Kulturexpress 25 2014

11
Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 - 1996 Kulturexpress unabhängiges Magazin Ausgabe 25 15. 21. Juni 2014 . Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf Vollständigkeit ab Impressum Herausgeber und Redaktion Rolf E. Maass Adresse Postfach 90 06 08 60446 Frankfurt am Main mobil +49 (0)179 8767690 Voice-Mail +49 (0)3221 134725 www.kulturexpress.de www.kulturexpress.info www.svenska.kulturexpress.info Kulturexpress in gedruckter Form erscheint wöchentlich ISSN 1862-1996 Finanzamt IV Frankfurt a/M St-Nr.: 148404880 USt-idNr.: DE249774430 E-Mail: [email protected]

description

 

Transcript of Kulturexpress 25 2014

Page 1: Kulturexpress 25 2014

Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 - 1996

Kulturexpress unabhängiges Magazin

Ausgabe 25

15. – 21. Juni 2014

.

Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu

berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten

aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich

darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf

Vollständigkeit ab

Impressum

Herausgeber und Redaktion

Rolf E. Maass

Adresse

Postfach 90 06 08

60446 Frankfurt am Main

mobil +49 (0)179 8767690

Voice-Mail +49 (0)3221 134725

www.kulturexpress.de www.kulturexpress.info

www.svenska.kulturexpress.info

Kulturexpress in gedruckter Form

erscheint wöchentlich

ISSN 1862-1996

Finanzamt IV Frankfurt a/M

St-Nr.: 148404880

USt-idNr.: DE249774430

E-Mail: [email protected]

Page 2: Kulturexpress 25 2014

Inhalt

Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne

Von der Grenze zur Mauer (2014) schildert in zwei Bänden aus dem Zeitgut Verlag dramatische Schicksale und spektakuläre Fluchten

Wohnwagenstandplatz Bonameser Straße. Die Vielfalt seiner Bewohner und die Aufarbeitung einer Entwicklungsgeschichte

Künstlerinnen gestalten Bauzaun des DomRömer-Quartiers

Greenpeace International schreibt Millionenverlust. Absicherung gegen schwankende Wechselkurse fehlgeschlagen

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 3: Kulturexpress 25 2014

OMA (Zoe Zenghelis): The City of the Captive Globe, 1976 (Zeichnung, 32,9 x 46 cm)

Erworben 1982 von Rem Koolhaas für 5.000 DM

Martin Kippenberger: The Modern House of Believing or Not, 1986. Öl aufLeinwand, 255 x 180 cm; Deutsches Architekturmuseum Frankfurt.Dauerleihgabe im Museum für Moderne Kunst MMK

bis 19. Oktober 2014

Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of derPostmoderneAnlass für die Ausstellung im DAM ist dessen 30-jähriges Bestehen. Gezeigt werden

unter anderem tagebuchartige Tapes seines Gründungsdirektors Heinrich Klotz.

Entlang einer Wand unmittelbar nach der Eingangstür in den Ausstellungsraum im

ersten Stock des Museums laufen mehrere dieser projizierten Wandbilder

nebeneinander. Darauf zu sehen, überwiegend Gebäude die aus verschiedenen

Perspektiven kommentiert sind. Foto: © Kulturexpress

Ereignisreiche Zeiten sind das gewesen, weil

die Anfänge immer am schwersten sind. Die

politischen Auseinandersetzungen verliefen

zum Teil haarsträubend: "Nur keine

Experimente" war ein Slogan, den nicht nur die

Konservativen verbreiteten. Die Eröffnung eines

Architekturmuseums wie am Frankfurter

Museumsufer war der Versuch einer

Veränderung. Dennoch war die Angst vor allem

neuen groß und schreckte viele ab. Gelingen

und Misslingen standen sich wie zwei

unterschiedliche Gesichter frontal gegenüber. Die Mentalität derjenigen die etwas zu sagen

hatten, war noch viel stärker durch Gravitäten bestimmt als heutzutage. Da hat sich was

geändert. Damals waren allerdings die Finanzen der Museen um einiges besser bestellt. Die

vollen Kassen erlaubten zumindest gelegentlich gewagte Investitionen auch in Kultur und

Kulturgüter, so dass Sammlungsbestände wuchsen.

