Kulturexpress 04 14

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Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 1996 Kulturexpress unabhängiges Magazin Ausgabe 04 19. - 25. Januar 2014 Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf Vollständigkeit ab. Inhalt Das Glück in großen Städten 37 Fotografien u.a. aus Berlin, New York, Paris, London, Shanghai und Tokio von Jürgen Bürgin. Galerie Lardon in Ahrenshoop-Niehagen 08. März - 30. April 2014 vom 25. Januar 2014 Erfolgreiches Jahr 2013 für das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) Über 251.000 Besucher und 50 Prozent mehr Einnahmen vom 23. Jan. 2014 Eckpunkte-Papier für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ignoriert Holz vom 22. Jan. 2014 Sprengung des Frankfurter AfE-Turms auch "Uni-Turm" genannt am 2. Febr. 2014 um 10 Uhr vom 21. Jan. 2014 Von Petrus Christus bis Rembrandt. Niederländische Zeichnungen aus dem Städelmuseum parallel zur Dürer- Ausstellung vom 20. Januar 2014 Lightopia. Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis 09. März 2014 vom 19. Januar 2014 DER BLINDE FLECK (BRD 2013) Ascot Elite Filmverleih Spieldauer: 85 Min. Kinostart: 23. Jan. 2014 Regie: Daniel Harrich mit Benno Fürmann, Heiner Lauterbach, Nicolette Krebitz, August Zirner, Jörg Hartmann, Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl u.a. Impressum Herausgeber und Redaktion Rolf E.Maass Adresse Postfach 90 06 08 60446 Frankfurt am Main mobil +49 (0)179 8767690 Voice-Mail +49 (0)3221 134725 www.kulturexpress.de www.kulturexpress.info www.svenska.kulturexpress.info Kulturexpress in gedruckter Form erscheint wöchentlich ISSN 1862-1996 Finanzamt IV Frankfurt a/M St-Nr.: 148404880 USt-idNr.: DE249774430 E-Mail: [email protected]

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Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 – 1996

Kulturexpress unabhängiges Magazin

Ausgabe 04

19. - 25. Januar 2014

Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle

Ereignisse zu berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen

auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich darin um eine aktive und aktuelle

Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf Vollständigkeit ab. Inhalt

Das Glück in großen Städten 37 Fotografien u.a. aus Berlin, New York, Paris, London, Shanghai und Tokio von Jürgen Bürgin. Galerie Lardon in Ahrenshoop-Niehagen 08. März - 30. April 2014 vom 25. Januar 2014

Erfolgreiches Jahr 2013 für das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg (MKG) Über 251.000 Besucher und 50 Prozent mehr Einnahmen vom 23. Jan. 2014

Eckpunkte-Papier für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ignoriert Holz vom 22. Jan. 2014

Sprengung des Frankfurter AfE-Turms auch "Uni-Turm" genannt am 2. Febr. 2014 um 10 Uhr vom 21. Jan. 2014

Von Petrus Christus bis Rembrandt. Niederländische Zeichnungen aus dem Städelmuseum parallel zur Dürer-Ausstellung vom 20. Januar 2014

Lightopia. Vitra Design Museum in Weil am Rhein bis 09. März 2014 vom 19.

Januar 2014

DER BLINDE FLECK (BRD 2013)

Ascot Elite Filmverleih Spieldauer: 85 Min. Kinostart: 23. Jan. 2014

Regie: Daniel Harrich mit Benno Fürmann, Heiner Lauterbach, Nicolette Krebitz, August Zirner, Jörg Hartmann, Miroslav Nemec, Udo Wachtveitl u.a.

Impressum

Herausgeber und Redaktion Rolf E.Maass Adresse

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Das Glück in großen Städten. 37 Fotografien u.a. aus Berlin, NewYork, Paris, London, Shanghai und Tokio von Jürgen Bürgin

Galerie Lardon in Ahrenshoop-Niehagen 08. März - 30. April 2014Meldung: Schulze & Heyn FILM PR, in Berlin, den 25. Januar 2014

„Das Glück in großen Städten” ist eine Serie von 37 Fotografien entstandenin den Jahren 2010-2013 an Orten wie Berlin, New York, Paris, London,Shanghai und Tokio. Viele der Fotografien zeigen fremde Menschen, wirkenungestellt, es sind Straßenfotografien. Doch es könnten auch Filmstills sein,die Teil einer Filmhandlung sind. In ihnen werden Geschichten im Betrachterangestoßen, der sich ein Davor und ein Danach dazuerfindet – dieFotografien werden dadurch zu fiktionalen Bildern mit dokumentarischenMitteln. Manche von Bürgins Bildern zeigen auch Menschen, die einsamwirken, manche strahlen eine leise Melancholie aus. Viele der Bilder sind inder Nacht entstanden: Andere entstanden bei Regen. Für einenSekundenbruchteil sind wir diesen fremden Menschen Nahe, wir scheinen an einem kleinenAbschnitt ihrer Biographie teilzuhaben, dann gehen sie wieder fort und verschwinden in derAnonymität der Großstädte.

Jürgen Bürgin ist 1971 in Lörrach geboren. Nach dem Studium der Germanistik inFreiburg arbeitet er seit 1999 in Berlin in einer Film-PR-Agentur. Neben seiner Arbeit inder Filmbranche ist er seit 2010 als Fotograf tätig. Im Jahr 2011 wurde er für einen SonyWorld Photography Award nominiert. 2012 belegte er den 2. Platz beim BrennpunktAward anlässlich des Browse Fotofestivals in Berlin, und er gewann sowohl einen U-Bahn-Fotowettbewerb als auch einen Street Fashion-Fotowettbewerb im Jahr 2012,beide ausgerichtet von der renommierten Berliner Fotogalerie C/O Berlin. Von Dezember2012 bis April 2013 zeigte das South Street Seaport Museum in New York zwei seinerFotografien als Teil der Gruppenausstellung Street Shots/NYC. Im Juli 2013 zeigte dieFotogalerie Friedrichshain seine Serie „Urban Ballads“ in einer großen Einzelausstellung,eine der meistbesuchten Ausstellungen der Galerie in den letzten Jahren. Ein Teil dieserSerie wird ab 8. März 2014 unter dem Titel „Das Glück in großen Städten“ in der GalerieLardon in Ahrenshoop zu sehen sein.

www.juergenbuergin.com DAS GLÜCK IN GROSSEN STÄDTENFotografien von Jürgen BürginGalerie LardonWeg zum Kiel 1618347 Ahrenshoop-NiehagenAb 8. März Do-So 11.00 bis 17.00 Uhr

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Siehe auch: Rudy Burckhardt – New York Moments. Fotografien und Filme im Kunstmuseum Basel

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Erfolgreiches Jahr 2013

Über 251.000 Besucher und 50 Prozent mehr EinnahmenMeldung: MKG Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg, den 16. Januar 2014

