Neue Zeitung Nr. 35 9. Jahrgang 2010

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NEUE ZEITUNG Nr. 35 Informationen des Ostdeutschen Heimatmuseums (OHM) 9. Jahrg. 2010 Aus dem Inhalt NZ aktuell S. 2 Neue Sonderausstellung in Planung: Die Juden in Bran- denburg-Preußen Arbeitswelt S. 3 Die industrielle Revolution Emanzipation S. 4 Salonkultur im 18. Jahrhun- dert Persönlichkeiten S. 5 Königin Luise von Preußen OHM S. 6 Schüler schrieb Facharbeit: Nachkriegsflüchtlinge Geschichte S. 7 Die erste deutsche Kolonie Schule und Bildung S. 8 Einführung der Schulpflicht Begebenheiten S. 9 Der Hauptmann von Köpenick Termine S. 10 Landsmannschaften und Freundeskreise Kulinaria S. 11 Grießflammeri und Berliner Bowle Denkwürdige Ereignisse S. 12 8. Mai 1945: Die Bedingungs- lose Kapitulation OHM zeigt ab Mitte Oktober Sonderausstellung in Vogelers Haus: „Nienburgs Partnerstadt Bartoszyce – ehem. Bartenstein / Ostpreußen“ -nt. Bei der Ausfüllung der Städtepartnerschaft Nienburg Bartoszyce / Bartenstein geht es nicht um leere Bekundungen oder allerlei frommes Wunschdenken sondern um sichtbares partnerschaftliches Miteinander. Das OHM hat bereits im Oktober 2002 Nägel mit Köpfen gemacht und mit einem gegenseitig ratifizierten Vertrag die Aufgaben umschrieben, die es zu leisten gilt, um Partnerschaft erfolgreich zu pflegen. So finden seither jährlich von OHM und Stadt Bartoszyce getragene interna- tional besetzte Symposien und zusammen gestaltete Ausstellungen statt, die durch Vermittlung von Geschichte und Kultur dem Ziel dienen, mehr vonei- nander zu wissen und so nachhaltig der Völkerverständigung zu dienen. Die kürzlich in Bartoszyce durchgeführte Museumstagung mit qualifizierten Referenten und Zuhörern aus Deutschland und Polen gab Gelegenheit, mit den Verantwortlichen in der Partnerstadt eine neue vom OHM geplante Son- derausstellung in Nienburg zu besprechen. Sie wird den Titel tragen: „Nien- burgs Partnerstadt Bartoszyce ehem. Bartenstein in Ostpreußen“ und wird erstmals außerhalb des Museums im Obergeschoß von Vogelers Haus in Holtorf vorgestellt. Sie soll dadurch auch Interessenten erreichen, die nicht zu den Regelbesuchern des Museums zählen. Aus Bartoszyce beteiligen sich u.a. mit eigenen Exponaten Bürgermeister Krzysztof Nalezc, stellv. Landrat Janusz Dabrowski, Bischof und Stadtpfar- rer Dr. Adolf Setlak sowie Schüler des dortigen Gymnasiums, die eigens eine Reihe von selbstgemalten Aquarellen über Stadt und Kreis Bartoszyce beisteuern. Die vom Nienburger OHM-Team gestaltete Sonderausstellung umfasst 12 Vitrinen mit Exponaten aus der Vorkriegs- und Nachkriegszeit, eine Geschichts-Dokumentation und einige historische Karten. Sie ist in die Kapitel „Dunkle Wälder und kristallne Seen“ – „Geschichte und Kultur – Bartenstein gestern Bartoszyce heute“ und „Flucht und Vertreibung - neue Heimat - alte Heimat“ gegliedert. Mitte Oktober soll die Sonderausstellung in Anwesenheit internationaler Gäste aus Politik, Verwaltung, Vereinen und Verbänden eröffnet werden Vogelers Haus, Baujahr 1803, ist heute als „Heimathaus“ kultu- reller Mittelpunkt des Nienburger Ortsteiles Holtorf. Einst beher- bergte es einen der 8 Vollmeierhö- fe des „Amtes Wölpe“. 1990 er- warb die Stadt Nienburg das un- genutzte und baufällige „Zwei- ständerhaus“ und ließ es für 1,6 Millionen DM restaurieren. Ab 1994 steht es den Holtorfer Verei- nen zu kulturellen Zwecken zur Verfügung. Vogelers Haus liegt nur wenige Meter vom Standort des OHM entfernt.