Die Architektur überschnitt sich in vielen Bereichen mit der Kunst. Der architektonische Entwurf

gewann an künstlerischer Intention. Viele Architekten werteten deshalb Entwurfszeichnungen

grafisch auf, um diese auf dem Kunstmarkt zu veräußern und auszustellen. Andere kritisierten:

die künstlerische Aufwertung von baulichen Entwurfszeichnungen sei eine berufsfremde Tätigkeit

und lenke nur von der eigentlichen Ausübung der Arbeit ab. Sicherlich bedingte die Entwicklung

der Postmoderne derartige Auswüchse künstlerischer Vielfalt. Sie hat es immer verstanden

dekorative Elemente, die längst als verstaubt und vergessen galten, wieder salonfähig zu

machen.

Die Bedeutung der Postmoderne wurde

schon Anfang der 1970er Jahre im

Band von Charles Jencks "Die Sprache

der Postmodernen Architektur"

erläuternd beschrieben, ein

Standardwerk in der

Architekturforschung. Die frühen 1970er

Jahre waren mit dafür verantwortlich,

dass eine Auseinandersetzung zum

Leitthema 'Sprache und Architektur' in

Gang gekommen war. Die Vielfalt der

Formen innerhalb der Postmoderne bot

viele Ansätze dafür. Eine Umdenkungswelle beherrschte die Architekturbüros. Wobei sich die

Postmoderne als Nachmoderne zur Klassischen Moderne verstand, die wiederum als gesättigt

galt und zum Teil nur durch ironische Überhöhung zu überwinden war.

Seite 3

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 4: Kulturexpress 25 2014

Auch in den Bildenden Künsten finden sich

ausgeprägte Beispiele, die mit Postmoderne in

Verbindung zu bringen sind. Der Altonaer

Künstler Andreas Slominski legte leichte,

gepflegt und zusammengefaltete Handtücher

auf einen Sockel, wie im MMK zu finden. Ein

anderer Künstler, der auch in der Ausstellung

im DAM mit ausgestellt ist, war Martin

Kippenberger und sein von Heinrich Klotz für

15.000 DM erworbenes Gemälde mit Motiv vom Guggenheim Museum in New York. Eine leicht

überdehnte und fast witzige Interpretation von Architektur, wie es aussieht.

Kurator der Ausstellung ist Oliver Elser. Der Katalog umfasst 244 Seiten mit zahlreichen

Abbildungen in s/w und in Farbe zum Durchblättern in kleingedruckter Schrift auf dünnem Papier

aus dem Zeitschriften Verlag Arch+. Mehrere Autoren waren beteiligt.

Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall Siehe auch: Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 21. Juni 2014

Seite 4

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 5: Kulturexpress 25 2014

Von der Grenze zur Mauer (2014) schildert in zwei Bänden ausdem Zeitgut Verlag dramatische Schicksale und spektakuläreFluchtenMeldung: Zeitgut Verlag, Berlin, den 05. 06.. 2014

Schwarz über die grüne Grenze Als Flucht noch möglich war.

Von 1949 bis 1961 flüchteten 2,6 Millionen Menschen aus der DDR in

den Westen. Mit dem Zeitgut-Band 24 'Schwarz über die grüne Grenze'

wird an diese Zeit nach 1945 erinnert, als die Flucht über die deutsch-

deutsche Grenze noch möglich war, aber zunehmend gefährlich wurde.

Was geschah in jenen Nachkriegsjahren, als die willkürliche

Zonengrenze Familien, Freunde, Liebespaare auseinander riss,

tatsächlich? Was erlebten die Menschen bei dem Versuch, unkontrolliert

von Ost nach West zu gelangen? In 21 spannenden Geschichten

schildern Zeitzeugen, wie sie die frühen Jahre der deutschen Teilung an

der Grenze erlebten. Und sie erzählen, weshalb sie damals von Ost-

nach West-Deutschland flohen.

