Kulturexpress 26 2014
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Transcript of Kulturexpress 26 2014
Je Woche 10. Jahrgang ISSN 1862 - 1996
Kulturexpress unabhängiges Magazin
Ausgabe 26
22. – 28. Juni 2014
.
Zeitschrift für Kunst, Kultur, Philosophie, Wissenschaft und Wirtschaft Kulturexpress verpflichtet sich unabhängig über wirtschaftliche, politische und kulturelle Ereignisse zu
berichten. Kulturexpress ist deshalb ein unabhängiges Magazin, das sich mit Themen zwischen den Welten
aus Wirtschaft und Kultur aber auch aus anderen Bereichen auseinandersetzt. Das Magazin bemüht sich
darin um eine aktive und aktuelle Berichterstattung, lehnt jedoch gleichzeitig jeden Anspruch auf
Vollständigkeit ab
Impressum
Herausgeber und Redaktion
Rolf E. Maass
Adresse
Postfach 90 06 08
60446 Frankfurt am Main
mobil +49 (0)179 8767690
Voice-Mail +49 (0)3221 134725
www.kulturexpress.de www.kulturexpress.info
www.svenska.kulturexpress.info
Kulturexpress in gedruckter Form
erscheint wöchentlich
ISSN 1862-1996
Finanzamt IV Frankfurt a/M
St-Nr.: 148404880
USt-idNr.: DE249774430
E-Mail: [email protected]
Inhalt
Musiktheater im Bockenheimer Depot. Uraufführung 'Der goldene Drache' Komposition Péter Eötvös am 29. Juni 2014
Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst
Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall
EU kann Energieimporte durch Erneuerbare Energien erheblich senken
DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums
Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
am 29. Juni 2014 um 19:30 Uhr
Musiktheater im Bockenheimer Depot. Uraufführung 'Dergoldene Drache' in einer Komposition von Péter Eötvös Foto: © Kulturexpress
Das Theaterstück handelt von einem Asylantenjungen, der sich
sein Geld in einem asiatischen Restaurant verdient und dann
auf tragische Weise ums Leben kommt. Drastisch, was im
Stück geboten wird, war mein erster Eindruck. Dabei fließt Blut
wie in einem echten Krimi. Gerade dafür sind Opern besonders
geeignet. Demaskierung der Gesellschaft, galt schon bei
Mozart. Vor Jahren führte der schwedische Krimi-Autor
Henning Mankell ein zwei Personen Stück "Zeit im Dunkeln" mit Einwanderer Problematik im
Kammerspiel Frankfurt auf. Das handelte vom Versteckspiel, welches illegale Einwanderer, Vater
und Tochter, leisten müssen, um nicht entdeckt zu werden. Udo Samel war seinerzeit einer der
Schauspieler im Kammerspiel. Auch im 'Goldenen Drachen' geht es um Entdeckung bzw.
Aufdeckung, wobei die vielen Akteure auf der Bühne einbezogen sind. Fünf Sänger wechseln
ständig die Rollen: Kateryna Kasper, Hedwig Fassbender, Simon Bode, Hans-Jürgen Lazar und
Holger Falk.
Inhalt:
Im Mittelpunkt steht das China-Vietnam-Thai Schnellrestaurant 'Der goldene Drache'. Hier
wird in der winzigen Küche einem Chinesen ohne Aufenthaltsgenehmigung ein furchtbar
schmerzender Schneidezahn mit einer Rohrzange gezogen. Dieser Schneidezahn gelangt
über die Thai-Suppe, in der dieser aus versehen landete, in den Mund einer Stewardess,
Stammkundin im Schnellrestaurant. Als der junge Chinese nach der Rohrzangenoperation
verblutet, wickelt man ihn in einen großen Drachenteppich und wirft ihn in den Fluss. Von
dort schwimmt er endlich wieder nach Hause, nach China.
