Neue Zeitung Nr. 35 9. Jahrgang 2010
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Transcript of Neue Zeitung Nr. 35 9. Jahrgang 2010
NEUE ZEITUNG
Nr. 35 Informationen des Ostdeutschen Heimatmuseums (OHM) 9. Jahrg. 2010
nebenberuflich Schlesier“ - eine Idee: Nienburg brauct
ein Museum für die Heimat im Osten. Kurzer Hand
kaufte er das gerade verfügbare historische
Traufenhaus in der Weserstraße und zusammen mit
Dieter Lonchant, seit Jahrzehnten der Geschichte und
Kultur der Vertreibungs- und Siedlungsgebiete der
Deutschen verbunden, ging es an die Arbeit. Nach
Gründung des Trägervereins öffnete im Herbst 1996
das „Ostdeutsche Heimatmuseum“ (OHM). Nach 10
Jahren ist die anfängliche „Heimatstube“ nun zum öf-
fentlich anerkannten historischen Museum gewachsen,
das zugleich als Zentrum grenzüberschreitender Kul-
turarbeit weithin Anerkennung findet. In über drei Ge-
schossen präsentieren sich Hinterpommern, Ostbran-
denburg/Preußen, Ost-West-preußen, Danzig, Schlesi-
en sowie das Sudetenland mit den Siedlungsgebiete
von Deutschen in Osteuropa, Asien und Übersee.
Trotz beengtem Raum werden vielfältigste Exponate
aus Geschichte und Kultur gezeigt, darunter Volks-
trachten, Uniformen, Dokumente, Bilder, Landkarten,
Porzellane, sowie Glas- und Handwerkskunst. Vorträ-
ge und Kulturveranstaltungen ergänzen das Angebot.
Einmalig in Niedersachsen entsteht dieser Tage
Aus dem Inhalt
NZ aktuell S. 2
Neue Sonderausstellung in
Planung: Die Juden in Bran-
denburg-Preußen Arbeitswelt S. 3
Die industrielle Revolution
Emanzipation S. 4
Salonkultur im 18. Jahrhun-
dert
Persönlichkeiten S. 5
Königin Luise von Preußen
OHM S. 6
Schüler schrieb Facharbeit:
Nachkriegsflüchtlinge
Geschichte S. 7
Die erste deutsche Kolonie
Schule und Bildung S. 8
Einführung der Schulpflicht
Begebenheiten S. 9
Der Hauptmann von Köpenick
Termine S. 10
Landsmannschaften und
Freundeskreise
Kulinaria S. 11
Grießflammeri und Berliner
Bowle
Denkwürdige Ereignisse S. 12
8. Mai 1945: Die Bedingungs-
lose Kapitulation
OHM zeigt ab Mitte Oktober Sonderausstellung in Vogelers Haus:
„Nienburgs Partnerstadt Bartoszyce –
ehem. Bartenstein / Ostpreußen“ -nt. Bei der Ausfüllung der Städtepartnerschaft Nienburg – Bartoszyce /
Bartenstein geht es nicht um leere Bekundungen oder allerlei frommes
Wunschdenken sondern um sichtbares partnerschaftliches Miteinander.
Das OHM hat bereits im Oktober 2002 Nägel mit Köpfen gemacht und
mit einem gegenseitig ratifizierten Vertrag die Aufgaben umschrieben,
die es zu leisten gilt, um Partnerschaft erfolgreich zu pflegen.
So finden seither jährlich von OHM und Stadt Bartoszyce getragene interna-
tional besetzte Symposien und zusammen gestaltete Ausstellungen statt, die
durch Vermittlung von Geschichte und Kultur dem Ziel dienen, mehr vonei-
nander zu wissen und so nachhaltig der Völkerverständigung zu dienen. Die
kürzlich in Bartoszyce durchgeführte Museumstagung mit qualifizierten
Referenten und Zuhörern aus Deutschland und Polen gab Gelegenheit, mit
den Verantwortlichen in der Partnerstadt eine neue vom OHM geplante Son-
derausstellung in Nienburg zu besprechen. Sie wird den Titel tragen: „Nien-
burgs Partnerstadt Bartoszyce – ehem. Bartenstein in Ostpreußen“ und wird
erstmals außerhalb des Museums im Obergeschoß von Vogelers Haus in
Holtorf vorgestellt. Sie soll dadurch auch Interessenten erreichen, die nicht
zu den Regelbesuchern des Museums zählen.