Das Museum für Kunst und Gewerbe Hamburg blickt auf einerfolgreiches Jahr zurück. Über 251.000 Besucher kamen2013, um sich die Im Jahre 2012 neu eingerichtetenSammlungspräsentationen und die Sonderausstellungen anzuschauen. Gegenüber demVorjahr mit 154.000 Besuchern bedeutet das eine Steigerung der Besucherzahlen um63 Prozent. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen ist von zehn auf 17 Prozentgestiegen. Die Erlöse aus Eintrittsgeldern konnte das MKG in 2013 auf 1,3 MillionenEuro verdoppeln, obwohl der Anteil an Kindern und Jugendlichen, die bis einschließlich17 Jahre freien Eintritt haben, gestiegen ist. Nach Abschluss der sechsjährigen Sanierungsphase, in der die Ausstellungsflächen des MKGteilweise bis zur Hälfte geschlossen waren, war das Interesse vieler Besucher für die neueingerichteten Sammlungen groß. Auch Sonderausstellungen waren erfolgreich. DiePublikumsausstellung „Pixar. 25 Years of Animation“ sahen 82.000 Besucher. Über 37.000 kamenin die Ausstellung „Steve McCurry“. Von den über 70.000, welche die Ausstellung „Endstation Meer“ besuchten, war ein Viertel derBesucher unter 18 Jahren. Allein 3.000 Familientickets wurden verkauft. Über 150 Schulklassen undKita-Gruppen informierten sich über das Problem Plastik. Die Ausstellung „Kairo. Bilder einer

andauernden Revolution“ stieß ebenfalls auf großes Interesse in den Medien und wurde von derDeutschen Sektion der Association Internationale des Critiques d'Art (AICA) zu „Ausstellung desJahres 2013“ erklärt. „Ich freue mich sehr, dass unser Publikum mit großer Neugier die Neupräsentation unsererSammlungen aufnimmt und auch sehr interessiert an den aktuellen Themen ist, die wir mit unserenAusstellungen aufgreifen“, sagt Prof. Sabine Schulze, Direktorin des MKG. „Wir möchten verstärktauch junge Menschen erreichen. Dass 2013 so viele ins MKG kamen, ist ein großer Erfolg. Wirwerden auch in diesem Jahr unsere Vermittlungsangebote ausbauen und neue Formate entwickeln.“Auf große Resonanz stießen 2013 die Angebote für Besucher aller Altersgruppen, wie Workshopsmit Künstlern und Designern, Ferienprogramme zu den Ausstellungsthemen und Debatten mitExperten verschiedener Fachrichtungen. Ein Schwerpunkt in der Vermittlung in 2014 ist der interkulturelle Dialog, der eine wichtige Aufgabefür Museen ist. Mit der Neupräsentation der Sammlung „Islam“ ab 14. November 2014 und den neueingerichteten Bereichen „Buddhismus“ und „Christentum im Mittelalter“ kann das MKG denBesuchern die Kultur und Werte dreier großer Weltreligionen nahe bringen. Die Ausstellung„Mythos Chanel“ (28. Februar bis 18. Mai 2014) wird bereits mit Spannung erwartet. Wie Massenmedien erstmals systematisch in einem Krieg eingesetzt werden, untersucht dieAusstellung „Krieg und Propaganda 14/18“, die das MKG vom 20. Juni bis 2. November 2014anlässlich des Jahrestages des Beginns des Ersten Weltkriegs zeigt. Die Fotografie neue Medienstehen in der Ausstellung „Fette Beute. Reichtum zeigen“ im Mittelpunkt. Sie ist vom 10. Oktober2014 bis 11. Januar 2015 zu sehen und beleuchtet, wie immer mehr Menschen ihren Reichtummedial inszenieren. Seit 2010 betreibt das MKG aktiv Provenienzforschung. Die ersten Ergebnissewerden anhand von Objektgeschichten ab dem 19. September 2014 in einer Ausstellung vorgestellt,um Einblick in das Arbeitsgebiet der Provenienzrecherche zu geben. Mit der Ausstellung „‘Aus der

Seele muß man spielen...‘. Klangwelt und Instrumentenbau zur Zeit C.P.E. Bach“, beteiligtensich das MKG an dem Jubiläumsjahr zum 300. Geburtstag des Komponisten, das bundesweitbegangen wird. Programmvorschau auf das Jahr 2014 im MKG Hamburg

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Mythos Chanel

28. Februar bis 18. Mai 2014

"Aus der Seele muß man spielen ..." Klangwelt und Instrumentenbau zur Zeit C.P.E.Bachs

7. März bis 30. Dezember 2014

Krieg und Propaganda 14/18

20. Juni bis 2. November 2014

Provenienzforschung am MKG

ab 19. September 2014

Fette Beute. Fotografie und Reichtum

10. Oktober 2014 bis 11. Januar 2015

Neueinrichtung Islam

ab 14. November 2014

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 23. Januar 2014

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Koalition verkennt die Bedeutung von Holz

Eckpunkte-Papier für die Reform des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG) ignoriert Holz als nachhaltigen RohstoffMeldung: AGDW, in Berlin, den 22. Januar 2014

Philipp zu Guttenberg, Präsident der AGDW - Die Waldeigentümer, begrüßt das Vorhaben derBundesregierung, das EEG zu vereinfachen und möglichst verbraucherfreundlich zu gestalten. DieEnergiewende sei - wie im EEG Eckpunkte-Papier formuliert - nach dem Vorbild der Forstwirtschaft„ein notwendiger Schritt auf dem Weg in eine Industriegesellschaft, die dem Gedanken derNachhaltigkeit und der Bewahrung der Schöpfung und der Verantwortung gegenüber kommendenGenerationen verpflichtet ist“. Das gehe aber nicht – so Guttenberg – ohne unseren intelligentestenwichtigsten heimischen Rohstoff Holz. „Als erneuerbarer und CO2-neutraler Rohstoff ist Holz einetragende Säule der Energiewende“, betonte Philipp zu Guttenberg. Etwa ein Drittel dererneuerbaren Energien werde derzeit aus Holz gewonnen. Das hätten Teile der Politik noch nichterkannt, so die Kritik des AGDW-Präsidenten an dem vorgelegten Eckpunkte-Papier, das dasBundeskabinett am 22. Januar und während der Klausur in Meseberg diskutiert. Bei der EEG-Novelle dürfe nicht einseitig auf Wind und Photovoltaik gesetzt werden. „Bioenergie und Holzkönnen die anderen erneuerbaren Energien auf dem Weg zu einer nicht-fossilen Energieversorgungergänzen und tragen. Das muss die Politik möglich machen“, sagte Guttenberg. Anders als Wind-und Sonnenenergie stehe heimisches Holz wetterunabhängig zur Verfügung und sei„grundlasttauglich“. Dies müsse aus Sicht der Waldeigentümer durch Flexibilitätsprämien honoriertwerden. Guttenberg betonte, der Substitutionseffekt durch den Einsatz von Holz zum Heizen werde aufjährlich rund 30 Millionen Tonnen Kohlendioxid geschätzt. Ein Raummeter Holz könne je nachHolzart die Energie von bis zu 257 Litern Heizöl ersetzen. Holz für die energetische Nutzung seizudem ein Nebenprodukt der normalen wirtschaftlichen Tätigkeit im Wald, dass – im Vergleich zuanderen Energieträgern – keine ökologischen und landschaftsästhetischen Nachteile mit sich bringe.Das werde im vorgelegten Eckpunkte-Papier – so der Waldeigentümerpräsident - schlichtwegignoriert. Feste Biomasse und Biomassekraftwerke seien ein wichtiger Bestandteil der dezentralenEnergieversorgung im ländlichen Raum. Aus Vertrauensschutzgründen müssten bestehendeAnlagen geschützt und zukünftige Investitionsvorhaben auch weiter angemessen gefördert werden. „Da die ehrgeizigen Ziele der Bundesregierung bei Energiewende und Klimaschutz nur mit unseremBiorohstoff Holz zu schaffen sind, gehören die Waldeigentümer bei Energiegipfeln mit an denVerhandlungstisch“, fordert zu Guttenberg.

www.waldeigentuemer.de

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 22. Januar 2014

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Foto: © Kulturexpress, links das Marriott-Hotel., rechts davon, mittig, der Uni-Turm aufgenommen am 27. 06. 2013 um 19:04 Uhr

Sprengung des Frankfurter AfE-Turms auch "Uni-Turm" genanntam 2. Febr. 2014 um 10 Uhr Meldung: Presseinfo der Stadt Frankfurt a/M, den 21. Januar 2014

Der AfE-Turm im Frankfurter Stadtteil Bockenheim wird am Sonntag, 2. Februar,gesprengt. Um 10 Uhr zündet Sprengmeister Eduard Reisch am Sonntag vom Dachdes benachbarten Marriott-Hotels die insgesamt 500 Kilogramm schwere Sprengladung,die in den Tagen zuvor in dem Gebäude aus den 1970er Jahren verteilt worden ist. Fürdie Sprengung werden rundum das Gebäude Sicherheitszonen eingerichtet. In Zone 1ist der Aufenthalt grundsätzlich verboten.