Die Komposition von Péter Eötvös kommt durchaus als ein
harmonisches Klangspiel zusammen. Die Bühne erinnert an die
Vielfältigkeit einer Wohngemeinschaft. Im Hintergrund des
Bühnenbildes, in der Gestaltung von Hermann Feuchter, steht
der übergroße Drache, der sich ohne Beleuchtung eher wie
blauer Dunst als Rauchfahne nach oben räkelt. Wenn die
Lichterketten dann angehen, ist der Drache wirklich golden
geworden. Die Beleuchtung wirkt ausgewogen. Die Bühne ist hell. Die Lichtgestaltung war Jan
Hartmanns Aufgabe. Schauspieler und Sänger bleiben weithin sichtbar auf der Bühne. Nicht
Dunkelheit überwiegt im Stück trotz Thematik. Die Kostüme entwarf Nicole Pleuler.
Das Orchester mit 14 Musikern und zwei Schlagzeugern füllt den Orchestergraben im
Vordergrund. Blechblasinstrumente sowie Streicher und Xylophon waren zu hören, während die
gesanglichen Akteure auf der Bühne in Bewegung sind. Hier ein Topf, dort ein Tisch. Getränke
stehen bereit, falls jemand durstig ist. Das wirkt sehr locker und erinnert in manchen Zügen an ein
Szenario wie aus der Sesamstraße.
Die Freizügigkeit verspricht unterhaltsame Leichtigkeit, zu etwas was im Grunde schwer ist. Die
Unterhaltung erinnert nicht an langatmige Opernabende. Ein wenig wie ein Kindertheaterstück
von F.K. Waechter, ein kleines Tohuwabohu, das nur dem Asylantenjungen gerecht werden kann.
Nennt sich komisch-dramatische Oper. Wo liegt die Tragik an der Sache? Oder ist der hier
inszenierte Fall mittlerweile schon zum Alltag geworden und der Eindruck der Sesamstraße
vermittelt nur Mainstream mit Asylanten.
Ein Zahn soll es kitten. Dieser steht für Erlösung, nicht der Zahn selbst, sondern ihn ins Wasser
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
werfen, ist der Akt der Erkenntnis. Danach ist die Welt anders. Das Leben bekommt einen Sinn,
wenn alte Lasten über Bord geworfen werden.
Das Libretto schrieb Roland Schimmelpfennig nach dem gleichnamigen Theaterstück eingerichtet
von Péter Eötvös. Die Inszenierung gestaltete Elisabeth Stöppler in Zusammenarbeit mit dem
Ensemble Modern. Die Musiktheaterproduktionen des Ensemble Modern werden unterstützt
durch die Aventis Foundation, wie Ensemble Modern Sprecher Roland Diry am 25. Juni im
Bockenheimer Depot erklärte, im Bemühen die finanzielle Kulturförderung durch die Firmen und
Unternehmen stetig voranzutreiben.
Termine
Sonntag 29.06.2014
Weitere Termine:01.07.2014 | 04.07.2014 |06.07.2014 | 07.07.2014 |09.07.2014 | 11.07.2014 | Tickets online buchen
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 27. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
bis 19. Oktober 2014
Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst Foto: © Kulturexpress
Die Ausstellung im Deutschen Architekturmuseum nennt
sich Mission Postmoderne. Eine Mission beinhaltet immer
eine Aufgabe, die auf etwas zukünftiges noch nicht erfülltes
verweist. Dabei könnte man sich fragen, ist die
Postmoderne nicht schon ein wenig veraltet? Doch gerade
in Frankfurt a/M, wo sich zahlreiche Bauten der
Postmoderne behauptet haben, war dies im Stadtbild nur
von Vorteil. Wenn die postmoderne Häuserzeile in der
Saalgasse auch dazu verdammt scheint, hinter Schirn Kunsthalle und Historischem Museum
kaum sichtbar ihr Dasein in beengten Verhältnissen fristen zu müssen. Dann kommt das schon
einem Bauirrtum gleich. Denn wozu werden schöne Häuser gebraucht, die von außen nicht
eingesehen werden können? Ein reich bebilderter Band zu Formen und Bauten der Postmoderne
in Frankfurt a/M und anderswo ist 'Pininski: Architektur und der Traum von Orpheus' (1985).