1952, drei Jahre nach der Gründung der beiden deutschen Staaten, riegelte die DDR die

innerdeut sche Grenze ab. Von da an verschärfte sich der illegale Grenzverkehr zwischen Ost-

und West-Deutschland dramatisch und war praktisch nur noch über Berlin möglich.

Einige Geschichten schildern, wie ungewöhnlich das Leben in Berlin vor dem Bau der Mauer

aussah, als die Menschen sich noch ziemlich frei zwischen dem Ostteil und den westlichen

Sektoren bewegen konnten. Von Schwarzhandel und Kontrollen lesen wir, von spontanen aber

auch von sehr sorgfältig geplanten Fluchten.

Das Buch beschreibt lebendig und authentisch ein Stück deutscher Nachkriegsgeschichte. In den

Texten wird die Dramatik jener Jahre deutlich.

Mauerzeit Als fliehen tödlich sein konnte. 1961 -1989

Band 25 der Reihe Zeitgut versammelt Zeitzeugen-Erinnerungen aus 28 Jahren Mauerzeit. Das

Buch erzählt, was Menschen in diesen Jahren um die Mauer herum erlebten und erlitten und

welche Anstrengungen unternommen wurden, um die Grenze zu überwinden. Einige der

geschilderten Ereignisse sind besonders tragisch, weil der Fall der Mauer 1989 so unerwartet

kam. Manche lebensgefährliche Flucht wäre wohl unterlassen worden.

In 34 Geschichten erzählen Autorinnen und Autoren aus Ost und West von persönlichen, zum

Teil dramatischen Erlebnissen während der Jahre 1961 bis 1989.

Welche Umstände trieben die einen aus dem Land und ließen andere bleiben? Wie lebten die

vielen Millionen, die in der DDR blieben? Es sind Geschichten von der Flucht durch einen

heimlich gegrabenen Tunnel wie in „Siebzig Meter Angst“ oder vom Versuch, die Elbe zu

durchqueren und „Mit Leiter und Badehose in den Westen“ zu gelangen. Von folgenreichen

Ausreiseanträgen, von Besuchen auf beiden Seiten und von Träumen, die vorerst im Gefängnis

endeten. Nicht zuletzt werden Eindrücke vom Fall der Mauer und der Zeit danach geschildert.

Der vielstimmige Ruf „Wahnsinn!“ war damals spontaner Ausdruck der immer noch staunenden

Glückseligkeit, und des unbeschreiblichen, befreienden Jubels. Wer das Buch aufmerksam liest,

wird dem Atem jener Jahre nachspüren können.

Von der Grenze zur Mauer

Schuber mit 2 Bänden der Reihe Zeitgut,

632 Seiten mit vielen Abbildungen, Ortsregister und Chronologie.

Seite 5

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 6: Kulturexpress 25 2014

Zeitgut Verlag, Berlin.

Taschenbücher

ISBN 978-3-86614-238-1

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 18. Juni 2014

Seite 6

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 7: Kulturexpress 25 2014

Wohnwagenstandplatz Bonameser Straße. Die Vielfalt seinerBewohner und die Aufarbeitung einer EntwicklungsgeschichteMeldung: Historisches Museum, Frankfurt a/M, den 11. 06.. 2014

Das historische Museum Frankfurt nimmt das

aktuelle Forschungsprojekt zur Geschichte des

Wohnwagenstandplatzes Bonameser Straße

und seiner Bewohner und Bewohnerinnen zum

Anlass, um sie in die 'Bibliothek der Alten'

aufzunehmen.

Die 'Bibliothek der Alten' ist ein von der

Künstlerin Sigrid Sigurdsson initiiertes

Erinnerungsprojekt, welches als „offenes

Archiv" agiert, an dem viele verschiedene

Personen und Institutionen mitschreiben und das viele Stimmen und Perspektiven zu

Wort kommen lässt. Das Projekt ist Generationen übergreifend angelegt, damit soll

ein Zeitraum von über 300 Jahren erinnerter Geschichte umfasst werden.