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Informationen des Ostdeutschen Heimatmuseums

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NEUE ZEITUNG

Nr. 35 Informationen des Ostdeutschen Heimatmuseums (OHM) 9. Jahrg. 2010

nebenberuflich Schlesier“ - eine Idee: Nienburg brauct

ein Museum für die Heimat im Osten. Kurzer Hand

kaufte er das gerade verfügbare historische

Traufenhaus in der Weserstraße und zusammen mit

Dieter Lonchant, seit Jahrzehnten der Geschichte und

Kultur der Vertreibungs- und Siedlungsgebiete der

Deutschen verbunden, ging es an die Arbeit. Nach

Gründung des Trägervereins öffnete im Herbst 1996

das „Ostdeutsche Heimatmuseum“ (OHM). Nach 10

Jahren ist die anfängliche „Heimatstube“ nun zum öf-

fentlich anerkannten historischen Museum gewachsen,

das zugleich als Zentrum grenzüberschreitender Kul-

turarbeit weithin Anerkennung findet. In über drei Ge-

schossen präsentieren sich Hinterpommern, Ostbran-

denburg/Preußen, Ost-West-preußen, Danzig, Schlesi-

en sowie das Sudetenland mit den Siedlungsgebiete

von Deutschen in Osteuropa, Asien und Übersee.

Trotz beengtem Raum werden vielfältigste Exponate

aus Geschichte und Kultur gezeigt, darunter Volks-

trachten, Uniformen, Dokumente, Bilder, Landkarten,

Porzellane, sowie Glas- und Handwerkskunst. Vorträ-

ge und Kulturveranstaltungen ergänzen das Angebot.

Einmalig in Niedersachsen entsteht dieser Tage

Aus dem Inhalt

NZ aktuell S. 2

Neue Sonderausstellung in

Planung: Die Juden in Bran-

denburg-Preußen Arbeitswelt S. 3

Die industrielle Revolution

Emanzipation S. 4

Salonkultur im 18. Jahrhun-

dert

Persönlichkeiten S. 5

Königin Luise von Preußen

OHM S. 6

Schüler schrieb Facharbeit:

Nachkriegsflüchtlinge

Geschichte S. 7

Die erste deutsche Kolonie

Schule und Bildung S. 8

Einführung der Schulpflicht

Begebenheiten S. 9

Der Hauptmann von Köpenick

Termine S. 10

Landsmannschaften und

Freundeskreise

Kulinaria S. 11

Grießflammeri und Berliner

Bowle

Denkwürdige Ereignisse S. 12

8. Mai 1945: Die Bedingungs-

lose Kapitulation

OHM zeigt ab Mitte Oktober Sonderausstellung in Vogelers Haus:

„Nienburgs Partnerstadt Bartoszyce –

ehem. Bartenstein / Ostpreußen“ -nt. Bei der Ausfüllung der Städtepartnerschaft Nienburg – Bartoszyce /

Bartenstein geht es nicht um leere Bekundungen oder allerlei frommes

Wunschdenken sondern um sichtbares partnerschaftliches Miteinander.

Das OHM hat bereits im Oktober 2002 Nägel mit Köpfen gemacht und

mit einem gegenseitig ratifizierten Vertrag die Aufgaben umschrieben,

die es zu leisten gilt, um Partnerschaft erfolgreich zu pflegen.

So finden seither jährlich von OHM und Stadt Bartoszyce getragene interna-

tional besetzte Symposien und zusammen gestaltete Ausstellungen statt, die

durch Vermittlung von Geschichte und Kultur dem Ziel dienen, mehr vonei-

nander zu wissen und so nachhaltig der Völkerverständigung zu dienen. Die

kürzlich in Bartoszyce durchgeführte Museumstagung mit qualifizierten

Referenten und Zuhörern aus Deutschland und Polen gab Gelegenheit, mit

den Verantwortlichen in der Partnerstadt eine neue vom OHM geplante Son-

derausstellung in Nienburg zu besprechen. Sie wird den Titel tragen: „Nien-

burgs Partnerstadt Bartoszyce – ehem. Bartenstein in Ostpreußen“ und wird

erstmals außerhalb des Museums im Obergeschoß von Vogelers Haus in

Holtorf vorgestellt. Sie soll dadurch auch Interessenten erreichen, die nicht

zu den Regelbesuchern des Museums zählen.