Viele Meinungen zur Postmoderne kursieren, die einen sind begeistert wegen der Formenvielfalt
und der Möglichkeit dekoratives bis hin zum kitschigen zu schaffen, was in unserer tristen
Betonwelt selten genug vorkommt. Andere sagen, die Postmoderne sei der letzte Kunststil
überhaupt gewesen. Danach gibt es keine Stile mehr, weil die Zeit für Stile vorüber ist.
Informationsvielfalt durch Elektronik und Globalisierung in der Welt verhindern eine solche
Übereinkunft auf einen festen Stil. Vielleicht existieren irgendwann einmal mehrere Stile
nebeneinander, die sich als etwas besonderes herausgebildet haben. Andere meinen dazu, ja,
die Postmoderne sei der letzte Stil, der auch nicht mehr aufhöre, weil dieser sich in einem
permanenten Wandlungsprozess befinde und die Fähigkeit habe, unterschiedliche Stilformen in
sich zu vereinen. Manchen wird postmodern dann schnell zu viel. Ein zurück zu einfachen und
klaren Formen sei gefordert. Antwort darauf geben minimalistische Tendenzen in der Architektur
wie bei Kulka oder ähnlichen. Oder die Formensprache bei M. O. Ungers, den ich nicht unbedingt
zu den Postmodernen zähle, sondern als Verfechter einer strukturell bedingten Formgebung
einstufe, wie die der 'verlorenen Form', einer Technik wie sie bei Scherenschnitten vorkommt.
Oder Hans Hollein der schon dekonstruktives produziert hat. Vieles hängt ab vom Stand der
Technik, die sich gerade durchgesetzt hat und aufrecht erhält. Aktuell sind das zumeist
geschwungene Formen, die dank computergestützter Berechnung in Holz oder Kunststoff
handwerklich einfacher umzusetzen sind, als dies noch am Olympia Stadion in München durch
Frei Otto der Fall war. Ein anderer Aspekt ist Mobilität, der Mehrzweckraum bestimmt Büros
durch Büro-Sharing. Verschiebbare Trennwände können einen Raum von einem Moment zum
anderen in sein Gegenteil verwandeln. Durch ausgefeilte Lichttechnik werden unterschiedliche
Stimmungen erzeugt. Dimmer variieren die Beleuchtung im Hell-dunkel, wobei die
Energieeinsparungen im Vordergrund stehen. Hieraus einen Stil zu entwickeln, ist fast unmöglich.
Die Funktion und das funktional nützliche Denken überwiegen den Kriterienkatalog. Insofern
bleibt die Ausstellung im DAM ein Rückblick auf vergangene Zeiten. Einer Einrichtung, welche
den steten Blick nach vorne verdient hat.
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 26. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
bis 19. Oktober 2014
Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe amNormalfall Meldung: DAM, Frankfurt a/M, den 23. 04. 2014 Foto: © Kulturexpress
Heinrich Klotz half, die Marburger Altstadt vor dem
Abriss zu retten. Ein Kapitel, das auch innerhalb der
Klotz-Ausstellung im DAM anschaulich gemacht
wurde. Ab 1972 war dieser Professor für
Kunstgeschichte in Marburg gewesen. Schon seit
den 1960er-Jahren setzte er sich für den
Denkmalschutz ein. Als Universitätsassistent in
Göttingen besetzte er mit Studierenden ein vom
Abriss bedrohtes Universitätsgebäude. In Marburg
kämpfte er für den Erhalt der vernachlässigten
Fachwerkhäuser. Nicht nur konservieren wollte Klotz
damit, sondern er lud Architekten ein,
zeitgenössische Entwürfe für die Altstadt anzufertigen. Obwohl keiner realisiert wurde,
qualifizierte er sich als „Macher“, der Politiker überzeugen konnte. Mit der Ausstellung
'Heimatkunde, Heimatkritik: Hessen vermessen / Bau, Steine, Scherben' aus dem Jahr 1984, die
Klotz initiiert hat, werden Akzente gesetzt.