Im Vordergrund des „Wohnwagenprojekts Bonameser Straße" steht die Aufarbeitung der

Lebensläufe unterschiedlicher Bewohner, was zugleich als Beitrag zur kulturellen Diversität der

Stadt Frankfurt verstanden werden will. Der zunächst in der Nachkriegszeit als Notlösung

eingerichtete Standplatz ist heute ein Ort alternativer Lebenswelten, was sich bei näherer

Betrachtung als überaus faszinierendes Projekt entpuppt, welches nach und nach erkundet

werden soll.

Die Kuratorin Dr. Angela Jannelli meint: „Das Projekt zum Wohnwagenstandplatz ist für die

Bibliothek der Alten ein Glücksfall". Sonja Keil, Mitarbeiterin der Diakonie, und Angela Jannelli

fanden im biographisch angelegten Forschungsprojekt schell zueinander, wobei die eine nicht

lange zögerte, der anderen eine Autorschaft für die 'Bibliothek der Alten' anzubieten.

Im Rahmen des Projekts erstellt der Fotograf Rolf Oeser eine Reportage, die einen behutsamen

Blick auf die Bewohner wirft und zeigt, welche individuellen Lebenswelten auf dem Platz an der

Bonameser Straße entstanden sind.

Frau Keil konnte ein Vertrauensverhältnis zu

den Bewohnerinnen und Bewohnern des

Platzes aufbauen, durch welches die

Biographiearbeit erst möglich wurde. Dieses

Vertrauen ist umso wichtiger, da viele

Bewohner aufgrund ihrer sozialen Situation

zum Teil traumatische Erfahrungen mit

Seite 7

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 8: Kulturexpress 25 2014

Behörden gemacht haben, die bis in die Zeit

des Nationalsozialismus und davor

zurückreichen.

Durch das Forschungsprojekt soll die einzigartige Geschichte des Platzes und seiner Bewohner

festgehalten werden. Einer Tradition die bisher überwiegend durch mündliche Weitergabe oder

durch die Berichterstattung von „außen" mitgeteilt wurde. Für die Bewohner selbst ist es

ungewohnt geblieben, schriftliche Selbstzeugnisse zu hinterlassen. „Mit dem Projekt geht es mir

darum, der Berichterstattung von Medien und Behörden erstmals die Eigensicht der Bewohner

zur Seite zu stellen", erklärt Sonja Keil. „Ich freue mich, dass dieses Forschungsprojekt von der

TU Darmstadt wissenschaftlich betreut wird".

In den Beitrag für die 'Bibliothek der Alten'

werden Interviews mit verschiedenen

Bewohnern einfließen. Private Dokumente und

Fotografien sowie persönliche

Erinnerungsstücke. Professionelle, seit den

1950er Jahren entstandene Fotoreportagen

ergänzen diese Sicht und dokumentieren den

sich verändernden Blick auf den Platz und

seine Bewohner.

Als die Stadt Frankfurt am Main im Januar

1953 die Ansiedlung der über das gesamte Stadtgebiet verteilten 220 Wohnwagenbewohner auf

einen einzigen Platz veranlasste, zielte sie zunächst auf deren Zentralisierung ab. Neben den so

genannten Reisenden fanden sich dort auch auf Trümmergrundstücken lebende Menschen ohne

Obdach ein. Der eigentlich als Provisorium eingerichtete Wohnwagenstandplatz wuchs in der Zeit

bis zum Jahre 1959 auf etwa 850 polizeilich gemeldete Personen an. Die Entstehung und der

stetige Wachstum des Wohnwagenstandplatzes war ein Symptom der Nachkriegszeit.

Am Stadtrand angesiedelte

Schausteller, Artisten, Flüchtlinge,

Landfahrer, Schrotthändler,

Obdachlose und auch Sinti und

Roma, wurden mit der Zeit selbst aktiv

und halfen sich größtenteils

gegenseitig.

Die Familie des heute 76-jährigen

Dieter Gärtner zählt zu einer der

ersten Familien, die sich zwangsweise

auf dem Platz einfinden mussten.