Aus Bartoszyce beteiligen sich u.a. mit eigenen Exponaten Bürgermeister

Krzysztof Nalezc, stellv. Landrat Janusz Dabrowski, Bischof und Stadtpfar-

rer Dr. Adolf Setlak sowie Schüler des dortigen Gymnasiums, die eigens

eine Reihe von selbstgemalten Aquarellen über Stadt und Kreis Bartoszyce

beisteuern. Die vom Nienburger OHM-Team gestaltete Sonderausstellung

umfasst 12 Vitrinen mit Exponaten aus der Vorkriegs- und Nachkriegszeit,

eine Geschichts-Dokumentation und einige historische Karten. Sie ist in die

Kapitel „Dunkle Wälder und kristallne Seen“ – „Geschichte und Kultur –

Bartenstein gestern – Bartoszyce heute“ und „Flucht und Vertreibung - neue

Heimat - alte Heimat“ gegliedert.

Mitte Oktober soll die Sonderausstellung in Anwesenheit internationaler

Gäste aus Politik, Verwaltung, Vereinen und Verbänden eröffnet werden

► Vogelers Haus, Baujahr 1803,

ist heute als „Heimathaus“ kultu-

reller Mittelpunkt des Nienburger

Ortsteiles Holtorf. Einst beher-

bergte es einen der 8 Vollmeierhö-

fe des „Amtes Wölpe“. 1990 er-

warb die Stadt Nienburg das un-

genutzte und baufällige „Zwei-

ständerhaus“ und ließ es für 1,6

Millionen DM restaurieren. Ab

1994 steht es den Holtorfer Verei-

nen zu kulturellen Zwecken zur

Verfügung. Vogelers Haus liegt

nur wenige Meter vom Standort

des OHM entfernt.

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Seite 2 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

+ NZ aktuell +++ NZ aktuell +++ NZ aktuell +

+++

Als Ministerpräsident war Christian Wulff zu Gast im OHM:

„Ein Vorzeigeobjekt für Nienburg“

LW. Es gab in Nienburgs „high society“

gar manchen, der die Stirn runzelte, als

der Niedersächsische Ministerpräsident

2004 ganz unprotokollarisch das OHM

noch vor dem Nienburger Rathaus eines

Besuches für Wert hielt. Und verschwie-

gene Kanäle wurden bemüht, die Wege

Wulffs umzulenken. Doch der blieb sei-

nem Wort treu.

Auf einem festlichen Empfang des Muse-

ums, bei dem sich die Mächtigen drängten,

zeigte sich der Gast nach dem Museums-

rundgang tief beeindruckt über das ehren-

amtliche Engagement der aktiven Vor-

standsmitglieder, die das OHM zusammen

mit einer Vielzahl von ebenso bereitwilli-

gen honorarfreien Helfern seit seiner Grün-

dung 1994 betreuen und seine Ausstellun-

gen und die begleitenden Seminare und

Info-Veranstaltungen gestalten.

▲ Bundespräsident Christian Wulff, seinerzeit noch Minis-

terpräsident von Niedersachsen, war bei seinem Besuch vom

OHM begeistert: „Eine saubere, informative Darstellung von

Kultur und Geschichte der ehemaligen Ostprovinzen des

Deutschen Reiches …“. Zusammen mit OHM-Chef Dieter

Lonchant präsentierte er sich im Herbst 2004 gut gelaunt

Ehrengästen und der zahlreichen Presse.

OHM-Delegation

in Bartenstein

Auf Einladung der Stadt Bartoszyce / Bar-

tenstein Ostpr. besuchten drei Vorstands-

mitglieder im Juni ein Symposium in Polen

und referierten zum Thema „Aufbau eines

Regional-Museums“ vor Fachleuten und der

dortigen Presse. Foto v.l.n.r.: Bürgermeister

Krzysztof Nalecz (Bartoszyce), Günter

Winckler, Teresa und Dieter Lonchant.

Page 3: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

9. Jahrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 3

A r b e i t s w e l t

▲ Die Borsigwerke in Berlin zählen zu den Pioniertaten der industriellen Revolution.