Architekturkritik im Architekturmuseum lässt sich das
zusammenbringen? Oder bringt man damit einen wichtigen Teil
des Publikums, die Architekten, gegen sich auf? Eine schwierige
Frage die sich hier die Institution Museum stellt. Heinrich Klotz
unternimmt zwei Anläufe zur Kritik am Normalfall des Bauens:
„Hessen vermessen“, eine fotografische Bestandsaufnahme der Künstler Helmut Baruth und
Klaus Steinke sowie „Bau, Steine, Scherben“, eine Ausstellung mit Karikaturen.
Ein anderer Versuch, das umstrittene Bauprojekt in Marburg, postmoderne Architektur auf den
Weg zu bringen, ist die Beteiligung an der Architekturbiennale in Venedig im Jahre 1980.
Architekten wie Hans Hollein, Oswald Mathias Ungers, Aldo Rossi oder Roberto Venturi nahmen
an der Biennale teil.
Auf dem Foto: Oswald Matthias Ungers: Koje mit den
„Marburger Häusern". Architekturbiennale Venedig
1980
Die kleinen Modellbauten verlieren sich
etwas in dem großen Ausstellungsraum auf
der Architekturbiennale von 1980. Sie waren
jedoch der Versuch neben anderen
Ausstellungsstücken, darunter von Hans
Hollein die Fassade an der „Strada
Novissima" mit Säulenreihen welche am
ausdrucksstärksten zeigte, was Postmoderne
auf großem Parkett darstellen konnte.
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne Siehe auch: DAM Gründungsgeschichte und Bau des Museums Siehe auch: Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst
Kultexpress ISSN 1862-1996 vom 26. Juni 2014
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
EU kann Energieimporte durch Erneuerbare Energien erheblichsenkenMeldung: Greenpeace Deutschland, Hamburg, den 25. 06. 2014
Zu diesem Schluss zumindest gelangt ein Greenpeace-Report vom 25. Juni. Die
Europäische Union kann demnach ihre Energieimporte bis zum Jahr 2030 um 40
Prozent senken. Voraussetzung dafür ist der konsequente Ausbau der Erneuerbaren
Energien und mehr Energieeffizienz.
Die EU könnte eine echte Energiewende in Europa einleiten und ihren klimaschädlichen CO2-
Ausstoß mindern. Auf dem EU-Gipfel in Brüssel wollen die Staats- und Regierungschefs ab
Donnerstag über einen Weg aus der Energieabhängigkeit von russischem Öl und Gas beraten.
Der Vorschlag der Europäischen Kommission zur künftigen Energieversorgung setzt weiter auf
klimaschädliche fossile Brennstoffe. „Die Pläne der EU-Kommission sind völlig unzureichend“,
sagt Sven Teske, Greenpeace-Energieexperte und einer der Studienautoren. „Europas
Abhängigkeit von fossiler Energie und von riskanten sowie teuren Importen sind zwei Seiten
derselben Medaille. Erneuerbare Energien nutzen dem Klimaschutz, schaffen Arbeitsplätze und
sind das beste Rezept für Energieunabhängigkeit.“
Die Basis für das Greenpeace-Szenario lieferten Berechnungen des Deutschen Zentrums für
Luft- und Raumfahrt (DLR). Hinzu kam eine Analyse der in Europa verfügbaren fossilen
Brennstoffe durch die Ludwig Bölkow Systemtechnik. Greenpeace schlägt vor, den Anteil der
Erneuerbaren Energien bis zum Jahr 2030 auf 45 Prozent zu steigern und 40 Prozent Energie
einzusparen (im Vergleich zu 2005). So könnte die EU im Vergleich ihre Gasimporte um rund 25
Prozent und ihre Ölimporte um bis zu 40 Prozent senken. Kohleimporte liefen 2030 aus und
heimische Kohlendioxid-Emissionen sänken um 65 Prozent (im Vergleich zu 1990). Die EU
benötigte nach dem Greenpeace-Vorschlag 45 Prozent weniger Energieimporte als nach ihren
eigenen Plänen. Die EU-Kommission will Europas Treibhausgasemissionen um 40 Prozent
senken, aber den Anteil Erneuerbarer Energien auf lediglich 27 Prozent bis 2030 steigern.