Zahlreiche Schaulustige werden erwartet.Sie sind zu besonderer Vorsicht in demcitynahen Bereich angehalten. Für Fragenstehen vor Ort auch Helfer desTechnischen Hilfswerk (THW) zurVerfügung. „Nach der Sprengung kehrtfür die Nachbarn an derSenckenberganlage schlagartig Ruheein“, sagte ABG-Geschäftsführer FrankJunker am Dienstag, 21. Januar. Siemüssten nicht länger den Krach durch dieseit Herbst vorigen Jahres laufendenAbbrucharbeiten ertragen. Ursprünglich wollte die ABG Frankfurt Holding den als Dokument des „Brutalismus“ bezeichnetenTurm von innen heraus abreißen. „Mit dieser Methode würden die Arbeiten allerdings nochmindestens bis zum Sommer dauern“, gab Junker zu bedenken. Mit der Sprengung am erstenSonntag des Februars „ist die Angelegenheit mit einem Mal erledigt“, so der Geschäftsführer derABG.

„Wegen seiner zentralen Lage in Frankfurt ist die Sprengung des AfE-Turmes schon ein ganzbesonderes Projekt“, sagte Sprengmeister Eduard Reisch. Gemessen vom Fundamentboden auskomme das Gebäude an der Robert-Mayer-Straße auf eine Höhe von 127 Metern und gelte damitals höchstes Sprengungsobjekt in Europa. Dieses Fundament will die beauftragte AbbruchfirmaAWR nach der Sprengung mit Abbruchmaterial auffüllen. Von den 50.000 Tonnen, die nach derSprengung übrig seien, „füllen wir gut die Hälfte in den alten Sockel, um das Fundament zubeschweren“, erklärte AWR-Geschäftsführer Ilmi Viqa. Der Rest werde aufgearbeitet undabgefahren. Blick vom Uni-Turm auf die Frankfurter Innenstadt, aufgenommen am 01. 03. 2005

In dem 1972 errichteten auf der Ecke Georg-Voigt-Straße und Senckenberg-Anlage gelegenen AfE-Turm wurden bis Ende März 2013 Gesellschaftswissenschaftler und Pädagogen ausgebildet. Sie

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zogen inzwischen auf den neuen Campus der Goethe-Universität im Westend um. Das Areal desAfE-Turms ist Teil des Projekts Kulturcampus Frankfurt, das die ABG auf dem Gelände desehemaligen Campus Bockenheim der Goethe-Uni realisieren will. Die ABG hat das insgesamt 16,5Hektar große Areal des Campus Bockenheim Mitte 2011 vom Land Hessen erworben, um einestädtebaulich anspruchsvolle Verbindung zwischen dem Westend und Bockenheim zu schaffen.

in Richtung auf den Großen Feldberg im Taunus aufgenommen am 01. 03. 2005

Siehe auch: Der Kulturcampus

„Mit der Sprengung des AfE-Turmes kommen wir mit dem für die Stadtentwicklung Frankfurts sobedeutsamen Projekts Kulturcampus einen gewaltigen Sprung voran“, hob ABG-Chef Frank Junkerhervor. Der Bebauungsplan sähe für das 9500 Quadratmeter große Areal an der Senckenberg-Anlage den Bau von zwei neuen Gebäuden vor. Sie dürfen bis zu 100 beziehungsweise bis zu 140Metern hoch werden. Für das gesamte Projekt Kulturcampus Frankfurt ist ein Mischverhältnis fürWohnen und Arbeiten von 40 zu 60 vorgesehen. Zum Bereich Arbeiten gehören auch sämtlichekünstlerischen Nutzungen auf dem Kulturcampus. Der Rohbau für die ersten 200 Wohnungen imNorden des Areals ist bereits fertig und wird am Mittwoch, den 22. Januar der Öffentlichkeitpräsentiert. Während der Uni-Turm am 02. Februar bei einer Sprengung dem Erdboden gleich gemacht wurde,wird der Henninger Turm durch langsamen Rückbau beseitigt. Beide Türme sollen jedoch wiederdurch Wohntürme ersetzt werden, die sogar höher und größer als die bisher vorhanden gewesenenGebäude sein werden. Abrissbaustelle Uni-Turm nach der Sprengung

Ein einziger Haufen an Überresten der nach der Sprengung vom 02. Februar 2014 übrig geblieben ist. Sand undErdhaufen umranden den Sprengungsbereich und dienen als Schutzwall. Die Baumreihen am Straßenrand wurden beider Aktion allem Anschein nach kaum in Mitleidenschaft gezogen. Die gegenüberliegenden Gebäude hattenFassadenschutz, um das Fensterglas nicht zerbersten zu lassen. Aufgenommen am 04. Febr. 2014

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Petrus Christus, Bildnis eines Mannes mit Falken , Mitte 15. Jahrhundert,Silberstift, 19 × 14,4 cm (Ausschnitt) Inv. Nr. 725 (Erworben durchJohann David Passavant auf der Versteigerung der Sammlung Verstolkvan Soelen in Den Haag 1847)

Von Petrus Christus bis Rembrandt. Niederländische Zeichnungenaus dem Städelmuseum parallel zur Dürer-AusstellungMeldung: Städel-Museum, in Frankfurt a/M, den 26. November 2013

Die Graphische Sammlung im Städel Museum präsentiert noch bis 2. Februar 2014 imKabinett 9 der Gemäldegalerie Alte Meister im Mainflügel des Museums einekonzentrierte Auswahl ihrer bedeutendsten niederländischen Handzeichnungen ausdem 15. bis 17. Jahrhundert.