Bereits 1847, als die Industrialisierung in

Deutschland noch in den Kinderschuhen

steckte, rauchten bei Borsig in Berlin schon

viele Schlote und ab 1850 begannen sich

überall in Deutschland technologische, öko-

nomische und soziale Veränderungen aus-

zuwirken: Die industrielle Revolution hatte

das Land erfasst. Aus der alten agrarisch

geprägten Gesellschaft formierte sich ein

moderner Industriestaat.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts war Deutsch-

land noch ein Land, das im Wesentlichen von

der Landwirtschaft lebte. Eine feste Gesell-

schaftsordnung behinderte weitgehend private

Initiativen. Dies änderte sich um das Jahr 1850.

Nach englischem Vorbild hielt ein neuer

Unternehmertypus in Deutschland Einzug.

Handwerker, Händler und Erfinder bauten be-

deutende Unternehmen auf und investierten

den Gewinn sofort wieder. Parallel dazu wuchs

die Bevölkerung durch medizinische Fort-

schritte und bessere landwirtschaftliche Pro-

duktionstechniken.

Hierdurch entstand die notwendige Nachfrage

nach neuen Erzeugnissen. Zugleich wuchs der

Druck, die Herstellungsverfahren zu verbes-

sern. Es entstand eine Maschinenindustrie, die

den Ausbau des Eisenbahnnetzes, den Kohle-

abbau und die Entwicklung eines Finanzmark-

tes förderte. Deutschland wurde bereits 1870

zur Industrienation. Negative Begleiterschei-

nungen, wie das Elend der Arbeiterklasse und

Wirtschaftskrisen - wie den „Gründerkrach“ -

in der Kaiserzeit wurden in Kauf genommen.

Die

Indu-

strielle

Revo-

lution

Page 4: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

Seite 4 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

E m a n z i p a t i o n

▲ Die Salons des 18. Jh. bildeten den Treffpunkt des gebildeten

Bürgertums für schöngeistige Konversation. Hier tauschte man

sich über kulturelle Themen, Literatur und Musik aus. Die be-

deutendsten Salons wurden in Berlin von Frauen eröffnet.

In der 2. Hälfte des 18. Jahrhunderts

entstand in vielen deutschen Städten

eine „Salonkultur“. Zumeist waren

die Salons Orte des Gesprächs über

Kunst, Literatur und geistige Dinge.

Mit den napoleonischen Kriegen

nach 1813 endete aber diese Kultur-

form.

Dennoch war das 18. Jahrhundert eine

Blütezeit von Literatur, Theater, Musik

und bildender Kunst. Bildung wurde

zum bestimmenden Merkmal der bür-

gerlichen Gesellschaft im Zeitalter des

Spätabsolutismus. Eine ganz beson-

dere Form des kulturellen Lebens

waren die Salons, die in den großen

Städten Deutschlands ab 1750 aufblüh-

ten. Ungezwungen unterhielten sich

hier gebildete, kultivierte Menschen

über die geistigen Themen ihrer Zeit.

Ge-dichte wurden rezitiert, Theater-

stücke mit verteilten Rollen gelesen,

Lieder gesungen und die Kompositi-

onen der wichtigsten Tonschöpfer

aufgeführt. Vor allem hochgebildete

Frauen wie in Berlin Dorothea von

Schlegel, Henriette Herz und Rahel

Varnhagen standen den Salons vor und

brachten damit die Emanzipation einen

wichtigen Schritt vorwärts. mz

mz

Salonkultur im 18. Jahrhundert

◄Henriette Herz, bild-

hübsche Tochter des

„Schutzjuden“ und

Arztes Moses Mendels-

sohn, lebte von 1764 -

1847 in Berlin. Mit 16

Jahren heiratete sie

den Arzt Markus Herz.

1780 hatte sie den der

Toleranz verpflichteten

„Tugendbund“ gegrün-

det, aus dem einer der

bedeutendsten Salons

Berlins hervorging, in

dem u.a. Humboldt,

Schleiermacher und

Kloppstock verkehrten.

(Portrait 1802)

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9. Jahhrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 5

P e r s ö n l i c h k e i t e n

Luise von Preußen gilt als einzige volkstüm-

liche Königin Preußens. Ihr menschliches

Wesen und ihr bitteres Lebensschicksal ha-

ben dazu beigetragen, ihr Andenken zu ver-

klären. Ihre größte politische Leistung ist die

Unterstützung der seinerzeit überfälligen Re-

formen des preußischen Staates.

Im Alter von 17 Jahren heiratete Luise den

preußischen Thronfolger. Aufgrund ihres

volksnahen Wesens wurde sie in Preußen

schnell beliebt. Luise verstand sich hervor-

ragend auf das Repräsentieren, erst recht, als

sie mit 21 Jahren Königin wurde.