Dabei waren dort scheinbar

selbstverständliche

Lebensbedingungen wie Grundvoraussetzungen der täglichen Hygiene vorerst nicht gegeben, da

allein zwei Wasserhydranten zur Versorgung des gesamten Gebiets zur Verfügung standen. In

den 1960er Jahren begannen die Bewohner schließlich, gemeinsam eigene Wasseranschlüsse

zu legen. „Dazu haben wir unsere Bagger genutzt“, so Herr Gärtner, „denn unsere Frauen

Seite 8

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 9: Kulturexpress 25 2014

mussten im Sommer wie im Winter mit kaltem Wasser die Wäsche waschen“. Erst in den Jahren

realisierte sich endlich der Bau einer Kanalisation.

Auf kommunaler Ebene findet bis heute eine kontinuierliche

Auseinandersetzung mit Themen wie Wohnungsbau, Bildungsförderung

sowie der Selbstorganisation und Integration von Minderheiten statt. Wo

die Zusammenführung der Wohnwagen und die Unterbringung der

Obdachlosen auf Veranlassung der Kommune anfangs darauf abgezielt

hatte, die Menschen zwar unmittelbar zu beherbergen, jedoch auf lange

Sicht aus der Stadt zu entfernen, hat sich die Stadt Frankfurt

mittlerweile die Integration der Bewohner zum eigentlichen Ziel

gemacht. Sozialdezernentin Prof. Dr. Daniela Birkenfeld unterstützt das

Projekt mit 18.900 Euro aus Spendenmitteln. „Die Biografiearbeit und

deren Dokumentation stärken nicht nur das Selbstwertgefühl der

beteiligten Bewohnerinnen und Bewohner, sie fördern auch das Verständnis und die Akzeptanz

einer breiteren Öffentlichkeit für andere Wohn- und Lebensformen“, sagt die Stadträtin.

Eine zentrale Rolle im Rahmen dieses Erinnerungsprojekts nimmt das Diakonische Werk für

Frankfurt am Main des Evangelischen Regionalverbandes ein. Dort ist Sonja Keil seit Anfang

2012 zuständig für die Gemeinwesenarbeit auf dem Wohnwagenstandplatz. Ihre Tätigkeit ist

dabei so vielseitig wie die Bewohner, mit denen sie in Kontakt tritt. Auf verständigem Grund

gelingt so ein Dialog, in dem Biografien und Dokumente in Zusammenarbeit mit den Zeitzeugen

gewissenhaft gesammelt und archiviert werden können. „Lebensentwürfe von Menschen, die

nicht dem breiten Mainstream folgen, betrachten wir nicht als Problemstellung“, so Dr. Michael

Frase, Leiter des Diakonischen Werkes für Frankfurt am Main, „sondern als ein Zeichen von

Vielfalt.“

Für Herrn Gärtner bietet das Leben auf dem Platz eine Art der Freiheit: „Die Menschen hier

kennen sich schon jahrzehntelang“, sagt er, „hier stört sich niemand an dem Anderen.“ Trotz

seiner Blindheit hat sich Dieter Gärtner seinen Lebensunterhalt mit Schrotthandel und

Fahrzeugreparaturen stets selbst verdient.

Das Engagement des Diakonischen Werkes rund um den Wohnwagenstandplatz und seine

Bewohner steht in einer langen Tradition. Bereits seit Mitte der 1950er Jahre ist die Evangelische

Kirche in diesem Gebiet dauerhaft tätig. Im Jahre 1956 wurde die Betreuung der

Wohnwagenkolonie am Bonameser Weg einem Sozialdiakon übertragen. Dessen damalige

Arbeit gilt als Prämisse für die heutige Form und Prägung der Gemeinwesenarbeit in der

Bonameser Straße und auch ihrer sozialräumlichen Strategie, die sich ganzheitlich auf das

Quartier ausrichtet, um Methoden der Sozialen Arbeit, des politischen Handelns und der

empirischen Sozialforschung übergreifend miteinander zu vereinen.

Wissenschaftlich betreut wird das Projekt von zwei Professoren der Technischen Universität

Darmstadt, nämlich Herrn Prof. Dr. Rudi Schmiede im Bereich der Soziologie und Herrn Prof. Dr.