In der insgesamt 16 Meisterwerke umfassendenPräsentation sind neben einem seltenen Silberstift-Bildnis des Künstlers Petrus Christus (1410–1475)aus dem 15. Jahrhundert und einer signierten unddatierten Modellstudie Rembrandt Harmensz. van

Rijns (1606–1669) auch bedeutende Arbeiten vonAbraham Bloemaert (1566–1651), Antonis van

Dyck (1599–1641), Hendrick Goltzius (1558–1617), Peter Paul Rubens (1577–1640) undanderen zu sehen. Alle Werke stammen aus demeigenen Bestand des Städel und zeigen die

Spannweite und den Reichtum einer der bedeutendsten Sammlungen ihrer Art in Deutschlandsowohl in thematischer als auch in technischer Hinsicht. Die Kabinettausstellung präsentiert einen Eindruck der künstlerischen Entwicklungen sowohl in denkatholisch geprägten südlichen Niederlanden als auch in dem vorherrschend protestantischenHolland. Der überwiegende Teil der Zeichnungen stammt aus dem alten Bestand der Sammlungund wurde zum einen vom Stifter des Städelschen Kunstinstituts, Johann Friedrich Städel, zumanderen von Johann David Passavant, zwischen 1840 und 1861 Inspektor des Hauses, erworben.Doch finden sich darunter auch Erwerbungen und Stiftungen des 20.Jahrhunderts, wie eine Ferdinand Bol zugeschriebene Federzeichnung,die der Frankfurter Lederfabrikant Robert von Hirsch dem StädelschenKunstinstitut 1977 schenkte. Mit der zeitweiligen Präsentation derPapierarbeiten in der Gemäldegalerie und der daraus resultierendenunmittelbaren Nachbarschaft zu den Gemälden der Alten Meisterveranschaulicht die Auswahl die Besonderheiten des spezifischenMediums Zeichnung. Die Ausstellung zeigt dabei nicht nur eine Vielzahlan bestehenden Techniken wie Kreide-, Feder-, Rötel- als auchPinselzeichnungen, sondern bietet auch einen Überblick über dieunterschiedlichen Funktionen des Mediums. Dabei reicht das Spektrumvon Zeichnungen, die Gemälde vorbereiten über solche mit skizzierendem und dokumentierendemCharakter, Figuren- und Gewandstudien sowie Vorlagen für Kupferstiche bis hin zur autonomenKünstlerzeichnung.

Kuratiert wird diese Ausstellung von Annett Gerlach und Dr. Martin Sonnabend

Siehe auch: Die große Dürer-Ausstellung im Frankfurter Städel zieht das Publikum magisch an

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bis 09. März 2014

Lightopia Vitra Design MuseumMeldung: Vitra Design, in Weil am Rhein, den 16. Juli 2013

Wie kaum ein anderes Medium hat das elektrische Licht im letztenJahrhundert unseren Lebensraum revolutioniert. Es veränderte unsereStädte, schuf neue Lebens- und Arbeitsformen und wurde zum Motor desFortschritts für Industrie, Medizin und Kommunikation. Ausgelöst durchneue Lichttechnologien, zeichnet sich in der Welt des künstlichen Lichtsheute ein tiefgreifender Wandel ab. Dieser Entwicklung widmet das VitraDesign Museum nun die Ausstellung »Lightopia«. Es ist die ersteAusstellung, die das Thema Lichtdesign umfassend präsentiert – mitBeispielen aus Kunst, Design, Architektur und vielen anderen Disziplinen.»Lightopia« umfasst etwa 300 Werke, darunter zahlreiche Ikonen aus derbislang noch nie öffentlich gezeigten Leuchtensammlung des Vitra DesignMuseums, etwa von Wilhelm Wagenfeld, Achille Castiglioni, Gino Sarfattiund Ingo Maurer. Andere Exponate veranschaulichen die performativeKraft des Lichts, etwa der berühmte »Licht-Raum-Modulator« von LászlóMoholy-Nagy oder die spektakuläre Rekonstruktion einer Diskothek von1968, die ganz aus transluzentem Plexiglas gefertigt ist. Im Zentrumstehen jedoch Entwürfe heutiger Designer und Künstler wie OlafurEliasson, Troika, Chris Fraser, Front Design, Joris Laarman,realities:united und mischer’traxler, die neue Möglichkeiten der Gestaltungmit Licht veranschaulichen. Unter den Exponaten sind zahlreicheinteraktive und begehbare Installationen, in denen der Besucher diearchaische Kraft des Lichts selbst erleben kann. Aus dem Dialog der ausgestellten Werke entsteht in der Ausstellung»Lightopia« ein Panorama des Lichtdesigns – von den Anfängen derIndustriegesellschaft bis hin zu Visionen, die unsere Zukunft bestimmenwerden. Der Blick auf die Geschichte des Lichtdesigns schärft dabei nichtzuletzt den Blick auf die heutigen Umbrüche. Waren in den letzten 100Jahren etwa neue Kunststoffe, farbiges Licht oder Halogen-LeuchtenTriebfedern für neue Entwürfe, so sind es heute die Digitalisierung oderdie OLEDTechnologie. Sie haben in den letzten Jahren dazu geführt, dasssich Licht immer stärker vom klassischen Objekt der Leuchte löst, dass esin der Textilien oder Fassaden integriert werden kann und dass es einevöllig neue Bedeutung als raumbildende Kraft erhält. Ausgehend vondiesen Veränderungen, betrachtet die Ausstellung aber auch die Fragen,die heute in den Fokus rücken: Wie können Designer, Künstler undArchitekten Licht so einsetzen, dass es unsere Ressourcen schont? Wiekann mit dem Problem einer Überflutung mit Licht (light pollution)umgegangen werden? Mit ihrem interdisziplinären Ansatz zeigt die Ausstellung »Lightopia«, wieLichtdesign die Lebensräume der Moderne geprägt hat, untersucht dengegenwärtigen Paradigmenwechsel und stellt sie ihn einen größerenkulturgeschichtlichen Zusammenhang. Kuratorin Jolanthe Kugler sagtdazu: »›Lightopia‹ ist die erste Ausstellung, die die Gestaltung von Lichtnicht nur in Teilaspekten – wie etwa Lichtkunst oder Leuchtendesign –aufgreift, sondern die verschiedenen Facetten des Lichtdesignszusammenbringt und mit aktuellen Debatten verknüpft«. »Lightopia« wird begleitet von einem umfangreichen Rahmenprogrammaus Vorträgen, Diskussionen, Symposien und Workshops mit namhaftenKünstlern, Designern und Wissenschaftlern. Unter den Gästen sind

Ingo Maurer, Bulb, 1966 ©Ingo Maurer, Sammlung VitraDesign Museum, Foto:Andreas Jung,

Ingo Maurer, Bulb, 1966 ©Ingo Maurer, Sammlung VitraDesign Museum, Foto:Andreas Jung,

Key Visual / Abstraktionbasierend auf: Vico Magistretti,Atollo, 1977 © Vico MagistrettiFoundation, Oluce, SammlungVitra Design Museum, Foto:Daniel Spehr

Samuel Cockedey, Filmstillaus Inter // States, 2010, ©Samuel Cockedey,

Wilhelm Wagenfeld, MT 10,1923-24 © VG Bild-Kunst,Sammlung Vitra DesignMuseum, Foto: Andreas Jung

George Carwardine,Anglepoise, 1934 © SammlungVitra Design Museum Foto:Andreas Jung

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Michele De Lucchi, Ben van Berkel, Winy Maas/MVRDV, Rogier van derHeide, Troika, mischer‘ traxler und viele andere. Zur Ausstellung erscheintein ca. 300-seitiger Katalog in drei Bänden mit über 300 Abbildungen. Zuden Autoren zählen internationale Design und Lichtexperten wie PeterWeibel, Sidney Perkowitz, Hartmut Böhme und Bart Loomtsma. Im Anschluss an die Präsentation im Vitra Design Museum wird dieAusstellung in weiteren Museen weltweit gezeigt.

www.design-museum.de

Rody Graumans, 85Lamps für Droog, 1993© Droog, SammlungVitra Design Museum,Foto: Andreas Jung

Louis Poyet,Bijouxélectriques,L'Illustration,1883

Philips Pavilion,WeltausstellungBrüssel, 1958 ©Fondation LeCorbusier, TheGetty Museum

Palais de l'Electricité,Weltausstellung Paris, 1900

Cesare Casati, GinoMarotta, EmmanuelePonzio, Il Grifoncino,Bozen, 1968 © CesareCasati