Aus Bartoszyce beteiligen sich u.a. mit eigenen Exponaten Bürgermeister
Krzysztof Nalezc, stellv. Landrat Janusz Dabrowski, Bischof und Stadtpfar-
rer Dr. Adolf Setlak sowie Schüler des dortigen Gymnasiums, die eigens
eine Reihe von selbstgemalten Aquarellen über Stadt und Kreis Bartoszyce
beisteuern. Die vom Nienburger OHM-Team gestaltete Sonderausstellung
umfasst 12 Vitrinen mit Exponaten aus der Vorkriegs- und Nachkriegszeit,
eine Geschichts-Dokumentation und einige historische Karten. Sie ist in die
Kapitel „Dunkle Wälder und kristallne Seen“ – „Geschichte und Kultur –
Bartenstein gestern – Bartoszyce heute“ und „Flucht und Vertreibung - neue
Heimat - alte Heimat“ gegliedert.
Mitte Oktober soll die Sonderausstellung in Anwesenheit internationaler
Gäste aus Politik, Verwaltung, Vereinen und Verbänden eröffnet werden
► Vogelers Haus, Baujahr 1803,
ist heute als „Heimathaus“ kultu-
reller Mittelpunkt des Nienburger
Ortsteiles Holtorf. Einst beher-
bergte es einen der 8 Vollmeierhö-
fe des „Amtes Wölpe“. 1990 er-
warb die Stadt Nienburg das un-
genutzte und baufällige „Zwei-
ständerhaus“ und ließ es für 1,6
Millionen DM restaurieren. Ab
1994 steht es den Holtorfer Verei-
nen zu kulturellen Zwecken zur
Verfügung. Vogelers Haus liegt
nur wenige Meter vom Standort
des OHM entfernt.
Seite 2 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
+ NZ aktuell +++ NZ aktuell +++ NZ aktuell +
+++
Als Ministerpräsident war Christian Wulff zu Gast im OHM:
„Ein Vorzeigeobjekt für Nienburg“
LW. Es gab in Nienburgs „high society“
gar manchen, der die Stirn runzelte, als
der Niedersächsische Ministerpräsident
2004 ganz unprotokollarisch das OHM
noch vor dem Nienburger Rathaus eines
Besuches für Wert hielt. Und verschwie-
gene Kanäle wurden bemüht, die Wege
Wulffs umzulenken. Doch der blieb sei-
nem Wort treu.
Auf einem festlichen Empfang des Muse-
ums, bei dem sich die Mächtigen drängten,
zeigte sich der Gast nach dem Museums-
rundgang tief beeindruckt über das ehren-
amtliche Engagement der aktiven Vor-
standsmitglieder, die das OHM zusammen
mit einer Vielzahl von ebenso bereitwilli-
gen honorarfreien Helfern seit seiner Grün-
dung 1994 betreuen und seine Ausstellun-
gen und die begleitenden Seminare und
Info-Veranstaltungen gestalten.
▲ Bundespräsident Christian Wulff, seinerzeit noch Minis-
terpräsident von Niedersachsen, war bei seinem Besuch vom
OHM begeistert: „Eine saubere, informative Darstellung von
Kultur und Geschichte der ehemaligen Ostprovinzen des
Deutschen Reiches …“. Zusammen mit OHM-Chef Dieter
Lonchant präsentierte er sich im Herbst 2004 gut gelaunt
Ehrengästen und der zahlreichen Presse.
OHM-Delegation
in Bartenstein
Auf Einladung der Stadt Bartoszyce / Bar-
tenstein Ostpr. besuchten drei Vorstands-
mitglieder im Juni ein Symposium in Polen
und referierten zum Thema „Aufbau eines
Regional-Museums“ vor Fachleuten und der
dortigen Presse. Foto v.l.n.r.: Bürgermeister
Krzysztof Nalecz (Bartoszyce), Günter
Winckler, Teresa und Dieter Lonchant.
9. Jahrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 3
A r b e i t s w e l t
▲ Die Borsigwerke in Berlin zählen zu den Pioniertaten der industriellen Revolution.