EU muss sich vom Diktat der Energiekonzerne befreien
Im Greenpeace-Energieszenario stiege der Anteil von Wind, Wasser und Sonne in der
Stromerzeugung bis 2030 auf 74 Prozent, während die EU nur auf 50 Prozent kommt. An
Investitionskosten veranschlagt die unabhängige Umweltorganisation rund 1,75 Billionen Euro bis
zum Jahr 2030. Das sind rund 10 Prozent oder zehn Milliarden Euro jährlich mehr als im EU-
Szenario, das von 1,55 Billionen Euro an Investitionen ausgeht.
„Die Staatschefs haben es in der Hand, Europas Energieunabhängigkeit voran zu treiben. Wenn
jeder begriffen hat, dass Effizienz für die Energiesicherheit und den Klimaschutz eine wichtige
Rolle spielt, müssen jetzt ambitionierte Ziele folgen“, so Teske. „Die Energiekonzerne wollen
Europa weiter abhängig halten von Öl und Gas. Die EU muss sich vom Diktat der Oligarchen
endlich befreien.“
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
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DAM Gründungsgeschichte und Bau des MuseumsMeldung: DAM, Frankfurt a/M, den 23. 04. 2014 Foto: © Kulturexpress
Tagebuchaufzeichnungen von Heinrich Klotz bilden den
Aufhänger der Klotz-Ausstellung zum 30-jährigen Jubiläum im
DAM. Bisher unveröffentlichte Tonbanddiktaten und
Diaaufnahmen schildern den Aufbau der Sammlung, die
Errichtung des Museumsgebäudes und Begegnungen mit
wichtigen Architekten der Gegenwart: Frank Gehry, Hans
Hollein, Rem Koolhaas, Richard Meier, Aldo Rossi, Denise
Scott Brown, Robert Venturi und andere mehr.
Zugleich eröffnen diese Aufzeichnungen eine Insider-
Perspektive auf die Entstehung des Frankfurter
Museumsufers. Das DAM wurde am 1. Juni 1984 als das erste neugestaltete Museum am
Museumsufer eingeweiht. Klotz musste etliche Kämpfe in der neuen Museumslandschaft
ausfechten, zu denen sein Tagebuch wertvolle Informationen liefert. In der Ausstellung im DAM
werden daher immer wieder Originalzitate aus diesen Jahren verwendet.
“Laß doch den ganzen Bau leer und kauft Euch einen Schuppen nebenan, wo Ihr all Euer Zeugausstellen könnt!” hat der Architekt des Umbaus, Oswald Mathias Ungers gesagt. So zitiert aus
dem Tagebuch von Heinrich Klotz, vom 3. Februar 1984.
Der Ausspruch zeigt die Rauheit der Sprache, die damals in Frankfurt herrschte und es war
manchmal besser diesen Köpfen nicht persönlich zu begegnen. Eine Schopenhauersche
Verneinungstrategie wohnte dem inne, weshalb es schwierig war, diesen Stimmungen etwas
positives abzugewinnen. Die Frankfurter betrachteten nur argwöhnisch, was in den Köpfen der
Stadt vor sich ging. Jedenfalls ist erstaunlich, mit welcher Willenskraft die Umwälzungen in
Frankfurt a/M dann doch umgesetzt wurden. Die Vorgänge liefen parallel zu den Hochhäusern,
die jetzt zur Skyline in Frankfurt zählen. Die nicht ohne Widerspruch aus den Reihen der
Bevölkerung nach und nach und eines höher als das andere realisiert wurden.