Studio Rossi-Molinari, C2, 1969© Sammlung VitraDesign Museum,Foto: DanielSpehr

Chris Fraser, Developing aMutable Horizon, Installation,2011 © Chris Fraser &HIGHLIGHT

Olafur Eliasson,Starbrick, 2009© 2009 OlafurEliasson undZumtobel, Foto:Jens Ziehe

mischer'traxler, Emil & Clara ausder Serie Relumine, 2010 ©mischer'traxler 2010

realities:united, NIX,Simulationszeichnung, 2005 ©Courtesy of realities:united

Carlos Cruz-Diez,Chromosaturation Installation,2010 © Carlos Cruz-Diez &Adagp, Paris 2013

Daniel Rybakken, AndreasEngesvik, Colour Light fürLigne Roset, 2011 © DanielRybakken und AndreasEngesvik, Foto: Kalle Sannerund Daniel Rybakken

László Moholy-Nagy, Licht-Raum-Modulator, 1922-30 ©VG Bild-Kunst 2010

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DER BLINDE FLECK (BRD 2013)

Ascot Elite Filmverleih Spieldauer: 85 Minuten Kinostart: 23. Januar 2014

Zum Trailer: Der blinde Fleck Regie: DanielHarrich

mit Benno Fürmann, Heiner Lauterbach, NicoletteKrebitz, August Zirner, Jörg Hartmann, MiroslavNemec, Udo Wachtveitl u.a.

Freitag, 26. September 1980. Auf demMünchner Oktoberfest explodiert eineBombe. 13 Menschen sterben, 211 werdenverletzt. Unter den Toten ist der 21-jährigeGundolf Köhler. Die Behörden machen denStudenten als Bombenleger aus undkommen schnell zu dem Schluss, er habeallein und ohne politisches Motiv gehandelt.Doch ist die Lösung wirklich so einfach? DerJournalist Ulrich Chaussy (Benno Fürmann)recherchiert den angeblich gelösten Fall und stößt auf rechtsradikaleHintergründe und ungeklärte Todesfälle. Warum hat die PolizeiZeugenaussagen ignoriert? Warum gab Staatsschutzchef Dr. HansLangemann (Heiner Lauterbach) geheime Informationen an die Presseweiter? Warum hat die Bundesanwaltschaft wichtige Beweismittelvernichten lassen? Ulrich Chaussy und der Opferanwalt Werner Dietrich(Jörg Hartmann) machen sich auf die gefährliche Suche nach derWahrheit, die auch heute noch vertuscht wird.

Der Film erzählt die wahre Geschichte des Journalisten Ulrich Chaussy,der seit 1980 den schwersten Bombenanschlag in der BundesrepublikDeutschland recherchiert. Daniel Harrichs brisanter Politthriller verbindethöchst spannende Kinounterhaltung mit längst überfälligen Denkanstößenüber die rechte Bedrohung und das leichtfertige Wegschauen vielerBehörden. „Ein Meisterstück!“ lobt die Bayerische Staatszeitung, „EinGlücks- und Hoffnungsfall für das deutsche Kino“, urteilt kino-zeit.de.Schon vor dem Filmstart am 23. Januar 2014 wurde DER BLINDE FLECKmit dem Friedenspreis des Deutschen Films und dem Publikumspreis derFilmkunstmesse Leipzig ausgezeichnet.

Inhalt

München 1980. Seit einem Jahr ist Ulrich Chaussy mit seiner Frau Liseverheiratet, doch der junge Radiojournalist vom Bayerischen Rundfunklebt weiter in seiner Wohngemeinschaft. Eines Nachts stürmt einSondereinsatzkommando der Polizei das Haus. Vermummte und schwerbewaffnete Beamte überwältigen Ulrich Chaussy und bringen ihn insMünchner Polizeipräsidium. Bei der Vernehmung werden ihm „Verdachtauf Bildung einer kriminellen Vereinigung, Ausbildung inSprengstofftechnik und Vorbereitung von Sprengstoffverbrechen“vorgeworfen. Beweise gibt es keine, nur den verleumderischen Hinweis„einer Person, die diesen Staat bejaht“. Ferner, so erklärt ihm derKommissar, wären Chaussy und seine WG-Kollegen „nicht die erstenLinken, die anfangen, Bomben zu bauen“.

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Die zunehmende Militarisierung derrechtsextremen Szene in Bayern wirdunterdessen verharmlost. Regelmäßig treffensich bewaffnete und uniformierte Gefolgsleutevon Karl-Heinz Hoffmann, Gründer derWehrsportgruppe Hoffmann, in einemWaldgebiet, um Krieg zu spielen.Bundesinnenminister Gerhart Baum verbietet1980 die Wehrsportgruppe, die zuvormehrere Jahre lang von der bayerischenLandesregierung geduldet und verharmlostwurde. So sagte Bayerns MinisterpräsidentFranz Josef Strauß, zugleich Kanzlerkandidatder CDU/CSU im Wahlkampf 1980: „MeinGott, wenn ein Mann sich wünscht, amSonntag auf dem Land mit Rucksack undeiner geschlossenen Koppel spazieren zugehen, dann soll man ihn gefälligst in Ruhe

lassen.“ Zu seinem Beraterstamm zählte Dr. Hans Langemann, Chef derStaatsschutzabteilung im bayerischen Innenministerium.

In einer Vorlesung an der Polizeiakademie referiert Dr. Hans Langemannüber sein Spezialthema „Das Attentat“. Bei vielen politisch motiviertenGewaltakten im Laufe der Geschichte hat der Terrorexperte eine Paralleleentdeckt: „Sie wurden in den allermeisten Fällen von einemvorgeschobenen Einzeltäter begangen. Von Caesar bis Sissi, von Lincolnbis Kennedy verschwinden die Strippenzieher in einem verklärendenNebel, wird die Schuld auf einen einzelnen Täter, ein Bauernopfer,fokussiert.“ Dieser Einzeltäter gleiche einer Marionette. Im Augenblick derTat würden die Fäden gekappt. „Wird nicht sofort und diskret im Umfelddes ausführenden Täters ermittelt, findet man nur noch lose Enden, dieins Leere laufen“, warnt Dr. Langemann seine Zuhörer. „DieStrippenzieher können unerkannt verschwinden.“

Im August 1980 beziehen Ulrich und Lise Chaussy ihre erste gemeinsameWohnung. Sie liegt unweit der Theresienwiese, auf der bereits dieAufbauarbeiten für das beliebteste Volksfest der Welt laufen. ImSeptember ist es soweit: Der Umzug der Wiesnwirte beginnt,Menschenmassen säumen die Straßen, Oberbürgermeister Erich Kiesleröffnet die Wiesn mit einem Fassanstich im überfüllten Bierzelt. „O‘zapftis!“ Freitag, 26. September 1980, 22.19 Uhr. Ulrich und Lise Chaussyhören von ihrer Wohnung aus einen ohrenbetäubenden Knall. Ihr Blickgeht durchs Fenster Richtung Theresienwiese. Am Haupteingang hat einSprengsatz 13 Menschen getötet, mehr als 200 verletzt, 68 von ihnenschwer.