Am Hof machte sie die für damalige Verhält-

nisse recht freizügige griechische Mode po-

pulär. Rühmte man Königin Luise zunächst

nur wegen ihrer Schönheit und Anmut, so

erwarb sie sich vor allem in späteren Jahren

Leitbild

ihrer Generation:

Königin Luise

von Preußen

* 1776 Hannover - † 1810 Hohenzieritz

zunehmend Respekt für ihr politisches Engage-

ment. Sorgte sie doch mit behutsamer, aber

nachdrücklicher Art dafür, dass ihr zögerlicher

Mann, König Friedrich Wilhelm III. nicht nur

die Auseinandersetzung mit Napoleon suchte,

sondern auch die Lehren aus der militärischen

Niederlage Preußens zog.

Luise setzte mit Karl von Hardenberg und Karl

vom und zum Stein zwei Reformer durch, die

Preußen modernisierten. Das ist ihr eigentli-

ches großartiges Vermächtnis. mz

► Königin Luise aus dem Hause von Mecklenburg-Stre-

litz und ihr Mann König Friedrich III. von Preußen mit

dreien ihrer zehn Kinder, darunter der spätere preußische

König Friedrich Wilhelm IV. (1840 – 1864).

„Wir sind eingeschlafen auf den Lorbeeren

Friedrichs des Großen, welcher - als Herr

seines Jahrhunderts - eine neue Zeit schuf.

Wir sind mit derselben nicht fortgeschritten,

deshalb überflügelt sie uns“.

Luise im Brief an ihren Vater (April 1808).

Page 6: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

Seite 6 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

O s t d e u t s c h e s H e i m a t m u s e u m

Stahlbau Vieregge GmbH & Co. KG Telefon (05021) 97 46-0

Schipse 6 Telefax (05021) 6 26 25

31582 Nienburg [email protected]

Morten Luchtmann, Schüler des Dönhoff-

Gymnasiums (Seminarfach Paulsen, sf 93)

schrieb Facharbeit zum Thema: „Nach-

kriegsflüchtlinge nach dem Zweiten Weltkrieg

in Nienburg“. Nach Besuch im OHM führte

er Gespräche mit Mitarbeiterinnen, die ihm

als Zeitzeugen Rede und Antwort standen.

Lebendiges

Museum

▲ Schüler Morten Luchtmann, Dönhoff-Gymnasiums, mit

OHM-Zeitzeugen Inge Koslowski und Johanna Nagel.

◄ Marine-

maler Klaus

Forst, Löhne,

schuf für das

OHM das ab-

gebildete

Gro0gemälde

das die ge-

spenstische

Szenerie wie-

derspiegelt

beim bestei-

gen des

Fluchtschif--

fes „General

von Steuben“

im Februar

1945.

Neuerwerbung im OHM:

„Flucht aus Gotenhafen“

Ostdeutsches

Heimatmuseum

(OHM) Historisches Museum

Redaktion:

Dieter Lonchant

Mitarbeit: Mareike Zummack

Auflg. 700 Expl.

Anschrift:

NEUE ZEITUNG Verdener Landstr. 224

31582 Nienburg

Tel./ Fax: 05021 / 91 15 63

Internet:

www.ohm-nienburg.jimdo.com

e-mail:

[email protected]

Die in Leserbriefen oder

Kommentaren vertretenen

Auffassungen decken sich nicht

unbedingt mit der Meinung der

Redaktion.

Page 7: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

9. Jahrg. 2010/35 NEUE ZEITUNG Seite 7

G e s c h i c h t e

fenbein, zurückkehrte. Noch im selben Jahr

schickte er die Schiffe „Kurprinz“ und „Mori-

an“ an den nun als „Gold- und Elfenbeinküste“

bezeichneten Landstrich Guineas und ließ dort

1683 das Fort „Groß-Wilhelmsburg“ errichten -

die erste deutsche Kolonie.

Dabei stellten 14 Negerhäuptlinge ihr Gebiet un-

ter „brandenburgischen Schutz“. Vom später ein-

getretenen wirtschaftlichen Misserfolg ent-

täuscht verkaufte Friedrich Wilhelm I., der spar-

same „Soldatenkönig“, die Besitzung 1717 für

„7.200 Dukaten und 12 Mohren“ an die

Holländer. LW

◄ „Die Besitzergreifung der Guineaküste“ - Gemälde von

Marinemaler Klaus Forst (Löhne) – zu sehen in der Abt.