Oswald Mathias Ungers, Skizze zum „Haus im Haus" als Bibliotheksturm, 8. Dez. 1980
Die „Wunderkammer" von der in der Ausstellung die Rede ist, baute Heinrich Klotz in den Jahren
zwischen 1979 und 1989 auf. Die Sammlung – von Architekt Oswald Mathias Ungers salopp als
'Zeug' bezeichnet, ist zum Jubiläum neu ausgepackt worden. Anhand des Tagebuchs und des
Bildarchivs von Heinrich Klotz wird nachvollziehbar, nach welchen Kriterien beim
Sammlungsaufbau vorgegangen worden war. Die ersten Ausstellungen belegen, dass Klotz eine
Verbindung von Kunst, Alltagskultur und Design wollte. Ab Mitte der 1970er Jahre entwickelte er
Ideen zur Gründung eines Architekturmuseums. Mit Charme und Charisma trägt er sie den
Frankfurtern vor. Seine Wege führten ihn dann ins Direktorenzimmer des Museums, so erklärt die
Medienmitteilung aus dem DAM.
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
Kalte Pracht der Bankentürme trifft auf bröckelnde Altbauten entspricht in etwa einem
Stimmungsbild im Frankfurt der 1970er Jahre. „Bankfurt“ und „Krankfurt“ waren die Namen für
eine ausgelaugte Stadt.
Foto: nach Vorlage von Hagen Stier/DAM
Hausbesetzungen im Westend, ständige Demonstrationen in
der Innenstadt und Straßenschlachten mit der Polizei schufen
ein Reizklima. Kultur sollte ein neues Band zwischen Stadt und
Bürgern knüpfen: „Kultur für alle“, forderte Hilmar Hoffmann,
der von 1970 bis 1990 Kulturdezernent der Stadt Frankfurt
war.
Oberbürgermeister Walter Wallmann setzte sich ab 1977 für
ein ehrgeiziges Bauprogramm ein. Die Römerberg-Ostzeile,
die Kunsthalle Schirn, das MMK und die Kette der neuen
Museen am Main, die das Museumsufer bilden – Die
Wallmann-Amtszeit dauerte von 1977–1986. Die Villen am
Schaumainkai wurden vorm drohenden Abriss bewahrt. Nicht
Neubau, sondern Integration des Bestands lautete das neue
Planungsziel.
Das Bauprogramm, mit dem die Stadt Frankfurt seither ein
neues Image anstrebte, war seinerzeit heftig umstritten: Sind
die neuen Museen überflüssiger Luxus und stehen in
Konkurrenz zu den etablierten Institutionen wie dem Städel?
Wird die Förderung der Stadtteilkultur vernachlässigt? Steht die Architektur der neuen Bauten für
eine konservative Wende? Inmitten dieser Diskussionen stand ab 1977 Heinrich Klotz, der die
Politiker überzeugen konnte, ein Architekturmuseum zu gründen.
Bau des DAM, 1979 - 1984
Das DAM war das erste Architekturmuseum in Deutschland – und weltweit das erste Museum
seiner Art, für das eigens ein Gebäude errichtet wurde. Der Architekt Oswald Mathias Ungers
entwarf den Umbau der Villa nicht allein nach funktionalen Gesichtspunkten. Ihm und seinem
Bauherrn Heinrich Klotz ging es um ein Manifest. Die Frage, wie Architektur ausgestellt werden
kann, obwohl sich Gebäude nicht transportieren und ins Museum bringen lassen, sollte im DAM
auf grundsätzliche Weise beantwortet werden. Daher ist das Innere der Villa ein „Haus im Haus“:
Die sonst nur mit Plänen, Modellen, Fotos oder Filmen darstellbare Architektur kann am „Haus
im Haus“ in realer Größe erfahren werden. Die historische Villa wird ebenfalls wie ein
Ausstellungsstück behandelt: Eine Mauer erzeugt einen Sockel, der den Altbau zum
Ausstellungsstück macht.