Bereits 1847, als die Industrialisierung in
Deutschland noch in den Kinderschuhen
steckte, rauchten bei Borsig in Berlin schon
viele Schlote und ab 1850 begannen sich
überall in Deutschland technologische, öko-
nomische und soziale Veränderungen aus-
zuwirken: Die industrielle Revolution hatte
das Land erfasst. Aus der alten agrarisch
geprägten Gesellschaft formierte sich ein
moderner Industriestaat.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Deutsch-
land noch ein Land, das im Wesentlichen von
der Landwirtschaft lebte. Eine feste Gesell-
schaftsordnung behinderte weitgehend private
Initiativen. Dies änderte sich um das Jahr 1850.
Nach englischem Vorbild hielt ein neuer
Unternehmertypus in Deutschland Einzug.
Handwerker, Händler und Erfinder bauten be-
deutende Unternehmen auf und investierten
den Gewinn sofort wieder. Parallel dazu wuchs
die Bevölkerung durch medizinische Fort-
schritte und bessere landwirtschaftliche Pro-
duktionstechniken.
Hierdurch entstand die notwendige Nachfrage
nach neuen Erzeugnissen. Zugleich wuchs der
Druck, die Herstellungsverfahren zu verbes-
sern. Es entstand eine Maschinenindustrie, die
den Ausbau des Eisenbahnnetzes, den Kohle-
abbau und die Entwicklung eines Finanzmark-
tes förderte. Deutschland wurde bereits 1870
zur Industrienation. Negative Begleiterschei-
nungen, wie das Elend der Arbeiterklasse und
Wirtschaftskrisen - wie den „Gründerkrach“ -
in der Kaiserzeit wurden in Kauf genommen.
Die
Indu-
strielle
Revo-
lution
Seite 4 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
E m a n z i p a t i o n
▲ Die Salons des 18. Jh. bildeten den Treffpunkt des gebildeten
Bürgertums für schöngeistige Konversation. Hier tauschte man
sich über kulturelle Themen, Literatur und Musik aus. Die be-
deutendsten Salons wurden in Berlin von Frauen eröffnet.
In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts
entstand in vielen deutschen Städten
eine „Salonkultur“. Zumeist waren
die Salons Orte des Gesprächs über
Kunst, Literatur und geistige Dinge.
Mit den napoleonischen Kriegen
nach 1813 endete aber diese Kultur-
form.
Dennoch war das 18. Jahrhundert eine
Blütezeit von Literatur, Theater, Musik
und bildender Kunst. Bildung wurde
zum bestimmenden Merkmal der bür-
gerlichen Gesellschaft im Zeitalter des
Spätabsolutismus. Eine ganz beson-
dere Form des kulturellen Lebens
waren die Salons, die in den großen
Städten Deutschlands ab 1750 aufblüh-
ten. Ungezwungen unterhielten sich
hier gebildete, kultivierte Menschen
über die geistigen Themen ihrer Zeit.
Ge-dichte wurden rezitiert, Theater-
stücke mit verteilten Rollen gelesen,
Lieder gesungen und die Kompositi-
onen der wichtigsten Tonschöpfer
aufgeführt. Vor allem hochgebildete
Frauen wie in Berlin Dorothea von
Schlegel, Henriette Herz und Rahel
Varnhagen standen den Salons vor und
brachten damit die Emanzipation einen
wichtigen Schritt vorwärts. mz
mz
Salonkultur im 18. Jahrhundert
◄Henriette Herz, bild-
hübsche Tochter des
„Schutzjuden“ und
Arztes Moses Mendels-
sohn, lebte von 1764 -
1847 in Berlin. Mit 16
Jahren heiratete sie
den Arzt Markus Herz.
1780 hatte sie den der
Toleranz verpflichteten
„Tugendbund“ gegrün-
det, aus dem einer der
bedeutendsten Salons
Berlins hervorging, in
dem u.a. Humboldt,
Schleiermacher und
Kloppstock verkehrten.