Dieter Schott im Bereich Neueste Geschichte und Zeitgeschichte. Im Projekt selbst kommen

Methoden der qualitativen Sozialforschung zum Tragen, die die Sinnkonstruktion von

Lebenswelten im kulturellen Kontext aus der Perspektive ihrer Akteure zu erfassen sucht.

Siehe auch: Die Eigenlogik der Städte - Neue Wege für die Stadtforschung (2008)

Herausgegeben von Helmuth Berking und Martina Löw im Campus Verlag

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 18. Juni 2014

Seite 9

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 10: Kulturexpress 25 2014

Künstlerinnen gestalten Bauzaun des DomRömer-Quartiers Meldung: DomRömer GmbH, Frankfurt a/M, den 17 06.. 2014

Der Wiederaufbau der Frankfurter

Altstadt geht voran. Um

Anwohnern, Touristen und

Besuchern ein möglichst

großzügiges Umfeld zu bieten, hat

die DomRömer GmbH die

Künstlerinnen Ingrid Strohkark und

Nicole Wächtler mit der Gestaltung

eines Bauzaun-Abschnitts nahe der

U-Bahn-Haltestelle Dom/Römer

beauftragt. In Kooperation mit dem

gegenüber gelegenen Restaurant „Cucina Delle Grazie“ ist ein farbenfrohes

Kunstwerk entstanden, das die Besucher zum Verweilen einlädt.

Viele Motive zeigen Elemente der mediterranen Küche, die ähnlich wie das neue DomRömer-

Quartier ebenfalls Tradition und Moderne verbindet. „Bei der Arbeit im öffentlichen Raum fließen

immer Aspekte des Ortes und der Umgebung in die Gestaltung ein“, erklärt Ingrid Strohkark,

rechts auf dem Foto. So haben die Künstlerinnen zahlreiche Verweise auf die architektonischen

Formen der künftigen Gebäude verarbeitet. Die Abbildungen von Fensterformen der neuen

Stadthäuser und Fachwerkhäuser öffnen den Zaun und verweisen auf Vergangenes und

Zukünftiges. „In der Konzeption war uns sehr wichtig, dass die Leute den Ort spüren und er an

Attraktivität für Touristen, Passanten und Restaurantbesucher gewinnt“ erzählt Nicole Wächtler.

Dem Betrachter solle selbst überlassen bleiben, was er sieht. „Wir möchten, dass sich die

Passanten ihre eigenen Gedanken machen und geben mit unserem Konzept die Anregungen.

Man kann genau schauen, muss aber nicht.“ Der bunte Zaun erzählt Geschichten und

Entwicklungen – jeden Tag gibt es etwas Neues zu entdecken. So steht der Bauzaun auch für die

Beweglichkeit und tägliche Veränderung auf der Baustelle.

An die Zeit der Gestaltung des Zaunes und die Zusammenarbeit mit der DomRömer GmbH

denken Nicole Wächtler und Ingrid Strohkark manchmal zurück: „Die Arbeit im öffentlichen Raum

hält ganz andere Herausforderungen bereit als in einem Atelier“ erzählen sie. „Die Menschen, die

vorbeikamen, waren unmittelbar in die Entstehung eingebunden und haben jeden Tag den

Fortschritt des Kunstwerks betrachten können.“

Als Frankfurterin sieht Nicole Wächtler, die manchmal auf andere deutsche Städte mit einer

schönen Altstadt blickt, die Gestaltung des DomRömer-Quartiers positiv. Wichtig ist dem

Künstlerduo, dass die Altstadt auf moderne, zeitgemäße Weise wiederaufgebaut wird: „Die

Mischung aus Wiederaufbau und Neugestaltung spiegelt das sich permanent verändernde

Stadtleben wider und sorgt für frischen Wind in Frankfurt“.

Zusammengearbeitet haben die beiden Frauen bereits in anderen Projekten. Sie verbindet eine

ähnliche Grundauffassung von Kunst, der Aussagekraft von Farben und der Erzeugung von

Stimmungen. Weitere Informationen zu ihren Arbeiten finden Interessierte auf der Internetseite

www.2mal-malerei.de.