Bayerns Ministerpräsident Franz Josef Strauß fliegt aus Bonn ein unddiskutiert mit Dr. Hans Langemann das weitere Vorgehen. „Wir müssendie Situation nutzen, die Wahlen sind in einer Woche“, erklärt derSicherheitsexperte. Bei einer eilig einberufenen Pressekonferenz am Ortdes Anschlags wettert Strauß: „Das ist der Beweis für das völligeVersagen der Bundesregierung. Linker Terror hat keinen Platz in unseremLand. Innenminister Baum muss zurücktreten!“

Doch schnell finden sich Hinweise, dassder oder die Täter aus rechten Kreisenstammen. Bei der erstenPressekonferenz am 28. September

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1980 erklärt Generalbundesanwalt KurtRebmann: „Nach den derzeitigenErmittlungen kommt als Täter der 21-jährige Geologiestudent Gundolf Köhler aus Donaueschingen in Betracht.Er kam bei dem Attentat ums Leben. Anhaltspunkte dafür, dass KöhlerSelbstmord begehen wollte oder begangen hat, liegen nicht vor. Wirnehmen nicht an, beim gegenwärtigen Stand der Ermittlungen, dassKöhler als Alleintäter gehandelt hat. Die Ermittlungen haben ergeben,dass Köhler Mitglied der Wehrsportgruppe Hoffmann war.“

Die vorläufige Verhaftung Karl-Heinz Hoffmanns und weitere Ermittlungenbestimmen in den folgenden Wochen die Nachrichten. Es gibt zahlreichewilde Spekulationen und Schuldzuweisungen. 1983, drei Jahre nach demschwersten Anschlag in der deutschen Nachkriegszeit, verkündetGeneralbundesanwalt Kurt Rebmann einen überraschendenAbschlussbericht: „Nach ausgiebigen Ermittlungen sind wir zu demSchluss gekommen, dass das Attentat auf das Münchner Oktoberfest am26. September 1980 die Tat eines Einzeltäters war. Gundolf Köhler ausDonaueschingen handelte aus persönlichen Motiven, sexueller Frustrationund Perspektivlosigkeit. Ein politisches Motiv konnte nicht erkanntwerden. Es gibt keinen Hinweis auf eine Beteiligung weiterer Täter.“

Werner Dietrich, Anwaltvieler Opfer des Anschlags,ist empört. Im Interviewmit Ulrich Chaussy weist erden Journalisten aufUngereimtheiten hin, dieeine EinzeltäterschaftGundolf Köhlersausschließen. Chaussysberuflicher Ehrgeiz istgeweckt, er nimmt Kontaktzu Zeugen und Opfern desAnschlags auf, läuft aber in

vielen Fällen gegen Mauern oder trifft auf Zeugen, die seit ihrerVernehmung durch die Polizei eingeschüchtert wirken. Nur wenige sindbereit, sich auf der Theresienwiese von Ulrich Chaussy interviewen zulassen. Sie berichten übereinstimmend von zwei Männern, die mit Köhlerunterwegs waren und sich vor und nach der Explosion verdächtigverhalten hätten. Eine Zeugin konnte sie gut beschreiben, doch die Polizeimeldete sich nie wieder bei ihr, um anhand ihrer Aussagen Phantombilderanzufertigen.

Chaussy produziert für den Bayerischen Rundfunk ein Feature, das dieEinzeltäter-These in Frage stellt und schwere Vorwürfe gegen die Polizeiund Justiz erhebt. Gleich nach der Ausstrahlung klingelt sein Telefon. Dergeheimnisvolle Anrufer will sich mit ihm noch am selben Abend am S-Bahnhof Großhesselohe treffen. Ein elegant gekleideter Mann, der sich„Meier“ nennt und als persönlicher Referent von Dr. Hans LangemannZeuge aller Ermittlungen und Entscheidungen war, sagt Ulrich Chaussyseine Hilfe bei weiteren Recherchen zu, sofern seine Anonymität gewahrtbleibt.

Wenige Tage später findet Chaussy vor seinerWohnung einen Karton voller kopierter Aktenzum Oktoberfestanschlag sowie Dr.

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Langemanns Promotion „Das Politische Attentat– Der vorgeschobene Einzeltäter“. DerJournalist studiert die vielen tausend Seiten. Nachdem er die Verhöraktedes Zeugen Frank Lauterjung gelesen hat, der Gundolf Köhler und weitereMänner in den Minuten und Sekunden vor der Explosion genaubeobachtet hat, will er Kontakt zu ihm aufnehmen. Doch Lauterjung isttot. Nach Auskunft seines früheren Hausmeisters starb der kerngesundeMann mit 35 Jahren angeblich an einem Herzfehler, zuvor habe diePolizei den Kronzeugen „in den Wahnsinn getrieben“.

Ein weiteres Vernehmungsprotokoll lässt den vermeintlichen EinzelgängerGundolf Köhler in einem neuen Licht erscheinen. Sein Freund MaxGärtner stellte ihn gegenüber der Polizei als sozialen Mann dar, der auchpolitisch motivierte Gewaltakte in Betracht zog. „Gundolf hat immerwieder von Anschlägen gesprochen“, betonte Max Gärtner bei derVernehmung. „Bomben in Bonn, in München. Irgendwann eben auf derWiesn. Die Strategie war ganz klar: Die linken Sozis dürfen nicht wiederKanzler werden, da lieber das geringere Übel: den Strauß. Der hat unswenigstens in Ruhe gelassen.“

Ulrich Chaussy fährt mit dem Opferanwalt Werner Dietrich nachDonaueschingen. Nach den schlechten Erfahrungen, die der Ort dreiJahre zuvor mit der Presse gemacht hat, will kaum jemand mit ihnensprechen. Nur Gerhard Kiefer, Redakteur der „Badischen Zeitung“, sagtHilfe zu. Chaussy und Dietrich fallen aus allen Wolken, als sie erfahren,dass der Boulevardjournalist Werner Winter damals schon in Köhlersdirektem Umfeld recherchiert hat, bevor Köhler der Öffentlichkeitüberhaupt als Einzeltäter präsentiert wurde. Woher hatte Winter dieseinterne Information?

Köhlers Jugendfreund Anton Franke und die ältere Schwester MargotKöhler zeichnen in Interviews mit Chaussy ein Bild des Studenten, dasvom Psychogramm der Ermittler stark abweicht. Er sei nicht isoliert undperspektivlos gewesen, sondern habe zwei Wochen vor dem Anschlageinen Bausparvertrag abgeschlossen, habe eine Band gegründet und seiden ganzen Sommer mit einem Interrail-Ticket durch Europa gereist.

In einer Schwabinger Kneipekonfrontiert Chaussy den „Quick“-Reporter Werner Winter mit seinerExklusiv-Geschichte „Der Wiesn-Massenmörder“ aus dem Jahr 1980.Darin sei die Wahrheit zugunsten derbayerischen Landesregierung geschöntworden, die sich angeblich schon früh für ein Verbot derWehrsportgruppe Hoffmann ausgesprochen habe. Zudem hätten Wintersfrühe Recherchen Köhlers Umfeld die Chance gegeben, Beweise zuvernichten und sich untereinander abzusprechen. Winter räumt ein,geheime Informationen von hoher Stelle erhalten zu haben, nennt aberdie Quelle nicht.

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Das übernimmt der geheimnisvolle Herr „Meier“ beim zweiten Treffen mitUlrich Chaussy: Dr. Hans Langemann höchstpersönlich habe ausgewählteJournalisten frühzeitig informiert und damit mögliche Mittäter undHintermänner gewarnt. Mehrere von ihnen hätten den Freitod gewählt.Darunter Heinz Lembke, der für die rechte Szene Waffen und Sprengstofforganisiert habe. Im Abschlussbericht zum Oktoberattentat wurde abernicht mal erwähnt, dass Lembke vernommen wurde und sich in seinerZelle erhängt habe. „Er hätte der Schlüssel zur Klärung des Falles seinkönnen“, klagt Ulrich Chaussy an.