„Übersee“ des OHM. - Die kurbrandenburgischen

Kriegsschiffe „Kurprinz“ und „Morian“ brachten die

Besatzung für die erste brandenburg-preußische Kolonie

„Groß-Friedrichsburg“ nach Südwest- Afrika.

Es war der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm

von Brandenburg, der nicht nur das Fundament

für den brandenburg-preußischen Staat legte,

sondern auch den kolonialen Gedanken aufnahm

und gewisse Erfolge verbuchen konnte. Gewon-

nen hatte er die Erkenntnis von der Bedeutung

des „Kommerciums“ in Holland, das mit Hilfe

seines Kolonialbesitzes zu Macht und Reichtum

gekommen war. Tatsächlich zieht sich das Be-

mühen um die Gewinnung einer Seeküste um

den Bau einer Flotte, um die Teilnahme am

Welthandel und um die Gründung von Kolonien

wie ein roter Faden durch die von Friedrich

Wilhelm betriebene „Großmachtpolitik“. Im

Dreißigjährigen Krieg (1618-1648) gewann er

einen holländischen Admiral als Berater für die

Gründung einer „Brandenburgisch-Ostindischen

Handelskompanie“, was sich aus Geldmangel

jedoch nicht verwirklichen ließ. Erst nach sei-

nem Sieg über die Schweden in der Schlacht bei

Fehrbellin (1675) gelang dem Großen Kurfür-

sten der Aufbau einer Kriegsflotte. 1680 schickte

er erstmals zwei Schiffe seiner Flotte an die

Westküste Afrikas, von denen ein Schiff, bela-

den mit 100 Pfund Gold und 10.000 Pfund El-

◄ Friedrich Wilhelm von

Brandenburg, trat 1640 in

Königsberg die Herrschaft

an über das Kurfürsten-

tum Brandenburg.

Die Geschichte verlieh

ihm den Beinamen: „Der

Große Kurfürst“. Er gilt

als der Gründer Branden-

burg-Preußens.

* 16. Februar 1620 Berlin

† 9. Mai 1688 Potsdam

Die erste

deutsche Kolonie

Page 8: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

Seite 8 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

S c h u l e u n d B i l d u n g

Brandenburg-Preußen:

Einführung

der

Schulpflicht (1717)

Im Zeitalter des Absolutismus erkannten die

Fürsten, wie wichtig Bildung für einen funk-

tionierenden Staat ist. Es entstanden zahlrei-

che Schulordnungen zur Verbesserung des

Bildungsniveaus. Die Schulpflicht wurde in

verschiedenen deutschen Territorien einge-

führt.

Im Mittelalter wurde das Schulwesen von der

Kirche bestimmt. Mit der Entfaltung der abso-

lutistischen Wirtschaft der Fürsten ab dem 18.

Jahrhundert wurde allmählich auch die Schule

dem Einfluss des Staates unterworfen. Die

Schule sollte der Heranziehung von gehorsamen

Untertanen dienen. Die Vertreter der Aufklärung,

die das geistige Klima bestimmten, forderten

gleich-zeitig eine bessere Qualität des

Schulunterrichts.

So wurden in der zweiten Hälfte des 18. Jahr-

hunderts überall im Deutschen Reich Reformen

umgesetzt. Teilweise wurde - wie in Preußen -

die Schulpflicht eingeführt.

Doch erst im 19. Jahrhundert konnten die noch

bestehenden Mängel im Schulsystem besei-tigt

und eine bessere Ausbildung von Lehrern

erreicht werden.

Preußenkönig Friedrich Wilhelm I. – „Der Sol-

datenkönig“ – nutzte alle Möglichkeiten, sein

armes Land, das immer noch unter den verhee-

renden Folgen des Dreißigjährigen Krieges litt,

wieder aufzubauen. 1717 erließ er ein „General-

edikt“, das für alle Volksschulen die Schulpflicht

vorsah, mit dem Ziel der Verbesserung der schu-

lischen Bildung. Um dem Mangel an Schulen zu

begegnen erließ er einen „Generalschulplan“ zur

Errichtung von Schulbauten in allen Städten und

► Der preußische König Friedrich Wil-

helm I. besucht nach Einführung der

Schulpflicht (1717) eine Schulklasse

Gemeinden Brandenburg-Preußens.