Siehe auch: Neuer U-Bahn-Ausgang zwischen Dom und Frankfurter Römer eröffnet

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 17. Juni 2014

Seite 10

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014

Page 11: Kulturexpress 25 2014

Greenpeace International schreibt Millionenverlust. Absicherunggegen schwankende Wechselkurse fehlgeschlagenEigenmächtige Devisenabsicherung soll künftig nicht mehr möglich sein, so heißt es.Meldung: Greenpeace Deutschland, Hamburg, den 15 06.. 2014

Greenpeace International hat im vergangenen Jahr beim Versuch sich gegen

Wechselkursschwankungen abzusichern, 3,8 Millionen Euro verloren. Ein Mitarbeiter der

Finanzabteilung von Greenpeace International hat den Kauf ausländischer Währungen für andere

Greenpeace Büros abgeschlossen, bevor der Kurs des Euro gegenüber den meisten Währungen

zu steigen begann. Weil Greenpeace International mit Euro arbeitet, viele kleinere Büros aber mit

anderen Währungen, steht GPI wie jede internationale Organisation vor der Herausforderung

schwankender Wechselkurse. Diese Wechselkursschwankungen können für kleinere Büros

existenziell werden, weshalb Greenpeace International das gesamte Risiko hierfür übernimmt.

„Greenpeace International ist hier ein gravierender Fehler unterlaufen, für den auch wir uns auch

bei unseren Förderern entschuldigen wollen. Es ist mir wichtig zu betonen, dass Greenpeace

International nicht mit Spendengeldern an der Börse spekuliert hat, sondern die Verträge zur

Währungsrisiko-Absicherung zu Verlusten geführt haben“, so Brigitte Behrens, Geschäftsführerin

von Greenpeace Deutschland.

Greenpeace International (GPI) mit Sitz in Amsterdam, regelt den Zahlungsverkehr zwischen den

40 nationalen und regionalen Büros der Umweltschutzorganisation. Länderbüros wie Deutschland

überweisen ihren Beitrag zur Finanzierung der Kampagnen anderer Greenpeace-Büros an GPI,

von wo aus die Mittel weiter an kleinere Büros fließen, um dort aktiven Umweltschutz zu

ermöglichen. Wechselkursschwankungen können dabei zu Überschüssen führen, oder zu

Verlusten. Beides ist in den vergangenen Jahren immer wieder vorgekommen. Dieses Risiko

trägt GPI.

Eigenmächtige Devisenabsicherung künftig nicht mehr möglich

Die Besonderheit des aktuellen Falls ist, dass ein Mitarbeiter der Finanzabteilung eigenmächtig

und unautorisiert Devisenabsicherung abschließen konnte. Gewöhnlich müssen solche

Transaktionen bei Greenpeace International von der Geschäftsführung genehmigt werden. „Es

darf nicht sein, dass ein einzelner Mitarbeiter ein derart großes und riskantes Geschäft

eigenmächtig abschließen konnte“, so Behrens.

Der Verlust stellt Greenpeace International vor eine große Herausforderung, schmälert aber

weder die Schlagkraft von Greenpeace insgesamt noch jene der Umweltorganisation in

Deutschland. Die Arbeit von Greenpeace Deutschland wurde im Jahr 2013 ermöglicht durch

knapp 592.000 Förderer und Spenden in Höhe von gut 53 Millionen Euro. Diese Gelder dürfen

rein steuerrechtlich nicht für den Ausgleich der Verluste von GPI eingesetzt werden. Greenpeace

Deutschland finanziert mit seinen Beiträgen an GPI ausschließlich internationale Kampagnen und

wird das Defizit von GPI weder ganz oder teilweise auffangen.. Sollten Spendengelder aus

Deutschland nicht für die vorgesehenen Kampagnen ausgegeben werden können, werden diese

an Greenpeace Deutschland zurücküberwiesen.

Kulturexpress ISSN 1862-1996 vom 15. Juni 2014

Seite 11

Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 25 - 2014