(Portrait 1802)
9. Jahhrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 5
P e r s ö n l i c h k e i t e n
Luise von Preußen gilt als einzige volkstüm-
liche Königin Preußens. Ihr menschliches
Wesen und ihr bitteres Lebensschicksal ha-
ben dazu beigetragen, ihr Andenken zu ver-
klären. Ihre größte politische Leistung ist die
Unterstützung der seinerzeit überfälligen Re-
formen des preußischen Staates.
Im Alter von 17 Jahren heiratete Luise den
preußischen Thronfolger. Aufgrund ihres
volksnahen Wesens wurde sie in Preußen
schnell beliebt. Luise verstand sich hervor-
ragend auf das Repräsentieren, erst recht, als
sie mit 21 Jahren Königin wurde.
Am Hof machte sie die für damalige Verhält-
nisse recht freizügige griechische Mode po-
pulär. Rühmte man Königin Luise zunächst
nur wegen ihrer Schönheit und Anmut, so
erwarb sie sich vor allem in späteren Jahren
Leitbild
ihrer Generation:
Königin Luise
von Preußen
* 1776 Hannover - † 1810 Hohenzieritz
zunehmend Respekt für ihr politisches Engage-
ment. Sorgte sie doch mit behutsamer, aber
nachdrücklicher Art dafür, dass ihr zögerlicher
Mann, König Friedrich Wilhelm III. nicht nur
die Auseinandersetzung mit Napoleon suchte,
sondern auch die Lehren aus der militärischen
Niederlage Preußens zog.
Luise setzte mit Karl von Hardenberg und Karl
vom und zum Stein zwei Reformer durch, die
Preußen modernisierten. Das ist ihr eigentli-
ches großartiges Vermächtnis. mz
► Königin Luise aus dem Hause von Mecklenburg-Stre-
litz und ihr Mann König Friedrich III. von Preußen mit
dreien ihrer zehn Kinder, darunter der spätere preußische
König Friedrich Wilhelm IV. (1840 – 1864).
„Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren
Friedrichs des Großen, welcher - als Herr
seines Jahrhunderts - eine neue Zeit schuf.
Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten,
deshalb überflügelt sie uns“.
Luise im Brief an ihren Vater (April 1808).
Seite 6 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
O s t d e u t s c h e s H e i m a t m u s e u m
Stahlbau Vieregge GmbH & Co. KG Telefon (05021) 97 46-0
Schipse 6 Telefax (05021) 6 26 25
31582 Nienburg [email protected]
Morten Luchtmann, Schüler des Dönhoff-
Gymnasiums (Seminarfach Paulsen, sf 93)
schrieb Facharbeit zum Thema: „Nach-
kriegsflüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg
in Nienburg“. Nach Besuch im OHM führte
er Gespräche mit Mitarbeiterinnen, die ihm
als Zeitzeugen Rede und Antwort standen.
Lebendiges
Museum
▲ Schüler Morten Luchtmann, Dönhoff-Gymnasiums, mit
OHM-Zeitzeugen Inge Koslowski und Johanna Nagel.
◄ Marine-
maler Klaus
Forst, Löhne,
schuf für das
OHM das ab-
gebildete
Gro0gemälde
das die ge-
spenstische
Szenerie wie-
derspiegelt
beim bestei-
gen des
Fluchtschif--
fes „General
von Steuben“
im Februar
1945.
Neuerwerbung im OHM:
„Flucht aus Gotenhafen“
Ostdeutsches
Heimatmuseum
(OHM) Historisches Museum
Redaktion:
Dieter Lonchant
Mitarbeit: Mareike Zummack
Auflg. 700 Expl.
Anschrift:
NEUE ZEITUNG Verdener Landstr. 224
31582 Nienburg
Tel./ Fax: 05021 / 91 15 63
Internet:
www.ohm-nienburg.jimdo.com
e-mail:
Die in Leserbriefen oder
Kommentaren vertretenen
Auffassungen decken sich nicht
unbedingt mit der Meinung der
Redaktion.
9. Jahrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 7
G e s c h i c h t e
fenbein, zurückkehrte. Noch im selben Jahr
schickte er die Schiffe „Kurprinz“ und „Mori-
an“ an den nun als „Gold- und Elfenbeinküste“
bezeichneten Landstrich Guineas und ließ dort
1683 das Fort „Groß-Wilhelmsburg“ errichten -
die erste deutsche Kolonie.