Der Journalist kniet sich immertiefer in die Recherche. Nichtohne Folgen: Er erhält einenDrohbrief und wird von einzelnenKollegen verspottet. Auch Lise,die inzwischen schwanger ist, hatAngst, dass er in einen Strudelaus Verschwörungstheorien gerät.

Nach erneuter Prüfung stellt die Generalbundesanwaltschaft den Fallendgültig ein und bestätigt Gundolf Köhler ein weiteres Mal alsEinzeltäter. Dr. Hans Langemann wird wegen Geheimnisverrats zu neunMonaten Haftstrafe auf Bewährung verurteilt. Ulrich Chaussy beschließtaus Rücksicht auf Lise und ihr erstes Kind, die Recherchen über dasOktoberfestattentat einzustellen.

Es vergehen mehr als 20 Jahre, bis 2006 ausgerechnet Lise Chaussyihren Mann ermutigt, die Akten wieder aus dem Schrank zu holen. Siehat gelesen, dass alte RAF-Morde dank moderner Möglichkeiten der DNA-Analyse neu untersucht werden und regt dies auch für dasOktoberfestattentat an. Ulrich Chaussy baut seine Hoffnungen vor allemauf eine abgetrennte Hand, die 1980 am Explosionsort gefunden wurde.Laut Untersuchungen stammt sie weder von Köhler noch von einemanderen bekannten Opfer, jedoch wurden Fingerabdrücke dieser Hand inKöhlers Bombenbastelkeller entdeckt. Dank DNA-Analyse ließe sich nunein abgetauchter Mittäter ermitteln.

In Abstimmung mit demBayerischen Rundfunk schreibtUlrich Chaussy einen Brief anGeneralbundesanwältin MonikaHarms. Er beantragt, dass dieabgerissene Hand, die in derAsservatenkammer inKarlsruhe aufbewahrt wird,erneut untersucht wird. Als er eine Antwort erhält, ist Ulrich Chaussyaußer sich vor Wut: Die Bundesanwaltschaft hat 1997 die Vernichtungaller bei ihr gelagerten Asservate vom Oktoberfestanschlag verfügt. AusPlatzmangel. Mit der Begründung, der Fall sei geklärt.

11. November 2011. Nach dem Selbstmord von Uwe Mundlos und UweBöhnhardt fliegt die rechtsextreme Vereinigung NationalsozialistischerUntergrund, kurz NSU, auf. Im Rahmen des Prozesses gegen BeateZschäpe wird deutlich, in welchem Umfang Polizei und Verfassungsschutzvon Rechten unterwandert wurden. Ulrich Chaussy greift den Fall ineinem seiner Radiobeiträge auf und schlägt eine Brücke zwischen derNSU-Mordserie und allen Versäumnissen bei den Ermittlungen zumOktoberfestanschlag: „Damals, 1980, waren die weitgehend gleichenMechanismen des Wegschauens, des Ausblendens, des nicht wahrhabenWollens bereits voll entwickelt, die wir jetzt im Fall NSU mit Erschrecken

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und Scham erkennen.“

Über die Produktion

Den Haupteingang zur Theresienwiese hat Daniel Harrich immergemieden. „Wenn ich mit meinen Eltern oder Freunden das Oktoberfestbesuchte, benutzten wir den Seiteneingang am Goetheplatz“, sagt der1983 in München geborene Regisseur. Er wusste, dass es drei Jahre vorseiner Geburt einen Bombenanschlag auf das Volksfest gegeben hatte. Erwusste auch, dass es ein Denkmal mit den Namen von zwölf Menschengibt, die durch das Attentat ihr Leben verloren hatten. Aber sonst? TrotzLeistungskurs Geschichte, Abitur und Studium kannte Daniel Harrich nichtdie Hintergründe der Bluttat. Er wusste auch nichts über das 13.Todesopfer, dessen Name auf dem Denkmal fehlt: Gundolf Köhler, jenerStudent aus Donaueschingen, der laut Bundesanwaltschaft die Bombe imAlleingang und aus persönlichen Gründen zündete.

Ulrich Chaussy glaubt bis heute nichtan diese These. Als die Behördenden Fall 1983 für gelöst erklärtenund die Ermittlungen einstellten,forschte Ulrich Chaussy erst rechtweiter und stieß auf zahlreicheUngereimtheiten, die nur einen

einzigen Schluss zuließen: Gundolf Köhler hatte Komplizen und direkteVerbindungen zur rechtsextremen Szene in Bayern, aus der auch dieBombe und die Auftraggeber stammen mussten. Das war eine äußerstunbequeme Wahrheit, die nicht in den Wahlkampf des CDU/CSU-Kanzlerkandidaten und bayerischen Ministerpräsidenten Franz JosefStrauß passen wollte, als er 1980 gegen „Linke und Chaoten“ schimpfteund sich als harte Alternative zum lockeren SPD-Kanzler Helmut Schmidtempfahl.

„Indirekt kannte ich Ulrich Chaussy schon, als ich noch im Bauch meinerMutter war“, sagt Daniel Harrich, dessen Eltern die Filmproduktionsfirmadiwafilm gründeten. Spezialisiert auf spannende Projekte überspektakuläre deutsche Kriminalfälle und internationaleWirtschaftsverbrechen, hatten Walter und Danuta Harrich mehrfach mitdem investigativen Journalisten Ulrich Chaussy gearbeitet. 2008 traf ererstmals auf Daniel Harrich, der gerade in Los Angeles sein Filmstudiumabsolviert hatte und mit dem Abschlussfilm „Acholiland“ viele Preise aufbedeutenden Festivals gewann.

„Ich war direkt von Ulrich Chaussy fasziniert“, erinnert sich DanielHarrich. „Einerseits von ihm als Mensch, weil er unbeirrt nach derWahrheit über das Oktoberfestanschlag sucht, obwohl er dafür oftbelächelt wurde, andererseits von seinen Ergebnissen, die zu meinerÜberzeugung führten: So, wie es offiziell gewesen sein soll, kann esdamals nicht gewesen sein.“ Je mehr Daniel Harrich über ChaussysRecherchen erfuhr, desto größer wurde sein Wunsch, das neue Wissenmit einem möglichst großen Publikum zu teilen: Die Idee zu einemPolitthriller für die große Kinoleinwand war geboren.