Friedrich der Große legte bereits damals folgen-

de Sachverhalte fest: Allgemeine Schulpflicht,

täglicher Schulbesuch, Unterhalt der Schule,

Lehrerbesoldung, Schulgeld, Unterrichtsinhalte,

und Stundenablauf.

Auch seine Nachfolger setzten alle Energie auf

Förderung der Bildung, was letztlich in allen

deutschen Ländern zu hoher Qualität der schu-

lischen Bildung verhalf . -nt.

Page 9: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

9. Jahrg. 2009/35 NEUE ZEITUNG Seite 9

B e g e b e n h e i t e n

In jungen Jahren war der Schuster Wilhelm

Voigt (1849-1922) auf die schiefe Bahn

geraten und landete hinter Gittern. Nach seiner

Entlassung beschloss er, endlich ein ehrliches

Leben zu führen. Doch Wilhelm Voigt hatte

keinen Pass. Seine ständigen Versuche, sich

Papiere zu verschaffen, brachten ihn immer

wieder in Schwierigkeiten. Zufällig stöberte er

eines Tages in einem Trödelladen eine alte

Hauptmannsuniform auf und erstand diese. Mit

dieser Uniform bekleidet gab er einem auf der

Straße vorbeiziehenden Trupp Soldaten den

Befehl, ihm nach Köpenick zu folgen. Dort

verhaftete er Bürgermeister und Kämmerer und

befahl ihnen, ihm einen Paß auszustellen. Da

das Rathaus keine Passabteilung besaß,

be-

Der Hauptmann

von Köpenick

◄ Steckbrief der

Polizeidirektion

Berlin für Kas-

senräuber Wil-

helm Voigt am 16.

Oktober 1906:

„…Gesicht gelb-

lich, krankhaft,

eingefallene Bak-

ken, stark herab-

hängender

Schnurrbart,

scharf geformte

Nase, krumme O-

Beine…“ - 3.000

M. Belohnung!

◄ Der Schuster

Wilhelm Voigt als

„Hauptmann von

Köpenick“:

Lebensgroßer

Guß am Trep-

penaufgang des

Rathauses von

Berlin-Köpenick.

schlagnahmte er kurzerhand die Stadtkasse,

entließ die Soldaten und floh. Der

„Hauptmann von Köpenick“ wurde zum

Tagesgespräch. Man suchte ihn überall. Doch

der Schuster stellte sich selbst und lieferte

die Beute komplett wieder ab. Für ganz

Berlin war der Streich ein großer Lacher.

Kaiser Wilhelm II. ver-

fügte amüsiert seine Be-

gnadigung und Voigt

bekam seinen Pass. -nt

◄ Im 1956 gedrehten Spiel-

film verkörperte Heinz Rüh-

mann mit gekonntem Humor

den teils tragischen Le-

bensweg des Schusters

Wilhelm Voigt.

Page 10: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

Seite 10 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

+++ Termine +++ Termine +++ Termine +++

Landsmannschaften

POMMERN Do. 02. 09. 16.00 Uhr OHM Pommernnachm.

Do. 07. 10. 15.00 Uhr OHM Pommernnachm.

Do. 04. 11. 15.00 Uhr OHM Pommernnachm.

OST / WESTPREUSSEN–DANZIG Fr. 13. 08. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.

Fr. 17. 09. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.

Fr. 15. 10. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.

Fr. 19. 11. 15.00 Uhr OHM Schabber /Lesest.

OHM-Freundeskreise

BERLIN-BRANDENBURG Sa. 02. 10. 12.00 Uhr OHM Oktoberfest

DIEPENAU Termine werden noch angesagt

EYSTRUP (VdV) Gasthaus Weber, Eystrup

Sa. 18. 09. 15.00 Uhr Kaffeenachmittag

Sa. 04. 12. 15.00 Uhr Weihnachtsfeier

UCHTE Lindenwirt, Uchte

Mi. 25. 08. 15.00 Uhr Plaudernachmittag

Mi. 22. 09. 15.00 Uhr Plaudernachmittag

Mi. 23. 10. 15.00 Uhr Plaudernachmittag

Sponsoring durch Anzeigen Liebe Museumsfreunde! Werben Sie Inserate bei Geschäftsleuten, die Ihnen bekannt sind

oder bei denen Sie einkaufen Unser Büro wird Sie gern beraten!