Dabei stellten 14 Negerhäuptlinge ihr Gebiet un-
ter „brandenburgischen Schutz“. Vom später ein-
getretenen wirtschaftlichen Misserfolg ent-
täuscht verkaufte Friedrich Wilhelm I., der spar-
same „Soldatenkönig“, die Besitzung 1717 für
„7.200 Dukaten und 12 Mohren“ an die
Holländer. LW
◄ „Die Besitzergreifung der Guineaküste“ - Gemälde von
Marinemaler Klaus Forst (Löhne) – zu sehen in der Abt.
„Übersee“ des OHM. - Die kurbrandenburgischen
Kriegsschiffe „Kurprinz“ und „Morian“ brachten die
Besatzung für die erste brandenburg-preußische Kolonie
„Groß-Friedrichsburg“ nach Südwest- Afrika.
Es war der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm
von Brandenburg, der nicht nur das Fundament
für den brandenburg-preußischen Staat legte,
sondern auch den kolonialen Gedanken aufnahm
und gewisse Erfolge verbuchen konnte. Gewon-
nen hatte er die Erkenntnis von der Bedeutung
des „Kommerciums“ in Holland, das mit Hilfe
seines Kolonialbesitzes zu Macht und Reichtum
gekommen war. Tatsächlich zieht sich das Be-
mühen um die Gewinnung einer Seeküste um
den Bau einer Flotte, um die Teilnahme am
Welthandel und um die Gründung von Kolonien
wie ein roter Faden durch die von Friedrich
Wilhelm betriebene „Großmachtpolitik“. Im
Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gewann er
einen holländischen Admiral als Berater für die
Gründung einer „Brandenburgisch-Ostindischen
Handelskompanie“, was sich aus Geldmangel
jedoch nicht verwirklichen ließ. Erst nach sei-
nem Sieg über die Schweden in der Schlacht bei
Fehrbellin (1675) gelang dem Großen Kurfür-
sten der Aufbau einer Kriegsflotte. 1680 schickte
er erstmals zwei Schiffe seiner Flotte an die
Westküste Afrikas, von denen ein Schiff, bela-
den mit 100 Pfund Gold und 10.000 Pfund El-
◄ Friedrich Wilhelm von
Brandenburg, trat 1640 in
Königsberg die Herrschaft
an über das Kurfürsten-
tum Brandenburg.
Die Geschichte verlieh
ihm den Beinamen: „Der
Große Kurfürst“. Er gilt
als der Gründer Branden-
burg-Preußens.
* 16. Februar 1620 Berlin
† 9. Mai 1688 Potsdam
Die erste
deutsche Kolonie
Seite 8 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
S c h u l e u n d B i l d u n g
Brandenburg-Preußen:
Einführung
der
Schulpflicht (1717)
Im Zeitalter des Absolutismus erkannten die
Fürsten, wie wichtig Bildung für einen funk-
tionierenden Staat ist. Es entstanden zahlrei-
che Schulordnungen zur Verbesserung des
Bildungsniveaus. Die Schulpflicht wurde in
verschiedenen deutschen Territorien einge-
führt.
Im Mittelalter wurde das Schulwesen von der
Kirche bestimmt. Mit der Entfaltung der abso-
lutistischen Wirtschaft der Fürsten ab dem 18.
Jahrhundert wurde allmählich auch die Schule
dem Einfluss des Staates unterworfen. Die
Schule sollte der Heranziehung von gehorsamen
Untertanen dienen. Die Vertreter der Aufklärung,
die das geistige Klima bestimmten, forderten
gleich-zeitig eine bessere Qualität des
Schulunterrichts.
So wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-
hunderts überall im Deutschen Reich Reformen
umgesetzt. Teilweise wurde - wie in Preußen -
die Schulpflicht eingeführt.
Doch erst im 19. Jahrhundert konnten die noch
bestehenden Mängel im Schulsystem besei-tigt
und eine bessere Ausbildung von Lehrern
erreicht werden.
Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. – „Der Sol-
datenkönig“ – nutzte alle Möglichkeiten, sein
armes Land, das immer noch unter den verhee-
renden Folgen des Dreißigjährigen Krieges litt,
wieder aufzubauen. 1717 erließ er ein „General-
edikt“, das für alle Volksschulen die Schulpflicht
vorsah, mit dem Ziel der Verbesserung der schu-
lischen Bildung. Um dem Mangel an Schulen zu
begegnen erließ er einen „Generalschulplan“ zur
Errichtung von Schulbauten in allen Städten und
► Der preußische König Friedrich Wil-
helm I. besucht nach Einführung der
Schulpflicht (1717) eine Schulklasse
Gemeinden Brandenburg-Preußens.
Friedrich der Große legte bereits damals folgen-
de Sachverhalte fest: Allgemeine Schulpflicht,
täglicher Schulbesuch, Unterhalt der Schule,
Lehrerbesoldung, Schulgeld, Unterrichtsinhalte,
und Stundenablauf.
Auch seine Nachfolger setzten alle Energie auf
Förderung der Bildung, was letztlich in allen
deutschen Ländern zu hoher Qualität der schu-
lischen Bildung verhalf . -nt.
9. Jahrg. 2009/35 NEUE ZEITUNG Seite 9
B e g e b e n h e i t e n
In jungen Jahren war der Schuster Wilhelm
Voigt (1849-1922) auf die schiefe Bahn
geraten und landete hinter Gittern. Nach seiner
Entlassung beschloss er, endlich ein ehrliches
Leben zu führen. Doch Wilhelm Voigt hatte
keinen Pass. Seine ständigen Versuche, sich
Papiere zu verschaffen, brachten ihn immer
wieder in Schwierigkeiten. Zufällig stöberte er
eines Tages in einem Trödelladen eine alte
Hauptmannsuniform auf und erstand diese. Mit
dieser Uniform bekleidet gab er einem auf der
Straße vorbeiziehenden Trupp Soldaten den
Befehl, ihm nach Köpenick zu folgen. Dort
verhaftete er Bürgermeister und Kämmerer und
befahl ihnen, ihm einen Paß auszustellen. Da
das Rathaus keine Passabteilung besaß,
be-
Der Hauptmann
von Köpenick
◄ Steckbrief der
Polizeidirektion
Berlin für Kas-
senräuber Wil-
helm Voigt am 16.
Oktober 1906:
„…Gesicht gelb-
lich, krankhaft,
eingefallene Bak-
ken, stark herab-
hängender
Schnurrbart,
scharf geformte
Nase, krumme O-
Beine…“ - 3.000
M. Belohnung!
◄ Der Schuster
Wilhelm Voigt als
„Hauptmann von
Köpenick“:
Lebensgroßer
Guß am Trep-
penaufgang des
Rathauses von
Berlin-Köpenick.
schlagnahmte er kurzerhand die Stadtkasse,
entließ die Soldaten und floh. Der
„Hauptmann von Köpenick“ wurde zum
Tagesgespräch. Man suchte ihn überall. Doch
der Schuster stellte sich selbst und lieferte
die Beute komplett wieder ab. Für ganz
Berlin war der Streich ein großer Lacher.
Kaiser Wilhelm II. ver-
fügte amüsiert seine Be-
gnadigung und Voigt
bekam seinen Pass. -nt
◄ Im 1956 gedrehten Spiel-
film verkörperte Heinz Rüh-
mann mit gekonntem Humor
den teils tragischen Le-
bensweg des Schusters
Wilhelm Voigt.
Seite 10 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
+++ Termine +++ Termine +++ Termine +++
Landsmannschaften
POMMERN Do. 02. 09. 16.00 Uhr OHM Pommernnachm.
Do. 07. 10. 15.00 Uhr OHM Pommernnachm.
Do. 04. 11. 15.00 Uhr OHM Pommernnachm.
OST / WESTPREUSSEN–DANZIG Fr. 13. 08. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.
Fr. 17. 09. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.
Fr. 15. 10. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.
Fr. 19. 11. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.
