeiten soll die Regierung die Wirtschaft durch eine expanisve Fiskalpolitik stützen und so die Arbeitslosigkeit verringern. In guten Zeiten sollen die Defizite durch verstärktes Sparen wieder abgebaut werden. (Auch: „Antizyklische Steuer- und Wirtschaftspolitik“)

„New Deal“1932/33

Maßnahmen:• staatliche Überwachung der Börsen• Einführung von niedrigen Steuersätze

für Arme und hohen für Reiche (Erb-schaftsteuer 77%, Einkommensteuer bis 90%• Verbot von privatem Gold- und Silberbesitz•Mindestpreise für Agrarprodukte• Verordnung der 30-Stundenwoche • Bau von 122.000 öffentliche Gebäude,

1Mio. km Straßen, 77.000 Brücken gebaut und 20 Staudämme• Gewerkschaften wird eine feste rechtliche

Grundlage gegeben, Einführung eines formelles Streikrechts• Verbot von Kinderarbeit• Einführung einer Arbeitslosenversicherung,

einer staatlichen Rente, und Mindestlöhne für Industriearbeiter

„Roosevelt-Depression“ –Wirtschaftseinbruch durch Kürzung öffentlicher Investitionen wg. zu hoher Staatsverschuldung – Einsicht: Wirtschaft braucht Exportmärkte

Wirtschaftliche Erholung durch Export von Rüstungs-gütern nach England und Frankreich

1941Eintritt in den2. Weltkrieg

1937

gesteigerteKriegsproduktionZiele des „New Deal“:

• Bekämpfung der sozialen Notlage • Ankurbelung der

Wirtschaft• Schaffung eines

Sozialversicherungs-systems

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Keynesianisch geprägte Wachstumsperiode nach 1945Nachfrageorientierung und Investitionsdynamik

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Grund:• Künstliche

Nachfrage-steigerung durch Militär-ausgaben

Dollarschwemme – USA ist vom Weltgläubiger

zum -schuldner ge- worden – freie Wechsel-

kurse werden

eingeführt

Lange Wachstu

msperiode1950 – 1953Korea

1964 – 1973Vietnam

„KalterKrieg“

Grund:• System von

Bretton Woods (1944): feste Wechselkurse, goldhinterleg-ter US-Dollar als Leitwährung (verhindert u. a. Währungs-spekulationen)

Grund:• Hohe

Nachfrage in Europa und Japan (Wieder-aufbau)

Grund:• Immer mehr

Güter sind massenhaft herstellbar und erfordern rege Investitions-tätigkeit, hohe Steigerungsraten der Produktiv-kraftentwicklung

Grund:• Hohe

Kaufkraft durch Lohnzu-wächse

• Nachfragekurve industrieller Standardgütern kippt• Konzerne machen

aus ihrer Sicht zu wenig Rendite und viel Kapital ist in der Produktion gebunden – Investitionen brechen ein

Weltwirt-schaftskrise ab 1974/75

1973 – Ende von„Bretton Woods“

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Die neoliberale WendeFreie Märkte, Geldwertstabilität und Arbeitslosigkeit

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Politik im Schlepptau des Marktes – Die trinitarische Formel des Monetarismus:1.Freie und unbehinderte Märkte sind von sich aus und in sich stabil; deswegen soll sich der Staat aus der Wirtschaft heraus halten und so weit wie mög-lich alle staatlichen Funktionen privatisieren.2.Die Notenbanken sollten unabhängig von staat-lichen Weisungen arbeiten und haben nur eine Auf-gabe, nämlich die Vermeidung jeglicher Inflation. 3.Drittens: Es gibt eine „natürliche“ Arbeitslosen-quote, die zwischen drei und sechs Prozent liegt.

Friedrich August von HayekÖsterr. Sozialphilosoph und Ökonom (1899 – 1992), Begründer der Mont-Pelerin-Gesellschaft (1947) und Mitbegründer der „Chicago-Schule (Lehrtätigkeit an der dortigen Uni ab 1950) „Ungleichheit ist nicht bedauerlich, sondern höchst erfreulich ... Daher ist der Begriff der sozialen Gerechtigkeit in einer marktwirtschaftlichen Ordnung völlig sinnlos!“

Milton FriedmanUS-amerikanischer Ökonom (1912– 2006), Mitbegründer und prägender Theoretiker der „Chicago-Schule (dort mit Lehrstuhl ab 1946) „Der Glaube an individuelle Freiheit und ein Höchstmaß an Vertrauen in den Markt charakterisieren unsere Ziele. Die Regierung soll für Gesetz und Ordnung sorgen im Innern sorgen, für die nationale Verteidigung nach außen und für eine stabile Währung.“

Die „Chicago Boys“Erstes neoliberales Großprojekt: Eine Gruppe chilenischer Ökonomen (mit Milton Friedman als Lehrer und Berater) baut nach dem Putsch des Militärs 1973 das Land nach monetaristischen Grundsätzen um.Die Folgen u. a.:• alle verstaatlichten Unternehmen werden reprivatisiert• Privatisierung der Sozial- und Rentenversicherung• 40.000 Oppositionelle und Unbeugsame werden ermordet.

Neoliberale Wendepolitiker in ...