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„Dass ich darin der Protagonist sein sollte, hat mich überrascht und warnicht meine Idee“, erklärt Ulrich Chaussy. „Als Dokumentarist bin ichgewohnt, im Hintergrund zu bleiben und über andere Leute zu erzählen.Aber Daniel Harrich hat mich gleich in der ersten Fassung des Drehbuchsauf die Bühne gezogen.“ Für den Autor und Regisseur gab es zu diesemAnsatz keine Alternative: „Mich interessiert der unnachgiebige Kampf vonLeuten wie Ulrich Chaussy oder dem Opferanwalt Werner Dietrich. Siehaben über 30 Jahre lang genau jene Arbeit gemacht, die eigentlich dieBehörden hätten leisten sollen. Für mich sind sie die wahren Helden imKampf gegen den Rechtsextremismus.“

Benno Fürmann gefiel der Gedanke, Ulrich Chaussy auf der Leinwand zuverkörpern und so einen stillen Helden, der „unnachgiebig Gerechtigkeiteinfordert und der Demokratie auf die Finger klopft“, ins Licht derÖffentlichkeit zu holen.“ Jedes Treffen mit dem Vorbild seiner Rolleempfand der Schauspieler als Gewinn: „Ich suche stets nach dem Motoreines Menschen - und Ulrich Chaussys Maschine läuft mit einer solchenLeidenschaft, dass es leicht ist, von ihm inspiriert zu sein.“

Daniel Harrich bemerkte schnell,dass die Arbeit eines investigativenJournalisten nie zu Ende ist.Während er und Chaussygemeinsam das Drehbuchschrieben, ergaben sich durchBefragung weiterer Zeugen immer

wieder neue Spuren und Ansätze, die spontan in die Filmhandlungeingebaut werden mussten. Auch wenn der Regisseur Tage und Nächteim Archiv verbrachte und alte Bänder sichtete, erwies sich dievermeintlich langweilige Recherche oft als spannende Reise in die jüngereVergangenheit: „Ich stieß auf unglaubliche Funde, die sofort ins Drehbuchund in Ulrich Chaussys Recherchen einflossen“, sagt Daniel Harrich. Sostammen zum Beispiel mehrere Sätze, die Heiner Lauterbach alszwielichtiger Dr. Hans Langemann spricht, eins zu eins aus einer altenAufnahme, die Harrich im Archiv auf einer 16-Millimeter-Filmrolle fand.

Mit Ausnahme von Langemann und anderen Personen der Zeitgeschichtesind in DER BLINDE FLECK alle Namen von Ermittlern derSonderkommission und von lebenden Zeugen geändert. Identität undberufliche Stellung von Informanten wurde verfremdet, zudem fasstenHarrich und Chaussy mehrere realen Zeugen zu einer Einzelpersonzusammen: Der Staatsschutzbeamte „Meier“ wird von August Zirnergespielt und gibt im gesamten Film seinen wahren Namen nicht preis.Für Ulrich Chaussy gehört der Zeugenschutz zum Berufsethos: „Schon inmeinem Buch von 1985 habe ich mir jedweden klaren Hinweis verkniffen,durch wen ich interne Informationen bekommen habe, und ich werde denTeufel tun, das jetzt in einem fiktionalen Spielfilm zu verraten.“

Trotz aller Kürzungen und Verknappungen, die nötig waren, um 30 JahreRecherche auf 90 Filmminuten zu konzentrieren, hielt sich auch DanielHarrich an die Arbeitsweise des Journalisten: „Ulrich Chaussyveröffentlicht ausschließlich unanfechtbar belegbare Fakten, distanziert

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sich von Spekulationen und klagt nicht an. Diesen Grundsatz haben wir inunseren Spielfilm übersetzt. Der Zuschauer sieht die wahre Geschichte,ohne Verfälschungen oder Dramatisierungen. Das Leben schreibt diespannendsten Geschichten – und die Realität ist weitaus schockierender,als man glauben will.“

Das zeigte sich vor allem 2011, als die Terrorzelle NSU aufflog, die Jahrelang Morde an Ausländern in Deutschland begangen hatte, ohne dass dieBehörden ansatzweise eine rechtsradikale Bedrohung erkannten oder inErwägung zogen. „Die NSU-Mordserie ist der traurige Beweis, dass DERBLINDE FLECK heute kaum aktueller und relevanter sein könnte“, sagtDaniel Harrich. Ulrich Chaussy ergänzt: „Es hätte in Deutschland nicht zueiner NSU-Mordserie kommen müssen, wenn man schon 1980 nach demAnschlag auf das Oktoberfest damit begonnen hätte, die rechtenNetzwerke genauer zu beobachten anstatt die rechtsextreme Bedrohungzu verdrängen.“

Auf genau diese Verdrängung ist Daniel Harrich aber bei seinenRecherchen zu DER BLINDE FLECK und anderen Filmprojekten immerwieder gestoßen: „Noch vor dem Auffliegen der NSU habe ich beiDreharbeiten für einen Film über die damalige SonderkommissionBosporus viele Ermittler und Staatsanwälte kennengelernt, denen heute –wenn auch hinter vorgehaltener Hand – rechte Sympathien nachgesagtwerden.“ Sowohl gegen die Ermittler der NSU-Morde als auch gegenderen Kollegen, die zuvor den Oktoberfestanschlag untersuchten, erhebtder junge Regisseur schwere Vorwürfe: „In beiden Fällen haben dieSicherheitsorgane im Vorfeld versagt – und im Nachhinein dieErmittlungen behindert oder zumindest nicht aktiv vorangetrieben.“

Im Juni 2013 wagten sich Harrich und Chaussy mit DER BLINDE FLECK indie Höhle des Löwen. Drei Wochen vor der Uraufführung beim FilmfestMünchen gab es eine Vor-Uraufführung vor 300 Gästen im BayerischenLandtag, unter Schirmherrschaft von Landtagspräsidentin Barbara Stamm.Ausgerechnet am selben Nachmittag war der NSU-Untersuchungsausschuss im Bayerischen Landtag zusammengekommen.Darin hatte Bayerns ehemaliger Ministerpräsident Günther Becksteinebenso ausgesagt wie der amtierende Innenminister Joachim Herrmann.Der CSU-Politiker gestand bei einer Podiumsdiskussion im Anschluss andie Filmvorführung, dass man seinerzeit „die Gefahr der WehrsportgruppeHoffmann“, aus der Gundolf Köhler hervorgegangen war, „kolossal falscheingeschätzt“ habe. Auch die Art, „wie mit diesem Fall von den Behördenumgegangen wurde“, bezeichnete er rückblickend als „unbefriedigend“.

Ulrich Chaussy forderte Innenminister Herrmann in diesemZusammenhang auf, Spurenakten freizugeben, die einst von der„Sonderkommission Theresienwiese“ geführt worden waren. Dass sieexistieren, war vom bayerischen Landeskriminalamt viele Jahre langbestritten worden. Tatsächlich versprach der Innenminister öffentlich,dem Opferanwalt Werner Dietrich Einsicht in die ungeschwärzten Aktenzu ermöglichen.

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„Die für den Spielfilm fiktionalisierte Geschichte kann nun in der Realitätweitergehen“, freut sich Ulrich Chaussy. Auch Regisseur Daniel Harrichsieht sich seinem großen Ziel ein Stück näher, dass DER BLINDE FLECKpolitische Denkanstöße gibt und zu einer Wiederaufnahme derErmittlungen führt: „Es wäre ein Traum – der Gerechtigkeit halber.“

Begleitend zum Kinostart am 23. Januar 2014veröffentlicht Ulrich Chaussy sein Buch „Oktoberfest– Das Attentat“ aus dem Jahr 1985 in eineraktualisierten Neufassung. Sie trägt denvielsagenden Zusatztitel „Wie die Verdrängung desRechtsterrors begann“. Die Dokumentation enthältAussagen vieler weiterer Zeugen, die sich seit 1985bei Chaussy meldeten. Auch sie bekräftigen dieTheorie, dass es sich bei Gundolf Köhler nicht umeinen Einzeltäter gehandelt haben kann. Das circa300 Seiten starke Buch erscheint im Christoph LinksVerlag Berlin (19,90 Euro, ISBN 978-3-86153-757-1) und wird am 21. Januar 2014 in Saarbrücken imRahmen des Max-Ophüls-Festivals der Öffentlichkeit

vorgestellt. Dort wird auch DER BLINDE FLECK laufen. Ende Januar 2014folgt eine weitere Buchpräsentation bei Hugendubel in München.

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