OHM-Freundeskreise
BERLIN-BRANDENBURG Sa. 02. 10. 12.00 Uhr OHM Oktoberfest
DIEPENAU Termine werden noch angesagt
EYSTRUP (VdV) Gasthaus Weber, Eystrup
Sa. 18. 09. 15.00 Uhr Kaffeenachmittag
Sa. 04. 12. 15.00 Uhr Weihnachtsfeier
UCHTE Lindenwirt, Uchte
Mi. 25. 08. 15.00 Uhr Plaudernachmittag
Mi. 22. 09. 15.00 Uhr Plaudernachmittag
Mi. 23. 10. 15.00 Uhr Plaudernachmittag
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9. Jahrg. 2009/35 NEUE ZEITUNG Seite 11
K u l i n a r i a
Tipps
vom
Fach:
Chefköchin
Teresa
Lonchant
Grieß-
flammeri
Für die heißen Tage
Zutaten; 1 ½ Liter Milch, 20 g Zucker, 50 g Grieß, 1 Päck-
chen Vanillezucker, 2 Eigelb, 1 Eiweiß, 1 Prise
Salz, 250 g Erdbeeren, Himbeeren oder Johannis-
beeren, 1 Teelöffel Stärkemehl, ¼ Liter Wasser
Anwendung: Milch mit Zucker, Vanillezucker und Salz zum
Kochen bringen, den Grieß einrieseln lassen, und
mit dem Schneebesen einrühren. Wird die Masse
breiartig, von der Kochstelle nehmen und das mit
etwas Milch verquirlte Eigelb unterrühren. Das
Eigelb mit einer Prise Salz steif schlagen und unter
das Flammeri heben, in eine kalt ausgespülte Form
füllen und erkalten lassen.
Früchte in ¼ Liter Wasser weichkochen, durch ein
Sieb streichen, zurück in den Topf geben, mit
etwas Zucker süßen, einmal aufkochen lassen und
mit der kalt angerührten Speisestärke binden. Das
erkaltete und erstarrte Flammeri auf eine Servier-
platte stürzen und mit etwas Fruchtsauce über-
gießen. Den Rest getrennt reichen. esa
Berliner Bowle Eine süffige Erfrischung
Zutaten: 2 Flaschen Berliner Weiße, 1 Flasche Sekt,
½ Zitrone, Zucker
Anwendung: Weißbier, Sekt und Zitronensaft zusammengießen
(vorher gut kühlen), die Zitronenschale
10 Minuten darin ziehen lassen, nach Geschmack
süßen und mit Eiswürfeln servieren.
Seite 12 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35
D e n k w ü r d i g e E r e i g n i s s e
8. Mai 1945:
Die
bedingungslose
Kapitulation
Der alliierte Oberbefehlshaber Dwight D. Eisen-
hower bestand jedoch auf einer bedingungslosen
Gesamtkapitulation, die im Auftrag von Dönitz
am 7. Mai 1945 Generaloberst Alfred Jodl im
Hauptquartier der Alliierten in Reims unter-
zeichnen musste.
Da sich die Urkunde jedoch nur auf den rein mi-
litärischen Bereich bezog, erarbeiteten die Alli-
ierten in der Folgezeit ein Kapitulationsinstru-
ment, mit welchem auch in politischer Hinsicht
in juristisch verbindlicher Weise agiert werden
konnte.
Am 5. Juni 1945 wurde es Berliner Deklaration
verkündet. Damit übernahmen die vier verbün-
deten Siegermächte Großbritannien, Frankreich,
USA und die Sowjetunion die oberste Regie-
rungsgewalt in Deutschland.
Am 8. 5. 1945 um 23 Uhr MEZ war die letzte
Meldung des Reichssenders Berlin erfolgt: „Auf
Befehl des Großadmirals hat die Wehrmacht den
aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt.“ –nt.
Obwohl bis zum Schluss taktierend,
musste die deutsche Wehrmachtsführung
die bedingungslose Kapitulation
unterzeichnen. Sie beendete den Zweiten
Weltkrieg in Europa und bedeutete
zugleich das Ende der national-
sozialistischen Gewaltherrschaft.
Adolf Hitler hatte jegliche Form der Kapitu-
lation kategorisch abgelehnt. Sein Nachfol-
ger Großadmiral Karl Dönitz suchte jedoch,
durch regionale Teil-Kapitulationen gegen-
über den Alliierten Zeit zu gewinnen.
◄ Generalfeld-
marschall Wil-
helm Keitel un-
terzeichnete in
Stalins seiner-
zeitigem Haupt-
quartier in Ber-
lin-Karlshorst am
9. Mai 1945 für
die Wehrmacht
die Kapitulations-
urkunde.