UK

Margret ThatcherPremierministerin

1979 – 1990

Ronald ReaganRepubl. Präsident

1981 – 1989

Gerhard SchröderBundeskanzler

1998 – 2005

USA D

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Das Versagen des NeoliberalismusDie größten Krisen der letzten zwei Jahrzehnte

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Die Japankrise Anfang der 90er Jahre war gekenn-zeichnet durch eine Depression, eine Deflation (Preisverfall) und eine dauerhafte Bankenkrise. Hintergrund: Überbewertete Immobilienpreise, und Aktien, Über-kapazitäten und hohe Staatsver-schuldung . Folge: Langjährige Defla-tion und Arbeits-losigkeit.

Auch in Thai-land und über-greifend auf die „Tiger-Staaten“ sind überbe-wertete Immo-bilien- und Aktienpreise die Ursache für eine tiefgrei-fende Krise. Ausländische Investoren, die über Spekula-tionen mit bil-ligen Kredite Gewinne mach-ten, ziehen sich wieder zurück.

Die Zulassung von geringen Eigen-kapitalreserven bei US-Banken, die Zulassung von Börsengeschäfte per Internet, die Privatisierung von Telekommunikationsmärkten u. a. sorgen für rege Spekulation mit den Aktien von Internetfirmen. Auch diese Blase platzt und führt zum Entstehen von Monopolen auf dem „Neuen Markt“.

1987Börsencrash

USA

1991Japan

Die niedrige Zinsen der US-Notenbank sorgen nach 2001 für billiges Geld, das Banken massen-weise als Kredite an Privatkunden zum Häuserkauf weiter-reichen. Bei steigenden Zin-sen und fehlenden Einkommen bleiben die Rückzahlungen aus. Weil Kredite über faule Verbriefung global weiterver-kauft wurden, wei-tet sich die Krise auf die ganze Welt aus.

Höhere Zinsen in den USA füh-ren dazu, dass die Mexiko den fixierten Peso-kurs gegen-über dem US-Dollar nicht aufrecht er-halten kann.Folge: massi-ver Abzug aus-ländischen Kapitals und tiefe Wirt-schaftskrise im Inland.

1994/95Peso-Krise

Mexiko

Die Finanzkrise schlägt unmittelbar auf die Realwirt-schaft durch, da die Banken in Panik sind und der Wirtschaft die Kredite fehlen. In der völligen Ab-lösung des Finanz-kapitals von der ökonomischen Basis sind wichtige Inve-stitionen nicht ge-tätigt und die reale Kaufkraft abgepresst worden. Die Auto-mobilindustrie ist als erste betroffen.

1997Thailand

2000/01„Dotcom-Krise“

2008Finanzmarkt-

krise

Weltwirt-schaftskrise

ab 2008

Eine große Spe-kulationsblase in den USA platzt im Herbst 1987. Sie wurde ausgelöst durch die Dere-gulierung des Finanzsek-tors durch die Reagan-Regierung und die Hochzinspolitik der US-Noten-bank.Hintergrund: US-Industrie nicht wettbewerbs-fähig, Renditen werden über Staatsschulden finanziert

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Business as usual

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Der „Markt“ bricht ein

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Den Letzten beißen die Hunde

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Weniger Einkommen, attraktive Schulden ...

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In der USA wird immer weniger gespart und mehr und mehr Schulden gemacht ...

... ohne sich mehr leisten zu können – immer höhere Ausgaben für Wohnen, Gesundheit und Bildung und Zinsen

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Das ganze Finanzgebäude ist auf Sand gebaut ...

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Das Wohnen wird durch Zinsen immer teurer Das Leben auf Pump läuft auch global

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Exportweltmeisterschaft Deutschlands kommt volkswirtschaftlich nicht zum Tragen

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Neoliberalismus begünstigt Reiche und verschafft Renditen – Wer arbeitet, wird immer ärmer

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Profiteur war und ist die schmale Schicht der Multimillionäre und Milliardäre

Verlierer ist die arbeitende Bevölkerung und zunehmend auch die Mittelschicht

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Die Konzentration von Reichtum in Deutschland

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Was tun?

IG Metall fordert: Sofortpaket zur Beschäftigung als solidarisches Anti-Krisen-Programm:

• abschlagsfreie Rente nach 40 Jahren Berufstätigkeit

• Aussetzung „Rente mit 67“

• Wiederaufnahme der Altersteilzeit

• Verlängerung der Bezugsdauer von Arbeitslosengeld auf 36 Monate

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Was tun?

IG Metall-Leitlinien für einen solidarischen Ausweg aus der Krise

• keine Entlassungen in der Krise mit Hilfe eines Beteiligungsfonds

• mehr Wirtschaftsdemokratie

• eine neue Wirtschaftskultur – weg vom „Shareholder-Value-Prinzips“ hin zur nachhaltigen Entwicklung von Unternehmen und Branchen

• Finanzmärkte wieder ins Schlepptau der Politik zwingen (Regulierung und Umorientierung)

• solidarische Verteilung des Wohlstands – Löhne, Sozialleistungen und öffentliche Investitionen erhöhen

Dafür müssen wir Bildungs- und Überzeugungsarbeit leisten!

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