Sie unterstützen damit unsere Museumsarbeit. Danke. Vorstand und Redaktion

Page 11: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

9. Jahrg. 2009/35 NEUE ZEITUNG Seite 11

K u l i n a r i a

Tipps

vom

Fach:

Chefköchin

Teresa

Lonchant

Grieß-

flammeri

Für die heißen Tage

Zutaten; 1 ½ Liter Milch, 20 g Zucker, 50 g Grieß, 1 Päck-

chen Vanillezucker, 2 Eigelb, 1 Eiweiß, 1 Prise

Salz, 250 g Erdbeeren, Himbeeren oder Johannis-

beeren, 1 Teelöffel Stärkemehl, ¼ Liter Wasser

Anwendung: Milch mit Zucker, Vanillezucker und Salz zum

Kochen bringen, den Grieß einrieseln lassen, und

mit dem Schneebesen einrühren. Wird die Masse

breiartig, von der Kochstelle nehmen und das mit

etwas Milch verquirlte Eigelb unterrühren. Das

Eigelb mit einer Prise Salz steif schlagen und unter

das Flammeri heben, in eine kalt ausgespülte Form

füllen und erkalten lassen.

Früchte in ¼ Liter Wasser weichkochen, durch ein

Sieb streichen, zurück in den Topf geben, mit

etwas Zucker süßen, einmal aufkochen lassen und

mit der kalt angerührten Speisestärke binden. Das

erkaltete und erstarrte Flammeri auf eine Servier-

platte stürzen und mit etwas Fruchtsauce über-

gießen. Den Rest getrennt reichen. esa

Berliner Bowle Eine süffige Erfrischung

Zutaten: 2 Flaschen Berliner Weiße, 1 Flasche Sekt,

½ Zitrone, Zucker

Anwendung: Weißbier, Sekt und Zitronensaft zusammengießen

(vorher gut kühlen), die Zitronenschale

10 Minuten darin ziehen lassen, nach Geschmack

süßen und mit Eiswürfeln servieren.

Page 12: Neue Zeitung Nr. 35  9. Jahrgang 2010

Seite 12 NEUE ZEITUNG 9. Jahrg. 2010/35

D e n k w ü r d i g e E r e i g n i s s e

8. Mai 1945:

Die

bedingungslose

Kapitulation

Der alliierte Oberbefehlshaber Dwight D. Eisen-

hower bestand jedoch auf einer bedingungslosen

Gesamtkapitulation, die im Auftrag von Dönitz

am 7. Mai 1945 Generaloberst Alfred Jodl im

Hauptquartier der Alliierten in Reims unter-

zeichnen musste.

Da sich die Urkunde jedoch nur auf den rein mi-

litärischen Bereich bezog, erarbeiteten die Alli-

ierten in der Folgezeit ein Kapitulationsinstru-

ment, mit welchem auch in politischer Hinsicht

in juristisch verbindlicher Weise agiert werden

konnte.

Am 5. Juni 1945 wurde es Berliner Deklaration

verkündet. Damit übernahmen die vier verbün-

deten Siegermächte Großbritannien, Frankreich,

USA und die Sowjetunion die oberste Regie-

rungsgewalt in Deutschland.

Am 8. 5. 1945 um 23 Uhr MEZ war die letzte

Meldung des Reichssenders Berlin erfolgt: „Auf

Befehl des Großadmirals hat die Wehrmacht den

aussichtslos gewordenen Kampf eingestellt.“ –nt.

Obwohl bis zum Schluss taktierend,

musste die deutsche Wehrmachtsführung

die bedingungslose Kapitulation

unterzeichnen. Sie beendete den Zweiten

Weltkrieg in Europa und bedeutete

zugleich das Ende der national-

sozialistischen Gewaltherrschaft.

Adolf Hitler hatte jegliche Form der Kapitu-

lation kategorisch abgelehnt. Sein Nachfol-

ger Großadmiral Karl Dönitz suchte jedoch,

durch regionale Teil-Kapitulationen gegen-

über den Alliierten Zeit zu gewinnen.

◄ Generalfeld-

marschall Wil-

helm Keitel un-

terzeichnete in

Stalins seiner-

zeitigem Haupt-

quartier in Ber-

lin-Karlshorst am

9. Mai 1945 für

die Wehrmacht

die Kapitulations-

urkunde.