Neusprachlich nennen sich dieser Art Baumaßnahmen auch lapidar: Entkernung. Ein Begriff, der
synonym steht für viele Umbauten aus historischer Bausubstanz nicht nur in der Frankfurter
Innenstadt. Kritisch kann natürlich hinterfragt werden, ist das Gebäude noch das
Ursprungsgebäude von vorher, wie jenes von Fritz Geldmacher entworfen oder ist daraus
praktisch ein Neubau entstanden.
Ähnliches Beispiel in Frankfurt a/M ist auch das frühere TAT, Theater am Turm, wo sich später
das Volksbildungsheim befand und jetzt das „Metropolis" ist, ein Kino-Center mit zahlreichen
Kinosälen. Trotzdem kann der Umbau als gelungen gelten. Im Jahr 1998 wurde das
Volksbildungsheim entkernt und zum Kinocenter umgebaut. In 12 Sälen haben 3.550 BesucherPlatz.
Denn letztlich bedeutete eine komplette Entkernung der Geldmacher Villa, dass
denkmalschützerischen Gründe nicht mehr beachtet würden. Trotzdem setzte sich die Idee
durch, indem das „Haus im Haus" nach seiner Grundeinstellung ganz im Sinne nach Ungers
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014
Strukturierung seinen unaufhaltsamen Weg geht.
Fritz Geldmacher, Architekt der Gründerzeitvilla am Schaumainkai
Über den Architekten der
„Geldmacher-Villa", die ab 1979 zum
Deutschen Architekturmuseum
umgebaut wurde, ist wenig bekannt.
Die Architektur der Villa gilt vielen
noch 1980 als suspekt. »Protzig«, so
urteilte damals Die Zeit, den
„düsternen Prunk" beklagt die FAZ zur
Einweihung 1984.
Nach dreißig Jahren wurde der
Versuch unternommen, mehr über
Fritz Geldmacher herauszufinden.
Fritz (urspr. Friedrich) Arthur Geldmacher wird am 3. April 1880 in Elberfeld, heute Wuppertal,
geboren. Fritz Geldmacher kann als junger Architekt eine beachtliche Anzahl an Wohn- und
Geschäftshäusern in Frankfurt und Umgebung realisieren, einige in einer
Architektengemeinschaft mit Willi Lutz (*31.1.1881). Die beiden prominentesten Bauten
Geldmachers sind die neobarocke „Kopfapotheke“ an der Ecke Neue Kräme/ Braubachstraße
(1926) und die neoklassizistische Doppelhausvilla am Schaumainkai (1912), die heute das
Deutsche Architekturmuseum beherbergt. Zwischen 1915 und 1924 lebt Geldmacher zeitweise in
Frankfurt und München. In München ist Fritz Geldmacher nicht mehr als Architekt, sondern als
Kaufmann und Baustoffhändler tätig. Er stirbt am 18. Oktober 1963.
Lebenslauf Heinrich Klotz
1935 geboren in Worms
Studium der Kunstgeschichte, Germanistik, Archäologie und Philosophie
1969–1970 Gastprofessur an der Yale University
1972 Gastprofessur an der Washington University, St. Louis
1972–1989 Professor für Kunstgeschichte an der Universität Marburg
1987 Gastprofessur am Williams College, Williamstown
1979–1989 Gründungsdirektor des Deutschen Architekturmuseums
Ab 1989 Gründungsdirektor des ZKM Zentrum für Kunst und Medientechnologie, Karlsruhe und
Gründer der Hochschule für Gestaltung, Karlsruhe
1999 verstorben in Karlsruhe
Siehe auch: Wunderkammer im DAM Klotz Tapes - das Making-of der Postmoderne Siehe auch: Architekturkritik im Museum, geht das? Zwei Anläufe am Normalfall Siehe auch: Mission oder Passion - die Postmoderne überlebt sich selbst
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Kulturexpress ISSN 1862-1996 Ausgabe 26 - 2014